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Lehrbuch
der
kosmischen Physik
Dr. Svante August Arrhenius
Professor der Physik an der Hochschule Stockholm.
Zweiter Teil
Mit 138 Abbildungen im Text und 1 Tafel.
Leipzig
Verlag von S. Hirzel
1903.
Das Reclit der Übersetzung ist, vorLeLalten.
Inhaltsyerzeiclinis
zum 2. Teil.
Seite I
Physik der Atmosphäre.
I. Bestandteile der Luft
478
Atmo-
473
474
475
477
479
Zusammensetzung der
Sphäre
Masse der Atmosphäre . . .
Chemische Eigentümlichkeiten
der atmosphärischen Gase.
Der Luftsauei'stofF ....
Die Kohlensäure der Luft . .
Die örtliche Veränderung des
Gehaltes an Sauerstoff und
Kohlensäure in der Luft . .
Weniger hervortretende Luft-
bestandteile 481
Durchsichtigkeit der Luft . . 483
Staubgehalt der Luft .... 485
Höhenrauch oder Haarrauch . 490
DieWärmezufuhr zur Erde 491
Die Wärmeleitfähigkeit der Luft 491
Die Sonnenstrahlung. Alteste
Messungen 492
Neuere Untersuchungen . . . 494
Die absorbierenden Bestandteile
der Atmosphäre 499
Absorption durch Dämpfe . . 502 i
Messungen über den jährlichen
und täglichen Gang der
Sonnenstrahlung 505
Die Verschiedenheit der Sonnen-
strahlung an verschiedenen
Orten 508
Berechnung der Wärmeein
Strahlung, wenn von der Wir
kung der Atmosphäre abge
sehen wird
Die Temperatur unter verschie
denen Breitegraden . .
Eigentümlichkeiten in der Tem
peraturverteilung . . .
Veränderungdes solaren Klimas
durch die Wärmeabsorption
Aktinograph für Ballonfahrten
Seite
509
511
513
515
517
III. Die Wärmeverluste der
Erde 518
Die nächtliche Strahlung . , 518
Die Wärmebilanz des Erdbodens 523
IV. Die Temperatur der Erd-
oberfläche 52G
P]indringen der Wärmewellen
in den Boden 52G
Die jährliche Schwankung . . 527
Die tägliche Schwankung . . 528
Wärmeaustausch an der P]rd-
oberfläche 530
Wärme- und Temperaturleit-
fähigkeit des Bodens . . . 533
' Die Erwärmung der Erdober-
fläche 534
Eindringen des Frostes in den
Boden 543
IV
I nhaltsverzeichnis.
Seite
V. Die Temperatur der Luft 544
Täglicher Gang der Luft-
temperatur 544
Bildung von Temperatur-
mitteln 550
Der jährliche Gang der Tem-
peratur 552
Verteilung der Temperatur
auf der Erdoberfläche . . 557
KHmaveränderungen . . . 562
Temperaturabnahmenach der
Höhe in freier Luft . . . 572
Wärmeänderungen mit der
Höhe im Gebirge . . . 575
Die adiabatische Volumsände-
rung der Luft 577
Höhe der Atmosphäre . . . 580
Ausdehnung feuchter Luft . 581
Die Temperaturverteilung in
höheren Luftschichten . . 584
VL Der Luftdruck .... 590
Das Barometer. Höhenmes-
suDg 590
Zusammensetzung der Luft in
sehr grossen Höhen . . . 595
Das Hypsometer 597
Das Variometer von v. Hefner-
Alteneck 599
Die tägliche Schwankung des
Luftdruckes 600
Die Jahresperiode des Luft-
druckes 604
Geographische Verteilung des
Luftdruckes 606
Die unperiodischen Luftdruck-
schwankungen .... 609
VII. Das Wasser in der Atmo -
Sphäre 612
Eigenschaften des Wasser-
dampfes 612
Instrumente zur Messung des
Wassergehaltes der Luft . 616
Verdunstung des Wassers . 620
Die Änderung des Wasser-
dampfgehalts mit der Höhe 624
Seite
Die jährliche Schwankung
der Feuchtigkeit .... 626
Die tägliche Schwankung der
Feuchtigkeit 630
VIII. Wolken und Nieder-
schlag 632
Wasserkondensation . . . 632
Thaubildung 635
Nebelbildung 638
Wolken 640
Bild ungs weise der Wolken . 643
Höhe und Geschwindigkeit
der Wolken ..... 647
Bewölkung 650
Die^ Entstehungsweise der
Regentropfen 653
Physikalische und chemische
Eigenschaften der Regen-
tropfen 655
Fester Niederschlag . . . 657
Die Grösse der Niederschlags-
menge 659
Die Verteilung des Nieder-
schlages auf der Erde . . 663
Tägliche und jährliche Pe-
riode der Regenmenge . 665
Die jährliche Periode des
Niederschlags 666
IX. Die Winde 667
Richtung und Stärke der
Winde 667
Die tägliche Veränderlichkeit
des Windes 671
Die Ursache der Winde . . 675
Die Trägheitskurve .... 677
Das Buys-Ballotsche Ge-
setz 679
Cyklonen nnd Anticyklonen 685
Die allgemeine Cirkulation
der Atmosphäre .... 687
Winde von täglicher und
jährlicher Periode. Monsune 692
X. Luftwirbel 696
Allgeraeines über Luftwirbel 696
Inhaltsverzeichnis.
V
Seite
Das Wetter in der Nähe der
Cyklonen 700
Lokale Winde: Föhn, Bora,
Mistral, Scirocco .... 704
Tropische Cyklonen und Ty-
phonen 706
Die Zugstrassen der Baro-
meterminima 712
Anticyklonen 716
Die Temperatur Verteilung in
den Cyklonen und Anti-
cyklonen 720
Grenzgebiete der Cyklonen
und Anticyklonen , . . 722
Die Entstehung und Erhal-
tung der Wirbel .... 723
Zusammenhang der Witte-
rung in verschiedenen
Teilen der Erde .... 730
Wettervoraussage .... 734
XI. Theorie der atmosphä-
rischen Cirkulation . 736
Die dynamische Meteorologie 736
Die Cirkulation 736
Verwendung der Theorie . 744
Die Stabilität der Atmosphäre 748
Berechnung der Lufttempe-
ratur aus den Windge-
schwindigkeiten .... 749
Die Verhältnisse in grösseren
Höhen bei Cyklonen und
Anticyklonen 753
Die Verhältnisse in der Um-
gebung eines horizontalen
Luftstromes 754
Die Entstehung von Cyklonen
und Anticyklonen . . . 755
Die grosse atmosphärische
Cirkulation 759
XII. Einwirkung des Windes
auf die feste Erdober-
fläche 763
Allgemeines 763
Steppen und Wüsten . . . 764
Dünen und ihre Wanderung 768
Staubfölle 770
Seite
XIIL Die Gewitter 772
Elektrische Natur der Ge-
witter-Erscheinungen . . 772
Verschiedene Arten von
Blitzen 773
Der Donner 777
Wirkungen des Blitzes . . 778
Blitzschaden an Gebäuden . 781
Blitzableiter 782
Elmsfeuer 784
Die meteorologischen Erschei-
nungen bei Gewittern . . 787
Die Gewitterperioden . . . 789
Entstehung der Gewitter . . 793
Wärmegewitter und Wirbel-
gewitter 794
Fortpflanzungsgeschwindig-
keit der Gewitter ... 798
Hagelwetter 801
Wetterschiessen ..... 805
Wasserhosen, Tromben und
Tornados 806
XIV. Meteorologische Aku-
stik S12
Beugung der Schallwellen . 812
Übergang des Schalles von
einem Medium in ein
anderes 812
Echo 815
Folgen der Schallbrechung . 816
Fortpflanzung des Schalles in
bewegter Luft . . . 818
Spontane Schallerschei-
nungen 819
Die Tiuft- und Schallwelle
nach dem Krakatau-Aus-
bruch 821
XV. Meteorologische Optik 823
Die scheinbare Gestalt des
Himmelsgewölbes . . . 823
Atmosphärische Refraktion . 825
Das Funkeln und Zittern der
Sterne 829
Kimmung, Luftspiegelung . 832
Der Regenbogen .... 835
Ringe und Kreuze um Sonne
und Mond 843
VI
Iiili;dtyv(.'rz('icliiiis.
Seite
Höfe 847
Glorie, Brockengespenst . . 848
Irisierende Wolken .... 850
Die Tageshelle 852
Die Dämmerungserschei-
nungen 856
Die ungewöhnlichen Dämme-
rungserscheinungen nach
dem Krakatau-Ausbruch . 863
Polarisation des Himmels-
lichtes 868
Das Alpenglühen .... 874
Die Intensität des Himmels-
lichtes 876
Irrlichter oder Irrwische . . 878
XVI. Atmosphärische Elek-
trizität 881
Methoden 881
Geographische Verteilung der
Luftelektrizität .... 885
Ladung der Wolken und des
Niederschlages . . . . . 887
Jährliche und tägliche
Schwankung der Luftelek-
trizität 888
Der Einfluss des Mondes auf
meteorologische Erschei-
nungen 891
Mondperioden bei der Luft-
elektrizität 892
Zerstreuung der Elektrizität 894
Abhängigkeit der Zerstreuung
von äusseren Umständen 897
Neuere Versuche über Elek-
trizitätszerstreuung . . . 899
XVIL Die Polarlichter
902
Allgemeines 902
Die Formen des Polarlichtes 905
Das Spektrum des Nordlichtes 909
Die Höhe des Nordlichtes . 911
Soitii
Die jährliche und tägliche
Schwankung der Polar-
lichter . . 912
Andere Perioden der Polar-
lichter 914
Beziehungen der Polarlichter
zum Erdmagnetismus und
zur Luftelektrizität . . . 917
Theoretisches über die Polar-
lichter 920
Einfluss des Strahlungs-
druckes auf den Luftdruck . 921
Anwendung der Strahlungs-
drucktheorie auf den neuen
Stern im Perseus . . . 923
XVIIL Der Erdmagnetismus . 926 ^
Die horizontale Eichtung der
frei aufgehängten Magnet-
nadel (Deklination) . . . 926
Die Inklination 934
Die Horizontalintensität . . 941
Beobachtungen auf dem Meer 945
Magnetische Variationsin-
strumente 945
Tägliche Schwankung des
Erdmagnetismus .... 951
Die jährliche Periode . . . 962
Die magnetischen Störungen 983
Die nahezu 26-tägige Periode 968
MagnetischeElementarwellen 969
Einfluss des Mondes auf die
Magnetnadel 971
Theorien des Erdmagnetismus 972
Neuere Untersuchungen . . 973
Landesvermessungen . . . 978
Elektrische Strömungen
zwischen Erde und At-
mosphäre 981
Magnetische Wirkungen des
Sonnen- und des Erd-
körpers 983
Erdströme 984
Personenregister
Sachregister
Berichtigungen
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Berichtigungen.
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Sartorius v. 143.
948.
Physik der Atmosphäre.
I. Bestandteile der Luft.
Zusammensetzung der Atmosphäre. Wie die meisten grösseren
Himmelskörper ist die Erde von einer nach aussen allmählich abneh-
menden Gashülle, der Atmosphäre, umgeben. Die darin enthaltenen
Gase wurden ursprünglich als ein einheitlicher Körper, die Luft, ange-
sehen, welche von Aristoteles an als eines der vier Elemente aufge-
fasst wurde. Dieser Vorstellung machte die Entdeckung des Sauer-
stoffs in der Luft ein Ende, indem dadurch erwiesen wurde, dass in der
Luft wenigstens zwei elementare Gase, Sauerstoff und Stickstoff, sich
befinden. Ausserdem enthält, wie man schon lange wusste, die Luft
zwei chemische Verbindungen, nämlich Wasserdampf und Kohlensäure.
Diese sind relativ leicht aus der Luft zu entfernen, durch chemische
Absorptionsmittel, nämlich Kali, Natron oder Natronkalk für die Kohlen-
säure und Chlorcalcium, Schwefelsäure oder Phosphorsäureanhydrid für
den Wasserdampf. Deshalb wurden diese Verbindungen nicht als eigent-
liche Bestandteile der Luft betrachtet, was auch in physikalischer Bezie-
hung berechtigt erscheint, da sie auch in dieser Hinsicht recht ab-
weichende Eigenschaften von den übrigen Bestandteilen zeigen.
So lagen die Verhältnisse bis vor wenigen Jahren (1894), als Ramsay
und Lord Rayleigh durch die verschiedene Dichte des chemisch (aus
Stickstoffoxydul, Stickstoffoxyd, Chlorammonium, Ammoniumnitrit oder
Ammoniumnitrat) und des aus der Luft durch Wegnahme des- Sauer-
stoffs (mittels rotglühenden Kupfers oder Eisens) bereiteten Stickstoffs
zur Vermutung geführt wurden, dass ein fremder Körper im sogenannten
Luftstickstoff enthalten sei. Der Unterschied der specifischen Gewichte
war nicht geringer als etwa 0,5 Proz., und zwar war der Luftstickstoff
474 l'hysik der Atmosphäre.
schwerer. Das fremde Gas musste also schwerer als Stickstoff sein. Durcli
Leitung des Luftstickstoffs über stark rotglühendes Magnesiumpulver,
welches Stickstoff (und Sauerstoff) absorbiert, kann man diesen Stoff aus
der Mischung ausscheiden und erhält so als Rückstand ein farbloses
Gas, das man Argon genannt hat, und welches 1,42 mal schwerer als
Stickstoff ist.
Seitdem haben hauptsächlich Ramsay und seine Mitarbeiter er-
wiesen, dass das so bereitete Argon kein einheitlicher Körper ist, son-
dern etwa 0,2 Proz. andere Gase enthält. Dieselben sind Neon, He-
lium, Krypton und Xenon (in den Mengen 1,5.1 0-^ 1,5.10-^ 10-^ bezw.
5.10""^ Vol.-Teile der Luft) und spielen keine nennenswerte Rolle.
Die Zusammensetzung der Luft ist nach diesen Untersuchungen:
Stickstoff . . . 78,16 Volums-Proz. 75,60 Gewichts-Proz.
Sauerstoff. . . 20,90 „ „ 23,10
Argon u. s. w. . 0,94 „ ., 1,30 „ „
100,00 „ „ 100,00
Masse der Atmosphäre. Die Gase der Atmosphäre wiegen ebenso-
viel wie eine 76 cm hohe Quecksilbersäule von derselben Grundfläclio
(und bei 0** C). Da das spezifische Gewicht des Quecksilbers (bei 0^ C.)
13,6 beträgt, so wiegt eine Quecksilbersäule von 76 cm Höhe und 1 cm-
Querschnitt 76.13,6 = 1033,3 g. Das Gewicht der Luftmasse übt dem-
nach einen Druck von 1,0333 kg auf jeden cm^, oder 10,333 Meter-
tonnen auf jeden Quadratmeter der Erdoberfläche aus.
Die Erdoberfläche besitzt weiter die Grösse von Ajcr^ m^, w^enn r
die Länge des Erdhalbmessers in Meter angiebt. Ausgerechnet giebt
dies 5,097.10^^ m-^, wonach das Gewicht der Luftmasse 5,27.10''' Meter-
tonnen ausmacht.
Da das Totalgewicht der Erde (mit dem spezifischen Gewicht 5,53)
5,985.10^^ Metertonnen ausmacht, so beträgt die Atmosphäre nur den
1136000. Teil der ganzen Erdmasse. Yerglichen mit der Masse des.
Oceans, 13,4.10 ^^ Tonnen, erreicht die Masse des Luftmeeres nur den
252. Teil derjenigen der Hydrosphäre.
Mit Hilfe der oben gegebenen Daten über die Zusammensetzung
der Luft, sowie aus dem mittleren Kohlensäure- und Wasserdampfgehalt
der Luft von 0,044 bezw. 0,28 Gew.-Proz. ist die folgende Tabelle über
die Menge der verschiedenen atmosphärischen Gase berechnet:
I. Beatandteile der liuft. 47;
Totalmenge Menge pro m^
Erdoberfläche
Stickstoff. .
Sauerstoff .
Argon 11. s. w.
Kohlensäure
Wasserdarapf
398,4.1013 Ton. 7812 kg
121,6 „ „ 2387 „
6,84 „ „ 134,3 „
0,23 „ „ 4,6 „
1,46 „ „ 28,5 „ .
Da 1 1 Luft bei 760 mm Druck, 0» C. und 45 » Br. am Meeres-
spiegel 1,293 g wiegt, so würde die Atmosphäre, wenn sie überall diese
Dichte hätte, eine Höhe von 7991 m oder rund 8000 m besitzen. Diese Höhe,
welche „die Höhe der homogenen Atmosphäre" genannt wird, giebt eine
Vorstellung von der Luftmasse und erleichtert viele Rechnungen durch
ihre Einführung.
Wegen der Abnahme der Schwerkraft mit steigender Entfernung
von der Erdoberfläche ist eine kleine Korrektion an diesem Wert anzu-
bringen. Nach Ekholm beträgt der korrigierte Wert 8010 m.
Zu dieser Korrektion ist bei der Berechnung der Masse der Luft
'nach eine, die etwa den doppelten Betrag der letztgenannten erreicht,
wegen der konischen Erweiterung einer vertikalen Luftsäule nach oben
hinzuzufügen. Weiter ist dabei zu beachten, dass der mittlere Baro-
inoterdruck an der Meeresoberfläche 758 mm (nicht 760 mm) beträgt,
und dass das Luftmeer über der festen Erdoberfläche nicht bis zum
Meeresniveau hinunterreicht. Der gesamte Einfluss aller genannten
Imstande bewirkt eine Verminderung in der oben berechneten Total-
menge von Stickstoff, Sauerstoff, Argon und Kohlensäure um etwa
1,8 Proz.
Chemische Eigentümlichkeiten der atmosphärischen Gase.
Der Luftsauerstoff. Es ist auffallend, dass die Gase der Luft, wenn
man Sauerstoff ausnimmt, durch ihren Mangel an chemischer Reaktions-
fähigkeit sich auszeichnen. Besonders gilt dies für die neuentdeckten
Gase Argon, Neon, Helium u. s. w., welche überhaupt nicht mit unseren
Hilfsmitteln in Verbindungen überzuführen zu sein scheinen. Auf diese
Weise ist es verständlich, dass diese Gase nicht von der festen Erd-
kruste aufgenommen worden sind. Dagegen könnte man wohl meinen,
dass der Sauerstoff der Luft, welcher sehr leicht in feste Verbindungen
eingeht und thatsächlich bei Verwitterung von verschiedenen Mineralien,
wie Schwefelmetallen, besonders Pyrit (Schwefeleisen), und Eisenoxydul-
verbindungen (vgl. S. 342) verbraucht wird, eigentlich hätte im Laufe
47() Physik der Atmosphäre.
der Zeit aus <lor Atmosphäre verschwinden müssen. Dieser Umstand
legt die Frage nahe, ob nicht Sauerstoff stetig neuproduziert wird. Nun
ist es wohlbekannt, dass die Pflanzen aus Kohlensäure Kohlenstoff aus-
scheiden und freien Sauerstoff an die Atmosphäre abgeben. Der so produ-
zierte Kohlenstoff wird allmählich abgelagert und findet sich in den
Torfablagerungen bezw. Braun- und Steinkohlenflötzen wieder. Prof.
Koene in Brüssel hat zuerst (1856) die Aufmerksamkeit darauf gerichtet,
dass die fossile Kohle der Erde eine solche Masse besitzt, dass sie bei
einer eventuellen Verbrennung wohl den Sauerstoff der Luft konsumieren
würde. Man ist wohl berechtigt, wegen dieses Umstandes zu vermuten,
dass aller Sauerstoff in der Luft durch die Wirkung des Pflanzenlebens in
vergangenen geologischen Epochen entstanden ist. Kohlensäure (und Wasser)
werden stetig aus dem Erdinneren zur Atmosphäre (vermittelst der Vul-
kane) befördert. Der Wasserdampf kondensiert sich und geht ins Welt-
meer oder wird bei der Verwitterung (zur Kaolinbildung) verbraucht.
Ebenso wird die Kohlensäure teilweise zur Verwitterung verbraucht,
teilweise durch die Pflanzen in Kohle und atmosphärischen Sauerstoff
verwandelt. Der Sauerstoff wird folglich immer neuproduciert und auf
diese Weise ist sein jetziges Vorkommen in der Atmosphäre, trotz des
stetigen Verbrauchs, erklärlich.
In jüngerer Zeit ist diese Frage wiederholt Gegenstand der Dis-
kussion gewesen, wozu besonders die Vorträge von Lord Kelvin bei-
getragen haben. Zuerst sprach er die Ansicht aus, welche Koene ver-
treten hatte,' dass aller Sauerstoff in der Atmosphäre von Pflanzen
produziert sei. Später aber fand er die Menge Kohle, 0,9 Tonnen
pro Quadratmeter Erdoberfläche, welche in der Erdkruste abgelagert
sein müsste, um dem atmosphärischen Sauerstoff, welcher 2,4 Tonnen
pro m^ beträgt, zu entsprechen, all zu gross, um durch die geologischen
Befunde bestätigt zu werden. Er äusserte sich folglich dahin, dass
wahrscheinlicherweise in der ursprünglichen Atmosphäre der Erde Sauer-
stoff sich befand.
Die Koene sehe Ansicht, welche in mehreren Abhandlungen von
Phipson verteidigt wurde, ist neuerdings von Stevenson zum Gegen-
stand einer eingehenden Untersuchung gemacht worden. Nach seiner
Schätzung befinden sich in der Erdkruste in sedimentären Schichten so
grosse Kohlenmengen, dass sie wohl bei ihrer Verbrennung zu Kohlen-
säure die ganze Sauerstoffmenge der Luft verbrauchen würden. Ausser-
dem sind in diesen Schichten grosse Mengen von Schwefelmetallen, be-
sonders Pyriten, eingeschlossen, welche ohne Zweifel durch die redu-
I. Bestandteile der Luft. 477
zierende Wirkung von organischen Substanzen entstanden sind. Diese
Mengen wären schon an und für sich genügend, um bei ihrer Oxydation
den Luftsauerstoff zu verbrauchen, ein Schluss zu^ dem Ebelmen früher
gekommen war.
Phipson hat zu dieser Diskussion, die wegen der mangelhaften
geologischen Daten noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden darf,
einen interessanten Beitrag geliefert, indem er zeigte, dass Pflanzen,
sowohl niedere, wie Bakterien, als höhere, wie Ackerwinde, in einer sauer-
stofffreien Atmosphäre gedeihen können. Er setzte nämlich Pflanzen in
eine Atmosphäre, die ausser etwas Kohlensäure nur Stickstoff oder
Wasserstoft" enthielt. Es zeigte sich dabei, dass Sauerstoff entwickelt
wurde, welcher den anwesenden Wasserstoff zu Wasser oxydierte. Wenn
es auch, nach Ansicht der meisten Pflanzenphysiologen unwahrschein-
lich ist, dass die Pflanzen W^asserstoflf und Sauerstoff zu Wasser um-
>rtzen, so erfolgt dieser Prozess von selbst durch elektrische Entladungen
in der Atmosphäre. Wenn folglich die Erdatmosphäre anfänglich Stick-
stoff und Wasserstoff neben Kohlensäure enthalten hat, so konnte darin
sehr wohl ein Pflanzenleben entstehen, welches Sauerstoff' entwickelte,
der zuerst den Wasserstoff allmählich zu Wasser umsetzte, um nachher
als freier Sauerstoff in der Luft zu verbleiben. Da die Sonne in ihrer
Atmosphäre grosse Mengen von Wasserstoff enthält, ist es nicht un-
wahrscheinlich, dass dieses Gas in grosser Menge in der ursprünglichen
Erdatmosphäre vorhanden gewesen ist. Vielleicht kamen auch in der
ursprünglichen Erdatmosphäre Kohlenwasserstoffe vor, welche in der
Atmosphäre der Kometen eine grosse Rolle spielen. Diese Kohlenwasser-
stoffe werden dann demselben Schicksal anheimgefallen sein, wie der
Wasserstoff'.
Die Kohlensäure der Luft. Ein anderes Gas, dessen. Menge in
der Atmosphäre in geologischer Zeit wahrscheinlich grossen Veränderungen
unterworfen gewesen ist, ist die Kohlensäure. Alle Kohlenbecken und
noch mehr alle Kalksteine in den sedimentären Schichten haben ihre
Kohle aus der Atmosphäre erhalten. Nach Högboms Schätzung ist
auf diese Weise wenigstens so viel Kohlensäure der Atmosphäre ent-
zogen worden, als allein einen Druck von etwa zehn Atmosphären
ausüben würde. Es wäre aber sehr verfehlt, wie früher häufig ge-
schah, anzunehmen, dass diese grosse Kohlensäuremenge auf einmal in
der Atmosphäre vorhanden gewesen wäre. Vielmehr ist die Kohlensäure
allmählich der Luft zugeführt worden und ebenso allmählich daraus aus-
geschieden. Die wichtigste Kohlensäurequelle findet sich in den vul-
478 Physik der Atmosphäre.
kanischen Exhalationen; es ist sehr schwer zu schätzen, wie viel Kohlen-
säure durch den Vulkanismus der Atmosphäre pro Jahr zugeführt wird.
Nehmen wir aber an, dass in historischer Zeit die Zu- und Abfuhr dieses
Gases einander Gleichgewicht gehalten haben, so ist dieses Gleich-
gewicht in letzter Zeit stark gestört, indem jährlich etwa 700 Millionen
Tonnen Kohle (1900) verbrannt werden. Da aus 3 g Kohle (und 8 g
Sauerstoff) 11g Kohlensäure entstehen, so entspricht dies etwa dem 900.
Teil der Kohlensäuremenge in der Atmosphäre. Wenn also die übrigen
Prozesse einander in Gleichgewicht halten, so wird die Kohlensäuremenge
in der Atmosphäre schnell zunehmen. Dabei wirkt wohl das Weltmeer
als ein grosser Regulator (nach Schloesing), indem etwa 83 Proz. von
der neugebildeten Kohlensäuremenge darin absorbiert werden, während
% in der Atmosphäre zurückbleibt. Die Kohlensäuremenge in der Luft
würde demnach in 54 Jahren um etwa ein Hundertstel zunehmen, was
wohl durch genaue Analysen festgestellt werden könnte.
Man hat die Befürchtung ausgesprochen, dass die schnell steigende
Kohlenverbrennung — sie nimmt etwa auf das Doppelte in zwanzig Jahren
zu — den Sauerstoff der Luft verbrauchen würde, was für das ani-
malische Leben unzuträglich wäre. Indessen ist diese Befürchtung un-
begründet. Steigt nämlich die Kohlensäuremenge der Luft, so nimmt
auch die Assimilation der Pflanzen zu, und wahrscheinlicherweise nahezu
proportional der Kohlensäuremenge (nach Untersuchungen von Godle wski,
vgl. S. 343). Lieb ig schätzte die Menge von Trockensubstanz, welche
durch die Vegetation auf einem Hektar Wald, Wiese oder Acker jähr-
lich ausgeschieden wird. Er kam zu dem Resultat, dass in Mitteleuropa
die Ausscheidung in den drei erwähnten Fällen von gleicher Grössen-
ordnung ist und zwar 2,5 Tonnen pro Hektar entspricht. Von dieser
Trockensubstanz (hauptsächlich Cellulose) sind etwa 40 Proz. Kohle, folg-
lich ist die Kohlenausscheidung durch Pflanzen jährlich 1 Tonne pro
Hektar. Legt man diese Ziffer für die ganze feste Erdkruste zu Grunde,
indem an vielen Stellen die Vegetation steriler, dagegen an anderen, in
den Tropen, viel üppiger ist, so erhält man für die ganze Erde eine jähr-
liche Kohlenstoffproduktion von nicht weniger als 13000 Millionen Tonnen.
Man ersieht aus diesen Daten, verglichen mit dem Kohlensäuregc-
halt der Luft, welche etwa 630000 Millionen Tonnen Kohle entspricht,
dass der jährliche Umsatz durch die Vegetation etwa ein Fünfzigstel und
durch die Verbrennung etwa ein Neunhundertstel der ganzen jetzigen
Kohlensäuremenge der Luft ausmacht. Eine relativ geringe Zunahme-
der Vegetation vermag demnach das durch die wachsende Verbrennung
I. Bestandteile der Luft. 479
der Kohle gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. Und es ist kein
Zweifel, dass dies auch geschehen würde. Denn die Zunahme der Kohlen-
säure in der Atmosphäre würde die Temperatur des Erdbodens erhöhen
und eine Ausgleichung der Temperaturextreme herbeiführen, was offen-
bar für die Vegetation stark förderlich wäre. Es würde sich also das
Gleichgewicht in Bezug auf den Luftsauerstoflf nur äusserst wenig ver-
schieben.
Auf der anderen Seite ersieht man aus diesen Daten, dass, wenn
auch das Meer als ein grosser Regulator von fünf mal so grosser Kapazi-
tät wie diejenige der Atmosphäre wirkt, doch leicht Störungen in der
Kohlensäurebilanz eintreten können, und dass die Kohlensäureproduktion
durch Verbrennung von fossilen Kohlen in der Länge der Zeit — sagen
wir in 1000 Jahren — den Kohlensäuregehalt der Luft merklich, um
etwa ein Fünftel bei dem jetzigen Verbrauch, erhöhen wird.
Die wichtigste Kohlensäurequelle ist in der vulkanischen Thätigkeit
zu suchen. Diese ist nun in verschiedenen geologischen Zeiten stark
wechselnd gewesen, und dieser Umstand giebt, nach Högbom, einen
triftigen Grund zur Annahme, dass die Kohlensäuremenge in der Luft
in verschiedenen Zeiten stark veränderlich gewesen ist. Auf einen sehr
hohen Kohlensäuregehalt der Luft deutet die Bildung von Oolithen, die
in mehreren älteren geologischen Formationen vorkommen. Dieselben
entstanden wahrscheinlich durch Ausscheidung aus einer gesättigten
Lösung von Calciumbikarbonat ohne Vermittelung von kalkabscheidenden
Organismen. Es ist demnach in jenen Zeiten die Luft so voll Kohlen-
säure gewesen, dass die Verwitterung genug Calciumbikarbonat produ-
zieren konnte, um das Meereswasser wenigstens an einigen Stellen mit
diesem Salz gesättigt zu erhalten. Auch die in einigen geologischen
Zeiten ausserordentlich üppige Vegetation macht einen gleichzeitigen
hohen Kohlensäuregehalt der Luft wahrscheinlich.
Eine vielleicht nicht unbedeutende, aber schwer zu schätzende,
Kohlensäurequelle der Erde liegt in der Verbrennung von kohlenstoff-
haltigen Körpern meteoritischen Ursprunges.
Die Kohlensäure, und in etwas geringerem Grade der Wasserdampf,
ist als die eigentliche „Lebensluft" anzusehen, während man ursprüng-
lich diesen Namen dem Sauerstoff vorbehielt, weil derselbe für die
Atmung der Tiere unentbehrlich ist.
Die örtliche Veränderung des Gehalts an Sauerstoff und
Kohlensäure in der Luft. Von diesen wichtigen Gasen kommt das
eine, der Sauerstoff, in nahezu konstanter Menge in der Luft vor. Die
480 Physik der Atmosphäre.
Veränderungen, welche man in dieser hat nachweisen wollen — man
hat z. B. zu finden geglaubt, dass in München Nordwind mehr Sauer-
stofi" mitführt als Südwind, oder dass der SauerstofFgehalt bei barometri-
schen Minimis grösser ist als bei Maximis (in Amerika) — sind nicht als
sichergestellt anzusehen. Auch mit der Höhe über der Erdoberfläche
ändert sich der Sauerstoffgehalt nicht merklich, obgleich man theore-
tische Gründe dies zu vermuten schon hätte (vgl. weiter unten). Nacli
Millers Analysen von Luftproben, die in verschiedenen Höhen von
Welsh bei Ballonfahrten genommen waren, war der Sauerstoffgehalt
20,92 Proz. an der Erdoberfläche (London), 20,89 in 4100 m, 20,75 in
5490 und 20,89 in 5680 m Höhe.
Von 203 Analysen von an der Erdoberfläche genommenen Luftproben
ergab das Mittel 20,93 Vol.-Proz. Sauerstoff. Die Extreme waren 21,00
(Tromsö) und 20,86 (Para, Brasilien). Man ist daher wohl berechtigt zu
sagen, dass überall der Sauerstoffgehalt der Luft der gleiche ist.
Dagegen scheint der Kohlensäuregehalt der Luft recht veränderlich
zu sein. Er erreicht für das Festland etwa 0,03 Vol.-Proz. oder 0,044
Gew.-Proz. Er ist am Tage etwas geringer als in der Nacht, Armstrong
fand z. B. 0,0296 bezw. 0,033 Vol.-Proz. Dies beruht auf der Wirkung der
Vegetation, welche am Tage Kohlensäure verbraucht, in der Nacht da-
gegen produziert.
Wegen des Kohlensäureverbrauches der Vegetation ist auch an Plätzen
mit reicherem Pflanzenwuchs der Kohlensäuregehalt geringer im Sommer
als im Winter. Das Maximum des Kohlensäuregehalts tritt daselbst
zufolge der Vermoderung von Pflanzenteilen im Frühling und Herbst
ein. So z. B. fand Palmquist in der Nähe von Stockholm für Juli
0,029, für Dez.— Febr. 0,032, für November und April 0,034 Vol.-Proz.
Vegetationslose Plätze zeigen dagegen keinen ähnlichen jährlichen Gang
des Kohlensäuregehalts.
Diese Schwankungen dürften auf die niedrigsten Luftschichten
begrenzt sein. Der Kohlensäuregehalt über dem Meer ist häufig
viel niedriger gefunden, so z. B. ist 0,014 bis 0,020 Vol.-Proz. mehrere
Mal an der Westküste von Nordafrika und an der Ostküste von Brasilien
beobachtet worden. Abwechselnd damit kommen auch Werte von 0,028
bis 0,030 vor. Im Mittel fand Troili-Pettersson für den Süd-Atlanten
0,0232. Etwas höhere Werte gab die Landluft aus Patagonien, im
Mittel 0,027, wechselnd zwischen 0,0225 und 0,032, und einen noch höheren
Wert, 0,0305, gab die Luft vom Nord -Atlanten und dem Eismeer.
Zwischen Island und Grönland fand Nansen auch einen abnorm
I
l; Bestandteile der Luft. 481
niedrigen Wert 0,025 (min. 0,009), während oben auf dem grönlän-
dischen Inlandeis die Ziffern normal (0,031) waren. Die abnorm nie-
I ritten Zahlen, welche man auf dem Meer und in dessen Nähe
fanden hat, sind ohne Zweifel von einer Aufnahme von Kohlensäure in
(las Meer verursacht (dieses braucht dabei, wie die Temperaturangaben
vom Südatlanten, 23—27*^ C, zeigen, nicht sehr kühl zu sein). Die
dadurch entstehende Verarmung der niederen Luftschichten an Kohlen-
säure macht sich nur so lange geltend, als keine merklichen vertikalen
Bewegungen in der Luft vorkommen. Deshalb ist wahrscheinlicherweise
die Ziffer 0,031—0,032 Vol. Proz., welche den Landverhältnissen ent-
spricht, auch für die mittleren Verhältnisse im Luftmeer giltig.
Der Gehalt der Luft an Kohlensäure scheint sich auch nicht merk-
lich mit der Höhe über der Meeresoberfläche zu ändern. Die auf Ballon-
fahrten von S. A. Andree genommenen Luftproben zeigten folgenden
Kohlensäuregehalt :
Höhe
0
380
1200
2370
3200
3830 m.
Gehalt
3,20
4,18
3,23
3,17
3,10
3,37.10*.
Abgesehen von dem Wert 0,0418 Proz. für 380 m Höhe, welcher wohl
zufälligen Umständen zuzuschreiben ist, stimmen die übrigen Zahlen sehr
nahe mit dem Mittelwert 0,0320, welcher für die Nähe von Stockholm
gefunden war.
Müntz fand für Pic du Midi (2880 m) 0,0278 gegen 0,0282 in einem
Gebirgsthal von 600 m Höhe in den Pyrenäen. Andererseits wurde auf
Grands Mulets (3050 m am Mont Blanc) 0,0269 in dem 2000 m darunter
liegenden Chamounix 0,0262 Vol. -Proz. gefunden. Die Unterschiede
scheinen rein zufällig zu sein.
Natürlicherweise kann die Nachbarschaft von vulkanischer oder in-
dustrieller Thätigkeit den Kohlensäuregehalt der Luft bedeutend erhöhen.
Der dritte von den für das Leben wichtigen Luftbestandteilen —
der Wasserdampf — , schwankt ausserordentlich in seiner Menge und ist
ein so wichtiger klimiatischer Faktor, dass er unten eine eigene Ab-
teilung erhält.
Weniger hervortretende Luftbestandteile. In ganz ver-
schwindender Menge kommen beinahe alle chemische Elementarstoffe in
der Luft ebenso wie im Meereswasser vor. Dies beruht darauf, dass bei
der Brandung der Wogen kleine Tröpfchen vom Meerwasser in der
Luft verstäubt werden, deren Wasser nachher teilweise verdampft.
Arrhenius, Kosmische Physik. 31
482 Physik der Atmosphäre.
Dadurch wird beispielsweise die Anwesenheit von Brom und Jod in der
Luft verständlich.
Unter diesen kleinen Beimengungen der Luft interessieren die hoi
den anderen Himmelskörpern so wichtigen Wasserstoff- und Kohlen-
wasserstoffgase. Armand Gautier fand in 100 Litern Luft 17,5 bis
24 cm^ Wasserstoff. Dieser Gehalt, welcher wahrscheinlich von vulkani-
schen Exhalationen stammt, war ziemlich konstant. Dagegen kommen
Kohlenwasserstoffe in der Nähe von Städten und in Wäldern in ziemlicli
bedeutender Menge vor. Dieser Gehalt geht in Berglandschaften star]\
zurück, bis auf 2 cm^ in 100 Litern. Noch viel geringer war er bei der
Windrichtung vom Meere auf dem Feuerturm Koches Douvres. Die
Kohlenwasserstoffe sind folglich als zufällige Beimengungen der Atmo-
sphäre anzusehen, wogegen der Wasserstoff vielleicht als ein konstanter
Bestandteil der Atmosphäre zu erachten ist.
Ammoniak scheint auch in geringer Menge, etwa 1,4 mg auf 100 m^
Luft, in die Atmosphäre einzugehen (nach Müntz und Aubin für Pic
du Midi). In der Nähe der Städte kann diese Zahl viel höher steigen.
Im Parc Montsouris erreicht sie im Mittel 2 mg auf 100 m^ Luft.
Unter dem Einflüsse elektrischer Entladungen in der Luft entstehen
kleine Mengen von Nitriten und Nitraten (vonNHg). Diese Salze schweben
wahrscheinlicherweise in Form von Staub in der Luft. Sie werden durch
Eegen teilweise niedergeschlagen, sodass Eegenwasser (in Mitteleuropa)
nach Boussingault etwa 2,5 g pro Kubikmeter enthält. Dieser Gehalt
ist bedeutend grösser in den Tropen als in den gemässigten Zonen. Bis-
weilen ist die Salpetersäure frei, nicht an Ammoniak gebunden.
Ein Produkt der Verbrennung von Steinkohlen, welche immer etwas
Schwefeleisen enthalten, ist die in der Luft vorkommende Schwefelsäure
und schweflige Säure, welche in nicht unbedeutenden Mengen in der
Nähe von Städten und anderen Industriecentren vorkommen. Sie machen
sich häufig für die Vegetation der Umgebung sowie für die Gebäude
und Standbilder der Städte in unliebsamer Weise bemerklich.
Als eine besondere Modifikation des Sauerstoffs ist das Ozon anzu-
sehen, welches in geringer Menge in der Luft vorkommt. Das Ozon
scheint zu seiner Bildung Sonnenschein zu verlangen. Es kommt des-
halb in grösserer Menge im Sommer, besonders Vorsommer, als im Winter
vor. Aus ebendemselben Grunde enthält die Gebirgsluft relativ viel Ozon.
So z. B. enthielten im Aug. und Sept. 1896 100 m^ Luft zu Chamounix
(1050 m) und Grands Mulets (3050 m) 3,7 bezw. 9,4 mg Ozon, während
gleichzeitig die entsprechende Ziffer für Montsouris (Paris) 2,2 mg er-
I. Bestandteile der Luft. 483
roichte. Für diese Stelle gilt als mehrjähriges Mittel 1,6 mg pro 100 m^
i.uft (1,9 mg im Sommer, 1,3 mg Nov. — Jan.). Ozon entsteht auch bei
Verwesung von harzartigen Produkten (in Wäldern) oder bei elektrischen
Entladungen in Luft. Das Ozon spielt durch seine grosse Oxydations-
fähigkeit wahrscheinlich eine nicht unbedeutende Kolle in der Natur.
Es wird von Vielen als (in geringer Menge) sehr nützlich für die Ge-
sundheit angesehen (Gebirgs- und Wald-Kurorte).
Durchsichtigkeit der Luft. Es ist wohlbekannt, dass Gegen-
stände, welche in grosser Entfernung vom Auge liegen, um so kräftiger
blaugefärbt erscheinen, je grösser ihre Entfernung ist. Es hat den An-
schein, als ob in der Luft ein sehr spärlich vorkommender blauer Staub
schwebt. Dieser Umstand bedingt die sogenannte Luftperspektive. In
der That schwebt in der Luft ein äusserst feiner Staub, welcher, wie
wir unten sehen werden, die blauen und violetten Strahlen selektiv re-
flektiert.
Es ist auch wohlbekannt, dass die Durchsichtigkeit der Luft in ver-
edenen Gegenden und zu verschiedenen Zeiten höchst verschieden
Ist. Am grössten ist die Durchsichtigkeit in der reinen Berg- und Polar-
luft, in welcher auch sehr entfernte Bergkämme den Eindruck machen,
als stünden sie dem Beobachter ganz nahe. Dagegen ist die Luftper-
spektive in der feuchten Luft über England sehr stark entwickelt, sodass
daselbst eine gute Fernsicht eine Seltenheit ist. Am Morgen sind auch
entfernte Gegenstände viel leichter zu sehen als später am Tag. Dies
beruht darauf, dass die Sonnenwirkung aufsteigende Luftbewegungen ver-
ursacht, welche Staub in die Luft hinaufheben, und dass die erhitzte Luft
zittert. Das Gegenteil trifft im allgemeinen in den Nachtstunden zu.
Aus eben demselben Grund ist die Durchsichtigkeit der Luft geringer
in den heissen wie in den kühlen Jahreszeiten.
Hann hebt ausserdem hervor, dass die Luft zufolge von Schlieren-
bildung bei ungleichmässiger Temperatur und Feuchtigkeit „optisch"
trübe sein kann. Dieser Umstand giebt zum Funkeln der Sterne An-
lass. Das Funkeln von künstlichen Lichtpunkten ist grösser am Tag als
in der Nacht (vgl. weiter unten).
Man hat schon lange versucht, die Durchsichtigkeit der Luft zu
messen. Saussure verfuhr folgendermaassen: Er malte in der Mitte
auf zwei weissen Scheiben, deren Durchmesser sich wie 1:12 verhielten,
zwei schwarze Kreise, die ein Drittel des Durchmessers der Scheibe in
Anspmch nahmen. Stellte man dann die beiden gleich beleuchteten
Scheiben in Entfernungen auf, die sich Avie 12:1 verhielten, so sollten
31*
4§4 Physik der Atmosphäre.
Sie dem Auge gleich erscheinen, falls keine Trübung in der Luft statt- |
fand. Saussure stellte die beiden Scheiben nebeneinander auf und ent-
fernte sich, bis er den schwarzen Kreis auf der weissen Scheibe nicht
mehr unterscheiden konnte. Dies geschah z. B. für die kleine Scheibe
in einer Entfernung von 314 Fuss, für die grosse in 3588 Fuss Weite
Diese letzte Ziffer ist nicht 12, sondern nur 11,43 mal grösser als die
erstgenannte. Da die Deutlichkeit beim Sehen der ins Auge einfallen-
den vom Gegenstande stammenden Lichtmenge, und diese dem Quadrate
des Gesichtwinkels proportional ist, so würde, wenn die Durchsichtigkeit
der Luft vollkommen gewesen wäre, die Deutlichkeit der Wahrnehmunf;-
des schwarzen Kreises sich verhalten haben wie 12^ : 11,43^. Lässt nun die
Luft in einer Säule von 1000 Fuss a Bruchteile einer Lichtmenge durch,
so lässt die Luftsäule zwischen den beiden Scheiben, welche 3274 Fuss
lang ist, «^'27* Teile des einfallenden Lichtes durch. Es ist nun offenbar,
dass beim Verschwinden des schwarzen Kreises in den beiden Fällen
die ins Auge fallende Lichtmenge von den beiden Scheiben gleich war.
Wenn die von der kleinen Scheibe kommende gleich L gesetzt wird, so
ist die von der grossen herrührende L ■ a^.^'^ . 122 : 11,432. Diese beiden
Grössen müssen gleich sein und infolgedessen:
1 = «3.274 . 122 : 11,432; a = 0,9705.
Die Grösse a wird Durchsichtigkeitskoefficient genannt (auf 1000 Fuss
bezogen). Vollkommene Durchsichtigkeit entspricht der Ziffer a = 1.
Schlagintweit hat auf diese Weise die Durchsichtigkeit der Luft
in den Alpen untersucht. Er fand, dass sie stark mit der Höhe über
dem Meer zunahm. Diese Methode hatte den Nachteil, dass die beiden
Gegenstände nicht gleichzeitig betrachtet wurden, demzufolge vielleicht
die Beleuchtung und die Grösse- der Pupillenöflfnung in den beiden Fällen
nicht gleich war. Man hat deshalb Methoden erfunden, bei welchen die
Bilder der beiden Gegenstände durch doppelte Keflexionen von aus zwei
Objektiven stammenden Lichtbündeln ganz nahe aneinander in dem ge-
meinsamen Okularende eines Doppelfernrohrs gebracht werden. Durch
Aufsetzen von Blenden vor demjenigen Objektiv, das das hellere Bild
giebt, kann man seine Helligkeit abschwächen, bis die beiden Bilder
gleich hell erscheinen. Diese Lösung des Problems wurde von De la
Rive gegeben. Anstatt dessen behandelt Wild die beiden Bilder (vgl.
Fig. 167) auf dieselbe Weise, wie Zöllner die beiden Bilder in seinem
Astrophotometer (vgl. S. 10).
Durch die beiden Öffnungen A und B fallen mit Hilfe von zwei
p
I. Bestandteile der Luft.
48:
Paaren reflektierender Glasprismen die zwei von den beiden Scheiben
ausgehenden Liehtbündel nebeneinander in die Achse des Fernrohrs Cn.
Daselbst werden die Lichtbündel durch den Polarisator F polarisiert.
Das Kalkspathprisma K zerlegt jedes Lichtbündel in zwei: ein ordinär,
ein anderes extraordinär gebrochenes. Bei Drehung von F mit dem
Knopf 0 wird das eine Paar der Lichtbündel, z. B. die ordinär gebroche-
Tipn, geschwächt, das andere ver-
;lrkt oder umgekehrt. Die
Ijiehtbündel werden im Fern-
ruhr unter A' zu Bildern zu-
sammengebrochen. Unter diesen
fällt das ordinäre Bild des
Lichtes von ^ neben und teil-
weise über das extraordinäre
Bild vom Licht von B. Die
unter K befindlichen Teile die-
nen dazu, die gleiche Hellig-
keit dieser beiden Bilder zu
konstatieren. Man dreht den
Knopf 0 bis dies eintritt. Aus
der Grösse der Drehung lässt
sich die relative Stärke der in
-l und B einfallenden Lichtbün-
del beurteilen.
Wild fand bei seinen Be-
obachtungen über Luft die in
3 m langen Röhren eingeschlos-
sen war, viel geringere Durch-
sichtigkeitskoefficienten als
Schlagintweit und Saussure;
was ohne Zweifel darauf be-
ruhte, dass die von Wild unter-
suchte Luft von den untersten Schichten der Atmosphäre stammte,
wo der Staubgehalt relativ sehr gross ist.
Staubgehalt der Luft. Diese Untersuchungen haben in letzter
Zeit bedeutend an Interesse gewonnen, seitdem es möglich ist, den Staub-
if'halt der Luft quantitativ zu messen. Diesen Aufschwung verdanken
wir vornehmlich den Untersuchungen von Aitken. Nach den vom ihm
ausgearbeiteten Methoden haben nachher llankin, Assmann, Me-
Fig. 167, Durchsichtigkeitsmesser von Wild.
486 Physik der Atmosphäre.
1 and er u. a. Versuche angestellt, die unsere Kenntnisse erweitert haben.
Die Staubzählungsmethode beruht darauf, dass bei einer plötzlichen Aus-
dehnung von feuchter Luft dieselbe in Bezug auf Feuchtigkeit über-
sättigt wird, wonach das Wasser sich um die in der Luft befindlichen
Staubpartikelchen niederschlägt. Dies gilt übrigens nicht nur für Wasser-
dampf, sondern auch für andere Dämpfe. Interessante Versuche über
diesen wichtigen Gegenstand sind von Coulier, Mascart, Aitken,
Kiessling und K. v. Helmholtz ausgeführt worden. Setzt man eine
abgeschlossene Luftmenge, welche mit Wasserdampf gesättigt ist, wieder-
holten Expansionen aus, so fallen die kondensierenden Staubteilchen
allmählich aus, so dass am Ende keine Wassertröpfchen, oder nur äusserst
wenige sich bei jeder Expansion ausscheiden. K. v. Helmholtz hat er-
wiesen, dass sorgfältig durch 20 cm Watte filtrierte feuchte Luft, bis zu
einer halben Atmosphäre, einer Abkühlung von 50** C. und einer zwanzig-
fachen Übersättigung entsprechend, expandiert werden kann, ohne dass
eine Nebelwolke sich bildet. Etwas niedrigere Ziffern fand C. T. E.
Wilson. Bei einer Volumsänderung im Verhältnis 1: 1,25, einer Tempe-
ratursenkung von 25*^ und einer Übersättigung von 4,4—4,8 entsprechend,
erhielt er auch in staubfreier feuchter Luft eine Kondensation des Wasser-
dampfes zu Tropfen. Überschritt die Volumszunahme die Zahl 1,38,
so nahm die Kondensation die Form eines Nebels an, der um so
dichter und feiner wurde, je weiter die Volumsvergrösserung getrieben
war. Führt man nun zu staubfreier Luft eine neue von aussen ge-
nommene Luftmenge und expandiert, so entstehen wieder kleine Tröpf-
chen, welche allmählich aus der Luft niedersinken. Fängt man die-
selben auf einer untergelegten Glasscheibe auf, so kann man die
Zahl der Wassertröpfchen und damit diejenige der Staubteilchen er-
mitteln.
Der Staubzähler von Aitken (Fig. 168) besteht aus einer kleinen
1 cm hohen Dose A, welche oben und unten durch Gläser geschlossen
ist, von welchen das untere in ein Netz von Quadratmillimetern ein-
geteilt ist. Oben ist eine Linse L für die Beobachtung und unten ein
Spiegel M für die Beleuchtung der unteren Glasscheibe angebracht.
A kann durch zwei Hähne R' und R mit der Aussenluft oder mit einer
kleinen Pumpe 7^, deren Kolben mit dem Ringe S vereinigt ist, in Ver-
bindung gesetzt werden. Dieser gleitet längs einer graduierten Röhre.
Wenn der Ring S zu einem bestimmten Strich, z. B. dem Striche ^V
heruntergezogen ist, so ist das Luftvolumen in dem Pumpstiefel ein be-
stimmter Teil, z. B. der 50. Teil von dem Luftvolumen in der Dose A.
I. Bestandteile der Luft.
487
jrn
Die Dose A ist an ihren vertikalen Wänden mit Fliesspapier be-
kleidet, welches während der Versuche feucht gehalten wird. Ausserdem
liegt in A eine kleine mit Fliesspapier überzogene Metallscheibe, welche,
\\ onn der Apparat geschüttelt wird, sich parallel zu den Glaswänden der
Dose A verschiebt, aber sonst gegen die feuchte Wand anliegt. Durch
Schütteln des Apparates erhält man auf diese Weise die Luftprobe in A
durchgemischt und mit Feuchtigkeit gesättigt.
Der Hahn J? wird in zwei Stellungen benutzt, entweder so wie er
lY'chts unten in der Fig. 168 abgebildet steht oder um 90 Grade links-
wärts gedreht. Im ersten Falle stehen A und
F miteinander in Verbindung, im zweiten
Falle sind A und P jedes für sich mit der
Aussenluft verbunden.
Man kann nun erst P und R verbinden
{l( ist geschlossen) und allen Staub aus der
chten Luft in A ausfällen. Die Staubteile,
Iche auf der unteren Glasfläche von A aus-
gefällt sind, stören nicht, sie sind nämlich so
klein, dass sie mit einem 400 mal vergrössern-
den Mikroskop nicht gesehen werden können
(nach Assmann). Bei einer Expansion der
Luft in A fällt auch kein Wasser auf den am
Glas befindlichen Staub aus, denn dieser hat
die Temperatur des Glases, ist infolgedessen
wärmer als die adiabatisch abgekühlte Luft-
masse. Nachdem aller Staub ausgefällt ist,
kann man einen bestimmten Bruchteil der
Luft in A durch P entfernen und nachher
durch Aussenluft vermittelst Umschaltungen
des Hahnes R ersetzen. Man expandiert nun
die Luft durch Hinunterziehen des Ringes S und zählt die Tröpfchen, die
auf ein Quadratmillimeter ausfallen. Durch Mittelnahme aus mehreren
-nlchen Bestimmungen erhält man recht zuverlässige Werte und zwar
erfährt man, wie viele Staubkörner in einer Säule von 1 mm^ Querschnitt
imd 10 mm Höhe sich befinden.
Auf diese Weise hat Aitken den Zusammenhang zwischen Fern-
sicht und Staubgehalt der Luft nachgewiesen. Der Berg Hochgerrach,
welcher in HO km Entfernung vom Rigi liegt, konnte gerade noch ge-
sehen werden wenn die Zahl der Staubteile pro cm'* nicht viel über 2000
a
R
Y
H
Fig. 168.
Staubzähler von
Aitken.
488 Physik der Atmosphäre.
stieg; in verwischtem Zustande war er sichtbar bei 1375 bis 1575. Staub- j
teilchen pro cm^ und etwas neblig war er, wenn diese Ziffer auf 1000
sank. Bei Ben Nevis (in Schottland) hatte man eine Femsicht von
65 km Weite, falls die Zahl 2000, und von 400 km Weite, wenn sie nicht
467 erreichte. In diesem Fall macht sich die Feuchtigkeit geltend, wie
folgende Tabelle anzeigt, in welcher die Anzahl von Staubpartikelchen,
in einer längs der Sichtlinie verlaufenden Luftsäule von 1 cm^ Quer-
schnitt angegeben ist, welche genügte um (bei Kingairloch in Schott-
land) einen entfernten Gegenstand zu verschleiern, wenn die Differenz
der Temperaturen des trocknen und des feuchten Thermometers im
Psychrometer die nebengeschriebene war.
Psychrometerdifferenz Verschleiernde Staubzahl pro cm^
1,1—2,20 c. 1,25.10 »0
2,2—3,9 1,71. „
3,9—5,5 2,26. „.
Hieraus ist es ersichtlich, dass der Durchmesser des Staubes bei
hoher relativer Feuchtigkeit grösser ist als bei niederer. Dies kann nicht
wohl auf andere Weise erklärt werden als so, dass man annimmt, der
Staub sei hygroskopisch und ziehe um so mehr Feuchtigkeit aus der
Luft, je näher diese dem Sättigungspunkte ist.
umgekehrt wie die Fernsicht verhielt sich die Färbung der Natur-
gegenstände. Je weniger Staub desto kälter und schärfer war ihr Aus-
sehen, wogegen viel Staub den Gegenständen einen milden, warmen Ton
verlieh. Der Sonnenuntergang, wie der Aufgang war um so prachtvoller
und farbenreicher, je mehr Staub in der Luft sich vorfand. Diese Er-
scheinungen waren an tiefer gelegenen Orten viel farbenreicher als oben
auf dem Kigi. Aus ähnlichen Gründen ist der arktische Sommer-
himmel sehr blass und kühl.
Am wenigsten Staub enthält die Luft nach einem langen Regen-
oder Schneefall, wie folgende Ziffern zeigen:
Im Freien nach Nachtregen Staubzahl pro em^ 32000
Im Freien nach schönem, trockenem Wetter 130000
Im Zimmer mit zwei Gasflammen; 1,2 m über dem Boden. 1860000
Im Zimmer mit zwei Gasflammen; 1,2 m unter der Decke . 5420000
In der Luft über einer Bunsenflamme 30000000
• ■ \
Der meiste Staub schwebt in den niederen Schichten der Luft. Auf ■
Bergen ist er gering und nimmt stark zu, wenn der Wind aus tieferen
I. Bestandteile der Luft. 4gg
hegenden hinaufsteigt. Dieser Unterschied ist um so ausgeprägter, je
höher der Beobachtungsort liegt. So fand Aitken auf Monte Mottorone
bei Baveno pro cni^:
am Puss 300 m 450 m 600 m
Bei aufsteigendem Thalwind . . 4857 4750 3430 3125
Bei anderen Winden 4743 3270 2195 1453
Ebenso war die Luft drei- bis viermal reiner auf dem Rigi, wenn der
Wind von den Alpen wehte (Staubgehalt max. 1305 min. 421), als wenn
: aus bewohnten Gegenden stammte (max. 5755, min. 1092). Eben-
falls war der Staubgehalt ausserordentlich viel geringer an der Spitze
des Eiffelturmes (300 m, max. 104000, min. 226) als in dem meteorolo-
gischen Observatorium zu Paris (max. 210000, min. 160000). Die ent-
sprechenden Ziffern für Battersea Park in London sind max. 116000 und
min. 48000, für Victoria Street in London 140000 bezw. 100000, für
Glasgow im Winter 470000 bezw. 170000 für Ben Nevis sind sie 14400
bzw. 0 mit einem Mittel von 696 pro cm 3. Im allgemeinen nimmt die
Zahl der Staubteilchen mit der relativen Trockenheit der Luft zu. Sehr
viel Staub führt der Wüstenwind mit sich (in Biskra nach Melander),
und an der Küste führt der Landwind viel mehr Staub als der Seewind.
Das Tagesmaximum des Staubgehaltes fällt auf den Nachmittag, das Mini-
mum auf den Morgen umgekehrt wie die relative Feuchtigkeit, wie fol-
Gfende Ziffern von Rankin für Ben Nevis zeigen:
Stunde la 4a 7a 10a Ip 4p 7p 10p
Staubmenge pro cm^ 736 526 576 551 950 1438 1035 1029
Das Jahresmaximum liegt für Ben Nevis im Frühling, was auf der
dann vorherrschenden östlichen Windrichtung beruhen soll. Sonst wird
man wohl zu vermuten haben, dass der Sommer am staubreichsten ist.
Die Meere können wohl als Gegenden betrachtet werden, wo die
Luft ihren Staub absetzt. Für den Wind vom Atlanten fand Aitken auf
Ben Nevis die niedrige (Minimi) Zahl 72. Auch die grossen Schnee-
felder der Alpen und die Waldungen der Hochebenen wirken auf ähn-
liche Weise. Wie grosse Mengen Kohlenstaub in der Nähe von grossen
Städten die Luft verunreinigen, kann man daraus ersehen, dass man
bisweilen auf den Dächern der Treibhäuser in Kew bei London in vier-
zehn Tagen pro Quadratmeter 2,5 g Kohlenstaub aufsammeln kann.
Würde diese Kohlenmasse plötzlich in die Luft wieder hinaufbefördert
werden, so würde sie eine vollkommen undurchsichtige Schicht bilden.
490 Physik der Atmosphäre.
welche das Sonnenlicht absolut verhüllen würde. Bei mehreren vulkani-
schen Ausbrüchen, z. B. demjenigen von Krakatau, wurden solche gross«
Staubmengen in die Luft hineingeblasen, dass bisweilen in 100 km Ent-
fernung von der Ausbruchsstelle das Sonnenlicht nicht durchleuchtete.
Höhenrauch oder Haarrauch. Bisweilen kann die ündurch-
sichtigkeit der Luft, obgleich der Himmel ganz klar und die relative
Feuchtigkeit niedrig ist, sehr bedeutend an Stärke und Ausbreitung
werden. Man spricht dann von „Höhenrauch oder Haarrauch" („Erd-
rauch" in Schweden). Man erklärt häufig diese Erscheinung als Folge
von weitgehender Ausbreitung der Rauchmassen von Moor-, Wald- oder
Präriebränden, Der eigentümliche, brenzliche Geruch, welcher häufio
diese Erscheinung begleitet, deutet auf die Richtigkeit dieser Auf-
fassung. Der Höhenrauch kommt meist nach langer Trockenheit in
der heissesten Jahreszeit vor.
Hann will den Höhenrauch in vielen Fällen als eine optische
Trübung erklären. Eine solche optische Trübung kann man leicht
nachmachen, wenn man reines Wasser auf eine Zuckerlösung giesst und
etwas umrührt. Vor der endgiltigen Durchmischung ist die Flüssigkeit
ganz trübe und undurchsichtig.
Eine ähnliche Wirkung soll nach Hann sich geltend machen, „wenn
nach langem Regenwetter im Sommer rasch schöne trockene Witterung
sich einstellt", wobei „oft zugleich sehr verbreiteter, intensiver Höhen-
rauch auftritt". „Anfang August 1881 sah ich (Hann) im Innthal bei
Hall die so nahen Bergwände rechts und links kaum, die Sonnenscheibe
konnte man ungestraft ansehen, dabei war der mattblaue Himmel völlig
wolkenlos und rein, ein merkwürdiges, fast unheimliches Bild. Vom
Gebhardsberge bei Bregenz sah man wie ins Leere, die nahen Berge des
Rheinthaies blieben unsichtbar. Auf Berggipfeln soll, in den höheren
Regionen wenigstens, nichts Besonderes wahrgenommen worden sein".
Besonders grosse Durchsichtigkeit hat sonst die Luft in den
anticyklonalen Gebieten, wo sie in absteigender Bewegung ist. In
90 Prozent aller Fälle von besonders schöner Fernsicht in den Alpen
herrschte, nach Schultheiss, eine nach unten gerichtete Bewegung der
Luft. 57 Proz. davon entsprachen anticyklonalem Luftzustand, 33 Proz.
Föhnwind, die übrigen 10 Proz. der Fälle traten nach Regen ein.
IL Die Wärmezufuhr zur Erde.
Die Wärmeleitfähigkeit der Luft. Diese Grösse, deren Be-
immung nicht unwesentlichen Schwierigkeiten unterworfen ist, wurde von
mehreren der geschicktesten Experimentatoren bestimmt. Aus ihren
(jrsuchen geht für diese Konstante (/.) bei 0 ^ der Mittelwert 5,33.10 ~^
Irvor. Sie steigt um etwa 0,22 Proz. pro Grad C. Diese Konstante giebt
^ Anzahl Grammkalorien, welche durch Leitung zwischen zwei 1 cm-
, ossen Flächen, die 1 cm voneinander entfernt sind und deren Tem-
Ieraturdifferenz 1 *^ C. beträgt, durch die zwischenliegende Luft in 1 Sek.
■erführt werden.
I In mehreren Fällen ist es vorteilhaft, die sogenannte Temperatur-
itfähigkeit {K) eines Körpers zu verwenden, d. h. die Anzahl Grade,
fp. welche 1 cm^ des Körpers durch Zufuhr der Wärmemenge /.; an
emperatur zunimmt. Bei 0 ^ C. ist die Dichte der Luft 1,293.10-^
und ihre spezifische Wärme bei konstantem Druck 0,238, woraus
K= 5,33.10-5 : (1,293.10-3. 0,238) = 0,173.
Da die Dichte der Luft dem Druck proportional und der absoluten
Temperatur umgekehrt proportional ist, so wächst K proportional der
absoluten Temperatur und umgekehrt proportional dem Druck. In grossen
Höhen ist deshalb die Temperaturleitfähigkeit der Luft sehr gross.
Bei der mittleren Lufttemperatur, am Erdboden +15'^C., und 760 mm
Druck erreicht die Temperaturleitfähigkeit der Luft den Wert 0,183,
welclier für Eisen bei Zimmertemperatur gültig ist.
Aus der Temperaturleitfähigkeit kann man berechnen, bis zu welcher
Höhe die tägliche Erwärmung der Erdoberfläche sich durch Leitung in
der Luft geltend machen kann. Man findet (vgl. unten) Werte die nicht
mehr als etwa 3,5 m betragen. Für eine dreimonatliche Winterpolar-
nacht erhält man nur einen Wert von gegen 40 m.
Aus diesen Daten ist gleich ersichtlich, dass die Atmosphäre nur
492 Physik der Atmosphäre.
in den allerniedrigsten Schichten an ' den Wärmeschwankungen der
Erdoberfläche zufolge von Wärmeleitung teilnimmt. Die grossen Wärme-
prozesse, welche die Winde hervorrufen, gehen mit Hilfe der aufsteigenden
oder herahfliessenden Luftströme vor sich. Die Wärmeleitungserschei-
nung kann ohne merklichen Fehler in der Mechanik der Luftbe-
wegungen in der Nähe der Erdoberfläche vernachlässigt werden.
Anders in den höchsten Luftschichten. In einer Höhe von z. B.
100 km, wo schon eine merkliche Wärmeabsorption infolge der An-
wesenheit der Kohlensäure stattfindet, ist der Druck etwa 600 000 mal
geringer als an der Erdoberfläche. Wenn auch die absolute Temperatur
daselbst 16 mal niedriger wäre als an der Erdoberfläche (also + 18 abs
= — 255^ C), so würde doch die Temperaturleitfähigkeit etwa 40000 mal
grösser als an der Erdoberfläche sein. Die Temperaturschwankungen
könnten sich an einem Tage etwa 1 km weit fühlbar machen.
Ohne Zweifel spielt jedoch daselbst die Wärmestrahlung die unver-
gleichlich grösste Kolle zur Ausgleichung der Temperaturunterschiede.
Die Sonnenstrahlung. Älteste Messungen. Die Ursache
aller Bewegungen im Luftmeer liegt in der ungleichen Erwärmung des-
selben infolge der Sonnenstrahlung. Da dieselbe die erste Bedingung
für alles Leben und jede Bewegung auf der Erde ist, so fällt es nicht
besonders auf, dass man schon lange versucht hat, diese wichtige Er-
scheinung zu messen. Die ältesten Bestimmungen rühren wohl von
Herschel her; sie wurden von Forbes wieder aufgenommen. Bestim-
mungen in grösserem Maasstab wurden von Pouillet mit dem von ihm
konstruierten Pyrheliometer ausgeführt. Dieses Instrument besteht aus
einer kleinen, als Kalorimeter dienenden Dose aus Metallblech vv
(vgl. Fig. 169) mit darin eingesetztem Thermometer, dessen Kugel durch
Punktierung in der Figur angedeutet ist. vv wird mit einer Flüssig-
keit, gewöhnlich Wasser oder Quecksilber, von bekannter Menge, ge-
füllt. Die Röhre des Thermometers liegt in der Achse des Rohres
ccj , an dessen anderem Ende eine Scheibe dd von demselben Durch-
messer wie vv befestigt ist. Mit Hilfe des Knopfes b kann vv um die
Achse cci gedreht werden, um die Flüssigkeit im Kalorimeter, wie er-
forderlich, durcheinanderzurühren. Die Röhre ccy liegt in zwei Ringen,
welche von einem Stativ getragen werden, so dass cc^ in jede beliebige
Richtung eingestellt werden kann. Wenn der Schatten von vv genau die
Scheibe dd bedeckt, ist der Boden des Kalorimetergefässes senkrecht
gegen die Lichtstrahlen (von der Sonne) gerichtet. Man beobachtet das
Steigen {S) der Temperatur in vv, während es eine bestimmte Anzahl
II. Die Wärmezufuhr zur Erde.
493
B. 5) Minuten der Sonnenstrahlung ausgesetzt ist. Vor und nach der
feobachtung wird das Instrument beschattet und sein Gang im Schatten
beobachtet. Das Mittel der
Temperatursteigerung in
diesen beiden Fällen sei Äj ,
so ist die korrigierte Tempe-
ratursteigerung während der
:< Minuten der Exposition
S— S^. Man berechnet
aus dem bekannten Wasser-
wert des Kalorimeters und
Thermometers die Wärme-
menge, welche pro Minute
auf jedes Quadratcentimeter
des Bodens von vv fällt.
Pouillet machte mehrere
Beobachtungen nachein-
ander an Tagen mit hei-
terem Himmel. Er fand
die Stärke der Sonnenstrah-
lung von dem Stand der
Sonne abhängig, je niedri-
ger dieser war, um so ge-
ringer fiel auch die Strah-
lung aus, wie folgende Be-
obachtungsreihe vom 11. Mai
1838 zeigt (worin die Dicke der Atmosphäre bei senkrechtem Einfall der
Sonnenstrahlung gegen die Erdoberfläche wie gewöhnlich gleich 1 ge-
setzt wird):
Fig. 169. Pyrlieliometer von Pouillet.
Beobachtungs-
zeit
Dicke der
Luftschicht
Korrigierte Temperatur
erhöhung
beob. her.
Differenz
11 V.-M.
1,193
5,05
5,06
— 0,01
12 M.
1,164
5,10
5,10
0
1 N.-M.
1,193
5,05
5,06
— 0,01
2 „
1,288
4,85
4,95
— 0,10
3 „
1,473
4,70
4,73
— 0,03
4 „
1,812
4,20
4,37
— 0,17
5 „
2,465
3,65
3,67
— 0,02
6 „
3,943
2,70
2,64
+ 0,06
494 Physik der Atmosphäre.
Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Luft einen Teil dei'
Sonnenwärme absorbiert, denn nian muss voraussetzen, dass die wirk-
liche Stärke der Sonnenstrahlung sich in der kurzen Beobachtungszeit
nicht nennenswert ändert. Die einfachste Art,- sich dies vorzustellen ist
die folgende: Es strahle die Sonne eine Wärmemenge aus, welche
über dem Luftmeer pro cm^ und Minute a Kalorien ausmacht. Diese
Grösse wird „Sonnenkonstante" genannt. Nachdem das Strahlenbündcl
eine bestimmte Luftmasse (/) durchlaufen hat, sei die Wärmemenge a
auf den Bruchteil aa gesunken; « wird der Durchlässigkeitskoeffizient
genannt. Nachdem das Strahlenbündel die Luftmasse 2 l durchlaufen
hat, ist nicht mehr als aa'^ von der ursprünglichen Wärmemenge übrig,
und wenn die durchlaufene Luftmenge nl beträgt, so wird die durch-
gelassene Wärmemenge {W)\
Als Einheit der durchstrahlten Luftmasse nimmt man diejenige,
welche die Sonnenstrahlen zu durchlaufen haben, falls die Sonne im
Zenith steht und das Pyrheliometer im Meeresflächenniveau aufgestellt
ist. Nach dieser Formel berechnete Pouillet seine Messungen. So
z. B. fand er die oben gegebenen, unter ber. stehenden Temperaturwerte
mit Hilfe der Formel:
t = 6,72 . 0,789',
worin / die in der zweiten Kolumne stehende Anzahl der durchstrahlten
Atmosphären bedeutet, t und W können nämlich einander proportional
angenommen werden.
Pouillet fand Werte von «, die zwischen 0,72 und 0,79 sich ändern.
Die a- Werte schwankten zwischen 1,5 und 1,76 kal. pro Minute und cm^.
Seine Beobachtungen wurden in Paris angestellt.
Neuere Untersuchungen. In späterer Zeit sind eine grosse An-
zahl Bestimmungen der Sonnenkonstante von verschiedenen Beobachtern
ausgeführt worden. Da mit der Beobachtungsmethode von Pouillet
nur eine beschränkte Zahl von Daten gesammelt werden kann, sind
selbstregistrierende Instrumente konstruiert worden. Das am meisten
verbreitete von diesen ist wohl dasjenige von Crova, welches aus zwei
zusammengelöteten, 1 cm im Durchmesser haltenden, Scheiben von Eisen
und Neusilber von 0,1 mm Dicke besteht. Dieses Thermoelement wird
der Strahlung der Sonne ausgesetzt und folgt wegen seiner geringen
Wärmekapacität (sein Wasserwert ist gleich 0,034 g) sehr schnell den
II. Die Wärmezufuhr zur Erde.
495
Wanderungen der Wärmestrahlung. Die elektromotorische Kraft dieses
Elementes ist von seiner Temperatur abhängig und wird mit Hilfe eines Gal-
vanometers abgelesen und photographisch registriert. Man könnte meinen,
dass die diesbezügliche Kurve, welche die Stärke der Sonnenstrahlung
angiebt, vom Sonnenaufgang ab steigen würde, um zur Mittagszeit einen
Alüximalwert zu erreichen und am Nachmittage ungefähr in eben der-
ll)en Weise herunterzusinken, wie sie am Vormittag aufgestiegen ist.
Anstatt dessen zeigt die Kurve eine grosse Menge von Unregel-
mässigkeiten, wie die Figur 170 angiebt, und man beobachtet normal
^i V VI VII VIII IX )^ XI Mirrg,
I'ig. 170. Diagramm der Sonnenstrahlung zu Montpellier (40 m
am 13. Aug. 1888.
VI vni
Höhe)
ein flaches Minimum in den ersten Nachmittagsstunden. Der absteigende
Ast der Kurve liegt auch für gewöhnlich etwas niedriger, als der aufstei-
gende (Vormittag). Die vielen Unregelmässigkeiten sind auf grösseren
Höhen bedeutend geringer als in der Ebene, wie ein Vergleich der Auf-
nahmen vom 13. Aug. 1888 (Fig. 171) von MontVentoux (1900 m) und von
Montpellier deutlich hervortreten lässt. Die Störungen in den beiden Kurven
stimmen übrigens nicht überein; es ist demnach anzunehmen, dass ihre
Ursache lokaler Natur ist und auf dem Verhalten der Luft in den niederen
Schichten beruht. Man kann nicht gut annehmen, dass diese Schwan-
kungen, wie man für gewöhnlich glaubt, auf dem Vorüberziehen von
wasserdampf haltigen, absorbierenden Schichten oder von staub erfüllten
Luftmassen beruhen, denn dieselben müssten dann ein Drittel der Sonnen-
strahlung absorbieren können (vgl. Fig. 170) Überhaupt zeigt diese Er-
scheinung eine grosse Ähnlichkeit mit derjenigen der Scintillation oder des
496
Physik der Atmosphäre.
Funkelns der Sterne, welche auch auf grösserer Höhe (und in trockener Luft)
beinahe verschwindet. Es ist deshalb schwer, die Kichtigkeit der gewöhn-
lichen Annahme zuzugeben, dass die grössten beobachteten Werte di(!
richtigsten sein sollten. Wenn die Unregelmässigkeit dem Funkeln der
Sterne entspricht, so ist vielmehr der Mittelwert der wahrscheinlichste.
Das registrierende Instrument wird hin und wieder mit einem
Pyrheliometer verglichen, wonach seine Angaben auf absolutes Maass
reduziert werden.
Ausser den genannten sind mehrere andere Pyrheliometer konstruiert
worden, wovon einige kurz besprochen werden mögen. Angström wendete u
iy^l
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L
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1886
\.
\
\
S.
V VI VII VIII IX X XI Mirtg. I II III IV V VI VII
Fig. 171. Diagramm der Sonnenstrahlung zu Mont Ventoux (2000 m Höhe),
am 13. Aug. 1888.
als Kalorimeter zwei Kupferplatten an, in welche Drähte von Neusilber
eingelassen waren. Die eine Platte wurde durch einen entfernten Schirm
beschattet, die andere war der Sonnenstrahlung ausgesetzt. Dieses In-
strument hat den Vorteil, dass keine Korrektion wegen der Wärme-
verluste der insolierten Platte nötig sind, da die beschattete Platte
genau denselben äusseren Bedingungen mit Ausnahme der Sonnen-
ü
Strahlung unterworfen ist. Ein anderes Instrument von Ängström be-
steht aus zwei Platinbändern, welche auf der einen Seite geschwärzt sind.
Gegen die andere Seite derselben liegen "die beiden isolierten Lötstellen
eines Thermoelementes an. Das eine Platinband wird der Sonnenstrahlung
ausgesetzt, das andere durch einen elektrischen Strom erwärmt, bis das
II. Die Wärmezufuhr zur Erde.
497
lermoelement Gleichheit der Temperatur der beiden Platinstreifen an-
lebt. Die Wärmezufuhr zum beschatteten Streifen wird aus der Strom-
"?tärke berechnet. Sie ist offenbar gleich der Wärmezufuhr durch Sonnen-
bestrahlung zum anderen Streifen.
Das Aktinometer von Vi olle scheint jetzt nur noch wenig verwendet
zu werden. Es besteht aus einem geschwärzten Thermometer, welches in
dem Mittelpunkt einer aus zwei konzentrischen Kugelschalen bestehen-
den, innen geschwärzten Hohlkugel, befestigt ist. Der Zwischenraum
wischen den Kugelschalen kann mit Wasser von beliebiger Temperatur
_vfüllt werden. Eine diametrale Durchbohrung erlaubt, dass man das
l'hermometer der Sonnenstrahlung aussetzt.
Die Differenz zwischen der Temperatur des Thermometers und der-
jenigen der Hohlkugel erlaubt, die Stärke der Sonnenstrahlung zu
berechnen.
Nach solchen Methoden haben verschiedene Beobachter die Sonnen-
strahlung zu bestimmen versucht. Für die Sonnenkonstante (a) hat
man folgende Werte gefunden:
Forbes und Kämtz (Faulhorn) . . 2,8
)uillet (Paris) 1,5 —1,76
iolle (Mont Blanc) 2,5
Izzo (Rocciamelone) 1,63—2,15 . . 2,5
Tangley (Mount Whitney) .... 3 (2,5—4,0)
Saveljeff (Kiew) 2,81 — 3,4
Bartoli und Stracciati (Stilfserjoch) 2,4 —2,6
Crova (Montpellier) 1,8—2,7 (2,2)
Crova u. Houdaille (Mont Ventoux) 1,97 — 2,9 (2,4)
Hansky (Mont Blanc) 3,0—3,4
An g ström (Yxelö 4,0) (Teneriffa) . 1,76
cal. pro Minute
Mittel 2,5 cal. pro Minute.
Bei der Berechnung von a hat man verschiedene Formeln zu Extra-
polationen benutzt. Je nach der Natur der Formel, welche sich den
Beobachtungen anschliesst, erhält man, wie ersichtlich, sehr verschiedene
Werte von a. Rizzo hat die verschiedenen Berechnungen einer Kritik
unterworfen, welche ihn zur Annahme von a = 2,5 (etwa) führt. Eigen-
tümlicherweise geben die oben zusammengestellten Werte, wobei die
o
abnorm grosse Zahl 4,0 von Ang ström ausgeschlossen wurde, einen
Mittelwert von 2,5. Vielleicht erreicht die Sonnenkonstante, nach der
Arrhenius, Kosmische Physik. 32
498 Physik der Atmosphäre.
letzten Bestimmung von Angström zu urteilen, sogar nicht den
Wert 2,5.
Gewöhnlich giebt man an, dass die Sonnenkonstante 3 cal. pr. Min.
oder noch mehr erreichen muss. Man nimmt an, dass die ersten Luft-
schichten schon eine grosse Menge von Sonnenstrahlen wegnehmen.
Dabei muss man aber in Erinnerung behalten, dass diese zuerst
weggesiebten Strahlen in Teilen des Sonnenspektrums gelegen sind
(äusserstes Ultrarot und Ultraviolett), wo die Strahlungsintensität sehr
schwach ist.
Man hat gefunden, dass die günstigste Zeit für die Beobachtungen
im Anfang des Frühlings und am Ende des Herbstes ist. Auch klare
Wintertage (bei Schneebedeckung) geben gute Beobachtungsreihen. Dass
Bergstationen niedrig liegenden vorzuziehen sind, folgt schon daraus,
dass an den Beobachtungen von jenen eine geringere Korrektion wegen
der Absorption der Atmosphäre anzubringen ist. Ebenso sind die Be-
obachtungen am Vormittag besser wie diejenigen am Nachmittag. Alle
diese günstigen Beobachtungsumstände können so zusammengefasst
werden, dass dabei die Luft relativ frei von Staub und Wasser-
dampf ist.
Der Durchlässigkeitskoeffizient (a) ist bei Höhenstationen etwas
grösser als bei Thalstationen. Die Durchlässigkeit wächst auch mit der
Länge der durchlaufenen Schicht, weil die ersten Teile am stärksten
absorbieren und in tieferen Schichten die am meisten absorbierbaren
Strahlengattungen zum grössten Teil weggesiebt sind.
o
Die folgenden auf Teneriffa gewonneneii Daten von Angström
mögen diese Kegelmässigkeit beleuchten:
Lage der ab-
Duichlässigkeitskoeffizient
sorbierenden Schicht
Pic de Teneriffa
le Canada
Guimar
in Atmosphären
h = 3683
m
A = 2125 m h
= 360 m
1-2
0,889
0,885
0,850
2 — 3
0,904
0,900
0,880
3 — 4
0,924
0,911
0,896
4 — 5
0,925
0,916
0,892
5 — 6
0,928
0,925
0,897
Um einen Begriff von der Stärke der Sonnenstrahlung unter ver-
schiedenen Umständen zu geben, führen wir folgende Ziffern von Ang-
ström an:
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 499
Schichtdicke in Atm.
1
2
3
4
5
6
Strahlung in Guimar
1,39
1,17
1,03
0,92
0,82
0,73
„ „ Canada
1,51
1,33
1,20
1,09
1,00
—
„ PicdeT.
1,54
1,37
1,24
1,14
1,05
0,97
In diesen Ziffern macht sich die Reinheit der Luft an den höheren
itionen deutlich geltend. Die stärkste Strahlung auf der Bergspitze
..trug etwa 1,62. Die Menge des Wasserdampfes in einer Luftsäule
iitsprechend der Schichtdicke 1 (= der Luftmenge in einer vertikalen
l,uftsäule hei 760 mm Druck) betrug in den drei oben erwähnten Fällen
-iviel wie eine 2,7, 1,5 bezw. 1,1 cm dicke Wasserschicht. Bei gleichem
W asser- und Staubgehalt der Luft scheint die Sonnenstrahlung in unseren
icgenden ungefähr ebenso gross zu sein, wie in den obenerwähnten
Fällen, wie Ängström speziell für üpsala gezeigt hat.
Die absorbierenden Bestandteile der Atmosphäre. Die
' vhtigsten Bestandteile der Atmosphäre, welche die Sonnenstrahlung
I inträchtigen, sind Staubpartikelchen, Wasserdampf und Kohlensäure.
lu'treffs der Wegsiebung der Sonnenstrahlung durch Staubpartikelchen
aat Langley gefunden, dass sie für die brechbareren Strahlen am
-Tössten ist, wozu auch die Theorieen von Clausius und Lord Eayleigh
(ihren. Die Absorption der Sonnenstrahlen in den brechbareren Teilen
!'■:= Sonnenspektrums wurde von Langley in Pittsburgh bestimmt. Er
and Werte des Durchlässigkeitskoeffizienten (a), welche durch folgende
inpirische Formel ausgedrückt werden können:
log « = — 0,0545 n — 0,00802 w^,
aiirin n=ll?. gesetzt wird, wenn X die die Wellenlänge der betreffen-
<\<'n Strahlengattung in fx ausgedrückt ist.
Die spektrale Verteilung der Strahlung (E) eines schwarzen Körpers
'Hl der absoluten Temperatur r lässt sich durch die Wien-Planck-
M he Formel ausdrücken:
2-5
^= G
k\xx
e — 1
worin die Wellenlänge (;i) der betreffenden Strahlengattung in n aus-
gedrückt ist. Zist eine Konstante (2890-4,956). Wenn die Strahlung
der Sonne gleich derjenigen eines schwarzen Körpers von 6000^ abs.
gesetzt werden kann, ist die relative Lichtstärke der verschiedenen
32*
500 Physik der Atmosphäre.
Strahlengruppen so verteilt, wie die folgende Tabelle hinter der Kubrik
E angiebt. In dieser Tabelle steht oben 1 m n ausgedrückt und ferner
log a nach der oben gegebenen Formel. Mittelst E und a lässt sich
ein Wert E^ berechnen, welcher die relative Stärke der Strahlung an-
giebt, nachdem das Sonnenlicht die Schichtdicke 1 durchlaufen hat.
Ebenso ist ein Wert E^ der Schichtdicke 2 entsprechend berechnet. '
X = 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 }
log a = 0,515—9 0,765—2 0,544—1 0,762—1 0,8420—1 0,8854—1 0,9106—1 0,9264-1
E = 0,0041 2,0 142 248 270 245 202 162
Ei=Q 0,1 50 143 188 188 164 187 I
E2= Q 0 17,4 83 131 144 134 116
A = 0,9 1,0 1,2 1,5 2,0 3,0 4,0 5,0 10,0 Sum-I
log a = 0,9371—1 0,9455—1 0,9565—1 0,9666—1 0,9758—1 me |
^=128 101 68,4 3,36 13,6 3,4 1,19 0,52 0,037 203,2
-El = 111 89,1 57,4 3,11 12,9 3,3 1,16 0,51 0,037155,21
^2— 96 78,6 51,9 28,8 12,2 3,2 1,13 0,50 0,037 125,31
Daraus ersehen wir, dass der Staub, wenn er in der Menge in der
Luft enthalten ist, wie bei den Beobachtungen von Langley, in einer
Luftschicht von der Menge 1 etwa 24Proz. der Sonnenstrahlung wegnimmt,!
in einer Luftschicht von der Menge 2 dagegen 37 Proz. Mit anderen!
Worten der Durchlässigkeitskoeffizient zufolge von Staub wäre 0,76 in
der ersten Schicht von Atmosphärendicke, 0,83 dagegen in der zweiten l
(0,83.0,76 = 0,63). Nun gehen die Sonnenstrahlen teilweise schräg durch
die Atmosphäre und es ist leicht mit Hilfe der Integralrechnung nach-
zuweisen, dass ihr mittlerer Weg durch die Atmosphäre (für den be-
leuchteten Teil der Erde) der Luftmenge 2 (nahezu) entspricht. Man;
hätte demnach eine Wegsiebung des ultravioletten und stark brechbaren
Lichtes zu erwarten, von der Grösse, dass dadurch etwa 35 Proz. der
Sonnenwärme verschwände. Da aber 72 Proz. der Erdoberfläche von Wasser
bedeckt sind, und der Staub in geringerer Menge über dem Meer als,
über der Landoberfläche vorkommt, so wird die oben gegebene Ziffer*
etwas zu gross und vielleicht für die ganze Erde auf etwa 30 Proz. zu
reduzieren sein. Diese Wärme geht aber nicht gänzlich für die Erde
verloren , indem nur ein Teil davon zum Himmelsraum reflektiert wird,
und ein anderer Teil, etwas weniger als die Hälfte, zur Erde gelangt.
Schätzungsweise kann man danach annehmen, dass die Erde etwa 17 Proz.
der Sonnenwärme auf diese Weise verliert.
Will man in ähnlicher Weise schätzen, ein wie grosser Teil
der Erdstrahlung durch Reflexion von dem Staub der Erde erhalten
iL l)ie Wärmezufuhr zur tlrde. 50 1
bleibt, so kann man eine ähnliche Kechnung durchführen. Man findet
dann, dass das Maximum der Strahlung eines 15*^ warmen schwarzen
Ivr»rpers (mittlere Temperatur der Erdoherfläche) hei X = 10 fi liegt und
dass nur etwa 20 hezw. 1 Proz. der Totalwärme geringere Wellenlängen
nis 9 fi bzw. 4 (i besitzen. Der zur Erde durch den Staub reflektierte
'11 der Erdstrahlung erreicht etwa 0,2 Proz., kann folglich vollkommen
ausser Kechnung gelassen werden.
Eine stauherfüllte Luft vermindert demnach die Einstrahlung der
■iinenwärme, lässt aber die Erdstrahlung frei hindurchgehen. Der
;iub wirkt demnach auf die Temperatur der Erde stark herabsetzend.
In derselben Weise wirken die Wolken, deren Albedo (vgl. oben S. 169)
fOr leuchtende Strahlen wahrscheinlich gleich derjenigen frisch gefal-
lenen Schnees gesetzt werden kann, welche nach Zöllner etwa 0,80 beträgt.
Dagegen reflektiert sowohl Schnee wie auch eine Wolke viel weniger von der
dunklen Wärme. Nach der Verteilung der Energie im Sonnenspek-
trum wird die Wirkung der Wolken eine Zerstreuung von etwa der
Hälfte der Sonnenwärme sein. Dass die Wolken für die längsten
Wärmewellen etwas durchlässig sind, kann man bei dichtea Nebeln
(z. B. in London) beobachten, wobei die Lage der Sonne kaum durch
den Gesichtssinn zu erkennen ist, dagegen aus der Wärmestrahlung
mit Hilfe des Wärmegefühls ungefähr ermittelt werden kann. Die
meisten Strahlen der Erde werden wohl von den Wolken als von einem
nahezu schwarzen Körper absorbiert und wieder ausgestrahlt. Da nun
die Hauptmasse der Wolken (besonders der dichten Wolken) in einer
Höhe von etwa 1000—3000 m (Mittel 1900 m) liegt, und die Tempe-
ratur daselbst etwa 7,5*^ niedriger als an der Erdoberfläche ist, so wird
die Ausstrahlung der Erde an diesen absorbierbaren Wellen um etwa
10 Proz. herabgesetzt. Die Wolken vermindern also die Einstrahlung
in viel höherem Grade als die Ausstrahlung und tragen demnach wie
der fein verteilte Staub, aber etwa doppelt so energisch zur Abkühlung
der Erde bei. Da nun die Wolken etwa die Hälfte (52 Proz.) der Erdober-
fläche verdecken, so geht durch Wolken und Staub zusammen. die Erde
etwa eines Viertels der Sonnenwärme verlustig.
Da die Staubpartikelchen die stark brechbaren Sonnenstrahlen
zerstreuen, enthält das Sonnenlicht an der Erdoberfläche kein Licht
von niederer Wellenlänge als etwa X = 0,295 fi. Auf Bergstationen
kann man das Spektrum etwas weiter ausgedehnt sehen. Die Aus-
dehnung des Spektrums nach dem Ultravioletten hin ist nach den
Beobachtungen von Cornu um so grösser, je geringere Dicke die ab-
502 Physik der Atmosphäre.
sorbierende Schicht besitzt. Sie ist auch grösser im Winter als im
Sommer, oifenbar wegen des geringeren Staubgehaltes der Luft im
Winter. Cornu zeigte auch, dass eine Köhre voll Luft von 4 m Längo
alles Licht bis zu der Wellenlänge 0,185 ii auszulöschen vermag.
Noch grösser ist die atmosphärische Absorption der von Schu-
mann entdeckten ultravioletten Strahlen (von etwa 0,1 /m Wellenlänge),
welche nur in äusserst luftverdünntem Raum photographiert werden
konnten. Es nimmt also nach diesem Ende des Spektrums die Zer-
streuung des Lichtes mit abnehmender Wellenlänge viel schneller zu,
als die oben gegebene aus Langleys Daten berechnete Formel angiebt.
Zufolge Zerstreuung des brechbarsten Lichtes durch den Staub ver-
schiebt sich die Lage des Strahlungsmaximums zu immer grösseren
Wellenlängen, je dickere Schichten die Strahlen durchlaufen haben.
So z. B. besitzt E in der letzten Tabelle (S. 500) ein Maximum bei
X = 0,5 //, E^ bei 0,55, E2 bei 0,6 (i etwa. Für jede Atmosphäre steigt
Xmax um etwa 0,05 |M; an der Aussengrenze der Atmosphäre müsste
Xmax infolgedessen etwa 0,5 n betragen, da es an der Erdoberfläche bei
hohem Sonnenstand etwa 0,55 /m erreicht. Da nun die Temperatur der
Sonne aus der Formel:
Xmax ' T = 2890
berechnet wird, so erhält man den Wert r = 5250, wenn Xmax = 0,55
beträgt (vgl. S. 131). Dieser Wert muss wahrscheinlich um etwa 10 Proz.
erhöht werden, um der Zerstreuung des brechbarsten Lichtes in der Luft
Rechnung zu tragen, also etwa 5900^ abs. erreichen.
In ähnlicher Weise hat Harkänyi folgende absolute Temperaturen
folgender Sterne berechnet: Sonne 5450^ Sirius 6400^ Wega 6400",
Arktur 2700«, Aldebaran 2850», Beteigeuze SlöO«. Diese Zahlen sind
wahrscheinlich um 10 bis 12 Proz. zu erhöhen.
Absorption durch Dämpfe. Ganz anders verhalten sich die
Dämpfe, welche teilv^eise eine sehr starke Absorption auf die Wärme-
strahlung ausüben, wie Tyndall in seinen umfassenden Untersuchungen
gezeigt hat. In diesem Falle ist im allgemeinen die Absorption um so
stärker, je grössere Wellenlänge die Strahlung besitzt, wie dies aus
folgender Tabelle von Tyndall hervorgeht. Dabei sind verschiedene
Strahlungsquellen benutzt worden, nämlich Platinspiralen, die zu Dunkel-
rotglut (etwa 700 0 C), Rotglut (etwa 1100° C.) und Weissglut (etwa
1600^ C.) erwärmt waren. Je heisser die Wärmequelle, desto kurz-
welliger ist die Strahlung.
IL Die Wärmezufuhr zur Erde.
503
Absorbierender Dampf von
Absorption in Prozent
12,7 mm Druck und 1,2 m
Dunkelrote
Rotglühende
Weissglühende
Scbichtdicke
Wärmequelle
Wärmequelle
Wärmequelle
Schwefelkohlenstoff CSa . .
6,5
4,7
2,9
Chloroform CHCI3 . .
9,1
6,3
5,6
Methyljodid CH3J . . .
12,5
9,6
7,8
Äthyljodid C2H5J . . .
21,0
17,7
12,8
Benzol, CcHg ....
26,3
20,6
16,5
Amylen C5H10 ....
35,8
27,5
22,7
Äthyläther C4H10O . .
43,4
31,4
25,9
Athylformiat C2H5CO2H
45,2
31,9
25,1
Athylacetat C2H5C2H40:i
49,6
34,1
27,2
IAus dieser Tabelle geht noch eine andere Regelmässigkeit hervor,
ämlich dass die Absorption im allgemeinen um so grösser ist, je zusammen-
esetzter die absorbierenden Moleküle sind. Am deutlichsten tritt dies
ei den einfachen Gasen, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff hervor,
welche nach Tyndall keine Absorption ausüben. Dies ist zwar nicht
ganz richtig für Sauerstoff', der ziemlich starke Absorptionsstreifen im
sichtbaren Spektrum besitzt, welche die „atmosphärischen Bänder" A und
B, sowie a zwischen den Linien G und D verursachen. Diese Absorption
ist jedenfalls quantitativ so unbedeutend, dass sie sich bei Tyndalls
Versuchen nicht zu erkennen gab. Die Gase in der Atmosphäre, von denen
vermutet werden kann, dass sie eine merkliche Absorption zeigen, sind
Wasserdampf und Kohlensäure, vielleicht auch die wenig bekannten
Kohlenwasserstoffe, die in sehr geringer Menge in der Luft vorhanden
sind. Davon ist Kohlensäure am leichtesten zu untersuchen. Schon
Tyndall und Lecher haben die Absorption der Kohlensäure für die
Strahlung eines 100*^ warmen Körpers bestimmt. Diese Versuche habe
ich zu komplettieren versucht und auf Strahlen eines 15^ warmen
Körpers ausgedehnt. Da der letzterwähnte Fall recht genau den Ver-
hältnissen bei der Strahlung der Erde gegen den leeren Raum ent-
spricht, wollen wir einige der betreffenden Ziffern wiedergeben. Zur
Absorption von Ä Prozent sind die unter l geschriebenen Schichten-
dicken (in Centimetern) von reiner Kohlensäure bei 15*^ und 760 mm
Druck nötig.
1
2
5
10
15
20
25
30
0,6
1,3
5,0
20,7
60
142
300
580
504 Physik der Atmosphäre.
Zwar ging die Wärmestrahlung durch zwei 1 cm dicke Steinsalz-
platten, die einen Theil derselben absorbieren, die deswegen anzubringende
Korrektion dürfte aber ziemlich belanglos sein. Da nun die Absorption
der Kohlensäure sich noch mehr bei den schräg als bei den lotrecht zur
Erdoberfläche laufenden Strahlen geltend macht, so wirkt die Atmo-
sphäre viel mehr — die Kechnung zeigt etwa 1,75 mal mehr — als
die Kohlensäuremenge in einer lotrechten Luftsäule. Diese entspricht
einer Schichtdicke von 250 cm, also würde die Atmosphäre eine ebenso
kräftige Absorption ausüben wie eine Schicht Kohlensäure von 437 cm
Dicke, d. h. etwa 27,8 Proz. der Brdstrahlung absorbieren. Diese ab-
sorbierte Wärmemenge wird natürlicherweise wieder in den Welt-
raum ausgestrahlt, aber da der strahlende Körper viel kälter als die
Erde ist, so wird auch seine Strahlung viel geringer sein, sodass that-
sächlich Wärme der Erde erhalten wird. Und zwar ist diese Ersparnis
ganz bedeutend, indem sie einer Erhöhung der Erdtemperatur von etwa
14,5 "^ entspricht.
O
In jüngster Zeit hat Angström nachgewiesen, dass, wenn die
Strahlung eine bestimmte Menge Kohlensäure durchläuft, die Wärme-
absorption mit dem Druck steigt. Wegen dieses Umstandes sind die
obenerwähnten Ziffern etwas zu hoch. Es ist zugleich wahrscheinlich,
dass die Kohlensäureabsorption bei sinkender Temperatur zunimmt, wo-
durch der letzterwähnte Einfluss kompensiert wird. Eine noch nicht
genau ermittelte Korrektion ist deshalb an ihnen anzubringen.
Viel weniger wirkt die Kohlensäure auf die Sonnenstrahlung. Schon
die Strahlung einer 100 gradigen Wärmequelle wird nur 0,7 mal so stark
von der Kohlensäure absorbiert wie die Strahlung einer 15 gradigen.
Noch geringer ist die Wirkung auf die Sonnenwärme, indem Angström
sich vergeblich bemüht hat, diese Absorption direkt nachzuweisen. Man
kann aus der Lage und Breite der Absorptionsbänder der Kohlensäure
ihre Absorption der Sonnenstrahlung zu etwa 2 Proz. schätzen, sie ist
jedenfalls so unbedeutend, dass sie ohne merklichen Fehler ausser Rech-
nung gelassen werden kann.
Viel kräftiger wirkt der Wasserdampf. Angström hat die Absorp-
tion desselben für Sonnenstrahlung so zu bestimmen versucht, dass er
das Sonnenspektrum graphisch darstellte und die Lücken darin aus-
füllte, wodurch er das Sonnenspektrum an der Aussenseite der Atmo-
sphäre erhielt. Hieraus konnte er offenbar die Absorption des Wasser-
dampfes unter der Annahme, dass Wasserdampf alle die erwähnten
Lücken verursacht, berechnen. Er fand für eine absorbierende Schicht
I
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 505
n 2,1 cm bezw. 9,9 cm (auf flüssiges Wasser reduziert), ein Absorp-
üsVermögen des Wasserdampfes von 1 5 bezw. 27 Proz. Die folgenden
Werte sind einer Kurve von Angström entnommen, wobei entsprechende
W,'rio von Schukewitsch (in Klammern) mit eingeschrieben sind:
^ = 5 10 15 20 25 Proz. Absorption
; = 0,30 0,85 2,1' 4,2 (5,2) 6,8 (10) cm Wasser.
Wie ersichtlich, bietet das Verhalten des Wasserdampfes ungefähr
-selbe Bild wie dasjenige der Kohlensäure, indem die Absorption viel
langsamer als der absorbierenden Menge proportional zunimmt.
Die Absorption des Wasserdampfes für die Erdstrahlung ist noch
nicht genau untersucht, dürfte aber diejenige der Kohlensäure nicht
unbedeutend übertreffen. Dabei ist zu bemerken, dass der Wasserdampf
im Gegensatz zu der Kohlensäure in den niedersten Schichten der At-
mosphäre konzentriert ist. Dadurch wird die wärmeschützende Kraft
des Wasserdampfes bedeutend geringer als sie sonst sein würde.
Es ist bei den Untersuchungen über die Wärmeabsorption des
Wasserdampfes sehr schwer, seine Wirkung von derjenigen des Staubes
zu unterscheiden. Denn, wie oben gezeigt wurde, schlägt sich der
Wasserdampf schon lange, bevor Sättigung eingetreten ist, teilweise
auf den Staub nieder und verstärkt dadurch die Undurchsichtigkeit, die
der Staub an sich hervorbringt.
Der Wasserdampf hat sehr viele charakteristische Liniengruppen,
die meisten im Ultrarot, wo er für Licht von grösserer Wellenlänge als
16 fi so gut wie undurchsichtig erscheint. Im sichtbaren Spektrum be-
finden sich einige Liniengruppen in der Nähe von a, C und D, welche
se charakteristisch sind, dass sie „Regenbänder" genannt werden, indem
man Regen prophezeit, wenn sie stark auftreten.
Die stark rote Färbung der untergehenden Sonne bei starkem
Wasserdampfgehalt der Luft dürfte nicht von dem Wasserdampf direkt,
sondern von Staubpartikelchen mit darauf kondensiertem Wasser her-
rühren.
Messungen über den jährlichen und täglichen Gang der
Sonnenstrahlung. Die oben gegebenen Kurven Figg. 170 und 171
stellen die Strahlungsintensität an einem Tage (13. Aug. 1888) zu Mont-
pellier und Mont Ventoux dar. Wie aus denselben ersichtlich, steigt
anfangs nach Sonnenaufgang die Strahlung sehr schnell an, um nachher
zur Mittagszeit durch ein sehr flaches Minimum zu gehen und ein paar
Stunden vor Sonnenuntergang wieder sehr schnell zu sinken. Dies
506 Physik der Atmosphäre.
scheint besonders bei starkem Wassergehalt der Atmosphäre sehr ge-
wöhnlich zu sein.
Savelieff hat in Kiew während der Jahre 1891 und 1892 stünd-
liche Messungen der Sonnenstrahlung mit Hilfe eines Cro vaschen re-
gistrierenden Aktinographen ausgeführt. Aus diesen hat Hann fol-
gende Mittelwerte abgeleitet:
Zeit . .
4—5
5—6
6—7
7—8
8-9
9—10
10—11
11—12
Winter .
—
—
—
0,04
0,12
0,19
0,27
0,30
Frühling
0,03
0,13
0,30
0,40
0,42
0,46
0,48
0,48
Sommer .
0,09
0,34
0,54
0,68
0,73
0,78
0,79
0,72
Herbst .
—
0,01
0,13
0,32
0,43
0,50
0,56
0,59
Zeit . . 12-1 1—2 2—3 3—4 4—5 5—6 6—7 7-8
Winter . 0,31 0,28 0,23 0,15 0,05 _ _ —
Frühling 0,51 0,48 0,44 0,43 0,41 0,30 0,15 0,03
Sommer . 0,69 0,64 0,62 0,60 0,54 0,47 0,30 0,09
Herbst . 0,59 0,54 0,52 0,44 0,31 0,14 0,01 —
Die Zahlen sind in Kalorien pro cm^ und Minute angegeben. Um
den Wärmegewinn des Erdbodens zu finden, muss man diese Ziffern
mit dem Cosinus der Zenithdistanz der Sonne multiplizieren. Dass die
Werte so niedrig ausfallen, kommt daher, dass die Zahlen Mittelwert
sind und nicht nur ganz klaren Tagen entsprechen. Als Beispiel ein'
solchen möge der 7. Jan. 1899 zu Kiew angeführt werden (n. Br. 5i>
24', Höhe 100 m).
Zeit 9,5'*a 10,2 11,0 11,7 12,0 12,8?^ 1,1 1,9 2,3 2,9 3,1 3,4
cal. 0,86 1,03 1,10 1,15 1,10 1,12 1,08 0,99 0,92 0,77 0,69 0,58 i
t
Diese Ziffern gelten für eine senkrecht gegen die Sonnenstrahlen!
stehende Fläche. Wie die Zahlen für eine horizontale Fläche ausfallen,
zeigen folgende Daten von Homen (Mittel der ganz klaren Tage 14.
und 15. Aug., 2. und 3. Sept. 1896, 60» 17' n. Br., 23*' 40' E. v. Gr.,,
Höhe 60 m). j
Zeit 6a7 8 9 10 11 12 lp2 3 4 56
cal. 0,12 0,30 0,51 0,73 0,87 0,96 0,97 0,92 0,76 0,60 0,43 0,27 0,14
Durch die Eeduktion auf die horizontale Fläche verschwindet das Mini-
mum zur Mittagszeit.
Die jährliche Schwankung zeigt eine sehr ausgeprägte Ähnlichkeit
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 507
mit der täglichen, wie folgende Daten von Crova für Montpellier
(430 36' n. Br. und 60 m Höhe; 11 jähriges Mittel) belegen. Die Daten
lu'ziehen sich auf senkrechte Strahlung kurz vor Mittag:
i
n. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
,03 1,06 1,10 1,16 1,16 1,11 1,11 1,07 1,08 1,04 1,05 0,98 1,08
Das Minimum fällt in den Dezember mit dem niedrigsten Sonnenstande
zusammen, das Maximum kommt dagegen im April und Mai vor dem
höchsten Sonnenstande. Nach demselben erscheint ein sehr schwaches
Maximum im September. Das Maximum würde ohne Zweifel in den
Juni fallen, wenn nicht Wasserdampf und Staub im Sommer stark zu-
nähmen (wie zur Mittagszeit). Der Transmissionskoeffizient hatte ein
Maximum im Dezember (0,71), ein Minimum im Sommer (0,48).
Die mittlere tägliche Wärmesumme (in cal. pr. cm^ für horizontalen
Ih'dboden) zu Kiew betrug nach einem dreijährigen Mittel:
y
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
24 67 99 122 318 325 328 306 227 125 34 13 166.
Wenn alle Tage vollkommen klar gewesen wären, so würde das Jahres-
mittel anstatt 166 cal. pro Tag etwa doppelt so gross ausgefallen sein
(338 cal. pro Tag). Diese letzte Ziffer beträgt 43,9 Proz. von der theo-
retischen Einstrahlung (770 cal. pro Tag), welche an der Grenze der
Atmosphäre ankommt (gerechnet mit 2,5 cal. pro min. als Sonnen-
konstante). Wie wir später sehen werden, entspricht dies einem Trans-
missionskoeffizienten von etwa 0,65.
Oben haben wir den Transmissionskoeffizienten der Luft unter Be-
rücksichtigung des Staubes allein auf 0,76 geschätzt. Der Unterschied
zwischen dieser Zahl und den gefundenen wäre der Absorption durch
Wasserdampf und Kohlensäure zuzuschreiben. Diese Absorption würde
demnach für den Winter in Montpellier einer Schichtdicke von 3 mm
und für Kiew im Mittel einer von 8,5 mm Wasser entsprechen. Die
entsprechende Schichtdicke wäre für den Sommer in Montpellier etwa
90 mm. Diese Zahlehwerte scheinen nicht allzu schlecht mit den that-
sächlich beobachteten Werten der Luftfeuchtigkeit übereinzustimmen.
Der ungewöhnlich hohe Transmissionskoeffizient 0,85 für Guimar
auf Teneriffa scheint anzudeuten, dass der Staubgehalt der Luft über
dem Meer bedeutend (mehr als doppelt) geringer ist als auf kontinen-
talen Stationen.
508 Physik der Atmospliäre.
Die Verschiedenheit der Sonnenstrahlung an verschiede-
nen Orten. Der wichtigste Faktor zur Bestimmung des Klimas ist die
Einstrahlung von der Sonne. Dabei ist zunächst hervorzuheben, dass die
Erde in der Zeit, in der sie einen Grad der Ekliptik durchläuft, immer
dieselbe Wärmemenge erhält. Die Zeit, welche die Erde in ihrer Bahn
zum Beschreiben eines Bogens von l'' braucht, ist nämlich zufolge des
zweiten Kepler sehen Gesetzes proportional dem Quadrat der Entfernung
von der Sonne. Wenn v den von der Erde während der Zeit t in der
Entfernung r von der Sonne beschriebenen Winkel darstellt, so kann das
genannte Gesetz in folgender Form dargestellt werden (vgl. S. 74):
r'^v = Kt,
worin K eine Konstante bedeutet.
Die Strahlung <S' von der Sonne gegen die Erde in der Zeit t ist
andererseits durch den Ausdruck:
gegeben, wobei Ä eine neue Konstante bedeutet. Hieraus folgt durch
Multiplikation :
SK-t = Ävt oder S= C-v,
worin C eine dritte Konstante bedeutet. Die auf die ganze Erde ein-
gestrahlte Wärmemenge ist infolgedessen dem von der Erde um die
Sonne beschriebenen Winkel proportional.
Diese schon seit Newtons Zeiten bekannte Überlegung ist von
gTosser Bedeutung. Rechnet man, wie gewöhnlich, den betreffenden
Winkel von dem Frühlingspunkt ab, so kann man einen ähnlichen
Schluss, wie für die ganze Erde, für jeden beliebigen, zwischen zwei
Breitekreisen gelegenen Teil der Erde gelten lassen. Denn die Be-
strahlung eines solchen Teils hängt, ausser von der Entfernung von
der Sonne, nur von dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ab und dieser
Winkel ist nur von der Neigung der Erdachse gegen den Leitstrahl von
der Sonne abhängig. Sobald aber der Winkel zwischen diesem Leit-
strahl und demjenigen zum Frühlingspunkt der gleiche ist, so ist die
genannte Neigung dieselbe, sie ist unabhängig von der Länge des Leit-
strahls. Es folgt hieraus, dass, wenn die Erde denselben Winkel (von
dem Frühlingspunkt gerechnet) beschreibt, so erhält eine beliebige
zwischen zwei Breitekreisen gelegene Zone dieselbe Wärmemenge von
f
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 509
der Sonne, unabhängig von der Entfernung der Erde von der Sonne.
Dies gilt z. B. für das ganze Sommerhalbjahr oder das ganze Winter-
halbjahr, während dessen die Erde den Winkel 0 — 180^ bezw. 180*^
bis 360*^ beschreibt.
Im Laufe der Zeit hat (vgl. oben S. 273) die Excentrizität der Erd-
bahn sich geändert. Infolgedessen ist die Länge des Sommers (der nörd-
lichen Halbkugel) veränderlich gewesen. Aber immer ist, so lange die
rmlaufszeit der Erde sich nicht geändert hat, die Wärmeeinstrahlung
während des Sommers auf eine beliebige Zone der Erde dieselbe ge-
blieben und ebenso während des Winters. Nur ist diese Wärme-
menge auf eine grössere oder kürzere Zeit verteilt gewesen. Es kann
liglich durch diese Änderung der Excentrizität nicht die jährliche Ein-
strahlung auf eine bestimmte Zone, noch die Ausstrahlung davon in
den Weltraum sich geändert haben, solange die Umlaufszeit der Erde
konstant geblieben ist. Es kann demnach auf diese Weise keine nen-
nenswerte Änderung der mittleren Temperatur der betreffenden Zone,
wie sie etwa die Cr oll sehe Hypothese verlangt, sondern nur eine Ver-
[rösserung oder Verminderung der Temperaturvariation im Jahre ent-
luden sein.
Etwas anders verhält es sich, wenn die Neigung der Erdachse gegen
ie Ekliptik sich geändert hat, worauf wir weiter unten zurückkommen
werden.
Berechnung der Wärmeeinstrahlung, wenn von der Wir-
kung der Atmosphäre abgesehen wird. Aus den eben ange-
führten Gründen bietet es einen bestimmten Vorteil, die Wärmemenge
zu berechnen, welche auf 1 cm^ der Erdoberfläche einfällt, während
sie einen Bogen von l** beschreibt, statt derjenigen, welche während
eines Tages einstrahlt. Diese Eechnung ist eine rein mathematische,
prinzipiell einfache, aber recht zeitraubende Arbeit. Es wird dabei vor-
ausgesetzt, dass die Stärke der Strahlung dem Cosinus des Winkels
zwischen der Strahlungsrichtung und der Normale gegen die Erdoberfläche
proportional ist. Die genannte Berechnung giebt Kesultate, welche in der
untenstehenden Tabelle, die einer Arbeit von Zenker entlehnt ist, zu-
-^aramengestellt sind. Dabei wird die Wärmemenge gleich 1 gesetzt,
welche der betreffende Punkt erhalten würde, wenn die Sonne die ganze
/eit_ im Zenith stände.
Wenn die Sonne zwischen 180*^ und 360*^ Länge steht, so gelten
dieselben Zahlen wie in der Tabelle, nur gelten diejenigen, die in der
Tabelle für die nördliche Halbkugel angeführt sind, dann für. die
510
Physik der Atmosphäre.
Südliche und umgekehrt. In dieser Weise umfasst die Tabelle alle
Fälle.
Geogr.
Breite
Längen der Sonne
0"
10"
20"
300
400
500
600
700
800
(1800)
(170»)
(160")
(1500)
(1400)
(1300)
(1200)
(1100)
(1000)
900
N. 90
0,069
0,136
0,199
0,256
0,305
0,345
0,374
0,392
0,398
80
0,055
093
139
196
252
300
339
368
386
392
70
109
143
180
217
254
291
324
351
368
374
CO
159
190
221
252
281
308
330
347
358
362
50
205
231
258
283
306
326
343
355
363
366
40
244
266
287
306
324
339
351
359
365
367
30
276
295
308
322
334
343
351
356
359
3G0
20
299
310
320
328
334
339
342
344
345
346
10
313
319
323
325
326
326
325
324
323
323
0
318
318
315
312
308
303
299
295
293
292
S. 10
313
307
299
290
281
273
266
259
255
254
20
299
286
273
260
247
235
224
216
211
209
30
276
260
240
222
206
191
178
169
163
161
40
244
221
199
178
159
.143
129
119
113
111
50
205
178
153
130
110
092
079
069
063
061
60
159
130
103
078
060
044
032
023
019
017
70
109
078
052
030
015
004
—
—
—
—
80
055
024
005
—
—
—
—
—
—
—
90
—
—
—
—
—
—
—
—
Um aus dieser Tabelle die Einstrahlung während eines Tages zu
erhalten, muss man mit einem Faktor Dq '^ : D^ multiplizieren, worin Do
die mittlere, D dagegen die thatsächliche Entfernung von der Sonne
bedeutet. Die in dieser Weise erfolgende Korrektion beläuft sich auf
höchstens etwa 3,5 Proz. und ist in unserem Winterhalbjahr positiv, im
Sommerhalbjahr dagegen negativ. Im grossen und ganzen wird dadurch
nichts wesentliches an der Erscheinung geändert. Auffallend ist. es,
dass in den Sonnenwendezeiten die Einstrahlung an dem bestrahlten
Pol ein Maximum besitzt und danach durch ein schwaches Minimum
bei etwa 60*^ Br. geht. Danach kommt wieder ein schwaches Maximum
bei etwa 45^ Br., wonach die Strahlung erst allmählich und dann ra-
pider bis zum entgegengesetzten Pole abnimmt. Wenn demnach die Luft
unsere Erde nicht umgäbe und die grossen im Winter angesammelten
Eismassen nicht bedeutende Wärmemengen bei ihrer Schmelzung
konsumierten, so würden die Pole im Hochsommer die höchste Tempe-
I
IL Die Wärmezufuhr zur Erde.
511
•atur auf der Erdoberfläche besitzen. Dies würde beispielsweise ein-
|, reffen, wenn die Erde wie der Mond konstituiert wäre.
Um nun die Wärmeeinstrahlung während eines bestimmten Teiles
Jahres zu erhalten, summiert man die Strahlung Grad für Grad.
\lan erhält auf diese Weise folgende Tabelle, die von Wiener herrührt.
)ie Tabelle giebt die totale Wärmestrahlung, während die Erde einen
iVinkel von 45"^ beschreibt. Um Werte für die südliche Halbkugel zu
i erhalten, hat man zu der in der Tabelle angegebenen Länge der Sonne
kso" hinzuzufügen.
Nördl.
lalbkugel.
Br.
Längen der Sonne in der Ekliptik
90" -135»
45"— 90«
135"— 180»
0"— 45»
180»— 225»
315»-360»
225»— 270»
270»— 315»
Sommer
0»- 180»
Winter
180»- 360»
Jahr
Proz.
0,0371
405
429
441
443
436
423
422
441
448
0,0392
403
401
388
363
329
285
238
198
186
0,0392
370
338
295
244
186
124
063
015
0,0371
328
276
217
155
093
036
001
0,153
162
166
166
161
153
142
132
128
127
0,153
140
123
102.
0799
0558
0320
0128
0031
0,305
0,301
0,289
0,268
0,241
0,209
0,174
0,145
0,131
0,127
100
99,2
94,8
87,9
79,0
68,5
57,0
47,5
43,0
41,6
In dieser Tabelle ist als Einheit die Wärmemenge genommen, welche
3me gegen die Sonnenstrahlen senkrechte 1 cm 2 grosse schwarze Platte
n einem Jahr erhalten würde. In der letzten Kolumne ist zur Über-
seht die Strahlung in Prozent derjenigen am Äquator ausgerechnet.
Wie man daraus ersieht, ändert sich die Strahlung in der Nähe des
Äquators sehr langsam. Am grössten ist die Änderung bei etwa 50 ^ Breite,
n der Nähe der Pole wird sie wiederum sehr gering. Am Pole selbst
erreicht die Strahlung 42 Proz. des Wertes am Äquator.
Die Temperatur unter verschiedenen Breitegraden. Wenn
keine Wärmeübertragung zwischen den verschiedenen Teilen der Erde
stattfände, könnten wir aus den oben angeführten Daten die mittlere
Temperatur für einen bestimmten Ort in derselben Weise berechnen,
wie wir es oben betreffs des Mondes gethan haben. Dabei ist zu be-
merken, dass in den oben gegebenen Tabellen keine Kücksicht auf die
Atmosphäre genommen ist. Jetzt wollen wir dies insofern thun, als wir
512 Physik der Athmosphäre.
den durch selektive Reflexion am Staub und an Wolken in der Atnid-
sphäre verursachten "Wärmeverlust berücksichtigen. Dieser betrage im
Mittel für die ganze Erde etwa 25 Proz. (vgl. S. 501) und die Sonnen-
konstante sei gleich 2,5 angenommen. Wir rechnen also so, als ob die Sonnen-
strahlung 1,875 cal. pro Minute betrüge, d. h. als ob die Staubwirkun;.'
über die ganze Erde gleich wäre. Die diesbezüglichen Unterschiede wer-
den wir unten besprechen.
Nach dieser Methode, die zuerst von Christiansen eingeschlagen
wurde, erhalten wir folgende Werte der mittleren Jahrestemperatur,;
welche mit den Werten zusammengestellt sind, die Spital er und für'
südliche Breiten über 60" Dove, der zuerst die Mitteltemperaturen fi
die verschiedenen Breitengrade untersuchte, aus den Beobachtungen er-
mittelt haben.
Breite ber. beob.
n. Halbk. s. Halbk. Mittel. Diff.
0
20,8
25,9
25,9
25,9
+ 5,1
10
19,7
26,4
25,0
25,7
+ 6,0
20
16,7
25,6
22,7
24,1
+ 7,8
30
11,5
20,3
18,5
19,4
+ 7,9
40
4,0
14,0
11,8
12,9
+ 8,9
50
— 5,8
5,6
5,9
5,7
+ 11,5
60
— 17,7
— 0,8
- 0,7
- 0,7
+ 17,0
70
— 29,3
— 9,9
- 4,8
- 7,3
+ 22,0
80
— 35,3
— 16,5
— 8,0
— 12,3
+ 23,0
90
— 37,2
— 20,0
— 10,0
— 15,0
+ 22,2
Die mittlere Temperatur beträgt 15,1", während 6,5" berechnet ist,
einer Differenz von 8,6" C. entsprechend.
Die Temperatur der Erde ist demnach nicht unbedeutend höher
als die obige Rechnung ergiebt. Dies rührt daher, dass die absorbie-
renden Gase in der Luft die Wärmeverluste der Erde vermindern.
Eigentlich müsste man den berechneten Temperaturwert in der Nähe
des Äquators um etwa drei Grad erhöhen und denjenigen in der Nähe
der Pole um etwa gleich viel herabsetzen. Die durchstrahlte Schicht
erreicht nämlich beim Äquator bei weitem nicht den angenommenen
Mittelwert, in der Nähe der Pole überschreitet sie ihn dagegen. Die des-
wegen einzuführende Korrektion kann etwa auf den obengenannten Be-
trag geschätzt werden. Dadurch wird der Unterschied zwischen dem
('
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 513
lechneten und dem beobachteten Wert für den Äquator nahezu ver-
>rliwindend, für die polaren Gegenden dagegen vergrössert.
Die starke Ausgleichung zwischen den Temperaturen an Pol und
Äquator, welche in den beobachteten Ziffern, verglichen mit den berech-
neten, hervortritt, beruht auf dem Wärmetransport durch die Luft- und
Meeresströmungen. Diese wirken kräftiger auf der südlichen Halbkugel,
als auf der nördlichen, weil jene überwiegend mit Meeren bedeckt ist.
Dieser Umstand macht sich noch mehr geltend in der Amplitude
iKr Temperaturvariation im Jahre. Der Unterschied der Sonnenstrahlung
in verschiedenen. Jahreszeiten ist wie die Tabelle auf S. 510 zeigt, in
den Äquatorialgegenden sehr gering. Er nimmt von dort ab stetig zu und
I iroicht ein Maximum an den Polen. Eine Temperaturberechnung für jede
Jahreszeit nach der oben angewandten Methode würde sehr stark von
der Erfahrung abweichende Kesultate ergeben, weil die Luft- und Erd-
und noch mehr die Wassermassen einen stark ausgleichenden Einfluss
in so kurzen Zeitintervallen ausüben. Es folgen hier die mittleren Tem-
peraturen unter verschiedenen Breitegraden im Januar und Juli, deren
Differenzen als einMaass der jährlichen Temperaturschwankung angesehen
werden mögen. Die Verteilung der Temperatur auf der Erdoberfläche
in diesen beiden Monaten ist durch die Isothermenkarten, Figg. 179
und 180, leicht ersichtlich.
Nördliche Halbkugel
Südliche
Halbkugel
Breite
Jan.
Juli
Diff.
Jan.
Juli
Dift
90
— 36,0
2,0
38,0
- 5,2 -
- 14,0
8,8
80
— 32,0
2,6
34,6
— 3,2
- 12,0
8,8
70
— 25,5
7,3
32,8
- 0,4 -
- 9,1
8,7
60
— 16,0
14,1
30,1
2,2 -
- 2,9
5,1
50
- 7,2
18,1
25,3
8,1
3,2
4,9
40
3,9
23,8
19,9
16,1
9,7
6,4
30
13,9
27,4
13,5
22,6
15,3
7,3
20
21,7
28,1
6,4
25,5
20,5
5,0
10
25,7
26,7
1,0
25,9
24,0
1,9
0
26,2
25,5
0,7
26,2
25,5
0,7
Eigentümlichkeiten in der Temperaturverteilung. Bei
seinen Berechnungen über die mittleren Temperaturen fand Dove die
beim ersten Anblick sehr eigentümlich erscheinende Thatsache, dass die
mittlere Temperatur der Erde im Juli (d. h. während des Sommers der
Arrhenius, Kosmische Physik. 33
514 Physik der Atmosphäre.
nördlichen Halbkugel) viel höher ist, wie im Januar (Winter der nörd-
lichen Halbkugel).
Es erreichen nämlich nach Spital er die Mittelwerte der Tempe-
ratur für verschiedene Erdteile folgende Grössen:
Jan. Juli Mittel Schwankuiip
Nördliche Halbkugel .... 8,0 22,5 15,2 14,5
Südliche Halbkugel ... . 17,5 12,4 14,9 5,1
Die ganze Erde 12,7 17,4 15,1 4,7
Diese Eingentümlichkeit hängt mit der Verteilung von Land und
Wasser auf den beiden Halbkugeln zusammen. Die nördliche Halb-
kugel hat etwa 40 Proz. Landbedeckung und damit ein mehr kontinen-
tales Klima, wodurch die relativ grosse Jahresschwankung von 14,5'^ C
entsteht. Die südliche Halbkugel mit nur 13 Proz. Landbedeckung hat
ein mehr oceanisches Klima und deshalb eine kleine Jahresschwankuiiu
von nur 5,1^ C Die Jahresschwankung der ganzen Erde wird demnacli
in derselben Richtung gehen wie diejenige der nördlichen Halbkugel und
zwar wird sie folgende Grösse erreichen:
14,5 ~- 5,1 . A'70 (^
2 ~ ' ^'
Auch die mittlere Temperatur der nördlichen Halbkugel übersteitit
diejenige der südlichen im Absolutbetrag mit etwa 0,3*^ C. In der Nähe
des Äquators ist dieser Überschuss, wie die Tabelle auf S. 513 zeigt,
sehr bedeutend, die mittlere Temperatur zwischen Äquator und 45** n. Br.
beträgt 22,1^ C. und übersteigt den entsprechenden Wert auf der süd-
lichen Halbkugel, 21,0'* C, mit nicht weniger als 1,1 o C. Obgleich unter
höheren Breiten zufolge ihres oceanischen Klimas die südliche Halb-
kugel nicht unbedeutend (um etwa 0,8 •*) wärmer als die nördliche ist,
so bleibt doch der mittlere Überschuss der nördlichen Halbkugel be-
trächtlich.
Die Wärmeausstrahlung auf der nördlichen Halbkugel muss dem-
nach grösser sein wie auf der südlichen. Wenn auch die mittlere
Temperatur dieselbe auf beiden Halbkugeln wäre, so würde unter
sonst gleichen Verhältnissen wegen der grösseren Schwankung auf der
nördlichen die Strahlung grösser sein als auf der südlichen. Dazu kommt
noch, dass die Strahlung der festen Erdkruste etwas diejenige des Wassers
übersteigt, d. h. die Erdkruste ähnelt mehr einem „absolut schwarzen
Körper" als die Wasserfläche, und weiter, dass die mittlere Temperatur
I
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 515
(lor Nordhälfte höher als diejenige der Südhälfte ist. Der Strahlungs-
iinterschied kann auf etwa 5 Proz. geschätzt werden.
Um ebensoviel muss die Wärmezufuhr zur nördlichen Halbkugel
rösser sein. Teils ist die Bewölkung niedriger auf der nördlichen Halb-
kugel als auf der südlichen, der Unterschied erreicht nicht weniger als
(>twa 6 Proz. Dadurch wird, unter der Annahme, dass die Wolken 40 Proz,
iler auffallenden Wärmestrahlen wieder in den Himmelsraum hinaus-
trllektieren, die Hälfte des genannten Effektes erklärlich. Der übrige
rcil der grösseren Wärmezufuhr auf der nördlichen Halbkugel beruht
wohl hauptsächlich darauf, dass eine grosse Menge warmen Wassers
über den Äquator von der südlichen zur nördlichen Halbkugel hin-
überwandert. Ausserdem liegt die südliche Halbkugel für die von
jr Antarktis kommenden kalten Meeresströmungen mit ihren gewal-
jen Eismassen offen, während die nördliche Halbkugel zum grössten
jil durch Landmassen von ihrem Eismeere abgeschlossen ist (vgl.
391).
Infolgedessen ist der wärmste Breitegrad nicht der Äquator selbst,
^ndern er liegt, wie die Tabelle auf S. 513 zeigt, etwa 10*^ nördlich davon
[itteltemperatur 26,4 gegen 25,9 am Äquator). Zwar verschiebt sich
Tlieser wärmste Breitegrad, der „thermische Äquator^', mit den Jahres-
zeiten, sodass er im Januar den Äquator nahezu erreicht (nach Bat-
ihelder), dafür liegt er aber im Juli etwa beim 22. Breitegrad.
Da die Wärmeverhältnisse für die meteorologischen Erscheinungen
usschlaggebend sind, so kann man behaupten, dass der meteorologische
^ijuator der Erde auf der nördlichen Halbkugel (etwa beim 10. Breite-
urad) liegt.
Das Gegenteil gilt für die Sonne (vgl. S. 129).
Veränderung des solaren Klimas durch die Wärmeabsorp-
tion. Oben ist angegeben, wie grosse Wärmemengen der Erde zu-
•führt würden, wenn die Atmosphäre vollkommen durchsichtig wäre.
Da dies nicht der Fall ist, hat Angot mittlere Transmissions-
koefüzienten von 1,0, 0,9, 0,8, 0,7 und 0,6 angenommen und berechnet,
wie grosse Wärmemengen unter diesen Annahmen der Erdoberfläche unter
verschiedenen Breitegraden in verschiedenen Jahreszeiten zugeführt würden.
Er drückt diese Wärmemenge in Äquatorialtagen aus. Wenn also die
Sonne das ganze Jahr über dem Äquator stände und der Transmissions-
koeffizient 1 wäre, so würde der Äquator im Jahr 365,2 Äquatorialtage
erhalten. Wegen der Neigung der Ekliptik gegen die Äquatorialebcne
wird diese Zahl etwas vermindert und. sinkt auf 350,3.
33*
516 Physik der Atmosphäre.
Da nun der Transmissionskoeffizient 0,6 den thatsächlichen Ver-
hältnissen zieralicli nahe kommt, möge Angots Tabelle für diesen Trans-
missionskoeffizienten wiedergegeben werden.
Breite
Jan,
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
90^ n.
0,0
0,0
0,0
1,4
6,7
9,9
7,9
2,4
0,1
0,0
0,0
0,0
80
0,0
0,0
0,2
2,7
7,5
10,3
8,5
3,8
0,5
0,0
0,0
0,0
60
0,1
1,0
3,9
8,2
12,0
13,8
12,6
9,2
4,9
1,5
0,2
0,0
40
3,3
5,7
9,4
12,9
15,3
16,2
15,6
13,5
10,2
6,6
3,8
2,7
20
9,0
11,2
13,6
15,2
15,8
15,9
15,8
15,3
14,0
11,7
9,4
8,2
Äqu.
14,0
14,9
15,3
14,6
13,5
12,8
13,1
14,2
15,0
15,0
14,2
13,6
200- s.
16,8
15,9
13,9
11,2
8,8
7,7
8,3
10,5
13,1
15,3
16,6
17,0
40
16,6
13,9
9,9
6,0
3,4
2,4
3,0
5,2
8,8
12,8
15,9
17,3
60
13,4
9,2
4,4
1,3
0,1
0,0
0,1
0,8
3,4
7,8
12,3
14,6
80
8,8
3,5
0,4
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,1
2,3
7,4
11,0
90
8,3
2,1
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
1,0
6,5
10,5
Die Wärmemengen für das ganze Jahr sind nach Angot für die
Transmissionskoeffizienten {q) 1 und 0,6 folgende:
Äqu. 10» 20» 30° 40» 50» 60*^ 70« 80» 90«
q = 1 350,3 345,5 331,2 307,9 276,8 239,8 199,2 166,2 150,2 145,4
q = 0,6 170,2 166,5 155,1 137,6 115,2 90,6 67,4 47,7 33,5 28,4
269,9 265,6 252,6 231,9 204,7 173,2 140,4 113,3 98,1 93,2
Ein grosser Teil der nicht zur Erdoberfläche gelangenden Wärme
wird in der Luft aufgespeichert. Ich habe versucht, diese Menge folgender-
maassen zu schätzen. Die Wärmemenge, welche zur Erde gelangt, be-
trägt (für q = 0,6) nur 44 Proz. von der Einstrahlung an der Grenze
der Atmosphäre. Oben haben wir den Verlust an Wärme, welche dio
Erde zufolge der Rückstrahlung von Wolken und Staubpartikelchen in
der Atmosphäre erleidet, auf 25 Proz. der Sonnenstrahlung geschätzt.
Da weiter nur 44 Proz. derselben zur Erde gelangen, so müssen von
den 56 Proz., welche in der Atmosphäre durch Absorption oder Reflexion
zurückgehalten werden, 31 Proz. in der Atmosphäre bleiben, während
25 Proz. zufolge von Reflexion zum Himmelsgewölbe verloren gehen. Ich
habe in der letzten Horizontalreihe der obenstehenden Tabelle die totale
der Luft und dem Erdboden zugeführte Wärmemenge unter der An-
nahme berechnet, dass dieses Verhältnis zwischen in der Atmosphäre re-
flektierten und zurückgehaltenen Strahlen überall dasselbe bleibt, und nur
den reflektierten Teil als für die Erde verloren betrachtet.
■
II. Die Wärmezufuhr zur Erde. 517
Diese Ziffern sind sehr instruktiv. Während bei Abwesenheit der
Atmosphäre die Erdpole in ihrem kurzen Sommer ein Temperatur-
luaximum aufweisen würden, da sie am meisten Wärme zugestrahlt be-
kommen, liegt das Strahlungsmaximum zufolge der Einwirkung der Atmo-
sphäre nie nördlicher als etwa beim 30. Breitegrad. Auch wenn man
die von der Atmosphäre zurückgehaltene Wärme zu der auf die Erd-
oberfläche fallenden hinzuzählt, verschwindet das Wärmemaximum des
Sommers an den Polen.
Weiter zeigt die Tabelle von Angot, dass auch bei wolkenfreiem
Himmel nur 44 Proz. der einstrahlenden Sonnenwärme zur Erdoberfläche
langt. Dieser Prozentsatz erreicht sein Maximum 48,6 am Äquator,
sinkt dann allmählich auf 44,7 bei 30 '^ Br., dann geschwinder auf 37,8
bei 50», 28,6 bei 70^ und 19,5 bei 90" Br. Oben haben wir nach den
lieobachtungen von Saveljeff in Kiew für den 50. Breitegrad 43,9 Proz.
echnet. Dieser Umstand scheint anzudeuten, dass der Transmissions-
beffizient thatsächlich etwas grösser ist als 0,6 — etwa 0,65.
Über dem Meere ist er wahrscheinlich noch grösser. Dafür reflek-
rt aber die Meeresfläche etwa 8 Proc. der einfallenden Wärme (nach
nker).
Die obenstehende Tabelle zeigt auch, wie ausserordentlich grosse
ngen von Wärme in der Atmosphäre aufgespeichert oder diffus zur
doberfläche reflektiert werden. Beim 60. Breitegrad übersteigt diese
ärmemengc die direkt zur Erdoberfläche hingestrahlte, am Pole ist sie
sogar 2,3 mal grösser. Der grösste Teil davon wird wohl in den niederen
Luftschichten, welche viel Wasserdampf und Staub halten, aufgespeichert.
Aktinograph für Ballonfahrten. Arago hat ein Aktinometer
konstruiert, das aus einem „blanken" und einem „schwarzen" Thermo-
meter besteht, deren Kugeln zum Schutze gegen Wärmeableitung von
\ akuierten Glaskugeln umgeben sind. Die Strahlungsintensität der Sonne
wird nach dem Unterschied des Standes der beiden Thermometer ge-
schätzt. Die Theorie dieses Instrumentes ist noch wenig entwickelt, wes-
halb es wenig gebraucht wird.
Für Ballonfahrten, bei welchen andere Aktinometer versagen, hat
Violle ein Arago sches Aktinometer, dessen Thermometer registrierend
sind (vgl. S. 546) in Anwendung gebracht. .
III. Die Wärmeverluste der Erde.
Die nächtliche Strahlung. Wenn man während einer klaren
Nacht stark wärmestrahlende aber schlecht wärmeleitende Körper, wie
Baumwolle, Heu, Filz u. s. w. unter freien Himmel hinauslegt, so findet
man häufig ihre Temperatur bedeutend niedriger (bis 10^ C.) als die-
jenige der Erde und der Luft. Der Versuch -gelingt um so besser, je
ruhiger die Luft und je klarer der Himmel ist, weil dann die Wärme-
zufuhr aus der Luft gering und die Strahlung gross ist.
Auf dieselbe Weise fand Melloni, dass ein „schwarzes" Thermo-
meter in klaren Nächten viel (bis 3,6^ C.) tiefer steht als ein „blankes".
Das mit Russ überzogene „schwarze" Thermometer strahlt nämlich teil-
weise zum kalten Himmel, während das silberbekleidete „blanke" Ther-
mometer durch Leitung nahezu die Temperatur der Umgebung annimmt.
In grösserer Höhe über dem Meere wird im allgemeinen die genannte
Temperaturdifferenz grösser (Langley).
Enthält die Luft in der Nähe eines solchen Körpers Wasserdampf,-:
so fällt Wasser aus; es ist dies die Erscheinung des Thaues, den Wells
auf diese Weise erklärte. Er stellte auch (1800) sehr interessante
Versuche über die Temperatur, die niedergeschlagene Thaumengc und
die begleitenden meteorologischen Umstände an. Die Temperatur des
kalten Körpers (z. B. des Grases) muss dabei unter dem sog. Thaupunkt
liegen.
Diese Abkühlung durch Strahlung war schon den Naturvölkern be-
kannt. In Indien macht man in klaren Nächten Eis auf die Weise,
dass man eine flache Wasserschicht, auf einem auf trocknem Stroh
stehenden Teller, der nächtlichen Strahlung aussetzt. Im Inneren Afrikas
hat man bisweilen wegen der intensiven Strahlung in der trockenen Luft
Nachtfröste.
Christiansen hat die Bedingungen der Eisbildung untersucht.
in. Die Wärmeverluste der Erde. 519
Kt legte Teller von stark versilbertem oder berusstem Messing auf eine
Wasseroberfläche, die er der nächtlichen Strahlung aussetzte. Die Luft-
tiinperatur bei seinen Versuchen war immer unter Null. Nach dem
Ablauf der Nacht maass er die Dicke der unter den Tellern gebildeten
jsschichten und fand immer einen bedeutenden Unterschied zum Gunsten
•s berussten Tellers. Daraus schloss er, dass die Strahlung ein sehr
wichtiges Moment für die Abkühlung ausmacht. Dieser Umstand machte
•h um so mehr geltend, je heiterer die Nacht war. Ausserdem trat
111 anderer Einfluss hervor, nämlich die Abkühlung durch Konvektion
nler Leitung. Diese trat um so kräftiger auf, je stärker der Wind war.
!;> beruht dies darauf, dass die Temperatur der Luft unter Null lag.
Wenn das Gegenteil eingetroffen wäre, wie in den eigentlich gefährlichen
l'rostnächten, so würde starker Wind die Eisbildung vermindert oder
rhindert haben. Die für den Landmann schädlichen Frostnächte treten
daher nur bei Windstille und klarer Luft auf.
Wenn eine Eisschicht sich bildet, so nimmt ihre Dicke zu nach
denselben Gesetzen, welche für Diffusion und Wärmeleitung gelten
ich Stefan). Damit also eine 1 m dicke Eiskruste sich bildet, ist
IUI) mal so lange Zeit nötig, wie zur Bildung einer 1 dm dicken Schicht.
Vorausgesetzt wird dabei, dass die Gefriertemperatur (an der Unterseite
<1('S Eises) konstant bleibt und ebenso die Lufttemperatur über dem Eis.
Das erste wird sehr nahe zutreffen, das zweite ist eine grobe An-
näherung.
Dagegen geht der Schmelzprozess von der Oberfläche aus mit
nahezu konstanter Geschwindigkeit nieder, weil das Schmelzwasser
abüiesst. Der Schmelzprozess ist folglich im Vergleich zum Gefrier-
prozess begünstigt.
Jedenfalls versteht man auf diese Weise, dass auch die Eiskrusten
im Polarmeer nie eine besonders grosse Dicke (etwa 6 m, vgl. S. 389)
erhalten.
Pouillet konstruierte ein eigenes Instrument, Aktinometer (Fig. 172)
nannt, um die Wärme Verluste durch Strahlung zum Himmelsgewölbe zu
1 1 lessen. Dasselbebestand der Hauptsache nach aus einem „schwarzen" Strah-
hingsthermometer, welches auf ein sehr gut wärmeisolierendes Material,
Schwanendaunen, in einer flachen Dose aufgelegt war. Die Öffnung
des Aktinometers, in deren Mittelpunkt die Thermometerkugel sich be-
fand, konnte nach verschiedenen Himmelsrichtungen gerichtet werden.
Er fand die Temperatur des Aktinometer -Thermometers in der Nacht
6—9 Grad niedriger als. die Lufttemperatur.
520
Physik der Atmosphäre.
Glaisher fand folgende Unterschiede (Grade C.) zwischen der Liitt-
temperatur und den Angaben eines auf verschiedenen Unterlagen an de;
Erde liegenden Thermometers:
Kies Stein Flusssand Gartenerde Kurzes Gras Langes Gras Fhichs auf Gra
1,3 1,8 2,1 2,2 4,1 4,7 5,7
Die Bewölkung übt einen grossen Einfluss aus, indem sie dii
Strahlung zum Himmelsgewölbe vermindert. Diese Verminderung ist,
um so effektiver, je tiefer die Wolkendecke liegt, d. h. mit anderen!
Worten, je höher ihre Temperatur ist.
Über den Einfluss der Bewölkung gab Glaisher folgende kleim
Tabelle:
Grad der Bewölkung 4 (ganz trüb) 3 2 10 (heiter)
Gartenerde .... 0.4 1,1 1,2 1,6 1,8 »C.
Kurzes Gras ... 0.9 1.7 1.9 2.2 2.5 „
Langes Gras ... 1.1 2.1 2.3 2.6 2.9 „
Bei bewölktem Himmel schmilzt der Schnee, wenn die Temperatur
wenig über Null steigt, bei heiterem Himmel kann er dagegen im Schatten
bei einer Lufttemperatur von + 10 bis
11*^0. unangegriffen bleiben. Dabei
ist es von grosser Bedeutung, dass
die Luft ganz stille ist, sodass
keine merkliche Wärmemenge zum
Schnee durch Leitung geführt wird.
Auch unabhängig von der Strah-
lung erhält sich Schnee und Eis
ungeschmolzen bei einer Tempera-
tur über Null, wenn die Luft so
trocken ist, dass die Verdunstung
den Schnee und das Eis unter
Null abkühlt, und zwar um so mehr,
je stärker der Wind ist. Dieser
Vorgang ist im nordischen Winter
häufig und wird dadurch ange-
Psychrometern das trockene Thermometer über
Wenn dagegen die Strahlung
Fig. 172. Aktinometer von Pouillet.
zeigt, dass bei den
Null, das beeiste aber unter Null steht.
die Abkühlung bewirkt, so ist häufig die Psychrom eterdifferenz nahezu
Null oder selbst negativ, somit die Luft sehr feucht.
III. Die Wärmeverluste der Erde, 521
Neuere Versuche, die nächtliche Strahlung experimentell zu be-
■^'iramen, sind von Maurer, Pernter und Homen ausgeführt worden. Die
■idon erstgenannten benutzten Instrumente, welche mit demVi oll eschen
ktinometer grosse Ähnlichkeit zeigten, die Strahlungsöffnung war aber
ht gross.
Maurer fand zu Zürich (in 440 m Höhe ü. d. M.) in klaren Juni-
hten (Temperatur 15^ C.) eine Ausstrahlung einer berussten Kupfer-
latte von 0,13 cal. pr. cm^ und Minute. Pernter führte Beobachtungen
US auf dem hohen Sonnblick (3095 m) und in Rauris (900 m) bei Luft-
^mperaturen von — 12 bezw. — 6^ C. (Febniar). Er fand 0,201 bezw.
,151 cal. pr. cm ■^ und Minute. Seine Werte sind hoch gegen Maurers
V^erte, was wahrscheinlich auf grösserer Reinheit der Luft in Bezug auf
taub und Wasserdampf beruht. Diese Substanzen, welche hauptsächlich
1 der niederen Atmosphäre vorkommen und demzufolge eine von dor-
nigen der Erdoberfläche nicht allzu verschiedene Temperatur besitzen,
erhindern die Ausstrahlung in den freien Raum, von wo keine Rück-
trahlung stattfindet.
Nach dem Stefan sehen Gesetz kann man berechnen, wie viel Wärme
ie berusste Platte pro Minute verlieren würde, wenn sie gegen den Welt-
aum (von — 273*^ C. Temperatur) gestrahlt hätte. Der Unterschied
wischen diesem berechneten und dem beobachteten Wert kann als die
iückstrahlung der Atmosphäre (Staub, Wasserdampf und in geringem
rrad Kohlensäure) betrachtet werden. Diese Rückstrahlung betrug in
en drei Fällen pro Minute und cm^: in Zürich 0,37, in Rauris 0,21 und
uf dem Sonnblick 0,12 cal.
Es ist auffallend, wie stark die Rückstrahlung mit steigender See-
lOhe abnimmt. Der Staub und der Wasserdampf sind auch vornehm-
ich in den niederen Luftschichten konzentriert.
I ■- Da der Weltraum fast nichts zurückstrahlt, kann derselbe ohne,
aerklichcn Fehler als ein schwarzer Körper beim absoluten Nullpunkt
iiotrachtet werden, welcher Strahlen weder aussendet noch reflektiert.
'lau hat in früheren Zeiten viel über die Temperatur des Weltraumes
pekuliert. Gewöhnlich nahm man an, dass diese Temperatur der
liedrigsten auf der Erde beobachteten nahe käme. Fourier schätzte
iiese Temperatur auf — 50^ — 60*^ C. (In Werchojansk, Ost-Sibirien,
lat man Temperaturen bis zu etwa — 70^ C. beobachtet.) Pouillet
schloss aus seinen Ausstrahlungsversuchen auf eine Temperatur von
— 142" C. Diese Spekulationen haben nur noch hauptsächlich histo-
isches Interesse. Wahrscheinlich geht die Wärmestrahlung der Erde
522 Physik der Atmosphäre.
(und Sonne) zu fein verteiltem Staub und Nebelmaterie im Weltrauii
deren Temperatur nur wenig den absoluten Nullpunkt übersteigt (vg
S. 226).
Der grosse Wärmeverlust des Bodens beruht darauf, dass er z
Körpern strahlt, die wegen grosser Kälte wenig Wärme zurückstrahle i
Wells spannte ein baumwollenes Tuch von 0,6 m Seitenlänge 0,16 i
über Easen in einer klaren Nacht aus. Die Temperatur des Grases wh
an der geschützten Stelle häufig 6** C. höher als an nicht geschützte i
Genau so wirken die Wolken, welche eine allzu schnelle Abkühluii
durch Strahlung verhindern. Jedenfalls kann bei reinem Himmel Fro-
eintreten, obgleich die Lufttemperatur in ein paar Meter Höhe mehr al
+ 5^ C. erreicht. Es sind diese Nachtfröste, welche so verheerend ein
wirken, weil sie häufig in einer Periode weit vorgeschrittener Vegetatioi
auftreten, besonders in Finnland Gegenstand von wissenschaftlichen Unter
suchungen geworden.
Am ausführlichsten sind die Messungen von Homen, über derer
Resultat wir im folgenden kurz berichten wollen. Die Strahlung gegei
das Himmelsgewölbe war (am 15. Aug. 1896 bei der Temperatur + 6° (V
so gross wie gegen einen schwarzen Körper von — 38,5*^ C. Sie betrug
0,22 cal. pro cm 2. Min. Gleichzeitig sank die Oberflächentempcratuij
einer nahe gelegenen Moorwiese auf — 4^0.; es war also eine sehij
scharfe Frostnacht. |
Die stärkste Strahlung war nach dem Zenith gerichtet, wenn dieselbfl
gleich 1 gesetzt wurde, so war sie 33'' vom Zenith 0,93, 56 '^ davon 0,88^
79® davon 0,61. Dies beruht offenbar auf der grösseren Menge voi|
zurückstrahlendem Wasserdampf und Staub in den letzten Fällen.
Vom klaren Himmel strahlt, trotz des zerstreuten Tageslichtes, nie
mals Wärme zur Erde, auch nicht zur Mittagszeit. Im Gegenteil
verliert die Erde Wärme gegen den Himmel (die Sonne ausgenommen)
und zwar nahezu gleich viel wie in der Nacht, nämlich bis 0,2 und
0,3 cal. pr. cm 2. Min.
Kleine Cirruswolken vermögen dieses Verhältnis nicht zu ändern.
Ist der Himmel dicht bewölkt, so strahlt er während des Tages
Wärme zur Erde aus. In der Nacht geht die Strahlung in der um-
gekehrten Richtung. Die von Homen benutzte Pyrheliometerplatte
strahlte sogar dann Wärme zum Himmel aus, wenn die Nacht anfäng-
lich klar gewesen ist, so dass die Temperatur des Rasens stark ge-
sunken war, und plötzlich Wolken den Himmel bedeckten, wobei da^
im Gras liegende Thermometer während einer Stunde um 3 bis 5*^ C
i
III, Die Wärmeverluste der Erde. 523
r
H^pi konnte. Homen glaubt diese Temperatursteigerung auf Rech-
"Tj der Wärme setzen zu können, die aus der Erde zuströmt. Wahr-
i iilicherweise gewann das betreffende Thermometer Wärme auch
li Strahlung von dem in den niederen Luftschichten befindlichen
-^ordampf. Die Temperatur steigt nämlich in solchen Fällen be-
iLütlich mit der Höhe.
Die Wärmebilanz des Erdbodens. Die Erde gewinnt also
! arme am Tage und verliert solche in der Nacht. Je nachdem die
!•' oder die andere Wirkung überwiegt, steigt oder sinkt die Tempe-
Mir des Bodens. Von der Zuleitung von Wärme aus dem Boden
h'ii wir vorläufig ab. Um einen Begriff von der Grössenordnung dieser
iirmebilanz zu geben, führen wir einige Ziffern von Homen an. Die-
' .n gelten für Süd-Finnland {&0^ 17' n. Br. 23» 40' ö. L. v. Gr.) und
Höhe von 50—80 m über dem Meer, und sind in cal. pro Tag und
r- horizontaler Fläche ausgedrückt.
Am 14. Aug. 1896 von 5'' 50"* V. M. bis Q'' 20"* N. M. war der Wärme-
j wiun durch Sonnenstrahlung 504,2, die gleichzeitige Ausstrahlung er-
jichte nur 132,8 cal., in der folgenden Nacht war der Wärmeverlust
."). l cal. Mehr als die Hälfte der Sonnenstrahlung, nämlich 256 cal.
iiirden folglich im Erdboden aufgespeichert und zu dessen Erwärmung
I -rbraucht.
Die Wärmeeinstrahlung am Tag sank am 1. — 2. September auf
)5 cal., die gleichzeitige Ausstrahlung auf HO cal. und die nächtliche
usstrahlung auf etwa 60 cal., sodass der Wärmegewinn auf 235 cal.
irückgegangen war. Noch stärker war diese Abnahme am 1. — 2. Ok-
ber. Die entsprechenden Ziffern waren 190, 48 und 91, sodass nur
l cal. zur Erwärmung der Erde übrig blieben.
Um diese Jahreszeit schlägt die Bilanz um, sodass täglich mehr
Tärme ausgestrahlt als von der Sonne abgegeben wird. Diese Unter-
nz nimmt immer mehr zu bis etwa zur Sonnenwende. Täglich
jiikt der Wärmeinhalt des Bodens, bis im Frühling die Bilanz wieder
mschlägt, und der Boden anfängt, Wärme aufzuhäufen.
Die Wärmeverluste des Bodens im Winter müssen gleich der Wärme-
itiilir im Sommer sein, damit die mittlere Temperatur konstant bleibt.
'iil»oi kann man von der geringfügigen Wärmezufuhr durch Leitung
'11 Wärme aus dem Erdinneren gänzlich absehen (vgl. S. 165 u. 284).
Eine Berechnung des jährlichen Wärmehaushalts des Bodens
at Schubert für Eberswalde (42 m Höhe) und Melkerei (im Elsass
09 m Höhe) gegeben. Er fand für die Wärmemenge (in cal.), die im
524 Physik der Atmosphäre.
Monat vom cm^ der Erdoberfläche aufgenommen wird, folgende Wer
(ein — Zeichen bedeutet Wärmeverlust des Bodens).
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Deji
Eberswalde.
Feld —300 —166 — 9 353 498 469 345 147 —133 —386 —425 —3!
Wald -232 —140 —41 169 294 356 277 165 — 16 —232 —298 -.V'
Melkerei.
Feld -144 —108 0 148 292 232 184 84 — 76 —208 -216 —\\
Wald —112 — 72 — 4 104 172 164 148 76 — 28 —148 —160 —V
Die Waldbedeckung übt einen abstumpfenden und verspätende
Einfluss auf den Wärmeaustausch der Erdoberfläche aus. Die totaj
Wärmeschwankung sinkt im Wald auf 70 Proz. des Wertes für oflfend
Feld — 1261 cal. anstatt 1812 in Eberswalde und 664 cal. anstatt 94
in Melkerei. Die Waldbedeckung wirkt demnach ungefähr wie eine Erc
bedeckung (von etwa 0,8 m Dicke).
Die 'Wirkung des Waldes macht sich hauptsächlich im Sommt.
geltend. Nach Homen ist in 0,5 m Tiefe die Temperatur im Fichtei
hochwald während des Sommers (Mai— Sept.) um 4,5*^ tiefer als in d(
gleichen Tiefe unter einer Wiese. Im Winter (Dez.— Jan.) hat der Bode
unter dem Fichtenhochwald einen Überschuss von 0,1 ^ aufzuweisei
Das Jahresmittel ist für den Fichtenwaldboden ungefähr gleich denn
jenigen der Luft und um 1,8*^ niedriger als für den Boden unter offene
Wiese. Birkenwald liegt in der Mitte zwischen offenem Feld und Fichte^
wald. I
Die Ziffern für Pawlowsk führen zu Werten der Jahresschwankun*
von etwa 3200 cal. (wobei die Wärmekapacität gleich 0,55 pro cm^ an
genommen ist). i
Auf den regelmässigen Gang der Temperatur des Erdbodens übej
verschiedene meteorologische Umstände, wie Bewölkung und Regen, einej
störenden Einfluss aus. Der Niederschlag (im Sommer) erhöht in hohenj
Grad die Temperatur der tieferen Erdschichten (0,5 — 3*^ C. nach HomenJ
Grosse Wärmemengen werden auch verbraucht zur Verdunstung voi
Wasser, zum Aufthauen des gefrorenen Wassers — umgekehrt werdei
sie bei Thaubildung und Gefrieren des Wassers abgegeben — und zu
Erwärmung der Luft. Wie Hann an einem Beispiel berechnet hat(Tiflisi
Zunahme der Bodentemperatur im Januar 0,06" C. pr. cm, WärmeleitI
fähigkeit 0,16 cal. pr. cm. Minute), kann der Boden an die Luft an einen!
III. Die Wänneverlu8te der Erde. 525
. 13,8 cal. pr. cm 2. abgeben, welche ausreichen würden, eine Luft-
mle von 450 m Höhe um einen Grad zu erwärmen. Wenn deshalb
le Kälte vor dem Schneefall im Herbst nicht tief genug gedrungen ist,
mn durch Wärmezuleitung aus dem Boden die Schneedecke, zum
haden der Vegetation, von unten abthauen.
■r^Homen giebt eine Zusammenstellung, wie die Wärme sich ver-
■" Er untersuchte dabei drei verschiedene Bodenarten, nämlich
raüitf eisen, Sandhaide und Moorwiese. Er erhielt folgende Daten:
Granitfelsen Sandhaide Moorwiese
W W^ W—Wi B L B V L B V L
iig. 14. 482 120 362 202 160 89 78 195 44 232 86
^pt. 2. 407 106 301 147 154 69 113 119 34 174 93
kt. 2. 184 44 140 83 57 54 28 58 13 36 91
Unter W steht die Einstrahlung von der Sonne, unter W^ die Aus-
rahlung zum Himmel. Die Wärmemengen unter B, V und L geben
i ji, wie viele cal. pr. cm 2 im Laufe des Tages zur Erwärmung des Bo-
^r", zur Verdunstung von Wasser und zur Erwärmung der Luft ab-
lien worden sind. Ihre Summe muss für jede Bodenart gleich W — TF^
in. Für Granitfelsen, welcher kein Wasser enthält, ist F=0.
Für die Nacht erhalten wir:
Granitfelsen Sandhaide Moorwiese
I W TF, TF— TFi B L B V L B V L
Ing. 14.— 15. 37 143 —106 —164 58 —84 28 —50 —50 37 —93
l't. 1.— 2. 18 64 — 46 —144 98 —78 12 —20 —41 14 —19
,kt. 1.— 2. 17 102—85—86 1—34 0—51—19 0—66
Die Sonnenstrahlung und damit W ist auch hier nicht Null, weil
omen die Grenze zwischen Tag und Nacht in dem Augenblick zog,
dem Ein- und Ausstrahlung genau gleich waren. Die — Zeichen für
- oder L -Werte geben an, dass die Erdoberfläche Wärme von den tie-
fen Schichten des Erdbodens bezw. der Luft erhielt anstatt abgab.
Die angeführten Tage waren ganz heiter, die Nächte ebenso, ausser
jrjenigen von 1. — 2. Sept., die etwas nebelig war. Die Daten gelten
r diese einfachen Verhältnisse. Ist der Himmel bewölkt, was bei uns
enigstens ebenso häufig vorkommt, so hat man am Tage eine Einstrah-
ng von Wärme aus den Wolken, die (bei 60*^ n. Br. 14. Aug.— 2. Okt.)
eich 80 bis 120 cal. pr. cm^ horizontale Oberfläche gesetzt werden kann.
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche.
Eindringen der Wärmewellen in den Boden. Wie oben gi
sagt, wird am Tage und im Sommer ein grosser Teil der Wäm
dazu aufgewendet, den Boden zu erwärmen. Umgekehrt giebt der Bode
in der Nacht und im Winter einen Teil seiner aufgespeicherten Warn
ab. Je tiefer man aber in die Erde eindringt, desto unbedeutender wii
der Wärmeaustausch mit der Oberfläche. In genügend grosser Tiefe i'
er unmerklich. Die Tiefe, bis zu welcher die Schwankungen einzudrinpi
vermögen, ist um so grösser, je grösser die Wärmeleitfähigkeit iii
je geringer die Wärmekapazität pro cm^ des Bodens ist. Der Quotici
dieser beiden Grössen wird, wie oben gesagt, Temperaturleitfähigki
genannt, und die betreffende Tiefe sollte der Quadratwurzel aus diese
Quotienten und aus der Periodenlänge der Temperaturschwankung ])ii
portional sein. Dies setzt aber voraus, dass die Oberfläche den gleicln
Temperaturschwankungen ausgesetzt ist, was nicht immer zutrifft. Wci
die Erdoberfläche nass, grasbekleidet oder mit Wald bewachsen i>
so ist ihre Erwärmung in hohem Grade erschwert.
Nach Homens Messungen in Finnland ist im Sommer (Mai b
September) die Temperatur der Erdoberfläche (50 cm tief) im dichti
Fichtenwald 4,5*^ C, im Birkenwald 3,1" C. niedriger als im freien FeL
Im Winter ist der Unterschied sehr gering (vgl. S. 524).
Homen hat die tägliche, Wild die jährliche Temperaturschwai
kung des Bodens genauen Untersuchungen unterworfen. Schon frii
wusste man, dass die Temperatur in tief liegenden Kellerräunn
sich nicht merklich ändert. Sehr bekannt ist in dieser Beziehung <]•
27,6 m tiefe Keller der Pariser Sternwarte, wo die Temperatur nid
um 0,01" C. schwankt.
Zur Beobachtung der Bodentemperatur setzt man Thermometer i
bestimmten Tiefen ein. Sie müssen entweder so lange Skalen Ix
I
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 527
it/.on, dass sie von der Erdoberfläche aus beobachtet werden können,
ider von einer Packimg von grosser Wärmekapazität und schlechtem
I .pitvermögen umgeben sein, in der man sie zur Erdoberfläche hinauf-
■ It und wieder in die Erde hineinsenkt. Bei der ersten Konstruktion,
Che für die Beobachtungen der täglichen Schwankungen, wo also
'l(>sungen ziemlich häufig anzustellen sind, zu empfehlen ist, muss
;:in natürlicherweise wegen des Druckes und der Temperatur des her-
lagenden Fadens korrigieren.
Die jährliche Schwankung. Als Beispiele mögen folgende Be-
' K-htungen über die jährliche (periodische) Temperaturschwankung in
chicdenen Tiefen aus Brüssel und St. Petersburg angeführt werden :
Brüssel 1834-
-37
St. Petersburg,
Paw
lowsk
Abnahme der
1887-
90
Tiefe
Schwankung
Amplitude
Schwankung
Abnahme
pro m
Luft
25,5«
C.
0,19 m
13,28»
C.
—
Tiefe 0 m
29,3
—
0,45
12,44
1,29
0,1
27,5
1,89
0,75
11,35
1,36
0,2
26,4
1,50
1,00
10,58
1,33
0,4
23,7
1,72
1,95
7,59
1,42
0,8
17,9
2,02
3,90
4,49
1,31
1,6
11,3
1,78
7,80
1,13
1,42
3,2
6,3
1,44
Mittel 1,36
Mittel
1,61
Die Temperaturschwankung nimmt allmählich nach unten ab, und
ir annähernd nach einer geometrischen Reihe. Sie folgt also fol-
' nder Formel, worin A^ die Schwankung an der Oberfläche Ap, die-
nige in p m Tiefe bedeutet:
log Ap = log Aq — bp.
ist für Brüssel 0,134, für St. Petersburg 0,207. Wie genau dies zu-
ittt, kann man aus der letzten Kolumne ersehen, worin die Abnahme
r Amplitude der Schwankung pro Meter Tiefe angegeben ist. Im
littd nimmt die Amplitude im Verhältnis 1:1,36 bezw. 1:1,61 für
<lt'n Meter ab. Damit die Amplitude im Verhältnis 1:2 bezw. 1:10
''nimmt, muss man in Brüssel 2,25 bezw. 7,46, in St. Petersburg 1,45,
'ZW. 4,83 m tiefer in der Erde messen. Daraus ersieht man, dass die
niplitude aufO,l<> bezw. 0,01» C in einer Tiefe von 15,8 bezw. 23,3 m
528 Physik der Atmosphäre.
ZU Brüssel und in 11,9 bezw. 16,7 m Tiefe zu St. Petersburg sinki
würde.
Ungefähr bis zu dieser Tiefe ist die jährliche Teraperaturschwankuii
noch bemerkbar.
Um den Einfluss der verschiedenen Bodenarten zu veranschaulicli
führen wir folgende Daten von Forbes (für Galten Hill bei Edinburgh) ai
Trapp
Sand
Sandstein
Tiefe
Schw. Abn.
Schw.
Abn.
Schw. Abn.
1 m
10,53 —
11,23
9,58 —
1,9
6,61 1,68
8,30
1,40
7,72 1,27
3,9
3,5 1,37
4,19
1,41
5,22 1,22
7,8
0,8 1,46
1,16
1,39
2,28 1,24
In den oberen Schichten des Trappsteins scheinen Ungleichmäs^
keiten vorzukommen.
Die Wärmewelle des Sommers dringt allmählich in die Erde
ein, wie aus folgender Tabelle hervorgeht, in der der Tag angegel
ist, an dem das Temperaturmaximum in verschiedenen Bodenarten \m\
Tiefen eintrat:
Tiefe Trapp Sand Sandstein
m Juli Juli Juli
1 6. Aug. = 37 — 31. Juli = 31 — 5. Aug. = 36 -
1,9 2. Sept. = 64(30) 24. Aug. = 55(27) 19. Aug. = 50 (IC
3,9 17. Okt. =-109(23) 7. Okt. =- 99(22) 11. Sept. = 73(12
7,8 8. Jan. = 192(21) 30. Dez. = 183(21) 11. Nov. = 134 (15
Die Ziffern in Klammern geben an, wie viele Tage das Maximun
für jeden Meter verspätet ist. In Trapp würde in einer Tiefe von 9 bezw;
18 m das Maximum 6 Monate bezw. 1 Jahr gegen das Maximum ai
der Oberfläche verspätet sein. Dieselben Ziffern wären auch für San«
giltig, dagegen würde man für Sandstein 12 bezw. 24 m erhalten. Da
Maximum der Temperatur tritt demnach in der erstgenannten Tief
zu ungefähr derselben Zeit ein, wo am der Erdoberfläche ein Tempc
raturminimum herrscht. Diese Tiefe ist der Quadratwurzel aus der Tem
peraturleitungsfähigkeit proportional.
Die tägliche Schwankung. Ganz ähnliche Verhältnisse geltci
für die tägliche Schwankung, welche Homen untersucht hat. Di
Schwankung der Lufttemperatur war dabei 13,06° C. (über dem Granit
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 529
Ifelsen). Die Abnahme der Amplitude der Schwankung ist pro dm ge-
rechnet. Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
Granitfelsen Sandhaide Moorwiese
Tiefe Schw. Abn.(lOcm) Schw. Abn. Schw. Abn.
0 cm 20,24 — 34,58 — 21,36 —
5 13,83 1,74 11,83 4,45 2,80 14,73
10 11,65 — 7,77 — 1,45 —
20
7,86
1,48
3,90
1,99
0,40
3,63
30
5,20
1,51
1,82
2,14
0,12
3,33
40
3,38
1,54
0,69
2,64
0,05
50
2,13
1,59
0,28
2,46
0,03
60
1,36
1,57
0,12
2,33
0,04
70 0,90 1,51
Für die Fortpflanzungszeit der Maxima und Minima berechnete
imen folgende Werte:
Granitfelsen '■
Sandhaide
Moor
wiese
Tiefe cm
Max.
Min,
Max.
Min
Max.
Min.
0—10
ih^Qm
Ih 49m
2A 26"^
2^00"»
'Jh ^'^m
6^' 27
10—20
1 15
1 23
3 07
2 10
5 53
5 10
20—30
1 58
1 12
2 57
2 38
4 02
5 40
30—40
1 40
1 18
3 38
3 22
6 40
6 30
40—50
1 49
1 30
4 10
3 16
7 00
6 10
50—60
2 03
1 18
3 2.5
3 14
6 40
4 10
Mittel (für 0,1 m) l'' 46"* i^ 25'" 3^^ 17"* 2^ 47»« 6'» 20"' b^" 41"*
Die Minima pflanzen sich schneller fort wie die Maxima. Dies
beruht darauf, dass das Minimum an der Erdoberfläche verzögert ist
inohr als 12 Stunden nach dem Maximum fällt). Je tiefer unter der
Erdoberfläche, um so mehr verschwindet diese Unregelmässigkeit, und
um so mehr nähert sich das Zeitintervall zwischen Maximum und Mi-
niraum dem Wert 12 Stunden.
Die mittlere Schwankung der Temperatur beträgt bei der täglichen
"Variation der genannten Sandhaide etwa 34,6*' C, bei der jährlichen
\ ariation des nahe gelegenen Petersburg 29,3 *', sie sind demnach ziem-
lich gleich. Aus den Petersburger Daten ergiebt sich, dass eine jähr-
liehe Temperaturschwankung von Ojl*' C. in einer Tiefe von 11,9 m vor-
k'iiiimt (vgl. S. 527); für vier finnländische Sandfelder giebt Homen
W crte zwischen 12,16 und 13,62 m an. Wie oben gesehen, findet sich
Arrhenius, Kosmische Physik. 34
530 Physik der Atmosphäre.
eine tägliche Schwankimg von demselben Betrag in einer Tiefe voii
etwa 62 cm. Nun verlangt die theoretische Wärmelehre, dass he'
gleichen Amplituden die betreffenden Tiefen sich so verhalten wi
die Quadratwurzeln aus den Periodenlängen, d. h. in diesem Fal
wie y^dßb : 1 oder nahezu wie 19 zu 1. Die Zahl für die Tagesschwan-
kung ist offenbar etwas zu niedrig (0,62). Dies hängt damit zusammen
dass die Amplitudenabnahme in den ersten 10 cm ungefähr doppelt si
gross ist, wie weiter unten (4,45 anstatt 2,32), was von der unregel-
mässigen Erhitzung am Tage herrührt. Wäre der Gang dort normal;
so würde die Amplitudenabnahme der ersten 10 cm sich auf etwa 18 cd
verteilen, und wir erhielten so einen korrigierten Wert von etwa 70 cn
anstatt 62 cm. Der korrigierte Wert stimmt offenbar so gut, wie mau
in ähnlichen Fällen verlangen kann, mit dem Wert für die Jahres-
variation (man würde daraus 13,3 m berechnen).
Zur graphischen Darstellung der Temperaturverhältnisse im Boden
hat Homen nach dem Vorgang von A. J. Angström sogenannte geo-
thermische Linien gezeichnet, bei welchen die Tiefe als Ordinate, die
Zeit als Abscisse gewählt ist. Die Linien verbinden die Punkte von
gleicher Temperatur, welche nebengeschrieben steht.
Die Figur 173 zeigt solche Linien für den 10. — 11. August 189ü
in Granitfelsen. Die schrägen Graden, welche die Extremwerte verbinden,
zeigen die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Wärmemaximums und
Wärmeminimums nach der Tiefe. Wie ersichtlich, ist die Neigung für
die Minima grösser als für die Maxima, was eine grössere Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit andeutet (vgl. S. 529).
Wärmeaustausch an der Erdoberfläche. Da also die Tem-
peraturveränderungen sehr wenig tief in die Erde eindringen, so ist
es leicht, die Änderung der in den oberen Erdschichten aufgespeicherten
Wärmemengen zu bestimmen, sobald man nur die Wärmekapazität
des Erdbodens kennt. Diese Grösse kann man einigermaassen genau
aus der Zusammensetzung des Bodens berechnen. Dabei bietet es eine
gewisse Schwierigkeit, dass der Wassergehalt des Bodens je nach der
Verdunstung und den Niederschlagsmengen veränderlich ist. Homen
erhielt folgende Werte, welche als Beispiele angeführt werden mögen.
Die Wärmekapazität ist gleich der Anzahl Kalorien, welche zur Erwär-
mung eines cm^ : s um 1<^ C. nötig sind. Sie ist infolgedessen gleich
dem Produkt aus der spezifischen Wärme c und der Dichte 6. Neben-
bei stehen die Werte K des Temperaturleitungsvermögens und k des
Wärmeleitungsvermögens aufgeführt.
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche.
531
c6
Granitfelsen . . . . 0,511
Sandhaide 0,537
Moorwiese 0,971
10. 6tM,^Vl4>t
A
K
k
1,139
0,582
0,3146
0,169
0,1331
0,129
H-Owg
Fig. 173. Geothermen nach Homen. 10.— 11. Aug. 1896.
Die Wärmeleitfähigkeit k ist hier die Anzahl cal., welche pro Minute
durch eine Platte von 1 cm^ Querschnitt und 1 cm Dicke passiert, wenn
der Temperaturunterschied der beiden Seiten 1^ C. beträgt.
34*
532
Physik der Atmosphäre.
Die von aussen zugefilhrte Wärmemenge wird teils im Boden auf-
gespeichert, teils auch zur Luft abgegeben. Ein Teil der letzterwähnten
Wärme wird zur Verdunstung von Wasser angewendet. Um diese Ver-
dunstung zu bestimmen, wurden Stücke aus der Erde ausgeschnitten
und in eiserne Kasten gelegt, die Kasten dann wieder in die Löcheri
gesenkt und zu bestimmten Zeiten gewogen. Auf diese Weise hat;
12
i
4 6 S 10 i£ 2 4 6 & 10 1^ 2 4 6 -
10
' 10
' 12* V
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8*6" >
fil- J
• 2*l'
Fig. 174. Aerothermen nach Ho man. 11. — 12. Aug. 1896.
Homen die oben angegebenen Ziffern über den Wärmeumsatz go
wonnen (vgl. S. 525).
Wie man aus denselben ersieht, nimmt die Luft einen sehr grossen
Teil der Wärme dem Boden durch Konvektion oder Leitung ab. Homen
hat auch die Wärmeverhältnisse in der Luft bis zu 10 m Höhe studiert
und durch Kurven, sog. Aerothermen, welche den Geothermen ähneln,
darzustellen gesucht.
Diese Linien geben aber bei weitem keine so gute Übersicht, wie
die Geothermen, weil die Bewegungen der Luft die regelmässige Fort-
pflanzung der Wärmewellen gänzlich verhindern. Besonders gilt dies
für die aufsteigenden Luftströme am Tage, welche Wärme sehr schnell
p
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 533
iihfahren, während die Abkühlung in der Nacht besser lokalisiert ist,
da die kalte Luft gegen den Boden gepresst wird. In Pig 174 habe
ich eine der diesbezüglichen graphischen Darstellungen von Homen
wiedergegeben. Die Tagesschwankung in der Zeit vom 11. — 16. August
1 S9.3 ist am grössten für die Erdoberfläche, danach kommt die Luft un-
mittelbar darüber und je höher in der Luft, desto geringer ist die
Schwankung, wie folgende Tabelle zeigt:
Schwankung
Boden 21,36« C.
Luft 0 m Höhe 18,86
1 15,86
2 14,94
5 13,85
10 12,51
Dieser Umstand deutet darauf hin, dass die Temperaturschwankung
der niederen Luftschichten auf dem Wärmeumsatz an der Erdoberfläche
beruht.
Wärme- und Temperaturleitfähigkeit des Bodens. Ist Sp
die Schwankung der Temperatur in der Tiefe 2h Sq diejenige in der
Tiefe 0, K die Temperaturleitfähigkeit und r die Periodenlänge der
Schwankung, so gilt für diese Grössen folgende Beziehung:
e c? —pY^cIKt
Sp = Sq e ^
wo jc die Zahl 3,1415 und e die Basis der natürlichen Logarithmen dar-
stellt. Man kann demnach aus Beobachtungen von Sp und Sq bei be-
kanntem p- und T-Wert K berechnen.
Auf diese Weise sind folgende Zahlenwerte für die Temperaturleit-
f&higkeit verschiedener Bodenmaterialien gefunden (in cal. pr. cm 2 und
Minute):
K k
Trapp (Calton Hill) 0,472 0,249
Sand „ „ 0,523 0,157
Sandstein „ „ 1,387 0,642
Serpentingestein 0,356 —
Sandiger Lehm 0,816 —
Porphyritischer Trachyt (Japan) . 0,30 —
Granit (Schwarzwald) 0,902 0,47
534 Physik der Atmosphäre.
A' k
Granit (Baveno) ....... 1,161 0,58
Molasse-Sandstein 0,44—0,92 —
Schnee (Dichte 0,2) 0,1G 0,016
„ ( „ 0,3) 0,24 ' 0,036
Eis 0,68 0,31
Gefrorener Boden (Pawlowsk) . . 0,56 —
„ (Jakutsk) . . 0,62 —
Nicht gefr. Boden (Pawlowsk) . . 0,32 —
Zu diesen Ziffern sind noch die von Homen gegebenen oben an.
geführten zuzuzählen. Unter k steht die Wärmeleitfähigkeit, welche
durch Multiplikation von K mit dem Produkt aus spezifischem Gewicht
und spezifischer Wärme gewonnen ist. Die Leitfähigkeiten sind für dii
verschiedenen Bodenarten von derselben Grössenordnung, etwas grössoi
für die kompakten (Granit und Sandstein), denen auch Lehm und ge-
frorener Boden sich anschliessen, als für lockere Erdbestandteile, wie
Sand und Moorwiese. Die vulkanischen Bergarten Trapp und Trachyt
zeichnen sich durch schlechte Leitfähigkeit aus, ebenso Serpentin-
gestein. Wegen der Porosität nimmt Schnee eine ganz extreme Stellunu
ein, was in klimatischer Hinsicht von Bedeutung ist.
Die Erwärmung der Erdoberfläche. Ein Teil der Sonnen-
strahlen gelangt zur Erdoberfläche und erwärmt sie. Ein anderer Teil
wird in der Luft zurückgehalten und dient hauptsächlich zu deren Er-
wärmung. Die beiden Teile sind auf der Breite von 60^ ungefähr gleich
gross, in Gegenden, die dem Äquator näher liegen, überwiegt der erste Teil
— am Äquator selbst ist er etwa doppelt so gross wie der zweite Teil.
Das Luftmeer hat die Wärmekapazität einer Wasserschicht von 2,5 in
Höhe. Im festen Erdboden dringt die Wärme nur zu sehr unbedeuten-
den Tiefen ein, wegen des geringen Temperaturleitungskoeffizienten. In
gewöhnlicher Sandhaide dringt die Hälfte der täglichen Wärmezufuhr
nicht tiefer als etwa 5 cm ein, in Granitfelsen, der unvergleichlich
besser leitet als alle sedimentären Ablagerungen, ist die entsprechende
Tiefe etwa 10 cm. Die Wärmekapazität dieser Schichten entspricht einer
Wasserschicht von etwa 2,5 bezw. 5 cm. Hieraus ist ersichtlich,
dass die Erwärmung der festen Erdoberfläche durch die Bestrahlung
bedeutend viel höhere Temperaturen hervorbringen wird als die gleich-
zeitige Erwärmung der Luft. Nun ist es wohl richtig, dass die am
meisten wärmeabsorbierenden Agentien in der Luft, der Staub und der
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 535
issenlainpf hauptsächlich in den tieferen Teilen des Luftmeeres loka-
crt sind. Aber selbst unter der zweifellos übertriebenen Annahme,
s sich die unteren Schichten doppelt so stark erwärmen, als gleich-
-siger Teraperatursteigerung in der ganzen Atmosphäre entspricht,
te man, wenn keine Leitung der Wärme vom Erdboden zur Luft
ittfände, etwa 10— 30 mal so grosse Schwankungen der Bodentem-
I ratur wie der Lufttemperatur zu erwarten.
In der That beobachtet man auch bedeutend höhere Schwan-
Ivungen der Bodentemperatur als der Lufttemperatur. Dieser Unter-
schied würde noch bedeutend grösser ausfallen, wenn nicht die Luft
lurch Leitung einen Teil der Wärme (oder Kälte) der Erdoberfläche
lufnähme. Besonders kräftig ist die Abkühlung durch die Luft, weil
lie aufsteigenden warmen Luftströme die Erdbodenwärme auch in
höher liegende Luftschichten (bis zu 1000—2000 m Höhe) bringen.
Wenn die Erdoberfläche nicht durch das Luftmeer geschützt wäre,
Ml würden ohne Zweifel ähnliche Temperaturverhältnisse wie auf dem
Mond herrschen (vgl. S. 166), so dass die Temperatur bei senkrecht auf-
I fallender Sonnenstrahlung etwa -\- 150'^ C. erreichen, in der Nacht unter
IlliOOO C. fallen würde.
^^ Ganz anders verhält sich die wasserbedeckte Erdoberfläche. Bei
Temperaturzunahme steigt die Verdunstung, das Salzwasser wird schwerer
und sinkt hinunter. Auf diese Weise pflanzt sich die tägliche Wärme-
welle im Meer bis in mehr als 10m Tiefe fort. Auch in Süsswasser macht
sich die Wärmewirkung der Sonne wegen der Durchsichtigkeit bis zu
Tiefen von 5 m geltend.
Die Tiefe, bis zu welcher die jährliche Wärmeschwankung im Meer
j eindringt, beträgt nach Aime nicht weniger als 300 bis 400 m, für
Süsswasserseen ist die entsprechende Grösse 200 — 250 ra, wie oben
I erwähnt wurde (vgl. S. 367). Dabei dringt die Nacht- und Winterkälte
onders leicht ein, weil die Dichte der Wasserschichten (voraus-
setzt, dass sie über 4'' warm sind) mit der Kälte zunimmt und die
ren abgekühlten Wasserschichten nach unten sinken und die Abküh-
lung bis in bedeutende Tiefe tragen. Die nächtliche Abkühlung bedingt
die Entstehung der Sprungschicht (vgl. S. 409).
Das Wasser hat demnach eine viel grössere Kapazität als die Luft
und muss dementsprechend viel geringeren Temperaturschwankungen
unterworfen sein.
Dies stimmt auch vollkommen mit der Erfahrung. Die Tages-
schwankung im Wasser ist viel geringer als in der Luft. Im Genfersee,
536 Physik der Atmosphäre.
weit vom Ufer, fand Forel eine tägliche Schwankung von nur 1,5^' (
In anderen Seen hat man Schwankungen von im Mittel etwa 2^ C, an
sehr heissen Tagen von gegen 5—6^ C. gefunden.
Hann veröffentlicht einige Beobachtungen von Homen, die an
einer 40 m tiefen Stelle des Lojo-Sees in Finnland angestellt sind.
Die Tagesschwankung betrug daselbst:
Abnahme
pro m
Tiefe
Schwankung
Luft
10,0
24 cm
1,82
86 „
1,08
149 „
0,68
274 „
0,50
524 „
0,42
2,31
2,10
1,28
1,07
Wie aus diesen Ziffern ersichtlich, verläuft die Temperatur nach
der Tiefe in ganz anderer Weise wie im festen Erdboden. Die Wertr
der Amplitudenabnahme mit der Tiefe zeigen überhaupt keine Ten-
denz, mit zunehmender Tiefe konstant zu werden, sondern sinken
asymptotisch gegen den Wert 1. Dies beruht darauf, dass das Eindringen ;
der Wärme nach ganz anderen Gesetzen als die Wärmeleitung im
Boden erfolgt. Je mehr Strahlen weggesiebt sind von der einfallenden
Sonnenwärme, desto durchsichtiger wird das Wasser für die übrig ge-
bliebenen Strahlengattungen, und so kommt es, dass in 3,71 m Tiefe,
wo die Temperaturschwankung, nach der Abnahme zwischen 24 und i
86 cm Tiefe zu urteilen, auf 0,1^ gesunken sein sollte, noch einef
Schwankung von 0,46^ C. zu konstatieren ist. Wenn die Absorption der
Wärme im Wasser nicht „selektiv" wäre, sondern in jeder Schicht (von
1 m Dicke) derselbe Bruchteil der einfallenden Wärmemenge zurück- [
gehalten würde, so würde, wie leicht einzusehen, die Abnahme der \
Schwankung mit der Tiefe, ganz wie bei dem Wärmeleitungsphänomen,
konstant sein.
Durch diesen Umstand wird es auch verständlich, dass die tägliche
Wärmeschwankung bis in 12 m Tiefe der Seen noch merklich ist, wie
Griesinger für den Weissensee in Kärnthen gefunden hat. Dagegen ,
ist die tägliche Wärmeschwankung des festen Erdbodens nicht in 1 m j
Tiefe merklich. !
Die tägliche Wärmeeinnahme des Lojo-Sees erreicht an warmen |
Tagen700— 800 cal.pr.cm'^, im Mittel 400 — 500cal.an gewöhnlichen schönen |
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche.
537
Sommertagen, die Wärmeabgabe in der Nacht steigt bis zu 150—300 cal.
pr. cm'-. Nach kühlen Tagen ist die Wärmezunahme natürlich grösser,
'besonders wenn die Luft nicht ganz ruhig ist. Dieser Umstand zeigt,
dass in diesem Fall das Wasser Wärme aus der Luft nimmt, und nicht
umgekehrt, wie der feste Erdboden.
Das Maximum der Temperatur des Lojo-Sees trat ungefähr gleich-
zoitig mit demjenigen der Lufttemperatur um 3 h. N. M. ein.
Zu ähnlichen Schlüssen gelangen wir aus den von Forel mitgeteilten
Daten über die Jahresschwankung der Temperatur in Süsswasserseen,
wie folgende Ziffern zeigen (vgl. S. 411).
Loc
li Katrine
V(
3ttern
Enare
lottland 560 15' N. Br.
28' W. L. Höhe 111 ra
Schweden 58o N. Br.
140 20' E. L. Höhe 90 m
Finnland 69" 3' N. Br.
270 50' E. L. Höhe 150 m
riefe
Schwankung
Tiefe
Schwankung
Tiefe Schwankung
0
15,2
0
13,1
0
13,1
MO
9,3
10
12,9
10
12,1
20
8,8
15
8,9
20
11,3
30
2,8
25
6,1
30
11,1
40
2,1
35
5,4
40
10,4
60
1,5
45
4,9
50
9,6
65
4,7
60
8,9
85
4,2
70
8,6
95
4,1
80
8,4
Ladoga
Mj
Ösen
Russland 61
300 42' E. L.
0 22' N. Br.
Höhe 18 m
Norwegen
110 15'E. L
600 22'N. Br.
. Höhe 125 m
Tiefe Schwankung
Tiefe Schwankung
0
9,1
0
12,6
10
8,9
5
12,1
20
7,5
10
11,5
30
6,9
20
8,7
40
6,6
30
5,2f
50
6,1
40
3,7
60
5,7
50
2,6
80
4,4
60
1,8
100
3,5
70
1,6
150
2,5
80
1,2
200
2,0
90
100
0,9
0,7
538 Physik der Atmosphäre.
Die Zahlen, welche nach diesen Daten berechnet sind, leiden an
einer ziemlich grossen Unsicherheit wegen der geringen Zahl der Tage:
(5—7), in welchen im Laufe des Jahres Messungen angestellt worden sind.
Da die Jahresschwankung in den von Forel diskutierten Fällen \n>
zu Tiefen von 100 — 250 m eindringt, so kann nicht angenommen
werden, dass die Leitung und die direkte Erwärmung durch Sonnen-
strahlung merklich dazu beitragen, sondern der beinahe einzig aus-
schlaggebende Faktor ist die Konvektionsströmung zufolge ungleiche)
Dichtigkeit und Wirkung des Windes (vgl. S. 427).
Forel hat auch die jährliche Wärmeschwankung der Süsswasserseon
berechnet und ist zu Eesultaten (in cal. pr. cm 2) gekommen, welche sehr
gut mit denjenigen von Homen übereinstimmen, indem die tägliche
Wärmezunahme zwischen 150 und 600 cal. pr. cm''^ und Tag je nach
der geographischen Breite wechselt (vgl. S. 412).
Die Wärmeaufspeicherung in den Süsswasserseen ist nach diesen
Ziffern bedeutend (bis etwa 50 mal) grösser als die der festen Erdober-
fläche. Dies beruht darauf, dass die Wärme in die Seen tiefer ein-
dringt. Die Ziffern für die Süsswasserseen sind von derselben Grössen-
ordnung wie die unten für die Nord- und Ostsee gegebenen und tiber-
treffen sie sogar bei Seen grosser nördlicher Breite, wie unter den an-
geführten beim Ladoga und Enare.
Die Seen sind also grosse Wärmebehälter und erhöhen die mittlere
Temperatur, da sie nur wenig Wärme an die höheren Luftschichten
durch Luftströme abgeben.
Weitere grosse Wärmemengen speichern die Seen beim Aufthauen
des Eises auf; eine Eisdecke von 0,5 m Dicke repräsentiert etwa 3700 cal.
pr. cm 2, also ungefähr so viel wie die Wärmeschwankung der festen
Erdoberfläche. Der Wärmewechsel des Genfersees erreicht pr. cm'-^ etwa
30000 cal., derjenige Ladogas etwa 100000 cal, während die entsprechen-
den Werte für die Luft zu Eberswalde 2800, für die Erdkruste zu Ebers-
walde, Melkerei und Pawlowsk nur 1812, 940 bezw. 3200 cal. betragen
(vgl. S. 524).
Der Genfersee zeigt folgende Temperaturdifferenzen der Oberfläche
gegen die Luft.
Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
-f4,8 —0,3 4-1,3 -1-3,9 -f2,4
Vom Juni bis März giebt dieser See Wärme an die Luft ab.
Die Seen mildern auf diese Weise das Klima. Sie erhöhen im Herbst
die Temperatur der Umgebung mehr als sie dieselbe im Frühling er-
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 539
liigen. Der Bodensee erhöht die Jahrestemperatur der umgebenden
r um etwa 0,4 <> C. Der Januar ist um etwa 0,8^ Aug.-Sept. 0,6—0,7"
Miuer als im Hinterland. Im Frühling ist der Unterschied nicht
i'iklich.
Auch die Temperatur der Flüsse ist etwas (1" C. im Mittel) höher
i> diejenige der umgehenden Luft.
Die Schwankung der Temperatur der Seen ist trotz der grossen
\ iirmeaufspeicherung so gering, weil ihre Wärmekapazität, zufolge der
sen Tiefe der an der Wärmeschwankung teilnehmenden Schichten,
ii-^erordentlich gross ist.
V. Kalecsinsky hat neuerdings ein Beispiel gegeben, was für Ver-
ältnisse eintreten, wenn in einem See die Cirkulation fehlt und die
Värme wie im Erdboden in relativ dünnen Schichten aufgespeichert
ird. In Ungarn giebt es Salzseen (Salzgehalt 22 — 26 Proz.), die mit
iuer dünnen Schicht (1,5 cm) von salzärmerem Wasser, bedeckt sind,
a welchem der Salzgehalt kontinuierlich bis zur Oberfläche (2 — 3 Proz.)
bnimmt. Dieses Oberflächen wasser stammt von zufliessenden Bächen.
Verden nun diese Seen von der Sonne bestrahlt, so werden nur die
iünne Übergangsschicht und die obersten Teile des Salzwassers erwärmt.
m eigentlichen Salzwasser kann keine Verdunstung stattfinden, weil es
"H Süsswasser bedeckt ist, und das erwärmte Salzwasser kann infolge-
cn nicht zu Boden sinken und tiefere Schichten erwärmen. Auch die
n der Nacht abgekühlten oder am Tag durch Verdunstung konzentrierten
iberen Schichten sinken nur zu sehr massiger Tiefe in der Übergangs-
cliicht, die nach unten durch zunehmenden Salzgehalt schnell dichter wird
das spezifische Gewicht ändert sich von 1,02 bis 1,17—1,20. Die
/erschiedenen Schichten bleiben in nahezu unveränderter Lage gegen-
'inander. Wir haben hier ein sehr auffallendes Beispiel der Glashaus-
V^irkung.
Die sichtbaren Wärmestrahlen dringen nämlich in das Salzwasser
'An und werden in dunkle Wärme verwandelt, die vom überlagernden
5üsswasser nicht hindurch gelassen wird. Die Temperatur kann daher
in der Grenzschicht zwischen salzigerem und süsserem Wasser im Sommer
lis zu 70^^ C. steigen. Folgende Messungen mögen zur Erläuterung an-
geführt werden.
Medvesee (n. Br. 42 « 44' E. L. 46 »^ 45') am 25. Juli 1901.
riefe 0 0,10 0,42 0,52 0,72 1,00 1,32 1,82 m
3p. Gew. — 1,038 1,140 1,156 — 1,176 1,180 1,186
lemp. 21 — 39 45 50 54 56 bd^C.
540 Physik der Atmosphäre.
Tiefe
2,32
3,00
5,00
7,00
10,00
12,3
41,8 ni
Sp. Gew.
1,188
1,188
1,196
1,197
1,196
1,194
1,194
Temp.
47
39
31
29
23
20
19« C.
Cl
Die Temperatur der heissesten Schicht sank während des Winto
halbjahres von 65« (14. Sept. 1898) auf 26° C. (2. April 1899).
Auch die gewöhnlichen Seen wirken teilweise als Glashäuser; weg
ihrer grossen Wärmekapazität steigt aber ihre Temperatur nicht sehr hocli
Das Seewasser ist deshalb immer wärmer als die Luft (vgl. oben S. 371 i
Schon oben haben wir gesehen, dass der Bodensee die Temperatur d
Umgebung um etwa 0,4 <* C. erhöht. Die Temperatur der Meeresobi
fläche übersteigt auch diejenige der überlagernden Luft unter 35^ s. Br
um 1,4 0, unter 35^ n. Br. um 2,4 ^ (wovon jedoch 1,1^ dem Golfstroin
zuzuschreiben sind), unter 57 — 70^ Br. mit 1,6. In den Tropen sinl<^
der Überschuss auf 0,8^.
Den täglichen Gang der Temperatur an der Oberfläche des Oceaii
ersieht man aus folgenden Daten; zum Vergleich ist die Lufttemperatui
nebengeschrieben.
Täglicher Gang der Temperatur (Abweichung vom Tagesmittcl
im atlantischen Ocean 1) 20 — 30° w. L. 0 — 10» n. Br. 2) 30^ n. Br.
Sommer.
3) 63—73«
• n. Br.,
a) Wasser,
b) Luft,
c) Tempe:
raturdiöer
Wasser-Luft.
Mitternacht
2
4
6
8
10 V. M.
la
— 0,19
-0,28
— 0,31
-0,26
— 0,08
0,15
Ib
— 0,43
— 0,61
— 0,70
-0,54
— 0,03
0,45
Ic
— 0,83
0,92
0,98
0,87
0,54
0,29
2a
- 0,15
-0,20
— 0,20
— 0,15
— 0,05
+ 0,10
2b
— 0,65
— 0,70
— 0,65
— 0,50
— 0,20
+ 0,30
2c
0,85
0,85
0,80
0,70
0,50
0,15
3a
— 0,12
— 0,21
— 0,21
— 0,13
— 0,02
0,06
3b
— 0,33
— 0,37
— 0,36
— 0,25
— 0,04
0,21
Mittag
2
4
6
8
10 N. M.
la
0,33
0,36
0,27
0,12
0,00
— 0,11
Ib
0,81
0,81
0,52
0,16
— 0,17
— 0,27
Ic
0,11
0,14
0,34
0,55
0,76
0,75
2a
0,15
0,20
0,20
0,10
0,00
— 0,10
2b +0,80 +1,00 +0,85 +0,40 —0,10 —0,45
c
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 54 1
Mittag
2
4
6
8
10 N. M.
2c
— 0,30
— 0,45
-0,30
+ 0,05
0,45
0,70
3a
0,09
0,12
0,14
0,15
0,11
0,02
3b
0,41
0,45
0,36
0,18
— 0,04
— 0,22
Gemäss der grösseren Wärmekapazität des Wassers ist seine Tem-
eraturschwankung viel (etwa 2,3 — 4,2 mal) geringer als diejenige der
/uft. Jene erreicht in den drei Beispielen 0,67, 0,40 und 0,36*^ C, diese
agegen 1,51, 1,70 bezw. 0,82^ C. Zufolge desselben Umstandes treten
uch die Extreme der Temperatur etwa 1 — IV2 Stunden später im
Vasser als in der Luft ein. Der Temperaturtlberschuss des Wassers ist
m grössten kurz nach Mitternacht, am geringsten (und bisweilen negativ)
8 lach Mittag.
>ie Verhältnisse zwischen der Temperaturschwankung der Luft und
doberfläche sind demnach genau umgekehrt für die Wasseroberfläche
r die feste Erdkruste (vgl. weiter unten). (In beiden Fällen zeigt die
(Uft eine niedrigere Mitteltemperatur.) Der Unterschied zwischen Wasser
nd Land beruht darauf, dass die Kapacität der Wasseroberfläche grösser
it als diejenige der Luft, welche ihrerseits diejenige der festen Erd-
ruste vielemal tibersteigt.
tDie jährliche Schwankung der Meerestemperatur verläuft ähnlich,
folgende Daten zeigen.
Jahresschwankung der Temperatur des atlantischen Oceans: 1) 10*^
. Br.— 10» n. Br. 2) 35« n. Br. (0—50» W. L.) 3) 60» n. Br.
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
26,3 26,4 26,8 27,2 27,0 26,4 25,7 25,2 25,5 26,0 26,3 26,1 26,2
, 17,4 16,7 17,0 17,5 18,7 20,6 22,7 24,0 23,2 22,0 19,7 18,4 19,8
) 6,9 6,6 6,6 7,4 8,4 10,2 11,8 12,4 11,9 10,3 8,9 7,7 9,1
In dem äquatorialen Gebiet besteht ein charakteristisches doppeltes
laximum, in den nördlichen temperierten Gegenden tritt das Maxi-
uiiii im August, das Minimum im Februar-März ein, also 2 — 3 Mo-
atc nach den Sonnenwenden. Die Schwankung ist sehr gering und he-
tzt ein Maximum in mittleren Breiten. Sie erreicht auf offenem Meer
;nli Schott im Mittel:
Breite 0 10 20 30 40 50«
Schwankung 2,3 2,4 3,6 5,9 7,5 4,7 « C.
In allen diesen Verhältnissen macht sich die grosse Wärmekapacität
> Wassers geltend. Dieselbe Wirkung zeigt sich in dem Temperatur-
542 Physik der Atmosphäre.
unterschied zwischen Wasser und Luft, welcher an den Küsten d'
nordatlantischen Oceans nach Mohn beträgt:
Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
3,30 1,30 —0,70 2,30 1,60
Wie ungeheure Wärmemengen im Jahr vom Meer aufgenomni'
und abgegeben werden, geht aus folgenden Überschlagsrechnungen \
Pettersson hervor. Im nördlichen Teil der Nordsee sinkt vom Augu
bis November die Temperatur der höchsten 50 m dicken Schicht m
30 C. (von 12,20 auf 9,2 o). Vom November bis Februar ist der Teiri
peraturfall 2,7^ in den obersten 200 m. Es wird folglich pro cm^ \
Wasser zur Luft eine Wärmemenge von 3 . 5000 + 2,7 . 20 000 = 69 000 cü
abgegeben. In den übrigen Jahreszeiten wird eine ebenso grosse Wärmi
menge durch Aufspeicherung von Sonnenstrahlung gewonnen. In ahn
lieber Weise wird für die Ostsee, wo die Temperaturschwankung jed'
nur bis zu 55 m Tiefe reicht, eine Wärmeschwankung von 51000 ch
pr. cm 2 berechnet.
Thatsächlich wird dieser Wärmeaustausch noch dadurch vergrössi
dass das Wasser teilweise von südlichen, wärmeren Gegenden zustrüiu
(Golfstrom).
Da nun 1 caL 33 m. Luft (bei 0^ C. und 760 mm Druck) um 1
zu erwärmen vermag, so würden 240 cal. dazu genügen, das ganze Luft^
meer um 1^ zu erwärmen. Die im Nordseewasser aufgespeicherte Wärmf
würde demnach genügen, um die Temperatur der ganzen überlagernder
Atmosphäre etwa 280 0 C. zu erhöhen. Den grössten Teil der Wärm(
giebt wohl das Wasser in latenter Form im Wasserdampf ab. Dh
Wärme der Nordsee genügt dazu, jährlich eine Schicht von etwa 120 cn:|
Tiefe abzudunsten. [
Wegen der latenten Wärme des Wasserdampfes ist der Wärme-I
Inhalt von feuchter Luft bedeutend grösser als derjenige trockener Luft
Bei 140 C. ist, von 0^ ab gerechnet, der Wärmeinhalt von mit Wasser-
dampf gesättigter Luft etwa doppelt so gross wie derjenige trockeneij
Luft, bei 260 etwa 2,5 mal so gross. Dadurch ist die vom Meere auf-
steigende feuchte Luft imstande, bedeutend mehr Wärme zu transpor-
tieren, als die über einer Wüste aufsteigende trockne Luft.
Da nahezu drei Viertel der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind^
verdienen die Temperaturverhältnisse über dem Meer eine besondere;
grosse Berücksichtigung, obgleich sie aus naheliegenden Gründen vie]|
weniger genau untersucht sind als diejenigen über der festen Erdoberfläche.!
IV. Die Temperatur der Erdoberfläche. 543
p]indringen des Frostes in den Boden. In Gegenden, wo im
Laufe des Jahres die Erdtemperatur unter 0'^ sinkt, friert das Wasser
n den lockeren Erdschichten, was für die Vegetation von grosser Be-
ieutung ist. Je länger die Winterkälte dauert und je heftiger sie ist,
um so tiefer dringt der Frost in den Boden hinein. Dabei spielt es
eine grosse Kolle, ob der Boden von Rasen oder Schnee bedeckt ist oder
■ kt. Eine Rasendecke soll nach H. Becquerel ebensoviel wie 0,5 m
Lrde schützen. Eine Schneedecke soll nach Wild ebenso grosse
I schützende Einwirkung ausüben, wie eine dreimal so dicke Sandschicht.
Kiefernwald setzt nach Mut tr ich und Schubert (in Preussen) die
Frosttiefe, die für Feldstationen im Mittel 47 cm beträgt, auf 34, Buchen-
^\ ald auf 38, Fichtenwald nur auf 45 cm herunter.
Die Frosttiefe an demselben Ort kann in verschiedenen Wintern
nach den äusseren Umständen recht verschieden ausfallen. Zu Königs-
jerg dringt der Frost in 8 Wintern von 14 bis zu 63 cm Tiefe (unter
lacktem Boden). Diese Tiefe kann demnach etwa gleich der mittleren
'rosttiefe gesetzt werden. Tiefer als bis zu 125 cm dringt daselbst
iier Frost (untere Frostgrenze). Für Pawlowsk liegt die untere Frost-
ze bei 160 cm.
In hohen Breiten, wo die Mitteltemperatur des Erdbodens unter
. liegt, ist der Boden in einigen Metern Tiefe immer gefroren und
t nur an der Oberfläche während des Sommers auf. Die Tiefe, bis
5U welcher dies geschieht, hängt von der Dauer und Intensität der
^ommerwärme sowie von der Natur des Bodens ab. In sehr grossen
riefen steigt wiederum die Temperatur, wegen ihrer Zunahme mit der
riefe, über 0*^. Die Bodentemperatur zu Jakutsk in Ostsibirien erreicht
n 6,1 m Tiefe —10,2, in 15,2 m —8,3, in 91,4 m Tiefe —3,9 und in
10,4 m Tiefe — 3,0*^ C. Die letzten Ziffern deuten auf eine geother-
nische Tiefenstufe von etwa 30 m. Danach wäre daselbst in einer
Tiefe von etwa 210 m und weiter nach unten der Boden frostfrei.
Die grossen Tundren im Norden von Europa und Asien haben eine
)M(lentemperatur dieser Art.
V. Die Temperatur der Lnft.
Täglicher Gang der Lufttemperatur. Schon oben ist nacL
Homen ein Beispiel gegeben, wie die Wärme sich von der festen Erd-i
Oberfläche in die Luft verbreitet, so dass die Schwankung immer geringe i
wird, je höher man in der Luft steigt. Diese Ziffern gelten für heitenjj
Tage. An trüben Tagen ist diese Erscheinung sehr abgestumpft, so-i
dass, wenn man Temperaturmittel für längere Zeiten nimmt, der EffeM
viel weniger ausgeprägt wird, aber jedenfalls in derselben Richtung liegt,
wie für heitere Tage.
Zur Ermittelung der Lufttemperatur muss man Thermometer be-
nutzen, die nicht wegen Strahlung falsche Werte ergeben. Am besten
sind die ventilierten Thermometer, wie sie im Assmann'schen Psychro-,
meter verwendet werden, wo die Thermometerkugeln durch doppelte,:
blanke, röhrenförmige Hüllen (aus Nickelblech) geschützt sind, und ein
stetiger Luftstrom zwischen diesen Hüllen und an dem Thermometer vor-;
bei von einem Centrifugalschleuderer, der von einem Uhrwerk getrieben
wird, eingesogen wird.
In allen Fällen bringt man das Thermometer an einer beschatteten
Stelle an (häufig in einem eigenen Häuschen mit Jalousien, durch welche
die Luft streichen kann); zu empfehlen ist auch die Thermometerkugel:
mit einem stark reflektierenden Metallüberzug (gewöhnlich aus Silber)!
zu bekleiden. i
Als Beispiel des täglichen Ganges der Boden- und Lufttem-
peratur mögen folgende Daten für Tiflis angeführt werden, a) Boden-
temperatur, b) Lufttemperatur (3 m über dem Boden), c) Differenz: Boden-
Luft. 1) Winter, 2) Sommer.
13 5 7 91113 5 7 0 11 Mittel
la 0,2 —0,2 —0,5 —Ö,S 3,010,3 13,2 10,9 4,3 1,9 1,2 0,6 3,7
Ib 1,5 1,1 0,8 0,5 2,0 4,6 6,6 7,3 5,6 3,8 2,7 2,1 3,2
h
V. Die Temperatur der
F
3
5
7 9 11 1 3
tP-1,3-
-1,3
-1,3
—1,3 5,0 5,7 6,6 3,6
2 a 19,2
18,1
17,6
23,134,7 45,1 49,0 45,4
21. 18,9
18,0
17,5
19,4 22,4 24,8 26,3 26,9
Ir 0,3
0,1
0,1
3,712,3 20,3 22,7 18,5
uft. 545
5 7 9 11 Mittel
-1,3— Ö,,9 —1,5—1,5 0,5
35,8 26,1 22,3 20,5 29,7
26,3 23,8 21,5 20,122,1
9,5 2,3 0,8 0,4 7,8
Der Boden ist im Mittel wärmer wie die Luft. Im Sommer ist der
unterschied sehr gross und immer positiv, im Winter ist er geringer
i'iil in den Nachtstunden negativ. Die Sonnenstrahlung erwärmt die
loberfläche sehr bedeutend, und diese teilt durch Leitung ihre Wärme
: anliegenden Luft mit. Sobald aber die Lufttemperatur so hoch ge-
ii'gen ist, dass die unteren Luftschichten leichter werden als die oberen,
v;is bei einem Temperaturgefälle nach oben von 0,033*^ C. pro Meter ein-
ritt (vgl. S. 573), so steigen die erwärmten Luftschichten in die Höhe
md geben neuen kühlen Luftmengen Platz. Auf diese Weise kann der
Pen eine bedeutend höhere Temperatur als die Luft behalten.
In der Nacht kühlt sich der Boden durch Strahlung ab, und infolge-
iessen sinkt auch die Temperatur der Luft. Die unteren Luftschichten
Verden dadurch kälter als die höher liegenden (sogenannte Temperatur-
nversion). Dadurch wird der Zustand stabiler und der Boden samt der
iberlagernden Luftschicht kann sich deshalb sehr stark abkühlen. Dass auch
n diesem Fall die Abkühlung vom Boden ausgeht, ersieht man daraus,
lass im Winter der Boden nachts kälter wird als die Luft. Im Sommer ist
ler Boden so stark erwärmt, dass bisweilen im Mittel (z. B. zu Tiflis)
ine Temperatur auch in den Nachtstunden höher als diejenige der
-uft liegt. Das normale Verhalten ist, dass auch im Sommer in der
Nacht der Boden kühler wird als die Luft. Beispiele dafür sind in den
'ben angeführten Daten von Homen zu finden (vgl. Fig. 174).
Die warme Luft bei Tage steigt in immer grössere Höhen und
:ühlt sich dabei, wie wir unten sehen werden, um etwa 1^ pro 100 m
b. Dieses Spiel geht solange vor sich, bis die ganze Luftmasse bis zu
riner bestimmten Höhe ein solches Temperaturgefälle zeigt. Dies erstreckt
ich im Sommer bis zu bedeutenden Höhen (zwischen 1000 und 2000 m).
iUletzt wird die aufsteigende Luft so stark abgekühlt, dass sie nicht
aehr den mitgeführten Wasserdampf in Gasform zu erhalten vermag,
•s entsteht Kondensation von Wasser in Form von Wolken. Von da
ib sinkt das Temperaturgefälle nach oben.
Aus dieser Darstellung geht hervor, dass die tägliche Temperatur-
chwankung mit steigender Höhe abnehmen muss und dass das Tem-
Arrhenina, Kosmische Physik. 85
546
Phyßik der Atmosphäre.
peraturmaximum oder Minimum daselbst später eintreffen muss, als ai
der Erdoberfläche. Dieser Schluss scheint in der That berechtigt zi
sein, wie die berühmten meteorologischen Beobachtungen auf dem Eiffeli
türm zeigen, von welchen einige die die Temperatur betreffen in fol-l
gender Tabelle wiedergegeben sind.
( 1) Winter, 2) Frühling und Herbst, 3) Sommer)
Höhe
2
123
197
302
2
123
147
302 n
Temperatu
i'
Eintrittszeit
1) Max.
5,0
4,2
3,6
2,8
l^p
^hp
3,5'' i^
2,5'' y
Min.
0,8
1,3
1,3
1,2
6,5* a
l,b'' a
7,5*«
7,5'' <
Difif.
4,2
2,9
2,3
1,6
—
—
—
—
2) Max.
17,6
16,1
15,5
14,9
2V
^^p
3,5'' i?
3";;
Min.
8,1
9,4
9,5
9,8
5'^a
5,5'' a
5,7'' «
6''(/
Diflf.
9,5
6,7
6,0
5,1
—
—
—
—
3) Max.
21,7
20,1
19,4
18,5
2^'p
3,5V
3,7";;
3,5"/
Min.
12,6
13,7
13,7
13,5
4,5'* a
4,5''«
5,5''«
4,5'' 1
Diff.
9,1
6,4
5,7
5,0
—
—
—
—
Ähnliche Messungen mit gleichem Resultat sind in Allahaba*
(bis zu 51 m Höhe) und auf dem Turm des Strassburger Münster;
(136 m Höhe) angestellt worden.
Zu gleichen Schlüssen wird man durch die Beobachtungen voi
Blue Hill bei Boston in Nordamerika geführt. Die beiden grösstoi
Höhen sind mit Drachen, die registrierende Thermometer führten
erreicht.
Ort Thal Blue Hill Drache Drache
Höhe ... 0 50 180 500 1000 m
Schwankung . 11,6 9,9 9,3 2,4 0,17 «C.
Als registrierende Thermometer oder Thermographen benutzt mai,
jetzt gewöhnlich Apparate, die nach demselben Prinzip wie das Bour-
donsche Manometer arbeiten. Der wesentliche Teil besteht aus eine
dünnwandigen Metallröhre von stark elliptischem Querschnitt, derei
Achse zu einem Kreisbogen gekrümmt ist. Die Enden des Rohres siii'
durch Metallplatten geschlossen. Steigt der Druck in dem Rohre, s
nimmt sein Volumen zu, indem sich die Krümmung der Achse ver
mindert. Wenn das eine Ende des Rohres dabei an einem Rahmen be
festigt ist, so bewegt sich das andere und setzt durch Hebelvorrichtungei
einen Zeiger in Bewegung. Die Zunahme des Druckes bei steigend«
V. Die Temperatur der Luft,
547
Temperatur erfolgt dadurch, dass das Rohr mit einer Flüssigkeit von
crosser Temperaturausdehnung gefüllt ist. Der Zeiger trägt einen
Schreibstift, welcher die Temperatur auf einer beweglichen Papierrolle
aufzeichnet, deren Achse am Rahmen befestigt ist.
Aus der täglichen Änderung des Luftdruckes auf Höhenstationen
konnte Hann die tägliche Temperaturschwankung der Luftsäule zwischen
der betreffenden Höhenstation und einer nahe gelegenen Thalstation
rechnen. Er fand so die folgenden Temperaturschwankungen:
Mittlere Höhe
Schwankung
240
3,3
630
2,2
840 2000
1,7 1,4
3200 m
1,0
Der tägliche Gang des Thermometers wird, wie Hann hervorhebt,
nicht durch eine einfache Sinuskurve dargestellt. Fig. 175, welche die
10 Mttu.
-372
H August. ^ .^lecemljer.
lig. 175. Täglicher Gang der Temperatur zu Wien im August und Dezember.
mittlere Temperaturvariation zu Wien im Dezember und August darstellt,
zeigt dies deutlich, besonders für die Augustkurve. Nachdem die mittlere
Tiigestemperatur etwa um 8'^ p erreicht ist, sinkt das Thermometer zu-
folge der Wärmeausstrahlung fast geradlinig bis etwa zum Sonnenauf-
gang, ö'* a im August, 7^ a im Dezember, wo die Kurve ein „Knie"
macht. Die stark wachsende Sonnenstrahlung treibt bald die Temperatur
in die Höhe, so dass der Mittelwert um etwa 9^ a bezw. lO'* 30"* a
passiert wird. Die Temperaturzunahme wird jetzt etwas vermindert,
und das Temperaturmaximum wird einige Stunden nach Mittag {Z^ p
bezw. 1^ p) erreicht, von wo die Kurve wieder zum Mittelwert um
8*;; abfällt.
Wie ersichtlich, folgt der Temperaturgang der Sonnenhöhe und zwar
I ist die Schwankung im allgemeinen um so grösser, je mehr der Sonnen-
35*
548 Physik der Atmosphäre.
stand im Laufe des Tages sich ändert. Man unterscheidet dabei eii^
periodische tägliche Schwankung, welche aus den Mittelwerten für je(]<
Stunde bestimmt wird, und eine aperiodische Schwankung, welche da-
für den betreffenden Zeitabschnitt (Monat, Jahreszeit, Jahr) gültige Mittel
aus dem Unterschied der Angaben des Maximi- und Minimi-Thermo-
meters für jeden Tag darstellt. Die erstere beruht auf der Sonnen-
strahlung, die letztere beruht auf verschiedenen zufälligen Umständcii
und ist grösser, besonders im Winter oder in polaren Gegenden, überhaupt
sobald die Schwankung der Sonnenwirkung gering wird. Als Beispiel
möge erwähnt werden:
Wint. Frühl. Sommer Herbst
Wien. Period. tägliche Schwankung 2,7 7,2 8,0 5,7
„ Aperiod. „ „ 5,2 9,2 9,9 7,6
Die tägliche Amplitude ist von sehr vielen äusseren Umständen
abhängig, ausser von der Jahreszeit und der geographischen Breite, aucli
von den Bewölkungs- und Niederschlagsverhältnissen, der kontinentalen
oder oceanischen Lage, der Bodenbedeckung der Umgebung, der vor-
herrschenden Kichtung und Stärke der Winde und der Konfiguration
des Bodens.
Die wichtigsten dieser Faktoren sind die der jährlichen Veränderuni:,
welche für Mitteleuropa (Mittel aus Paris, Bern, Berlin, München und;
Wien) durch folgende Tabelle dargestellt wird: {
Periodische J^"- ^^b. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr. I
Tngesschwankung 3^4 4^7 ßß 3^3 §^9 3^5 g^g §^5 §^5 q^q 3^ 2,8 6,56'
und der Einfluss der geographischen Breite, welcher durch folgende Ta-
belle versinnlicht werden mag:
Mittlere periodische Tagesschwankung der Temperatur auf dem Pestlande. '
Ort Nagpur T„i-.-.p Nnkuss Rarnaul ^°^'^ Ssagas- Lady Frank-
^" Jabbalpur ^^'^^^^ JNukuss ßarnaul ^^^ ^y^. ^^^^^^
N. Br. . 22,1 31,6 42,5 53,3 62,6 73,4 81,7» C.
Jahr . . 11,7 12,4 11,8 8,1 5,3 2,3 1,4^0.
3 Monate 15,4 15,3 14,5 10,6 8,7 5,6 4,2« C. '
Im Gegensatz zu der periodischen jährlichen Temperaturschwankung,;
welche mit der Breite (auf der nördlichen Halbkugel) stark zunimmt,
geht die Tagesschwankung mit steigender Breite stark zurück. Dei
Grund ist leicht ersichtlich: Orte von hoher Breite haben eine enorme |
r
V. Die Temperatur der Luft. 549
jährliche Schwankung der Sonnenstrahlung, dagegen eine sehr geringe
tägliche Veränderung derselben. Das umgekehrte gilt für die nahe dem
Äquator gelegenen Erdteile. In der Nähe des Äquators selbst ändert
-ich sowohl die tägliche wie die jährliche Temperaturschwankung sehr
wenig mit der geographischen Breite, was ja auch natürlich ist, da jene
iliirch ein Maximum, diese durch ein Minimum daselbst hindurchgeht.
Zum Vergleich sind unter den Jahresmitteln die Mittel für diejenigen
drei Monate, in welchen die grössten täglichen Temperaturschwankungen
ifkommen, aufgeführt. Der Unterschied dieses Mittels gegen das Jahres-
mittel wird erst für circumpolare Stationen bedeutend. Für dieselben
fällt die grösste periodische Tagesschwankung in die Zeit der Frühlings-
iiaehtgleiche.
Der Einfluss der Bewölkung beruht auf der Verminderung sowohl
der Einstrahlung bei Tage als auch d(!r Ausstrahlung bei Nacht durch
Wolken. Sie vermindert daher die Temperaturextreme. Als Beispiel
können folgende Daten für Paris nach Angot angeführt werden:
Bewölkung 0 2 4 6 8 10
Tagesschwankung Dezember . . 6,50 5,4» 4,4'^ 3,5» 2,6« 1,8^
April . . . 15,50 13^00 10,60 8,4» 6,3« 4,3»
Der EinÜuss der Bewölkung zeigt sich auch in der Temperatur-
!i wankung für Mitteleuropa, indem das Maximum der täglichen
öL-hwankung, welches nach dem Sonnenstand im Juni zu erwarten wäre,
auf Mai und Juli verschoben ist und im Juni ein sekundäres Minimum
auftritt (vgl. oben S. 507).
Bei klarem Himmel und schneebedeckter Erde kann die Temperatur
zu abnorm niedrigen Werten sinken. Die Schneedecke isoliert nämlich
Wärme sehr gut (vgl. S. 534), sodass die durch Strahlung entstandenen
Wärmeverluste nicht durch Zuleitung von Wärme aus der Erde ersetzt
rden. Solche Fälle treten häufig im Winter bei Barometermaximis auf
-trahlungswinter). Durch diesen Umstand werden die grössten aperio-
I tischen Schwankungen veranlasst.
Die mehr oder minder kontinentale Lage eines Ortes übt aus leicht
'sichtlichen Gründen einen sehr grossen Einfluss auf die tägliche
riodische Temperaturschwankung aus. Auf dem Ocean selbst erreicht,
wie oben angeführt, die Schwankung nur etwa 1 bis 1,5^, in den Wüsten
kann sie bis gegen 20, in seltenen Fällen sogar 30" ausmachen. Zwischen
iliesen Extremen giebt es alle möglichen Übergänge.
550 Physik der Atmosphäre.
In Thälern, wo die Luft staut, ist die Teraperaturschwankung be-
deutend grösser als auf Hügeln oder Abhängen, von denen hoch oder
niedrig temperierte Luft relativ leicht entfernt wird.
Das Temperaturrainimum tritt auf dem Festlande beim Sonnen-
aufgang ein, etwas früher im Winter, etwas später (0,5 Stunden) im
Sommer. Auf dem Meere tritt es bis zu 1,5 Stunden vor Sonnenauf-
gang ein.
Das Temperaturmaximum fällt auf dem Meer gleich nach Mit-
tag, auf den Kontinenten, wo der Erdboden zu erwärmen ist und
Luftströmungen die Temperatur stark erniedrigen, 2 bis 3 Stunden
später, bei heiterem Wetter bis 5,5 Stunden später (St. Petersburg).
Die Temperaturschwankung auf Berggipfeln ähnelt derjenigen auf
dem Ocean mit relativ geringer Amplitude, Minimum 0,5 — 1,5 Stunden
vor Sonnenaufgang und Maximum gewöhnlich kurz nach Mittag. Die
Temperatur der Luft ist hier wie auf dem Ocean sehr wenig von der-
jenigen der Erdoberfläche abhängig.
Bildung von Temperaturmitteln. Wenn es gilt die jährliche
Schwankung der Temperatur zu bestimmen, so vergleicht man die Tem-
peraturen verschiedener Tage miteinander. Dazu muss man den Mittel-
wert der Temperatur des Tages kennen. Zu diesem Zweck beobachtet
man die Temperatur einmal stündlich und nimmt das Mittel aus den
im Laufe des Tages beobachteten Werten.
Man kann nun fragen, ob es genügt 24 Ablesungen am Tage zu
machen, um ein zuverlässiges Mittel zu erhalten. Eine nähere Unter-
suchung hat gezeigt, dass dies in der That der Fall ist.
So häufige Beobachtungen werden aber nur an meteorologischen
Stationen ersten Kanges gemacht und um ein grösseres Material, als
von diesen geliefert wird, zu erhalten, muss man versuchen, einige we-
nige Zeitpunkte im Laufe des Tages so zu wählen, dass man aus den
Ablesungen ein Temperaturmittel des Tages ableiten kann, welches dem
wahren Mittelwert so nahe wie möglich kommt.
Die zunehmende Verbreitung der Thermographen erleichtert wohl
in hohem Grade die Bestimmung des Temperaturganges zu allen
Tageszeiten, jedoch sind kleinere Stationen nicht mit solchen Instru-
menten versehen. Wie bei den Barographen, ist der absolute Stand
dieser Instrumente wegen ihrer Unstetigkeit häufig mit demjenigen eines
guten Normal-Instruments zu vergleichen.
Das einfachste wäre nur einmal täglich abzulesen, z. B. um 8'* Abends,
was ziemlich richtige Werte (für Mitteleuropa) geben würde (vgl.
V. Die Temperatur der Luft. 551-
oBHi S. 547). Genauere Kesiiltate erhält man, wenn man das Mittel
aus mehreren, zu bestimmten Zeiten am Tage angestellten, Beobach-
tungen nimmt. Beobachtungen in der Nacht werden aus Bequemlich-
itsrücksichten vermieden oder durch die Ablesung des Minimumthermo-
ters ersetzt. Die gewöhnlichsten Kombinationen sind die folgenden:
I
6''«, 1^2^ und 10*/? oder S'*«, 2^ und 9^-
1\ 2'^p und 9V oder 7V ^''P ^nd 9^p.
1\ 2V, 9V und 9V oder S'^a, 2V, lOV und 10*29.
8*a, 2*j9, 8V und Min. oder 9V, 3V> 9*p und Min.
9*a, 9*p, Max. und Min. oder Max. und Min.
Zur Sicherheit vergleicht man die Ergebnisse dieser Beobachtungs-
uh'thode an einer naheliegenden grossen meteorologischen Station, die
ungefähr gleiche klimatische Bedingungen hat, mit dem wirklichen
Tagesmittel und erhält so ein kleines Korrektionsglied, welches man zu
ilf'n betreffenden Mittelwerten zufügt.
Aus den Tagesmitteln berechnet man nachher Monatsmittel und aus
'liesen Jahresmittel. Wenn es auf grosse Genauigkeit ankommt, muss
iium in Rechnung ziehen, dass die bürgerlichen Monate nicht alle gleich
lang sind und ihnen ein ihrer Länge proportionales Gewicht bei der
Mittelnahme zuerteilen. In den allermeisten Fällen kann man aber diese
umständliche Rechnung ohne merklichen Nachteil unterlassen.
Um zuverlässige Tages- und Monatsmittel zu erhalten, genügt es
nicht, die Beobachtungen eines einzigen Jahres zusammenzustellen, son-
dern man muss aus sehr vielen Jahrgängen das Mittel nehmen. Um
die Unsicherheit zu schätzen, möge angeführt werden, dass der wahr-
scheinliche Fehler der 118 jährigen Tagesmittel zu St. Petersburg für
Januar 0,47^, für August nur 0,18*^ erreicht. Die entsprechenden Werte
für das hundertjährige Monatsmittel zu Wien belaufen sich für den
Winter auf 0,20^ für den Sommer auf 0,10^. Diese Fehler, die von un-
periodischen Schwankungen herrühren (und deshalb für die Winterzeit
■ i grosse Werte annehmen), sind umgekehrt proportional der Quadratwurzel
[aus der Zahl der zum Mittelnehmen benutzten Jahrgänge. Für das
Mittel aus 16 Jahren zu Wien ist das Monatsmittel für den Winter
noch mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0,5^ behaftet.
Man thut deshalb am besten, wenn man nur kurze Beobachtungs-
perioden zur Verfügung hat, das Resultat derselben mit dem Resultat
genau derselben Periode an einer so nahe wie möglich klimatisch und
552 Physik der Atmosphäre.
geographisch ähnlich gelegenen Beobachtungsstation erster Klasse zu
vergleichen.
Für tropische Stationen mit ihren sehr regelmässigen meteorolo-
gischen Verhältnissen ergiebt eine viel geringere Zahl von Beobach-
tungen genügend genaue Mittelwerte. So z. B. ist die Veränderlichkeit
der Monatsmittel in den Tropen nur 0,3 gegen 2,3 in Nordruss-
land, 2,1 in Mittelrussland, 2,0 in Nordamerika, 1,6 in den nördlichen
Ostalpen, 1,3 in England und Norddeutschland und 1,2 in den Stidalpen
und Italien. Unter Veränderlichkeit der Monatsmittel versteht man
dabei die mittlere Differenz (abgesehen vom Vorzeichen) eines einzelnen
Monatsmittels von dem generellen Monatsmittel, welches aus einti
längeren Beobachtungsreihe (z. B. von 100 Jahren) hervorgeht. Die ge-
nannte Veränderlichkeit ist im Winter ungefähr doppelt so gross wie in»
Sommer.
Auch die Orte mit oceanischem Klima zeigen geringere Veränder-
lichkeit als diejenigen mit kontinentalem Klima auf gleicher Breite
wovon die erwähnten Daten einige Beispiele geben.
Der jährliche Gang der Temperatur. Die wirksamsten Fak-
toren, die den jährlichen Gang der Lufttemperatur bestimmen, sind
die Schwankungen der Sonnenstrahlung, welche teils auf der geogra-
phischen Breite, teils auf der Bewölkung beruhen, weiter die mehr
oder weniger maritime Lage und die Seehöhe.
Nach der geographischen Breite teilt man jede Erdhalbkugel in drei
Zonen ein, die tropische, die gemässigte und die kalte. Die erste er-
streckt sich vom Äquator zum Wendekreis (23 ^2*'}) die zweite von da
bis zum Polarkreis (66 ^2*^) und die dritte ist vom Polarkreis einge-
schlossen.
Der Stand der Sonne ist in diesen drei Zonen sehr verschieden.
Am Äquator geht die Sonne zweimal durch den Zenith (zu den Tag-
und Nachtgleichszeiten) und zweimal erreicht sie ihren niedrigsten
Stand (66^2*' Höhe) am Himmel (zu den Sonnenwendezeiten). Die Ände-
rung in der Stärke der Sonnenstrahlung ist jedoch sehr gering (etwa
8 Proz., vgl. S. 510). Man hat deshalb daselbst eine sehr geringe
Temperaturschwankung mit einer Tendenz zu zwei wenig ausgeprägten
Maximis um die Äquinoctialzeiten. Durch Regenzeiten und andere
störende klimatische Faktoren kann die genannte Regelmässigkeit ver-
wischt werden, sodass nur ein einziges Wärmemaximum hervortritt.
Nach den Wendekreisen zu nähern sich die beiden Zeiten des
Zenithdurchganges der Sonne immer mehr. Die beiden Maxima ver-
I^^^^^^P Y. Die Temperatur der Luft. 553
chmelzen miteinander. Die Jahresschwankung der Temperatur ist immer
■h sehr gering.
Je nach dem ein doppeltes oder ein einfaches Jahresmaximum vor-
iden ist, spricht man von äquatorialem bezw. tropischem Typus des
V liinas.
In der gemässigten Zone werden die Temperaturschwanlmngen im
;ilire immer grösser, je weiter man sich vom Äquator entfernt. Die
I inperaturextreme werden von dem höchsten oder niedrigsten Stande
' r Sonne bestimmt. In den mittleren Teilen der gemässigten Zone
iften wohl charakterisierte Übergangszeiten zwischen der wärmsten
ikI der kältesten Jahreszeit auf, sodass man vier Jahreszeiten, Winter,
riihling, Sommer und Herbst, unterscheiden kann. Zu jeder derselben
.erden drei Monate gezählt, auf der nördlichen Halbkugel umfasst der
Vinter Dezember — Februar, der Sommer Juni — August, auf der süd-
iihen Halbkugel ist es umgekehrt.
In der kalten Zone fällt die grösste Winterkälte wegen der langen
'ularnacht und der sehr kurzen Tage nach derselben spät nach der
Vintersonnenwende, das Temperaturmaximum liegt im Juli. Der Über-
fang von Winternacht zu Sommertag ist plötzlich und die beiden Über-
fangsjahreszeiten Frühling und Herbst verschwinden.
Je nach der Lage der betreffenden Orte zum Meere unterscheidet
nan in jeder der genannten Zonen kotinentales und oceanisches Klima
nit verschiedenen Übergängen. Das oceanisehe Klima zeichnet sich
lurch geringe Temperaturschwankung und spätes Eintreten der Tempe-
aturmaxima und Minima aus. In der gemässigten Zone erscheinen
'Iben 1,5 — 2 Monate nach den Sonnenwenden bei oceanischem Klima,
1 kontinentalem Klima dagegen ist die betreffende Zeit nur 0,8 Monate.
Als Beispiele mögen die Jahresschwankungen an folgenden Orten
ngeführt werden.
Äquatorialer Tropischer Gemässigter Typus.
Typus. Typus. Subtropisch Unter ÖO*» n. Br.
Kontin. Insular Kontin. Insular Kontin.
Central- Bata- Ober- Hono- Bag-
afrika via ägypten lulu dad
'ifite 8,10 N. 6^20 8. 21,9" N. 21,3oN. 33,30N.
11,30 E. 157,90 w. 44,40 E.
130 15 12
16,3 21,1 10,5
19,2 21,3 11,7
22,8 21,(5 16,7
ange
23,60 E.
106,80]
fr,)ie (m)
560
7
23,0
25,3
ebr.
25,1
25,4
lärz
28,8
25,8
Insular
Kontinental
Ber-
mudas
Pra^
Kiachta
32,30 N.
50,10 N.
50,40 N.
64,70 W.
14,40 E.
106,50 E.
45
202
770
16,9
-1,2
— 26,6
16,6
0,0
-20,8
16,5
3,2
- 8,4
554
Physik der Atmosphäre.
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jahr
Jahres-
Schwank
Äquatorialer
Typus.
Kontin. Insular
Central- Bata-
afrika via
29,6 26,3
28.7 26,4
27,5 26,0
25.8 25,7
24,3 25,9
25,4 26,3
25.6 26,4
24,3 26,1
22.7 25,6
25.9 26,0
6,9 1,1
Tropischer
Typus.
Kontin. Insular
Ober- Hono-
ägypten lulu
27,2 22,7
30,6
33,0
34,1
33,1
30,0
28,4
21,9
18,2
26,3
17,8
23,5
24,5
25,1
25,3
25,1
24,7
23,2
21,9
23,3
4,2
Gemässigt
Subtropisch
Kontin. Insular
Bag- Ber-
dad mudas
20.7 18,0
27.8 20,9
32,0 23,8
33,8 26,0
33.7 26,7
29.8 25,6
24,7 23,0
16,7 19,8
11.4 17,6
22.5 20,9
23,3 10,2
er Typus.
Unter 50" n. B
Kontinental
Prag
8,5
13,3
17,4
19,3
18,5
14,9
9,3
3,1
- 0,4
8,8
20,5
Kiaclii
1,
l',0|
i7,g
19,1
16^
8,9
0;
— 11,-
- 19,:;
— i,.i
45,^
Gemässigter Typ
Unter 50" n. Er. Unter
W.-Küste O.-Küste
Insular
Sciily, J. Sachalin
Breite
Länge
Höhe (m)
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jahr
Jahres-
Schwank,
49,90 N.
6,30W.
30
7,6
7,6
7,8
9,3
11,4
14,4
16,0
16,2
14,8
12,2
9,8
8,5
11,3
8,6
50,8« N.
142,10 E.
55
— 18,0
— 15,0
— 9,0
— 0,5
5,2
10,4
15,7
16,8
12,0
4,2
— 5,3
— 13,7
0,2
34,8
Kontin.
Ja-
kutsk
62,00 N.
129,70 E.
100
— 42,9
-37,2
— 23,7
— 9,4
4,6
14,7
18,8
15,4
5,7
— 9,0
— 29,6
— 40,6
— 11,1
61,7
US
620 N.
Insular
Thors-
havn
Pol
Kontin,
Nord-
Grönland
Grinnel-
land
62,00 N.
6,70 W.
9
3,2
3,4
3,2
5,5
7,2
9,7
10,8
10,7
9,3
6,6
4,8
3,4
6,5
7,6
820 N.
640 W,
— 38,3
— 40,7
— 33,8
— 25,4
— 9,9
0,3
2,8
1,0
— 9,2
— 22,3
— 30,8
— 33,2
— 20,0
artypus
Insular
Eismeer
bei
Franz-
Josephs-
land
810N.
. 720 E.
Novajii
Zemljii
72,80 Nj
560 E. !
■30,2
32,4
■ 27,4
21,9
• 8,7
- 1,3
0,6
- 0,9
- 6,7
-18,2
-25,8
28,1
-16,8
- 17,7 I
— 18,4 I
— 18,4 1
— 13,6!
- 4,9
1,1
3,9
3,4
- 0,7
— 6,5
— 14,9
— 17,3
- 8,7
43,5 33,0 22,3
V. Die Temperatur der Luft.
555
Sehr eigentümlich ist das Klima der Sibirischen Ostktiste, welches
I wissermaassen insular ist — z. B. in Bezug auf das späte Eintreten des
'"mperaturmaximums — aber in Bezug auf die niedere Jahrestemperatur
die beträchtliche Jahresschwankung sich dem kontinentalen Klima
jlhert. Dieses Klima, welches für die Ostküsten der nördlichen Breiten
liiraktcristisch ist, beruht darauf, dass kalte eisführende Ströme längs
17G. Jährlicher Gang der Temperatur 1) zu St. Anns, Trinidad, 2) zu Palermo,
3) zu Berlin, 4) zu St. Petersburg, 5) zu Werchojansk, Ost-Sibirien.
I I Küste verlaufen. Im Winter ist das Meer weit hinaus mit Eis
'I leckt, was die Wirkung stark herabsetzt, die sich sonst als Mässigung
- Klimas und Verspätung des Temperaturminimums zeigt. Der kalte
resstrom bringt auch die grosse Kälte mit. Im Sommer tritt bei
iVciiem Meer das Meeresklima in der Verspätung des Temperaturmaxi-
III ms hervor.
Eine graphische Darstellung der Veränderlichkeit der Lufttempe-
iilur mit zunehmender Breite und Kontinentalität giebt Fig. 176. Die
556
Physik der Atmosphäre.
oberste Kurve giebt den Temperaturgang zu S. Anns auf Trinid;
(10,20 n^ J3r_ 51^50 ^^ j^ y. Gr.), welches ein ausgeprägtes oceanischl
Klima von äquatorialem Typus besitzt. Kurve 2 giebt den Temperatn
gang zu Palermo (38,2<' n. Br., 13,3<' E. L. v. Gr.) mit einem weni<;
ausgeprägt insularen Klima subtropischer Natur. Kurve 3 giebt n
entsprechende Schwankung für Berlin (52,5^ n. Br., 13,3" E. L.) m
einem Mittelding von insularem und kontinentalem Klima. Kurve 4 <s.
für St. Petersburg (59,9 <* n. Br., 30« E. L.) mit einem massig kon!
nentalen Klima und Kurve 5 für Werchojansk (67,8<' n. Br., 133,8" E. I
Fig. 177. Temperatur-Isoplethen für München nach Erk.
mit einem excessiven Kontinentalklima der kalten Zone (an der Grenz(j
der gemässigten).
Zur Versinnlichung der Tages- und Jahresschwankungen der Tem-«
peratur hat Erk Liniensysteme konstruiert, die Thermoisoplethen ge-
nannt werden. Fig. 177 giebt die Thermoisoplethen für München wieder
Als Abscissenachse ist die Jahreszeit, als Ordinate die Tageszeit ge-
wählt. Die Linien verbinden Punkte von gleicher Temperatur, ünr
z. B. die mittlere Temperatur um 2^ 30"* p am 16. April zu München zi
finden, hat man eine senkrechte Gerade durch den Mittelpunkt zwischen
den mit I.April und I.Mai bezeichneten Punkten der Abscissenachse
zu ziehen. Diese Gerade schneidet eine in der Mitte zwischen den mit
V. Die Temperatur der Luft. 557
und 3^^ gezogenen horizontale Gerade. Die gesuchte Temperatur
;im Schnittpunkt angegeben (in diesem Fall lljO** C).
Die Thermoisoplethen gestatten sehr genau und kompendiös die
inperatur Verhältnisse eines Ortes darzustellen.
Verteilung der Temperatur auf der Erdoberfläche. Die
sten Temperaturmessungen von meteorologischer Bedeutung rühren
n der italienischen Accademia del Cimento in Florenz her und datieren
US der Mitte des 17. Jahrhunderts. Von der Mitte des 18. Jahrhun-
orts an liegen mehrere Reihen von Temperaturbeobachtungen aus den
itisseren Städten Europas vor (aus Berlin schon von 1719 an). Sehr för-
iilich für unsere klimatischen Kenntnisse war die Arbeit der Mann-
' iuier Akademie von 1781 ab, welche ein Beobachtungsnetz mit 37 Sta-
uen in Europa, einer in Grönland und zwei in Nordamerika ein-
itete.
Nach dieser Zeit hat im vergangenen Jahrhundert das Beobachtungs-
laterial riesig zugenommen. Um dasselbe graphisch darzustellen,
i'iihnete 1817 Humboldt die erste Isothermenkarte, in welcher Orte
lit gleicher Temperatur durch Linien, sogenannte Isothermen, verbunden
ind. Die neuesten Isothermen sind von Buch an und Hann gezeichnet.
Mg. 178 giebt die Jahresisothermen nach Hann wieder, welche die
Qittlere Jahrestemperatur repräsentieren.
Da die Temperatur stark mit zunehmender Meereshöhe abnimmt,
0 wäre es beinahe unmöglich, für ein gebirgiges Land eine Isothermen-
:arte, ausser in sehr grossem Maassstab, zu zeichnen. Die Isothermen
bürden daselbst der Hauptsache nach wie die Linien gleicher Seehöhe
Isohypsen) verlaufen und wären demnach wenig über den Temperatur-
erlauf belehrend. Um dieser Schwierigkeit zu entgehen, korrigiert man
[ie beobachteten Temperaturen so, dass sie für die Seehöhe Null gelten
i'llon. Dies geschieht dadurch, dass man zur beobachteten Temperatur
linfmal so viele Grad Celsius addiert, wie die Seehöhe des Ortes in
vilometern beträgt. Ist z. B. die beobachtete Temperatur eines 300 m
li'T dem Meere belegenen Ortes 7,2 ^ C, so ist die in die Isothermen-
arte einzutragende Temperatur 7,2^ + 5 • 0,3 = 8,7** C. Es ist dann
■iclit, aus der Isothermenkarte die wirkliche Temperatur eines Ortes
11 ersehen, indem man die Korrektion von der auf der Karte an-
'benen Temperatur abzieht.
Bei der Konstruktion der Isothermen empfiehlt es sich, die Tem-
atur vou all zu hoch, besonders auf steileren Erhebungen, gelegenen
'itcn nicht zu verwenden. Die Gründe dafür werden später gegeben.
558
Physik der Atmosphäre.
i
V. Die Temperatur der Luft. 559
usserdem dürfen nicht sogenannte Stadttemperaturen mitgenommen
erden, da die in der Nähe von Häuserkomplexen beobachteten Tem-
iraturen wegen der Stralilung der Häuserwände nicht unbedeutend
)her sind als die auf freiem Felde aufgezeichneten. Die betreffende
ifferenz beträgt beispielsweise für Paris im Mittel 1,1 '^ C. und ist am
•n.'^sten am Abend und am Morgen, beinahe Null zur Mittagszeit.
Um eine Vorstellung von der jährlichen Veränderung der Tempe-
jitur an verschiedenen Orten zu geben, hat man (zuerst Dove 1852)
I othermenkarten für die verschiedenen Monate des Jahres konstruiert,
iie wichtigsten dieser Karten sind diejenigen für die Monate mit extremen
jemperaturen, nämlich Januar (Wintermitte der nördlichen Halbkugel)
ad Juli (Sommermitte der nördlichen Halbkugel). Die Karten für diese
Mden Monate sind in Figg. 179 und 180 nach Hann wiedergegeben.
Diese Karten zeigen besser wie alle Beschreibungen die Wärme-
■rt eilung über der Erdoberfläche.
|^«Die auffallendsten Erscheinungen auf der Jahresisothermenkarte
^^■die folgenden.
Hfln höheren Breiten (über 40^ Br.) erhöhen die Meere die mittlere
Temperatur sehr bedeutend. Dies gilt besonders für die Westküsten der
ontinente. In niedrigeren Breiten (besonders auf der südlichen Halb-
Qgel) erniedrigen dagegen die Meere die Mitteltemperatur.
Auf der nördlichen Halbkugel giebt es zwei Gegenden der grössten
alte, sogenannte Kältepole, eine in Ostasien unter dem Polarkreis mit
-17'^ und eine in Nordgrönland mit — 20^0.
Der Wärmepol liegt in Centralafrika, nördlich vom Äquator mit
r Mitteltemperatur von + 30° C.
Die Januarisothermen verlaufen zum grossen Teil den Küsten nahezu
arallel. Besonders verläuft die Nullgrad-Isotherme längs der norwegi-
licn Küste hinunter zum Bodensee in nahezu nord-südlicher Richtung
nd durchaus nicht parallel mit den Breitekreisen. Einen ähnlichen
'erlauf hat die Isotherme von — 16° C. in Ostrussland. Der Kältepol in
ilostasien(— 48° C.) ist sehr stark ausgeprägt. Auf der südlichen Halb-
iiucl liegen Wärmecentra über dem südamerikanischen, südafrikanischen
\u\ australischen Kontinente.
Die Juli-Isothermen verlaufen viel mehr parallel den Breitenkreisen.
)er Einfluss der Küsten auf den Gang der Isothermen macht sich auch
iiT geltend, indem im Innern der Kontinente auf der nördlichen Halb-
uucl Wärmemaxima liegen. (Am stärksten ist diese Eigentümlichkeit
iut;s der Nordküste des Stillen Oceans entwickelt).
560
Physik der Atmosphäre.
■
V. Die Temperatur der Luft.
561
Arrlieniiis, Kosmische Physik.
36
562 Physik der Atmosphäre,
Wie oben erwähnt (S. 512) berechnete Dove die mittlere Tempe
ratur für jeden 10. Parallelkreis. In neuerer Zeit haben Spital er au
Hanns Karten und Batchelder aus Buchans Karten ähnliche Be
rechnungen abgeleitet. Man kann mit Hilfe dieser Werte die Abweich
ung der Temperatur eines gegebenen Ortes von der für seinen Breite
grad giltigen Temperatur ermitteln.
Diese Abweichung wird die Temperaturanomalie des betreffende]
Ortes genannt. Verbindet man nun auf einer Karte Punkte, welch
durch gleiche Anomalie charakterisiert sind, so erhält man Linien, di
Isanomalen genannt werden. Man hat (Dove 1852) solche für das Jah
und für die verschiedenen Monate, besonders Januar und Juli, kon
struiert (vgl. Figg. 181 — 183). Sie sind zur Ermittelung der Tempe
ratur eines Ortes sehr bequem.
Figur 181 zeigt die Isanomalenkarte für das ganze Jahr (n
Koppen). Wie man daraus ersieht, kommt die grösste Anomah
(+ 12*^ C) an der Nordwestküste von Norwegen vor. Ganz Europa (mi
Grönland), sowie Vorderasien und Indien und ganz Afrika, ein Stüc
längs der südlichen Westküste ausgenommen, sind zu hoch temperierl
Einen bedeutenden Wärmeüberschuss zeigt auch die Westküste vo]
Nordamerika. Australien und Südamerika mit Ausnahme der Nord
und Westküste zeigen etwas positive Anomalie. Die stärkste negativ
Anomalie ( — 8^0. in der Nähe des ostasiatischen Kältepoles) komm
in Ostasien vor. Der östliche und nördliche Teil von Nordamerika habei
auch eine recht grosse negative Anomalie. Kleinere negativ anomal
Gebiete liegen an den Westküsten von Südafrika und Südamerika.
Klimaveränderungen. Es ist von vielen Seiten die wichtig
Frage, ob das Klima sich mit der Zeit verbessert oder verschlechter
hat, diskutiert worden. Leider sind genaue Temperaturmessungen ersj
seit so kurzer Zeit angestellt worden, dass aus ihnen keine Schlüssj
für längere Zeit gezogen werden können. Dove schloss aus der Teni
peraturreihe für Berlin, dass die mittlere Temperatur um die Mitte di
19. Jahrhunderts nicht 0,01^ C. von dem Mittel aus den Beobachtung^
seit 1719 abwich. Glaisher glaubte eine allmähliche Zunahme d*
Temperatur für London nachweisen zu können, sein Resulat scheint nii
auf der Ausbreitung der Stadt beruht zu haben. Wild untersuchte di
Variation der Temperatur zu Petersburg und fand, dass sie in d
Jahren 1752 — 1879 sich nicht stetig verändert hatte. Dagegen kamt
abwechselnde kältere und wärmere Zeitabschnitte mit Schwankungei
von 1 — 2*^ C. in Perioden von etwa 23 Jahren vor.
563
36*
564
Physik der Atmosphäre.
566 Physik der Atmosphäre.
Zu ähnlichen Schlüssen gelangte Rizzo bei der Diskussion dt
138jährigen Temperaturangaben für Turin. Er schloss auf kürzere Pt
rioden von etwa 19 Jahren Länge.
Auch die Temperaturaufzeichnungen von Amerika geben kein
stetige Veränderung an.
An der anderen Seite giebt Willaume-Jantzen an, dass in de
letzten 110 Jahren zu Kopenhagen die Winter etwas milder, die Sommc
etwas kühler geworden sind. Etwas ähnliches hat Buch an für Schot
land gefunden.
In Schweden ist im vergangenen Jahrhundert nach Ekholms B(
rechnungen der Januar um etwa 1° wärmer, Juli und August etwi'
kühler geworden (in Lund um etwa 0,5*'), wogegen das Jahresmittel ni
verändert geblieben ist.
Um Schlüsse betreffs klimatischer Veränderungen von längerer Daui,
zu ziehen, müssen wir andere Umstände, die mit der Eisbedeckun
der Seen, der Dauer der Schneebedeckung, der Ausdehnung der Glei
scher, pflanzen- und tiergeographischen Daten zusammenhängen, in B(
tracht ziehen.
Zunächst ist es durch die Untersuchungen von Pflanzengeographe
(Hedström und Andersso n) nachgewiesen, dass in prähistorische
aber nicht all zu weit von der unsrigen entfernter Zeit (vor etwa 100"
Jahren) die Haselnuss in Schweden an Stellen vorkam, wo die mittl
Temperatur jetzt um etwa 2*^ C. niedriger ist als an ihren nörd
liebsten jetzigen Fundorten. Die Sommertemperatur, welche damals di'
Nüsse zur Reife brachte, muss deshalb die jetzige Sommertemperatw
um etwa 2** C. übertroffen haben. Zu ähnlichen Schlüssen wird mai
aus dem prähistorischen Vorkommen der Seenuss (Trapa natans) in Mitt
Schweden und Südfinnland geführt. Diese Pflanze kommt jetzt nur n«-
als Relictform in einem See (Immeln) im südlichsten Schweden lebend vn
Aus prähistorischen Funden aus Mitteleuropa, die aus dem p;
läolitischen Steinalter stammen, hat Ne bring schliessen können, da^
die damals lebende Fauna einen vollkommenen Steppenhabitus besas'
Nach diesen Funden, welche etwa vom Ende der grossen Eiszeit (vi
etwa 50000 Jahren) herrühren, war das damalige Klima Mitteleuropa
nicht nur viel kühler, sondern auch viel trockner (mehr kontinenta'
wie das jetzige, ungefähr dem jetzigen Klima Sibiriens entsprechend.
Aus Tycho Brahes auf der Insel Hven in Öresund geführtem Tau'
buch geht es hervor, dass zu seinerzeit (1582—1597) mehr Schneetai
daselbst im Spätwinter vorkamen wie jetzt. So waren damals von d(
«a
I
V. Die Temperatur der Luft. 5^7
lagen mit Niederschlag 75 Proz. im' Febniar und 63 Proz. im März
liirch Schneefall gekennzeichnet, während die jetzigen Ziffern 53 bezw.
16 Proz. sind. Der Spätwinter müsste demnach damals kühler als jetzt
■wesen sein.
Auf denselben Umstand deuten die Aufzeichnungen der alten Chro-
üiken. Die Ostsee war im Mittelalter mehreremal so stark zugefroren,
(lass man über sie von Schweden nach den Ostseeprovinzen (1399, 1418,
1423—24, 1426, in den letzten Fällen ritt man auf dem Eis zwischen
Danzig und Lübeck, auf welcher Koute Herbergen eingerichtet waren,
1459—60 und 1545) oder (1306, 1324, 1453 und 1573) von Dänemark
nach Pommern reiten konnte. 1636 war die Ostsee zum letzenmal
/wischen Schonen und Bornholm zugefroren.
Sogar die Nordsee zwischen Norwegen und Dänemark war bis-
ilen im Mittelalter (1048, 1224—25, 1294, 1394, 1399, 1407—8,
1123—24) so stark zugefroren, dass sie befahren werden konnte (im
lilire 1294 ritt man von Norwegen nach Dänemark übers Eis).
Auch von dem Schwarzen Meer erzählen die alten Chroniken, dass
im Mittelalter mehreremal stark eisbedeckt war (so in den Jahren
401, 673, 763 und 800—801); in den Jahren 1608 und 1621 war der
Bosporus eisbedeckt, was jetzt nicht mehr vorkommt. Im Jahre 250
lag das Eis auf der Themse 9 Wochen hindurch.
Das Eis des Adriatischen Meeres war im Winter 859 — 60 befahr-
liar, im Jahre 1234 konnte das Eis um Venedig mit schweren Fuhr-
werken befahren werden. In den Jahren 1216, 1234 und 1334 — 35
froren Po und andere italienische Flüsse zu.
Alles deutet demnach darauf, dass die Winter, besonders in Nord-
westeuropa im Mittelalter kälter waren als jetzt.
Andererseits giebt es auch Anzeichen dafür, dass die Sommer da-
mals wärmer waren als jetzt. Im Mittelalter wurde die Traube in Ge-
genden von Frankreich (Normandie) und Deutschland (bei Marienburg)
und sogar England gebaut und trinkbarer Wein daraus bereitet, wo
'!i»^s jetzt absolut undenkbar ist. Dieser Umstand ist häufig so gedeutet
worden, dass bei den damaligen primitiven Kommunikationen der hei-
inische schlechte Landwein nicht mit dem Import besserer Weine zu
]\Mnkurrieren hatte und deshalb getrunken wurde. Dagegen möge an-
geführt werden, dass der Pariser-Wein im Mittelalter am Tisch des
Königs von Frankreich getrunken wurde.
Auf Hven fiel zu Tycho Brahes Zeit das Regenmaximum in den
Juli, jetzt in den August. Das Gewittermaximum fiel damals in den Juni,
568 Physik der Atmosphäre.
jetzt in den Juli. Beide Erscheinungen sprechen für stärker kontinental'
Klima in älteren Zeiten. Der Sommer war also damals ohne Zweiü
wärmer. Die mittlere Temperatur war wohl dieselbe wie jetzt, da de]
letzte Frühlingsfrost und der erste Herbstfrost damals nur um 1 Tag
früher als jetzt eintrafen.
Die Temperatur des Februars war dagegen um 1,4^ und diejenige
des März um 1,0^ kälter als jetzt (alles nach Ekholms Berechnungen)
Dufour giebt eine Übersicht über das Datum der Weinlese ir
einigen schweizerischen Landschaften seit dem 15. Jahrhundert. Axa
derselben geht hervor, dass bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die
mittlere Zeit der Weinlese daselbst immer später gekommen ist. Seit-
dem ist sie etwas zurückgewandert, ohne jedoch ihren alten Stand wiedr-
zu erreichen. Dufour bemüht sich, zu beweisen, dass bis Ende (L
18. Jahrhunderts dieselbe Kebe an denselben Orten gebaut worden ist]
Dies deutet auf eine allmähliche Abnahme der Sommerhitze vom Mittel-
alter bis etwa 1800.
Ferner ist die Waldgrenze auf den Schweizer Bergen zurückgegangen-
Nach Dufour findet man hoch (bis mehrere hundert Fuss) über d(i
jetzigen Waldesgrenze alte abgestorbene Stämme und Wurzeln. Man
hat dieses Zurückweichen des Waldes als ein Werk der Menschen und!
der Viehherden, welche ihre Weideplätze oberhalb der Waldgrenze haben,!
zu erklären versucht. Diese Erklärung passt aber keineswegs auf diel
Verhältnisse in Nordschweden, wo die Waldgrenze auf den Felsenhöheni
seit langer Zeit zurückweicht. Auch das braucht nicht in einem Rück-i
gang der Mitteltemperatur, sondern vielmehr in einer Erniedrigung der'
Sommertemperatur seinen Grund zu haben. In Nordasien kommen näm-
lich grosse Waldungen bei viel niedrigerer Mitteltemperatur aber höherer
Sommertemperatur vor.
Schliesslich mögen die Verhältnisse in arktischen Gegenden, vor-
nehmlich auf Grönland, angeführt werden. Die blühenden normannischen
Kolonien an der Südküste Grönlands wurden durch Eis von der Civili-
sation abgesperrt und starben gänzlich aus. Daselbst wurde anfangs
bedeutende Viehzucht getrieben, die jetzt stark zurückgegangen ist. Erst
in neuester Zeit hat man durch energische Versuche Zutritt zu dieser
Küste durchs Eis gefunden. Früher unbekannte Eskimostämme wurden
dabei entdeckt, aber auch mehrere Euinen, welche andeuten, dass die Gegend
früher viel stärker bebaut war. Auch an der Westküste von Grönland
ist die Bevölkerung zurückgegangen. Egede fand da im Jahre 1723
30000 Einwohner, Giesecke 1813 nur 6583.
!li
V. Die Temperatur der Luft. 569
ach Hassert's Angaben lebten die Eskimos in alten Zeiten viel
n;rdlicher als jetzt in dem amerikanischen Polar- Archipel und in Grön-
|and, nämlich nördlich vom 75. Breitegrad und bei Kennedy 's Kanal
wischen Grantland und Grönland sogar bis zum 82. Breitegrad. Ver-
uutlich war es die Kälte, welche die Eskimos in historischer Zeit nach
Süden trieb, wo sie die früher blühenden norwegischen Kolonien zu
i runde richteten. Auch die neusibirischen Inseln waren in alten
/.piten bewohnt.
In Island sind die Wälder und der Ackerbau des Mittelalters
crschwunden, die damals reiche, jetzt verarmte Bevölkerung ist auf
■ Hälfte zurückgegangen. Der kalte Polarstrom mit seinen Eisbergen
iihm in den vergangenen Jahrhunderten stark zu (nach Egedes Bericht
1770 — 78 nahmen die Eisberge jedes Jahr merklich zu).
Es möge übrigens an das starke Vorschreiten der Gletscher, vor-
nehmlich in Norwegen und arktischen Ländern, erinnert werden und be-
-nuders an ihre starke Entwickelung in der Mitte des 18. Jahrhunderts
vMmA. S. 397).
v^m Alles das kann so aufgefasst werden, dass hauptsächlich in Nordwest-
H^opa, aber auch in den anderen westlichen Teilen unseres Weltteils mit
jier Zeit die Winter milder und feuchter und die Sommer kühler ge-
worden sind. Das Klima ist sozusagen mehr insular geworden als in
alten Zeiten. Auf Island und Grönland ist es kälter geworden.
Nach Ekholm beruht diese Klimaänderung teilweise darauf, dass
it etwa 9000 Jahren die Neigung der Erdachse gegen die Ekliptik
immer grösser wird. Stünde die Erdachse senkrecht auf der Ekliptik,
" würde der Pol gar keine Wärme von der Sonne erhalten, während
izt eine bestimmte Bodenfläche (mit überlagernder Luft) am Pol etwa
I 42 Proz. der Wärmemenge erhält, die auf ein gleich grosses Flächen-
•^tick am Äquator fällt. Je grösser die Neigung der Ekliptik gegen die
.'luatorialebene wird, um so bedeutender wird auch die Sonnenstrah-
hmg gegen den Pol. Dasselbe gilt auch für die polaren Gegenden bis
• wa zum 45. Breitegrad. Dagegen erhalten die Äquatorialgegenden bei
ligender Neigung der Ekliptik weniger Wärme. Wie leicht ersicht-
lich, kommt die erhöhte Bestrahlung der cirkumpolaren Gegenden auf
das Sommerhalbjahr, während im Gegenteil die Bestrahlung im Winter-
lialbjahr etwas vermindert wird. Vor 9100 Jahren war nach Ekholm s
Berechnungen die Temperatur um folgende Anzahl Grade höher
als jetzt.
Geogr. Breite
0
April — Sept.
-0,2
Okt.— März
-0,2
Jahr
— 0,2
570 Physik der Atmosphäre.
30 50 60 70 80 90«
— 1,2 —1,0 —1,1 0,0 0 00 C.
+ 0,5 +1,1 +1,4 +2,4 +3,0 +3,20 (
-0,35+0,05+0,15+1,2 +1,5 + 1,60(
Damals ging die Neigung der Erdachse gegen die Ekliptik dur(
ein Minimum (vgl. S. 275)
Bei erhöhter Neigung der Ekliptik wird also die Temperatur-
Schwankung im Jahr grösser, und in nahe beim Pol gelegenen Gegen-
den der Sommer wärmer, der Winter kälter. Diese Verhältnisse sind
wiederum weniger günstig für die Gletscherbildung.
Diese Ursache kann aber seit dem Mittelalter nicht die oben ge-
schilderten Veränderungen hervorgebracht haben. Sie wirkt viel lang-
samer, wenn auch in derselben Richtung.
Es ist jedenfalls beruhigend zu wissen, dass die Gletscher in allerj
jüngster Zeit etwas im Zurückschreiten begriffen sind, was vielleicht
auf der stetig wachsenden Kohlenverbrennung beruht (vgl. S. 478). Näher.
Untersuchungen über diese äusserst interessanten Fragen werden hoffent-
lich unsere mangelhaften Kenntnisse derselben ausbauen.
Klimaschwankungen von kurzer Dauer und verschiedenen Perioden-
längen sind von vielen Forschern nachgewiesen. Oben ist schon vonl
dem Einfluss der Sonnenfleckenperiode die Rede gewesen (vgl. S. 140).'
Eine andere Periode, die viel Interesse auf sich gezogen hat, ist die j
von Brückner aufgefundene 35jährige. Er zeigte nämlich, dass derj
Wasserstand im Kaspischen Meere Perioden von 34 — 36 Jahren Länge {
hat. Maximalstände des Wassers traten in den Jahren 1847 und|
1878 ein. Er untersuchte danach den Wasserstand anderer abflussloser i
Seen und der Flüsse selbst. Er fand dabei dieselbe Periodizität mitj
Maxima in den Jahren 1820, 1850 und 1880, dagegen Minima 1795, i
1833 und 1863. Auch die Aufzeichnungen über den Niederschlag zeigen ,
trockene Perioden 1831 — 1840 und 1856—1870, dagegen nasse Perio-f
den 1841—1855 und 1871 — 1885. Dies gilt für die Binnenländer, für'
die Küstenstriche ist es umgekehrt.
Auch mit den Barometerständen hat Brückner seine Perioden in
Zusammenhang gebracht. Es fällt im allgemeinen bei tiefem Luft-
druck reichlicherer Niederschlag als bei hohem. Das Barometer stand
über Europa in den Jahren 1830 und 1860 relativ hoch, dagegen relativ
niedrig 1841—1855 und 1880. Über dem Atlantischen Ocean waren die
Luftdruckverhältnisse umgekehrt.
V. Die Temperatur der Luft. 571
Die Schwankung der Niederschlagsmenge in den Binnenländern be-
g nach dieser Periode nicht weniger als 24 Proz.
Diese Periode tritt auch in den Temperaturaufnahmen hervor. Bei
.>1 Niederschlag (Bewölkung) tritt nämlich niedere Temperatur als
Begleiterscheinung auf. Brückner fand folgende mittlere Temperatur-
ilnvoichungen vom Mittel für die ganze Erde:
1736—40
1746—50
1766—70
1791-92
1811—15
— 0,40
+ 0,40
— 0,40
+ 0,50
— 0,50
1821—26
1836—40
1851—55
1866-70
1881—85
+ 0,60
- 0,40
+ 0,1«
+ 0,10
-0,1«
Auch die Dauer der Eishedeckung der Flüsse und die Weinlesezeit
Imt Brückner in seine Untersuchungen einbezogen. Für diese Er-
heinungen liegen viel ältere Beobachtungsreihen vor. Er fand aus
nselben ebenfalls eine Periodenlänge von etwa 35 Jahren.
Kichter hat die Ausdehnung der Alpengletscher nach der Periode
von Brückner untersucht und gute Übereinstimmung gefunden. Die-
selbe sollte nach allen diesen Daten durch folgende Maximal- und
Minimalgebiete charakterisiert sein:
Kalt-feucht 1700 1740 1775 1815 1845 1880
Warm— trocken 1720 1760 1795 1830 1860 1895
Obgleich es sich hier in Bezug auf die Temperatur nur um geringe
Differenzen handelt, so sind sie doch von grösster Bedeutung, sobald sie
sicher konstatiert werden. Brückners Angabe, dass zuweilen zwei
35-Jahrsperioden ineinander verschmelzen und somit in eine 70jährige
Periode übergehen, sowie Richters entsprechende Äusserung, dass
manchmal die nach der Periode zu erwartende Änderung der Gletscher-
grössen nur schwach angedeutet ist, sodass scheinbar eine doppelt so
lange Periode daraus hervorgeht, scheinen anzudeuten, dass zur endgül-
tigen Beurteilung der 35jährigen Periode noch viel Material gesammelt
werden musste. Hann hat in jüngster Zeit dies gethan, er bestätigte
dabei in der Hauptsache Brückners Resultate, die Periodenlänge scheint
recht veränderlich zu sein.
Die Ursache dieser Periode ist noch unbekannt, W. Lockyer will
.eine ähnliche Periode bei den Sonnenflecken gefunden haben.
Eine andere Periode von sehr kurzer Dauer, nämlich eine Abwech-
selung von lang- und kurzdauernden Wintern alle zwei Jahre hat
572 Physik der Atmosphäre.
Woeikoff nachgewiesen. Folgende Tabelle zeigt die Temperatur-
schwankungen in den letzten Jahren zu Örebro, Mittelschweden.
Temperatur im Januar zu Öreljro.
1859 61 63 65 67 69 71 73 75 77 79 81
+ 0,4 — 8,5 + 0,7 — 3,2 — 10,7 — 2,3 — 6,2 + 1,8 — 10,0 — 6,2 — 6,6 — 7,S
1860 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80
— 2,8 - 6,6 — 3,7 + 1,5 — 5,6 — 1,6 + 0,1 + 1,7 — 3,5 — 3,0 — 3,3
1883 85 87 89 91 93 95 97 99 1901 Mittel
— 4,7 — 5,5 — 1,7 — 1,2 — 6,5 — 9,1 — 7,3 — 6,1 — 4,9 — 3,8 — 5,0
1882 84 86 88 90 92 94 96 98 1900 02 Mittel
+ 1,5 — 1,2 — 3,6 — 3,9 + 0,8 — 6,3 — 1,6 — 3,0 + 0,6 — 3,8 — 0,5 — 2,2
Obgleich einige Abweichungen vorkommen, ist die beobachtete
Kegelmässigkeit sehr auffallend. Die meisten ungeraden Jahre haben
eine niedrigere Temperatur als das Mittel, — 3,6, die geraden Jahre da-
gegen eine höhere. Dass diese Kegelmässigkeit nicht ganz allgemeiner
Natur ist, erhellt daraus, dass zu Stockholm, während in den Jahren 1859
bis 1900 die Januartemperatur der geraden Jahre (4,1), diejenige der unge-
raden (2,0) um nicht weniger als 2,1 ^ C. (gegen 2,8 zu Örebro) überstieg,
der Unterschied für die Jahre 1799 — 1828, ebenso wie für die Jahre 1829 bis
1858 in umgekehrter Kichtung ausfiel, sodass der Januar in den geraden
Jahren um 0,4 ^ höher war (mittlere Temperatur — 4,6 bezw. — 4,3) als in
den ungeraden (mittlere Temperatur — 4,2 bezw. — 3,9). Die Einwirkung
dieser Periode auf die Schnee- und Eisverhältnisse ist oben berührt
worden (vgl. S. 414).
Wie Pettersson nachgewiesen hat, hängt diese Eigentümlichkeit
mit einem wechselnden Anschwellen des östlichen, Europas Küste be-
spülenden, Teiles des Golfstroms zusammen. Wenn der östliche Zweig
des Golfstroms stark ist, soll der westliche nach Island und Grönland
gehende schwach sein und umgekehrt.
Die inneren Teile Kusslands, wie die Landschaft Astrachan, zeigen
einen umgekehrten Gang wie die nordwestlichen Teile des Keiches,
die sich wie Schweden verhalten. Wir kommen hierauf zurück.
Auf alle Fälle ist die nähere Erforschung und Feststellung ähn-
licher Regelmässigkeiten, falls sie auch nur für beschränkte Gebiete
zutreffen, von dem grössten Interesse für die Kultur, besonders Acker-
bau und Schiffahrt, der betreffenden Landesteile.
Temperaturabnahme nach der Höhe in freier Luft. Wie
oben erwähnt, wird die nahe beim Erdboden liegende Luft am Tage,
■
V. Die Temperatur der Luft. 573
sonders wenn es heiter ist, stark erwärmt, und zuletzt so stark, dass
■ leichter wird als die überlagernden Schichten, wonach eine auf-
■igende Luftströmung entsteht. Da nun bei gewöhnlicher Temperatur
12'^ C.) das spezifische Gewicht der Luft bei 760 mm, 0,001236, etwa
1 1000 mal geringer als dasjenige des Quecksilbers (bei 0** 13,59) ist, so ist
•Irr Druck in 11 m Höhe 759 mm, wenn er am Boden 760 mm ist, d. h.
iio Dichten verhalten sich wie 759 zu 760, vorausgesetzt, dass die Tem-
peratur an beiden Stellen gleich ist. Erwärmt sich nun bei gleich-
Meibendem Druck die untere Luft um 1^ C., so sinkt die Dichte um
'273, damit sie um V760 sinkt, ist also eine Erwärmung von nur 0,36'^
nötig. Wenn also die Temperaturabnahme nach oben 0,36^ C. auf
11 m erreicht, oder 3,3^ pro 100 m, so kippt die Luftsäule um. Beim
Aufsteigen der unteren Luft kühlt sie sich um etwa 1'' pro 100 m ab,
wie unten gezeigt werden soll. Falls also unten am Boden bis zu einer
unbedeutenden Höhe der Temperaturgradient 3,3^ pro 100 m übertrifft
und in den überlagernden Schichten 1^* pro 100 m erreicht, so wird die
vuni Boden aufsteigende erwärmte Luftmasse beim Aufsteigen überall
wärmer ankommen als die da vorbefindliche Luftmasse und infolgedessen
kontinuierlich steigen.
Ist das Temperaturgefälle nach oben in den höheren Schichten geringer
als 1^ C. pro 100 m, so erwärmt sich die Luft am Boden so lange,
bis das Gefälle bis zu einer gewissen Höhe diesen Wert übertrifft, steigt
ilann vom Boden auf und erwärmt die obenliegenden Luftschichten, sodass
i- Temperaturgefälle 1^ pro 100 m sich etwas höher hinauferstreckt.
ue Wärme wird von der Sonne zum Boden gestrahlt und erhöht
Lis Temperaturgefälle über 1 : 100 und neue Strömungen entstehen
der Luft, welche das Gleichgewicht wieder herzustellen streben und
> Temperaturgefälle 1 : 100 zu immer höheren Luftschichten führen,
ichher kommt eine Abnahme der Sonnenstrahlung, wobei die verschie-
'ii'nen Luftschichten, besonders in der Nähe der Erdobertiäche, wo die
Luft viel Staub und Wasserdampf hält, Wärme gegeneinander, den Erd-
boden und den Himmelsraum ausstrahlen. Die Temperaturunterschiede
l:1< ichen sich aus, das Gefälle sinkt unter 1 : 100. Zuletzt kommt die
rht, der Boden strahlt Wärme aus und kühlt sich unter die Tem-
; ratur der Luft ab. Infolgedessen kehrt sich das Gefälle in der Nähe
<l<s Bodens um, aber nur bis zu beschränkter Höhe, weil die abgekühlte
Luft am Boden liegen bleibt. (Wenn die Luft durch Winde umgerührt
wird, bleibt die Temperaturinversion aus.) Im Sommer wird infolge-
dessen die Luft jeden Tag etwas höher hinauf erwärmt und man schliesst
574 Physik der Atmosphäre.
aus Beobachtungen bei Ballonfahrten und mit Drachen, dass im Hoch
Sommer sich die genannte Erwärmung bis zu Höhen von über 1000 ni
erstreckt. Bis zu nahezu gleichen Höhen kann in anticyklonischen Gp
bieten die Temperaturumkehr im Winter sich erstrecken, im Somnn i
ist die betreifende Höhe nur 200—300 m.
Als Beispiele der Temperaturabnahme bei Tage mit zunehmendti
Höhe mögen folgende Daten aus Paris (Eiffelturm) und Blue Hili
(Drachenbeobachtungen) dienen: I
Temperaturabnahme pro 100 m.
7/«a 8 9 10 11 Mittag 12 3 4 5 6'»;j
Eiffelturm zwischen 2 m und 160 m Höhe.
April— Juli . . 0,68 1,22 1,48 1,62 1,65 1,57 1,58 1,50 1,33 1,10 0,90 0,ov-
^^'''' St.' ^'^"^" ~ ^'^^ ^'^^ ^'^'^ ^'2* ^'25 1'^^ ^'24 ^'^^ ^'^^ ^'^^ ~
Okt.— Jan. . . — _ _ 0,54 0,74 0,84 0,84 0,71 0,61 0,33 - -
Eiffelturm zwischen 160 m und 302 m.
Sommerhalbjahr — 0,47 0,70 0,86 0,84 8,88 0,86 0,86 0,88 0,90 0,92 0,i)l
Winterhalbjahr — 0,0.9 0,22 0,40 0,54 0,65 0,75 0,80 0,83 0,84 0,79 0,70
Blue Hill, Vereinigte Staaten, Sommerhalbjahr.
Höhe vom Boden bis 300 460 600 90O 1200 1500 1800 2100 m |
Temperaturfall . . 1,35 1,10 0,94 0,82 0,74 0,71 0,70 0,68 o C. pro 100 m.j
Die grossen Werte in der Nähe des Bodens zeigen, dass starke auf-l
steigende Luftströmungen vorhanden sein müssen. Schon in einer Höhe!
zwischen 160 und 302 m verschwinden diese Strömungen meistens; anj
heiteren Tagen gehen sie viel höher.
Betreffs der nächtlichen Temperaturumkehr mögen folgende Datcii;
ausser den oben (vgl. Fig. 174) nach Homen angeführten, erwähntj
werden. Juhlin fand in üpsala bei heiterem Himmel über Schnee-j
decke, in welchem Fall die genannte Erscheinung sehr deutlich hervortritt':
Höhe über der Schneedecke 0 0,03 0,5 7,4 m
Temperatur —17,7 —15,7 —14,1 — 12,2 «C.
Der grösste Teil des Effektes findet sich also in der unmittelbaren!
Nähe des Bodens vor. Bei Ballonfahrten und auf Türmen hat man Ge-{
legenheit gehabt, die Temperaturzunahme bis zu höheren Luftschichtenj
zu verfolgen. So fand man die Temperatur um 4 — 5 Uhr Morgens anj
^
p
V. Die Temperatur der Luft. 575
k
Spitze des Eiffelturms um folgenden Betrag höher als im Parc St. Maur
Paris (die Höhendifferenz ist etwa 300 m):
Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
0,45 1,1 0,84 1,1 0,87.
Wärmeänderungen mit der Höhe im Gebirge. Ebenso wie
iu der freien Luft nimmt die Temperatur in Gebirgsländern mit zu-
nehmender Höhe der Beobachtungsstation ab. Diese Thatsache ist so
Ulffallend, dass sie auch den Naturvölkern nicht entgehen konnte. Die
A.bnahme der wärmeabsorbierenden Bestandteile, Wasserdampf und
Kohlensäure, über den hoch gelegenen Orten betrachtet man häufig als
li'ii Hauptgrund dafür. Die Hochländer liegen im allgemeinen in der
Mitte der Kontinente ziemlich weit vom Meer; es würde deshalb da
■ine grössere Trockenheit der Luft herrschen, wie in den tiefer gelegenen
Flachländern, wenn die Temperatur in beiden Fällen gleich hoch
wäre. Infolgedessen würden durch Strahlung grössere Wärmever-
luste wie in der Niederung entstehen, aber andererseits müsste der
Himmel wolkenfreier sein und deshalb die Sonnenstrahlung effektiver.
Es ist, kurz gesagt, schwer, den Anteil des Mangels an Wasserdampf
Ml der niedrigen Temperatur der hoch liegenden Orte zu schätzen.
Man kann vielmehr den Satz umkehren und behaupten, dass die Luft
über den Bergen weniger Wasserdampf enthält, weil es da kühler ist
als in der Ebene.
Auf alle Fälle schützt die Kohlensäure die höher liegenden Stellen
weniger als die niedrigeren. Die Wirkung dürfte aber nicht sehr gross
sein, vielleicht 1— l.S« C. für 1000 m Höhe.
Die wichtigste Rolle bei der Abkühlung höher gelegener Orte spielt
|ohne Zweifel die Luftzirkulation. Wenn diese so kräftig wäre, dass sie
fiie Erscheinung allein beherrschte, so würde die Temperaturabnahme
1 " C. pro 100 m betragen. Dieser Wert wird in der Natur nie erreicht,
T je isolierter die Bergspitzen heraufragen, desto mehr nähert sich
1 r beobachtete Wert diesem theoretischen.
Wegen der Temperaturumkehrung im Winter bei anticyklonaler
Luftverteilung kann, wie oben gesagt, bisweilen die Abnahme der
! Temperatur in einer Zunahme mit steigender Höhe verwandelt werden.
I Dieser Fall tritt besonders häufig in den Alpen und speziell in
Kärnthen ein bis zu einer Höhe von etvra 1000 m, wie folgende
l'abelle zeigt:
576 Physik der Atmosphäre.
Temperatur in den Karawanken Süd-Kärnthens.
Klagenfurt Eisenkappel U. SchäfFleralp Obir I Obirgipfej
Höhe m ... 490 . 560 1063 1230 2140 |
Januar .... —6,2 —5,2 —3,6 —4,3 — 6,8|
Winter. ... —4,6 —3,9 —3,1 —3,8 —6..".
Die Temperaturumkehr hängt von der starken Abkühlung de
Schneeoberfläche in abgeschlossenen Thälern ab. Im allgemeinen is
die Temperaturabnahme nach oben am geringsten im Winter und anl
grössten im Sommer. Diese Abnahme kann im Sommer unter günstigeii
Umständen 0,70'', ja sogar 0,80 <* pro 100 m erreichen. Je geringer dij
Neigung der Gebirgsabhänge ist, um so niedriger fällt auch im allgemeinem
die Temperaturabnahme aus. So sinkt sie für die Rauhe Alp, die als
ein Plateauland zu bezeichnen ist, auf 0,25 im Dezember (Min.) un(
0,59 im Mai (Max.) mit einem Mittelwert von 0,44^' pro 100 m, und ii
einem Passübergang im Kaukasus, wobei nur Thalstationen mitgezähl
sind, auf 0,31 im Januar (Min.) und 0,56 im Juli (Max.) mit einenl
Mittelwert 0,45° pro 100 m. Damit mögen die freiliegenden Berge Bei{
Nevis in Schottland mit den Werten 0,59 (Jan.) bis 0,76 (April), Mittel
0,67, und Hoher Sonnblick in den Tauem mit den Extremwerten 0,53
(Jan.) und 0,75 (Juni) sowie dem Mittel 0,65 fürs Jahr verglicheil
werden. !
Den jährlichen Gang dieser Temperaturabnahme zeigt folgende
Tabelle.
Temperaturabnahme in ^C. pro 100 m Höhe in verschiedenen Jahres-'
zelten.
1) Harz, 2) Westalpen Hochgebirge, 3) Sonnblick, 4) Aetna. ;
Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jabi;
1) 0,41 0,52 0,63 0,69 0,70 0,69 0,68 0,67 0,62 0,52 0,42 0,37 0,5^
2) 0,45 0,53 0,62 0,64 0,66 0,67 0,67 0,64 0,60 0,56 0,51 0,44 0,5^
3) 0,55 0,60 0,63 0,69 0,74 0,75 0,73 0,72 0,67 0,60 0,57 0,55 0,6.'
4) 0,59 0,58 0,58 0,61 0,63 0,65 0,65 0,64 0,64 0,63 0,62 0,61 0,61
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Abnahme bei windigen
Wetter grösser wird, als bei windstillem. Ferner ist sie geringer be!
heiterem als bei trübem Wetter, etwa im Verhältnis 2:3. Besonder^
gross ist dieser Unterschied im Winter. Dieser Umstand scheint daraui
hinzudeuten, dass die starke Ausstrahlung bei geringem Wasserdampfge-,
halt der Luft wenig zur Kälte der höheren Luftschichten beiträgt. !
I
V. Die Temperatur der Luft. 577
Der tägliche Gang der Teraperaturabnahme Dach der Höhe zeigt
benfalls ein sehr ausgeprägtes Minimum zur kältesten und ein Maxi-
üum zur wärmsten Tageszeit, wie folgende Tabelle für die Höhe zwischen
volm Saigurn (1600 m) und Sonnblickgipfel (3106 m) andeutet.
Mittel 2 4 6 8 10 Mittag 2 4 6 8 10 Mittel
\ iüter 0,50 0,49 0,49 0,49 0,50 0,60 0,66 0,59 0,54 0,52 0,51 0,50 0,53
.ommer 0,64 0,62 0,60 0,69 0,81 0,87 0,89 0,S8 0,82 0,73 0,68 0,65 0,74
ahr 0,56 0,55 0,54 0,57 0,65 0,74 0,79 0,75 0,68 0,61 0,58 0,57 0,63
Daher ist die tägliche Schwankung der Temperatur bedeutend ge-
inger auf höher als auf niedriger gelegenen Orten, wie schon oben er-
ahnt ist (vgl. S. 549).
In derselben Weise nimmt die Jahresschwankung der Tempe-
itur mit steigender Höhe des Beobachtungsortes ab. In den äqua-
irialen Gegenden, wo schon im Meeresniveau die Schwankung sehr
11 bedeutend ist, ist in den Bergen die Höhe der Schneegrenze das ganze
ahr konstant, woraus hervorgeht, dass die Temperaturschwankung im
ahr daselbst verschwindend gering ist. In den aussertropischen Gegen-
eu beobachtet man auch auf den höchsten Bergstationen einen aus-
eprägten jährlichen Temperaturgang, obgleich er viel geringer ist als
a tiefer liegenden Stellen. So ist in den Tauern die Schwankung: in
;ell am See (750 m) 22,0^ auf Schmittenhöhe (1940 m) 16,1 ^ auf
"iinblick (3106 m) 14,00, Mit der Höhe verlangsamt sich die Abnahme.
Jasselbe gilt für die nordschweizerischen Stationen: Altstätten (460 m)
9,40, Trogen (880 m) 17,1 », Gäbris (1250 m) 15,5°, Rigikulm (1790 m)
4,50 und Säntis (2465 m) 14,1*>.
Schon an der Spitze des Eiffelturms (300 m) ist die Jahres-
h wankung der Temperatur um 1*^ niedriger als an der Erdoberfläche.
Die adiabatische Volumsänderung der Luft. Unter diesem
luen versteht man eine Volumsänderung, die ohne Wärmezufuhr
aussen stattfindet. Wenn im allgemeinen zu der Luftmasse
^28,9 g (= 1 Grammolekel, da das mittlere Molekulargewicht
Luft 28,9 beträgt) die Wärmemenge dQ zugeführt wird, so wird
-elbe teils zur Erhöhung der Temperatur der Luftmasse um dt'^ C,
iis auch zu äusserer Arbeit durch Volumsänderung (um dv cm 3) ver-
raucht. Die erstgenannte Wärmemenge hat den Wert Mcvdt, worin c,- die
l'ozifische Wärme der Luft bei konstantem Volumen, also 0,17 bedeutet.
Arbeitsmenge wird durch den Ausdruck 7? c?i; dargestellt, worin p
1 Druck in g pr. cm'-^ angiebt. pdv ist dann in g-cm gemessen;
Vrrlienius, Kosmisclio Physik. 37
578 Physik der Atmosphäre.
um diesen Ausdruck in cal. umzurechnen, muss man durch da
mechanische Wärmeäquivalent J {J -= \ cal. : g cm = 42600) divij
dieren. Wir erhalten auf diese Weise für die adiabatische Volum^'
ander ung, bei welcher dQ = {i ist:
»
1
c?Q = 0 = Mßv dt -\ — Y P ^^•
Nun ist nach den Gasgesetzen:
pv = RT,
worin T die absolute Temperatur darstellt. Die konstante Grösse R wirij
folgendermaassen bestimmt. Bei 0^ C. (7'= 273) und 760 mm. Baro
meterdruck {p == 1033 g pr. cm •^) ist das Volumen von 28,9 g Luf
v = 28,9 : 0,001293, da das spezifische Gewicht der Luft bei 0*^ C. um
760 mm nach ßegnault 0,001293 (verglichen mit Wasser bei 4'' C
als Einheit) beträgt. Aus diesen Ziffern geht R = 1033 • 28,9 : 273
0,001293 = 84570 g • cm pr. »C. und j = 1,985 cal. pro « C. hervor. !
Aus dem letzten Ausdruck erhalten wir, da dt = dT:
woraus folgt:
oder:
pdv -\- vdp = R dt,
R 1
Mcv dt -{- j dt — ■ -j V d^j = 0,
Mc.+ §)dt = j^dp.
Hieraus erhält man:
dp ..^.dT
Nach neueren Untersuchungen von Lummer und Pringsheimistdie
Konstante in obenstehender Formel 3,484. Sie fanden nämlich für deo
/ ji \ \
Ausdruck ^ Mcv + r ] : Mcv =Cp:cv bei 10^ C. den Wert 1,4025, worausj
Mcv H — YJ : (-7) = 3,484 hervorgeht. Wir wollen im folgenden diesen|
Wert benutzen.
V. Die Temperatur der Luft. 579
Andererseits nimmt der Druck nach unten zu, und zwar ist die
Snahme pro cm gleich dem Gewicht von 1 cm 3. Wenn M das mitt-
'•'^ Molekulargewicht (28,9) der Luft darstellt und v wie gewöhnlich
Volumen (in cm*) ist, in welchem Jf gm Luft sich befinden, so ist
I Gewicht von 1 cm^ Luft Mw. Folglich wird die Druckzunahme
Centimeter:
dp ^ _ M
\ dh V
Das Minuszeichen soll andeuten, dass der Druck mit steigender
lohe (zunehmendem h) abnimmt. Durch Einführung von:
t
pv = RT
t man:
^ -- Ldh.
p RT
Setzen wir diesen Wert von — gleich dem oben erhaltenen, so
P
linden wir:
* = - 3.184 f * = - JäÜüI» * = - »•»"»»«« *
Hier ist dk in cm ausgedrückt, die adiabatische Temperaturabnahme
nit der Höhe ist folglich 0,98 » C. pro 100 m.
Wir ersehen aus der letzten Formel, dass die Wärmeabuahme mit
steigender Höhe dem Molekulargewicht direkt und der molekularen
^n^^zifischen Wärme bei konstantem Druck 31cp umgekehrt proportional ist.
Wie wir oben gesehen haben, ist die Zusammensetzung der Atmo-
sphäre bis zu den bisher untersuchten grössten Höhen unveränderlich,
d. h. das mittlere Molekulargewicht M ändert sich, so viel wir wissen,
nicht merklich mit der Höhe. Aus unten näher ausgeführten theore-
lien Gründen ist es zwar denkbar, dass in den allerhöchsten Luft-
schichten M etwas abnimmt, aber diese Abnahme hat wahrscheinlich
keine praktische Bedeutung.
Einen ebenfalls sehr wenig merklichen Einfluss wird der Umstand
üben, dass nach Le Chatelier der Wert von Mcp für die atmosphäri-
schen Gase (Stickstoff und Sauerstoff) mit der absoluten Temperatur (T)
nach folgender Formel zunimmt:
Mcp = 6,6 + 0,001 T.
37*
580 Physik der Atmosphäre.
Infolgedessen sollte die Temperaturabnahme auf 10000 m Höh
(^ ^ — 540 c.) 0,990 c., auf 20000 m Höhe {t = — 144» C. etwa) l« (
pro 100 m sein. Auch noch bei der absoluten Temperatur 0, welche ii
der Atmosphäre nie erreicht werden kann, würde das adiabatisch
Temperaturgefälle nur 1,02*^ C. pro 100 m erreichen.
Dies gilt für trockene Luft, es müsste infolgedessen in den hoch
sten Luftschichten, wo kein Wasserdampf in nennenswerter Meng
vorkommt, die Temperatur um etwa 1*^ C. bei 100 m Steigung abnehmen
falls nicht eine Wärmezufuhr durch Strahlung (und Leitung) von de
Erde und von der Sonne, oder zum leeren Raum stattfände. Diese Be
dingung ist am ehesten in mittleren Luftschichten erfüllt. Auch zeige!
die Beobachtungen bei Ballonfahrten die grösste Ubereinstimmuni
mit den oben ausgeführten Berechnungen in den höchsten zugäri'j
liehen Luftschichten.
Höhe der Atmosphäre. Dass die Temperatur der Luft nicht bi:
in die höchsten Schichten im selben Verhältnis abnehmen kann, ersieh
man daraus, dass danach eine Temperatur von — 273*^ C. in einer Höh*
von etwa 30 km herrschen würde. Damit wäre also eine Grenze de
Atmosphäre gesetzt, welche nicht mit unseren anderen Beobachtungei
übereinstimmt. Die Meteore leuchten in den meisten Fällen bei etw^
110 km Höhe auf, einige in 150 km Höhe. Nach den Berechnungei
von V. Niessl leuchtete das Meteor vom 5. September 1868 sogar in eine
Höhe von 780 km auf. Danach muss noch in solchen Höhen eine At
mosphäre vorhanden sein, die dicht genug ist, um ein Projektil durcl
Reibung zum Glühen zu bringen.
Zu Höhen weit über 30 km führen uns auch die Beobachtungei
über die Dämmerungserscheinungen, wie wir unten sehen werden
Schmid in Athen fand auf diese Weise 74 km Höhe für die höchstei
Licht reflektierenden Luftschichten.
Dasselbe gilt auch für die sogenannten leuchtenden Wolken, weicht
besonders Jesse beobachtet hat. Jesse fand ihre Höhe 70—83 km
Mohn sogar 100 — 140 km (die letzten Werte sind etwas unsicher).
Zu noch höheren Werten gelangt man aus den Beobachtungen übei
die Höhe der Nordlichter. Die Mehrzahl der Beobachtungen ergab bis-
her Höhen zwischen 100 und 200 km. Gj^llenskiöld giebt als Mittel-
wert 110 km. Mehrere Beobachter fanden über 200 km (Bravai;
227 km, Ekama 210 km). Die neuerdings ausgeführten Messungei
der dänischen Nordlichtexpedition nach Island 1899 — 1900 führt(
I
V. Die Temperatur der Luft. 581
|lle zu enormen Höhen (400 km), wobei jedoch nur die Höhen der re-
itiv ruhigen Nordlichtbogen bestimmt wurden.
j Bei der Mondfinsternis vom 28. Januar 1888 beobachtete Boed-
liclrer eine Abnahme des Mondlichtes 3 Minuten vor dem Eintritt
^ Mondes in den Schatten des festen Erdkörpers. Man nimuit deshalb
ii, dass diese Abnahme von einer Schattenwirkung der Atmosphäre
I errührte, welcher demnach eine Höhe von wenigstens 300 km zuge-
bhrieben werden müsste. Diese Bestimmung scheint unsicher.
Nach allen diesen übereinstimmenden Anzeichen müssen wir an-
I hmen, dass die Temperaturabnahme in den höchsten Schichten keines-
f js nach der adiabatischeu Gleichung vor sich gehen kann. Dies wird
lir leicht durch die Wärmeabsorption der Sonnenstrahlen und die
tiahlung zum leeren Kaum von diesen höchsten Schichten verständlich.
)ie magnetischen Erscheinungen deuten darauf hin, dass in den höheren
: iUftschichten tägliche Bewegungen stattfinden, die auf einen solchen
\ ärmeaustausch hinweisen.
Ausdehnung feuchter Luft. Wenn Feuchtigk'eit in der
lUft vorhanden ist, so ist ihre Menge jedenfalls gegen diejenige der
iUft sehr gering. Denn in gesättigter Luft verhält sich die Menge des
Vasserdampfes (in Grammolekeln gerechnet) zu derjenigen der Luft
io der Partialdruck (/) des gesättigten Wasserdampfes zu demjenigen (p)
er Luft. Folgende kleine Tabelle giebt eine Übersicht über die Grösse
on f und das entsprechende Gewicht des Wasserdampfs pro m^ bei
erschiedenen Temperaturen.
Temp.
1000 /■
Druck g pro m^ 760
— 25<' C. 0,50 mm 0,58 0,66
— 20 0,81 0,93 1,06
— 15 1,28 1,43 1,69
— 10 2,00 2,20 2,63
— 5 3,07 3,31 4,05
0 4,60 4,88 6,05
5 6,58 6,85 8,56
10 9,14 9,34 12,04
15 12,67 12,74 16,67
20 17,36 17,15 22,84
25 23,52 22,84 30,95
30 31,51 30,09 41,47.
582 Physik der Atmosphäre.
Auch bei den höchsten in der freien Natur normal vorkommende!
Temperaturen erreicht der Wasserdampf, auch wenn er gesättigt ist, nit
mehr als etwa 4 Prozent des Luftdruckes, im Mittel dürfte er (an der Erd
Oberfläche) ungefähr ein- Prozent ausmachen. Es kann demnach in di
obenstehenden Formel ohne merklichen Fehler so gerechnet werdeo, ;i
gälte die molekulare spezifische Wärme Mgv = 4,9 im Mittel fi
Luft und Wasserdampf (sonst ist für Wasserdampf Mcv etwas höh«
nämlich 6,65).
Ganz anders erscheinen die Verhältnisse, sobald die Luft so staih
abgekühlt wird, dass Wasser in tropfbarer oder fester Form ausgeschiedei]
wird. Nehmen wir an, die latente Wärme pro Grammolekül (aucli
„Mol" genannt) sei W, und es mögen bei der Abkühlung aus 1 M' '
Luft, welche .v Mol Wasserdampf enthält, dx Mol ausgeschiedv
werden, so gilt:
a. = /und^=f-^.
P X f p
Weiter wird die zugeführte Wärmemenge (vgl. S. 578):
dQ = — Wdx = Mcvdt + ^f=:Mcpdt—^'f ^^ ■
J J p
Durch Einführen der oben gefundenen Relation für dx wird diesr
(,..| + *.).. = (rr. + ^l)f.
Für -^j kann man nach der van' tHo ff sehen Umgestaltung der
W
Clapeyron'schen Formel ^ schreiben, wonach:
1 ,9o5 1
(i;9f5V-^+^^0^' = (^^'^ + ^)f-
Diese Differentialgleichung ist nicht direkt integrabel, weil x eine
ganz komplizierte Funktion von T ist. Man kann aber ohne weiteres
Wx W^x
daraus dtjdp berechnen. Man kann auch —=- und , ^^, ^„ für
T 1,985 T^
i
^SSSil'e Intervalle als nahezu konstant annehmen. Nennen wir diese
Constanteu Ä und B, so wird:
V. Die Temperatur der Luft. 5g3
[s^M,)f^U^^Y^
durch Einführung der Werte ~ = 1,985; Mcp = 6,9 (für Luft):
'"^ To B+ 6,9 '^^ p.
In diese Formel ist der Wert von TF, das heisst die Verdampfungs-
Ipflrme von Wasser, oder unter Null diejenige von Eis, einzuführen. Für
liese Grösse gelten folgende Formeln:
1 IT = 18(596,7 — 0,57^)
! ITj = 18 (676,4 — 0,095 t).
W ist für Wasser, PF, für Eis giltig. Die Formeln sind auf die
experimentellen Bestimmungen von Regnault und Dieterici, Bunsen
and Pettersson gegründet.
Als Beispiel wollen wir den Fall berechnen, dass t= 15 oder T=288
und f = 760 mm ist, bei welcher Temperatur die Luft mit Wasserdampf
gesättigt sei, also f= 12,67 mm; a: = 0,01667. W wird 18.588,2 und
W^/T= 36,76. Hieraus berechnet man ^ = 0,613 und 5=11,35,
woraus die Tempei'aturabnahme (d) bei einer Steigung von 100 m gleich
0,48 hervorgeht. Die Abnahme ist demnach etwa halb so gross wie in
trockner Luft.
Auf diese Weise ist folgende kleine Tabelle für ö bei Luftdrucken
von 760, 500 und 250 mm, Höhen von 0, 3300 und 8800 m entsprechend,
berechnet worden. Der erste Teil der Tabelle gilt für Ausfällung von
Eis, der zweite für Ausfällung von Wasser.
p. t=
= —30
— 25
— 20
— 15
- 10
— 5
— 0
760
0,920
0,890
0,850
0,795
0,732
0,660
0,587
500
0,890
0,851
0,800
0,736
0,654
0,576
0,501
250
0,830
0,756
0,690
0,610
0,511
0,441
0,372
584 Physik der Atmosphäre.
p. t
= + 0
+ 5
+ 10
+ 15-
H-20
+ 25 0C.
760
0,647
0,585
0,526
0,480
0,438
0,397
500
0,563
0,507
0,453
0,407
0,372
0,339
250
0,430
0,387
0,346
0,313
0,292
0,272.
Diese Werte sind im allgemeinen etwas niedriger als die von Hanii
und Neu hoff gegebenen. Zum Vergleich möge folgende Tabelle von
Neu hoff über die Wärmeabnahme (pro 100 m Steigung) einer bei der
nebengeschriebenen Anfangstemperatur {() aufsteigenden mit Wasser-
dampf gesättigten Luftmasse dienen, welche die in der Kopfrubrik der
Tabelle angegebene Höhe erreicht hat. Die Ziffern in Klammern sind
obenstehender Tabelle entnommen.
Bei 0*^ sind zwei eingeklammerte Ziffern angeführt. Die grössere
(0,65) gilt bei Ausscheidung von flüssigem Wasser, die kleinere (0,59
bei Ausscheidung von Eis.
Höhe 0 1000 2000 3000 4000 5000 GOOO 7000 ir
^ = — 20 0,86 (0,85) 0,90 0,95 — _ — ^- _
— 10 0,75 (0,73) 0,82 0,87 0,89 — — - _
0 0,62 (0,59) (0,65) 0,68 0,75 0,82 0,88 — — _
10 0,54 (0,53) 0,56 0,59 0.65 0,73 0,80 0,84 —
20 0,44 (0,44) 0,46 0,49 0,51 0,57 0,59 0,63 0,72
30 0,37 (0,36) 0,37 0,38 0,40 0,42 0,43 0,45 0,48.
Die Temperaturverteilung in höheren Luftschichten, Nach
dieser Darstellung können wir die Luft als aus drei aufeinander ge-
lagerten Schichten bestehend uns vorstellen.
In der ersten dehnt sich die Luft beim Aufsteigen aus, ohne dass
Kondensation eintritt, weil die Temperatur der Luft immer etwas über
dem sogenannten Taupunkte liegt, d. h. derjenigen Temperatur, bei
welcher die wirklich in der Luft vorhandene Wasserdampfmenge den
bei dieser Temperatur gültigen Maximal- (Sättigungs-) Druck be-
sitzen würde.
Wie oben angeführt, übersteigt das Temperaturgefälle in den niederen
Teilen dieser bis zu 1000 — 1500 m erreichenden Schicht im Sommer zur
heissesten Tageszeit bedeutend 0,98^ pro 100 m. In der Nacht und im
Winter herrscht dagegen in dieser Schicht die Temperaturumkehrung,
so dass im Mittel das Temperaturgefälle sehr niedrig wird.
Als Beispiel möge angeführt werden:
I ..._. .
IK^Die Wärmeabnahme pro 100 m zu Paris (Eiffelturm).
\^m Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
"m — 123 m Höhe —0,12 0,19 0,23 —0,26 0,01
m— 302 m „ 0,27 0,46 0,53 0,34 0,40
ra— 302 m „ 0,14 0,40 0,46 0,13 0,28
Die Ballon- und Drachen-Beobachtungen (vgl. S. 574) sind bei Tage
bei gutem bezw. windigem Wetter angestellt und geben deshalb
höhere Werte.
! In der zweiten Schicht findet die Kondensation des Wasserdampfes
'tatt. In dieser Schicht schwebt deshalb die Hauptmasse der Wolken.
)as Temperaturgefälle ist dafür nicht durch die Bodentemperatur gestört,
md nirgends umgekehrt. Es ist deshalb daselbst nicht so nach Tages-
,nd Jahreszeit veränderlich, wie in der ersten Schicht, sondern haupt-
ächlich von dem Wasserdampfgehalt der Luft abhängig. Es steigt mit
er Höhe, während der Wasserdampfgehalt sinkt, kontinuierlich von
twa 0,5"^ C. zu etwa 0,8*^ C. pro 100 m, ohne jemals den theoretischen
iVert zu erreichen.
Bei anticj'klonischem Luftzustand sinken in diesem mittleren Teil
lie Luftmassen von oben herab und führen keine Wolken mit. In
liesem Fall könnte man erwarten, dass das Temperaturgefälle den theo-
■etischen Wert 0,98*^ C. pro 100 m hätte. Im Mittel sollte es zwischen
liesem und dem für mit Wasserdampf gesättigter Luft giltigen Werte
legen. Der wirklich gefundene Wert ist viel niedriger, etwa so gross wie
ler letzterwähnte. Demnach scheint in diesem Falle die Strahlung eine
licht zu vernachlässigende Rolle zu spielen. Der Einfluss der Leitung
cann wohl als auf dieser Höhe noch zu geringfügig ausser Acht gelassen
Verden.
In der dritten Schicht, über etwa 6 km Höhe, ist die Temperatur so
liedrig (unter — 20^C.), dass der Wa'sserdampfgehalt nicht mehr das
Temperaturgefälle der Luft in nennenswertem Grade zu beeinflussen ver-
nag. Man erhält deshalb Werte, die sich dem Wert 0,98*^ C. pro 100 m
nähern. Jedoch erreicht, wie wir unten sehen werden, das beobachtete
fcmperaturgefälle nie diesen Wert. Der maximale beobachtete Wert
erreicht im Mittel 0,8 ^ C. pro 100 m.
Diese Temperaturabnahme kann mit der Höhe nicht unbegrenzt
lange fortgehen. Denn dann würde der absolute Nullpunkt in einer Höhe
?on etwa 38 km erreicht werden. Da nun nach dem vorhin Gesagten die
Atmosphäre bis zu wenigstens dem 10 fachen dieser Höhe hinauf-
586
Physik der Atmosphäre.
reicht, so muss in noch höheren Schichten, welche wohl nie durch Bal-
lons oder Drachen zu erreichen sind, das Temperaturgefälle gegen eino;
sehr niedrigen von Null wenig verschiedenen Wert sinken (vgl. S. 58S^t
Diese Angaben werden durch folgende Zusammenstellung v. Bezold
über die Resultate der wissenschaftlichen deutschen Ballonfahrten
bestätigt, h giebt darin die Höhe in Metern über dem Erdboden an.
tm die mittlere Temperatur, ,, das Temperaturgefälle pro 100 m, ym dio
mittlere Feuchtigkeit (in g pro kg Luft), R die relative Feuchtigkeit un
Ym die zwischen dem Erdboden und der betreffenden Höhe über 1 cm
befindliche Wassermenge in g, hm den mittleren Barometerstand, ha den
Barometerstand, welcher nach einem Temperaturgefälle von 1^ C. pr
100 m herrschen würde und schliesslich p den Barometerdruck in Frozen
von demjenigen an der Erdoberfläche.
h
tm
dtjdh
Vm
B
im
K
K
P
20
10,3
5,86
0,76
760
760
100
500
7,9
0,50
5,33
0,77
—
717
717
94,3
1000
5,4
0,50
4,54
0,73
0,634
675
673
88..8
1500
2,9
0,50
3,61
0,65
—
635
632
83,6
2000
0,4
0,50
3,08
0,62
1,014
597
593
78,6
2500
-2,3
0,54
2,66
0,62
—
560
555
73,7
3000
— 5,0
0,54
2,23
0,59
1,260
526
519
69,2
. 3500
— 7,6
0,52
1,88
0,57
—
494
485
65,0
4000
-10,3
0,54
1,68
0,59
1,423
463
452
61,1
4500
— 13,5
0,64
1,57
0,67
—
434
421
57,1
5000
— 16,7
0,64
1,18
0,62
1,538
406
391
53,4
5500
-20,1
0,68
0,81
0,53
—
380
363
50,0
6000
-23,6
0,70
0,67
0,55
1,599
355
336
46,7
6500
— 27,0
0,68
0,57 .
0,61
—
331
311
43,6
7000
-30,4
0,68
0,30
0,41
1,630
309
288
40,7
7500
-34,0
0,72
0,26
0,48
—
288
265
37,9
8000
— 37,6
0,72
0,22
0,52
1,642
267
244
35,1
8500
— 41,6
0,80
(0,15)
(0,50)
—
249
224
32,8
9000
— 45,6
0,80
(0,10)
(0,50)
1,649
231
205
30,4
9500
(-49,6)
(0,80)
(0,07)
(0,50)
—
(214)
187
28,2
10000
(— 53,6)
(0,80)
(0,05)
(0,50)
1,652
(198)
171
26,1
Teisserenc de Bort giebt folgende Daten, die bei Ballonfahrten 1
in Frankreich gesammelt sind:
V. Die Temperatur der Luft. 587
= 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 km
= 9 5 0 —4 —9 — 16—21—29—38—44 —51
0,40 0,50 0,40 0,50 0,70 0,50 0,80 0,90 0,60 0,70
Diese Beobachtungen stimmen ganz gut mit den von v. Bezold
fbeiteten überein.
Die Ballonbeobachtungen haben noch ein sehr interessantes Resultat
Tfeben, nämlich, dass die jährliche Temperaturschwankung keineswegs
,iO schnell mit steigender Höhe abnimmt, wie man aus den Beobach-
•nngen auf Türmen vermuten könnte. So ergeben die Ballonfahrten von
l'-isserenc de Bort folgende Daten:
Höhe
Min.
Max.
Phase
Schwankung Mittel
0 km
+ 10C.
+ 170 c.
0 Tage
16« C. H- 9^ C.
3 km
-11,2
+ 2,2
18 „
13,4 -4,5
5 km
-20,8
-7,6
33 „
13,2 — 14,2
10 km
— 52,9
— 43,9
40 „
9,0 —48,1.
Damit ist zu vergleichen, dass in Paris (Eiffelturm) die jährliche
Temperaturschwankung nahe am Boden um 1^ pro 300 m und zwischen
Zell am See (750 m) und Sonnblick (3106 m) um 8" auf 2356 m,
d. h. 1*^ C. pro 295 m abnimmt (vgl. S. 577). Man könnte geneigt
5ein, daraus zu schliessen, dass die jährliche Temperaturschwankung
m etwa 7 km Höhe unmerklich wäre. Dies trifft nun, wie die
oben gegebenen Daten zeigen, keinesfalls zu. Dieser Umstand deutet,
wie so viele andere, darauf hin, dass in der Atmosphäre eine bedeutende
Wärmeabsorption stattfindet, und dass die oberen Luftschichten in merk-
lichem Grade direkt durch die Strahlung von der Sonne und in ge-
ringerem Grade von der Erde erwärmt werden. Wegen der relativ
srrossen W^ärmekapazität der Luft geschieht dies langsam und die
Ttinperaturextreme treten, wie die unter Phase stehenden Zahlen
zeigen, um so später ein, je grösser die Höhe ist. In 10 km Höhe beträgt
die Verspätung der Temperaturextreme gegen die Erdoberfläche nicht
woniger als 40 Tage. Das frühere Eintreten in tieferen Schichten
; iiht ohne Zweifel auf der Strahlung und der Wärmezufuhr von der Erde.
Zu demselben Schluss werden wir durch den Vergleich der Tempe-
1 'tur in 3 km Höhe in freier Atmosphäre und auf einem Berggipfel
imblick) geleitet. Er ergiebt nach Hann folgendes Resultat:
Temperatur in 3 km Höhe Febr. April Aug. Okt. Jahr
in freier Atmosphäre —12,0 —8,7 1,4^ —2,0 —5,3
auf Sonnblick —12,2 —7,6 1,8 —4,3 —5,7.
588 Physik der Atmosphäre.
Die mittlere Temperatur ist in den zwei Fällen beinahe gleich, nu
unterscheidet sich die freie Atmosphäre von der Bergspitze durch einei
kälteren Frühling und wärmeren Herbst. Jene hat, so zu sagen, eii
mehr maritimes Klima als diese, welche wiederum sich in derselbe)
Weise von den Niederungen unterscheidet. Dies entspricht völlig doi
bedeutenden Wärmekapazität der Luftmasse.
Falls die Wärmeabsorption der Atmosphäre zufolge von Zunahm«
der Kohlensäure und des Wasserdampfes steigen würde, so würde aucli
die erwärmende Kolle der Erdoberfläche vermindert, diejenige der Luft'
vergrössert werden. Das Klima würde überall über der festen Erd-
oberfläche einen mehr insularen Charakter annehmen.
Infolge der nach oben abnehmenden Jahresschwankung verminderi
sich auch die jährliche Höhenschwankung der höher liegenden Isothermen -
flächen, welche niedrigen Temperaturen entsprechen. Nach Teissereni
de Bort mögen folgende diesbezügliche Daten angeführt werden. Dii
0"- Fläche schwankt 3100 m (300 m — 3400 m), die — 20<>-Fläclv
2200 m (4800-7000 m), die — 400-Fläche 1700 m (7800— 9500 m
Die Temperatur scheint sich mit der Höhe in niedereren wie in
höheren Breiten ungefähr in derselben Weise zu verändern, sodass der
örtliche Temperaturunterschied in hochliegenden Niveauflächen ungefähr
ebenso gross bleibt wie an der Erdoberfläche. Früher war man geneigt,
eine schnelle Ausgleichung dieser Temperaturunterschiede mit steigender
Höhe anzunehmen.
In den allerhöchsten Luftschichten dürften wohl die Unterschiede
der Temperatur in einer zur Erdoberfläche parallelen Schicht sehr gering
ausfallen. Bei der niedrigen Temperatur in diesen Höhen verliert die
Luft beinahe vollkommen das Vermögen, Wärme auszustrahlen. Die
Luftcirkulation vermag deshalb vielmehr die Temperaturunterschiede
auszugleichen als in niedriger liegenden Schichten.
Da die Temperaturunterschiede die Triebkraft der grossen atmo-
sphärischen Bewegungen sind, muss man vermuten, dass sie in den
höchsten von Ballons erreichten Luftschichten, und wahrscheinlich noch
weiter hinauf, ebenso gross sind, wie in den nächst der Erdoberfläche
liegenden.
Diese Luftbewegungen verursachen Temperatursteigungen oder
-Senkungen dynamischer Art. Nach Teisserenc de Bort ist auch die
unperiodische Temperaturschwankung (aus den mittleren Abweichungen
vom Temperaturmittel berechnet) ziemlich unabhängig von der Höhe.
Sie ist nämlich für:
I,
V. Die Temperatur der Luft. 539
Höhe 0 12 3
4 5 6 7 8 9 km
Schwankung 5,5 5,2 5,6 6,1
6,4 6,3 6,6 6,4 6,0 5,6.
Durch diese Messungen der Temperaturen in den höchsten Luft-
■liichten haben sich die herrschenden Ansichten sehr geändert. Man
• deshalb sehr eifrig bemüht, diese Beobachtungen zu vermehren. Zu
-em Zweck lässt man nicht nur Ballons mit Beobachtern aufsteigen,
;Jern auch besonders unbemannte Drachen und Ballons, die mit selbst-
egistrierenden Instrumenten versehen sind (Teisserenc de Bort).
)ie letzten haben wohl den Nachteil, dass bei dem raschen Aufstieg
lie Thermographen nicht der Temperatur der Umgebung folgen können
md die diesbezüglichen Korrektionen unsicher sind. Dafür haben sie
len grossen Vorteil, dass sie relativ billig sind und zu den höchsten
)isher erreichten Luftschichten sich heben.
Durch Versuchen mit aus Papier angefertigten „Ballons -sondes"
viirde Teisserenc de Bort zu dem Schluss geführt, dass in etwa
.1 km Höhe die Temperaturabnahme nach oben Null wird. Darüber
legt eine „isotherme Zone" von mehreren km Mächtigkeit. Über Baro-
netermaxima liegt diese Zone höher (12,5 km) als über Minima (10 km,
b|k S. 581).
^^Klti neuester Zeit hat Assmann geschlossene, aus Gummi angefer-
igte Ballons mit registrierenden Instrumenten aufsteigen lassen. Die-
;elben platzen in einer bestimmten Höhe, wonach die Instrumente mit
3ilfe eines Fallschirmes sanft herunterfallen. Die so angestellten Be-
»bachtungen zeigen, dass in einer gewissen Höhe, etwa 15 km, die Luft-
;eraperatur mit der Höhe steigt. In grossen Höhen fliesst demnach ein
■elativ warmer Luftstrom. Diese Angabe stimmt mit derjenigen von
Teisserenc de Bort überein. In noch grösseren Höhen, man hat bis
rl km Höhe erreicht, fällt die Temperatur wieder.
Die älteren Temperaturbeobachtungen von Glaisher bis zu 8600 m
'he sind leider nicht zuverlässig, weil er unventilierte Thermometer
iitzte. Die Strahlung hat ihm viel zu hohe Temperaturen gegeben,
Vd'lurch auch die früheren unrichtigen Vorstellungen befestigt wurden.
Die Erforschung der meteorologischen Verhältnisse in höheren Luft-
ichichten sind von solcher Bedeutung, dass sie zu internationalen Ver-
inbarungen über Beobachtungsmethoden und Terminen Anlass gegeben
laben.
YL Der Luftdmck.
Das Barometer. Höhenmessung. Das Quecksilberbaromet'
wurde im Jahre 1643 von Vi via ni konstruiert und nachher von Torn
celli beschrieben, welcher Änderungen des Luftdruckes beobachtet
Kegelmässige Barometerablesungen wurden bald danach in Italien in
etwas später in England angestellt (Boyle 1659). Die ersten barome-i
trischen Höhenmessungen wurden auf dem Puy de Dome in Frankreicl>
von Descartes ausgeführt.
Die Barometerablesungen müssen, um vergleichbar zu werden,
verschiedener Hinsicht korrigiert werden. Wegen der ungleichen,
Dichte des Quecksilbers, dessen Ausdehnungskoeffizient pro Grad C!
0,0001818 beträgt, muss der abgelesene Druck mit einem Fakb"
(1 — 0,0001818 t) multipliziert werden, wo t die Temperatur des Baro-
meters angiebt. Wegen der Ausdehnung der Skala (Ausdehnungskoeffi-'
zient des Messings 0,0000184, des Glases 0,0000092) muss man einen
anderen Korrektionsfaktor anbringen, der für Messing, welches zur Ver-
fertigung von Skalen am meisten benutzt wird, den Wert (1+0,0000184 /
hat. Diese beiden Korrektionen können in eine einzige zusammen-
gefasst werden, sodass der auf 0^ reduzierte Barometerdruck (Bq) den
Wert erhält: 4
Bo=Bt (1—0,000163 t), I
1;
wenn Bt den bei t^ C. abgelesenen Barometerdruck bedeutet. *
Der Luftdruck (in g pr. cm^j entspricht dem Gewicht einer Queofc-
silbersäule von der abgelesenen Höhe und 1 cm'-^ Querschnitt. Da niQ
das Gewicht eines Körpers (und damit der gegebenen Quecksilbersäule)
mit dem Breitegrad sich ändert, so ist auch der Luftdruck bei gleicher
Barometerhöhe auf verschiedenen geographischen Breiten verschieden,
und zwar ist (vgl. S. 256):
B= B^ (1—0,00259 cos 2 g)),
VI. Der Luftdruck. 59 1
fy den abgelesenen unkorrigierten Barometerdruck am Breitegrad
d B den auf Normalschwere (45^ Breite) korrigierten Druck be-
D. Diese Korrektion ist für Breitegrade unter 45*^ negativ, für
obere positiv. Sie erreicht bei mittlerem Barometerstande und bei:
p= 45 50
55
60
65
70
75
80 85 90«
p= 45 40
35
30
25
20
15
10 5 0^
'. = 0,00 0,34
0,67
0,98
1,27
1,51
1,70
1,85 1,94 1,97 mm
Diese Korrektion, welche noch nicht allgemein eingeführt ist, gilt
lur für den Luftdruck, dagegen nicht für die Berechnung der Luftmasse,
'eiche über dem Beobachtungspunkt lagert. Dafür ist keine Korrektion
iizubringen.
Dasselbe gilt für die Korrektion nach der Höhe, welche, da die
Schwere mit zunehmender Höhe abnimmt, immer negativ ist. Sie ist
erschieden für die freie Atmosphäre (z. B. bei Ballonfahrten) und für
gstationen (vgl. S, 253). Sie ist sehr gering und beträgt:
löhe in km . . 1 2 3 4 5
6 8 10
"reie Atmosphäre 0,13 0,23 0,31 0,36 0,40
0,42 0,43 0,40 mm
Jebirgsstationen . 0,08 0,15 0,19 0,23 0,25
0,26 0,27 0,25 mm.
Dabei ist mit dem mittleren Barometerstand
in den verschiedenen
löhen gerechnet.
Anstatt des Quecksilberbarometers, das relativ schwer zu transpor-
ieren ist, benutzt man häufig Metallbarometer (Anero'ide). Bei diesen
■ 1' wendet man entweder eine mit einem dünnen Wellenblech geschlossene
vletalldose oder eine gekrümmte dünnwandige Metallröhre (vgl. S. 546).
Jnter dem Einfluss der Luftdruckschwankungen verändert das Blech oder
lie Röhre ihre Form und diese Formänderung wird durch eine Hebel-
orrichtung auf einen Zeiger übertragen. Dieser Zeiger kann wiederum
nit einem Stift versehen werden, der auf einer durch ein Uhrwerk ge-
triebenen beweglichen Papierrolle den Luftdruck aufzeichnet. Die selbst-
"Bgistrierenden Barographen sind meist dieser Konstruktion.
Die Metallbarometer sind etwas mit der Zeit veränderlich und ihre
Angaben verlangen deshalb hin und wieder Konti-olle durch Quecksilber-
)arometer. Als Variationsinstrumente sind sie sehr brauchbar. Eine
lurch besondere Versuche zu ermittelnde Temperaturkorrektion ist an den
Ablesungen jedes Metallbarometers anzubringen. Dagegen hat die
Schwere keinen Einfluss und die betreffenden Korrektionen fallen fort.
592 Physik der Atmosphäre.
Die einfachste Berechnung der Höhe wäre nach der Formel fr
adiabatische Volumsänderung auszuführen (vgl. S. 578):
^ = 3,484 f-, dt = — 0,0098 dh,
p 1
worin p der Barometerdruck, T die absolute Temperatur und h die Hö!
in Metern bezeichnen. Erst führt man die bekannte Höhe dh in d;
zweite Formel ein, findet so einen Wert von dt und führt nun diesen, sowi
die bekannten Werte des Luftdrucks {p) und der absoluten Temperatur ( 7
an der Erdoberfläche ein, dann findet man aus der ersten Formel d,
woraus der Luftdruck [p — dp) in der Höhe dh hervorgeht. In dieseii
Weise sind die unter ha auf S. 586 tabellierten Luftdrucke in verschie-
denen Höhen gefunden. Wie aus der genannten Tabelle ersichtlich, er-
hält man auf diese Weise Werte des Luftdruckes, welche ziemlich naL
mit den beobachteten {bm) übereinstimmen. Sie sind, wegen der zu
niedrig geschätzten Temperatur in den höheren Luftschichten, etwas ge-
ringer als die beobachteten, und zwar bis zu 2500 m Höhe um etwa
1 mm für je 500 m.
Wegen dieser Abweichung der Temperatur von dem theoretischen
Wert benutzt man für die Höhenmessung lieber folgende Formel (vgl.
S. 579), in welche man die empirisch ermittelte Temperatur einführt: i
dp M
oder integriert:
p RT^^
Ä = 2,3025^ log |5.
Für R ist der Wert 845,70 g. m pr. Grad C. zu setzen, für T setzt m;i
gewöhnlich den identischen Wert 273 (1 + at), worin a= }-^ und ;
die mittlere Temperatur in den Höhen h und 0 bezeichnet. Betreffs M'
ist zu bemerken, dass es für trockene Luft 28,9 beträgt. Für Wasser-
dampf ist M geringer, nämlich 18 (= 0,623 • 28,9). Ist deshalb der Par-
tialdruck des Wasserdampfes f und folglich derjenige der trockenen
Luft p—f, wenn p den totalen Druck darstellt, so ist:
M= 28,9^^"^ + 18 ^ = 28.9 f 1—0,877 ^
p P ' \ p.
Der Faktor 2,3025 ist bei der Integrierung durch den Übergang von
natürlichen zu srewöhnHchen Logarithmen hereinjsrekommen.
VI. Der Luftdruck. 593
Schreiben wir die Formel in angegebener Weise um, so erhalten
"zuletzt:
I
1.8400 (l + a ^-^" ) (l + 0,377 ^-\ (1 + 0,00259 cos2 f/)) log^'Sn.
nstatt (1 — 0,377 flp) im Nenner ist (1 + 0,377 f]p) im Zähler gesetzt,
as Glied (1 + 0,00259 cos 2 (p) ist eingesetzt, weil der Druck von 1 g,
eiche Grösse in R eingeht, in dieser Weise sich mit der Breite ändert.
]ine ähnliche Korrektion wegen der Abnahme dieses Druckes mit der
öhe hätte auch eigentlich eingeführt werden sollen, sie ist aber sehr
?ring, sodass sie vernachlässigt werden kann).
Für kleine Höhendifferenzen kann man i> als konstant gleich dem
I^ren Druck (2^ + pu) : 2 setzen und erhält so:
Bei der Temperatur 0*^ C. und folgenden Luftdrucken entspricht in
uckner Luft 1 mm Druckdifferenz einer Erhebung (sogenannte barome-
ische Höhenstufe) von:
Ia = 2 ^J . ^"^^ = 15982 ?* -=; -?4d + 0,004 ■ '-+^1 m.
M ph + fD 111, + Po \ 2
uftdruck 760
700
650
600
550
500
450
400
350 mm
öhenstufe 10,5
11,4
12,3
13,3
14,5
15,9
17,8
20,0
22,8 m.
i'i anderen Temperaturen {t) als 0*^ ist die Höhenstufe mit (1 + 0,004 t)
i multiplizieren. (Der Koeffizient 0,004 ist gleich 2I3 = 0,00366, ver-
mehrt um eine kleine Grösse wegen der Zunahme von f mit der Tem-
'?ratur).
Als Beispiel möge angeführt werden: Haun fand auf dem Pilatus
|3öhe 2140 m) j9 = 596 < = 8° C. In Luzern (Höhe 454 m) war gleich-
ntig p = 729,8; t = 14^ C. Aus diesen Werten erhält man:
h = 15982 . ^|g| (1 + 0,044) = 1684 m,
sehr gut mit der direkten Messung (1686 m) übereinstimmt.
Die Erfahrung zeigt, dass man bei Nacht und im Winter zu nie-
-0, bei Tage und im Sommer dagegen zu hohe Höhensverte aus den
arometrischen Messungen erhält. Diese Erscheinung wurde am ge-'
auesten von Plantamour und Kühl mann untersucht. Sie beruht
, arauf , dass die Temperatur der Luftmasse im Winter und bei Nacht
Arrhenius, Kosmische Physik. 38
594 Physik der Atmosphäre.
(im allgemeinen bei Temperaturinversionen) höher ist als das Mit^
der Werte am Boden und an dem Höhenpunkt, wegen der stark
Abkühlung an der Erdoberfläche. Das Umgekehrte gilt für die Z<
des Sommers und Tages. Der Fehler erreicht um Mittag im Ju
+ 1,6 Proz., um 4 Uhr morgens zur selben Jahreszeit —0,4 Proz., \vi
Messungen zwischen Genf und dem St. Bernhard zeigen. Im Winter i
die Schwankung geringer (im Dez. dreimal so klein). Die Messungen gel
die besten Resultate im Sommer zwischen 6 und 8 Uhr Vor- oder Nach
mittags, im Winter um die Mittagszeit.
Die wirkliche Abnahme des Luftdruckes in grösseren Höhen könii
wir aus der Tabelle auf S. 586 ersehen. Sie hat folgende Werte:
Höhe . . 0 2 4 6 8 10 km
Luftdruck 762 597 463 355 267 198
Abnahme 0,783 0,776 0,768 0,752 0,742
Bei einer Höhenzunahme von 200 m nimmt der Luftdruck im V»
hältnis 1:0,783 in den ersten 2000 m, im Verhältnis 1:0,742 zwiscli'
8000 und 10 000 m zu. Die langsame Abnahme der Verhältniszahl er
folgt nahezu proportional der Höhe. Diese Abnahme beruht auf den
allmählichen Sinken der Temperatur. Unter der Annahme, dass di-
absolute Temperatur in geometrischer Progression mit der Höhe abnimmt
finden wir folgende Werte der Temperatur und des Luftdruckes in seli
grossen Höhen.
Höhe
0 5 10
15
20
25
30
40 km
Temp.
4-10 —24 —54
— 80,4
- 103,5
- 123,9
— 141,9
— 171,6" C.
Druck
760 404 197
92
39,7
16,3
6,2
0,74 nnii
Höhe
50 60
70
80
100
150
200 km
Temp.
— 194,5 — 212,3
-226
- 236,7
— 252,2
-267
— 271,3» C.
Druck
0,069 5.10-3
3.10-4
1,2.10-5
,1.10-8
3.10-18
3.10-31 mm.
Die rapide Abnahme des Druckes in grösseren Höhen beruht aiit
der sebr raschen Temperaturabnahme. Hann giebt etwas höhere Werte
die jedoch bis zu 50 km Höhe von derselben Grössenordnung sind. T<
100 km Höhe giebt er 1,2.10-^ und für 300 km 35.10-^'. Aus diesi'i
Beispiel ist ersichtlich, wie ungenügend unsere Vorstellungen über di«
höchsten Schichten der Atmosphäre noch sind.
Aus dem Aufglühen der Meteore in Höhen von 200 km und au-
den Nordlichtern in 400 km Höhe (nach Pauls en) muss man schliessen
dass auch die Schätzungen von Hann zu niedrig sind.
Vr. Der Luftdruck. 595
usaminensetzung der Luft in sehr grossen Höhen. Ein
JÜetz von Dalton verlangt, dass in einer in Ruhe befindlichen Mischung
on Gasen jedes Gas sich so verteilt, als ob die anderen nicht vorhanden
ären. Wenn wir also annehmen, dass in der Luft keine Strömungen
ukätnen, so müsste für jedes Gas das barometrische Gesetz:
dp M „
11, wobei für if das Molekulargewicht des betreffenden Gases ein-
iiühren wäre. Diese Molekulargewichte sind für Sauerstoff (O2) 32,
ir Stickstoff (N2) 28, für Argon (A) 40, für Helium (He) 4, für Wasser-
! (H2) 2, für Kohlensäure (COj) 44, für Wasserdampf (H2O) 18 und
II Sumpfgas (CH4) 16, für Luft im Mittel 28,9.
1!^ Nehmen wir an, ein leichtes Gas wie Wasserstoff befinde sich in der
^^■bsphäre, so wird für denselben dh-Werb, da T und R dieselben sind
^■for die umgebende Luft die prozentische Abnahme des Druckes (dpjp)
IfJJSmal geringer sein, als für die umgebende Luft. Der Prozentsatz
er Luft an Wasserstoff wird demnach in hohem Grade mit der Höhe
-;en. Auf diese Weise werden die schweren Gase zur Erdoberfläche
III konzentriert, die leichteren Gase dagegen sind relativ stark in den
olleren Luftschichten vertreten.
Man kann mit Hilfe der obigen Formel die theoretische Zusammen-
ang der Luft in einer gegebenen Höhe berechnen, falls man die
usanimensetzung der Luft an der Erdoberfläche kennt. Auf diese
hhe fand Hann:
Zusammensetzung der Luft nach Volumsprozenten
Höhe. . .
0
10
30
50
100 km
Stickstott .
78,04
81,05
85,99
89,62
95,35
Sauerstoff .
20,99
18,35
13,79
10,31
4,65
Argon . ,
0,94
0,58
0,22
0,07
0,00
Kohlensäure
0,03
0,02
0,004
0,00
0,00
Wie oben angeführt, hat man in Luftproben, die bei Ballonfahrten
jnommen worden sind, den Sauerstoff- und Kohlensäure-Gehalt unver-
■idert gefunden. Dies zeigt, dass in den unteren Luftschichten die
uftströmungen viel zu kräftig sind, um eine Änderung der Zusammen-
'tzung mit der Höhe zu erlauben. Die Verteilung der Gase, die dem
'altonschen Gesetze entspricht, stellt sich durch Diffusion her, die in
uft von gewöhnlichem Druck äusserst langsam vor sich gebt. Die
38*
■ 1
596 Physik der Atmosphäre.
Diffusion ist in 1 m langen Röhren nach einer Stunde eben merkhcl
bei 1000 mal grösseren Dimensionen ist eine Million mal so lange Zeil
nötig. Um bis zu 1 km Höhe zu dringen, brauchte die Diffusion mel'
als hundert Jahre. Während dieser Zeit hat sich die Luft vielemal dur
Strömungen umgesetzt.
Anders können die Verhältnisse in den höchsten Schichten der Atme
Sphäre liegen. Die Diffusionsgeschwindigkeit ist dem Drucke umgekelir
proportional. Zwar ninimt sie auch etwa proportional der Quadratwurz
aus der absoluten Temperatur zu. Aber jedenfalls hat die Teraperatu,
einen ganz geringen Einfluss, verglichen mit dem Druck bei derselbei
Höhenänderung. In Höhen von 150 bis 200 km ist der Druck so ver
schwindend gering, dass die Diffusion sich trotz der Luftströmungei
geltend machen kann. Es ist deshalb wohl möglich, dass in diesei
Schichten Wasserstoff, Helium und Kohlenwasserstoffe einen merkliche'!
Prozentsatz von den atmosphärischen Gasen ausmachen. Zwar ist die ab
solute Menge dieser leichten Gase verschwindend (etwa 10"^^ — 10-^*^ mu
Druck entsprechend), sodass sie, wenn sie auch die Hauptmasse dies»^
hohen Schichten bilden, doch einen ganz verschwindenden Bruchteil v(i
der Totalmasse der Luft repräsentieren.
Das Nordlicht (in 400 km Höhe) zeigt zwar das Stickstoffspektrum
es ist aber sehr wohl möglich, dass trotzdem der Stickstoff einen gr
ringen Bruchteil der daselbst befindlichen Atmosphäre ausmacht. Dem
bei elektrischen Entladungen giebt der Stickstoff ein viel kräftigeres
Licht als die anderen Gase (Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe). '
Wahrscheinlich geht die irdische Atmosphäre kontinuierlich in eiin
ausserordentlich dünne interplanetarische Atmosphäre über. ZöUnei
hat unter Annahme der Giltigkeit des Mariotteschen Gesetzes uv
des Newtonschen Schwerengesetzes versucht, die Dichte der interplaui
tarischen Atmosphäre zu berechnen. Er kam zu dem Resultat, dass sit
lO^^*^ mal geringer als diejenige der Luft an der Erdoberfläche ist. Zi
noch niedrigeren Ziffern kam bei ähnlichen Berechnungen neuerdiuü-
Rogovsky. Er nahm die mittlere Temperatur der Luft gleich — 63,5^ '
an, und schloss daraus, dass die Dichte des Stickstoffs im interplane-
tarischen Raum (längs der Erdbahn) gleich 10— ^-^^ diejenige des Sauer
Stoffs gleich lo-^oo gesetzt werden muss, falls die Dichte dieser Gas^
an der Erdoberfläche als Einheit genommen wird. Für Sumpfgas erhrr
man in ähnlicher Weise lO-^so^ für W^asserstoff lO^^^ Nach den S. 4b.
angegebenen Daten wäre der Gehalt an Wasserstoff im interplanetarische)
Raum (in der Nähe der Erdbahn) von der Grössenordnung 2.10~^'' mi
j
VI. Der Luftdruck. 597
für Sumpfgas wäre die entsprechende Ziffer 10"^^^ Ein cm^
,nft von der Erdoberfläche würde eine Kugel erfüllen, deren Durch-
aesser 10^^ Lichtjahre ausmachen würde, wenn die Dichte in dieser
v'ugel der ZöUnerschen Zahl entspräche.
Die Dichte der interplanetarischen Atmosphäre ist jedenfalls be-
'Mitend grösser in der Umgebung der Sonne als längs der Erdbahn.
Nach der grossen Rolle zu urteilen, welche Kohlenwasserstoffe bei
ien Kometen spielen, scheint diese äusserst dünne planetarische Atmo-
phäre hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen zu bestehen. Es ist des-
lalb sehr wohl denkbar, dass ein steter Strom von Kohlenwasserstoffen
wahrscheinlich zum grössten Teil Sumpfgas, das am leichtesten von den
ioraeten sich losreissen kann) unserer Atmosphäre, worin sie verbrennen
vgl. S. 477), aus dem interplanetarischem Raum zuströmt. Da aber die
nolekulare Geschwindigkeit (bei der niedrigen Temperatur im üuiver-
;nm) etwa 10^ mal geringer als die Lichtgeschwindigkeit ist, so ist der
5ufluss nach den zuletzt angeführten Daten von der Grössenordnung
l mg in einem Jahr für Wasserstoff, in 10'''* Jahren für Sumpfgas, also
janz verschwindend.
Ilft Das Hypsometer. Zur Bestimmung des Luftdruckes kann man
fPro Siedepunkt eines chemisch einheitlichen Körpers, z. B. Wassers, be-
obachten. Je niedriger nämlich der Luftdruck ist, um so tiefer liegt
ler Siedepunkt der Flüssigkeiten. Beim Siedepunkt ist der Dampfdruck
ier Flüssigkeit genau gleich dem Luftdrucke. Nun gilt für den Dampf-
iruck einer Flüssigkeit die van't Hoff sehe Umgestaltung derClapeyron-
5chen Gleichung:
dp _ W' J
^ — ET^ "^^^
Uorin W die Verdunstungswärme pro Grammolekel der Flüssigkeit bei
lier betreffenden Temperatur darstellt. Andererseits gilt für den Luft-
Irlruck j9^ (bei der Temperatur T,) die Barometerformel (vgl. S. 579):
Aus diesen beiden Gleichungen folgt, da beim Siedepunkt der Dampf-
druck ;; gleich dem Luftdruck ^i ist:
dh= V*,^-) ~ dt = kdt.
598 Physik der Atmo8i)häre.
Das Minuszeichen bedeutet, dass die Siedetemperatur mit steigende
Höhe h über dem Meer abnimmt. Wenn W sich nicht mit der Temp*
ratur änderte und T mit genügender Genauigkeit als konstant angeseh«
werden könnte, so würde die Höhe dh proportional der Differenz [li
des Siedepunktes an den beiden um dh entfernten Orten sein.
In der Nähe von 100*^ C. ist W für Wasser nach Wiebe =18.547
T=373, J'=426 gm, ilf=28,9, T^ möge gleich 283 angenommen werdci
so folgt Ä;=295. Einem Sinken der Siedetemperatur von l/* C. entspricht
demnach eine Steigung von 295 m. '
Auf 295 m sinkt T, um etwa 0,60C. pro 100 m, d. h. 1,77*^0. = 0,63 Pro;
T sinkt 1^ = 0,27 Proz. und W steigt 0,09 Proz. Die Änderung von /.
wenn Tum 1« sinkt, ist infolgedessen 0,63 — 0,09 — 2.0,27 = 0,00 Pro'
Die Steigung ist also der Erniedrigung des Siedepunktes fast genn
proportional, und zwar kann mit genügender Annäherung geschriebi
werden:
dh = — 285 (1 + at) dt = (285 + 0 dt,
worin t die Temperatur an der Meeresoberfläche (eigentlich an d<!
Fläche, wo der Druck 760 mm herrscht) bedeutet und « = ^1^. Dab
wird mit einer Temperaturabnahme in vertikaler Richtung von 0,6*^ <
pro 100 m gerechnet. Forbes und Soret haben die Formel:
dh = 294 dt
gegeben, welche aus Messungen in den Alpen ermittelt wurde. Sie ent-
spricht einer mittleren Temperatur von + 9" C. an der Meeresoberfläche
zur Zeit der Messungen.
Zum gewöhnlichen Gebrauch rechnet man die Siedepunktsbeobachtung
mit Hilfe von folgender kleiner Tabelle in Barometerdruck um (von
ßroch nach Regnaults Daten, korrigiert von Wiebe):
Siedepunkt . . 100 99 98 97 96 95 94 93 92
Luftdruck . . 760 733,3 707,3 682,2 657,7 634,1 611,0 588,8 567,1
Differenz pro l" 26,8 26,1 25,2 24,5 23,7 23,1 22,2 21,7 20,9
Siedepunkt . . 91 90 89 88 87 86 85 84 82 80
Luftdruck . . 546,3 526,0 506,3 487,3 468,8 451,0 433,7 417,0 335,0 355,3
Differenz pro l» 20,3 19,7 19,0 18,5 17,8 17,3 16,7 16,0 14,9
Nach dieser Umrechnung findet man die Höhe nach der gewöhn-
lichen Barometerformel.
Die Hypsometermessungen geben direkt den Luftdruck und nicht
die drückende Luftmasse an. Man braucht deshalb ebensowenig wie
p
VI. Der Luftdruck.
599
den Metallbarometern eine Schwerenkorrektion anzubringen. Damit
las Hjpsometer ebenso genaue Angaben giebt, wie das Barometer,
'.velcbes man auf 0,1 mm genau (1 m Höhe entsprechend) ablesen kann,
luiss man die Temperatur auf etwa 0,004*^ C. genau bestimmen. Es
jietet jetzt keine Schwierigkeit, Thermometer zu konstruieren, die man
inf 0,001^ C. ablesen kann.
Da ein gewöhnliches Quecksilberbarometer den um die Schweren-
Miirektion verminderten Luftdruck angiebt, und dieser mit Hilfe des
Hypsometers ermittelt werden kann, so erhält man durch eine gleich-
ieitige Barometer- und Hypsometermessung einen Wert dieser Schweren-
'korrektion. Mohn hat deshalb vorgeschlagen, diese Methode zur Er-
nittelung der Schwerenvariation zu benutzen (vgl. S. 247).
-^—^ Das Variometer von v. Hefner- Alteneck. Eine etwa 1 1 haltende
llf^he, deren Oberteil in Fig. 184 dargestellt ist, trägt zur Vermeidung
Von heftigen Temperaturschwankungen
3ine Umhüllung von Watte und ist
durch einen zweifach durchbohrten
Stopfen geschlossen. Die rechte Durch-
bohrung enthält ein Glasrohr, dessen
nach unten gebogenes Ende in eine
äusserst feine Spitze oder Kapillare
endet. In der linken Durchbohrung
steckt ein mehrfach umgebogenes Glas-
rohr, von dem ein Teil nahezu hori-
zontal liegt und einen schwach nach
unten konvexen Bogen bildet. Das-
selbe enthält einen gefärbten Öltropfen,
der bei Ruhe der Atmosphäre in der
Mitte des horizontalen Teiles liegt, und dessen Lage auf einer Skala
abgelesen werden kann.
Sehr langsame Veränderungen des äusseren Luftdruckes gleichen
h durch das erste Rohr aus, heftige Schwankungen dagegen nicht,
-lern der Tropfen verschiebt sich nach links bei einer Steigung, nach
irohts bei einem Sinken des Luftdruckes. Die Grösse der Verschiebung
giebt die Heftigkeit der Luftdruckschwankung an.
Bei Gewittern, starken Regen- und Schneefällen zeigt das Vario-
meter eine starke Unruhe. In bewohnten Häusern reagiert das Vario-
meter auf die Luftdruckschwankungen beim Öffnen oder Schliessen von
Thüren und Fenstern.
Fig. 184. Oberer Teil des Luftdruck-
Variometers von V. Hefner Alteneck.
600
Physik der Atmosphäre.
Die Anwendung dieses einfachen Instrumentes ist bisher recht bo
schränkt geblieben.
Die tägliche Schwankung des Luftdruckes. Diese Schwan
kung ist von sehr grosser Eegelmässigkeit und wurde deshalb schon im
Jahre 1682 zu Goree in Senegambien entdeckt. Dass sie nicht zuerst in
nördlicheren Gegenden aufgefunden wurde, beruht teils darauf, dass sii
stark mit steigender geographischer Breite abnimmt (vgl. Fig. 185) und
teils darauf, dass si
in höheren Breitei
von den ausserordent-
lich kräftigen unrege 1-
raässigen Luftdruck-
schwankungen ver-
deckt wird. Sie hat
eine halbtägige Peri-
ode mit zwei Maximi-^
und zweiMinimis, die
da, wo die Erschei-
nung am regelmässig-
sten auftritt, nahezu
gleich weit vom Mittel
abweichen.
Diese Schwankung |
erinnert durch ihre Pe- i
riode an das Gezeiten-
phänomen. Sie richtet sich aber nach dem Sonnenstand und nicht nach
dem Monde, was sie thun müsste, wenn die Schwerenwirkung der Him-
melskörper sie hervorriefe.
Die Grösse und der Gang dieser Schwankung ist am einfachsten
aus dem nebenstehenden Diagramm zu ersehen, wo die Abweichungen
der Maxima und Minima vom Tagesmittel beigeschrieben sind. Die
Maxima treten zwischen 9^* und 10'' Vor- und Nachmittag ein, die Mi-
nima gegen 4''- morgens und abends.
Die Jahreszeiten üben etwas Einfluss auf diesen Gang des Baro-
meters aus. Das Minimum tritt im Winter etwa 1—2 Stunden später am
Morgen und 2 Stunden früher am Nachmittag ein als im Jahresmittel.
Im Sommer verschieben sich die Minima um etwa 1 Stunde in entgegen-
gesetzter Richtung und auch die Maxima treten am Morgen 2 Stunden
Fig. 185. Die tägliche Schwankung des Luftdruckes
in verschiedenen Breiten.
VI. Der Luftdruck.
601
ht, am Abend 1 Stunde verspätet gegen die Extreme im Jahres-
el ein.
In tropischen Gegenden ändert sich die Grösse der Schwankung so,
sie in den Kegenzeiten vermindert wird, dagegen bleibt die Ein-
-szeit der Extremwerte ziemlich unverändert. Auch in höheren
breiten nimmt die Amplitude im Sommer zu, im Winter ab.
Einen eigentümlichen Einfluss hat die Lage des Beobachtungsortes
1 Bezug auf die Küste. Auf Küstenstationen (z. B. Valentia, vgl.
j. 186) ist das Nachmittagsminimum sehr schwach, auf Stationen von
^s~^t?
186. Tägliche Schwankung des Barometers an einer Binnenlandstation
(Kew ) und an einer Küstenstation (Valentia ).
r kontinentaler Lage, die jedoch nicht sehr weit von der Küste ge-
egen zu sein brauchen (z. B. Kew), ist das Morgenminimum relativ
ichwach entwickelt. Ebenso wie Küstenstationen verhalten sich Stationen
luf Berggipfeln, wie Kontinentalstationen dagegen Stationen, die in
rhälern gelegen sind. Daselbst kann sogar das Abendmaximum und
S'achtminimum verschwinden (Irkutsk). Ebenso entspricht der Gang des
Barometers bei trübem Wetter (nach Lamonts Untersuchungen be-
treffs München) demjenigen auf Küstenstationen, derjenige bei heiterem
Wetter dem Gang im Inlande.
Alle diese Verhältnisse werden übersichtlich und einfach, sobald
man die Temperaturschwankung des Barometers mit Hilfe der harmo-
nischen Analyse in eine ganztägige und eine halbtägige Komponente
zerlegt. Dies erhellt aus folgenden Beispielen, welche die durch har-
monische Analyse erhaltenen Ausdrücke der Barometerschwankung S
für einige typische Extremfälle darstellt (nach Hann):
Inselstation: Jersey; S = 0,04 sin (262 + 0 + ö,27 sin (144 + 2 t),
Küstenstation: Valentia; Ä= 0,22 sin (190 + t) + 0,20 sin (146 + 2 t),
riilandstation: Kew; ;S'= 0,21 sin (20 + t) -{- 0,24 sin (144 + 2 t\
(Kontinental- und Thalstation: Irkutsk; S = 0,76 sin (5 + 0 + 0,26 sin
(157 + 2 t),
! Thalstation: Klagenfurt; S= 0,58 sin (23 + 0 + 0,27 sin (156 + 2 t),
()()2 Physik der Atmosphäre.
Ebenenstation: Kalocsa (Ungarn): S = 0,22 sin (357 + /) -]- 0,25 si
(137 + 2«),
Gipfelstation: Säntis, heitere Tage; 45= 0,34 sin (218 +<) + 0,18 m
(124 + 2 0,
Gipfelstation: Säntis, trübe Tage; S = 0,23 sin (147 + 0 + 0,20 sii
(130 + 2 t),
Gipfelstation: Sonnblick; S= 0,32 sin (182 + 0 + 0,18 sin (110 + 2
In diesen Formeln bedeutet t die Zeit, welche nach Mitternacht ver
flössen ist, und da ein Tag (= 1440 Minuten) einer ganzen Periodt
(= 360 Bogengraden) entspricht, so ist die Zeiteinheit 4 Minuten uin
1 Stunde entspricht 15 Zeiteinheiten.
Was zunächst die ganztägige Variation betrifft, so ist der Phasenwink
bei kontinentalen Stationen (nicht Bergstationen) nahezu 0^' oder 36<i
Mit anderen Worten, das Minimum tritt um 6^' Abends, das Maxiraun
um 6'^ Morgens ein. Dies gilt auch in den Tropen auf dem Ocean. 1
höheren Breiten verschiebt sich auf dem Meer der Phasenwinkel, sodn
er immer geringer wird und 280^ sich nähert (Maximum um 11,7'* Voi-
mittags).
Die Amplitude nimmt mit steigender geographischer Breite ab, j
doch recht unregelmässig, indem lokale Verhältnisse sich stark geltena
machen (sie ist, wie oben gesagt, viel grösser in Thälern als in der
Ebene). Nach Angot ist sie im Mittel:
Breite 20 «
auf dem Kontinent 0,75
„ „ Ocean . . 0,26
Stationen auf Berggipfeln zeigen teils dieselbe Schwankung wie
die Ebene, teils auch eine Schwankung in umgekehrter Kichtung,
die von den tagsüber aufsteigenden Luftströmen herrührt. Bei etwa
1200 m Höhe kompensieren die beiden Einflüsse einander. Bei höher
Lage ist der ganztägige Gang des Barometers umgekehrt wie in der
Ebene und der Phasenwinkel ist dementsprechend etwa 180^ (Maxinmm
um 6'* Abends). Die Amplitude nimmt demnach stetig ab von der Ebene
bis 1200 m Höhe und danach wieder zu und erreicht in etwa 3000
Höhe denselben Wert wie in der Ebene. Diese Ziffern gelten für dcji
Sommer.
Die halbtägige Barometerschwankung ist im Gegensatz zu der ganz-
tägigen äusserst regelmässig. Der Phasenwinkel beträgt für Stationen
280 4^0
450
490 540
0,98 0,62
0,36
0,22 0,15 mm
— 0,15
0,14
0,14 - „
I
VI. Der liuftdruck. ß03
li der Ebene über dem Ocean am Äquator 156*^ und nimmt sehr wenig
uit steigender Breite ab, indem er unter 50*^ Breite auf 148*^ zurück-
^ht, einer Verspätung von nur einer Viertelstunde entsprechend.
Die Amplitude dieser Schwankung nimmt mit steigender Breite
tark ab und ist etwa dem Kubus des Cosinus der Breite proportional,
■' folgende Tabelle zeigt. Sie beträgt für:
Breite . . 0 10 20
30
40
50 60
Amplitude 0,98 0,92 0,81
0,65
0,46
0,27 0,09 mm
0,98. cos V 0,98 0,94 0,81
0,62
0,44
0,26 0,13
Diese Amplitude zeigt auch eine sehr merkwürdige jährliche Periode
11 it zwei Maximis um die Sonnenwendezeiten, einem schwachen Mini-
11 um im Dezember (bei der Sonnennähe) und einem kräftigen Minimum
tu Juni oder Juli (bei der Sonnenferne der Erde) in den Tropen, wie
jolgende Tabelle zeigt:
iMittlere Amplitude der halbtägigen Barometerschwankung in mm
fpsala 590 52' n. Br. 2) Leipzig 51 « 20' n. Br. 3) München 48» 9' n. Br.
ilagenfurt 46» 37' n. Br. 5) Mailand 45» 28' n. Br. 6) Rom 41» 52' n. Br.
^2030' s. Br. 8) lO^n. Br.
Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
fcl3 0,11 0,15 0,16 0,14 0,13 0,13 0,14 0,17 0,15 0,11 0,10 0,n
il6 0,20 0,24 0,27 0,22 0,20 0,21 0,23 0,27 0,22 0,21 0,16 0,22
121 0,23 0,28 0,29 0,28 0,26 0,25 0,26 0,28 0,27 0,21 0,21 0,25
1,23 0,29 0,35 0,26 0,26 0,25 0,34 0,27 0,27 0,24 0,21 0,24 0,27
bo 0,35 0,38 0,36 0,30 0,29 0,29 0,31 0,32 0,33 0,31 0,29 0,32
|,30 0,33 0,35 0,32 0,29 0,26 0,26 0,30 0,35 0,36 0,33 0,29 0,31
\65 0,68 0,70 0,68 0,64 0,61 0,63 0,66 0,72 0,72 0,69 0,66 0,67
t79 0,80 0,83 0,82 0,73 0,65 0,65 0,69 0,75 0,78 0,82 0,79 0,76
ganze Schwankung ist doppelt so gross wie die tabellierte Am-
ditude.
In den Tropen ist, wie gesagt, das Juniminimum ausgeprägter
'- das Dezemberminimum. In nördlicheren Breiten vermindert sich
Unterschied zwischen den beiden Minimis und in Mailand (45^ 28'
I. Br.) sind sie gleich. In noch nördlicheren Breiten ist das Winter-
uinimum gewöhnlich tiefer als das Sommerminimum.
Dieser Gang deutet auf eine kosmische Ursache. Ein ganz ähn-
ieher Gang zeigt sich in der Menge der negativ geladenen Partikelchen,
604 Physik der Atmosphäre.
die von der Sonne weggetrieben in die Erdatmosphäre gelangen (v;j
S. 153 und unten Kap. Polarlicht).
Auch die halbtägige Periode ändert sich mit der Höhe der Beob
achtungsstation, indem die Amplitude der Schwankung proportional mii
der überlagernden Luftmasse zunimmt. Auf Gipfelstationen wird d'
Gang ein wenig durch die unter dem Einfluss der Erwärmung an;
steigenden Luftmassen gestört, sodass daselbst der Phasenwinkel gi
ringer ausfällt, als an Stationen in der Ebene, wie die oben angeführte;
Beispiele vom Säntis und Sonnblick zeigen.
Man hat die halbtägige Schwankung als eine Art Kesonanzerschc
nung zu erklären versucht. Die Atmosphäre sollte eine natürlic!
Schwingungsperiode von nahezu 12 Stunden besitzen (Lord Kelvin
Nun hat die Erwärmung der Luft, mittels harmonischer Atialyse unter
sucht, ein Glied von halbtägiger Periode und, obgleich es schwächt
als das ganztägige ist, könnte es durch Resonanz eine viel stärke'
Schwingung der Luft als dieses hervorrufen. Gegen diese durch viel.
interessante Untersuchungen gestützte Erklärung scheint der Umstand zu
sprechen, dass der Phasenwinkel der halbtägigen Erwärmungsperiodi
an verschiedenen Orten sehr verschieden ist, im Gegensatz zum Phasen-
winkel der halbtägigen Luftdruckschwankung.
Die Jahresperiode des Luftdruckes. Der Luftdruck zeigt auch
eine jährliche Schwankung, die eine Folge der Temperaturschwankun2:'
ist. Dementsprechend ist dieselbe in äquatorialen Gegenden sehr gerin
In höheren Breiten nimmt sie, obwohl in sehr unregelmässiger Weise,,
zu. Der Einfluss der verschiedenen Erwärmung von Kontinenten und,
Meeren macht sich hier geltend. Da diese im Winter wärmer sind alsj
jene, so bilden sich über ihnen Barometerminima aus, in welchen diej
erwärmte Luft aufsteigt, um zu den kühlen Kontinenten abzufliessenl
und da Maxima hervorzurufen. Im Sommer sind die Temperatur-
unterschiede zwischen Kontinent und Meer umgekehrt, das Minimum
liegt über dem Kontinent, das Maximum über dem Meere. An Küsten-;
Stationen treten Mischungen von diesen beiden Typen auf mit zweij
Maximis im Winter und Sommer und zwei Minimis im Frühling und!
Herbst. In den arktischen Gegenden (nördliche Halbkugel) treten um-
gekehrt die Maxima im April-Mai und November, die Minima im Ja-
nuar und Juli auf.
Die erwärmte aufsteigende Luftsäule bringt auf Gebirgsstationen
ein Maximum des Luftdruckes im Sommer (Juli-August) hervor und ein
VI. Der Luftdruck.
605
606 Physik der Atmosphäre.
Minimum im Spätwinter (Febr.-März). Die Amplitude der Schwankuii.
wächst, wie natürlich, mit der Seehöhe.
Geographische Verteilung des Luftdruckes, Um den Luft-
druck an verschiedenen Stellen zu vergleichen, muss man, wie bei d»
Untersuchung der Temperaturverteilung, den Druck wegen der Meeres-
höhe korrigieren. Dies geschieht nach der oben gegebenen Barometer-
formel. Gewöhnlich reduziert man den Barometerstand auf Meere^
niveau.
Durch Verbindung verschiedener Orte mit gleichem Luftdruck erhäi
man Isobaren, welche von Brandes (I816j und Loomis (1842) zuer-
gezeichnet wurden. Diese Linien gleichen (auf Meeresniveau reduzierte!»
Luftdruckes bilden den wesentlichen Inhalt der Wetterkarten.
Die Verteilung des Luftdruckes ist auf den beigegebenen Karte
(Fig. 187 — 188) für die extremen Monate Januar und Juli wiedergegcbei:
Die wichtigsten Details derselben sind folgende:
Im Januar herrscht niedriger Luftdruck über der äquatorialen Zon^
von dort aus nimmt der Druck nach beiden Seiten hin zu und erreich-
zwei Maxima an den 30. Breitegraden. Von 30*^ s. Br. nimmt der Luft-
druck schnell gegen den Südpol hin ab.
Über Asien (besonders im Nordosten) liegt ein stark ausgeprägte^
Maximum, ein etwas schwächeres über Nordamerika. Das kräftigste
Minimum befindet sich im Nordwestteile des Atlantischen Oceans, eir,
schwächeres Minimum über dem Nordteil des Stillen Oceans.
Im Juli nimmt der Luftdruck vom Äquator, wo mittlerer Druck
(760 mm) herrscht, bis etwa 30 f' s. Br. zu, von wo er, wie im Winter,
stetig gegen den Südpol sinkt. Minima liegen über den mittleren und
südlichen Teilen der nördlichen Kontinente. Unter 40^ n. Br. herrscht
hoher Luftdruck über den Oceanen, welche weiter nach Norden wieder
niedrigeren Luftdruck aufweisen. Um den Nordpol herum steigt wieder-
um der Luftdruck auf mittlere Höhe (760 m).
Im Jahresmittel hat die Äquatorialgegend niedrigen Luftdruck, mit
einem Minimum von 756 mm über Nordaustralien. Dies entspricht dem
dort liegenden Temperaturmaximum. Der Luftdruck nimmt gegen die
subtropischen Breiten der Windstillen (sog. Kossbreiten) hin zu mü
Maximis von 764 bis 766 mm über den Oceanen bei 30^ welche Maxima
im Sommer etwas anschwellen und sich etwas weiter vom Äquator ver;
schieben. Vom südlichen Wendekreis zum Südpol nimmt der Dru(
stetig ab bis unter 745 mm bei 60*^ s. Br.
607
608
Physik der Atmosphäre.
Nördlich vom nördlichen Wendekreis nimmt der Druck über dci;
Oeean ab. Barometermaxima erscheinen dagegen über den Kontinonti
besonders über Nordostasien, entsprechend dem da gelegenen Kältepo
Die im Winter über dem Meere sich ausbildenden Minima sini
häufig von Isobaren umschlossen, die den Küsten entlang oder parall
laufen. Dies wird besonders schön durch eine Karte von Hann fd
Mittelmeer hervorgehoben. Eine allgemeine Ähnlichkeit im Gang d
Isobaren und Isanomalen ist auch unverkennbar (Teisserenc de Bor
und Wild). Es giebt aber Ausnahmen von dieser Kegel. Die Bari
metermaxima über dem Meere unter den Wendekreisen entspreche
Temperaturmaximis, über dem grönländischen Kältepol ruht keit
Barometermaximum.
Aus den von Buch an gezeichneten isobarischen Weltkarten h;i
B aschin den mittleren Luftdruck für jeden 5. Breitegrad berechni ■
Die Eesultate der Rechnung sind in folgender Tabelle über die Ali-
weichung des Barometerdruckes vom Mittelwert 760 mm zusammen-
gestellt. Die Ziffern sind wie die in den Isobarenkarten gezeichnetf i
für die Schwere korrigiert.
Breite
80
75 70 65 60
55
50 n. Br.
Januar
-2,9
-1,7 -0,1 +2,2 +0,9
+ 0,9
+ 2,3 mm
Juli .
-1,2
— 2,1 -2,4 —2,5 —2,5
-2,3
-1,3 „
Jahr .
+ 0,5
0,0 -1,4 -1,8 —1,3
— 0,3
+ 0,7 „
Breite
45
40 35 30 25
20
15 n. Br.
Januar
+ 2,8
+ 3,7 +4,8 +4,9 +4,3
+ 2,7
+ 1,1 mm
Juli .
-0,6
— 0,1 —0,4 —1,0 -1,5
-2,1
-2,3 „
Jahr .
+ 1,5
+ 2,0 +3,4 +1,7 +0,4
-0,8
-1,7 „
Breite
n. Br. 10 5 0 s. Br. 5
10
15 20
Januar
— 0,5
— 2,0 —2,0 —2,0
-2,6
— 2,8 —2,0
Juli .
-2,1
-1,4 —0,6 —0,1
+ 1,1
+ 1,7 +3,2
Jahr .
-2,1
— 2,0 —2,0 —1.7
— 0,9
+ 02 +1,7
Breite
s. B. 25
30 35 40 45 50 Mittel
Januar
-0,4
+ 1,5 +2,5 +2,0 —1,2 -
6,5 + 0,6
Juli .
+ 4,6
+ 5,4 +4,0 +0,3 -[
),5 -
7,5 — 0,2
Jahr .
+ 3,2
+ 3,5 +2,4 +0,5 -^
1,1 -
6,8 0,0
Der meteorologische Äquator bezüglich des Luftdruckes liegt ebenso wie;
bezüglich der Temperatur etwa 10*^ nördlich vom geographischen Äquator. j
Charakteristisch ist die rasche Abnahme des Luftdruckes von 35 ^ s. Br.j
VI. Der Luftdruck. 609
l ^.,..,„....„.
II Sommermonaten 1839—43) nimmt der Luftdruck noch in den süd-
hsten erreichten Gegenden stetig ab und erreicht für 60^s.Br. 740,4 mm
11- li^ s. Br. den ausserordentlich geringen Wert 736,4 mm.
Wenn man die recht unsicheren Daten für die Polargebiete mit
1 Rechnung zieht, so erhält man folgende Mittelwerte für den auf
leeresoberfläche reduzierten Luftdruck: auf der nördlichen Halbkugel
i59,8 mm, auf der südlichen 756,3 mm.
Nach den Berechnungen von Base hin ist der Luftdruck auf
er Halbkugel, welche gerade Winter hat, im Mittel etwa 3 mm
Öher als auf der Halbkugel, wo Sommer herrscht. Es wandert also
ine bedeutende Luftmasse über den Äquator zu der Halbkugel
lit fallender Temperatur, was ja wegen der Wärmeverteilung zu
rwarten ist. Wegen der Korrektion auf Meeresniveau sind die an-
efahrten Daten etwas grösser als der mittlere Druck an der Erd-
ixTfläche. Die mittlere Landhöhe beträgt 700 m, einem Drucke
()U 63 mm entsprechend. Da die Landfläche 26,6 Proz, der Erd-
berfläche ausmacht, so findet man, dass der wirkliche mittlere Druck
u der Erdoberfläche um etwa 16,7 mm geringer als der mittlere
eduzierte Druck 758,1 mm ist (vgl, S. 347), Demnach sind sowohl
io oben berechneten Werte der Höhe der reduzierten Atmosphäre
1- auch des Totalgewichts der Luftmasse um 1,8 Proz, zu vermindern,
ndurch die Werte auf 7854 m bezw, 5173.10^2 Tonnen sinken (vgl.
175).
Die Luftmasse, welche jährlich über den Äquator verschoben wird,
präsentiert 0,2 Proz, der ganzen Luftmenge, d, h. 10,4,10 '^ Tonnen, der
»hisse von 10400 km^ Wasser entsprechend. Auf diese Verschiebung
ivill Spitaler die kleinen beobachteten Breitenschwankungen zurück-
"ühren.
Die unperiodischen Luftdruckschwankungen. Viel grösser
jds die einige Millimeter betragenden jährlichen oder täglichen Schwan-
mngen des Barometers sind diejenigen, welche mit dem Gang der
Zyklonen verbunden sind. Wenn man die Veränderlichkeit des Monats-
aiittels des Luftdruckes als die mittlere Abweichung (deren Zeichen unbe-
rücksichtigt bleibt) der einzelnen Monatsmittel vom Generalmittel in
einer langen Reihe von Beobachtungsjahren berechnet, so erhält man
erhebliche Werte, so z, B. für Paris und Januar nach einer 120jährigen
Reihe nicht weniger als 3,5 mm. Die Veränderlichkeit ist am grössten
ia den Wintermonaten und in höheren Breiten, am geringsten im Som-
Arrhenius, Kosmische Physik. 39
610 Physik der Atmosphäre.
mer und in den Tropen, ungefähr wie die Veränderlickeit der Tempi
raturmittel. Dagegen zeigen die Oceane in Bezug auf den Luftdnic
ünstetigkeit, die Kontinente geringere Veränderlichkeit, umgekehrt W'
für die Temperatur. Besonders der Nordwestteil des Atlanten (im Wir
ter) und das südliche Polarmeer sind durch grosse Unruhe der Lu
gekennzeichnet. Die unperiodische tägliche Schwankung erreicht ii
Winter für Jan Mayen 9,1 mm (dagegen nur 2,7 im Sommer), auf Süc
georgien sind die entsprechenden Werte 8,8 und 7,2 mm, während si
in Lissabon sich auf nur 3,5 bezw. 2,1 mm belaufen.
Dieselben Unterschiede zeigen sich in den monatlichen unperiodischei
Schwankungen, für welche Koppen folgende Tabelle entworfen ha
(geltend für die Nordhalbkugel):
n. Breite ....
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Winter, Ocean . .
3
4
8
16
29
38
54
40
34 mm
„ Kontinent
4
6
9
13
18
25
31
29
5)
Sommer, Ocean . .
3
4
6
9
16
25
28
25
18 „
„ Kontinent
4
5
7
10
12
14
19
18
— mm
Das Maximum der Unruhe liegt auf etwa 60^ n. Br im Meer zwischi
Island und Grönland.
In den Tropen gehen die halbtägigen Schwankungen in die nii
periodischen Schwankungen ein und vergrössern sie um etwa 2 — 3 mii
Diese regelmässige Schwankung ist in den Köp penschen Zahlen dürr
Korrektion entfernt. Die barometrische Unruhe ist auf dem Atlantei
etwa doppelt so gross wie im Stillen Ocean. Ferner ist sie grösser übe'
Amerika als über Europa.
Die Abweichung vom mittleren Barometerstand ist bei weitem nich,
so gross, wenn sie positiv, wie wenn sie negativ ist. Besonders gilt die'
für Küstenstationen. Für Valentia ist das Verhältnis der negativen zi
den positiven Abweichungen wie 1,62:1, für Barnaul in Sibirien nu
wie 1,17:4. Dieser Unterschied zwischen hohem und niedrigem Luft
druck rührt davon her, dass die grossen atmosphärischen Störungen ai
die cyklonischen Barometerminima gebunden sind. j
Die grössten Abweichungen vom normalen Luftdruck findet mai
deshalb in den Barometerminimis. In Eeykjavik auf Island wurde an
4. Febr. 1824 692,0 mm beobachtet, am . 26. Jan. 1884 in KilcreggaD!
Schottland, sank das Barometer auf 693,9 mm. Vielleicht noch einige'
Zehntel Millimeter tiefer stand das Barometer über Nordirland an|
S.Dez. 1886.
■
VI. Der Luftdruck. Qi\
0
Bei tropischen Wirbelstürmen werden gelegentlich noch tiefere Drucke
ifobachtet, so 687,8 mm über False Point an der Küste von Orissa (Ben-
galischer Meerbusen) am 22. Sept. 1885, wobei das Meer grosse Ver-
heerungen anrichtete (etwa 8000 Menschenleben gingen verloren).
Die höchsten Barometerstände sind in Sibirien im Winter beobachtet
worden. Am 16. Dez. 1877 9 Uhr N.M. wurde in Tomsk ein Luftdruck von
792,8 mm bei — 45,1^ C. beobachtet, was auf Meeresniveau und Normal-
•hwere reduciert 802,4 mm entspricht. Gleichzeitig beobachtete man in
Semipalatinsk bei — 47,2 ^ C. einen Druck von 784,5 mm, was nicht
weniger als 811,0 mm im Meeresniveau entspricht. (Dies dürften die
höchsten vorliegenden Daten sein, indem eine Angabe über einen sehr
hohen Luftdruck am 23. Jan. 1900, nach Mitteilung vom physikalischen
t 'entralobservatorium zu Pawlowsk, auf einen zufälligen Fehler beruht.)
Die unregelmässigen Barometerschwankungen ziehen wie eine Art
\i)n Wellen von unregelmässiger Höhe und Schwingungszeit über die
llrdoberfläche. Sie befolgen dabei meistens eine östliche Richtung.
Einige Versuche, die mittlere Dauer dieser Luftwellen zu berechnen,
d ausgeführt worden. Sie geben für Paris (1883 bis 1892) etwa 5 Tage
itlere Dauer und eine mittlere Schwankung von etwa 30 mm, welche
Daten für Mitteleuropa wohl ziemlich zutreffen.
Wegen der unperiodischen Luftdruckschwankungen muss man eine
hr lange Eeihe von Beobachtungsjahren der Rechnung zu Grunde
u'en, um ein Monatsmittel, das auf 1 mm genau ist, zu erhalten. Man
'(■nutzt deshalb dieselbe Methode, wie bei der Berechnung der mittleren
Temperatur, indem man die Abweichung von einer nahegelegenen Haupt-
Station ermittelt. Diese Differenz hält sich nämlich sehr nahe konstant.
1 z. B. schwankt die Differenz der Jahresmittel von München und Ischl,
\v eiche 160 km von einander entfernt liegen, um einen Mittelwert 5,34 mm
mit den Extremen 5,48 und 5,16 mm (1871 — 1880), mit einer Veränder-
lichkeit von nur 0,06 mm. Auf diese Weise erhält man schon in einem
(ahr ein Jahresmittel, das auf 0,1 mm genau ist, während sonst in Mittel-
europa etwa 30 — 40jährige Beobachtungen dazu nötig wären.
Diese Barometerdifferenzen dienen deshalb den Meteorologen als
Kontrolle, um zufällige Beobachtungs- oder Rechnungsfehler auszuschalten
'<lor die Zuverlässigkeit und unveränderte Aufstellung der Beobachtungs-
lustrnmente u. s. w. zu prüfen.
39*
YII. Das Wasser in der Atmosphäre.
Eigenschaften des Wasserdampfes. Die wichtigste Eigenschaft
des Wasserdampfes, die er übrigens mit anderen Dämpfen teilt, ist die
starke Zunahme seiner Maximalspannung mit der Temperatur. Ein»
Steigerung der Temperatur um nur 10^ genügt (bei 0^) dazu, die zur
Sättigung eines bestimmten Volumens Luft nötige Wassermenge zu ver-
doppeln. Die Zunahme ist jedoch stärker bei niederer als bei höherer
Temperatur, sodass bei 100*^ die Zunahme pro Grad nur 3,6 Proz. beträgt.
während sie bei 0° 7,0 Proz. pro ^ C. erreicht. Der Wasserdampf folgt
bei Maximalspannung der schon mehrfach benutzten Formel:
p '~ BT'' "'^ ~ 1,99 y2 "'^•
M ist das Molekulargewicht des Wasserdampfes (18), W die latent(
Wärme bei der Verdampfung, welche nach den zuverlässigsten Me!<-
sungen für verdampfendes Wasser den Wert: G02,7 cal. bei O*' (Diete-
rici), 579,3 bei 30« und 573,2 bei 40,2» (Griffiths) sowie 536,7 bei 99,9'
(Regnault) besitzt, welcher für verdampfendes Eis um die Schmelzwärmi
des Eises, 79,7 cal. bei 0*^, 75 cal. bei — 10*^ C, zu vergrössern ist.
R ist die Gaskonstante und J das mechanische Äquivalent der
Wärme.
Aus der genannten Formel folgt durch Integration:
2,3025 log^^^ = ^^-^^^^^-^o
p, 1,99 V T, T,
Mit Hilfe dieser Formel kann man W aus den Beobachtungsdaten be-
rechnen. Dazu sind die Beobachtungen von Juhlin über den Dampf-
druck bei Temperaturen unter 0^, diejenigen von Regnault bei höheren
Temperaturen benutzt. Wir erhalten auf diese Weise:
{ Dampf über Eis.
Temp. . . — 40 —30 —20 —10 0« C.
Dampfdruck 0,118 0,312 0,806 1,997 4,60 mm
W ... 608 644 666 661 cal.
Dampf über Wasser.
Temp. . . — 10 0 +10 +20 +30 +40^0.
Dampfdruck 2,197 4,60 9,16 17,39 31,55 54,91 mm
TT ... . 588 587 586 584 580 cal.
Temp. . . . + 40 +50 +84 +92 + 100" C.
Dampfdruck 54,91 91,98 417,0 611,0 760,0 mm
W . . . 575 566 553 550 cal.
Bei hohen Temperaturen (über etwa 27*^ C.) findet man TF- Werte,
' welche die direkt beobachteten übersteigen — bei 100" C. um etwa 2 Proz.
j Man nimmt deshalb an, dass das Molekulargewicht des gesättigten
! Wasserdampfes etwas grösser, und zwar bei 100" um etwa 2 Proz. grösser
als der theoretische Wert 18 ist. In der That weiss man, dass die
Dampfdichte des Wasserdampfes etwas grösser ist als die theoretische,
nach Cahours bei 107" C. 3,6 Proz. in nahezu gesättigtem Dampfe, was
darauf beruht, dass einige Dampf molekeln die Formel H4O2 besitzen.
Schwieriger ist es, die entgegengesetzte Abweichung, die bei 0"
2,5 Proz. erreicht, für Temperaturen unter 27" C. zu erklären. Man
kann doch nicht annehmen, dass 5 Proz. der Wasserdampfmolekeln bei
0" C. in Wasserstoff und Sauerstoff zerfallen. Die Abweichung scheint
auch nicht aus den möglichen Beobachtungsfehlern zu erklären zu sein,
lonn man müsste dann Beobachtungsfehler von etwa 0,4 mm voraus-
• tzen. Diese Abweichung verdient die grösste Aufmerksamkeit und
ine Neubestimmung der Verdampfungswärme bei 0" C. scheint wün-
schenswert.
Auch die IT-Werte unter Null scheinen eine geringere Verdam-
pfungswärme als die von Dieterici gefundene zu verlangen.
Mit steigender Temperatur steigt also, infolge der Zunahme der
Maximalspannung, der Wasserdampfgehalt der Luft rapid. Die Luft
ist zwar nicht gesättigt, aber bei sonst gleichen äusseren Um-
ständen bleibt die sogenannte relative Feuchtigkeit, d. h. das Ver-
hältnis zwischen der thatsächlich in der Luft befindlichen Dampf-
üienge und der in gesättigter Luft enthaltenen, nahezu konstant. Falls
demnach die Temperatur der Erde, die im Mittel 15" C. beträgt, aus
ßj4 Physik der Atmosphäre.
irgend einem Grunde um 1^ C. steigen würde, so würde der Wasser-
dampf an der Erdoberfläche um etwa 6,3 Proz. zunehmen. In dem-
selben Verhältnis würden auch die Wasserdampfraengen in höheren Luft-
schichten, wie wir unten sehen werden, steigen, d. h. die ganze Wasser-
menge der Atmosphäre würde um 6,3 Prozent zunehmen.
Die Atmosphäre würde dadurch ihre Wärmeabsorption erhöhen und
weniger Wärme würde zur Erdoberfläche gelangen. Das Klima würde
an der Erdoberfläche mehr oceanisch werden. Die Wärmeunterschiede
zwischen den höheren Luftschichten am Äquator einerseits und über
den Polargebieten andererseits würden steigen, was die Ausgleichung
der Temperaturunterschiede durch kräftigere Luftströmungen befördern
würde. Da die wärmetransportierende Fähigkeit der Luft mit der Tem-
peratur stark zunimmt, würde der Ausgleich effektiver sein wie jetzt.
Die Winde würden auch die Meeresströme in stärkere Bewegung setzen.
Die Niederschlagsmenge würde in ungefähr demselben Verhältnis zu-
nehmen wie der Wasserdampfgehalt der Luft.
Die Wirkung würde qualitativ ungefähr dieselbe, aber quantitativ viel
bedeutender sein, wie der oben besprochene Effekt der Sonnenflecke auf
das Klima von Westeuropa. Ausserdem würde ein kräftiger Ausgleich
der Temperatur auf der Erdoberfläche zu stände kommen. Ein solcher
Zustand herrscht wahrscheinlich jetzt auf dem Mars (vgl. S. 189)
und herrschte sicher in vielen früheren geologischen Epochen auf der
Erde. Auf dem Mars kann er nicht dem Wasserdampf zugeschrieben
werden, man hat also ein anderes wärmeabsorbierendes Gas in seiner
Atmosphäre (wahrscheinlich Kohlensäure) zu vermuten. In den ver-
gangenen geologischen Epochen, welche durch eine ziemlich gleichmässig
über die Erdoberfläche verteilte Temperatur gekennzeichnet waren, war
die mittlere Temperatur der Erde jedenfalls bedeutend höher wie jetzt.
Als beispielsweise Korallen im Meer bei Spitzbergen gediehen, muss die
Temperatur daselbst 20*^ überstiegen haben, und die Temperatur am
Äquator muss noch höher gewesen sein.
Es war also damals der Wasserdampfgehalt der Luft viel grösser
wie jetzt. Obwohl nun der Wasserdampf die Temperatur der Erdober-
fläche durch seine „Glashauswirkung" (vgl. S. 171) erhöht, so kann man
doch nicht die damalige hohe Temperatur (und damit den hohen Wasser-
dampfgehalt der Luft) durch die grössere Wasserdampfmenge allein er-
klären. Dies wäre ebenso unrichtig, wie die, übrigens von namhaften
Autoren vertretene Ansicht, dass der Hauptgrund der niederen Tem-
peratur im Gebirge Mangel an Wasserdampf in der Luft sei. Man
VII. Das Wasser in der Atmosphäre. 615
es nicht der Fall wäre, so würde vom Weltmeer etwas Wasser
1 dampfen, der neugebildete Wasserdampf würde die Temperatur der
idoberfläche erhöhen, es würde mehr Wasserdampf in die Luft gehen
ul so weiter, bis man so weit käme, dass das Klima dasselbe, wie
den besprochenen geologischen Epochen, z. B. in der Eozenzeit wäre.
isser giebt es immer genug im Meere, um die nötige Dampfmenge
•r Luft abzugeben. Man muss also annehmen, dass ein anderer Faktor
ir Erhöhung der Temperatur beitrug und die erste Wärmezunahme
■rvorrief. Dann konnte diese Zunahme durch Verdunstung von Wasser
<tärkt werden.
Die starke Abnahme des Wasserdampfes mit der Höhe ist auch
Folge des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Temperatur und
malspannung. Wie die oben angeführte Tabelle (vgl. S. 586) zeigt,
mmt aber auch im allgemeinen die relative Feuchtigkeit mit wach-
ender Höhe ab. Falls die Luft stillstände, würden sich allmählich alle
iUftschichten vom Meer mit Wasserdampf sättigen. Die vertikale Cir-
ulation führt kalte wenig wasserhaltige Luft nach unten, wobei sie sich
rwärmt und die relative Feuchtigkeit sinkt. Dieser Effekt ist bei
:leichem Sinken der Luftmasse stärker bei niederer Temperatur als bei
loher, wie aus der obigen Tabelle aus der prozentischen Zunahme der
Jaximalspannung zwischen beispielsweise — 20 und — 15 auf der einen,
i|- 10 und +15 auf der anderen Seite, hervorgeht. Die Abnahme der
relativen Feuchtigkeit in grösseren Höhen kann so erklärt werden, ohne
lass man eine Zunahme der Cirkulation mit der Höhe anzunehmen braucht.
Jedenfalls zeigt diese Abnahme, dass die Cirkulation in vertikaler Richtung
»is zu den grössten erreichten Höhen von ungefähr derselben Grössen-
r.lnung wie in den unteren Luftschichten ist. Früher war man ge-
K'igt, einen relativen Stillstand der höheren Luftschichten anzunehmen.
Wasserdampf hat ein geringeres spezifisches Gewicht als Luft (im
Verhältnis 18:28,9 = 0,623:1). Feuchte Luft hat deshalb geringeres
spezifisches Gewicht als trockene, wofür auch oben in der Barometer-
lormel eine Korrektion angebracht ist. Der Unterschied des Gewichtes
i^on einem Kubikmeter trockener Luft und mit Wasserdampf gesättigter
Luft von 760 mm Druck ist jedoch gering. Er beträgt bei:
— 20 —10 0 +10 +20 +30 +40^0.
0 13 6 11 18 30 g.
Da nun eine Temperaturerhöhung von 1*^C. einer Abnahme des Ge-
wichtes von 5 g bei — 5*^ C. und von 4 g pro m^ bei 25^ C. entspricht.
616
Physik der Atmosphäre.
SO sieht man, dass der Einfluss der Wasserdampfaiifnalime nur h
hohen Temperaturen mit demjenigen einer Temperaturzunahme in Ver
gleich kommen kann.
Instrumente zur Messung des Wassergehaltes der Luft
Die theoretisch einfachste und direkteste Methode ist diejenige, ein be
stimmtes Volumen Luft mit Hilfe eines Aspirators über oder durch eii
Absorptionsmittel für Feuchtigkeit (Chlorkalcium in Stücken, Schwefel-
säure auf Bimstein- oder Glasstücken oder am besten Phosphorsäurc-
anhydrid in Röhren eingefüllt) langsam streichen lässt. Die Gewichts-
zunahme des Absorptionsmittels giebt die in der durchgesaugten Luft-
menge vorhandene Wassermenge an.
Da für gewöhnlich der Aspirator (meist eine sogenannte Mariotte-
sche Flasche) mit Wasser gefüllt ist, muss man zwischen ihm und den
Trockenmittel enthaltenden Eöhren an-
dere Röhren mit Trockenmitteln ein-
schalten, damit kein Wasserdampf vom
Aspirator zu den eigentlichen Trocken-
röhren hinüberdiffundiert. Eine kleine
Korrektion ist bei der Berechnunü
des durchgesaugten Volumens, wegen
der Volumsänderung der Luft bei ihrer
Sättigung mit Wasserdampf im As-
pirator anzubringen.
Diese Methode ist umständlich und
verlangt relativ grosse Apparate und
eine gute Wage, die nicht gut auf Ex-
peditionen mitgeführt werden können.
Dies vermeidet eine andere chemische
Methode. Man führt eine bestimmte
Menge der Luftprobe in eine Pi-
pette ein und notiert den Druck
des Wasserdampfes durch Schwefel-
Eine genauere Modifikation dieser
. Nachdem die Probe in ein'
Fig. 189. Hygrometer von Sonden.
vor und nach der Absorption
säure (Schwackhöfer, Edelmann).
Methode ist von Sonden angegeben
Pipette P von bestimmtem Volumen eingeführt ist, wird sie durch Queck-
silber in eine andere Pipette P^ (Fig. 189) verdrängt, wo sie sich mit Wasser-
dampf über Wasser sättigt. Sie wird dann in die erste Pipette zurück-
getrieben und man misst die Volumszunahme (in der engen Röhre a), die
erfolgen muss, bis der Druck den ursprünglichen Wert annimmt. Die Un-
VII. Dfis Wasser in der Atmosphäre.
617
r
f!|vmnderlichkeit des Druckes wird mit grosser Schärfe von einem soge-
Inannten Kompensator K angegeben. Dieser besteht aus einer konstanten
Lüftmasse, die durch einen Ölindex 0 von der ersten Pipette getrennt
jist Die geringste Veränderung des Druckes bringt eine Verschiebung
^'^s Index mit sich. Hähne erlauben die verschiedenen Teile des Appa-
los voneinander abzuschliessen. K, P und Pj liegen in einem Was-
-trbad.
Dasselbe Prinzip kann für die Bestimmung des Sauerstoffs oder der
(vohlpiisäure in der Luft benutzt werden. Man verwendet dabei Ab-
der
Fig. 190.
betreffenden Substanzen
(Pyrogallol bezw. Kali-
tionsmittel
e).
Die Luftproben können in evacuierte Köhren von beistehender Form
. 190) genommen werden. Durch Abbrechen der Spitze b wird
lie Röhre mit Luft von dem zu untersuchenden Orte
gefüllt, wonach die Röhre wieder bei b mit Hilfe einer
Stichflamme geschlossen wird. Von der Luftprobe, von
etwa 200 cc Volumen, nimmt man einen Teil zur Be-
stimmung des Wasserdampfes, einen zweiten zur Er-
mittelung der Kohlensäure u. s. w.
Die einfachste Methode zur Bestimmung desWasser-
dampfgehaltes der Luft ist die Beobachtung des Haar-
hygrometers von Saussure (Fig. 191). Ein (am besten
blondes) langes Menschenhaar, c, wird mit Sodalösung ent-
fettet und an einem Ende, d, eingespannt. Das andere
Ende, das mit einem Spanngewicht, p, versehen ist, wird
um eine rauhe Achse, o, auf der senkrecht ein Zeiger
sitzt, geschlungen. Bei Zunahme der relativen Feuchtig-
keit absorbiert das Haar Wasser und verlängert sich.
Die Verlängerung wird auf einer Skala abgelesen, über
•welcher das Ende des Zeigers spielt. Die Graduierung
des Hygrometers geschieht empirisch mit Hilfe von
Lösungen, die einen bestimmten relativen Dampfdruck zeigen und mit
Ionen das Instrument in einem dichten Kasten eingeschlossen wird.
Wasserfreie Schwefelsäure wird zur Bestimmung des Nullpunktes, reines
^\'asser zur Bestimmung des Hundertpunktes benutzt). Das Haarhygro-
Fig. 191. Haar-
hygrometer von
Saussure.
618
Physik der Atmosphäre.
meter wird zur Konstruktion von selbstregistrierenden Instrumente.
Hygrographen, benutzt. Es empfiehlt sich, dieselben hin und wied^
zu kontrollieren.
Eine andere Methode ist die Bestimmung des Thaupunktes, dt
Temperatur, bei der die Luft gerade mit Wasserdampf gesättigt is
(Kondensationshygrometer von Daniell, Verbesserungen sind vo
Regnault und Crova angegeben.) Man kühl
ein blankes, mit Gold, Silber oder Nickel über
zogenes, am besten metallenes, Gefäss, das eiii^
leicht verdampfende Flüssigkeit, wie Äther, ent
hält, in der Weise ab, dass man die Flüssigkfi
allmählich verdampfen lässt. Am einfachste
geschieht dies durch Durchsaugen eines Luft-
stromes. (Daniell liess die Flüssigkeit in eiü
damit luftdicht verbundenes ziemlich luftleere-^
Gefäss, das abgekühlt wurde, hinüberdestillieren
Wenn das Gefäss genügend abgekühlt ist, fällti
Wasserdampf aus der umgebenden Luft aus.'
Die blanke Oberfläche überzieht sich mit einem
matten Anflug. Die Temperatur wird notiert.
Man lässt das Gefäss sich langsam erwärmen,
indem man den Luftstrom abstellt, und be-
obachtet die Temperatur beim Verschwinden
des matten Thauüberzugs. Der Mittelwert
der beiden Temperaturen ist der Thaupunkt.
Bei dem Cro vaschen Hygrometer saugt man
die zu untersuchende Luft durch ein inwendig
blankes Rohr, das mit Glasplatten, durch welche
man die Thaubildung beobachtet, verschlossen
Und von der abdampfenden Flüssigkeit in einem
äusseren Rohr umgeben ist. Man erhält auf diese Weise die genauesten
Resultate.
Die Luft enthält so viel Wasserdampf, wie der Maximalspannung
beim Thaupunkt entspricht.
Das gebräuchlichste Instrument zur Feuchtigkeitsbestimmung ist
das Psychrometer von August (Fig. 192).
Befeuchtet man die Kugel eines Thermometers, B, was gewöhnlich in
der Weise geschieht, dass man sie mit einem Musselinstück, Z>, umwickelt,
das in Wasser, in C, herunterhängt, so sinkt ihre Temperatur im allgemeinen
Fig. 192. Augusts
Psychrometer.
VII. Das Wasser in der Atmosphäre. 619
uiter die Lufttemperatur. Dies beruht darauf, dass das Wasser in die
imgebende nicht gesättigte Luft verdunstet, wodurch Wärme ver-
uicht wird. Diese Verdunstung ist pro Zeiteinheit dem Sättigungs-
lizit (E—c) direkt und dem Luftdruck, b mm, umgekehrt proportional
ererseits ist die Temperatursenkung, d. h. die Temperaturdifferenz
Tj ) des trocknen, A, und des feuchten Thermometers, B, annähernd der
nhinstungsgeschwindigkeit proportional. Diesem Verhalten entspricht
Formel:
e = E — Ah {x — Tx).
li
ile Windgeschwindigkeit macht sich in dieser Formel nicht geltend,
vil in erster Annäherung die Abkühlung zufolge der Verdampfung
urch die Wärmezufuhr, welche in nahezu derselben Weise wie die
erdunstungswärme mit der Windgeschwindigkeit zunimmt, kompensiert
ird. Für die Konstante A hat Sprung den Wert 0,00067 gefunden.
Hnsson fand experimentell die Formel:
e = E (0,974 + 0,000442 t^) — 0,000596 (r — tJ h.
^''onn das feuchte Thermometer mit Eis bedeckt ist, also unter 0^, ist
H' Konstante 0,000596 durch 0,000526 zu ersetzen. Diese Konstante
•i der 0,67 Potenz aus der inneren Reibung des umgebenden Gases
111 gekehrt proportional.
Die Psychrom eterformeln gelten zufolge der Wärmestrahlung nicht
ir stillstehende Luft. Die Konstante A nimmt dann grössere Werte
n. Bei steigender Windgeschwindigkeit sinkt sie allmählich, erst ziem-
h rasch, dann langsamer. Deshalb verwendet man bei genaueren
lessungen das ventilierte Psychrometer von Belli oder Assmann, in
■^Ichera ein Luftstrom von konstanter Geschwindigkeit durch ein Uhr-
rk, das einen Centrifugalaspirator treibt, an der trockenen und der
-en Thermometerkugel vorüber gesaugt wird.
Unter 0^ giebt das Psychrometer unzuverlässige Resultate. Bei
iiior Temperatursenkung kann das Wasser überkühlt werden und beim
aehher eintretenden Gefrieren die Temperatur des nassen Thermometers
her diejenige des trockenen steigen. Die Luft kann dabei ausserdem
lit Wasserdampf (in Bezug auf Eis) übersättigt sein, sodass eine Konden-
ition des Wasserdampfes anstatt der vorausgesetzten Verdunstung ein-
litt. Dabei steht ebenfalls das feuchte Thermometer höher als das
i'ockne, man beobachtet eine „negative Psychrometerdifferenz".
In solchen Fällen verwendet man mit Vorliebe das Haarhygro-
ii'ter.
g20 Physik der Athmosphäre.
Wasserdampf giebt einige Absorptionsbänder, welche demnach
den „atmosphärischen Linien" (vgl. S. 23 und 505j gehören. Nach der Star
dieser „Eegenbänder" kann man die Menge des Wasserdampfes in d
Luft beurteilen.
Verdunstung des Wassers. Ist die Luft nicht mit Feuchtigkt
gesättigt, d. h. erreicht der Partialdruck des Wasserdampfes in der Lu
nicht den Maximaldruck des Wasserdampfes bei derselben Temperati
so giebt eine freie Wasserfläche der Luft Wasser ab. Die Geschwii
digkeit, mit welcher die Abdunstung vor sich geht, ist unter übrigei
gleichen Umständen proportional dem sogenannten Sättigungsdefizit, d.
der Quantität Wasserdampf, welche bis zur Sättigung von der Luft au
genommen werden kann. Ausserdem übt die Geschwindigkeit des Wir
des, wie leicht verständlich, einen sehr grossen Einfluss auf die Vej
dampfungsgeschwindigkeit aus.
Die Verdunstungsgeschwindigkeit ist proportional der Geschwifl
digkeit, mit welcher der verdunstete Wasserdampf weggeführt wir*
Bei stillstehender Luft geschieht dies durch Diffusion, deren Stärk
umgekehrt proportional ist der Anzahl von Luftmolekeln in der Um
gebung, d. h. dem Druck, dividiert durch die Temperatur. (Einfache
wäre die Abdunstungsgeschwindigkeit proportional dem Volumen V zi
setzen, in welchem eine Grammolekel Luft verbreitet ist; dies ist al'
nicht üblich, weil man Druck und Temperatur, und nicht dieses Vo|
lumen, direkt beobachtet.) 1
Auch wenn der Wind über die verdunstende Oberfläche weht, bleibj
die Wirkung der Diffusion daneben bestehen.
Die Diffusionsgeschwindigkeit (F) entspricht folgernder Formel:
worin K eine Konstante, T die absolute Temperatur, {E — e) das Sät-
tigungsdetizit, W die Windgeschwindigkeit und B den Luftdruck dar-
stellen.
Da der meiste Wasserdampf an der Meeresoberfläche gebildet wird,
hat die Verdunstung von Salzwasser viel Aufmerksamkeit auf sich
gezogen und viele Untersuchungen sind über diesen Gegenstand aus-
geführt worden.
Das Meerwasser hat (vgl. S. 359) einen mittleren Salzgehalt von
3,4 Proz., einer Gefriertemperatur von 2,2 ^ C, oder einer Dampfdruck-
erniedrigung von 2,1 oder rund 2 Proz. entsprechend. Das Sättigungs-
defizit über dem Meere ist deshalb um 2 Proz. des Maximaldruckes
I
VII. Das Wasser in der Atmosphäre. 621
i der gegebenen Temperatur niedriger als dasjenige über Süsswasser.
;ri der Verdunstung von Meereswasser hat man mit diesem Sättigungs-
rtzit, im übrigen aber wie bei der Verdunstung von Süsswasser, zu
hnen. Ähnliche Bemerkungen gelten für die Verdunstung von salz-
cütigen Binnenseen, die bei hohem Salzgehalt sehr wenig abdampfen,
[an kann demnach keine konstante Zahl für das Verhältnis der Ver-
nnstungsgesch windigkeit über Meeres- und Seewasser finden, wonach
lan auch vergeblich gesucht hat.
Die jährlich in den Tropen verdunstende Wassermenge wird von
(aughton auf 216 cm geschätzt. Zu ähnlichen ZiflFern ist man für die
• rdunstung von Süsswasserteichen in Indien (232 cm bei Madras,
."»9 cm bei Bombay) gelangt.
Betreffs des Windes sollte man auf den ersten Blick glauben,
;iss die von einer kleinen Fläche, z. B. einer Psychrometerdute, ver-
iunstende Menge der vorbeistreichenden Luftmenge, d. h. der Wind-
ei hwindigkeit proportional wäre. Die Tiefe, bis zu welcher Wasserdampf
u die vorbeiziehenden Luftschichten dringt, ist aber der Quadrat-
vurzel aus der Berührungszeit mit der Wasserfläche proportional, mit
linderen Worten, der Quadratwurzel aus der Windgeschwindigkeit um-.
I gekehrt proportional. Die totale abgeführte Wassermenge in einer be-
stimmten Zeit ist demnach nur der Quadratwurzel aus der Windge-
( hwindigkeit proportional. Die Richtigkeit dieses Satzes haben De Heen,
j^chierbeck und Svensson experimentell konstatiert.
Die Verdunstung über einer kreisförmigen Fläche, über welche
lir Wind streicht, sollte demnach teils proportional ihrem Durch-
!;nesser (der Breite der berührenden Windschicht), teils der Quadrat-
jffurzel aus dem Durchmesser (aus der Berührungszeit) bei konstanter
Windgeschwindigkeit, d. h. proportional der 0,75. Potenz der Oberfläche
-i'in. Stefan hat aus den Diftusionsgesetzen abgeleitet, dass die in
stillstehende Luft verdampfende Flüssigkeitsmenge bei gleichgeformten
Flächen dem Umfang der Flächen proportional ist. In der That hat
man gefunden, dass kleine Flächen schneller pro cm^ verdampfen als
-iinsse, der Unterschied ist jedoch nicht so gross, wie die oben abge-
leiteten Beziehungen verlangen. Dies rührt daher, dass nicht nur hori-
zontale, sondern auch vertikale Luftströmungen (durch den Temperatur-
unterschied der abdunstenden Fläche und der Luft) ins Spiel kommen.
Wären diese allein vorhanden, so wäre die Abdunstung pro cm"^
bei grossen und kleinen Flächen gleich. Je grösser die Fläche, um
so grössere Bedeutung haben die vertikalen Luftströmungen gegen-
g22 Physik der Atmosphäre.
über den horizontalen. Für das Meer gilt ohne Zweifel, dass die Vc
dunstung der Oberfläche proportional ist.
Um die Verdunstungsmenge zu messen, verwendet man besondf
Instrumente, Verdunstungsmesser oder Atmometer. Die einfachste ui
gewöhnlichste Vorrichtung ist eine flache Schale mit niedrigem Eand, i
welche man eine abgemessene Menge Wasser nahezu bis zum Kand gies«
Nach einer bestimmten Zeit wird die zurückgebliebene Wassermeii:
gemessen, woraus man leicht die pro Oberflächeneinheit und Zeiteinh«
abgedunstete Wassermenge berechnen kann. Natürlich muss das Instni
ment vor Niederschlag geschützt sein. !
Häufig stellt man ein mit Wasser gefülltes graduiertes Kohr i
das Atmometer hinein, sodass die Öffnung des Kohres dicht unter d(
Oberfläche liegt. Der obere Teil des Kohres ist geschlossen. Dadurcl
wird das Niveau konstant gehalten, weil ebensoviel Wasser aus dei:
Rohr ausfliesst, wie vom Atmometer verdunstet. Man kann die abg( •
dunstete Menge an der Graduierung ablesen. .
Auf diese Weise hat man für verschiedene Stationen die Wassci-
höhe bestimmt, Avelche daselbst im Laufe eines Jahres verdunsten würd-
Dieselbe ist um so grösser, je trockener und wärmer das Klima ist.
Sie übertrifft für gewöhnlich die Höhe der jährlichen Niederschlags-
menge. In höheren Breitegraden, an Orten, welche nahe am Meere mit!
seinen warmen Strömungen liegen, trifft dies nicht mehr zu. Dies isti
eine Bedingung dafür, dass Vergletscherung eintreten kann. Einige Zifferni
betreffs der jährlichen Verdunstung mögen angeführt werden. Sie beträgt!
in Bourgogne 57, in Bayern 60, in London 38, m St. Petersburg 30, in |
Astrachan 74, in Akmolinsk, Sibirien (51,2° n. Br., 71,4*' ö. L.) 104, in!
Peking 97, in Petro-Alexandrowsk (41,4« n. Br., 61,2« ö. L.) 232, inj
Alice Springs (Innere Südaustraliens) 258, in Kimberley (Innere Süd- '
afrikas) 247 cm. Die drei letzten Werte sind ungewöhnlich hoch.
Die Daten für die Verdunstung fallen sehr verschieden aus, je nach
der Aufstellung der Atmometer. So z. B. zeigte zu Nukuss vom Mai
bis Sept. 1875 ein Atmometer im Thermometergehäuse 145 cm, ein im
Flusse aufgestelltes, obgleich es von der Sonne beschienen wurde, nur
96 cm an. Die mittleren Temperaturen waren 22,6"^ bezw. 21,6^ C.
Bisweilen beobachtet man sogenannte negative Verdunstung, z. B.
auf Spitzbergen im Winter. Dufour und Forel hingen am Rhone-
gletscher 1810 m ti. d. M. Eisstücke aus. Durch Wägung konstatierten
sie, dass, wenn der Taupunkt über 0*^ C. lag, Wasserdampf sich auf den
Eisstücken kondensierte (0,24 cm pro Tag beim Taupunkt 2^ C.)
■
VII. Das Wasser in der Atmosphäre. 623
Es sind nicht nur Meer, Flüsse, Sümpfe und Seen, welche zu
jüeser Feuchtigkeit beitragen, sondern auch das Festland, welches, wo es
'licht aus unverwittertem Stein besteht, immer mehr oder weniger Wasser
nthiüt. Am meisten gilt dies für die humushaltige Erde, sodann auch für
Chon-, Lehm- und Lettenarten, und auch der Sandboden hält einen
riiten Teil Wasser in den Poren zwischen den Mineralbestandteilen zurück.
Wenn nun in der Luft keine Abfuhr von Feuchtigkeit durch ver-
ikale Luftströmungen stattfände, so würde diese Abdunstung dazu
führen, dass die Luft sich mit Feuchtigkeit sättigte. Eine Aus-
'^hrae würde das Meer wegen seines Salzgehaltes machen. Die relative
uchtigkeit über dem Meere erreicht jedoch nicht 98 Proz., wie man
lach dem oben gesagten (S. 620) vermuten könnte, sondern am Äquator
Ietwa 80—84 Proz., näher den Polen etwa 90—96 Proz.
Die Verdunstung hat einen sehr scharf ausgeprägten täglichen und
liehen Gang, welcher hauptsächlich von der Temperatur, aber auch
»ugicich in geringerem Grade von der Windstärke und der relativen
Feuchtigkeit abhängt. Bei einer Zunahme der Temperatur steigt näm-
ich nicht nur die Maximalspannung des Wasserdampfes, sondern im
allgemeinen sinkt auch die relative Feuchtigkeit, sodass das Sättigungs--
llefizit schneller als proportional dem Maximaldampfdruck zunimmt. (Die
/junahme des Maximaldruckes geschieht ziemlich im Verhältnis 1:2 bei
iner Temperaturzunahme von 10^ C.) Die Abnahme der Luftdichte und
Zunahme der absoluten Temperatur mögen auch etwas beitragen. Die täg-
liche Veränderlichkeit der Verdunstung hat deshalb scharfe Extremwerte
gleichzeitig mit der Temperatur, wie folgende Zahlen für Kairo zeigen
Verdunstung pro Stunde in mm). 1) November— Januar. 2) Mai— Juli.
Zeit Mittn. 2 4 6 8 10 Mittg. 2 4 6 8 10 Mittel
1) 1,31 1,10 0,77 0,65 1,50 3,16 4,45 4,76 3,95 2,83 1,88 1,36 2,31
Temp. 13,0 12,0 11,5 10,8 12,9 15,9 20,1 21,1 20,5 17,2 15,0 13,2 15,28
2) 3,00 1,51 0,91 1,75 4,39 7,19 11,88 13,87 13,47 11,18 7,09 5,19 6,96
Teinp. 21,4 19,3 18,8 20,3 23,9 28,4 32,2 34,0 33,4 30,9 27,6 24,3 26,21
Der jährliche Gang ist ähnlich, wie die folgenden Daten zeigen
1 St. Petersburg, 2) Tiflis, 3) Taschkent, 4) Kiew, 5) Bamaul (53,20'^
n. Br., 83« 47' E.v.Gr.), 6) Nertschinsk (51« 19' n. Br., 119» 37' E. v. Gr.).
Seehöhe Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
h
6m
4
5
10
24
44
63 63
46
31
18
8
4 320 mm
2)
409
16
17
38
44
51
71 90
84
54
34
20
18 537 mm
490
29
39
87
97
146
198 215
201
139
88
57
43 1339 mm
183
7
8
20
45
82
71 86
70
51
24
10
7 481 mm
3)
146
3
4
13
40
95
106 106
84
63
39
9
3 565 mm
6)
657
0
1
11
39
8a
78 79
55
46
25
4
0 420 mm
(}24 Physik der Atmosphäre.
Bisweilen fällt die stärkste Verdunstung nicht in den heissesten Monai
(wegen des Einflusses der Windstärke und der relativen Feuchtigkeit
So z. B. trifft das Maximum der Verdunstung zu Kairo im Mai (17 cm
und Juni (17,5 cm), das Minimum im Dezember (5,3 cm) ein, obgleici
Juli der heisseste und Januar der kälteste Monat ist. Wegen des Ein-
flusses der relativen Feuchtigkeit ist ferner die Verdunstung grössii
im Frühling als im Herbst (bei gleicher Temperatur).
Die Änderung des Wasserdampfgehaltes mit der Höhe.
Wenn sich der Wasserdampf in der Luft nicht kondensierte, so könnti
man die dritte Formel auf S. 592 zur Berechnung seiner Abnahmt
nach oben verwenden. Danach würde die Abnahme der Wasserdampf-
menge mit zunehmender Höhe im Verhältnis 0,623 : 1 langsamer wi
diejenige der Luftmenge erfolgen.
Die Erfahrung lehrt nun, dass das Umgekehrte zutrifft, dass de.
Wasserdampfgehalt äusserst schnell nach oben abnimmt; eine Foli;
der starken Temperaturabnahme mit steigender Höhe.
Es liegt dann nahe, zu versuchen, ob nicht die Beobachtungsdaten
sich durch eine ähnliche Formel darstellen lassen, wie diejenige, welche
für die Abnahme des Luftdruckes nach oben gilt. Hann zeigte, das-
dies wirklich der Fall ist, indem der Dampfdruck ch in der Höhe //
durch den Ausdruck dargestellt werden kann:
eÄ = eo 10 6,3'
wo Co den Dampfdruck an der unteren Station und h den Höhenunter-
schied in km bedeutet.
Diese Formel giebt die Verhältnisse im Gebirge mit grosser An-
näherung wieder; sie beruht offenbar darauf, dass die Temperatur nahezu
proportional der Höhe abnimmt und dass der Dampfdruck nahezu einer
Exponentialfunktion der Temperatur folgt (vgl. S. 612).
Für die Abnahme des Dampfdruckes mit der Höhe in freier Luft
(bei Ballonfahrten) hat man gefunden, dass sie noch rapider vor sich
geht. Süring hat für diese Abnahme die Formel aufgestellt:
eh = eo 10
- U + '-)
6 \ '20/
Die prozentische Abnahme, die für geringe Höhen {h = 0) sehr nahe
derjenigen im Gebirge gleich ist, nimmt mit der Höhe stark zu. Dies
muss in der That so sein. Denn in grösseren Höhen ist der Tem-
i
¥
VlI. Das Wasser in der Atmosphäre. ß25
laturfall nach oben viel grösser als in den unteren Luftschichten.
Ausserdem wirkt dieselbe Temperaturabnahme bei niederen Tempera-
turen (in grösserer Höhe) prozentisch stärker erniedrigend auf den Dampf-
druck als bei höheren Temperaturen, nahe der Erdoberfläche.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Ballonfahrten, die hauptsäch-
h bei anticyklonaler Luft Verteilung angestellt sind, eine raschere Ab-
nahme ergeben haben als diejenige, welche mittleren Verhältnissen
entspricht. Dasselbe gilt natürlich für die bei diesen Fahrten beob-
litete relative Feuchtigkeit (vgl. S. 586).
Drachenbeobachtungen aus Amerika, die bei gutem windigen Wetter
angestellt sind, geben eine relative Feuchtigkeit von 65 Proz. zwischen
450 und 1200 m Höhe, von 58 Proz. in 1500—1800 m und 51 Proz. in
2100 m Höhe. Diese Beobachtungen entsprechen ebenfalls nicht mitt-
leren atmosphärischen Verhältnissen. Indessen ist, wie gesagt, eine ge-
ringe Abnahme der relativen Feuchtigkeit mit steigender Höhe aus
^theoretischen Gründen wahrscheinlich.
Für verschiedene Rechnungen ist es bequem, die Dampfmenge
Binzuführen, welche in der Luftsäule über einer gegebenen Fläche,
?. B. 1 cm2 der Erdoberfläche befindlich ist. Zu diesem Zweck müssen
wh anstatt mit dem Dampfdruck mit der Dampfmenge rechnen.
Diese nimmt nach oben etwas langsamer als der Druck ab. Während
aämlich der Dampfdruck in 6300 m Höhe ein Zehntel von dem-
jenigen an der Meeresoberfläche erreicht, ist im Gebirge (6300 m)
lie Temperatur um 38^ niedriger, folglich — 28° C, wenn sie an der
Meeresoberfläche + 10*^ C. beträgt. Erhöht man die Temperatur des
Wasserdampfes von — 28*^ C. auf + 10*^ C, so nimmt der Druck im
^^erhältnis t : 1,155 zu. Folglich nimmt die Wasserdampfmenge in
.;!00 m Höhe nur im Verhältnis 10:1,155 = 8,66 ab. Für eine Ab-
iahme im Verhältnis 1 : 10 ist demnach eine Höhenzunahme von 6720 m
U'üg. Die totale Menge M über 1 m^ Fläche, wenn im untersten m^
' 1^ Wasserdampf befindlich sind, wird also:
-f
M= I n • 10 dh^n • «-öä^v = 2917 n.
Mit anderen Worten, die Höhe der homogenen Wasserdampfatmosphäre
trägt 2917 m, falls die Abnahme der Feuchtigkeit dieselbe wie im
■ 1 birge ist.
Arrhenius, Kosmische Physik. 40
626 Physik der Atmosphäre.
Wenn also die Luft an der Erdoberfläche bei 10^ C. zu 80 Proz.
gesättigt ist, d. h. 7,47 g Wasser pro m^ hält, so ist der Totalgehalt an
Wasser über 1 m^ Erdoberfläche 21790 g.
In der freien Atmosphäre ist die Abnahme des Wasserdampfes nach
oben wohl etwas grösser, folglich die Höhe der homogenen Wasser-
dampfatmosphäre geringer, nach den Ballonfahrten wäre sie etwa 2200 m.i
Demnach betrüge in dem genannten Falle die Wassermenge in der'
Luft über 1 m^ nur 16,5 kg (vgl. Tab. S. 586). Man ersieht jedenfall
aus diesem Beispiele, wie mächtige Kegenschauer durch eine Konden-
sation der ganzen Wassermenge in der Atmosphäre entstehen können.
Im genannten Falle würde die Niederschlagsmenge eine Höhe von 17
bis 22 mm erreichen.
Diese Berechnungen gelten natürlich nur für mittlere Verhältnisse.
Welch ein geringer Teil der Atmosphäre die Wasserdampfmengen
sind, ersieht man daraus, dass im erwähnten Beispiel das Gewicht
des Wasserdampfes nur 1,2 — 1,5 mm Quecksilberdruck entspricht. Bei
mittleren atmosphärischen Verhältnissen entspricht für die ganze Erde
der Wasserdampf etwa 2,14 mm Quecksilber, macht also nur etwa
0,28 Gew.-Proz. der ganzen Luftmenge aus (etwa das 6 fache der Kohlen-
säuremenge, aber nur ein Viertel der Argonmenge in der Luft, vgl. S. 475).
Folgende Tabelle giebt die Beziehung zwischen Dampfdruck und
Höhe, wobei der Dampfdruck an der Erdoberfläche gleich 1 gesetzt ist:
Höhe ...1234567 8 9 10 km
Im Gebirge . 0,7 0,49 0,35 0,24 0,17 0,12 0,08 0,06 (0,04) (0,03)
In freier Luft 0,66 0,43 0,27 0,16 0,09 0,05 0,03 0,014 0,007 0,003.
Die jährliche Schwankung der Feuchtigkeit. Auf dem
Meere, wo genug Wasser vorhanden ist, um die Luft zu sättigen, er-
reicht die Feuchtigkeit im allgemeinen etwa 80 — 85 Proz. Sie ist im
ganzen Jahre nahezu unverändert. Sie würde ohne Zweifel 98 Proz.
(dem Sättigungsgrade über Meereswasser von 3,5 Proz. Gehalt ent-
sprechend) erreichen, wenn nicht vertikale Luftströmungen oder Winde
vom Lande das Gleichgewicht stark störten.
Auf dem Kontinente dagegen reicht das Wasser zur Erhaltung der
relativen Feuchtigkeit bei Temperatursteigungen keineswegs aus. Die
kälteren Monate, besonders wenn der Boden schneebedeckt ist, fallen
relativ feucht aus, die wärmsten dagegen sind trocken. Als Beispiele
mögen Barnaul, — relative Feuchtigkeit im Januar 81 Proz., im Mai
57 Proz. — Sultan Bend (37,0" n. Br., 62,4 •> ö. L. v. Gr.) — Januar 73,
r
VII. Das Wasser in der Atmosphäre. ß27
Juli 24 Proz. — und Alice Springs in Central-Australien — Juni (Winter)
'9 Proz. Okt. — Nov. (Frühling) 32 Proz. — angeführt werden (vgl. unten
lie Daten für Ghardaia Tab. S. 629).
Die absolute Feuchtigkeit läuft also über dem Meer vollkommen
irallel dem Maximaldruck des Wasserdampfes bei der betreffenden
icmperatur. Auf dem Kontinente, wo die Temperatur übrigens viel
grösseren jährlichen Schwankungen unterworfen ist, vermag die ab-
flute Feuchtigkeit dem Sättigungsdruck im Sommer nicht zu folgen,
iber auf alle Fälle steigt die absolute Feuchtigkeit bedeutend mit der
Tomperatur.
Die Verhältnisse in unseren Gegenden stehen in der Mitte zwischen
den kontinentalen und den maritimen. Als Beispiel mögen die folgenden
Werte für Berlin und Wien angeführt werden.
i
'ucht. mm
3,9
Relative
Feucht. Proz.
84
Temp. . . -
-1,3
Absolute
Feucht, mm
3,6
Relative
Feucht. Proz.
84
Berlin.
Monat Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
p. . . —2,17+ 0,32 4,73 8,58 13,57 16,97 18,41 18,06 14,61 9,57 3,54 0,17 8,86
bsolute
4,1 4,5 5,3 7,1 9,6 10,7 10,6 8,8 7,2 5,1 4,2 6,6
80 75 69 64 66 67 69 73 79 83 84 74
Wien.
0,4 4,1 10,0 15,1 18,6 20,3 19,6 16,1 10,5 3,7 - 0,8 9,7
3,8 4,4 5,6 8,3 10,1 11,9 11,0 9,3 7,4 4,8 3,7 7,0
79 72 63 64 64 63 66 69 76 80 83 72
Das Minimum der relativen Feuchtigkeit tritt schon im Frühling
lici der starken Temperatursteigerung und relativer Häufigkeit der trock-
nen Ostwinde ein, ein schwaches Maximum fällt bisweilen in den Juli,
• Icr dann etwas grössere relative Feuchtigkeit als der August aufweist.
Das Hauptmaximum fällt in Dez.-Jan.
An den Küsten wird die Schwankung geringer. An der Eismeer-
küste liegt das Maximum im Sommer, z. B. an der Lenamündung,
Sommer 90, Winter 85 Proz.; Spitzbergen, Kap Thordsen, Sommer 82,
Winter 74 Proz.
Im Gebirge bedingen die vertikalen Luftströmungen den jährlichen
mg der relativen Feuchtigkeit. Die aufsteigenden Luftströme, die im
i-rühling und Sommer am häufigsten sind, führen grosse Mengen von
\\'asserdampf mit, die sich zum Teil kondensieren und die relative Feuch-
tigkeit hoch halten. Im Winter wird diese Luftbewegung häufig durch
40*
(j28 Physik der Atmosphäre.
eine absteigende mit trockner Luft ersetzt. (Vgl. unten die Daten fin
Sonnblick Tab. S. 628.)
Der jährliche Gang der relativen Feuchtigkeit kann kaum ohne Be-
rücksichtigung der geographischen Lage verstanden werden. Die fol-
gende Tabelle giebt die relative Feuchtigkeit für einige typische Ori
an. Grosse Schwankungen können natürlich in derselben Jahreszeit auf-
treten, je nachdem der Wind vom Meere oder vom Kontinent weht.
und je nachdem die Luftverteilung cyklonal oder anticyklonal ist.
Das Maximum der relativen Feuchtigkeit trifft, wie gesagt, in Ei •
ropa im Winter (gewöhnlich Januar), das Minimum im Frühling (gc-
Avöhnlich Mai) ein. An der Ostküste Nordamerikas sind die Ver-
hältnisse ungefähr dieselben wie in Europa, nur ist das Klima trockner.
An der Stillenmeerküste ist die Veränderung sehr gering. Das Maxi-
mum liegt da im Sommer. Im Innern der Kontinente sinkt die re-
lative Feuchtigkeit stark, wie die Daten von Sultan Bend {dl,0^ n,
Br. 62,4 ö. L.), Merw und Salt Lake City zeigen. Von den unten gi
gebenen Ziffern beziehen sich die unter I verzeichneten auf den Wincer
(Dez. — Febr.), die unter II auf den Frühling (März — Mai), die unter III
auf den Sommer (Juni — Aug.), die unter IV auf den Herbst (Sept. bis
Nov.) der nördlichen Halbkugel. Unter V steht ein Mittelwert, der für
das Jahr gilt.
I
Cap Thordsen, Spitzbergen . . 72
Christiania 86
Schweden, Mittelwert .... 89
Petersburg 88
Paris 88
Marseille ..... .68
London 87
Hamburg 87
Berlin . 83
Salzburg . 86
Sonnblick 71
Wien 82
Eom 74
Lissabon 79
Madrid 80
Simplon . . 77
Athen 74
II
HI
IV
V
71
82
80
76
68
65
81
75
74
71
85
80
75
71
84
80
73
76
86
81
61
58
67
65
76
71
83
79
74
75
84
80
69
67
78
74
76
78
84
81
83
86
82
80
66
64
75
72
65
58
70
68
70
62
73
71
65
48
69
65
79
74
80
77
64
48
63
62
VIT. Das Wasser in der Atmosphäre. g20
I II III IV V
Irkiitsk 82 59 67 76 71
Merw 76 62 35 50 56
Sultan-Bend 69 42 26 42 45
Jerusalem 73 53 45 55 57
Djeddah 69 70 70 77 72
Bagdad 74 57 41 57 57
Leh, Tibet 89 42 41 46 55
Kalkutta 70 70 84 76 75
Ceylon 83 82 84 86 84
Singapore 82 79 80 81 81
Peking 58 51 71 62 61
Tokio 67 72 82 78 75
Manila 74 69 80 82 76
Batavia . 87 85 82 81 84
Sydney 72 75 73 67 72
Fidji-Inseln 81 84 80 76 80
Alger 76 74 77 75 75
Ghardaia (inneres Algerei) . . 56 32 20 40 37
Kairo 66 48 47 63 55
Zanzibar 80 83 80 79 80
Kapstadt 67 75 81 73 74
Sahara 19— 30 n.Br., 9—14 ö.L. 47 32 29 49 39
Kamerun 86 87 89 89 88
Funchal, Madeira 71 67 70 69 69
St. Paul (Behrings Sund, Alaska) 84 81 86 84 84
Toronto (Kanada) 82 72 75 78 71
Newyork •. 75 67 69 71 71
San Francisco, California .. 74 72 77 74 74
Salt Lake City 59 44 31 42 44
Havanna 78 73 75 79 76
Quito 76 79 72 74 75
liio de Janeiro 79 79 77 79 78
Santiago de Chile 69 79 86 79 78
Buenos Aires 66 76 81 74 74
Kap Hörn, Orangebai .... 82 82 82 82 82
Süd-Georgien 72 76 74 75 74
Die jährliche Veränderung der relativen und absoluten Feuchtigkeit
iü den verschiedenen Zonen der p]rde geht aus folgender Tabelle hervor.
630 Physik der Atmosphäre.
Relative Feuchtigkeit
Absolute Feuchtigke
t
I
II
III
IV
V
I
II
III
IV
^
60-
-10^ n. Br.
86
81
77
84
82
1,2
2,1
6,2
2,8
.>. ■
50-
-60
83
74
76
80
78,2
2,2
3,8
8,8
4,7
-1.
40-
-50
78
73
69
76
74
3,9
6,0
10,8
7,2
7.11
30-
-40
73
78
67
71
69,7
6,5
8,6
13,4
10,1
9,7
20-
-30
71
68
70
73
70,5
10,4
13,6
17,1
15,0
13>
10-
-20
74
73
78
77
75,5
15,3
17,0
19,6
16,8
17.2
Äq.-
-10
77
78
82
81
79,5
17,7
18,9
19,9
19,3
IS.'
Äq-
-100 s. Br.
81
81
82
80
81
19,4
19,0
17,9
18,3
18,7
10-
-20
79
78
80
77
78,5
18,0
17,1
14,6
16,0
16,4
20-
-30
79
79
80
75
77,2
14,8
14,0
11,1
13,0
13,2
30-
-40
75
80
80
79
78,5
11,1
10,4
8,1
9,6
9,8
40-
50
81
81
83
79
81
8,3
7,1
5,9
6,6
7,0
50-
-60
83
79
—
—
—
5,7
4,5
—
—
—
Die relative Feuchtigkeit hat ein schwach ausgeprägtes Maximum
(81 Proz.) etwas südlich vom Äquator, geht durch ein Minimum bei ctw.i
250 s. Br. (77,2 Proz.) und 30° n. Br. (69 Proz.), um in den polaren
Gegenden wiederum auf über 80 Proz. zu steigen. Die absolute Feuchtig-
keit hat ihr Maximum 19 g pr. m^ etwas nördlich vom Äquator (wegen
der höheren Temperatur nördlich vom Äquator) und nimmt von da stetig
gegen die Pole hin ab.
Die mittlere absolute Feuchtigkeit der ganzen Erde beträgt etwa
11,4 g pro m^ an der Erdoberfläche. Bei einer Höhe der homogenen
Wasserdampf atmosphäre von 2500 m erhält man eine Wasserdampf-
menge von 28,5 kg über jedem m'-^ der Erdoberfläche.
Die tägliche Schwankung der Feuchtigkeit. Wenn die
Wassermenge in der Luft unveränderlich bliebe, so müsste die relative
Feuchtigkeit einen umgekehrten Gang zeigen, wie die Lufttemperatur.
Die Voraussetzung trifft ziemlich zu, da die Menge Wasser, welche
während des Tages abdampft, zum grössten Teil von der Erdoberfläche
weggeführt wird. Als Beispiele führen wir einige Ziffern für Wien an:
Zeit . . .
3a
6a
9a
12m
3p
6p
9p 12mn
Abs. Feucht.
10,7
10,5
10,7
10,8
10,8
11,2
11,4 10,9
Kel. „
75
74
61
51
48
53
66 72
Auf dem Kontinent erreicht der Dampfdruck sein Maximum in den
Abendstunden, sein Minimum zur Zeit der tiefsten Temperatur, im
Sommer liegt ein zweites Maximum bei etwa 9 Uhr V. M. und ein
¥
VIT. Das Wasser in der Atmosidiäro. 631
-■■(utos Minimum bei 3 — 4 Uhr N. M. Das Naclimittagsminimum bc-
Miht auf vertikalen Luftströmon, welche zur heissesten Tageszeit am
kräftigsten entwickelt sind.
Die vertikalen Bewegungen der Luft bewirken, dass im Gebirge
die Luft zur wärmsten Tageszeit am feuchtesten ist, zur kältesten
dagegen am trockensten. Dies gilt für die absolute Feuchtigkeit, die
ivlative Feuchtigkeit hat ein Maximum am Nachmittag (6 Uhr im Som-
iiMT, 2 Uhr im Winter auf Sonnblick), ein Minimum Vormittags (10 Uhr).
Über dem Ocean hat die absolute Feuchtigkeit ein Maximum kurz
nach Mittag, ein Minimum um 4 Uhr V. M. Ungefähr dasselbe gilt
i- schneebedeckte Gegenden, nur fällt das Maximum etwa 3, das
Minimum etwa 2 Stunden später.
Wie die Beobachtungen am Eiffelturm zeigen, nimmt die Schwan-
ig der relativen Feuchtigkeit mit zunehmender Höhe ab. Das Mi-
ium bleibt ungefähr konstant, das Maximum sinkt stark mit wach-
lider Höhe.
Wie leicht zu verstehen, ist die Schwankung der relativen Feuch-
[eit, ebenso wie diejenige der Temperatur, ausserordentlich viel grösser
f heiteren Tagen wie an trttben.
VIII. Wolken und Niederschlag.
Wasserkondensation. Wenn wasserdampfhaltige Luft abgekühlt
wird, so kann der Wassergehalt höher werden als der Sättigung bei der
betreffenden Temperatur entspricht. Die Temperatur, bei welcher diese
Grenze überschritten wird, nennt man Taupunkt. Unter dem Taupunkt
ist die Möglichkeit der Kondensation gegeben. Für den wirklichen Ein-
tritt der Kondensation ist es sehr günstig, wenn Kerne oder Nuclei in
der Luft verbanden sind. Solche Kerne sind der in der Luft schwebeu(i
Staub, heruntersinkende Wassertröpfchen oder Eisnadeln oder endlicli
durch Kathodenstrahlen (Nordlicht) oder auf andere Weise ionisierte Luft.
Ein kleiner Tropfen hat nämlich eine bedeutend grössere Dampf-
spannung als eine ebene Wasserfläche. So z. B. kann man berechnen,
dass die Dampfspannung einer Wasserkugel von 0,001 mm Durchmesser
bei gewöhnlicher Temperatur um 0,12 Proz. grösser ist als diejenige
einer flachen Wasseroberfläche. Die Dampfdruckerniedrigung wächst in
geometrischer Progression, wenn die Krümmung (der inverse Wert des
Tropfenradius) in arithmetischer Progression zunimmt. So z. B. ist die
Dampfspannung über einem Tropfen von 0,00001 mm Durchmesser
(1,0012) '^0 = 1^127, falls diejenige über einer flachen Oberfläche gleich 1
gesetzt wird.
Nach den Versuchen von H. Wilson tritt Kondensation auch in
Luft ein, aus der man durch wiederholte Ausfällungen so weit wie
möglich alle Kondensationskerne entfernt hat, sobald der Dampfgehalt
4 — 8 mal so gross ist wie derjenige gesättigter Luft.
Ausser diesen Kondensationskernen wirken auch verschiedene Dämpfe
und Gase, wie Ozon, Dämpfe von Schwefelsäure und anderen starken
Säuren, Phosphor u. s. w. auf Wasserdampf kondensierend ein.
Eine Übersättigung der Luft an Wasserdampf und danach folgende
Kondensation kann durch folgende hauptsächliche Umstände eintreten.
VTII. Wolken und Niederschlag.
633
) durch Vermischung von zwei verschieden warmen Luftmassen, 2) durch
vbTvühlung zufolge von Strahlung oder Berührung mit kalten Körpern,
iurch Ausdehnung der Luftmassen bei Aufstieg derselben.
Wenn zwei mit Feuchtigkeit gesättigte Luftraassen von ungleicher
omperatur sich mischen, so wird die Mischung an Wasserdampf über-'
äiligt. Dies kommt daher, dass die Kurve, welche den Wasserdampf-
ehalt gesättigter Luft als Funktion der Temperatur darstellt, gegen
io Temperaturachse konvex ist, da sie annähernd mit einer Exponential-
urve zusammenfällt.
Zur Ermittelung der Wassermenge, welche dabei ausgefällt wird,
at V. Bezold folgende Überlegung gemacht:
Es stellt im nebenstehenden Diagramme die Kurve WW^ die Dampf-
lenge in g pro m^ bei der Temperatur t dar (Fig. 193). Zwei Luftmassen von
deinem m^ und den Temperaturen t^ und ^,
ie mit Wasserdampf gesättigt seien, mögen
emischt werden. Die Mischung nimmt
ann eine Temperatur ^ an, welche das
Fittel von /", und ^ ausmacht. DieWasser-
ampfmenge pro m^ ist auch das Mittel
on den beiden anfänglichen Wasserdampf-
lengen ^, und .^j. Da nun der Wasser-
ampfgehalt 2/3 von 1 m^ gesättigter Luft bei
er Temperatur ^ geringer ist als (^1 + 2/2): 2,
3 fällt ein Teil des Wasserdampfes aus. Dabei steigt die Tempe-
itur auf t^ und die ausgefällte Menge pro m^ wird (2/1 + 2/2) = 2 — y^.
s sei die latente Wärme, welche bei der Ausfällung eines g Wassers
'ei wird, L cal. und die Wärmekapazität eines m^ Luft sei c, so gilt
äfenbar:
y\ + 2/2
Fig. 193.
2/4
6(^4 — ^3).
m der Figur ist {yy-\-y2):2—y^ = PR und t^ — t^=-QR. Weiter ist
ri'R:QR=tga, wo a den Winkel zwischen PQ und der t-A\e darstellt,
ijfan erhält auf diese Weise:
; tga = e:L.
I ist nun das Produkt von dem Gewicht eines m^ Luft (bei 0^ 1,293 g)
I nd ihrer spezifischen Wärme bei konstantem Druck (0,238). L ist bei
j *>, falls Eis ausfriert, etwa 677, falls Wasser ausfällt 597 cal. Mit
» iesen Werten berechnet man (für 0^ und 760 mm Druck geltend):
« = 27» 16,2' (für Wasser); « = 240 26,7' (für Eis).
ß34 Physik der Atmosphäre.
Bei sinkendem Druck ebenso wie bei steigender Temperatur sinkt a
wenig, so z. B. ist es (für Wasser) bei 0° und 720 mm 26^ 1,6', bei 20'
und 760 mm Druck 26^ 11,3'. Für Temperaturen zwischen 0 und 20^0., scn
Drucke zwischen 720 und 760 mm kann man a durch Interpolai
berechnen.
Um die ausgefällte Wassermenge zu bestimmen, ermittelt man ai?
die Lage des Punktes P, welcher nach der Gesellschaftsrechnung ai!
dem Wasserdampfgehalt {ijy und y^) der beiden sich vermischenden Lu!
mengen und der Temperatur {t^ und ^) derselben bestimmt wird. Durcj
diesen Punkt P zieht man eine gerade Linie, die einen Winkel a (et
11^ in gewöhnlichen Fällen) mit der ^-Axe bildet. Der Schnittpun
dieser Linie mit der Dampfmenge-Kurve giebt die Temperatur und d;
Dampfmenge der Mischung an. Die übrige Wasserdampfmenge wird ausgti
fällt. 2/^ und 2/2 brauchen nicht Sättigung ( TTTF^-Kurve) zu entspreche^
Man hat dieser Art der Wasserausscheidung in älteren Zeiten eiu
grosse Kolle bei der Nebel- und Wolken-Bildung zuerteilt. Eine nähci
Untersuchung zeigt aber, dass die auf diese Weise ausgefällte Wassci
menge nur unbedeutend ist. Bei einer Vermischung von 1 m^ gesättigti
Luft von 25^ C, mit einem Wassergehalt von 22,8 g, mit 1 m^ g6
sättigter Luft von 0*^, dem Wassergehalt von 4,7 g entsprechend, enti
stehen 2 m^ Luft von 12,5'' und 13,75 g Dampfgehalt. Gesättigte Lul
von 12,50 enthält aber nur 11 g Wasser pro m=^. Es fällt demnacl
Wasser aus, und zwar 1,2 g in der ganzen Luftmasse, d. h. 0,6 g pi
m^, während die Temperatur sich um 2,4*^ C. erhöht.
In den in der Natur vorkommenden Fällen dürften die ausgeschie-
denen Wassermengen kaum ein Zehntel der oben berechneten Meng;
erreichen. Es ist auch zu beachten, dass in den meisten Fällen di;
sich mischenden Luftmengen nicht gesättigt sind. Dabei hat der Sätti
gungsgrad der warmen Luftmenge, wegen ihres grösseren Dampfgehalte>
den grösseren Einfluss.
In den Wolkenregionen, wo der Luftdruck viel geringer ist als ai
der Erdoberfläche, wird die Niederschlagsmenge entsprechend grössei
da die Wärmekapazität von 1 m^ Luft bedeutend geringer ist. Dafü
ist die Temperatur und damit der Wasserdampfgehalt um so niedrigci
was die Wirkung des niederen Druckes mehr als kompensiert.
Auch die zweite Ursache der Kondensation ist ohne grössere prakj
tische Bedeutung. Bei starker Abkühlung des Erdbodens durch Strahlung!
teilt sich seine Kälte durch Leitung und Strahlung den niederstei
Schichten der Luft mit und es entsteht auf diese Weise eine dünnd
I
VIII. Wolken nnd Niederschlag. 535
|rel>elschicht, welche für kalte Wintertage, besonders am Morgen, charak-
"i^tisch ist. Bei solcher Abkühlung der Luft kommt es häufig nicht
Nebelbildung, sondern die überschüssige Feuchtigkeit in der Nähe
Erdbodens setzt sich als Tau oder im Winter als Glatteis ab.
Dünne Nebelbildungeu entstehen auch, wenn warme feuchte Luft-
I '.nie über eine kalte Fläche oder kalte Luftströme über eine warme
hte B'läche streichen. Von der letzten Art sind die Nebelbildungen
' feuchten Wiesen und über Wässern an Sommerabenden oder im
i)st. Besonders günstige Gelegenheit zu Nebelbildung geben die
len des Meeres, wo kalte und warme Meeresströme aneinander grenzen.
Bank von Neufundland ist in dieser Hinsicht berüchtigt. Ähnliche
.oüdensationen kommen auch in der Nähe von schwimmenden Eisbergen
fler von der Polareiskalotte vor.
Durch heftige Ausstrahlung können sich auch dünne Wolkenschichten
'»nders in klaren Winternächten) bilden.
RDie unvergleichlich ausgiebigste Quelle der Wolkenbildung rührt
der Ausdehnung feuchter Luftmassen her. Die Luftdruckschwan-
[en, welche an der Erdoberfläche vorkommen, sind im allgemeinen
ii gering, um eine Wasserausscheidung zu bewirken. Solche Fälle
ummen aber bei der Bildung von Wasserhosen vor, in deren Mitte der
)ruck sehr stark erniedrigt ist.
Bei dem Aufstieg von warmen feuchten Luftmassen dehnen sich
ieselben aus und kühlen sich dabei um nahezu l^C. für jeden hundertsten
leter ab. Die geringe Volumszunahme ist bei weitem nicht genügend,
m die Luft gegen Überschreitung der Sättigungsgrenze zu schützen.
Durch die Ausscheidung von Wasser bezw. Eis erwärmt sich die.
iUftmasse und dadurch vermindert sich der Niederschlag.
Mit Hilfe der oben gegebenen Daten lässt sich berechnen, dass
eim Aufstieg von 1 m^ gesättigter Luft von 10^ C. um 1000 m eine
lUsscheidung von 2,9 g Wasser erfolgt. Steigt nun die Luft mit einer
Geschwindigkeit von 2 m pro Sek., so fällt in einer Minute über jedem
i(!>.uadratmeter 348 g. In einer Stunde entspräche dies einer ausgeschie-
n Wassermenge von 21 kg pro m^. Dies entspricht einer Nieder-
iiiagsmenge von 21 mm, also einem sehr starken Regen. Da nun die
■lichten Luftmassen häufig bis gegen 3 km aufsteigen, können sie
och grössere Niederschlagsmengen abgeben.
II Tau-Bildung. Nur ein relativ geringerTeil des Niederschlages fällt
iif dem erkalteten Boden selbst aus. Dies beruht auf der Langsamkeit
Dift'usionsvorgänge, welche den Wasserdampf zum abgekühlten Boden
ß36 Physik der Atmosphäre.
hintreiben. Höchstens so viel Wasserdampf wie in einer ein paar Met
dicken Luftschicht befindlich ist, kann dabei abgeschieden werden. Seh
eine sehr schwache vertikale Luftströmung kann deshalb eine starke Zunahn
der niedergeschlagenen Taumenge bewirken. Dagegen verhindern starl
Luftströmungen die Taubildung, weil die Luft nicht lange genug am Bod
bleibt, um zum Taupunkt abgekühlt zu werden.
Je heftiger die Wärmestrahlung des Bodens und je geringer d
Wärmezufuhr vom Boden zur strahlenden Schicht ist, um so reichliche
ist der Tau. Unebene Flächen strahlen heftig Wärme aus, deshal
bildet sich starker Tau auf Käsen, Getreidefeldern, Wald und Pflanzer,
blättern, welche alle sehr schlechte Wärmeleiter sind. An den Blatt
von hohen Bäumen setzt sich selten Tau ab, weil die an ihnen abge
kühlte Luft meistens herabsinkt, bevor sie den Taupunkt erreicht ha
Im Gebirge ist ebenfalls die Strahlung relativ kräftig, ausserdem geli
die Diffusion daselbst etwas schneller vor sich wie an der Meeresobei
fläche (umgekehrt proportional dem Luftdruck), deshalb ist die Taubildun,
daselbst relativ stark. Auch im Gebirge setzt sich viel mehr Tau da ai
wo die abgekühlte Luft nicht entweichen kann (in den Hochthälern), a!
wo dies geschieht (an den Bergabhängen).
Dass die gebildete Taumenge bei gleicher Abkühlung des Bodt i,
unter die Lufttemperatur mit dieser zunehmen muss (falls die relativ
Feuchtigkeit die gleiche ist), ist selbstverständlich. Der Tau i-
infolgedessen in tropischen Küstenländern viel ausgiebiger als in höhere:
Breiten. In unseren Gegenden ist der Tau am kräftigsten in Küsten
gebieten und im Spätsommer, wenn die Luft noch warm ist und di
Nächte durch ihre zunehmende Länge eine relativ kräftige Abkühiiiii:
des Bodens gestatten. Die Blätter können dann von Wasser triefen.
Wegen der starken Wärmezuleitung im nackten Felsen setzt sie]
nur selten Tau daran ab.
Da die Oberfläche eines gegen den Nachthimmel strahlenden Basen,
niedrigere Temperatur besitzt als sowohl die darüberliegende Luft, wie äh
Luftschicht unterhalb in den Poren des Bodens, so diffundiert Feuchtiu
keit sowohl von oben wie von unten zur Taubildungsstelle hinzu
Es kann die Menge des Taus, der von unten stammt, dabei viel grosse
sein, als die von oben aus der Luft stammt; denn die Strecken, durch di
der Wasserdampf diffundieren muss, sind oft nur kurz und aus dem warmoi
feuchten Boden dunsten immer neue Mengen ab. Mehrere Forscher au
diesem Gebiet, wie Aitken und Wollny, wollen sogar so weit gehen
dass sie die Bodenfeuchtigkeit als die alleinige Quelle des Taus ansehen
b
VIII. Wolken und Niederschlag. 637
- sicher übertrieben ist. Man sieht ja beispielsweise Dächer in ganz
reren Nächten sich mit Tau oder noch häufiger mit Reif bedeclien,
>ei von einer Wasserdampfzufuhr vom Boden kaum die Rede sein
.111,
Die Menge des in einer Nacht fallenden Taus wird, wenn sie sehr
Wich ist, von Homen auf 0,1— 0,2 mm Höhe geschätzt (für Finn-
.1). So grosse Mengen entstehen nur bei schwacher vertikaler Luft-
i;kulation; wenn die Luft still stände, könnte kaum ein Fünfzigstel
avon abgesetzt werden. Zu ähnlichen Zahlen wie Homen (0,1 bis
" mm) ist Dines für England gekommen. Die mittlere Taumenge
iner Taunacht bei Turin beträgt im Sommer nur 0,13 mm, welche
r jedoch unzweifelhaft beträchtlich höher ist als die für unser Klima
eltenden. In den Tropen kann der Tauabsatz in einer Nacht den
n fachen Betrag erreichen. Die ganze Taumenge im Jahr wird von
)va (für Montpellier) auf 8 mm, von Wollny (für München) auf 30 mm
eschätzt. Obgleich diese Schätzungen recht unsicher sind, so zeigen
ie doch, dass diese Form des Niederschlages gegen andere (Schnee und
legen) sehr unbedeutend ist. Dass sie trotzdem bei Regenmangel
on der grössten Bedeutung für die Vegetation sein kann, wird damit
icht bestritten.
Wenn die Temperatur des abgekühlten Bodens unter den Gefrier-
unkt sinkt, so schlägt sich der Tau in fester Form nieder und wird dann
leif genannt. Er setzt sich häufig in schönen federförmigen Bildungen
b, die dem Luftzug entgegen wachsen. Nach Assmann, der sie mi-
roskopierte, sollen dieselben nicht krystallinisch sein, sondern aus an-
inandergelagerten Eiströpfchen bestehen.
Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Reif zeigt der Rauchfrost, der
idoch eine bedeutend grössere Masse als jener besitzt. Derselbe setzt
ich aus Nebeln, die aus überkälteten Wassertröpfchen bestehen, an kalten
lervorragenden Gegenständen, besonders Drahtleitungen, auf der Wind-
elte ab. Diese Erscheinung ist dem Winter der kälteren Gegenden
igentümlich. Sie verleiht häufig dem Wald die grösste Pracht der
yinterlandschaft, besonders wenn die Sonne die glitzernden Eisnädelchen
eleuchtet. Bisweilen ist die Masse des Rauchfrostes so bedeutend, dass
Ji den Bäumen oder Drahtleitungen Schaden entsteht.
In den Bergen können die Rauchfrostbildungen ganz enorme
Mmensionen annehmen, so dass davon getroffene Gegenstände, wie
Jftume und Telegraphenstangen, von dicken Eisablagerungen bedeckt
werden. Dies rührt von der starken Nebel- oder Wolkenbildung in
638 Physik der Atmosphäre. ,
diesen Höhen her (1000—2000 m). — In noch grösseren Höhen, wo
Luft wasserarm ist, sind die Verhältnisse wiederum ungefähr dieselb«
wie in der Niederung (so z. B. auf Sonnblick, 3100 m). — Omond h!
obachtete auf Ben Nevis (1300 m), also in der Nähe des vom Golfstro
erwärmten Meeres, dass der Kauchfrost einmal gegen starken Wh
um 3,2 cm pro Stunde zunahm.
Grosse Ähnlichkeit mit dem ßauchfrost zeigt das Glatteis, welches si
am Boden, Mauern, Bäumen u. s. w., die stark abgekühlt sind, bei starV
Luftfeuchtigkeit (bei plötzlicher Temperatursteigerung der Luft) abset2
Überkälteter ßegen kann ebenfalls solche Bildungen hervorrufen. Glat
eis ist in Amerika, besonders an der Westküste, recht gewöhnlich wegc
der daselbst häufig eintretenden heftigen Umschläge der Temperatu
Ungefähr ein Viertel von Frankreich wurde am 22. — 23. Jan. 1879 vq
einer Glatteisbildung betroffen, welche zu Fontainebleau, Vendome uii
Orleans den Boden mit einer 2—3 cm dicken Eiskruste überzog. Dj
Telegraphendrähte zu Fontainebleau wurden dabei mit einem Eisüberzu
von 3,8 cm Durchmesser bekleidet.
Geschieht der Eisabsatz langsam, was besonders bei niedriger Tein
peratur eintrifft (bei— lö'' C. und darunter nach Assmann), so scheifl^
sich der Reif oder Rauchfrost in Form von zierlichen hexagonale,
Eiskryställchen aus, welche häufig federförmig wie die Schneekryställchei
angeordnet sind. I
Bei der Bildung aller dieser Arten von Niederschlag wird latent}
Wärme frei (etwa 600 cal. pro g Wasser, 680 cal. pro g Eis) und dei
Erdboden nimmt daher bedeutende Wärmemengen auf, die sein'
Temperatur merklich erhöhen können. So z. B. beobachtete Ham
berg, wie vor einer Reifbildung die Bodentemperatur auf —2^0. sau
um nach derselben sogleich auf 0^ zu steigen. Ein starker Taufall (0,
bis 0,2 mm) führt dem Boden 6—12 cal. pro cm^ zu (Homen).
Nebelbildung. Findet die Kondensation des Wasserdampfes it\
der Nähe der Erdoberfläche statt, so nennt man das Produkt Nebel
zum Unterschied von Wolken, welche in höheren Luftschichten vorkom^
men. Einen wirklichen Artunterschied zwischen Nebeln und Wolken giebl
es eigentlich nicht. Die Nebel entstehen gewöhnlich durch Wärmeab-
gabe an den kalten Erdboden, wogegen die Wolken meist durch Aus-
dehnung von feuchter Luft hervorgerufen werden.
Die Stärke eines Nebels wird aus der Entfernung beurteilt, in!
welcher noch Gegenstände sichtbar sind. In Städten entwickeln sichl
häufig Dämpfe (besonders Schwefeldioxyd und Schwefelsäure durch Ver-
p
VIII. Wolken und Niederschlag. 539
nnung von Pyrit enthaltenden Kohlen), welche durch chemische
Wirkungen eine Kondensation des Wasserdampfes zustande bringen.
: so entstandene Nebel, „Stadtnebel" genannt, besteht aus kleineren
pfchen als der gewöhnliche Nebel, Landnebel, welcher sich an chemisch
ifferenten Staubteilchen kondensiert. Gewöhnlich ist die Luft
Stadtnebel nicht mit WasserdampT gesättigt. In diesem Falle
rtzt der Nebel nicht, es ist ein sogenannter trockner Nebel. Auch
Landnebel kann bisweilen „trocken" sein. Dies beruht nach Aitken
Ulf, dass der betreifende Nebel viele Wärmestrahlen von der Sonne
hlässt, sodass darin befindliche Gegenstände erwärmt werden und
auf sie niederfallenden Tröpfchen wieder verdunsten.
Die Tröpfchen des Landnebels sind grösser als diejenigen des Stadt-
ols, sie fliessen auch leichter zusammen wie diese, sie fallen deshalb
hter hinunter. Ferner verdunsten die Stadtnebel wegen der darin
en Körper schwerer wie die Landnebel. Mit einem Wort, die
nebel lösen sich leichter auf wie die Stadtnebel.
Ein Teil der Stadtnebel zeichnet sich durch seine gelbe bis braun-
schwarze Farbe, welche von Russpartikelchen herrührt, aus. Sie
en in Fabrikstädten, besonders in England (London, Glasgow, Man-
r), vor. Sie sind am gewöhnlichsten im Winter am Vormittag.
Häufigkeit wird dadurch gekennzeichnet, dass in den Wintermonaten
k— Febr.) das Centrum von London (City) etwa dreimal weniger
onnenstunden hat als Eastbourne 85 km SSE. von London an der
.'ttste und etwa halb so viel wie Kew, an der Aussenseite der Stadt.
1 diesen Nebeln, die wegen der dabei unentbehrlichen künstlichen Be-
iuchtung sehr grosse Kosten (bis 100000 Mk. pro Tag) verursachen,
iJ^nieren die ungesunden Gasausscheidungen der Grossstadt; der Kohlen-
•iuregehalt kann dabei von 0,04 auf 0,14 Vol.-Proz. steigen.
Die Häufigkeit der Nebel ist mit dem Steinkohlenkonsum stark ge-
legen, und zwar fällt die Zunahme fast ausschliesslich auf den Herbst
nd Winter. Den Stadtnebeln ähnliche Bildungen entstehen über Vul-
lUicn, Solfataren, Mofetten u. s. w., welche saure Ausdünstungen aus-
'nden, sowie über Wald- und Grasbränden, zufolge deren über dem
lachen Afrika zur Trockenzeit ununterbrochen eine Trübung liegt.
In der Ebene kommen die Nebel am häufigsten bei Windstille in
kalten Jahreszeit und am Morgen vor. Diese Zeit ist durch starke
1 'iiiperaturumkehr" gekennzeichnet. Gewöhnlich sind sie von geringer
'icke bei heftigem „Strahlungswinter". Bei anhaltenden Barometer-
laximis können sie bis gegen 1000 m Mächtigkeit erreichen.
640 Physik der Atmosphäre.
In den Bergen beruhen die Nebel, wie die Wolken, meist auf Ai
dehnung feuchter Luft; sie werden deshalb durch Luftbewegung ]
günstigt.
Auf dem Meere und an den Küsten sind häufig die Nebel ii!
Sommer gewöhnlicher als im Winter, wie folgende Tabelle nach Ha
zeigt:
Häufigkeit der Nebeltage in England.
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. J
Küste ..84 7 7 11 17 15 17 11 5 4 4 11«
Binnenland 37 21 16 6 3 2 ö 6 10 33 33 39 20/
Über den Polarmeeren, deren Nebelreichtum bekannt ist, komm
die Nebel ebenfalls im Sommer häufiger wie im Winter ^
Über der Ostsee sind die Nebel im Frühling am gewöhnlichst» i
Starke Nebel finden sich an der Grenzlinie zwischen kalten un^
warmen Meeresströmungen, wie an der Küste von Neufundland, an de
Bäreninsel, am Kand des Polareises. Ebenso sind Küsten, an welche)
kalte Wasserströmungen vorbeistreichen, häufig in anhaltende Nebel i
hüllt (Marokko, Walfischbay, Peru, Kalifornische Küste).
Wolken. Die Partikelchen der Wolken können flüssig oder fesj
sein; man unterscheidet in dieser Hinsicht Wasser- und Eiswolkei]|
Diese sind meist dünner und hauptsächlich (besonders im Sommer) aul
die höheren Luftschichten beschränkt. j
Um das Schweben der Wolken zu erklären, nahm man früher alli
gemein an, die Tröpfchen seien hohl. Direkte Beobachtungen derselber
haben diese Ansicht widerlegt. Dieselbe war auch deshaE
unhaltbar, weil im Innern des Tropfens ein viel höhereij
Druck als der Luftdruck herrschen muss. Es sei Fig. 194 deij
Durchschnitt einer kleinenWasserblase von 0,02 mm(vgl.S.641^
Durchmesser und sehr dünner Wasserhaut, und es sei der
äussere Luftdruck p mm, so ist der Druck in der flüssigen Haut!
p -\- .^-^ : r) mm, worin 15,1 die Steighöhe des Wassers (bei 11** C.)|
in einer Köhre von 1 mm Halbmesser bedeutet. Der Druck in der in
1 '^ 1 / 1 1 \
neren Luftmasse wird p + 77^ ( 1 )• Setzen wir der Einfachheit
13,6 \r rj
halber den äusseren Halbmesser r gleich dem inneren r, und gleich
0,01 mm, so wird der innere Druck p + 223 mm. Unter diesem hohen
Überdruck von etwa einem Drittel Atmosphäre würde die innere Luft
in sehr kurzer Zeit, einigen Minuten, hinausdiffundieren.
i
■
VIII. Wolken und Niederschlag. Q^\
Die Grösse der Tropfen in den Wolken ist teils direkt beobachtet
[•den von Assmann und Dines, teils aus der Grösse der Höfe um
u Mond von Kämtz berechnet worden. Sie fanden folgende Zahlen
lir den Durchmesser:
V Dines . . 0,006— 0,027 mm
Assmann 0,006— 0,117 mm
Kämtz. . 0,014-0,035 mm.
Die von Dines beobachteten Tröpfchen gehörten einer Wolke an,
■lehe sich gerade im Übergangszustand zum Kegen befand. Als Mittei-
lt nimmt man gewöhnlich 0,02 mm an.
Für die Fallgeschwindigkeit von sehr kleinen Kugeln, gab Dutton
iift Formel:
IB R = 0,0000286 v'^d^s,
I^Bi R den Luftwiderstand (= Gewicht des Tropfens in Grammen), v die
l^fthwindigkeit in m pr. Sek., d den Durchmesser in mm angiebt.
■»S das spezifische Gewicht der Luft, verglichen mit demjenigen bei
1 *. und 760 mm Druck. Das Gewicht einer Kugel von 1 mm Dureh-
aesser ist 0,000 524 j? g, worin p das spezifische Gewicht der Kugel an-
hiebt. Folglich ist R= 0,000524^ c?^ und man erhält so:
0,000 b2ip d = 0,0000 286 v'^s.
Für Wasser ist ^ = 1; setzen wir auch s = 1, so erhalten wir für
— - 0,02 mm, v = 0,605 m pr. Sek. In Wirklichkeit sinken die Tropfen
angsamer, weil bei sehr kleinen Tropfen der Widerstand bedeutend
grösser ist als die Duttonsche Formel angiebt.
Nach einer Formel von Stokes, die für sehr kleine Tröpfchen gilt,
vürde die Geschwindigkeit nahezu proportional der Oberfläche des
rnpfens zunehmen und für die hier genannten Tropfen gleich 4 cm
T. Sek. sein. Jedenfalls* sieht man, dass aufsteigende Luftströme von
ehr unbedeutender Geschwindigkeit genügen, um diese Tropfen schwe-
)end zu erhalten.
Die obenstehende Formel ergiebt für die kleinen von Dines beob-
ichteten Regentropfen v = 0,b — 1,5 m, für Regentropfen von 1, 2, 4
md 7mm v = 4,3 bezw. 6, 8,5 und 11,2m. Hagelkörner von lern
)urchmesser {p = 0,9) haben danach eine Fallgeschwindigkeit von 13 m.
Die Wolken nehmen je nach ihrer Bildungsweise recht verschiedene
\-iuien an. Man ist übereingekommen, folgende Klassifikation einzu-
ühren (vgl. Fig. 195):
Arrhenius, Kosmische Physik. 41
642
Physik der Atmosphäre.
Cirrus oder Federwolken. Weisse, schattenlose, zarte Wolkenfascr
die häufig bandförmig angeordnet sind (Polarbänder).
Cirro-Stratus. Weisse Wolkenschleier, bisweilen fasrig, bisweiL
mehr diffus. Sie geben dem Himmel ein milchiges Aussehen. Di(
beiden Klassen sind Eiswolken.
Cirro-Cumulus, Schäfchenwolken. Flockenförmige, schattend
weisse Wölkchen, in Gruppen oder Reihen geordnet.
Fig. 195. Verschiedene Wolkenformen. Rechts oben Cirrus,
darunter Cumulus, unter diesen wieder horizontale Streifen von Stratus-Wolkeuj
Links Regenwolken, Nimbus.
Altü-Cumulus. Dickere und grössere in Gruppen angeordnetej
Wolkenballen, die Schatten werfen, häufig sehr dicht liegend, weiss oder
weiss-gräulich.
Alto-Stratus. Hohe Schichtwolke. Grauer, bräunlicher bis bläu-
licher dichter Wolkenschleier, niemals faserig.
Strato-Cumulus. Dichte Ballen oder Eollen von Wolken, die.
VlII. Wolken und Niederschlag. 643
häufig, besonders im Winter, den ganzen Himmel mit einer dunklen
woj^enförmigen Schicht bedecken.
Nimbus. Kegenwolke. Dicke Schichten von dunklen Wolken mit
ifetzten Rändern, aus denen gewöhnlich Schnee oder Regen fällt. Oft
lien die Fetzen sehr niedrig mit grosser Geschwindigkeit (Trakto-
\imbus).
Cumulus. Haufenwolke. Unten horizontale, oben kuppenförmig
l)egrenzte, dicke, häufig sehr mächtige Wolken, an der sonnenbeschienenen
ite blendend weiss, an den Schattenseiten dunkelblau. Sie ähneln
, -weilen den Nimbus, werden aber als Cumulus angesehen, solange sie
keinen Regen geben. Vom Winde zerrissene Cumuli haben den Namen
Frakto-Cumuli.
Cumulo-Nimbus. Gewitterwolke. Gewaltige Wolkenmassen, die
l)orgen. Türmen etc. ähneln. Im allgemeinen sind sie von einer Girre-
st ratus-Schicht überlagert und unten gehen sie in Nimbusformen über.
Sie geben kurzdauernde lokale Regen oder Hagelschauer.
Stratus. Hochgehende graue Nebel von horizontaler Schichtung,
ilie keinen Regen geben. Sie liegen häufig über den Bergabhängen. Bei
stiller Luft und hohem Barometerstand bilden sie den grauen Winter-
bimmel.
Die Wolken bei schönem Wetter sind durch ihre abgerundeten
Formen, diejenigen bei schlechtem Wetter durch ihre diffuse schleier-
förmige Begrenzung gekennzeichnet.
Gegen den Horizont gehen alle Wolkenformen mehr oder weniger
in Wolkenbanken über.
Bildungsweise der Wolken. In vielen Fällen kann man die
Bildungsweise der Wolken verfolgen. Besonders leicht ist die Ent-
^^phung der Haufenwolken zu beobachten. Während der wärmsten Tages-
it steigen feuchte Luftströme mit grosser Geschwindigkeit von der Erd-
iterfläche auf. Wenn sie in eine bestimmte Höhe kommen, wird der
Taupunkt erreicht. Wegen der Gleichförmigkeit der Bodenerwärmung ist
diese Höhe für benachbarte Orte gleich. Jetzt beginnt eine starke Kon-
ilinsation um die aus den niederen Luftschichten mitgeschleppten Staub-
rtikelchen. Der Luftstrom steigt noch weiter auf und seine Ober-
• ite ist von jetzt an durch die Kondensation aus der immer gesättigt
'»leibenden Luft gekennzeichnet. Dieselbe erhält dadurch eine gewölbte
I'nrm, während die Unterseite ganz eben bleibt.
Ist die Wolkenbildung sehr massig und erstreckt sie sich über
'ssere Gebiete, so entstehen auf diese Weise Gewitterwolken. Ley
41*
ß44 Physik der Atmosphäre.
beobachtete über dem Montblanc eine Gewitterwolke von 4500 m Dick
Die dicksten Gewitterwolken liefern Hagel und ihre Dicke erreicht bis-
weilen 8000—10000 m. ,
Je dicker die Wolken, um so heftiger ist naturgemäss der Nieder-
schlag. Nach Clayden geben Wolken von unter 600 m Dicke keinen
oder sehr leichten Kegen. Bleibt die Dicke unter 1200 m, so sind die
Regentropfen massig gross. Sie wachsen mit derselben unter gleicli-
zeitiger Temperaturabnahme, weil die mittlere Höhe ihres Entstehung
oites steigt. Aus Wolken von mehr als 2000 m Mächtigkeit kann Ha^
fallen.
Über dem Feuersee Kilauea bildet sich bei den Eruptionen eine;
stillstehende Cumuluswolke, die in der Nacht durch fortwährende Blitze
erleuchtet ist.
Über den Gewitterwolken bildet sich ein Schirm von Cirro-Stratus.
Man stellt sich ihre Bildungsweise nach Hildebrandsson folgender-
maassen vor. Die Köpfe der Gewitterwolken dunsten unter der Ein-
wirkung der heftigen Sonnenstrahlung in die kalte umgebende Luft ab
und geben zu einem aufsteigenden Luftstrom Anlass, dessen Gehalt an
Wasserdampf wegen der niedrigen Temperatur massig ist. In noch höheren
Gegenden tritt Kondensation ein, und zwar wegen der niederen Tempe-
ratur in Gestalt feiner Eisnadeln. Die aufwärts gerichtete Strömung
breitet sich, wenn die Luftmassen genügend abgekühlt sind, mit grosser
Geschwindigkeit (14 — 16 m pr. Sek. nach Clayton) zur Seite aus. Auf
diese Weise entsteht der Cirro-Stratusschirm.
Die Cirruswolken haben wahrscheinlich eine ähnliche Entstehungs-
weise. Sie treten deshalb meist im Sommer auf. Im Winter kommen
sie in unseren Gegenden nur bei starken aufsteigenden Luftwirbeln vor.
Auch an der Grenze zwischen zwei verschieden warmen und feuchten Luft-
schichten können sie sich durch Vermischung bilden.
Die Stratuswolken, die an Nebel erinnern, verdanken wohl auch
wie diese in vielen Fällen ihre Entstehung der Abkühlung in der
Nähe der Erde bei starker Strahlung. Bisweilen, z. B. in klaren
Winternächten oder im Sommer nach feuchten Tagen bei scharfer Ab-
kühlung in der Nacht, entstehen sie in höheren Luftschichten. Andere
Schichtwolken entstehen, wenn der Wind heftig gegen einen Gebirgszug
weht, durch die Hebung der Luftmassen, welche mit den ausfallenden
Wassertröpfchen sich auf der Leeseite in einer horizontalen Schicht
ausbreiten. Ähnliche Bildungen können durch das Wehen des
Windes gegen eine Küste entstehen. Dabei verursacht die vergrösserte
r
VIII. Wolken und Niederschlag. 645
It
Reibung eine Aufstauung der Luftmassen, die von Kondensation begleitet
ist Die so gebildeten Schichtwolken können eine bedeutende Mäch-
tigkeit erlangen. Strato - Cumuli von 5— 6 km Dicke sind bei Ballon-
fahrten beobachtet worden.
Mit ihrer Bildungsweise hängt die periodische Häufigkeit der
chiedenen Wolkenformen eng zusammen. Je niedriger die Wolken
i;en, um so früher am Tage erreichen sie ihr Maximum. Die Stratus-
Iken sind, wie die Nebel, am gewöhnlichsten am Morgen. Die anderen
Welkenformen, die auf aufsteigenden Bewegungen beruhen, sind dagegen
am Nachmittag am häufigsten, wie folgende Tabelle über die Bedeckung
des Himmels in Prozent mit verschiedenen Wolkenarten zeigt:
V. M. 7 Uhr 9 Uhr 11 Uhr N. M. 1 Uhr 3 Uhr 5 Uhr 7 Uhr 9 Uhr
latus ... 30 27 26 24 22 23 24 26
Uumulus . . U VI 24 31 30 26 20 16
Alto-Cumulus 29 26 21 27 30 26 25 22
<:irro-Cumulus 24 22 23 24 27 26 26 28
■krus ... i7 17 21 22 23 26 22 19
^K Im Winter sind die Stratusformen am häufigsten, im Sommer die
^Äniulus-rormen (mit Girren).
^B Die Stratuswolken sind auch für höhere Breiten, die Cumulus- und
^^fenisformen für niedere Breiten typisch. Auch auf dem Meere und
■^n den Küsten, wo die tägliche Erwärmung massig ist, sind die Stratus
häufiger als über dem Kontinent, die Cumulus umgekehrt seltener. In
mittleren Breiten, besonders über der See, kommen gemischte Wolken,
wie Strato-Cumulus und unregelmässiger Cirro-Stratus, am häufigsten vor.
Wenn die Wolkengebilde beständig wären, so würden sie durch die
ungleichmässigen Luftbewegungen, sowie durch das Sinken der Wasser-
trOpfchen ein faseriges, zerfetztes Aussehen erhalten. Dies triff"t auch
ein, sobald die umgebende Luft feucht ist. Ist dies nicht der Fall, so
dunsten die kleinen Fetzen ab, und man erhält die schönen abgerundeten
J'ormen. Deshalb sind diese abgerundeten Formen für schönes Wetter
' harakteristisch, während die zerfetzten Wolkenformen windiges, feuchtes
Wetter angeben. Die Faserung ist bei den Girren besonders stark ent-
wickelt, was auf der geringen Verdunstung in den betreffenden hohen
kühlen Luftschichten beruht.
Die auffallende wellenförmige Anordnung, welche besonders bei
hulien Wolken vorkommt, ist von v. Helmholtz erläutert worden. Sie
!i<iuht auf einer Wellenbildung zwischen zwei Luftschichten, die sich
646 Physik der Atmosphäre.
übereinander bewegen, sodass sie eine relative Geschwindigkeit be-
sitzen. An der Stelle, wo die Geschwindigkeit sich plötzlich ändert,
die gewissermaassen als Gleitfläche bezeichnet werden kann, entstehen
Wellen, ganz wie an der Gleitfläche zwischen Luft und Wasser. Der
eigentliche Unterschied ist nur der, dass im erstgenannten Fall, wegen
dem geringen Unterschied der Dichte der beiden übereinander gleitenden
Schichten, die Wellen unvergleichlich viel länger werden wie im zweite'
Fall, wo der Dichtenunterschied sehr bedeutend ist. Dementsprechen
werden auch die Wellenhöhen bei den Luftwellen ausserordentlich viel
grösser als bei den Wasserwellen. Nehmen wir jetzt an, die untere
Schicht sei, wie gewöhnlich, die feuchtere, so werden die Luftmassen
derselben an jedem Wellenkamm stark in die Höhe gehoben, in jedem
Wellenthal dagegen ebenso stark nach unten verschoben. Die Welleii-
kämme zeichnen sich deshalb durch Kondensation aus, die Wellenthälei
durch Auflösung der Wolken. Der Himmel erscheint in solchen Fällen
mit langen parallelen Wolkenstreifen überzogen. Bisweilen können zwei
solche Wellenzüge, wie bei den Wasserwellen, zufolge einer Art Dünung
einander kreuzen, es entsteht dann ein charakteristisches rautenförmige-
Gewölk am Himmel.
Dieses Problem ist später von W. Wien sehr eingehend behandelt
worden.
Für die Wellenlänge, /, einer Wellenbewegung an der Grenzfläche
zwischen zwei Flüssigkeiten (Gase einbegriffen) von den Dichten q und
Qi, die mit der relativen Geschwindigkeit v übereinander weggleiten gilt
die Beziehung:
l = 2jt
9 Q\—Qi^
worin g wie gewöhnlich die Beschleunigung der Schwerkraft bedeutet.
Setzen wir einmal q = l, ()i = 0,001293, ein zweitesmal q = \ 0,001293
d = i 0,001 247, so entspricht diese Annahme im ersten Falle Wasser
und Luft bei 0«, im zweiten Luft bei 0» und bei + lO'' C. in 5500 m
Höhe. Angenommen weiter, dass in beiden Fällen, t? = 1 m pr. Sek. und
(7 = 9,81 m pr. Sek 2, so wird l im ersten Falle gleich 0,00083 m, im
zweiten dagegen gleich 8,8 m. Allgemein ist die Wellenlänge bei
gleichem v-Wert 10630 mal grösser in Luft unter diesen Bedingungen,
wie bei Wasserwellen.
Da die Länge der Luftwellen unter übrigens gleichen Um-
ständen dem Dichtenunterschied umgekehrt und dem Quadrate r^
der Geschwindigkeit direkt proportional ist und der Dichtenunter-
VITT. Wolken und Niederschlag. ß47
diied der beiden übereiliandergleitenden Luftscliichten wohl selten so
ross ist, wie oben angenommen, so muss man nicht allzu grosse Ge-
I hwindigkeiten v annehmen (etwa 0,2 — 5 m), um zu Dimensionen der
\ olkenwellen zu gelangen, welche den gewöhnlichen Fällen ent-
1 irechen.
Die Wolkenwellen unterscheiden sich in einer Hinsicht von den
\ asserwellen. Bei diesen sind die Wellenkämme sehr schmal im Ver-
Itich zu den Wellenthälern, bei jenen trifft das Gegenteil zu. Dies
ruht darauf, dass bei den Luftwellen der Schaum der Wellenkämme,
iiher ausgefällte Wassertröpfchen enthält, in der darüb erliegenden Luft
[tendiert bleibt, während bei Wasserwellen der Schaum gleich ins
\ asser zurückfällt.
Höhe und Geschwindigkeit der Wolken. Die Wiukelgeschwin-
ligkeit der Wolken misst man mit dem Nephoskop. Dieses Instrument
Reht aus einer kreisrunden glatten Scheibe aus schwarzem oder unten
hwärztem Glas, um deren Mittelpunkt mehrere konzentrische Kreise
lehnet sind. Ausserdem sind durch den Mittelpunkt mehrere Durch-
iiesser gezogen, welche nach den Himmelsrichtungen auf der horizontal
jiufgelegten Scheibe orientiert sind. Am Rand der Glasscheibe steht ein
ertikaler Stab, der oben mit einer Spitze oder Öse versehen ist. Der
jitab kann dem Rande entlang verschoben werden und sein oberes Ende
.'ermittelst einer Zahnstange mit Schraube in beliebiger Höhe eingestellt
.Verden. Man blickt über die Spitze oder durch die Ose auf den Mittel-
•unkt des Spiegels und stellt so ein, dass man dabei eine bestimmte
^t'lle einer Wolke sieht. Dann folgt man bei feststehendem Stab mit
Itiii Auge dem Bild des mit der Stabspitze zusammenfallendem Wolken-
' iis, bis es durch einen Kreis passiert. Die Zeit, welche von der Ein-
-ii'Uung des Nephoskops an verstrichen ist, ebenso die Richtung des
l)urchmessers, dem entlang das Bild gezogen ist, werden notiert. Aus
diesen Angaben kann man leicht die Winkelgeschwindigkeit berechnen
uid erhält direkt die Zugrichtung der Wolke.
Um die absolute Geschwindigkeit aus der Winkelgeschwindigkeit zu
berechnen, muss man ausserdem die Entfernung der Wolke kennen,
woraus dann ihre Höhe leicht zu berechnen ist. Die Entfernung be-
stioimt man gewöhnlich vermittels Triangulierung (vgl. S. 236)
von einer Basis von geeigneter Länge (100 m — 1000 m). Aus den von
den beiden Endpunkten der Basis gleichzeitig beobachteten Azimuten
"nd Höhen eines bestimmten Wolkenteils kann man seine Entfernung:
cchnen Durch fortgesetzte Beobachtung dieser Grössen kann man
g48 Physik der Atmosphäre.
danu auch die Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit des Wolkenteil
ermitteln.
In neuerer Zeit nimmt man statt dessen häufig den betr. Wolken
teil mit zwei nach bestimmten Richtungen eingestellten Kameraen ai
und bestimmt die Lage des Bildes auf den beiden Platten.
Die meisten solchen Messungen sind in Schweden (üpsala) unt
Amerika (Blue Hill bei Boston) ausgeführt worden. Sie führten z\
folgenden Ergebnissen betreffs der mittleren Höhe folgender Wolken
gattungen. Die Messungen gelten für den Sommer, und die Höhe i-
in Metern über dem Beobachtungsort angegeben.
Upsala Boston
Cirrus 8500 m 9900 m
Cirro-Stratus, hohe . .
„ niedrige .
Cirro-Cumulus . . .
Alto-Cumulus, hohe
„ niedrige
Strato- Cumulus . . .
Cumulo-Nimbus, Gipfel
„ Basis
Cumulus, Gipfel . . .
„ Basis . . .
Nimbus 1600
Stratus
Die Cirro-Stratus- und Cumulo-Nimbus -Wolken haben sehr ver-i
schiedene Höhen, die sich um zwei Mittelwerte gruppieren. Dement-
sprechend sind diese beiden Wolkengattungen in zwei Unterabteilungen,
hohe und niedrige, eingeteilt. (Gegen die Einteilung der Alto-Cumuli,i
die in allen Höhen zwischen 800 und 9000 m beobachtet sind, in hohe]
und niedrige hat jedoch Hann Einsprüche erhoben.)
Die Maximal- und Minimalwerte der Wolkenhöhen können ganz
bedeutend von den Mittelwerten abweichen. So z. B. wechselte die Höhe
der Strato- Cumuli zu Upsala zwischen 470 und 4400 m, diejenige der
Cirri zwischen 3600 und 13400 m.
Abgesehen von den niedrigsten Wolkenformen, Nimbus und Stratus,
liegen die Wolken nach den Messungen bei Boston etwas höher wie
nach denjenigen von Upsala. Dies rührt daher, dass im Sommer die
relative Feuchtigkeit in Upsala etwas grösser als in Blue Hill bei
Boston ist.
9250
8750
5200
6480
6400
7610
5700
6410
2750
3170
2060
2000
2670
1400
1200
2020
2180
1390
1470
1600
710
810
580
■
"VIII. Wolken und Niederschlag. 549
Dieser Umstand giebt sich auch in der jährlichen Schwankung der
j Wolkenhöhen kund, indem die verschiedenen Wolkenarten im Sommer
in Upsala im Mittel etwa 700 m, zu Blue Hill etwa 900 m höher wie
im Winter liegen. Am grössten ist der Unterschied für Cirrus- Wolken
!200 bezw. 1900 m), am geringsten für Alto-Cumuli (200 m).
Auch eine tägliche Schwankung der Wolkenhöhe, welche mit der
ativen Feuchtigkeit zusammenhängt, tritt sehr deutlich hervor, indem
liese Höhe während des Tages zunimmt, und am Abend und in der
Nacht wieder abnimmt. Diese Änderung geht aus folgender Tabelle
liervor.
Mittlere Höhe der Wolke um
8 ühr V. M. 1 Uhr N. M. 7 Uhr N. M.
Cirrus . . . 8700 8760 9500
Cirro-Cumulus 6020 6570 6230
Alto-Cumulus . 3780 4260 4000
Nimbus . . . 1180 1550 2160
Ferner nimmt die Mächtigkeit (Gipfel-Basis) der Cumulus- Wolken
am Vormittag zu, bis zu einem Maximum kurz nach Mittag (etwa um 1 Uhr)
and nimmt dann ab. So wurde diese Mächtigkeit um 8 Uhr V. M. zu
210 m, um 12 Uhr und 2 Uhr N. M. zu 570 bezw. 540 m und um 5 Uhr
X. M. zu 60 m im Mittel geschätzt.
Die Kondensation des Wasserdampfes findet hauptsächhch in zwei
verschiedenen Höhenlagen statt, von welchen die niedrigere durch die
Cumuli, die höhere durch Cirri und Cirro-Strati charakterisiert ist. Dies
hängt mit der Bildungsweise der Wolken zusammen, indem die Cumuli
als Produkte einer ersten, die Cirri und Cirro-Strati als Produkte einer
zweiten Kondensation angesehen werden können.
Die Messungen des nordamerikanischen Wetter-Bureaus über die
prozentische Verteilung der Wolken in verschiedenen Höhen ergaben
folgende Resultate:
Höhe . . . 0—1200— 2800— 4400— 6000-7600-9200— 10800— 12400— 14000 m
Proz.Wolken 4,0 21,8 11,5 8,0 7ß 12,8 18,9 10,0 5,4
Wolken von mehr als 15 km Höhe werden nur selten beobachtet.
Die Wasserdampfmengen in dieser Höhe sind so verschwindend gering
(vgl. S. 626), dass man keine merkliche Kondensationen zu erwarten hat.
Jedoch sind unter günstigen Beleuchtungs-Verhältnissen „leuchtende
Nachtwolken" von Jesse, Mohn und anderen beobachtet worden, deren
Höhe bis gegen 100 km oder mehr emporreichte (vgl. S. 580).
Die Geschwindigkeit der Wolken ist sehr nahe derjenigen der
ß50 Physik der Atmosphäre.
umgebenden Luftmassen gleich. Dass dieser Satz nicht streng giltig ist,
kann man daraus ersehen, dass eine Wolke auf der einen Seite (Luv-
Seite) zuwachsen, auf der anderen Seite sich auflösen kann. So sieht
man Wolken, die sich über einen Bergkamm hinahwälzen, in einer be-
stimmten Höhe sich auflösen. Die Wolkenbank liegt fest, obgleich die
Luftmassen sich fortbewegen. Für in horizontaler Richtung sich be-
wegende Wolken dürfte jedoch die Geschwindigkeit ohne merklichen
Fehler gleich der Windgeschwindigkeit in der Umgebung gesetzt werden
können.
Die Geschwindigkeit der Wolken in horizontaler Richtung steigt mit
ihrer Höhe. Sie ist im Winter grösser wie im Sommer, wie die nach-
stehende Tabelle zeigt. In den Tropen verschwindet dieser Unterschied
der Jahreszeiten aus leicht ersichtlichen Gründen.
Wolkengeschwindigkeit in m pro Sek. (W. = Dez.— Febr., S. = Juni— Aiii
Höhe der Wolken . . 500—2000—4000-6000—8000—10000-140(1'
Upsala (60^ n. Br.)
Blue Hill (42,50 n.Br.)
Manila (15« n. Br.)
Die maximale Geschwindigkeit der Cirrus- Wolken kann nach ameri-
kanischen Messungen etwa 100 m pro Sek. erreichen, diejenige der
Cumulus- Wolken nur ein Drittel davon.
Bewölkung. Da die Bewölkung von grösster meteorologischer;
Bedeutung ist, indem dieselbe die Grösse der Sonnenstrahlung und der
nächtlichen Ausstrahlung beeinflusst, hat man bei allen meteoro-
logischen Beobachtungen eine Angabe über den Bruchteil des Himmels, [
welcher von Wolken bedeckt ist, vorgeschrieben. Die Grösse dieses 1
Teils wird nach Augenmaass geschätzt und in Zehnteilen angegeben.!
Der Bewölkung am Horizont, welche aus perspektivischen Gründen
zu stark erscheint, soll dabei ein geringeres Gewicht beigelegt werden.
Auf die Dichte der Bewölkung wird dabei keine Rücksicht genommen,
sondern dieselbe wird durch eine eigene Angabe (0 sehr dünn, 2 dicht)
gekennzeichnet.
An Stelle der Bewölkung kann man die Dauer des Sonnenscheins
als Bruchteil der Tageslänge angeben. Dabei benutzt man für gewöhn-
lich eine kugelförmige Linse, die ein Sonnenbild auf ein Papier wirft
w.
9,0
10,8
19,9
20,5
33,5
—
s.
9,3
6,6
12,0
20,3
19,7
—
w.
11,3
17,9
26,3
31,0
41.8
50,4
s.
8,5
11,7
13,9
19,0
29,8
32,8
w.
5,7
7,2
4,9
7,5
17,0
12,2
s.
5,3
7,1
8,0
8,5
10,2
14,1
irftL
I
p
VIII. Wolken und Niederschlag. g5|
-t der Himmel rein, so verkohlt das Papier an der entsprechenden Stelle.
' 11 kann natürlich ebenso gut photographische Registrierung verwenden.
In der Nacht wird die Bewölkung aus der Sichtbarkeit der Sterne
bätzt. Bei photographischen Aufnahmen stellt man die Camera auf
circumpolaren Sterne ein, welche Kreise auf der Platte zeichnen,
,u bei Bewölkung abgebrochen sind.
Die Bewölkung zeigt eine deutliche Periode sowohl nach den Jahres-
nach den Tageszeiten. Als Beispiele mögen folgende Angaben an-
führt werden.
Tägliche Periode der Bewölkung (in Zehnteln)
V.M. 2 6 10 N.M. 2 6 10
»ffener Ocean 5,9 6,2 5,8 5,8 5,7 5,7
Allahabad 2,7 3,3 3,2 3,6 3,5 2,5
Wien, Okt.— Febr. + 0,33 + 0,48 + 0,34 0 — 0,06 - 0,43
„ Mai— Juni — 0,33 — 0,18 + 0,21 + 0,58 + 0,35 — 0,63
., Apr., Juli— Sept. — 0,3 1 + 0,25 + 0,11 + 0,37 + 0,12 — 0,54
Die Ziffern für Wien geben die Schwankungen um den Mittelwert,
nächste Tabelle, an.
Jährliche Periode der Bewölkung (in Zehnteln)
Jan. Febr. Mä. Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
[M-England 7,8 7,5 7,4 7,6 6,6 6,8 6,9 6,7 6,8 6,7 7,1 7,1 7,1
psala 8,1 7,7 7,2 6,1 5,7 5,8 5,2 5,3 5,5 5,8 7,0 7,5 6,9
l[Onchen 7,3 6,9 5,9 5,4 6,9 6,3 6,3 6,0 5,9 6,2 7,2 7,2 6,5
u 7,3 7,2 6,7 6,2 5,2 5,1 4,9 4,5 4,5 4,5 5,4 7,4 5,7
. ()rweg.,S.-Küste 6,9 7,2 6,9 6,3 6,0 6,2 6,0 6,9 6,5 7,0 6,9 6,8 6,6
Istl. Mittel-
^,0 1^ 4,9 4,6 3,8 3,7 2,8 1,3 1,1 1,3 1,8 2,5 4,0 4,7 3,0
meer 34" n. Br. ?''''''''''''
j.lpengipf. 2600 m
470nBr ^'^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'^ ^"^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'"^ ^'^
l'amerun, Gabun
„30 „Bj. -^4 6,3 7,0 7,2 7,4 7,7 8,9 8,6 8,4 8,0 7,4 8,6 7,4
'stasien
561/ 0 n. Br. "^'^ ^'^ ^'^ ^''^ ^'"^ ^'^ ^'^ ^''^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'^ ^'^
In kontinentalen Gebieten ist der tägliche Gang relativ einfach,
lin Minimum tritt am Abend um 10—11 Uhr ein, wonach die Bewöl-
'^^'■\g steigt, zur Mittagszeit oder kurz danach erreicht sie ein Maxi-
liim. Die Schwankung ist im Winter gering, in Paris zwischen
r» und 7,2, im Sommer bedeutender, in Paris zwischen 4,2 und 6,2.
ß52 Physik der Atmosphäre.
Auf dem Ocean ist die Schwankung sehr gering, zwischen 5,6 am Mitta
und 6,2 um 6 — 8 Uhr V. M. Die Veränderung der Periodizität mit de
Jahreszeiten zeigen die Daten aus Wien. Im Vorsommer verhält sie'
die Bewölkung wie in Paris; im Frühling und Nachsommer tritt eii
sekundäres Maximum um 6 Uhr Vormittags hinzu, welches in den Winter
monaten zum Hauptmaximum wird, während das Mittagsmaximum Vr
schwindet.
Der jährliche Gang der Bewölkung zeigt in unseren Gegenden eii
Maximum im Winter, ein Minimum im Hochsommer mit geringere
Variationen. Dieser Gang gilt für höher gelegene Punkte in Gebirg*
nicht, weil im Winter ein grosser Teil der Wolken unter ihn
liegt. Daselbst kann, wie das oben angeführte Beispiel (Alpengipfel
zeigt, sogar der Gang nahezu umgekehrt werden, indem das Minimunj
im Januar, das Maximum im Vorsommer liegt. Einen ähnlichen Gan^
zeigen die kältesten und die äquatorialen Gegenden.
Alle diese ziemlich komplizierten Erscheinungen finden in jedem ein-j
zelnen Falle ihre Erklärung aus der täglichen und jährlichen Veränderung;'
der Wolkenmenge.
Aus der Zeit des Sonnenscheins kann man die Zeit berechnenj
während welcher die Sonne von Wolken verdeckt gewesen ist. Diese Zeit'
in Prozenten der Tageslänge ausgedrückt, stimmt nicht völlig mit dei
mit 10 multiplizierten Zahl der Bewölkung überein. Diese Abweichungj
welche auf der Ungleichheit der Bewölkung zu verschiedenen Tages-|
Zeiten und an verschiedenen Himmelsteilen beruht, ist jedoch ziemlicl?
unbedeutend. Als Beispiele der Ziffern für die Sonnenstrahlung mögen
folgende Daten angeführt v/erden.
Sonnenschein, Prozent von der möglichen Bestrahlungszeit i
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Mittelj
Valentia 18 22 22 35 43 51 39 31 34 33 25 26 32 j
Petersburg 9 20 29 35 51 43 54 48 46 39 23 ^ 34 j
Wien 27 33 31 37 35 47 50 59 43 45 22 27 38 I
New York 54 52 60 59 62 61 73 75 73 71 68 56 64
Der tägliche Gang der Insolation zeigt in Mitteleuropa im Winterj
einen umgekehrten Gang wie im Sommer, indem im Winter die Nach-,
mittage mehr Sonnenschein aufweisen wie die Vormittage. Dies gilt;
auch für das Jahr besonders in küstennahen Orten, nicht aber im Hoch-j
gebirge. Im Hochsommer ist es umgekehrt, besonders im Gebirge. Das-^
selbe trifft für die Tropen im ganzen Jahr zu. Der Grund ist, dassi
in kälteren Jahreszeiten und Gegenden die Nebel und niedrigen WülkenJ
f
Vni. Wolken und Niederschlag. §53
[otwiegen, welche ihr Maximum am Morgen aufweisen, in wärmeren
Jahreszeiten und Gegenden dagegen die im Nachmittag häufigen Cumulus-
wolken die Hauptmasse der Bewölkung bilden.
Die Verteilung der Bewölkung über der Erdoberfläche ist von
iMSserenc de Bort durch Linien der gleichen Bewölkung, Isonephen,
■rgestellt. Aus seinen Daten sind folgende Mittelwerte in Prozent
Lohnet.
Breite
0
Land
Meer
Mittel
70-60 N.
58
66
60
60-50
56
68
62
50-40
46
63
55
40—30
36
52
46
30—20
29
47
41
20—10
28
47
42
10— Äq.
50
57
55
Äq.-lO S.
55
60
58
10-20
48
54
53
20-30
30
50
43
30-40
39
51
49
40—50
62
61
62
50—60
71
72
72
ie Bewölkung zeigt ein Maximum zwischen dem Äquator und
s. Br. und nimmt von da nach beiden Seiten stark ab bis zu etwa
0^ n. Br. und 25° s. Br. Von da ab nimmt sie mit der Breite zu und
rreicht wohl erst am Pol ihr Maximum. Die Bewölkung ist, wie natür-
'li, geringer über dem Kontinent als über dem Meer. Hauptsächlich
eshalb zeigt die nördliche Halbkugel eine geringere Bewölkung als die
üdliche.
Die mittlere Bewölkung für die ganze Erde erreicht etwa 52 Proz.
)ie Dauer des Sonnenscheins beträgt für Italien 52 Proz., für Deutsch-
md 38 Proz., für die britischen Inseln nur 30 Proz. der möglichen
)auer. Auf Berggipfeln ist sie geringer als in der Ebene (Ben Nevis
6 Proz., Sonnblick 34, gegen 40 im Thal). Hochthäler zeigen dagegen
äufig mehr Sonnenschein wie die Niederung (z. B. Davos). Grosse Städte
üssen durch Rauch und Nebel viel Sonnenschein ein, so z. B. London
in Drittel, Hamburg ein Viertel.
Die Entstehungsweise der Regentropfen. Wilson hat be-
'-« linet, dass die Tropfen, welche ohne Kondensationskerne sich bei Aus-
ehnung bilden, einen Durchmesser von 1,7.10-^ mm besitzen. So kleine
554 Physik der Atmosphäre.
Tropfen können nicht beobachtet werden, und in der Natur komm
wohl immer Kondensationskerne vor, die Tropfenbildung bei geringet
Übersättigung herbeiführen, wobei auch die Tropfen grösser sind. Bocl
hat aus den Beugungserscheinungen in dem durch einen Dampfstrali
hindurchgegangenen Licht berechnet, dass darin Tropfen von 1—2
vorkommen. In der Nähe der kleinen Tropfen ist der Dampfdruck grössel
als in der Nähe der grossen, deshalb destilliert Wasser hinüber und di;
grossen Tropfen wachsen auf Kosten der kleinen.
K. V. Helmholtz hat einen interessanten Versuch gemacht. Wem
man auf eine Glasplatte atmet, auf welcher ein paar grössere Wasser
tropfen liegen, so bedeckt sie sich mit einem Anflug, welcher v.
der Nähe der grossen Tropfen bald verschwindet, sodass dieselben vni
einem klaren Kand umgeben sind. Die kleinen Hauchtröpfchen siin
in der Nähe der grossen Tropfen zu diesen hinüberdestilliert.
Wenn der Durchmesser der Tröpfchen gegen 0,1 mm oder meli;
erreicht, ist jedenfalls der Unterschied in ihrer Dampfspannung zu un
bedeutend, um eine nennenswerte Destillation herbeiführen zu können
Trotzdem sind die Regentropfen viele Male grösser als die Nebeltropfen
deren mittlere Grösse auf 0,02 mm Durchmesser geschätzt worden ist
Dies beruht ohne Zweifel auf einem rein mechanischen Zusammenfliessei
der Nebeltropfen beim Herunterfallen. Im Gebirge beobachtet man häufig
wie ein am Fusse des Berges heftiger Regen höher hinauf durch feinen
Regen und noch höher durch einen Nebel ersetzt wird, aus dem langsam
mikroskopische Tropfen herausfallen.
Man hat schon lange (Kant) vermutet, dass elektrische Entladungen!
bei dem Zusammenfliessen der Wassertropfen eine grosse Rolle spielenl
Ein fallender Wasserstrahl, der sich in Tropfen auflöst, hält bis zu
einem tieferen Punkte zusammen, wenn man ihm eine geriebene Siegel-
lackstange nähert (Rayleigh). R. v. Helmholtz, Richarz, Aitken]
Shelford Bidwell, Barus u. a. haben eine ähnliche Erscheinung
studiert. Ein Dampfstrahl wird undurchsichtiger und dadurch eine län-
gere Strecke sichtbar, sobald er elektrischen Ausströmungen ausgesetzt
wird, was auf eine kondensierende Einwirkung hindeutet. Es scheintj
jedoch, dass die elektrische Ladung nicht selbst wirksam ist, sondern
die durch ihre Ausströmung in die Luft entstehenden Produkte. Luft.|
in welche die Elektrizität" ausgeströmt ist, kann nämlich lange Strecken!
durch Röhren geleitet werden, ohne die kondensierende Eigenschaft'
zu verlieren. Ähnliche Eigenschaften zeigt Luft, welche mit Röntgen-;
oder Kathodenstrahlen durchstrahlt ist. Man nimmt von solcher Luft;
VIII. Wolken und Niederschlag. g55
'%U,^ dass sie positive und negative Ionen enthält. Diese können in einem
iBlektrostatischen Feld voneinander getrennt werden. Es zeigt sich dabei
nach Wilson, dass die negativen Ionen eine bedeutend stärker konden-
rcnde Eigenschaft besitzen als die positiven. Mit Sonnenlicht beleuch-
BLuft zeigte diese Eigentümlichkeit nicht. Lenard fand bei ünter-
ung des Niederschlages in ultraviolett bestrahlter Luft keine Eigen-
Dg desselben.
Physikalische und chemische Eigenschaften der Eegen-
ropfen. Die Grösse der Regentropfen ist sehr verschieden je nach
idi äusseren Umständen. Je dichter und mächtiger die regengebenden
W'ulken sind, um so grösser werden sie im allgemeinen. Die Mächtig-
it der Wolken hängt aber von der Wasserdampfmenge in der Luft
. und die Regentropfen wachsen deshalb im allgemeinen mit der Luft-
iperatur, sodass die grössten Tropfen in den Tropen vorkommen. Die
fen können jedoch eine gewisse Grösse wegen des Luftwiderstandes
Wra Herunterfallen nicht überschreiten. Lässt man nämlich grössere
'Wassermassen als von etwa 0,2 g Gewicht durch die Luft fallen, so
n sie sich in kleinere Tropfen auf (Wiesner; nach Ritter ist das
kVIaximalgewicht 0,14 g). Danach dürften Regentropfen von grösserem,
'^'irchmesser als etwa 7 mm nicht vorkommen. Die Tropfen bei Platz-
en erreichen einen Durchmesser von etwa 5 mm, bei gewöhnlichem
-len 2—4 mm und bei feinem Regen, wie Nebelregen, noch weniger.
Bei einem Gewitter bemerkt man leicht, dass die zuerst fallenden,
gewöhnlich spärlichen Tropfen sehr gross sind und kleinere ihnen
x)lgen, bis der eigentliche Regenschauer aus ziemlich gleichmässigen
Tropfen besteht. Dass die grössten Tropfen zuerst hinunter kommen,
st eine Folge des Luftwiderstandes (vgl. S. 641).
Die Regentropfen haben, wegen ihrer Herkunft aus höheren kühlen
i>uftschichten, im allgemeinen eine niedrigere Temperatur als die Luft
in der Erdoberfläche. Passerini in Florenz fand, dass im Juni— Sept.
1er Regen um 3,1^ im Mai und Okt.— Nov. um 1,1 <> kälter als die Luft
im Erdboden Avar. Dies hängt mit der starken Abnahme der Luft-
I inperatur nach oben an Sommertagen und der grossen Höhe der
^\\»lken zu dieser Zeit zusammen.
Die Herkunft der Regenwolken spielt dabei auch eine Rolle, indem
liif-h Breitenlohner die in Lobositz (Böhmen) aus dem Südwestqua-
Iranten stammenden Gewitterwolken eine Regentemperatur von nur
),8^ C. unter der Lufttemperatur am Erdboden, diejenigen von N., NE
md NW dagegen d^ C unter derselben zeigten.
656 Physik der Atmosphäre.
Bisweilen kann der Eegen wärmer sein als die niedere Luft imq
der Boden. In diesem Fall entsteht auf gefrorenem Boden Glattei^
(vgl. S. 638). ;
Der Kegen und der Schnee nehmen alle Körper, die in der Luft
schweben, auf. An der Meeresküste enthält der Kegen Spuren von
Salzen aus dem Meerwasser, welches als Wellenschaum der Luft Tröpf-
chen abgegeben hat. In der Nähe von Fabrikstädten enthält der Nieder-
schlag Schwefelsäure, die bei der Verbrennung von kieshaltigen Kohlen
entstanden ist. Ausserdem schleppt der Niederschlag alle Arten von
Staub mit sich, darunter allerlei Mikroorganismen, wie Bakterien, Pilz-
sporen u. s. w. Aus diesem Grunde ist das Regenwasser nicht als Trink-
wasser zu empfehlen. Bisweilen fällt mit dem Regen der gelbe Pollen
blühender Nadelhölzer, er wird dann Schwefelregen genannt.
Ausser diesen festen oder gelösten Bestandteilen enthält der Regt
alle atmosphärischen Gase aufgelöst.
Unter diesen Gasen ist das Ammoniak das wichtigste wegen seind
landwirtschaftlichen Bedeutung. Ausser Ammoniak enthält der Nieder-
schlag auch normal einige andere für die Landwirtschaft wichtige Stick-
stoffverbindungen, Nitrit und Nitrat von Ammoniak. Ammoniak, sowie
seine Verbindungen, entsteht unter Einwirkung von stillen elektrischen
Entladungen (zufolge des luftelektrischen Potentialfalles) in der Luft.
Der Ammoniakgehalt des Regens ist etwa doppelt so gross im Januarl
wie im Juli (3,7 bezw. 1,5 mg pr. Liter in der Nähe von Paris, das Mittel!
ist 2,0 mg). Durch Niederschlag wird bei Paris dem Boden jährlich pro
m^ 1,04 g Ammoniak-Stickstoff und 0,4 g Nitrat- und Nitritstickstoff zu- '
geführt. Die Stickstoffzufuhr zum Boden ist in England (Rothamsted")
und auf dem Lande in Frankreich nur etwa zwei Drittel so gross.
Für Belgien haben Petermann und Graftiau sowie Spring sehr]
eingehende Untersuchungen ausgeführt.
Zu Gembloux enthält der Regen 1,41 mg Stickstoff pr. Liter, einer;
Stickstoffzufuhr von 1,03 g pr. m^ und Jahr entsprechend. Das Verhältnis
vom Stickstoff im Ammoniak zum Stickstoff in Nitraten oder Nitriten kann
sehr stark veränderlich sein (von 1,5:1 bis zu 15:1), im Mittel ist es
ungefähr 3:1. Für die . deutschen Stationen sind sehr variable Ver-
hältnisse gefunden. Die Beobachtungen von Regenwalde 1864 — 1867
geben im Mittel 2,06 mg NH3 -Stickstoff und 0,61 mg sauerstoffgebundenen j
Stickstoffpr. Liter Regen, einer jährlichen Zufuhr von 1,56 g Stickstoff pr.m^i
zum Boden entsprechend. Beobachtungen in Florenz (1870—1872) ergaben |
■
VII [. Wolken und Niederschlag. 657
entsprechenden Ziffern 0,93, 0,31 und 1,34. Die älteren Messungen
Rothamsted 1853—1856 gaben 0,93, 0,12 bezw. 0,75.
Schnee und Keif enthalten etwa 5 mal mehr Stickstoffverbindungen
Regen.
Der Stickstoffgehalt ist in Städten und ihrer Umgebung bedeutend
er als auf dem Lande. So z. B. fand man für die Städte in Schott-
3,7 mg Ammoniak- und 0,26 mg sauerstoffgebundenen Stickstoff pr.
, für Glasgow sogar 7,5 bezw. 0,6 mg, für das Land dagegen nur
bezw. 0,15 mg. Der Ammoniakgehalt ist in den Tropen nur wenig
er als bei uns, so z. B. zu S. Denis auf Reunion 21" s. Br. 1,6 mg
toffpr. Liter (nach Munt z). Der Gehalt an Nitraten und Nitriten
teigt dagegen daselbst denjenigen in gemässigten Zonen bedeutend,
tspricht 2,7 mg Stickstoff pr. Liter. Die Stickstoffzufuhr zum Boden ist
)rt etwa 4 mal so gross wie bei Montsouris. Zu Caracas, 11" n. Br., wurden
23 mg oxydierter Stickstoff pr. Liter gefunden. Diese Zunahme der
auerstoffverbindungen des Stickstoffs gegen die Tropen wird den Blitzen
igeschrieben, welche dort viel häufiger und intensiver wie bei
ns sind.
Fester Niederschlag. Bei grosser Kälte sieht man bisweilen in
«r Luft glänzende Eisnadeln langsam heruntersinken. Dieselben kommen
ach in höheren Luftschichten nach Berichten von Ballonfahrern recht
äufig vor. Sie sind wahrscheinlich durch langsame Kondensation des
Vasserdampfes entstanden. Sie kommen nur bei sehr niedrigen Tempe-
ituren vor, bei welchen der Wasserdampfgehalt der Luft äusserst ge-
ingfügig ist.
Bei grösserem Dampf gehalt der Luft bilden sich die zierlichen
lechsstrahligen Schneesterne, welche bisweilen, wenn die Temperatur
! licht allzu niedrig ist, sich zu Schneeflocken durch Zusammenfrieren
lerbinden. Unter — 23" kommen solche Schneeflocken nicht vor, weil
i'' Schneesternchen dann trocken sind und nicht aneinander haften.
Die Schneesternchen (Fig. 196) sind regelmässig längs der Achse
1er Strahlen mit kapillaren Hohlräumen versehen, die ausser Luft bis-
v ilen Wasser (auch bei — 8"C. nach G. Nordenskiöld) einschli essen.
Die Schneeflocken können einen bedeutenden Durchmesser (3 bis
l era) erreichen. Ihre Fallgeschwindigkeit beträgt nach Maille bei 1 cm
' uchmesser 0,8 m, bei 3—4 cm Durchmesser nur 0,25—0,35 m pr. Sek.
3ies hängt damit zusammen, dass in den grossen Schneeflocken viel Luft
'wischen dem Netzwerk der Strahlen mitgeschleppt wird.
Der meiste Schnee fällt in Mitteleuropa bei Temperaturen um 0"
AriLenius, Kosmische Physik. 42
658
Physik der Atmosphäre.
hemm. Obgleich ein Fall beobachtet worden ist (im oberen Engad
am 9. Juni 1829), dass Schnee bei einer Temperatur von + 10,9^' >
fiel, kann man behaupten, dass Schneefälle nur in äusserst seltenen Am
nahmefäUen bei Lufttemperaturen oberhalb 3^ vorkommen. Sie kunnfl
dagegen bis zu Temperaturen von unter — 40*^0. beobachtet werd
wenn sie auch unter solchen Umständen sehr wenig ergiebig sind.
Wegen der Verästelungen der Schneeflocken legt sich die Schii'
decke sehr locker. Die Menge des gefallenen Schnees wird als Hol:
der Wassermenge angegeben, welche beim Auftauen der Schneema
entstehen würde. Die Höhe des frisch gefallenen Schnees ist im Mit
Figg. löG und 197. Schneekrystalle.
etwa 10 mal grösser als diese Wasserhöhe. Diese Zahl kann zwischci
sehr weiten Grenzen schwanken (7 — 30). Alter Schnee, der zusammen-i
gesintert ist, liegt viel dichter. So ist die obengenannte Zahl („spezitische:
Schneehöhe") des 1 Monat alten Schnees im Gebirge etwa 3, des 6—9
Monate alten und des Firnschnees etwa 2. Sie sinkt zuletzt für die
Gletscher auf 1,1 — 1,15.
Starker Wind kann auch den frischgefallenen Schnee bedeutend zu-
sammendrücken.
Ganz anders wie der aus dünnen Ästchen bestehende Schnee ver-
hält sich der Graupel, welcher aus runden, schneeweissen Körnern be-
steht, deren Undurchsichtigkeit auf einer grossen Menge von Luftbläs-
chen beruht. Die Einzelkörner, welche einen Durchmesser von 1 bis 3,
f
VIII. Wolken und Niederschlag. 659
elten 5 mm besitzen, sind wegen der Luftbläschen bröckelig und können
wischen den Nägeln leicht zerquetscht werden. Die Luftbläschen deuten
■rauf hin, dass die Graupelkörner aus zusammengesinterten Eiskry stallen
,„ r aus Regentröpfchen entstanden, welche schnell gefroren sind, wobei
iabsorbierten Gase als Bläschen ausgeschieden wurden.
Von besonderem Interesse sind die Hagelkörner, welche bisweilen
rosse Schäden anrichten, besonders sind einige Länder vorzugsweise von
men heimgesucht — unter anderen Steiermark und Kärnthen. Sie be-
ll on aus einem graupelkornähnlichen Kern, um welchen konzentrische
-chichten von verschiedener Beschaffenheit gelagert sind. Die Hagei-
ter sind eine spezielle Form von Gewittererscheinungen, weshalb wir
ter auf dieselben zurückkommen werden.
Die Grösse der Niederschlagsmenge. Zur Messung des Nieder-
(hlags stellt man einen Blechtrichter auf, der oben in einem niederen cylin-
rischen Ring von gemessenem kreisförmigem Durchschnitt endet. Unter
lein Trichter steht ein Auffangegefäss, gewöhnlich ein graduierter Glas-
\ linder. Dieser Apparat, Regenmesser oder Pluviometer genannt, wird
iiit seinem Ring ganz horizontal auf einer von Gebäuden, Mauern,
Jäumen und anderen in die Höhe ragenden Gegenständen ziemlich
ntfernten Stelle, sodass der Niederschlag nicht von diesen Gegenständen
lufgefangen werden kann, in einer Höhe von 1 bis 1,5 m über dem
3oden aufgestellt. Man verlangt auch, dass der Regenmesser eine gegen
leftige Winde geschützte Lage besitzt.
Man fand schon früh, dass die von dem Regenmesser aufgesam-
iielte Regen- und noch mehr die Schneemenge um so geringer wird,
0 höher der Regenmesser aufgestellt ist. So fiel in dem Garten von
leb erden, der diese Eigentümlichkeit zuerst wahrnahm, in einem
fahre (1766—1767) 574 mm, auf dem Dache seines Hauses 461 mm
ind auf dem Dachfirst des nahegelegenen Westmünsters Abbey nur
in? mm. Diese Beobachtung wurde an verschiedenen Stellen mit gleichem
Ergebnis wiederholt.
Diese Zunahme der Regenmenge gegen den Boden hin, welche man
uirst einer Kondensation von Wasserdampf auf den fallenden Regen-
lopfen zuschrieb (Dove), ist nur scheinbar. Über dem Regenmesser
'iMot sich zufolge seines Widerstandes gegen die Luftbewegung ein
A irbel, um welchen herum die Windgeschwindigkeit vergrössert wird.
Viif diese Weise werden die leichten Regentropfen und noch mehr die
Schneeflocken zum grossen Teil von dem heftigen Windzug um den
Wirbel herum mitgerissen und verhindert, in den Regenmesser zu fallen.
42*
660 Physik der Atmosphäre.
Die Windgeschwindigkeit ist in der Nähe des Erdbodens geringer als ii
grösserer Höhe. Dadurch wird die eigentümlich erscheinende Thatsach
erklärlich. Daher kommt auch die Forderung, dass der Regenmesser gegei
heftige Winde geschützt sein soll.
Die Heftigkeit der Regengüsse hängt von ungefähr denselben Ui
ständen ab, wie die Grösse der Regentropfen. Sie beruht auf der G
schwindigkeit des Aufsteigens von feuchten Luftmengen. Starke Regiji
werden Platzregen genannt, sie fehlen bei uns im Winter und sind starl
auf den Sommer konzentriert (Juni — Aug. etwa 70 Proz.). Nach Riggeii
bach sollte man als Platzregen nur solche Regen bezeichnen, die mehi
als 5 Minuten dauern und einen Niederschlag von wenigstens 0,33 mii
pro Minute (im Mittel) bringen. Steigt diese Ziffer über 1,67 mm 1
wenigstens 30 Minuten Dauer, so spricht man von Wolkenbruch.
Die heftigen Regen sind meist mit Gewittern verbunden (zu Paw
lowsk 60 Proz.).
Die grösste Tagesmenge eines Regens ist bei Cherrapundji in dri
Khasibergen zu Assam am 14. Juni 1876 mit 1036 mm beobachtet worden
Danach kommen Crohamhurst, 1480 m, 26 « 50' s. Br., 1520 9' E. L. ir
Queensland, Ostküste von Australien, mit 907 mm am 2. Febr. 189^
(1963 mm 31. Jan.— 3. Febr.) und Tanabe, Japan, mit 902 mm an
19. Aug. 1 889. Fünf andere Fälle von über 500 mm Niederschlag ir
24 Stunden sind bekannt, darunter 25. Okt. 1822 bei Genua 812 mml
Alexandria, Louisiana 15. Juni 1886 544 mm und Honkong 30. Mai 1889
521 mm (in den Tagen 29.— 30. Mai fielen 886 mm in 36 Stunden). |
Die grössten Niederschlagsmengen in 24 Stunden in Mitteleuropa
sind: Neuwiese im Riesengebirge 29. Juli 1897 345 mm (Höhe 780 mj
50° 49' n. Br., 15» O' E. L.), Schneekoppe im Riesengebirge 30. Juli 189?!
239 mm, Buchenberg, südlich von Wernigerode im Harz, 22. Juli 18SE
238 mm, Reichenhall und Alt-Aussee 242 mm, Langbathsee 255 mm.
Mühlau bei Admont 287 mm, alle am 12. Sept. 1899. Trentschin (Un-!
garn) wies am 7 Juni 1873 267 mm Regen auf, Joyeuse, Dep. Ardeche
in den Cevennen 9. Okt. 1827 792 mm in 22 Stunden, Molitg-les-Bains.|
Pyren6es- Orientales, 20. März 1868 313 mm in anderthalb Stunden]
Perpignan und Montpellier 11. Okt. 1862 233 mm in 7 Stunden. Diehöchstci
Ziffer für Grossbritannien ist Ben Nevis 6. Febr. 1894 169 mm, 2. Okt. 9*/i
bis 3. Okt. 9^^ a 1890 205 mm, für das europäische Russland, Gouv. KhersoD
22. Okt. 1885 160 mm. I
Die ergiebigsten dieser Tagesregen rührten von grossen Luftwirbelnj
her. Sie stehen in Bezug auf Heftigkeit, welche durch die Niederschlags-
VIII. Wolken und Niederschlag. QQl
^Me pro Minute gemessen wird, vielen Kegengüssen von kurzer Dauer
iiach, bei welchen bisweilen 5, ja sogar 10 mm Regen pro Minute (Ru-
nSnien, 45^ 10' n. Br., 24» 41' E. L. 7. Juli 1889) gefallen sind. Be-
( Inders in Amerika kommen solche heftige Regengüsse nicht selten vor.
e schweren Regengüsse sind häufig rein lokaler Natur und treten
der stark erhitzten Niederung am Nachmittag der heissen Sommer-
13 auf. Dagegen sind die tagelangen ergiebigen Regen meist in den
l)irgsgegenden anzutreffen, wie die vorhin gegebenen Beispiele zeigen,
uid sie ergiessen sich über grosse Flächen.
Die Menge flüssigen Wassers in einer Wolke ist zuerst von den
iriidem Schlagintweit bestimmt worden. Man saugte dabei eine be-
stimmte Menge Wolkenluft durch ein chemisches Hygrometer und kor-
•igierte den so gefundenen Wert für den Dampfgehalt, der unter An-
mhme von Sättigung ermittelt wurde. Diese Methode giebt zu niedrige
U'orte, weil die Wassertröpfchen (nach F. Exner) an der Einsaugeröhre
nrbei fliegen. Vermeidet man diesen Fehler, so erhält man höhere Werte.
\. Konrad fand auf dem Schafberg bei Wien, dass in einem Nebel
iiit 30—40 Schritt Sehweite 3,0 g Wasser pro m^ enthalten waren. Sank
iie Sehweite auf 26 Schritt, so war die Wassermenge 4,4 g pro m^. Man
kann wohl daher annehmen, dass in einer dichten Cumuluswolke höchstens
10 g Wassertropfen pro m^ vorhanden sind. Diese Zahl dürfte vielleicht in
len Tropen überschritten werden, wogegen sie ohne Zweifel für höhere
Breiten viel zu gross ist. Wenn die Tröpfchen, wie oben angenommen
wurde, einen Durchmesser von 0,02 mm besitzen, so enthält 1 m^ Wolke
?on 4,4 g Wassergehalt 1050 Millionen solche Tröpfchen, deren gegen-
seitige Entfernung demnach etwa 1 mm ist, d. h. 50 mal den Durch-
oaesser übersteigt.
Aus diesen Messungen geht hervor, dass auch eine 5 km mäch-
■ Wolkenbank von der grössten oben angenommenen Dichtigkeit
all ht mehr als 50 mm Niederschlag geben könnte. Die ergiebigsten
1' "uengüsse müssen demnach von lange andauernden aufsteigenden Be-
dungen feuchter Luftmassen herrühren.
Solche aufsteigende Bewegungen von grossem Umfang sind in den
iqiiatorialen Gegenden beständig, wo sich deshalb ausserordentlich in-
tensive Regen zeigen. Ferner kommen starke aufsteigende Luftbe-
^\ (jungen in Gebirgen vor. Dieselben zeichnen sich auch durch
starken Niederschlag aus, und detaillierte Karten über die Regenmenge
''^'ben deshalb grosse Ähnlichkeit mit Höhenkarten. Die Regenmenge
iLjt im allgemeinen mit der Meereshöhe, aber nur bis zu einer be-
ßß2 Physik der Atmosphäre.
stimmten Grenze, wo wegen der stark abnehmenden Temperatur aiK
der Niederschlag abzunehmen anfängt. • Das Maximum fällt im Him:i
laya auf etwa 1300 m Höhe, in den Bergen von Java auf 1000 m ui!
in dem englisch-indischen Seedistrikt auf nur 500 m Höhe.
Falls die Gebirgskette eine sehr hohe Temperatur, verglichen mij
den vorbeistreichenden Luftmassen, besitzt, kann sie ihnen so vi'
Wärme abgeben, dass sie den Thaupunkt nicht erreichen. Der Eeg
bleibt in solchen Fällen aus, wovon Spanien und Algerien Beispiel
darbieten.
Etwas Ähnlichkeit mit den Gebirgen zeigen die Küstenzonen. DI
Winde vom Meere werden daselbst durch Keibung aufgestaut und geh-
ihre Feuchtigkeit ab. In beiden Fällen hängt sehr viel von der Kichtuih
des Windes ab. So z. B.. gilt, was oben von den Bergen gesagt wurd
nur von der Windseite. Auf der Leeseite herrscht dagegen Trockenh(
Dieser Unterschied ist im Winter, bei dem niedrigen Gang di
Wolken, viel grösser als im Sommer.
Die grossen Luftwirbel bieten einen anderen Fall von langdauerii
den aufsteigenden Luftströmen. Dieselben führen auch Kegen mit. Dii
Gegenden, wo diese Cy klone ihre grossen Zugstrassen haben, weisei
deshalb grosse Niederschlagsmengen auf. Dies ist z. B. der Fall für dii
britische und die norwegische Westküste, sowie für das Gebiet dri
grossen Seen in Nordamerika.
Die von Süden kommenden Winde führen im allgemeinen wegci
ihrer hohen Temperatur und damit folgender Feuchtigkeit Kegen mit
Dagegen sind die Nordwinde durch Kälte und Mangel an Kegen aus-
gezeichnet. Dies gilt für den Nordteil der Erde; für den Südteil ist i-
umgekehrt.
Im Winter fliesst der Wind vom Kontinent zum Meer, im Sommci
umgekehrt. Die erstgenannten Winde steigen herab, die zweitgenannten
hinauf. Deshalb besitzen die grossen Kontinente im Sommer im allge-
meinen eine Regenzeit, im Winter eine trockne Zeit. Dies ist z. B. der
Fall für das indische Monsunengebiet.
Die Verteilung des Niederschlages auf der Erde. Zahl-
reiche Beispiele der oben angeführten Sätze findet man in den Karten,
welche die Niederschlagsmenge in den verschiedenen Weltteilen angeben
(Tafel II). Die grössten Kegenmengen in Europa kommen an der
Nordwestküste Englands (Cumberland) vor, wo am Styehead-Pass
(490 m Höhe) 4310 mm, zu Seathwaite (129 m) 3430 mm pro Jahr be-|
obachtet wurden. Auch die Westküste von Schottland zeigt hohe Werte,!
l^O« ijÖ* K^
Airlicnins, Kosmische Pkysik.
S. 062-663.
T^rppTtt
Isis 250 mia.
250-500 y,
500-700 „
750-1000 y
lOOO'SOOO,
lüber 2000 ,
h)iia.
;ih Aiu.i.^dii,: Rinkfiardl,'i,v';fi.ig
r
VIII. Wolken und Niederschlag. ßß3
Ben Nevis (1343 m) 3800 mm und Glencoe (160 m) 3240 mm.
Mfise Stellen, ebenso wie die norwegischen Küstenstationen (FlorÖ,
940 mm, Bergen 1850 mm) erhalten ihren Niederschlag vom Golfstrom.
Joch grössere Regenmengen fallen in einigen Teilen Südeuropas, wie
Crkvice (hinter Cattaro) 4360 mm; auf der Südseite des Krainer
ihncebergs (Henneburg) fallen noch 3190 mm jährlich. In dem por-
ngiesischen Gebirge (Serra da Estrella) hat man 2970 mm beobachtet.
11 Mitteleuropa wechselt die Niederschlagsmenge zwischen 500 und
0(10 mm jährlich (Gebirgsgegenden ausgenommen).
Die grösste beobachtete Regenmenge kommt Cherrapundji in Assam
lit 11790 mm zu (1250 m). In der nächstliegenden Niederung erreicht
ii' Niederschlagsmenge nicht mehr als den vierten Teil dieses Betrages
14 Proz. der Regenmenge zu Cherrapundji fällt im Sommer, Juni— Aug.,
ir 1,2 Proz. im Nov.— Febr.). Grosse Regenmengen (5000— 7000 mm)
if^n auch andere Stationen im indischen Monsunengebiete und
n der Westküste Hinterindiens. Auch das ostindische Archipel
cisst grosse Regenmengen auf (z. B. Batavia 4350 mm), ebenso Neu-
luinea.
Die zweitgrösste Regenmenge auf der Erde ist am Südwestfuss des
v;unerun Piks mit 9460 mm beobachtet worden. Sierra Leone und Ka-
iHTun haben 430Ö und 4160 mm.
Die Inseln im Stillen Ocean besitzen auch reichlichen Niederschlag
die Fidschiinseln (Quara Walu) 6280 mm, Samoa (Utu mapu)
\:u) mm.
Andererseits giebt es Gegenden, wo Regen äusserst selten sind,
-leich sie wohl nirgendswo vollkommen ausbleiben. Diese Gegen-
i sind durch Wüstennatur charakterisiert. Daselbst beobachtet
i.in nicht selten, dass Regen fällt, bisweilen unter Gewittererschei-
iiiiigen, in der trockenen Luft aber verdunstet, bevor er den Boden
ncicht. In dem Polargebiet giebt es manche Gegenden, wo die Nieder-
' hlagsmenge nur 100—200 mm pro Jahr erreicht. Trotzdem können
ii' nicht als trocken bezeichnet werden, da zufolge der niederen Tem-
' latur die Verdunstung im selben Maassstab wie die Niederschlags-
n-nge herabgesetzt ist.
Der meiste Regen stammt vom Ocean. Ebensoviel Niederschlag
Inuss von diesem zum Festland transportiert werden, wie Wasser durch
jlie Flüsse zum Ocean zurückbefördert wird (vgl. S. 429).
John Murray hat versucht, den mittleren Regenfall für die ver-
ßg4 Physik der Atmosphäre.
schiedenen Breiten zu schätzen. Er kam zu folgenden Ziffern (in cn
pro Jahr):
N. 80 70 60 50 40 30 20 10 Äq. 10 20 30 40 50 60 70 ^
38 40 59 61 59 73 102 212 203 132 71 75 113 112 107
Die Ziffern gelten für das Festland. Im allgemeinen ist die südliche Hall,
kugel die niederschlagsreichere, besonders bei Breiten über 30^. Südlicl
von 30^ s. Br. fehlen auch die grossen trockenen Kontinentalflächen
Wie der Mittelwert des Luftdruckes und der Temperatur, ^
schwankt auch die jährliche Regenmenge von Jahr zu Jahr, und zw;
in sehr hohem Grade. So z. B. schwankte die Regenmenge für dif
zwölf Jahre 1881—1892 in Luzern zwischen 1012 (1884) und 1453 mii
(1882), um den Mittelwert 1191 mm. In Basel war die gleichzeitiu'
Schwankung zwischen 563 (1884) und 979 mm (1882) um das Mitt
783 mm.
Wie aus diesen Ziffern ersichtlich, ist eine sehr grosse Anzahl voi
Beobachtungsjahren nötig, um einen einigermaassen richtigen Mittelwer!
zu erhalten. Das erwähnte Beispiel zeigt auch, dass die beiden Stationci
Basel und Luzern, die um 76 km voneinander entfernt sind und einei
Höhenunterschied von 180 m haben, dieselben Extremjahre des Nieder-
schlages besitzen. Im Jahre 1882 lag die Niederschlagsmenge zu Luzeri;
22 Proz., diejenige zu Basel 25 Proz. über dem Mittel. Im Jahre 188 J
war das Regendefizit für Luzern 15 Proz., für Basel 28 Proz. In der
That durchlaufen grössere Landstrecken gleichzeitig Abweichungen im
gleichen Sinne und von nahezu derselben Grössenordnung (in Prozent vom
Mittel). Falls man also für einen Ort nur die Regenmenge während einer ge-
ringen Anzahl von Jahren kennt, kann man die mittlere jährliche Regen-
menge dieses Ortes mit recht grosser Annäherung so berechnen, dass man
annimmt, die prozentische Abweichung vom Mittelwert sei daselbst während
der Beobachtungszeit dieselbe gewesen wie in der nächstliegenden me-
teorologischen Station, für welche durch eine längere Reihe von Beob-
achtungsjahren der Mittelwert genügend genau festgestellt ist. In
derselben Weise kann man fehlende Jahrgänge der Regenmessungen durch
Umrechnung aus den Daten einer nahegelegenen Station vervollständigen.
Häufig sind ältere und neuere Jahrgänge von derselben Station
nicht miteinander vergleichbar. Dies kann von Veränderungen d^-
Regenmessers oder seiner Aufstellung, schlecht graduierten Mess-
gläsern u. s. w. herrühren. Auf diesen Umstand hat man Acht zu geben
bei Berechnungen über Klimaänderungen und anderen ähnlichen Unter-
VIII. Wolken und Niederschlag.
665
I
BHchiingen. Als Beispiel möge angeführt werden, dass die Kegenmenge
^m Padua in den 90 Jahren, 1725 — 1814, 909 mm, in den 81 Jahren,
1815—1895, dagegen 800 mm pro Jahr betrug. Man hat allen Anlass,
anzimehmen, dass diese Veränderung nur scheinbar gewesen ist.
Tägliche und jährliche Periode der Regenmenge. Der
liehe Gang der Regenmenge ist sehr kompliziert. Dies beruht darauf,
s er an vielen Orten im Winter anders ist als im Sommer, ebenso wie
Bewölkung zu verschiedenen Jahreszeiten verschieden ist. Am ein-
hsten verhalten sich der Ocean und die Küstenstationen (vgl. unten
Valentia), bei welchen keine heftigen aufsteigenden Luftbewegungen
mit starken Kondensationen vorkommen. Das Maximum liegt dort kürz
nach Mitternacht, das Minimum kurz nach Mittag. Denselben Gang
haben im Winter viele Stationen, wie z. B. Paris. Im Sommer dagegen
lallt das Maximum für die meisten kontinentalen Stationen sehr deutlich
auf den Nachmittag, weil dann die Cumulus-Regen vorherrschen (vgl.
Prag und Batavia Sommermonate). Für das ganze Jahr hat man häufig
lind speziell in Mitteleuropa zwei Maxima, wovon jedoch meistens das
Xachmittagsmaximum überwiegt, und zwei Minima. Beispiele giebt
tilgende Tabelle.
Tägliche Periode des Niederschlages (in Tausendteilen der Tagessumme)
VM. 2468 10 12 2 4 6 8 10 0 NM.
Wien ....
Prag Dez.-Febr.
Juni-Aug.
Matavia Dez.-Febr.
März-Sept
< »it'ener Ocean
\ alentia . .
Tiikio . . .
Piiwlowsk . .
ütTlin . .
\Viishington .
< iilcutta . .
90 70 58 73 78 63 96 155
67 68 87 82 67 81 106 120
61 57 54 61 65 73
113 92 90 78 72 69
70 35 32 28 38 44 104 164 168 143
97 88 87 86 84 82 77 71 75 84
88 93 93 90 84 76
90 92 91 81 84 78
76 71 86 79 70 76
76 83 74 69 62 68
63 75 73 76 79 86
50 71 65 71 58 92 111 110 120 128
Eigentümlicherweise zeigen einige Stationen mit ausgesprochen kon-
tinentaler Lage, wie Irkutsk und Tiflis, sowie auch Mailand einen
'■;ing ähnlich dem der Küstenstationen mit einem einzigen stark aus-
i' prägten Maximum kurz nach Mitternacht. Das Minimum fällt kurz
nach Mittag, für Mailand schon zwischen 6 — 8 Uhr morgens. Dieser
' ' ang zeigt, dass auch in diesen Fällen wie auf dem Meer die nächtliche
98 81 73 64
74 89 75 83
81 HO 133 104 111 90
83 79 87 75 66 97
88 86
85 84
82 83
78 77
79 78
83 78
99 70
73 45
74 75 80 82
74 86 86 83
92 109 95 89
85 105 104 113
86 105 88 100
666 Physik der Atmosphäre.
Abkühlung unvergleichlich mehr zur Niederschlagsbildung beiträgt, als
die aufsteigende Bewegung der Luft am Tage.
Die jährliche Periode des Niederschlags. In dem Äquatorial-
gebiet tritt zweimal jährlich, wenn die Sonne imZenith steht, ein Maximum
der aufsteigenden Luftbewegung und damit der Regenmenge ein. Im
Grenzgebiet der Tropen und subtropischen Zonen zieht sich die Regen-
zeit auf eine einzige Jahreszeit, vier Sommermonate, zusammen, di(
ganze übrige Zeit ist trocken. In dem Subtropengürtel zeigt sich häuii
ein Minimum des Regens im Sommer, wenn die herabsteigenden
Luftströme der Rossbreiten sich bis dahin erstrecken. Diese Stellen
haben deshalb Winterregen. Sie sind auf die Westseite der Kon-
tinente beschränkt, auf der Ostseite herrschen die Sommerregen der
Monsune (z. B. Bombay). Das Mittelmeergebiet gehört zum Typus der
Winterregen (Beispiel Jerusalem). In mehr gemässigten Breiten, wie in
Europa nördlich der Alpen, treten wiederum die Sommerregen auf; di*
Kondensation im Winter ist zu unbedeutend, um sich geltend zu machen. Di
Küstenregionen machen hier eine Ausnahme. Wegen der Nähe des Meeres.
das im Frühling kalt ist, im Herbst dagegen stark erwärmt, wird der Frühling
trocken, der Herbst und Anfang des Winters regenreich. Dies trifft für
Nordwesteuropa und, obgleich weniger ausgeprägt, für die nordameri-
kanische Atlantenküste zu. Folgende Beispiele mögen angeführt werden.
Die Ziffern geben Tausendstel der jährlichen Niederschlagsmenge an.
Breite Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Südafrika . . 6» S. 8G SO 123 195 91 10 7 17 37 61 188 105
Mexiko . .
Jerusalem .
19,4" N. 7 9 26 26 85 174 180 207 179 79 20 8
31,70 N. 203 230 176 63 7 0 0 0 4 23 84 210
Mittel-Europa 50» N. 57 56 68 71 92 115 121 117 82 75 74 72
Moskau . . 55" N. 51 40 55 69 91 100 131 146 98 67 77 75
Nordasien. . 55» N. 20 17 18 35 75 133 235 215 122 .58 40 32
Brest . . . 48,5» N. 102 91 69 66 59 62 64 66 95 110 116 100
N.W.-Europa 60» N. 100 80 72 56 58 64 70 80 102 110 102 106
Bombay . . 19o N. 2 1 0 0 5 263 342 201 146 33 6 1 |
N-Amer. E.Küste 400 N. 84 77 85 70 80 81 96 87 84 91 86 79
Mailand . . 45,4o N. 54 50 83 100 95 88 57 77 97 115 112 72
Mailand zeigt eine Übergangsform zwischen dem Mittelmeer-Typus
und dem Typus des europäischen Kontinents.
Die Winterniederschläge nehmen im Gebirge mit der Höhe zu, so
dass in höheren Lagen im Winter mehr Regen fällt wie im Sommer*
Dies gilt auch in Mittel-Europa (z. B. Klausthal im Harz, 590 m Höhe
52 Proz. Niederschlag im Winter).
IX. Die Winde.
Richtung und Stärke der Winde. Die Windrichtung wird
nach der Weltgegend bezeichnet, von der der Wind zum Beobachter
strömt.
Die Windrichtung wird von der Windfahne angegeben, welche, um
gute Resultate zu geben, sich um ihren Schwerpunkt drehen muss. Ihre
Achse, die genau vertikal stehen muss, ist häufig in ein darunter-
liegendes Zimmer verlängert, wo ein Zeiger auf einer Scheibe die
Windrichtung zeigt. Offeabar kann diese Achse leicht mit einer Vor-
richtung zur Registrierung der Windrichtung verbunden werden. Die
Windfahne muss auf einem frei gelegenen Platze aufgestellt sein.
Auf der See wird die Windrichtung, welche durch die Eigenbewe-
gung des Schilfes nicht direkt auf der Windfahne abgelesen werden
kann, durch Korrektion für diese Bewegung berichtigt. Die Korrektion
wird ganz einfach so ausgeführt, dass zu der scheinbaren Windgeschwin-
digkeit, deren Richtung angegeben ist, die Geschwindigkeit der Bewegung
des Schiffes nach dem Gesetz des Kraftparallelogrammes hinzugefügt
wird. Ist also die auf der Windfahne abgelesene scheinbare Wind-
geschwindigkeit durch die Länge von OW (Fig. 198)
und ihre Richtung diejenige von 0 nach W, und
stellt in ebenderselben Weise OS die Geschwindig-
keit und Bewegungsrichtung des Schiffes dar, so
|giebt die Resultante OR dieser beiden Komponenten
OW und OS die wirkliche Windgeschwindigkeit und Windrichtung an.
Die Windgeschwindigkeit kann teils direkt mit dem Robinson-
schen Schalen -Anemometer, teils indirekt durch ihre Druckwirkung ge-
messen werden.
Das Robinson sehe Anemometer besteht aus einem horizontalen,
an einer vertikalen Achse AB befestigten Kreuz, an dessen vier Armen
hohle Halbkugeln angebracht sind, wie Fig. 199 andeutet. Der Wind
668
Physik der Atmosphäre.
drüclit immer stärker auf die konkave als auf die konvexe Fläche de
Schale. Die Schalen drehen sich deshalb immer in derselben Richi
tung mit der konvexen Seite voran. Die Geschwindigkeit der Schale!
ist geringer als die Windgeschwindigkeit und zwar etwa 2,5 bis 3ma|
je nach den Umständen. Dieser Korrektionsfaktor des Anemometer
wird in bestimmten Central -Anstalten (z. B. in der Seewarte zu Hami
hurg) in der Weise bestimmt, dass das Anemometer an einem langei
Fig. 199.
Fig. 200.
Arm befestigt wird, der dann mit verschiedenen bestimmten Ge-
schwindigkeiten gedreht wird. Der Korrektionsfaktor ist im allgen
meinen etwas mit der Windgeschwindigkeit veränderlich. Unter einer]
bestimmten Windgeschwindigkeit dreht sich das Anemometer überhaupt
nicht. Die Anemometer haben häufig den Fehler, dass sie zu schwer undj
daher zu trag sind. Man konstruiert sie deshalb jetzt häufig inj
kleineren Dimensionen. Es gelang Langley mit Hilfe solcher äusserst!
leichter Anemometer zu beweisen, dass der Wind in der Nähe der!
Erdoberfläche gewöhnlich nicht stetig ist, sondern aus einer Unmassel
■
IX. Die Winde. ßgg
u kleinen Windstössen (die vielleicht von Wirbelbewegungen herrühren)
zusammengesetzt ist.
Die Achse des Anemometers ist mit einem Zählerwerk verbunden,
welches die vom Winde in einer bestimmten Zeit durchlaufene Strecke
angiebt.
Eine andere Methode die Windstärke zu messen besteht darin, dass
an eine leichte, um eine horizontale Achse drehbare Platte c d e f
11?. 200) dem Anlaufe des Windes aussetzt. Damit die Drehungs-
iise der Platte immer auf der Windrichtung senkrecht steht, ist sie
an einer Windfahnenstange senkrecht zur Fahnenrichtung ah befestigt.
Diese Platte kann entweder durch Drehung um die Achse cd gehoben
werden, wobei der Winddruck aus dem Ausschlagswinkel auf einer Skala
\m g gemessen wird, oder die Platte drückt gegen eine Feder, wobei
der Druck direkt aus der Deformation der Feder abgelesen wird. Diese
Platten sind ziemlich unpraktisch, indem die für schwache Winde einge-
i richteten durch ihre Empfindlichkeit zur Messung starker Winde nicht
uigen. Man muss deshalb mit zwei oder mehreren solchen Platten- Anemo-
"tern ausgerüstet sein.
Das Verhältnis zwischen Windgeschwindigkeit und Winddruck ist
!i Langley u. a. experimentell untersucht worden. Er prüfte ein
|L'iatten -Anemometer in ungefähr derselben Weise wie oben die
'Prüfung der Robinsonschen Anemometer angegeben ist. Er fand, dass
1 eine vertikale Platte, gegen welche der Wind senkrecht stiess, der
iLuftdruck P in g pro cm^ bei 736 mm Druck und + 10^ C. der Formel
gehorcht:
P = 0,00870 F2,
V die Windgeschwindigkeit in m pro Sek. bedeutet. Bei einer Wind-
hwindigkeit von beispielsweise 10 m pro Sek. war der Druck 0,88 (her.
) g pro cm2. V wurde zwischen 5 und 30 m pro Sek. variiert.
War die Windrichtung nicht senkrecht zur Platte, sondern
bildete sie damit einen Winkel et, so zeigte sich eine Formel von
Duchemin:
2sina
1 + sin^a
als sehr nahe richtig. P„ bedeutet den Druck senkrecht gegen die
Platte von einem Winde, dessen Richtung den Winkel a mit der
Platte bildet (vgl. die folgende Tabelle).
g70 Physik der Atmosphäre.
Als Beispiel mögen folgende Beobachtungen angeführt werden:
a 5 10 15 20 25 30 35 40 45
l\r.l\Q 0,15 0,30 0,46 0,60 0,71 0,78 0,84 0,89 0,93
„ her. 0,17 0,34 0,49 0,61 0,72 0,80 0,86 0,91 0,94
Ein anderes Prinzip ist in neueren Zeiten zur Konstruktion vui
Anemometern verwendet worden. Wenn der Wind gegen die Öffnurf
einer horizontalen Glasröhre hläst, die mit einem Flüssigkeitsmanomet
verbunden ist, so wird die Manometerflüssigkeit hinaufgepresst. Di
Steighöhe ist dem Quadrate der Windgeschwindigkeit proportional. Mi
solchen Vorrichtungen kann man die Windgeschwindigkeit in zwei auf
einander senkrechte Komponente zerlegen.
Anstatt des Druckes des Windes kann man zur Verschiebung de
Manometerflüssigkeit seine saugende Wirkung, wenn er an einer Öff
nung vorbeistreicht, ausnutzen. Auch in diesem Falle ist die VerschiebuDi
dem Quadrate der Windgeschwindigkeit proportional.
Auch ohne Anemometer kann man die Windgeschwindigkeit nari
ihren mechanischen Wirkungen schätzen. Auf dem Festland verwendi
man gewöhnlich eine sechsteilige Skala von 0 oder Windstille bis 6 od'
Orkan gehend. Auf dem Meer, wo der Wind im allgemeinen kräftig!
ist und mehr gleichmässig als auf dem Festland weht, benutzt man eiii'
zwölfteilige von Admiral Beaufort eingeführte Skala.
Nach einiger Übung begeht man bei der Schätzung der Windstärki
nicht grössere Fehler als eine Einheit der Be au fort sehen Skala.
um eine Vorstellung von der Beaufortschen Skala zu er-
halten, führen wir nach van Bebber folgende Tabelle an über die Be-
zeichnungen der Windgeschwindigkeiten nach dieser konventionellen
Skala und den Angaben der Anemometer. Die Schätzungen weicheri
recht stark von einander ab. Die Zahlen von Scott sind die höchsten.;
Sie sollen für die Verhältnisse auf dem Meer gelten, wo wegen der ge-
ringen Reibung die Windstärke im Mittel bedeutend grösser ist als aul
dem Lande. Auch sollen Scott und Chatterton die mit dem Ane-
mometer gemessene Windstärke etwas überschätzt haben. Die Wind-
geschwindigkeit ist in Metern pro Sek. angegeben.
Die ersten Zahlen von Koppen sind aus demselben Zahlenmater i
wie diejenigen von Scott abgeleitet, nur ist der ßeduktionsfaktor ci
Anemometers etwas niedriger geschätzt. Die späteren Zahlen von Koppen]
sind Beobachtungen an den deutschen Küstenstationen, Borkum, KeitumJ
Swinemünde und Neufahrwasser entnommen. Unter Mittel stehen Mittel-
J
I
IX. Die Winde. Q^i
1,3
1,9
2,1
—
—
0-1
2,0
3,5
2,7
2,9
2,1
—
1-2
2,6
5,8
4,0
4,2
3,8
—
2-4
4,0
l 8
5,4
5,3
5,4
5,2
4-6
5,4
10,3
6,8
6,9
7,2
7,6
6-8
7,0
12,5
8,2
8,7
9,0
10,8
8—10
8,6
15,2
9,8
10,7
11,6
12,5
10—12
10,7
18,6
10,7
12,7
13,3
15,8
12—14
12,2
21,5
12,4
14,5
15,8
18,6
14-16
14,2
25,0
14,9
15,7
—
—
16-20
15,3
29,1
—
—
—
—
20-25
—
33,5
—
—
—
—
25-30
—
40,2
—
—
—
■ —
über30
—
werte der Sprungschen und der beiden Köppenschen Berechnungen.
Die nach Angot angegebenen Zahlen stellen das Eesultat eines weit
getriebenen Versuches zur Ausgleichung der empirischen Daten dar.
Beauforts Skala Scott Sprung Kopp enl Koppen II Chatterton Angot Mittel
0 Windstille
1 Leiser Zug
L' Leichter Wind
- chwacher Wind 8
■1 Massiger Wind 10,3
5 Frischer Wind
starker Wind
il arter steifer
Wind
"Stürmischer
Wind
^turm
_ >tarker Sturm
il Heftiger harter
Sturm
12 Orkan
Wenn man die Geschwindigkeit und Kichtung des Windes in
'■m Zeitabschnitt einer längeren Periode, z. B. Tag, Monat oder Jahr,
mit, ist es nicht schwer, die mittleren Zahlen für diese Periode zu
erechnen. Das einfachste ist: man berechnet die nördliche und östliche
vumponente jeder Windgeschwindigkeit, und nimmt das Mittel dieser
\oinponenten für die bestimmte Zeit, wobei südliche oder westliche
vomponenten als negativ zu rechnen sind. Aus den beiden Mittel-
ablen bildet man dann die Resultate. Es giebt auch Instrumente
z. B. der Wind-Integrator von v. Oettingen — , welche mechanisch
ufse Arbeit ausführen.
In derselben Weise verfährt man, wenn man beispielsweise die
iiittlere Richtung und Geschwindigkeit des Windes zu einer bestimmten
-;esstunde während eines Monats oder Jahres bestimmen will.
Eine andere, graphische Methode, die eigentlich auf dasselbe hinaus-
"inmt, ist folgende: man trägt von einem Ausgangspunkt (Origo) alle
»eobachteten Windgeschwindigkeiten in ihren Richtungen ab und nimmt
ie Resultante derselben nach dem Prinzip des Kräfteparallelogrammes
liier Kräftepolygons).
Die tägliche Veränderlichkeit des Windes. An den meisten
llen ist es schwer, die tägliche Veränderlichkeit des Windes, unab-
iigig von lokalen Einflüssen, wie Land- und Meereswinden, Berg- und
672
Physik der Atmosphäre.
Thalwinden, sowie von durch topographischen Umständen hervorgerufene:
Störungen, zu beobachten. Wenn man eine feste Station im Meere weitj
vom Ufer besässe, so würde dieselbe eine günstige Gelegenheit zur Be-{
obachtung dieser Veränderlichkeit darbieten. '
Unter den vorhandenen Beobachtungsstationen ist in dieser Be-
ziehung diejenige auf dem Eiffelturm am günstigsten gelegen. Sie liegt
hoch über den Häuser massen (gegen 300 m), dass dieselben und andere Un-,
ebenheiten des Bodens
nicht störend einwirken.
Die nebenstehende Figur
201 stellt die tägliche
Veränderung desWindesi
daselbst dar.
Die Windgeschwin-
digkeit ist durch eine
Gerade vom Punkte 0
zu einem der betreffenden
Stunde entsprechenden
Punkte u4 dargestellt. Die
Stunden sind durch
nebengeschriebene Be-
zeichnungen gekenn-i
zeichnet. Die Linie OA
stellt demnach die Windgeschwindigkeit um 1 Uhr 45 Minuten am Morgenj
dar. Die Windrichtung ist rein westlich um 7 Uhr 30 Minuten m.orgens
und um 14 Uhr d. h. 2 Uhr nachmittags.
Die Windgeschwindigkeit kann als die Summe von zwei Kompo-
nenten dargestellt werden, einer Oif, welche gleich der mittleren täg-
lichen Geschwindigkeit ist und einer anderen MÄ, deren Endpunkt A. m
Laufe eines Tages eine geschlossene Kurve beschreibt. Das charak-
teristische ist, dass, auf der nördhchen Halbkugel, der Leitstrahl MÄ
sich in derselben Richtung wie ein Uhrzeiger bewegt, d h. sich mit der
Sonne dreht.
Eine ähnliche Regelmässigkeit hat Hann für Madrid, Nukuss uü!
Wien nachgewiesen. Dieselbe besteht auch für Gebirgsstationen, wie diej
Gipfel von Obir, Säntis, Pic du midi, Puy de Dome u. s. w. Als Bei-
spiel möge nach Pernter folgende Tabelle der täglichen Periode dei
Windhäufigkeit (der Mittelwert ist gleich 100 gesetzt) auf dem Säntis-
gipfel dienen.
Fig. 201.
IX, Die Winde
N
NE
E
SE
S
SW
W
NW
5— 7^«
44
80
60
38
67
202
248
61
7—9
43
82
64
50
60
221
219
50
9—11
15
64
82
62
98
264
168
46
11— l'^ 2?
13
44
63
64
136
312
140
28
1—3
16
44
56
42
126
332
156
27
3—5
28
56
44
42
86
282
221
40
673
5—7
34 65 50 34 82 230 248 59
Zu Blue Hill, in Frankreich (Departement Dröme) und zu Cordoba
in Argentinien folgen die oberen Winde ebenfalls der Sonne. Im
'letzten Falle ist demnach die Drehungsrichtung umgekehrt wie diejenige
ides Uhrenzeigers, da Cordoba auf der südlichen Halbkugel gelegen ist.
Der Wolkenzug folgt einem ähnlichen Gang. Eicht er fand
lür die Grafschaft Glatz in Schlesien, dass im Sommer die unteren
; Wolken ihren Zug im Laufe des Tages von N über E und S nach W
I drehen. Dasselbe gilt für die Wolken von 1,5 bis 8,5 km Höhe zu
Blue Hill nach folgender Tabelle.
I Maximum der Häufigkeit des Wolkenzuges bei verschiedenen Richtungen
! Richtung aus
Zeit des Maximums
N NE
11'» j9 2'»«
Die Windgeschwindigkeit hat
in der Nähe der Erdoberfläche
■io Maximum etwa um 1^ p. In
höheren Luftschichten ist der
Gang nahezu umgekehrt mit einem
^faximum kurz vor Mitternacht ,
lud einem Minimum im Laufe
s Tages, wie nebenstehendes
Diagramm (Fig. 202) zeigt, in
welchem die voll ausgezogenen
Linien die Tagesvariation der
Windgeschwindigkeit beim Bureau
neteorologique in Paris (21m über >
ier Erdoberfläche), die punktierten
Linien dagegen die entsprechende z
jrösse auf dem Eiffelturm (305 m
iber der Erdoberfläche) darstellen.
E SE S SW W NW
h^ a 8*a 11* a l*" p 6^ p S'' p
MUtagie*'
MtMern.
,.
--.
...
""
""'
X
y
\
s
/''
-^
^
\
S
Jj
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\
/
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■''
"'**
/
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s
/
\
}
\
V'
r
/
_,
[..'
1
N
V
—
y
\
Jul
\
MiHag \
Fig. 202.
20*-
In der Nähe der Erdoberfläche ist die Tagesvariation im Sommer
Arrlienius, Kosmische Physik. 43
674 Physik der Atmosphäre.
etwa doppelt so gross wie im Winter. In höheren Luftschichten ist dii
Amplitude am grössten bei den Äquinoctien, am geringsten im Wintt
Diese Unterschiede lassen sich durch die grosse Euhe der Luft naln
der Erdoberfläche in den Nachtstunden erklären, w^elche durch der!
relativ stabilen Zustand der Temperaturumkehr in dieser Zeit hervor-
gerufen wird. Besonders stark tritt dies im Winter hervor. Die Ur-
sache der Luftbewegungen an der Erdoberfläche ist in der Sonnenwirkuii
zu suchen, wodurch die niederen Luftschichten mit den höheren, d
durch eine grosse Windgeschwindigkeit gekennzeichnet sind, vermiscM
werden. Demzufolge hat der Wind höherer Luftschichten (um 300 m '
am Tag ein Minimum, derjenige niederer Luftschichten kurz nach den;
Mittag ein Maximum der Geschwindigkeit.
Dass das Minimum in höheren Schichten im Sommer schon um
10^ a und nicht wie im Winter erst kurz nach Mittag {2^ p) eintrifft:
beruht darauf, dass die starke Sonnenwirkung im Sommer selbst ei»
Zunahme der Windgeschwindigkeit an der Erdoberfläche kurz nacli
Mittag hervorruft.
Der tägliche Gang beim Bureau meteorologique entspricht demjenigen
auf anderen Stationen, ausser den auf Berggipfeln gelegenen. Diese zeigen
Verhältnisse von derselben Art wie die Beobachtungen vom EifiFelturm.i
Die Windgessh windigkeit ändert sich im Laufe des Jahres so, dass!
sie in unseren Gegenden ein Maximum im Winter, ein Minimum im
Sommer besitzt. Im Winter sind nämlich im allgemeinen die Tempe-j
raturunterschiede nahe gelegener Orte grösser wie im Sommer. Diesel
Veränderlichkeit geht aus folgender Tabelle hervor, welche die mittlere'
Windgeschwindigkeit in Metern pro Sek. angiebt. B. M. bedeutet
Bureau meteorologique, E. T. Eiffelturm.
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr,
B. M. 2,38 3,47 2,48 2,16 2,09 2,06 2,08 2,01 1,66 1,90 2,15 2,32 2,15
E. T. 10,48 9,72 9,35 8,09 7,92 7,33 7,90 8,09 7,47 9,39 9,41 9,34 8,7 ij
Verhältnis 4,4 3,94 3,77 3,75 3,79 3,56 3,80 4,02 4,50 4,94 4,38 4,03 4,05
„ Nachts 2,74 2,43 2,03 1,98 1,89 1,81 1,76 1,83 2,12 2,28 2,60 2,48 2,16
Bei den in der Nähe des Erdbodens aufgenommenen Beobachtungen
des Bureau meteorologique hat die Sonnenwirkung zur Mittagszeit einem
störenden Einfluss, wodurch das Minimum auf September verschoben wird.j
Nimmt man nur die Nachtstunden (0 — 4^* a) zum Vergleich, so sinktj
die mittlere Windgeschwindigkeit im Sommer auf 1,5 m pro Sek. g^.gQw
2,2 m im Winter.
■
IX. Die Winde.
"675
Die starke Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe, welche
aus den Eiffelturmbeobachtungen hervorgeht, ist nicht auf die niederen
i".nftschichten beschränkt, sondern erstreckt sich bis zu den Eegionen
r Cirruswolken. Nach den Geschwindigkeiten der Wolken zu urteilen,
steigt die mittlere Geschwindigkeit des Windes (gleich derjenigen des
Wolkenzuges angenommen) in 8—10 km Höhe auf nicht weniger als
30 m pro Sek.
Der Grund für diese in der Nähe der Erdoberfläche besonders
schnelle Abnahme der Windstärke ist die starke Reibung zwischen der
Liift und den Unebenheiten der Erdoberfläche. Deshalb ist auch der
\v'ind auf dem Meer bedeutend kräftiger als auf dem Festland.
Damit hängt auch, wie wir weiter unten sehen werden, zusammen,
•s die Windrichtung in höheren Luftschichten gegen die an der Erd-
rfläche nacb rechts gedreht ist. So z. B. liegt die Windrichtung am
l^iffelturm im Mittel 25'' rechts von der an der Erdoberfläche gleich-
zeitig vorhandenen. Wenn also diese im Mittel westlich ist, so weht der
Wind am Eiffelturm im Mittel von WNW.
Die Ursache der Winde. Die Bewegungen der Luftmassen
rühren von Druckkräften her, d. h. der Druck in derselben Horizontal-
-^'•hicht ist nicht überall gleich. Diese Druckdifferenzen hängen
^viederum ursprünglich mit ungleichmässiger Erwärmung zusammen.
Üiirch eine Erhöhung der Temperatur dehnen sich die Luftmassen aus
und zwar um 0,367 Proz. des Volumens bei 0 <> für jeden Grad C.
Vf'hmen wir z. B. an, eine Luftschicht werde bei C vom Boden erwärmt
1 ig. 203). Die durch die gestrichelten Linien angedeuteten horizontalen
43*
676 Physik der Atmosphäre. j
Luftschichten nehmen über C eine grössere Dicke an, so dass die Linien
gleichen Druckes, welche vorhin durch die gestrichelten Linien darge-
stellt wurden, jetzt mehr wie die voll ausgezogenen Linien verlaufen.
Es sei ef die maximale Erhebung der Isobarenfiäche aa^ über C, so ist
in f der Druck pro cm 2 etwas höher als in a oder a', und zwar um -
viel wie das Gewicht einer Luftsäule von 1 cm^ Querschnitt und dfi
Höhe e/* beträgt. Diese Kraft, welche durch die Druckdifferenz pro cm- in /
und ai gemessen wird, wirkt nun auf eine Luftsäule verschiebend, dii
einen Querschnitt von 1 cm^ und eine Länge gleich fa^ besitzt. "Wenn
das Gewicht der Luftsäule von der Höhe ef die Masse derselben Luft-
säule treiben würde, so würde die Beschleunigung dieselbe wie bei
freiem Fall, d. h. g, sein. Bei freiem Fall wird nämlich eine Körper-
masse von ihrem eigenen Gewicht getrieben. In dem vorliegenden
Fall ist aber die getriebene Masse eine Luftsäule von dem Durchschnitt
1 cm2 und der Länge fa^ anstatt ef. Die Beschleunigung (a) wird
demnach e/":/'a'mal geringer als im vorigen Fall, d.h.
ef h
Falls zwischen e und a eine schiefe Ebene gelegen wäre, längs der
ein schwerer Körper hinunterfallen könnte, so würde seine Beschleuni-
gung gleich g ' ef: ea^ sein. Da nun ea^ nicht merklich von fa^ ver-
schieden ist, weil die Neigung von ea^ gegen fa^ äusserst gering ist, so
kann man sagen, dass die Beschleunigung der Luftmassen ebenso gros.^
ist wie diejenige eines längs der Isobarenfläche fallenden schweren
Körpers. Dabei wird das betrachtete Stück der Isobarenfläche so geriui:
genommen, dass es ohne Fehler als eine Ebene angesehen werden kann.
Um nun diese Kräfte zu messen, verwendet man nach Stevenson
den sogenannten Luftdruckgradienten oder kurzweg Gradienten, welcher
angiebt, um wie viel der Luftdruck in horizontaler Richtung längs einer
gegebenen Strecke sich ändert. Als Einheit nimmt man dabei denjenigen
Gradienten, bei welchem der Luftdruck sich um 1 mm Quecksilber in
einer Entfernung von 111,11km (einem Breitengrad) ändert. Die Er-
fahrung lehrt, dass massige Winde einem Gradienten unter 1 ent-
sprechen; bei Gradienten von 4 bis 5 wehen heftige Stürme.
Ein mm Quecksilber übt einen ebenso grossen Druck aus wie eini
Luftsäule von 1052 cm Höhe bei 0^ oder von 1129 cm Höhe bei 20'' C
(dabei wird ein mittlerer Druck von 760 mm Quecksilber angenommen,
vgl. S. 593). Bei 15^0. ist die betr. Höhe Uli cm, es ist also die
■
IX. Die Winde. 677
Xeigung der schiefen Ebene, welche derselben Beschleunigung entspricht
wie der Einheits-Gradient Uli : Hill . 1000 = 1 : 10000.
Mit Hilfe der oben abgeleiteten Ähnlichkeit der Wirkung des Gra-
jiienten mit einer schiefen Ebene ist es leicht die Windgeschwindig-
it zu berechnen, welche nach einer bestimmten Wirkungszeit, oder
ichdem die Luftmasse sich eine bestimmte Strecke verschoben hat,
der Luftmasse herrscht. Für die schiefe Ebene gilt nämlich die
^l'ormel:
v = Y2g .h,
worin v die Endgeschwindigkeit des Fallkörpers und h die vertikale Fall-
höhe, sowie g die Beschleunigung der Schwere bedeuten. Da nun
eine DruckdiflFerenz von 1 mm bei 760 mm Druck einer Fallhöhe von
10,52 m bei 0*^ und 10,52 (1 + at) bei t^ C. entspricht und bei einem
Druck b die entsprechende Zahl 760 : b mal grösser ist, so wird die End-
ireschwindigkeit in Metern pro Sek. bei der Druckdifferenz ö am Anfang
und Ende:
= y lg. 10,52 (1 + at) -^- 6 = 14,36 j/ d (1 + «0
760 _m_
h ' Sek.
ibei wird vorausgesetzt, dass keine ßeibungswiderstände wirken.
Um die Zeit zu berechnen, welche die Luftmasse zur Verschiebung
zwischen zwei Punkten braucht, braucht man nur die Entfernung der
l)oiden Punkte durch die mittlere Geschwindigkeit des Luftstroms an
den beiden Endpunkten zu dividieren.
Der Gradient an der Erdoberfläche erreicht bei Stürmen in Europa
nur äusserst selten den Wert 20; bei dem Orkan zu Edinburgh
am 24. Jan. 1886 war er 23,8. In Wirbelstürmen der Tropen
können noch grössere Gradienten vorkommen. Bei starken Stürmen in
'1er gemässigten Zone beträgt der Gradient gewöhnlich nur 5—10 mm
pro Breitegrad.
Die Trägheitskurve. Wie wir in dem vorhergehenden Abschnitt
•sehen haben, wird auf der nördlichen Halbkugel ein Körper, welcher sich
I .irallel der Erdoberfläche ohne Reibung bewegt, durch die Achsendrehung
'lor Erde aus seiner Bewegungsrichtung relativ zur Erdoberfläche nach
rechts abgelenkt. Auf der südlichen Halbkugel wirkt die Ablenkung nach
links von der ursprünglichen Bewegungsrichtung. Wenn 9) die geo-
graphische Breite ist, auf welcher der mit der Geschwindigkeit v be-
678
Physik der Atmosphäre.
wegte Körper sich befindet, so ist die Grösse der Ablenkung ÖA (vgl.
S, 267), nach 't Sekunden:
einer scheinbaren Beschleunigung jp entsprechend, wo:
p = '2 . 7.29 . 10-5 V sin g).
Andererseits gilt für Centralkräfte, falls der Krümmungshalbmesser der
Bahn gleich R gesetzt wird:
«,2
p=.
R
Polglich ist:
oder:
v^lR=2 . 7,29 . 10-5«; sin 93
6860 V
R-=
sm g)
Der Krümmungsradius der Bahn des bewegten Körpers auf der
Erdoberfläche ist demnach proportional der Geschwindigkeit. Wenn
diese nicht all zu gross ist, so ent-
fernt sich der Körper nicht in
nennenswertem Grade von dem Breiten-
grad % so dass g) als konstant ange-
sehen werden kann. Der bewegte
Körper beschreibt dann einen Kreis,
dessen Krümmungsradius der Ge-
schwindigkeit direkt und dem sin g)
umgekehrt proportional ist. Falls ^
nicht mehr als konstant angesehen
werden kann, wird der Kreis auf der |
nördlichen Halbkugel in eine Kurve
Fig. 204. Die Trägheitskurve der nörd- ^0^ ^^^ i^ ^ig. 204 angegebenen Form
lichenHalbkugel; für die südliche Halb- umgewandelt. Diese Kurve wird die
kügel ist N gegen S zu vertauschen. Trägheitskurve genannt.
Es wurde bei der obigen Ab-
leitung angenommen, dass der bewegte Körper keine Eeibung er-
fährt. Auch wenn derselbe aus einer Luftmasse besteht, so ist
diese Annahme nicht richtig. Die bewegte Luftmasse erfährt eine
merkliche Eeibung sowohl von der Erdoberfläche, wie von an-
■
TX. Die Winde. 679
lenzenden Luftmassen, die eine andere Bewegung besitzen. Die
erlorene Energie wird dabei hauptsächlich für die Bildung von
Wirbeln verbraucht. Die hemmende Kraft ist bei solchen Bewegungen
nach der Erfahrung (vgl. unten) der Geschwindigkeit proportional.
Bei sehr grossen Geschwindigkeiten, die wohl nicht in Frage kommen,
würde wahrscheinlich die hemmende Kraft nach einer höheren Potenz
der Geschwindigkeit zunehmen. Auf alle Fälle nimmt die Ge-
hwindigkeit v zufolge der Reibung ab und damit auch der Krüm-
mungsradius der Trägheitsbahn. Mit anderen Worten, die Luftmasse
beschreibt eine Spirale, deren Windungen immer enger werden. Für
den Fall, dass der Widerstand der ersten Potenz der Bewegung pro-
portional ist, wird diese Kurve eine sogenannte logarithmische Spirale,
deren Bogen immer einen gleichen Winkel mit dem Radiusvektor aus
dem Mittelpunkt einschliesst. In anderen Fällen werden die Spiralen
andere Formen haben.
Damit also die Luftsäule von der Masse m sich auf einer kreis-
förmigen Trägheitskurve mit der Geschwindigkeit v bewegt, muss sie
\ (»n einer in der Bewegungsrichtung wirkenden beschleunigenden Kraft F
zogen werden, welche dem Widerstände der Reibung Gleichgewicht
liiilt, für welche demnach gilt:
F ^= k mv.
Wie wir oben gesehen haben, ist die mittlere Windgeschwindigkeit
auf dem Eiffelturm 8,7 m pro Sek., eine Geschwindigkeit, welche jeden-
falls nicht diejenigen in höheren Luftschichten im Mittel übersteigen
ilürfte. Wenn wir mit einem Wert von 10 m pro Sek. rechnen, so
iinmt der Krümmungsradius i2 folgende Werte an:
ßreitegrad ... 20 30 40 50 60 70 90 Grad
Krümmungsradius 200 137 107 90 79 73 ö9 km.
Am Äquator ist der Krümmungsradius unendlich. Für andere Wind-
"schwindigkeiten als 10 m pro Sek. kann man leicht durch Propor-
innierung den Krümmungsradius finden, so z. B. müsste er auf 50*^ Br.
und bei der Geschwindigkeit 5 m pro Sek. 45 km erreichen. In gewöhn-
lichen Fällen ist der Krümmungsradius von der Grössenordnung eines
Breitegrades (111,1 km).
Das Buys-Ballotsche Gesetz. Angenommen jetzt, wir hätten
eine Luftströmung, die eine weniger gekrümmte Bahn ÄDB als die
680
Physik der Atmosphäre.
Trägheitskurve ÖDE beschriebe (Fig. 205), so mtisste zur Erreichung
einer solchen Krümmung eine Kraft DH m der Eichtung des Krüm-
mungsradius nach aussen wirksam sein. Wenn keine Kraft in dieser
Eichtung wirkte, würde nämlich der Luftstrom nach dem vorhin gesagten der
Trägheitskurve GDE folgen. Die Kräfte (pro Masseneinheit), welch«
Krümmungen mit den Eadien R und B^ ent-
iB sprechen, sind gleich:
/• =
R'
f —^
Diejenige Kraft, welche den Krümmungshalb-
messer von R auf R^ zu ändern vermag, 'ist
infolgedessen pro Masseneinheit:
h=f-U
Fig. 205.
R Y
Wenn also die Krümmungsradien von GL}.
und ABB vcii Punkte B durch R und R^ dargestellt sind, so wird /;,
der Ausdruck für die die Masseneinheit nach aussen treibende Kraft B IL
Durch Einführung des Wertes von R erhält man für die Masse m :
B H = fo =^ ( V. 2 w sin <p —
w,
A/
falls w = 7,29.10^^ gesetzt wird.
Andererseits wirkt eine Kraft D G, deren Wert oben angegeben ist.
die die Geschwindigkeit {v) des Windes erhält und ihm die Beschleuni-
gung a erteilt; dieselbe wird ausgedrückt durch:
BG =^ m {kv -\- a).
a kann positiv oder negativ sein. Wenn die Geschwindigkeit gerade
aufrecht gehalten wird, bei sogenannter stationärer Bewegung, ist «==0.
Die ganze Kraft, welche auf die bewegte Luffcmasse wirkt, ist die
Eesultante BJ von den genannten D ZT und D G'. D/ist die treibende
Kraft und beruht auf dem Unterschied des Luftdruckes in den Punkten D
und /. BJ ist der früher genannte Gradient in der Eichtung BJ.
Diese Eichtung der treibenden Kraft fällt keineswegs mit der
Eichtung B G der bewegten Masse zusammen, sondern bildet mit dieser
einen Winkel F, welcher Ablenkungswinkel genannt wird. Je grösser
I
■
IX. Die Winde. 681
'lieser Winkel ist, um so geringer ist DG verglichen mit dem Gra-
dienten DJ.
Die Wetterkarten zeigen, dass die Windbahnen, wie die Fig. an-
hiebt, beinahe ausnahmslos weniger nach rechts (anticyklonal) gekrümmt
-ind als die Trägheitsbahnen. Hieraus folgt das Gesetz von Buys-
ßallot, welches aussagt, dass auf der nördlichen Halbkugel der Gra-
ilient so gerichtet ist, dass, wenn man den Kücken dem Winde zukehrt,
die linke Hand etwas nach vorne gehoben die Kichtung des Gradienten
angiebt. Dieser Satz wurde schon von Coffin (1853) ausgesprochen. Die
Stärke des Windes wächst mit dem Gradienten (unter übrigens gleichen
l'inständen). Auf der südlichen Hemisphäre ist links gegen reclits aus-
zutauschen.
Wenn der ßeibungswiderstand und die Beschleunigung Null wären,
' würde die tangentiale Komponente DQ der Kraft Null sein, d. h. der
Gradient ganz senkrecht zur Windrichtung liegen. Je geringer also die
Reibung bei stationärer Bewegung, um so grösser ist der sogenannte
Ablenkungswinkel F. Ebenso ist der Ablenkungswinkel, wie aus den
obigen Ableitungen hervorgeht, von der ablenkenden Kraft der Erd-
drehung abhängig; er ist demnach um so grösser, je weiter man sich
vom Äquator entfernt. In der Nähe des Äquators bewegen sich die
Luftteilchen gradlinig dahin, wo eine Luftdruckverminderung entstanden
ist. Da keine ablenkende Kraft durch die Erddrehung hinzukommt, so
werden die Druckdifferenzen bald ausgeglichen und damit die Quelle
der Luftbewegungen vernichtet.
Im allgemeinen gilt (für die Breite go):
v.lw sin (p
tgF=^
R
kv -\- a
Guldberg und Mohn haben in einer grundlegenden Arbeit die
Bedeutung dieser Formel untersucht. Sie setzten a gleich Null und be-
rechneten den Wert des Reibungskoefticienten /.• aus den bekannten
Daten der Windgeschwindigkeiten (v) und Ablenkungswinkel (F). Der
Einfachheit halber beschränkten sie sich auf solche Fälle, vfo R=oc
gesetzt werden konnte. Sie fanden auf diese Weise folgende Werte von /.;
(welches dieselbe Dimension 1 ; Sek. und Grössenordnung wie w erhält).
Auffallend ist der grosse Unterschied der Reibung zwischen den Küsten-
nnd den Binnenlandstationen unter derselben Breite in Westeuropa. Die
Koibung über der festen Erdoberfläche ist etwa 2,5 mal grösser als die-
532 Physik der Atmosphäre.
jenige über dem Meer. Dementsprechend ist auch der Ablenkungs-
winkel F auf dem Meer bedeutend grösser und nähert sich dem Wertj
90*^, dem Wert für /(;=0. Die Reibung ist. im Winter grösser als im
Sommer.
Beobachtungsort
Nordamerika
Norwegen
Binnenstationen Westeuropas (Oxford,l ^
Nottingham, London, Brüssel, Paris))
Küstenstationen Westeuropas (Brest,^
Scilly,Yarmouth,Pembroke,Holyhead)j
Atlantischer Ocean 15— 50*^ 35.
N. Br.
F
k (Mittf
370
42»
80.10
61
56
85. .,
64.
51 77 26.
am Äquator 20.
Die Zunahme der Reibung über dem festen Land rührt von den
vielen Unebenheiten her, über die der Wind dort streicht. Es ist danacli
zu vermuten, dass in höheren Luftschichten der Ablenkungswinkel grösser
wird, da jedenfalls die grösste Reibung in der Nähe der Erdoberfläch(>
zu finden ist. Wie wir oben gesehen haben, ist in der That auf dem Eiffel-
turm die Windrichtung gegen diejenige am Boden nach rechts abgelenkt.
Wahrscheinlich beruht aber der grosse Winkelunterschied (25^) zum
grössten Teil auf lokalen Störungen an der unteren Station.
Die Cirrus -Wolken zeigen einen sehr grossen Ablenkungswinkel
der höheren Luftströme an. Diese Wolken ziehen nämlich den Iso-
baren nahezu parallel, also senkrecht zum Gradienten. Dies entspricht
der Reibung Null, d. h. in diesen oberen Luftschichten ist die Reibung
sehr gering.
Bei konstanter Reibung ändert sich der Ablenkungswinkel am
Äquator sehr stark mit der Breite, danach aber sehr langsam. Als
Beispiel mögen einige Ziffern über die Grösse des Ablenkungswinkels
von Mohn und Guldberg angeführt werden.
Breite 0
5
10
15
20
30
40
60
900
2.10-5, F=0
32,4
51,7
62,1
68,2
74,7
78,0
81,0
82,2 »^
6.10-5, iT-^o
12,0
22,9
32,2
39,7
50,6
57,4
64,6
67,6"
8.10-5, F=0
7,3
14,2
20,7
26,5
36,1
43,2
51,6
55,6»
Die Windgeschwindigkeit wächst mit dem Gradienten, nimmt da;
gegen bei zunehmender Reibung ab. Nun wächst im allgemeinen de
TX. Die Winde. 683
Iradient mit zunehmender Höhe, wenigstens in den unteren Luft-
-liiehten (vgl. Fig. 203). Ausserdem ist in höheren Schichten die Keibung
iringer als in der Nähe der Erde. Es folgt daraus, dass die Geschwindig-
keit des Windes mit der Höhe zunimmt, wie auch der Gang der Wolken
ndeutet (vgl. S. 650).
Zur weiteren Erläuterung berechnen wir die Grösse des Gradienten O.
Da bei 0*^ C. und 760 mm Druck 1 mm des Luftdruckes einer Steighöhe
11 10,52 m entspricht, bei der absoluten Temperatur T dagegen einer
: 273 mal so grossen, und bei dem Druck h mm einer 760: 6 mal so
.rossen Höhe, so ist die Grösse von Q bei einem Dmckunterschied von
ö mm (vgl. S. 676):
A= 10>52 , 760 • T ^ ö T m_
^ — 9^—9 iiiiii ■ ^■&.273 ~387 & ■ Sek.'
)nach {für F=90^) die vorletzte Formel auf S. 680 übergeht in:
Diese Formel giebt eine Beziehung zwischen dem Gradienten 6 und
der Windgeschwindigkeit v. Setzt man R unendlich gross, so erhält
man bei i^=90^ r=273 (0« C.) und 5 = 760 mm Druck folgende
Werte von v : ö unter der Breite g) :
(p = 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
V.Ö = X,
36,7
18,6
12,7
9,9
8,3
7,3
6,8
6,5
6,4
Der oc-Wert am Äquator hat nur die Bedeutung, dass F=90^
dort nicht vorkommen kann. Wenn nun in niederen Breiten F auch
nicht 90 **, d.h. sin F nicht den Wert 1 erreicht, so können wir doch
för g) ;> 20*^ dies mit ziemlicher Annäherung annehmen. Wir finden
so, dass ein Gradient von z. B, 3 mm am 50. Breitegrad eine Wind-
stärke von 25 m, am 20. dagegen eine von 56 m pro Sek., d. h. eine
2,24 mal grössere hervorruft.
Die Erfahrung zeigt nun, dass die so berechneten Werte für die
Winde auf dem Meere gute Übereinstimmung ergeben, dagegen viel zu
-iross (etwa doppelt) für die Winde auf dem Land, besonders im
Binnenland, ausfallen. Wahrscheinlich würde auch für das Binnenland
<lie Kechnung gute Werte ergeben, wenn man die Windgeschwindigkeit
in einiger Entfernung vom Boden (wie z. B. am Eiffelturm) messen
würde.
ßg/f Physik der Atmosphäre.
Man hat aus diesem Grund empirische Werte des Quotienten v : d
ermittelt. Einige solche folgen hier (sie betreffen Beobachtungen von 8'* "
im ganzen Jahr).
Deutsche Küsten
1,19 1,44 1,81 2,14 2,62
3,1 4,8 6,7 8,8 10,7
(2,6) 3,3 3,7 4,1 4,1
Stonyhurst und Kew (g) = 52,5^)
6 0,76 1,36 1,98 2,60 3,04
V 2,5 4,8 7,0 9,4 11,0
V.ö 3,6 3,5 3,5 3,6 3,6
An Stelle des theoretischen Wertes von v:6 = 8,0 erhält man Werte
3,6 bezw. 3,8, die etwa doppelt geringer sind. Im Sommer ist der Wert
etwa 20 Prozent grösser als im Winter, weil im Sommer die Sonnen-
strahlung die unteren Luftschichten mit etwas höher liegenden vermischt,
so dass die Verhältnisse sich den theoretischen nähern.
Winde die von NNE und E kommen, zeigen bei gleichem Gra-
dienten eine etwa 35 Proz. grössere Windgeschwindigkeit als Windi
von SSW und W. Die Grösse von v.ö erreicht in diesen Fällen für dit
deutsche Küste nach Sprung 4,5 bezw. 3,2. Die Beobachtungen voi,
Stonyhurst und Kew sind ähnlich: für Winde zwischen NNW und SE
beträgt v:d = 4,0, während für solche zwischen SSE und NW v.ö = 3,0
ist. Im Mittel kann man also für England und die deutsche Küste
v.ö= 4,2 für Nord- und Ost -Winde, dagegen v.ö = Z,l für Süd- und
West- Winde setzen.
Vermutlich beruht der beobachtete Unterschied auf der stärkeren
absteigenden Bewegung der kalten Luft bei Nord- und Ostwinden, die
die niedere Luft stark mit höheren Luftschichten vermischt.
Bei der theoretischen Behandlung dieser Fragen setzt man ge-
wöhnlich voraus, dass die Centrifugalkraft im Vergleich mit der Ab-
lenkungskraft der Erddrehung zu vernachlässigen ist. Dies gilt jeden-
falls für massige Windgeschwindigkeiten, weil die erstgenannte Kraft
dem Quadrat, die zweite nur der ersten Potenz der Windgeschwindigkeit
proportional zunimmt.
Für grössere Windstärken mag das anders sein. Hann bi-
rechnet für einen WNW-Sturm zu Wien am 26.-27. Jan. 1874, wo
t; = 23 m pro Sek. und R = 1630 km (Minimum in Petersburg, ö = 3,2),
sowie g) = 48^ und F = 80° war, das Verhältnis der beiden Kräfte
gleich 0,13 zu 1. Für einen tropischen Wirbelsturm vom Okt. 1876
findet er dagegen, bei ^ = 35 m pro Sek., R = 130 km, ö = 13,8 und
9) = 22,50, sowie i^=60^ das Verhältnis 4,86:1. Bei den tropischen
Stürmen spielt also bisweilen die gewöhnliche Fliehkraft eine über-
IX. Die Winde.
685
i
"legende Rolle, sie tritt dagegen bei den aussertropischen gegen die
'Ablenkungskraft der Erdrotation zurück.
Aus dem oben angeführten gehen ausser dem Buys-Ballot'schen
L'setz (vgl. S. 679) folgende allgemeine Sätze hervor.
j Zufolge der Achsendrehung der Erde wird der Wind auf der nörd-
lichen Halbkugel nach rechts, auf der südlichen nach links von der
Kichtung des Gradienten abgebogen.
Der Ablenkungswinkel wächst mit der Breite, nimmt dagegen mit
steigender Reibung ab.
Die Windgeschwindigkeit wächst mit der in die Windrichtung
'ill enden Komponente des Gradienten und ist dieser annähernd propor-
■ iiial, der Reibung dagegen umgekehrt proportional. Hieraus folgt,
dass die Windgeschwindigkeit ungefähr proportional mit der Grösse des
Gradienten ausfällt; der Proportion ali-
' tätsfaktor nimmt mit steigender Breite
sowie mit steigender Reibung ab.
I^p Cyklonen und Anticyklonen.
■^Nehmen wir an, wir haben im Punkte C
' (Fig. 206) an der Erdoberfläche XY ein
barometrisches Minimum, das der Ein-
fachheit halber eine kreisförmige Aus-
breitung in horizontaler Richtung be-
sitzen möge. Die Luft bewegt sich
'lauu in der Nähe der Erdoberfläche
11 allen Seiten gegen Chin. Wegen der
vblenkung durch die Erddrehung ist der
Wind nicht längs des Gradienten nach C
richtet, sondern, falls C auf der
nördlichen Halbkugel gelegen ist, nach
loehts von C. Die Luftströmungen
werden auf diese Weise eine Spirale beschreiben, welche gegen C
liin konvergiert, ungefähr wie die voll ausgezogenen Pfeile in der unteren
Figur andeuten. Die gegen C hineingezogenen Luftmassen müssen aber
irgendwo einen Abfluss finden, damit das barometrische Minimum fortbe-
stehen kann, was gewöhnlich der Fall ist. Dieses Entweichen kann weder
nach unten noch nach der Seite vorsichgehen, es muss also nach oben statt-
linden und erst in der Höhe kann ein Abfliessen zur Seite zustande
'mmen.
Fig. 20G.
6S6
Physik der Atmosphäre.
Die Luftströmungen erhalten danach eine Bewegung wie die Pfeile
in der oberen Figur andeuten. Die nach oben angehäufte Luft verur-
sacht eine Krümmung der isobarischen Linien nach oben in den höheren
Luftschichten, Sie haben also da eine umgekehrte Krümmung wie in
den nahe am Boden gelegenen Schichten und in einer mittleren Höh«
giebt es eine sogenannte „neutrale Fläche", eine isobarische Fläche, die
eben ist (MN). Oberhalb derselben fliesst die Luft hinaus, unter derselben in
den Wirbel hinein. Die Kichtung der oberen Winde ist in der unteren
Figur durch gestrichelte Linien gekennzeichnet.
Der gewöhnlichste Fall ist der, dass sich ein solcher cyklonischer
Wirbel über einem heissen Centrum entwickelt, wo die Temperatur nach
allen Seiten von C sinkt. Man stellt sich dies am einfachsten so vor,
dass anfangs die neutrale Fläche MN snoa. Boden liegt und dass die
Isobaren wegen der höheren Temperatur über C einen nach oben kon-
vexen Verlauf haben mit der grössten Krümmung über C (vgl. Fig. 203). Zu-
folge des Abfliessens der Luft in den höheren Schichten sinkt dann überall
in der Mitte der Luftdruck, die neutrale Fläche
hebt sich und der Verlauf der Isobaren
bildet sich so wie in der Figur 206 aus. Durch
die adiabatische Ausdehnung der aufsteigen-
den Luft sinkt die Temperatur in der Cyklont
gewöhnlich so weit, dass sie unter diejenige der
Umgebung kommt.
Genau umgekehrt verhalten sich die
anticyklonischen Wirbel, welche gewöhnlich
über einem Kältecentrum entstehen. Durch
die nach unten konvexe Krümmung der
Isobaren über dem Centrum G (Fig. 207) wird
ein Zufluss von Luft in den höheren
Schichten hervorgerufen, der eine Steige-
rung des Luftdrucks über G veranlasst. Die
neutrale Fläche rückt auch hier in die Höhe
und die isobarischen Linien zeigen einenVerlauf
wie in der oberen Fig. 207. In diesem Fall
üiesst die Luft unten zur Seite und es entsteht eine Luftcirkulation in ent-
gegengesetzter Eichtung wie in den Cyklonen, wie die Pfeile der Figur
andeuten. Die Winde werden auch in diesem Fall auf der nördlichen
Halbkugel nach rechts gebogen. Sie wehen in Richtungen, die von den
Pfeilen in der unteren Figur angegeben werden und zwar bezeichnen
Fig. 2Ü7.
■
IX. Die Winde. 687
wie vorhin die gestrichelten Pfeile die oberen Winde. Zufolge des
Mnkens der Luft erwärmt sich das Centrum der Anticyklone gewöhnlich
iier die Temperatur der Umgebung.
Die Luftteile besehreiben demnach in diesen Wirbeln eine Art von
Spiralen von einer Form etwa wie die Fig. 208 andeutet. Die Figur
^r,-\\t die Luftbewegung in einer Cyklone dar. Nur ist die betreffende
pirale in der Wirklichkeit ausser im
Falle der Tromben und ähnlicher Wirbel,
ausserordentlich viel flacher wie in der
Zeichnung, indem die Höhendimension nur
wenige Kilometer (höchstens etwa zehn),
die horizontale Ausdehnung der Spirale Fig. 208.
dagegen gewöhnlich mehrere hundert, bis-
weilen tausende von Kilometern erreicht.
Solche Cyklonen können auch unter anderen Umständen als über
pfhitzten Stellen der Erdoberfläche entstehen; ebenso ist die Bildung von
\nticyklonen nicht notwendig an kalte Stellen der Erdoberfläche
bunden.
Die allgemeine Cirkulation der Atmosphäre. Wegen der
itzung des Äquators durch die Sonne verhält sich der äquatoriale
1 der Erde wie ein heisses Centrum. Es ist dabei zu bemerken, dass
Erhitzung des Bodens durch die Sonne nicht augenblicklich ent-
ht noch verschwindet, sondern eine gewisse Trägheit besitzt. Dies
gilt ganz besonders für die wasserbedeckten Teile der Erde, die den
grössten Teil der Erdoberfläche ausmachen, — die äquatorialen Gegenden
20^ n. — 20^ s. Br. sind zu etwa 76,5 Proz. mit Wasser bedeckt. Ausser-
dem entwickeln sich die Luftströmungen über dem Wasser mit grosser
Begelmässigkeit und Stärke, weil keine Störungen und starke Kei-
buiigen wie über der Landoberfläche dieser Entwickelung im Wege
stehen. Unsere Betrachtungen über die Windverhältnisse in der Nähe
der Erdoberfläche beziehen sich deshalb zum grössten Teil auf die
Luftströmungen über dem Meer. Zufolge der grossen Wärmekapacität
des Meeres bleiben die Verhältnisse am Äquator ziemlich konstant und
die Winde folgen nur in beschränktem Maasse dem Gang der Sonne
auf den beiden Seiten des Äquators. Infolgedessen spielt auch die ganze
A(|uatorialgegend und nicht nur der Punkt, über welchem die Sonne
■rade steht, die Kolle des heissen Centrums.
Längs des ganzen Äquators steigen deshalb Luftmassen hinauf, die
in der Höhe nach der Seite zu den Polen hin ausweichen. Gleichzeitig
)
688 Physik der Atmosphäre.
strömen von höheren Breiten neue Luftmengen hinzu. Die Achsen-
drehung der Erde erteilt diesen gegen den Äquator gerichteteni
Luftströmungen eine starke Komponente, die von Osten nach Westen'
gerichtet ist. In der Nähe des Äquators seihst herrscht Windstille.
Die oberen Luftströmungen behalten eine kleine Weile eine ost-westliclu
Richtung, gehen aber unter dem Einfluss der Erddrehung (in etwa:
10'' Br.) durch eine gerade gegen den Pol gerichtete zu einer Richtung
von SW nach NE auf der nördlichen, zu einer von NW nach SE auf}
der südlichen Seite des Äquators über.
Diese konstanten Winde in der Nähe des Äquators werden Passat'
genannt. Sie treten über dem Atlanten zu allen Jahreszeiten sehr
deutlich auf. Im Indischen Ocean werden sie durch die südasiatischen
Landmassen gestört, durch deren Wärmeverhältnisse die unten näher zu
betrachtenden Monsune entstehen. Im südlichen Teil dieses Ocean-
sind sie dagegen kräftig entwickelt und im grossen Ocean ebenfalls.
Der obere Passat, der sogenannte Gegenpassat, zeigt sich in dem
Gang der oberen Wolken von etwa 4000 m Höhe aufwärts, sowie in der
Richtung, in welcher vulkanische Aschen von den Winden geführt
werden. Besonders bekannt in dieser Hinsicht ist der Staub vom
Krakatau- Ausbruche, welcher in der Nähe des Äquators sich von Westen
nach Osten mit einer Geschwindigkeit von 30 — 40 m pro Sek. verschob.
um in grösserer Entfernung vom Äquator erst eine polwärts gerichtete
später mehr westöstliche Bewegung anzunehmen. Der Gegenpassat wehl
auf hohen Bergen wie Mauna-Loa (4170 m) auf Hawai oder dem Pic von
Teneriffa (3 720 m) als stetiger westlicher oder südwestlicher Wind.
Man könnte nun erwarten, dass diese Cirkulation sich von dem
Äquator bis zu den Polen erstreckte. Dies würde auch eintreten.,
falls nicht durch die Achsendrehung der Erde in der Nähe von 35^ Br.
eine starke Anhäufung von Luft stattfände, welche die Gegenströmung
vom Äquator aufstaut und teilweise gegen die Erdoberfläche niederpresst.
Ein andrer Teil strömt in den höchsten Luftschichten gegen den Pol
mit zunehmender westlicher Ablenkung weiter.
Diese von sehr hohem Luftdruck gekennzeichneten Gegenden werden
„die Rossbreiten" genannt. Sie zeichnen sich durch eine herabsteigende
Bewegung der Luft, durch Windstille und wolkenfreien Himmel aus. Unter
den Rossbreiten sind deshalb die grössten Wüstengegenden der Erde
gelegen.
Ein Teil der an den Rossbreiten niedersinkenden Luft verschiebt
sich längs der Erdoberfläche hin gegen die Pole und nimmt dadurch eine
b
IX. Die Winde. ß^Q
stliche Richtung an. Diese Richtung ist auf der übrigen Erdhälfte (die
Gegend von 30^ n. bis 30^ s. Br. nimmt die Hälfte der Erdoberfläche
ein) die vorherrschende, aber in den Gegenden weiter vom Äquator
sind die Winde nicht stetig; ihre Richtung ist sehr veränderlich
und beruht auf der Lage der barometrischen Depressionen, die in
«liesen Weltgegenden am häufigsten sind. Auf der südlichen Halb-
kugel, wo die Kontinente keine grössere Störung auszuüben vermögen,
sind kräftige von Westen kommende Luftströme stark vorherrschend,
A eiche ein ungeheures Barometerminimum um den Südpol umkreisen.
Auf der nördlichen Halbkugel ist die Abnahme des Barometerdruckes
L;egen den Pol hin viel weniger ausgeprägt und die Westwinde sind
viel weniger konstant und kräftig wegen des störenden Einflusses der
Landoberflächen.
Die mittlere Windrichtung in den niedrigen und höchsten atmosphäri-
M.hen Schichten könnte nicht bestehen bleiben, wenn nicht in einer anderen
Luftschicht eine Rückströmung von Luft gegen den Äquator stattfände. In
mittleren Luftschichten ist sie in der That zu finden. Diese gegen
den Äquator gerichtete Strömung hat nicht, wie man vermuten könnte,
eine östliche Komponente, sondern im Gegenteil eine stark westliche. Sie
'\<t als eine Abzweigung zu betrachten von den über und unter ihr ver-
laufenden westlichen Winden mit südlicher Komponente, welche zufolge
fler Erddrehung gegen den Äquator gerichtet worden sind und zwar in
I ehern Grade, dass die südliche Komponente in eine schwache nörd-
.iclie verwandelt worden ist. Diese von Nordwesten kommende Strömung
lacht sich auf isoliert liegenden Berghöhen bemerkbar. So z. B. weht
if dem Gipfel von Ben Nevis (1300 m) in Schottland ein Wind, dessen
mittlere Richtung N 60^ W ist. Auf dem Gipfel von Pic du Midi (2 880 m)
: den Pyrenäen ist die mittlere Windrichtung N87^ W; die nach Süden
richtete Komponente ist also äusserst schwach. Schon in recht massiger
Höhe über dem Boden scheint diese nördliche Komponente bemerklich
1 sein, indem die mittlere Windrichtung auf dem Eiffelturm (306 m)
-. iiau WNW ist (vgl. Fig. 201), während daselbst am Boden der Wind
im Mittel eine schwache südliche Komponente besitzt.
An den Polen selbst scheint wieder Windstille (im Mittel) zu
' ■ iTschen.
Die theoretische Behandlung dieser Windverhältnisse wurde zuerst
n Hadley (1735) versucht. Die moderne Theorie derselben rührt
II James Thomson (1857) her; in noch höherem Grade hat sich
-VmFerrel (1856, 1886) darum verdient gemacht.
Arrhenius, Kosmische Physik. 44
690
Physik der Atmosphäre.
Die eben geschilderten Verhältnisse würden sich ohne Zweifel in
typischer Eegelmässigkeit ausbilden, falls die Kontinente nicht störend
180 ISO 120 90 80 30 0 30 60 90
120 90 60 30
Fig. 209. Die Winde des Atlantischen Oceans im Januar und Februar (nach Koppen).
einwirkten. In den äquatornahen Gegenden sind die Kontinente
wärmer als das Meer. Das Maximum unter den Kossbreiteu ist
deshalb über den afrikanischen und amerikanischen Kontinenten durch-
f
IX. Die Winde.
691
brochen, wogegen die Maxima über den naheliegenden Meeren ver-
stärkt sind. Infolgedessen entstehen über diesen Barometermaximis
180 150 120 90 60 30
30 60 »0
VO 90 SO 30 0 30
Kg. 210. Die Winde des Atlantischen Oceans im Juli und August (nach Koppen).
niticyklonale Luftbewegungen, welche sich teilweise den oben gekenn-
zeichneten Luftbewegungen entgegensetzen. Dies tritt auf den bei-
gefügten Kartenskizzen von Koppen sehr deutlich hervor. Diese
44*
(592 Physik der Atmosphäre.
Karten (Figg. 209—210) geben die mittleren Windrichtungen über dem
Atlanten im Jan. — Febr. und im Juli— Aug. wieder. Die Länge dei
Pfeile soll die Stabilität der Winde andeuten, ihre Dicke dagegen die
Windstärke. Die Zonen der Windstille, die Calmen, unter 30*^-35"^ Br
zeigen auf der Westküste von Afrika eine äquatorwärts, auf der Ost-
küste von Amerika eine polwärts gerichtete Komponente,
Ferner bemerkt man auf diesen Karten eine Störung der e'm-
fachen Verhältnisse, indem die Passate der südlichen Halbkugel üb
den Äquator hinübergreifen, was darauf beruht, dass der thermisclK
Äquator etwas nördlich von dem geographischen liegt. Diese Ver-i
Schiebung ist natürlich im Juli — Aug. grösser wie in den Wintermonateü!
der nördlichen Halbkugel.
Dasselbe zeigt sich über dem grossen Ocean, wie aus folgendenj
Ziffern hervorgeht, welche für die Monate März und September gelten, ini
welchen die Verschiebungen ihre Extremwerte besitzen.
März September
Atlant Stiller Ocean Atlant Stiller Oceani
NE-Passat . . . 260-3« N. 250— 5« N. 35»— U^N. 30«— lO^N.
Äquatorial-Calmen S^-O« N. 5«— 3» N. ll»— 3» N. 10^—1^ N.
SE-Passat . . . 0»— 25« S. 30^.-28» S. 30N.-250 S. 1^.-20^ S.
Der Gradient des mittleren Teiles vom atlantischen NE-Passat er-
reicht den Wert 2,5 und die Windgeschwindigkeit 6 — 7 m pro Sek.
Winde von täglicher und jährlicher Periode, Monsun^.
Die ungleichmässige Erwärmung der Erdoberfläche führt an manchen
Stellen zu regelmässigen Schwankungen des Luftdruckes, wodurch Winde
von periodischer Natur entstehen. Am bekanntesten unter den Winden
mit täglicher Periode sind die Land- und See-Winde an der Küste, sowit
die Berg- und Thal -Winde im Binnenland.
Durch die Sonnenstrahlung am Tage erwärmt sich die feste Erd-i
kruste viel stärker als die Wasserfläche. Es entsteht deshalb über dei^
Küste, in deren Nähe die Temperaturunterschiede am kräftigsten ent-
wickelt sind, ein aufsteigender und über den naheliegenden Teilen dt^
Meeres ein herabsteigender Luftstrom, welcher nachher gegen die Küsd
als Meeresbrise weht.
In der Nacht ist es umgekehrt, die Luft steigt über dem Meeij
hinauf und sinkt über der Küste, von wo sie über das Meer hinausfliesst.{
Diese Landbrise ebenso wie die Seebrise wurden in alten Zeiten viel-'
fach von den Seglern benutzt.
J
IX. Die Winde. 593
Diese kurzdauernden Winde, die durch Windstillen unterbrochen sind,
können sieh nur in unbedeutender Entfernung von der Küste geltend
machen. 40 km weit davon sind sie im Binnenland kaum merklich.
Ihr Wirkungsfeld auf dem Meer dürfte noch beschränkter sein. Die
Mächtigkeit dieser Luftströmungen ist ebenfalls sehr unbedeutend, nach
Messungen in Ballon - captif auf Coney- Island bei New -York erstreckt
sich daselbst die Meeresbrise nur bis zu 130 m Höhe, in 160 m Höhe
weht schon der obere Luftstrom in entgegengesetzter Eichtung. Andere
Bestimmungen aus Teneriffa und Toulon haben eine Mächtigkeit der See-
brise von 400 — 500 m gegeben. Bisweilen kann jedoch die Meeresbrise
600—800 m Mächtigkeit erreichen.
Man findet gewöhnlich, dass die Meeresbrise zuerst über dem Meer
ifcmerkbar wird und sich von dort aus aufs Land ausbreitet. Man nimmt
lieshalb an, dass sich die Luft bei der ersten Erwärmung nach allen
liichtungen ausdehnt, es muss ja auch nach der nächtlichen Temperatar-
uinkehr über dem Land ein Temperaturgefälle von 1^ C. auf 100 m
entstehen, bevor eine regelmässige aufsteigende Bewegung der Luft
stattfinden kann. Demnach fliesst die Luft oben über der Küste zum
Meer ab und sinkt da hinunter, bevor noch die regelmässige auf-
■ igende Luftbewegung über der Küste in Gang gekommen ist. Bei
iiesem Vorgang dürfte auch von Bedeutung sein, dass die Keibung auf
iler Landfläche viel grösser ist als auf dem glatten Meer.
Der Landwind ist aus diesem Grund viel schwächer entwickelt als
r Seewind. Auch sinkt im Sommer die Temperatur der festen Erd-
uerfläche nachts nicht so stark unter diejenige der Meeresoberfläche,
wie am Tage das umgekehrte der Fall ist.
Die Land- und See -Winde entwickeln sich am kräftigsten in den
Tropen, wo die Tagesschwankung der Temperatur am grössten ist und
wo die Regelmässigkeit der Luftbewegungen sie ungestört hervortreten
lÄsst. Falls ein bestimmter Wind an einem Orte vorherrscht, kann
«der Land- oder See -Wind denselben in hohem Grade verstärken und
auf diese Weise Stürme verursachen oder umgekehrt ihn ausgleichen.
iSo z. B. weht der Wind zu Valparaiso im allgemeinen vom SW; der
'Landwind, welcher entgegengesetzt gerichtet ist, bringt in der Nacht
>t Windstille zustande, bei Tag dagegen wird der See-Wind sehr
H'ftig und bisweilen so kräftig, dass keine Verbindung von den Schiffen
um Quai aufrecht zu erhalten ist.
Auch an den Ufern grösserer Seen, wie z. B. des Genfer Sees,
694
Physik dei' Atmosphäre.
machen sich die Land- und See- Winde geltend. An den grossen nord
amerikanischen Seen, z. B. zu Chicago, sind sie stark entwickelt.
Diese Winde bringen häufig, besonders da, wo das Land- und das
See-Klima stark verschieden sind, grosse Umschläge der Temperatur und
8
e 9 Mi
Febr. 9 Febn
H. 15 18 21 3 B 9 MUL 15 18 ?1
10 Febn
3 6 9 Mitl. 15 1B 21 ?o
30?
20°
100
Tf
m
ler
Latmc.
/
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309
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-J
0
6 9 Mitl 15 18 21
3 6 9 Mitt 15 18 21 3 6 9 Mltt. 15 18 21 2>»
Fig. 211.
Feuchtigkeit mit sich, wie das nebenstehende Diagramm aus Joal an
der Küste von Senegal von den Tagen 8.— 10. Febr. 1893 zeigt. Die'
Temperatur und relative Feuchtigkeit würden sehr regelmässig nach den
punktierten Kurven verlaufen, wenn
der Seewind nicht den Gang morgen-
zwischen 4 und 1 0 Uhr störte (Fi g. 2 1 ]
Wenn die Sonne auf einen Berg-
abhang und in ein Thal scheint, so
erwärmt sich die Luft besonders in
der Nähe des Erdbodens; die anfangs
horizontalen Isobarenflächen AB, Ä / '
heben sich und nehmen eine Neigun_
wie Ä^B und A^' B' gegen den
B^rgabhang an (Fig. 212). Am Bergabhang selbst, der sich besonder>
auf der der Sonne gegenüber liegenden Seite stark erwärmt, entsteht ein
aufsteigender Luftstrom. Die Folge ist ein Luftstrom im Thale von A
Fig. 212.
IX. Die Winde. (595
"I nach B und von da besonders an den am stärksten sonnenbeschienenen
j Seiten ein Aufstieg der Luft längs des Bergabhanges BBK Dies ist der
' sogenannte Thalwind. In der Nacht kühlen sich die Bergabhänge und
'Sonders der Thalboden, wo die Luft staut, ab, die Luft fliesst von ß^
nach B und von da nach A umgekehrt wie am Tag, es herrscht Berg-
uiud.
Die Berg- und Thal- Winde machen sich besonders stark in engen
Thälern von relativ grosser Längsausdehnung bemerklich. Sehr bekannt
in dieser Hinsicht sind das Engadin-Thal und das Bregaglia-Thal
zwischen Chiavenna und dem Maloja-Pass. Die bei Tag herrschenden
Thalwinde sind wie die Seebrisen kräftiger entwickelt als die nächtlichen
IJerg- bezw. Land-Winde.
I^B Im Himalaja sind die Berg- und Thal -Winde sehr kräftig.
I^K Der Walliser Thalwind weht vom Genfer See und ist gewissermaassen
I^P eine Mischung von Thal- und See -Wind anzusehen. Die Luftdruck-
^nfferenz zwischen Siders und Montreux, deren Entfernung in der
Luftlinie etwa 50 km, längs des RhOne -Thaies 77 km beträgt, erreicht,
reduziert auf gleiche Seehöhe am Nachmittag (2 — 4 Uhr) nahezu 1 mm
(hrther in Montreux) und in der Nacht (4—6 Uhr) 0,72 mm (höher in
Siders). Um lO'* früh und 8^ 40 abends ist der Unterschied Null.
Die mittlere Windstärke (um 1^ nachmittags) zeigt zu Siders fol-
nden jährlichen Gang (nach Beauforts Skala):
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
1,5
1,8
2,2
2,0
2,2
1,7
1,5
1,0,
welcher genau der Sonnenstrahlung folgt.
In höheren Breiten machen sich die Winde von täglicher Periode
nur im Sommer geltend; in den Tropen sind sie das ganze Jahr hin-
durch kräftig.
Am Tag hüllt der aufsteigende Luftstrom die Berge nachmittags
in einen Wolkenschleier, während sie in den Morgenstunden klar sind.
Die Thalwinde üben auf die relative Feuchtigkeit an den Bergabhängen
denselben Einfluss aus wie die Seebrise auf die Feuchtigkeit der Küsten-
' Stationen.
Im Winter sind die Kontinente kälter als die Meere und umgekehrt.
Dieser Umstand veranlasst eine jährliche Periodicität der Windrichtung.
Diese ist an der Küste des indischen Oceans am stärksten entwickelt,
nnd der Name „Monsune", den die Winde mit jährlicher Periode in diesen
Gegenden führen, ist auf die ganze Erscheinung übertragen. Sie sind auch
696 Physik der Atmosphäre.
an der asiatischen Ostküste sehr kräftig entwickelt und lassen sich sogar;
an der sibirischen Küste nachweisen. Auch an den Küsten des kas-
pischen Meeres sind Monsunwinde typisch entwickelt. Australien (be-
sonders der nördliche Teil), sowie die afrikanischen Küsten besitzen
Monsunwinde, ebenso Texas und die kalifornische Küste. In Europa
treten sie ausser in Südost-Eussland an der spanischen Küste auf.
Über dem indischen Ocean an der Südküste Asiens weht der Wind
während des Winters in derselben Richtung wie der Passat, also von
Nordost. Der Passatwind wird dadurch so verstärkt, dass er den
Äquator überschreitet, wobei er zufolge der Erddrehung eine mehr
west-östliche Richtung erhält. Die Zone der Calmen fällt dann südlich
vom Äquator. Während des Sommers der nördlichen Halbkugel weht
der Monsun vom Südwest nach der asiatischen Südküste. Durch seine
Heftigkeit verhindert er die Entwickelung des Passatwindes nördlich
vom Äquator; der Südost -Passat von der südlichen Halbkugel über-
schreitet den Äquator und wendet sich dann gegen Osten, wobei
er direkt in den Südwest -Monsun übergeht, sodass keine Wind-
stillengegend in dieser Jahreszeit im Indischen Ocean sich ent-
wickelt. Dieser Sommermonsun ist viel heftiger als der Wintermonsun.
weil die Temperaturdifferenz zwischen Land und Meer in diesen Gegenden
im Sommer viel stärker als im Winter ist.
Wegen ihrer langen Dauer entwickeln sich die Monsunwinde zu
viel grösserer Stärke und Mächtigkeit als die Land- und See -Winde.
Untersuchungen darüber sind hauptsächlich in Indien unternommen
worden. Der Wintermonsun reicht da bis zu etwa 1500 bis 2000 m
Höhe und der Gradient vom Himalaja bis Ceylon erreicht im Mittel
etwa 0,13 bis 0,14 mm pro Grad (im Januar 0,18 mm). In 2100 m Höhe
ist der Gradient umgekehrt.
Beim Sommermonsun ist der Gradient etwa doppelt so gross
(0,3 mm). In 2100 m Höhe herrscht derselbe Gradient mit 2— 3 mal
geringerer Stärke. Der Sommermonsun reicht demnach zu noch grösseren
Höhen, die zu 3,5 bis 4,5 km berechnet sind.
Auf Java überschreitet der Monsun nicht 2000 m Höhe.
X, Luftwirbel.
Allgemeines über Luftwirbel. Im allgemeinen ist jede Be-
"jung der Luft ein Teil eines Luftwirbels, denn sonst würde die Be-
uung irgendwo zu einer Aufstauung der Luft führen, was nur auf
;ize Zeit und für unbeträchtliche Luftmassen möglich ist. Die zuletzt
iM'trachteten Winde können auch als Luftwirbel angesehen werden,
die sich um eine horizontale Achse drehen. Dabei ist im allgemeinen
die obere rückfliessende Bewegung der Luft den Beobachtern an der
Erdoberfläche weniger bemerkbar, so dass die Wirbelnatur erst bei einer
genaueren Untersuchung hervortritt. Wenn man von Luftwirbeln spricht,
meint man deshalb auch gewöhnlich nur solche mit mehr oder weniger
j vertikaler Achse, in welchen die wirbelnde Bewegung bei Beobach-
tungen an mehreren Stellen rund um die Achse des Wirbels an der
Erdoberfläche deutlich hervortritt.
' Schon oben haben wir gesehen (vgl. S. 685), wie um ein Barometer-
Minimum oder -Maximum, zu welchem die Luftmassen an der Erd-
I Oberfläche hin oder von welchem sie wegströmen, zufolge der Erd-
•Irehung eine wirbelnde Bewegung entsteht. Die kreisende Bewegung
l'T Luft ist gewöhnlich viel heftiger rund um die Minima, bei welchen
auch der Gradient im Mittel viel höher ist wie bei den Maximis, die
Mch durch massige Winde auszeichnen. Unter Luftwirbeln versteht man
it'shalb häufig nur die Bewegung der Luft um solche Minima, welche
i'h Cy klonen genannt werden.
Diese bilden sich in der gemässigten Zone an Stellen aus, wo ein
starker Auftrieb der Luft an der Erdoberfläche, gewöhnlich infolge
eines lokalen Temperaturmaximums, herrscht. Sie wandern dann
liauptsächlich längs bestimmter Zugstrassen, die mehr oder weniger von
Westen nach Osten gerichtet sind. Dabei können sie allmählich an
; Stärke zu- oder abnehmen.
ä
698 Physik der Atmosphäre.
Der Gradient in diesen Cyklonen übersteigt selten 4 oder 5, mail
hat aber einen Fall (in Schottland am 14. Okt. 1881) beobachtet, b(
welchem der Gradient den Wert 13 erreichte. Noch viel grösser
Gradienten kommen bei den kleinen Wirbeln, Typhonen oder Trorabci
vor, welche unerhörte Verwüstungen verursachen.
Die Eichtung der Winde an der Erdoberfläche in der Nähe eine!
solchen Cyklone folgt dem Buys-Ballot sehen Windgesetz. Eiii<i
nähere Untersuchung der Luftbewegungen in der Nähe dieses „Sturm
Centra" ist von Hildebrandsson und Clement Ley für Europa, vf.i
Clayton für die Vereinigten Staaten Nord-Amerikas ausgeführt wordeui
Sie bedienten sich dabei der synoptischen Karten, in welche die Tso-f
baren und Windrichtungen eingezeichnet sind.
Fig. 213. Fig. 214.
Folgende Tabelle und Diagramme (Figg. 213 u. 214) enthalten eine|
Wiedergabe der Resultate einer grossen statistischen Untersuchung!
von Gl. Ley. Das Feld um das Centrum (Barometerminimum) ist im
8 Sektoren eingeteilt, von welchem der erste, mit I bezeichnet, sichj
22,5 Grad nach rechts und 22,5 Grad nach links von der Zugrichtungi
des Centrums erstreckt. Das Centrum kommt demnach von der Mitte des
Sektors V und zieht durch die Mitte des Sektors I, so dass in den Dia-
grammen die Zugrichtung des Centrums durch die horizontale Linie V — I
dargestellt wird. Die Umgebung des Centrums ist in eine äussere,
weiter vom Centrum gelegene, und eine innere, dasselbe umgebende
Zone geteilt. Das erste Diagramm giebt die Richtung der Winde an
der Erdoberfläche, das zweite die Zugrichtung der Cirrus -Wolken an.
In der Tabelle geben die Winkelgrössen die Richtung des Windes nacli
rechts vom Gradienten an.
i
X. Luftwirbel. 599
Mittlerer Winkel zwischen Gradient und Windrichtung
Niedere Winde Hohe Winde
Innere Zone Äussere Zone Innere Zone Äussere Zone
I
580
480
135^
1520
II
53
52
130
.163
III
65
62
172
355 (?)
IV
81
80
106
99
V
77
79
90
26
VI
74
76
51
101
VII
64
66
73
124
VIII
55
54
102
146
Ke mit einem Fragezeichen bezeichnete Ziffer ist sehr unsicher, da
auf wenige sehr verschiedenartige Messungen begründet ist. Mit
Ausnahme dieser einen zeigen alle übrigen Ziffern einen sehr ausgeprägten
regelmässigen Gang. Die niederen Winde weichen alle um weniger als
',)(jo, im Mittel 66^ für die innere, 65^ für die äussere Zone, nach rechts
\on dem Gradienten ab. In den Sektoren III und VII kommt die Ab-
weichung nahe an diesen Mittelwert, in den Sektoren I, II und VIII
auf der Vorderseite der Cyklone ist die Abweichung geringer, im Mittel
550 bezw. 510, auf der Hinterseite grösser, 77" bezw. 780.
Die höheren, durch den Gang der Cirrus -Wolken angegebenen
Winde, divergieren vom Centrum im Gegensatz zu den niederen konver-
gierenden Winden. Nur die inneren Winde in den Sektoren VI und VII
haben eine Komponente gegen das Centrum gerichtet.
Die oberen Winde wehen demnach meist vom Centrum hinaus. Sie
weichen dabei nicht wie ein direkt vom Centrum fliessender Luftstrom
nach rechts vom Leitstrahl vom Centrum ab; das beweist, dass sie mit
"iner starken Geschwindigkeit, die nach links vom Leitstrahl gerichtet
t, in die höheren Schichten hinaufkommen. Die Luft rund um das
' t-ntrum bewegt sich nämlich in einer Art Schraubenlinie (vgl. S. 687).
Die Luft, welche oben ankommt, besitzt demnach eine Bewegung mit
hier starken Komponente zur linken Seite des Leitstrahls vom Centrum.
in einer bestimmten mittleren Höhe, wo die Schraubenlinie ihre stärkste
Krümmung besitzt, wehen die Winde senkrecht zu dem Leitstrahl.
Wegen der starken Abnahme des Luftdruckes mit der Höhe können
•liese Wirbel keine grosse Höhe besitzen. Damit nämlich die Wirbel unge-
schwächt bleiben, muss ebenso viel Luft oben abfliessen wie unten hin-
strömt. Der Luftdruck sinkt auf 380 mm in 5,5, auf 190 mm in 10,3,
700 Physik der Atmosphäre.
auf 95 mm in etwa 15 und auf 76 mm in etwa 16,6 km Höhe. In 33 ]<i
Höhe ist der Druck auf ein Prozent desjenigen an der Erdoberfläe])«
vermindert. Da nun keine ganz ausserordentliche Geschwindigkeiten II,
den höchsten Luftschichten beobachtet worden sind, so können difJ
betreffenden Strömungen nicht genug Luft vom Centrum abfühn
sondern man muss annehmen, dass schon in 10 bis 15 km Höhi
die Schraubenlinie der Luftbewegung parallel zur Erdoberfläche verläuft.!
Eine Cy klone, deren horizontaler Durchmesser mehrere hunderte, bis-
weilen sogar tausende von Kilometern erreicht, hat im Vergleich eine sebii
massige Höhenerstreckung, höchstens einige wenige (2 bis 5) Prozent'
der horizontalen Dimensionen. Daraus ist ersichtlich, wie gering dii
vertikalen Luftbewegungen im Vergleich mit den horizontalen sind.
Es wäre unrichtig sich vorzustellen, dass dem Wirbel, während i
sich fortbewegt, immer dieselben Luftteile angehören. Im Gegenteil, au
der unten konvergierenden Bewegung der Luftmassen geht hervor, clas^
immer neue Luftmassen an der Bewegung teilnehmen, woraus auch mitj
Notwendigkeit folgt, dass sie oben wieder aus der Cjklone austreten.'
falls dieselbe weiter fortbesteht.
Die zuströmende Luft fallt die Barometer -Depression aus, die ab-
strömende verstärkt sie; nach der Seite, wo diese Verstärkung am meisten'
die ausfüllende Wirkung der zuströmenden Luft übertrifft, bewegt sich
das Centrum der Cyklone hin. Es ist selbstverständlich, dass die ßeibun
der Winde an der Erdoberfläche die Bewegung der Cyklone hemmt und
ihre Ausfüllung beschleunigt. Die Cyklonen behalten auch ihre Kraft
beim Gang über dem Meer, sie werden dort sogar verstärkt, falls die
Temperaturverhältnisse dafür günstig sind, sobald sie aber über feste Erd-
oberfläche hingewandert sind, nehmen sie gewöhnlich an Stärke ab und
vergehen allmählich.
Das Wetter in derNähe der Cyklonen. Bevor die Gesetze der Be-
wegungen der Cyklonen bekannt waren, suchte man alle meteorologischen
Erscheinungen, wie Barometerdruck, Temperatur, Feuchtigkeit u. s. w.,
die sogenannten meteorologischen Elemente, mit der Windrichtung in
Zusammenhang zu bringen. Es war ja selbstverständlich, dass, sobald
der Wind aus einer wärmeren Gegend weht, welche nicht allzu trocken ist,
er höhere Temperatur und Feuchtigkeit mitführen muss, und bei Abkühlung
zu Wolkenbildung und Niederschlag führen kann. Man konstruierte fiXr
die verschiedenen ßeobachtungsstationen, um die gefundenen Kegelmässig-
keiten darzustellen, eigenartige Diagramme, sogenannte Wind -Rosen
z. B. die barische Wind-Eose, die thermische Wind-Rose u. s. w., welche
i
X. Luffcwirbel. 70 j[
■II Zusammenhang zwischen der Windrichtung und den meteorologischen
!,iomenten, wie Barometerdruck, Temperatur u. s. w. angeben sollten.
Diese Wind-Bosen können wohl zur Kennzeichnung des Wetters dienen;
itdem aber die Windrichtungen als von dem Barometerdruck abhängig
kannt worden sind, benutzt man die Wind-Rosen zur Charakterisierung
, s Wetters ziemlich wenig, und man hat statt dessen angefangen, die Ver-
rilung der meteorologischen Elemente in der Umgebung der barome-
1 tischen Maxima und Minima, welche als primäre Erscheinung betrachtet
werden, zu studieren. Als Beispiel der alten Do ve sehen Darstellung
mögen die barischen und thermischen Wind-Bosen für Mittel -Europa
angeführt werden, welche die Abweichungen des Luftdruckes in mm,
der Temperatur in Grad C, von dem Mittelwert bei verschiedenen
w
indrichtungen angeben.
E
SE
S
SW
W
NW
Schwankung
1,9
-0,1
-2,0
-2,7
-1,8
0,0
5,4 mm
0,8
—0,6
-1,7
-1,8
-0,8
0,9
3,8 „
-3,2
-1,3
1,3
3,1
2,4
-0,4
7,00 C.
1,7
2,2
1,7
0,2
—1,0
-1,0
3,2 „
N NE
irische ( Winter 1,9 2,7
Rose \ Sommer 2,0 1,9
thermische / Winter —3,0 —3,9
Rose \ Sommer —0,1 0,9
Wenn man jetzt die Lage eines Ortes in Bezug auf die nächstliegende
'klone kennt, so ist damit auch die Windrichtung am selben Ort mit
■cht grosser Genauigkeit gegeben und ebenso die Abweichung der
Tomperatur, Feuchtigkeit u. s. w. von dem für den Ort und die Jahres-
zi'it normalen Wert. Weiter kann man mit recht grosser Wahr-
M-heinlichkeit die Bewegungsrichtung des Sturm - Centrums und damit
'i" wahrscheinliche Änderung des Wetters in der nächsten Zeit vorher-
^en.
Eine kurzgefasste Übersicht dieses Zusammenhanges, welche sehr
trk von lokalen Umständen, wie Lage des Meeres oder Bergketten in
^vr Nähe, abhängt, möge hier gegeben werden.
Die Form der Isobaren um ein Minimum ist meistens elliptisch
mit einem Verhältnis der Achsen gleich etwa 1,8. Die mittlere Richtung
'l'T längeren Achse geht in Nordamerika und über dem Atlanten nach
X 35 "^ E, in Europa nach NE bis E. Der mittlere Durchmesser des
-Minimums, von 760 mm ab gerechnet, ist in Nordamerika über 1200, auf
'i'm Atlanten etwa 1600km. Durch Aufeinanderfolge mehrerer Minima
'nnen Depressionsgebiete von 10000 km Weite entstehen.
Die Isobaren liegen in Westeuropa gewöhnlich am dichtesten auf
r Südseite der Cyklonen, in Amerika und Russland dagegen auf der
7(32 Physik der Atmosphäre.
Westseite. Der Gradient ist im Mittel am grössten in einer kleinen Ent-
fernung vom Centrum, wie folgende Tabelle von Kassner zeigt.
Entfernung vom Centrum 0—111, 111—222, 222—333, 333-444, 444-555 ki
Mittlerer Gradient 2,7 3,2 2,9 2,7 2,8 nr
Entfernung vom Centrum 555-667, 667—778, 778-889 km
Mittlerer Gradient 2,3 2,3 2,2 mm
Die Windstärke hängt von der Grösse des Gradienten ab, ist al
im allgemeinen am grössten auf der Süd- und West-Seite der Cyklon
Die Windstärke ist ferner da am grössten, wo die Zugrichtung der Cyklou
mit der vorherrschenden Windrichtung zusammenfällt (im Sektor VIIj
der Figg. 213 und 214).
Der Ablenkungswinkel der unteren Winde ist oben in Bezug aiit
die Lage zur Zugrichtung der Cyklone angegeben. Für die verschie-
denen Weltgegenden gelten folgende Daten.
N
NE
E
SE
s
sw
W
NW
Mitb
Nordatlant . . . . .
76
71
74
81
79
90
90
79
80"
West- und Nord-Europa
63
59
61
61
67
70
72
76
68"
Mittel-Europa ....
34
43
45
48
56
51
40
33
44'
Vereinigte Staaten . .
31
—
43
—
58
—
40
—
43"
Schneekoppe 1600 m. .
66
98
100
81
67
66
52
51
740
Der Ablenkungswinkel ist um so grösser, je geringer die Reibun<j.
am grössten über den Atlanten (80^) und danach auf Höhenstationen
(Schneekoppe 74°), am geringsten über dem Binnenland (Vereinigte
Staaten 43° und Mitteleuropa 44°); die Küstenländer nehmen ein'
Mittelstellung ein. Kassner fand den grössten Ablenkungswinkel über
dem Land in der westlichen, über dem Meer in der östlichen und süd-
lichen, an der Küste indem südlichen Quadranten. Dies hängt offenbar
mit der Grösse des Gradienten in den verschiedenen Quadranten zu-
sammen.
Der Ablenkungswinkel ändert sich wenig mit der Entfernung vom
Centrum (vgl. S. 698), er ist meistens im Sommer etwas grösser als im
Winter (in Europa im Mittel um etwa 3°), er wächst mit der Windstärke
und folglich mit dem Gradienten, so z. B. fand Spin dl er für Liban:
Mittlerer Gradient . . .
Mittlere Windstärke . . .
Mittlerer Ablenkungswinkel
1,54
1,99
2,56 mm
7,2
13,3
21,4 m pro Sek
61
64
70°
p
X. Luftwirbel.
703
Im Schwarzen und Azowschen Meer ist der Gradient im Herbst
[iid Winter bedeutend grösser als im Frühling und Sommer (2,3 bezw.
1.7 mm), womit auch entgegen der oben angeführten ßegel der Ab-
ukungswinkel parallel geht (80° bezw. 78°).
Auf der Äquatorseite (Sektoren VI— VlII) der Cyklonen dreht sich
r Wind mit der Sonne (nach rechts), auf der Polarseite (Sektoren II — IV)
I gegen gegen die Sonne (nach links) (vgl. Fig. 213).
Die Minima sind von charakteristischen Wolkenbildungen und
Xiederschlägen begleitet. Ihre Verteilung um das Minimum herum hängt
«ehr von lokalen Umständen und den Jahreszeiten ab. So z. B. führen
die östlichen Winde auf der Ost- und Nordseite des Minimums an der
amerikanischen Ostküste Niederschlag mit, weil sie vom Atlanten kommen.
JJa Europa sind dagegen die Südwinde und Westwinde (besonders im
jWinter) warm und feucht und führen Niederschlag auf der Südwest-,
Süd- und Südostseite der Depression mit. Auf der Nordseite der Alpen
itl die Süd- und Südostwinde trocken, auf der Südseite dagegen die
rd- und Nordostwinde wie gewöhnlich in Europa. Fig. 215 stellt die Ver-
■ Umg der meteorologischen Elemente um ein nach NE hinwanderndes
Harometerminimum dar. Mit Hilfe dieser Figur ist es leicht, sich über
704 Physik der Atmosphäre.
die Wolken- und ISiederschlagsverhältnisse beim Vorüberziehen eiiü
Minimums zu orientieren.
Das Minimum ist von einer Wolkendecke begleitet, welche in Eu
ropa die grösste Ausdehnung nach SE besitzt, wo die warmen feuchtei
Süd- und Westwinde aufsteigen. Auf der Vorderseite ist es von einen
Cirrus-Schirm umgeben, welcher schon vor dem Barometerfall als Vor-i
böte des annahenden Minimums erscheint. Näher beim Minimum gehei!
die Cirri in Cirro-Strati und weiter hinein in dicke Alto-Strati über
Unter diesen erscheinen dann Fracto-Nimbi, die weiter gegen das Cei
trum in Regenwolken, Nimbi, übergehen. Der Niederschlag fällt in d(
Mitte und auf der Vorderseite der Depression. Auf der Hinterseiti
strömen kühle, trockne Winde herein, welche die Wolken auflösen.
Da der Ablenkungswinkel mit der Höhe zunimmt, wandern dh
Wolken, wenn man dem Winde den Rücken dreht, etwas nach recht >
und dies um so mehr, je höher sie gehen. Der mittlere Winkel zwischei.
Windrichtung und Wolkenzug beträgt für Cumuli 14,5^, für Cirro-Stra
23^ und für Cirri 30°. Die Cirruswolken divergieren von dem Baroraetei
minimum hinaus. Die mittlere Bewegungsrichtung der Luftmassen fälli
nahezu mit derjenigen der Isobaren zusammen. Das Fehlen der Cirri
auf der Hinterseite der Cyklonen deutet auf eine absteigende Bewegen-
der Luft hin.
Lokale Winde: Föhn, Bora, Mistral, Scirocco u. s. w. Di«
Luftdruck Verteilung, welche von der Lage der Cyklonen und Anticy klonen |
abhängig ist, kann bisweilen heftige Stürme verursachen, denen lokale
Verhältnisse, besonders Richtung und Höhe der Gebirgsketten, Eigen-
tümlichkeiten erteilen.
Sie unterscheiden sich von den oben genannten periodischen Winden
dadurch, dass die Bedingungen für ihre Entstehung nur gelegentlieli
verwirklicht sind und nicht zu regelmässigen Zeiten wiederkehren.
Der bekannteste dieser lokalen Winde ist der in den Alpen häufig
vorkommende Föhnwind. Wenn über Deutschland ein Minimum, über
der lombardischen Ebene ein Maximum des Luftdruckes liegt, so fliesst
die Luft nach Norden über die Alpen hinüber. Beim Aufstieg an
den südlichen Abhängen der Alpen kühlt sich die meist sehr feuchte
Luft ab und giebt gewaltige Regenschauer ab. Die Abkühlung be-
trägt dabei etwa 0,4— 0,5 o C. pro 100 m. Wenn dieselbe Luft auf der
Nordseite der Alpen wieder hinunter sinkt, steigt ihre Temperatur aber viel
schneller — um etwa l*^ C. pro 100 m — als sie auf der Südseite gesunken.
Die Luft kommt demnach in den mittleren und nördlichen Thälern der !
^
X. Luftwirbel.
705
Alpen, besonders Wallis, Nordostschweiz und Vorarlberg, wärmer an als
V am Südabhang dieser Bergkette aufgestiegen ist. Auf diese Weise
iitstehen plötzliche Temperatursteigungen von bis 10 — 12^ C. und mehr,
welche bei der Trockenheit der Luft eine ausserordentlich starke Ver-
hmstung und ein geschwindes Abschmelzen des Schnees hervorrufen.
Die Temperatur steigt dabei mitten im Winter auf 15 — 22^ C, die
Feuchtigkeit sinkt häufig auf 30 Proz., bisweilen sogar unter 10 Proz.
Hludenz 31. Jan. 1869 6'* V. M. 6 Proz.). Die starken, plötzlichen
hneeschmelzen verursachen häufig verheerende Überschwemmungen
iid bisweilen noch gefährlichere Erdrutsche. In den engen Thälern
s Kheius, der Linth, der Reuss und der Rhone entwickelt sich der
Föhn bisweilen zum Orkan. Durch seine Wirkungen und durch die Be-
rührung mit dem kalten Boden verliert der Föhn bald seine Eigentüm-
lichkeit und beim Austritt in die deutsche Ebene ist er gewöhnlich in
inen normalen Südwind verwandelt.
Der Föhn kann auch entstehen, ohne dass der Wind von jenseits
der Alpen kommt, es genügt häufig, dass er unter dem Einfluss einer
■■■nvöhnlich im Nordwesten liegenden Barometerdepression von den Berg-
iinmen der Alpen hinunterfliesst. Im Frühjahr, der Jahreszeit, in der
ler Föhn am gewöhnlichsten auftritt, ist der Temperaturunterschied in
rschiedenen Höhen in den Alpen relativ gering und ein Herabsinken
r Luft genügt, um ihr eine hohe Temperatur zu verleihen. Aus diesem
ifrund ist der Föhn im Frühling am gewöhnlichsten, im Sommer
!i seltensten. So kommen in der Schweiz auf 40,9 Föhntage pro Jahr
'.I im Winter, 17,3 im Frühling, 4,9 im Sommer und 9,6 im Herbst
vor. Zu Bludenz sind die entsprechenden Ziffern 10,6, 8,2, 3,1 und 10,0,
i-ammen 31,9 und zu Innsbruck 9,5, 17,0, 5,0 und 11,1, zusammen 42,6.
Auch auf der Südseite der Alpen tritt sogenannter Nordföhn auf,
Us über dem Mittelmeer niedriger Luftdruck oder in den nördlichen
iien hoher Luftdruck herrscht.
Der Föhnwind verläuft oft stossweise oder in kleinen Wirbeln, wo-
' Kirch in den Wäldern mächtige Verheerungen entstehen.
Föhnähnliche Winde kommen in mehreren Gegenden vor, beispiels-
woise in dem Felsengebirge Nordamerikas, an der Westküste Grönlands.
Der Scirocco-Wind auf Nord-Sicilien, in Süd-Italien und besonders an
l'T Nordküste Algiers und Tunesiens, zeigt grosse Ähnlichkeit mit dem
Fiihn ; er steigt die Bergabhänge herunter und ist sehr trocken und ausser-
»identlich heiss. In anderen Fällen, wenn der Föhn- ähnliche Wind
Arrhenius, Kosmische Physik. 45
706 Physik der Atmosphäre.
direkt von dem Meer kommt, ist er feucht und verdankt seine Hit?j
den heissen Gegenden, aus welchen er stammt.
Bisweilen kommt die herabsteigende Luft aus einem so stark ab-
gekühlten Hinterlande, dass sie trotz ihrer Erwärmung beim Abstii
starke Kälte mitbringt, dann nämlich, wenn ein kaltes Hochland ab
gegen ein warmes (auf der nördlichen Halbkugel) südlich davon gelegen i
Meer abfällt. Dies ist an der istrianischen Küste unter dem Karst, b^
Novorossisk am schwarzen Meer, unter dem Kaukasus und an der pro-
venyalischen Küste unter den Seealpen und den Cevennen der Fall
Die betreffenden Winde werden Bora und Mistral genannt. Sie tret<
besonders häufig dann auf, wenn über dem Hinterland ein Barometer-
maximum mit starker Kälte liegt. Diese Winde kommen mit heftigen
Stössen, Mazelle hat solche von 50—60 m Geschwindigkeit pro Sek.
zu Triest konstatiert, obgleich die damals beobachtete Bora nicht unter
den heftigsten war. Der heftige Wind treibt alles ins Meer, Eisenbahn-
wagen werden bisweilen von dem Mistral umgestürzt; bei Bora spanntj
man in Triest Seile längs des Hafens aus, um zu verhüten, dass Menschen
ins Meer geweht werden. Die heftigen Windstosse zerpeitschen die,
Wellen, sodass über dem Meer eine Art von Nebel liegt. Bei NovorossiskI
frieren die hinaufgeschleuderten Wellen bei der starken Kälte in dci'
Takelung der Schiffe und bringen sie fast zum Versinken im Hafen.
Diese Winde haben ein Maximum am Vormittag, ein Minimum um
Mitternacht; sie laufen dem Temperaturunterschied zwischen dem warmen
Meer und dein kalten Land parallel. Sie sind dementsprechend anclt
im Winter am heftigsten.
Diese Winde erstrecken ihre Wirkungen nicht sehr weit auf da-
Meer hinaus. Eine niedrige Küstenstrecke von einiger Breite vermildert
sie auch beträchtlich.
Tropische Cyklonen und Typhonen. In den Tropen ist der Garn;
des Barometers sehr regelmässig, er wird nur äusserst selten durch das
Vorüberziehen eines Barometerminimums gestört. Die Barometerminima
in diesen Gegenden haben eine relativ geringe seitliche Ausdehnung, di^
Wirbelbewegung in ihnen ist dafür um so heftiger und sie stellen grosse ,
Verheerungen auf dem Meer und an den Ufern an. Sie werden Cyklonen
oder Typhonen genannt, den letzten Namen tragen sie in den ostasiatischen
Fahrwassern. Sie sind sehr selten. In Westindien kommen jährlich
2 bis 3 vor, im bengalischen Meerbusen 2, im südindischen Ocean 9, im
südlichen Stillen Ocean (neue Hebriden bis Samoa) 4. Doberck rechnet].
i
X. Luftwirbel. 707
jahrlich 19 Typhonen. Die Häufigkeit der Stürme ist nach Maury fol-
^nde (auf 1000 Beobachtungen):
Breite
Häufigkeit
0—5 0
0,6
5-10
1
10—15
8
15—20
11
20—25
19
25—30
32
30—35
77
35—40
131
40—45
105
45—50
140
50—55
160
55—60
265
Es ist nur ein quantitativer Unterschied zwischen diesen
eng begrenzten Wirbeln und den in unseren Gegenden gewöhnlichen
von etwa 10 mal so grosser Ausbreitung. Man hat auch Fälle verfolgt,
in welchen von Süden kommende heftige Cyklonen sich zu weit-
umfassenden Barometerminimis in nördlicheren Gegenden entwickelt
liaben. Man hat deshalb auch den Namen Cyklone auf die in tempe-
rierten Gegenden gewöhnlichen Wirbelstürme übergetragen. Die ur-
-^nrünglich sogenannten Cyklonen werden jetzt als „tropische Cyklonen"
zeichnet.
Zufolge ihrer starken Konzentration weisen die tropischen Cyklonen
ingewöhnlich grosse Gradienten auf. In einer Cyklone, die am 1. Okt.
1S66 die Bahama-Inseln passierte, war der Druck im Centrum 703 mm
und in 460 km Entfernung 754 mm, das Barometer sank 18 mm in einer
'unde und Gradienten bis zu 13 — 14 wurden beobachtet. In einer
.\ klone vom Mai 1881, die im arabischen Meer auftrat, wurde ein
Maximalgradient von 38 mm berechnet (in 56 km Entfernung vom Cen-
trum). Für andere Entfernungen wurden folgende Mittelwerte gefimden.
i^ntfernung. . . 0—80 80—160 160—240 240—320 300— 500 km
Gradient . . . 16,3 7,9 3,7 2,3 2,0 mm
.»lenkungswinkel 77 51 53 61 62 ^
Windstärke . . 10,1 9,7 8,5 6,8 7,5Beaufort.
Nach den Wirkungen der Cyklonen zu urteilen — Gebäude werden
umgestürzt. Bäume entlaubt und entwurzelt, die ganze Vegetation wie vom
45*
708 Physik der Atmosphäre.
Feuer weggefegt — erreicht in ihnen die Windgeschwindigkeit mehr al^
50 m pro Sek. Am 20. Okt. 1882 ging eine Cyklone über Manila, wo da
Barometer in anderthalb Stunden von 745 auf 728 mm fiel, und dn
Anemometer eine Windgeschwindigkeit von 54 m pro Sek. registriert!
bevor es durch eine vom Sturm losgerissene Palme zerbrochen wurde.
Bei der Cyklone vom 22. Sept. 1885 zu Falsepoint wurde 689,2 mm
Druck beobachtet, zu Apia am 6. April 1850 sogar 687 mm, woran
jedoch eine unbekannte Korrektion anzubringen ist. Dies sind die nied-
rigsten an der Meeresoberfläche beobachteten Luftdrucke.
Ebenso wie die gewöhnlichen Cyklonen enthalten diese heftigen eine
mittlere Gegend der Windstille, welche das „Auge des Sturmes" ge-
nannt wird. Der Durchmesser dieses Windstillengebietes erreicht 25 bi-
50 km. Nur in der Mitte desselben herrscht vollkommene Windstille.
die anderen Teile sind durch eine relative Windstille oder durch Wind-
stösse aus verschiedenen Richtungen ausgezeichnet.
Die Luftmassen, welche sich dem Centrum des Sturmes nähern,
werden zufolge der stetig zunehmenden Krümmung ihrer Bahn durch
eine immer zunehmende Centrifagalkraft von der Mitte abgelenkt und
ziehen sich während des Kreisens um den Mittelpunkt in die Höhe.
Auch in diesem Fall sind trotz der im Vergleich zu den gewöhn-
lichen Cyklonen stark reduzierten Querdimensionen des Wirbels die ver-
tikale Komponente der Bewegung im Verhältnis zur horizontalen recht
unbedeutend, Trotzdem ist die aufsteigende Bewegung sehr schnell, denn
wenn z. B. die vertikale Geschwindigkeit nur 5 Proz. von der horizon-
talen ausmacht, und diese 40 m pro Sek. beträgt, so wird sie 2 m pro
Sek. In einer Stunde wären demnach über 7 km — das ist nach der
Schätzung von Doberck die mittlere Höhe der tropischen Cyklonen.
vermutlich erreichen sie diese Höhe aber selten — in vertikaler Richtuni:
zurückgelegt. Diese aufsteigende Bewegung veranlasst eine ausserordent-
lich starke Wolkenbildung rund um das Centrum herum und damit ver-
bunden, äusserst heftige Regengüsse. Im Centrum selbst ist bisweilen
der Himmel heiter oder die Wolken sind viel weniger dicht als in der
Umgebung.
Die starke Kondensation des Wasserdampfes bewirkt, dass die ver-
tikale Abnahme der Temperatur in der Cyklone sehr gering ist und
sich geringer erhält als in der Umgebung, wodurch eine stetige saugend
Wirkung der Cyklonenmitte beibehalten wird, und die Cyklone sich erhält,
Diese Dauerhaftigkeit der tropischen Cyklonen ist übrigens recht
unbedeutend, sobald sie festen Erdboden mit grösserer Reibung erreichen.
X. Luftwirbel. 7Q9
Auch sind relativ unbedeutende Höhenzüge so grosse Hindernisse für
ie, dass sie sich daran bald auflösen. Man schliesst hieraus, dass die
ropischen Cyklonen eine erheblich geringere Mächtigkeit in vertikaler
Richtung als die aussertropischen besitzen. Wenn sie nach höhere Breiten
I 'langen, vergrössern sich auch ihre Höhendimensionen.
Die tropischen Cyklonen entstehen, wie die Beobachtungen der in-
dischen Meteorologen zeigen, wenn über dem Meer die Luftdruck-
Verteilung kein entschiedenes Gepräge besitzt. Nach den Beobachtungen
über bengalische Cyklonen entstehen sie in einem Windstillengebiet, das
zwei verschiedene Windsysteme trennt. Es können unter solchen Ver-
hältnissen ungleichmässig gerichtete Gradienten vorkommen, wodurch
die Luftmassen in eine drehende Bewegung geraten. Dadurch ent-
wickeln sich Fliehkräfte, welche eine saugende Wirkung im Centrum
hervorrufen, wodurch neue Luftmassen hineingezogen werden. Wegen
• r geringen ablenkenden Wirkung der Erddrehung in den äquatorialen
Gegenden können die Luftmassen ganz nahe an das Centrum heran-
kommen, und zufolge der lange wirkenden Beschleunigung durch die
Gradienten, auch wenn diese unbedeutend sind, eine starke Geschwindig-
keit erhalten.
Helmholtz hat ein sehr anschauliches Bild gegeben, wie er sich
die Entstehungsweise der Cyklonen vorstellte. Ein cylindrisches Gefäss,
dessen Boden in der Mitte mit einem Loch versehen ist, ist mit Wasser
I »füllt; man bringt das Wasser, während das Loch durch einen Pfropfen
^'Schlössen sein mag, in massige Drehung und zieht nun den Pfropfen
US, so fliesst das Wasser in der Nähe des Lochs aus. Dasselbe wird
durch Wassermassen von mehr peripherischen Teilen des Gefässes er-
i'tzt, welche grössere Geschwindigkeiten besitzen, die während des
"irömens noch zunehmen. Wenn diese Wassermassen im Centrum ange-
kommen sind, haben sie eine solche Fliehkraft, dass sich über dem Loch
f'iue wasserleere Röhre bildet, die sich oben trichterförmig erweitert. Nur
^ehr wenig Wasser fliesst durch das Loch hinaus, und zwar solches, das
durch Reibung am Boden seine Geschwindigkeit und damit Fliehkraft
ingebüsst hat.
In den Cyklonen steigt ein Teil der Luft in der Nähe des Centrums
auf, da die heftige Kondensation in den oberen centralen Schichten relativ
hohe Temperatur hervorbringt.
Die tropischen Cyklonen bewegen sich in der Nähe des Äquators
nach W mit einer polwärts gerichteten Komponente. In der Nähe der
Wendekreise geht die Richtung nach W in eine solche nach E über.
710 Physik der Atmosphäre.
Die polwärts gerichtete Komponente bleibt bestehen. Die Folge davon
ist, dass die Bahnen der tropischen Cyklonen eine gebogene Gestalt, dii
derjenigen einer Parabel ähnelt, erhalten.
Die nach dem Pole gerichtete Komponente erklärt Ferrel so, dass
auf der polaren Seite der Cyklone die zuströmende Luft stärker durcli
die Erddrehung abgelenkt wird als auf der äquatorialen Seite. Die
Cyklone füllt sich deshalb auf der äquatorialen Seite rascher mit Luft
als auf der polaren, woraus eine gegen den Pol gerichtete Bewegunf;
des Barometerminimums resultiert. Die andere Komponente rührt voi
der vorherrschenden Windrichtung in der Umgebung her, ist also in dem
Gebiete der Passaten nach Westen gerichtet, in höheren Breiten da-
gegen nach Osten.
W
Der Ablenkungswinkel erreicht in den tropischen Cyklonen ungefähr
denselben Wert wie in den aussertropischen. Er wechselt etwas mehr,
zwischen etwa 36*^ und 92 o, je nach der Lage des Quadranten, um einen
Mittelwert von etwa 60° nach den Messungen, die in Cyklonen am
bengalischen Busen gemacht worden sind. Wegen der relativ geringen
Ausbreitung der tropischen Cyklonen sind sie ziemlich gleichmässig nach
allen Seiten ausgebildet und speziell ist die Temperaturverteilung um
das Centrum eine symmetrische. Aus diesem Grund sind sie leichter
theoretisch zu behandeln, wie die aussertropischen Wirbel. Die Iso-
baren können nach Abercromby als Ellipsen dargestellt werden mit
einem Achsenverhältnis 3:2 (Fig. 216).
Die tropischen Cyklonen führen durch die Heftigkeit ihrer Winde
und durch den stürmischen Aufruhr der Wellen die Schiffe in ernstliche
X, Luftwirbel. 71 ■[
efahren. Bei dem regelmässigen Gang des Barometers in den Tropen
<t jedes abnorme Sinken des Luftdruckes ein Warnungszeichen, das die
\ahe einer Cy klone verkündet. Nach Piddington entspricht:
Barometerfall Entfernung
pro Stunde vom Centrum
0,5—1,5 mm 500—300 km
1,5—2 „ 300—200 „
2 —3 „ 200—150 „
3 —3,8 „ 150—90 „
Aus der Windrichtung bildet man sich nach dem Buys-Ballot-
chen Windgesetz eine Vorstellung über die Lage des Cjklonen-Centrums
;)abei achtet man auch auf den Gang der Wolken in mittlerer Höhe,
welche sich nahezu tangential zum Umkreise der Cyklone bewegen.
(Irras -Wolken umgeben die tropischen Cyklonen auf allen Seiten,
während sie ausserhalb der Tropen nur auf der Vorderseite vorkommen. Die
irrus-Streifen gehen bei den tropischen Cyklonen radial vom Centrum
aus, was für die Beurteilung seiner Lage sehr wertvoll ist. Das Wolken-
schild über der Cyklone hat einen Durchmesser von 1000—1500 km,
wobei die Cirrus- Wolken weiter verbreitet sind als das niedere Gewölk.
Die Wolkenbank ist dem Segler in 500—600 km Entfernung sichtbar.
Die indischen Cyklonen führen starke Gewitter an allen Seiten, die west-
indischen sehr selten auf der Vorderseite. Auf der Nordhalbkugel wehen
die Winde auf der rechten Seite der Cyklonenbahn in derselben Kichtung,
wie die Cyklone sich bewegt, deren Bahn, wie oben angegeben, recht
regelmässig verläuft und deshalb ziemlich genau berechnet werden kann.
Lenzt man also auf dieser Seite vor dem Winde, so läuft man Gefahr, in
die Cyklonenbahn hineinzugeraten. Diese Seite wird deshalb die „gefähr-
liche" genannt. Das Centrum der Cyklone ist für den Segler sehr ge-
fährlich, teils durch die heftige Kreuzsee, die infolge des verschieden
gerichteten Wellengangs dort herrscht, teils wegen der Windstille, die
die Segelschiffe vollkommen hilflos lässt.
Auf der linken Seite der Cyklone dagegen wehen die Winde in
ntgegengesetzter Richtung zu derjenigen, in der die Cyklone fort-
' lireitet. Diese Seite wird deshalb die „fahrbare" genannt. Die Wind-
4ärke ist dort auch viel geringer als auf der rechten Seite. Wenn ein
"''gier in die geföhrliche Seite hineingeraten ist, muss er bestrebt sein,
ich in senkrechter Richtung zur Cyklonenbahn zu entfernen. Er muss
deshalb den Wind von der rechten Seite des Schiffes nehmen. Auf
712
Physik der Atmosphäre.
der linken Seite der Cyklonenbahn ist es jedenfalls auch ratsam, von
dieser abzusteuern, wobei der Wind von der linken Seite des Schiffes
wehen muss. Auf der südlichen Halbkugel sind die Steuerregeln um
gekehrt.
Bei dem Nahen einer Cyklone gegen die Küste steigen die Wellen
über die Küstenniederung und können viel schlimmer verheerende Über-
schwemmungen hervorrufen als der eigentliche Wolkenbruch in der
Cyklone, der bisweilen 250—400 mm Eegen giebt. So z. B. hoben sich
die Wogen unter einer Cyklone vom 1. Nov. 1876 3 — 14 m hoch über
das grosse Ganges -Delta, wobei 7800 km^ überschwemmt wurden und
1301?OTI0100 90 80 10 60 5» W 30 20 10 0 10 JO M W SO 60 10
Fig. 217.
mehr als 100 000 Menschen den Tod fanden. Noch mehr Menschen (125 000)
starben später an Hunger und Cholera. Eine ähnliche Sturmwelle
zerstörte Galveston in Texas am 8. Sept. 1900. Als Vorboten der tro-
pischen Cyklonen gelten Barometerfall, schwüle Luft, eine eigentümliche
Ziegel- bis kupferrote Farbe des Himmels, Cirrus- Schleier mit Höfen,
Dünungen an der Vorderseite oft mehrere Tage vorher, Wolkenbänke
mit Blitzen, bis 2—3 Tage vorher.
Die Zugstrassen der Barometerminima. Vergleicht man die
synoptischen Karten von verschiedenen kurz nacheinander folgenden
Zeiten, so findet man gewisse Kegelmässigkeiten in der Art, wie die
Cyklonen sich bewegen.
Fig. 217 giebt nach Koppen eine Karte über die nördliche Halb-
kugel zwischen dem nordamerikanischen Felsengebirge und Ural, auf
X. Luft Wirbel. 713
welcher die Häufigkeit des Vorkommens von Minimen durch Schraffierung
und die Richtung und Frequenz der Zugstrassen durch Pfeile von ver-
schiedener Stärke angegeben sind. Als Oberflächeneinheit ist dabei die
11 zwei Meridiankreisen, die 10 Längengrade voneinander entfernt
lud, und den 50. und 55. Breitegraden eingeschlossene Fläche, als Zeit-
inheit das Jahr genommen. Aus dieser Karte ersieht man, dass die
lometerminima südlich vom 30. Breitegrad äusserst selten sind (unter
,. ]^ro Jahr), dass sie ebenfalls nördlich vom 50. Breitegrad auf dem
iierikanischen Kontinent und im Osten des europäischen relativ selten
ikommen.
Dagegen giebt es recht scharf begrenzte Maximalgebiete (Häufig-
keit über 30): 1) westlich von den grossen amerikanischen Seen, 2) über
Neu-Braunschweig (an der Südküste von Canada), 3) westlich von der
e"-"^-3stküste Grönlands in der Davis-Strasse, 4) zwischen der Südspitze
ands und Islands in der Dänemarkstrasse, 5) im Atlanten 51° n. Br.
18° w. L., G) ausserhalb der Lofoten-Inseln an der Nordwestküste
IiNorwegens und 7) über Dänemark und Südschweden. Sekundäre Maxima
^B einer Häufigkeit zwischen 20 und 25 pro Jahr liegen südwestlich von
'«Ingland und Irland, im Golf von Genua und im Norden des Adria-
hen Meeres.
Die Hauptzugstrassen sind folgende: 1) die am meisten frequentierte
in beinahe westöstlicher Kichtung in Nordamerika längs des 46. Breite-
s. In der Nähe von Neufundland teilt sich dieselbe; ein Teil 2) biegt ab
en Norden zur Davis-Strasse, die Mehrzahl der Cyklonen setzt aber den
Weg 3) nach Nordosten gegen Island fort, von wo die Hauptmenge 4) weiter
nach Nordosten gegen die Nordküste von Norwegen sich begiebt, während
■n geringerer Teil 5) gegen ESE über der Nordsee und 5 a) Mittelschweden
r 5 b) Jütland und Südschweden gegen die Ostsee hinwandert. Eine
lativ geringe Zahl von Cyklonen fängt ihre Laufbahn 6) an der ameri-
winischen Küste zwischen 30° und 40° n. Br. an, läuft dann längs des
-!. Breitegrads über des Atlanten bis zu 45° w. L., danach geht die
i'rwiegende Mehrzahl dieser Cyklonen 7) nach Nordosten ausserhalb
u Küsten von Schottland und Norwegen, während eine geringe Zahl
rselben 8) durch den englischen Kanal zur Ostsee hinaufdringt oder
nach Osten gegen den Busen von Biscaya oder Bretagne und von da
^.iim Golfe von Genua und dem Nordteil des Adriatischen Meeres sich
iiinbewegt, um von da 10) zum Schwarzen Meere oder 11) nach den
Ostseeprovinzen (im Sommer) hinzuwandern.
Die Zugstrasse 4) wird im Herbst und Winter bevorzugt, ebenso die
CI
'7J4 Physik der Atmosphäre.
nahe damit zusammenfallende 7). Die Zugstrasse 5) wird auch im Winte
5a) im Vorwinter, 5b) im Spätwinter am meisten besucht, die 8) dagegc
im Sommer und Herbst, während 9) im Winter die grösste Rolle spiel
Die Cyklonen meiden die Gebirgsketten. Die Alpen und sogar d
hochgelegene Teil Skandinaviens wird von ihnen umgangen, dagegi
laufen sie durch die Nordsee über Kattegat und die schwedischen Se«
oder über die niedrig liegenden Gegenden Jütlands und Schönens ge^i
die Ostsee und die finnländischen Seen zum Weissen Meer, oder sie werdi
nach dem Golf von Genua, dem Adriatischen und Schwarzen Meer abgelenlu
Die Portpflanzungsgeschwindigkeit der Barometerminima ist je nach
den Umständen höchst verschieden und an den Stellen, wo ihre Prequeii>
Maxima besitzt, zeigen sie eine Neigung zu stocken. Sie beschreibt
in diesen Gegenden bisweilen geschlossene Kurven. Für die mittler*
Bewegungsgeschwindigkeiten hat man jedoch einige recht ausgeprägt
Regelmässigkeiten gefunden.
So ist diese Geschwindigkeit in den Vereinigten Staaten grösser.
11,6 m pro Sek. (= 41,8 km pro Stunde), auf dem Atlanten und in West-
Europa viel geringer, 7,8 bezw. 7,5 m pro Sek. (28,1 bezw. 26,9 km pm
Stunde), nach Osten wiederum grösser, in Russland 9,4, in Japan 1 0,5 m
pro Sek. (33,9 bezw. 37,8 km pro Stunde.) Sie ist grösser im Winter^
14,2 m in den Vereinigten Staaten, 12,4 m in Japan, 8,2 m im Nord-'
atlanten, 8 m in West -Europa, 10,8 m in Russland, als im Sommer
9,7 bezw. 7,8, 7,4, 6,6 und 8,0 m pro Sek. Man hat stationäre Minima;
und solche mit einer Geschwindigkeit von 35 m pro Sek. beobachtet.
Im allgemeinen ist die Geschwindigkeit auf den frequentiertesten Zui
Strassen am grössten.
Die meisten Barometerminima erscheinen in der kalten Jahreszeit.
Von 100 Minimen, die über dem mittleren Atlanten zwischen 45*^ und
60*^ n. Br. auftreten, fallen auf:
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
20 17 11 5 2 2 2 3 2 6 13 17
Unter den Minimen, welche nördlich von Schottland sich den Küsten
Europas zuM'enden, kommen 36 Proz. auf den Winter, 29 Proz. auf den
Herbst, 19 Proz. auf den Frühling und 16 Proz. auf den Sommer.
Die jährliche Periode der Cyklonen von langer Dauer ist folgend
Wint. Frühl. Sommer Herbst Jahr
Vereinigte Staaten 5,3 3,9 1,2 2,6 13,0
Atlant .... 8,0 3,9 4,2 5,9 22,0
Europa .... 6,0 3,9 1,8 3,6 15,3
■
X. Luftwirbel.
715
Die tiefsten Depressionen kommen im Winter, die flachsten im
lumer vor.
Wegen des grossen Einflusses der Cyklonen auf das Wetter hat
(11 sich eifrig bemüht, ihre Tendenz die eine oder andere Bahn ein-
(hlagen in Zusammenhang mit der Verteilung meteorologischer Ele-
iite zu setzen. Van Bebher hat folgende Regel gegeben: Liegen
iior Luftdruck und hohe Temperatur in derselben Richtung vom Baro-
lerrainimum, so verschiebt sich dasselbe in einer zum Druck- und
ICmperaturgradienten senkrechten Richtung, sodass hoher Druck und
i\ ;lrme auf die rechte Seite der Bahn zu liegen kommen. Fallen die
iradienten des Druckes und der Temperatur in entgegengesetzte Rich-
ungen, so bewegen sich die Minima nur schwach, werden stationär
iiul ziehen sich in längliche Formen aus. Falls der eine Gradient
hwach ausgeprägt ist, so richtet sich die Bewegung der Cyklone nach
II anderen stärker wirksamen Gradienten. Cl. Ley bemerkt eine
udenz der Richtung der Cyklonenbewegung, einen Winkel von etwa
' mit dem Gradienten des Temperaturgefälles zu bilden. Bei der
Wendung der van B ebb ersehen Regel muss man nicht nur auf den
ickgradienten in niedrigeren Luftschichten, sondern auch auf den-
en in höheren Luftschichten Rücksicht nehmen.
Weil die Temperatur im Mittel nach Süden zunimmt, haben die
ahnen der Cyklonen eine allgemeine Tendenz nach Osten zu gehen.
m Winter liegt für Europa die hohe Temperatur nach Südwesten, senk-
ht zu dieser Richtung liegt die Zugstrasse 9 über Frankreich oder
I den Biscayabusen hinein, die im Winter häufig eingeschlagen wird.
iii Sommer ist dagegen Russland stark erwärmt, was der Zugstrasse 11
p.tspricht. Der Verlauf der Isobaren im Winter zeigt einen ausge-
sehenen Parallelismus mit den winterlichen Zugstrassen über dem
Planten und längs der norwegischen Küste.
Die tropischen Cyklonen entstehen gewöhnlich an der Grenze zwischen
m äquatorialen Windstillengebiet und den Passatgegenden. Sie folgen
u atmosphärischen Bewegungen in den unteren Luftschichten. Im
rdatlanten weht der Wind in einem grossen Wirbel, die Cyklonen
-;en dieser Bewegung und folgen an der westindischen Seite den Iso-
ren, die das südatlantische Barometermaximum umschliessen. Dadurch
i'hält ihre Bahn eine parabolische Krümmung (vgl. S. 709). Dieselbe
rra zeigen auch die Cyklonen im Indischen Ocean häufig. Bisweilen
-ehreiben sie aber Bahnen von sehr verwickelter Form, z. B. mit ge-
716 - Physik der Atmosphäre.
sclilossenen Schlingen (z. B. die Cyklone, welche Manila am 5. Nov. \S'
überschritt).
Die Bahngeschwindigkeit der tropischen Cyklonen ist sehr wec'
selnd; im allgemeinen ist sie geringer als diejenige der aussertropiscli'
Wirbeln. Sie erreicht im Mittel etwa 6,5 m pro Sek. bei den W(
indischen, 4 m pro Sek. bei den asiatischen Cyklonen.
Die tropischen Cyklonen zeigen im allgemeinen einen sehr an
geprägten jährlichen Gang mit einem Maximum zur heissesten Jahi
zeit, wie die folgende Tabelle zeigt:
Br. Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. I'
Antillen . . . 200N. 2 1 3 — — 2 13 27 24 19 6
Chinesische See lö^N. 1 — — 2 4 6 19 22 26 11 6 :
Golfv. Bengalen 150 N. 2 — 1 8 18 9 3 3 5 27 16
OmanschesMeer I50N. 3 — 1 15 20 28 — 2 5 7 16
Südind. Ocean . 200 s. 24 25 18 12 4 1 — — — 1 5 K
Südteil d. Stillen 2^, g^ 29 19 28 5 1 114 1:
üceans
Über den beiden Meerbusen östlich und westlich von der vorder
indischen Halbinsel ist die allgemeine Kegel durchbrochen, es zeit-v
sich dort zwei Maxima im Frühling und Herbst. Dies beruht darauf, du-
in diesen Jahreszeiten ein Übergangszustand zwischen den entgegen
gesetzt gerichteten Winter- und Sommer-Monsunen mit häufiger Wlndi
stille besteht. Die anderen Cyklonenmaxima begleiten den Eintritt dej
äquatorialen Calmen in den betreffenden Gegenden im Sommer. Iiij
Atlanten südlich vom Äquator kommen keine Cyklonen vor, weil dij
äquatorialen Calmen sich nie dahin erstrecken. Die anticyklonalen Calmei
der Eossbreiten geben aus leicht verständlichen Gründen zu Cyklon' i
keinen Anlass.
Anticyklonen. Wie rund um ein Barometerminimum eiiu
Cyklone mit auf der Nordhalbkugel linksdrehenden, nach innen konver-
gierenden Winden entsteht, so bildet sich um ein Barometermaximun
eine sogenannte Anticy klone mit rechtsdrehenden, an der Erdober-
fläche divergierenden Winden aus, die im Gegensatz zu den Windec
im Cyklonensystem recht schwach sind. Dies beruht darauf, dass dei
Gradient in den Anticyklonen meistens (besonders im Centrum) rela'
gering ist, oder mit anderen Worten daselbst die Isobaren wenig diu!;,
liegen, was mit der gewöhnlich grossen Ausbreitung der Anticyklonoi!
zusammenhängt). Die gut begrenzten Anticyklonen besitzen nv
X. Luft Wirbel. 717
eine elliptische Form mit dem mittleren Achsenverhältnis 1,8 bis 1,9.
Die Richtung der grossen Achse ist in Amerika im Mittel NE, in
Europa und über dem Atlanten N 75*^ E, also nahezu nach Ost. Die
Entfernung zwischen den Centren benachbarter Cyklonen und Anti-
cyklonen ist in Amerika und auf dem Atlanten etwa 3800 km. Der
mittlere Durchmesser der europäischen Anticyklonen (von 762 mm ab
iTcrechnet) beträgt nicht weniger als 5000 km in nordsüdlicher, 7800 km
\vestöstlicher Richtung. Sie treten am häufigsten im Winter (Dez.— Jan.
ist 79 Proz. derselben auf, dabei wurden nur Maxima von 787 mm
' mitgerechnet).
Die Anticyklonen verleihen oft der Witterung einen ausgesprochenen
ijirakter, weshalb ihre Eigenschaften eingehenden Studien unterworfen
wardeil. Man unterscheidet zwei Arten von Anticyklonen. Einerseits
k'ömmen grosse Anticyklonen vor, in denen die Luft langsam über einer
issen Fläche hinabströrat, oft zufolge starker Kälte. Sie sind relativ
tig und lagern häufig während mehrerer Tage oder Wochen über der-
■ iben Gegend. Von dieser Art sind die grossen Winter-Anticy klonen
11 Nord-Asien und solche Erscheinungen sind in Europa, besonders im
Winter, nicht selten. Es sind dies die eigentlichen typischen Anti-
yklonen.
Andererseits giebt es auch, besonders in Nord-Amerika, kleine Anti-
yklonen, ausgebildet zwischen zwei Cyklonen, die sich in kurzem Abstand
eigen. In diesen Maximis strömt die Luft herunter, welche in den nahe
gelegenen Minimis hinaufströmt. Sie sind deshalb als eine Art Folge-
?rscheinungen der Minima anzusehen, deren Charakter, recht dicht
.renden Isobaren und relativ heftige Winde, sie teilen. Sie wandern
h relativ schnell mit den Cyklonen vorüber. Sie haben meist eine
.regelmässige, oft bandförmige Gestalt.
In den eigentlichen grossen Anticyklonen herrscht eine grosse Ruhe
it r Luft und in ihren mittleren Teilen vollkommene Windstille. Der
iimmel ist bei der absteigenden Bewegung der Luft ganz heiter und die
^uft trocken, was im Winter eine heftige Ausstrahlung der Wärme zur
"olge hat. Die abkühlende Wirkung der Ausstrahlung erstreckt sich auf
lie niederen Luftschichten, und dort bilden sich, wenn die Verdunstung;^
ler Bodenfeuchtigkeit Wasserdampf hingeführt hat, Nebel und niedrige
kVolken, ohne dass jedoch Niederschlag eintritt. Die Bergkämme ragen
ius diesem Nebelmeer heraus und haben zufolge der adiabatisch sich
rwärinenden Luft warmes und zugleich schönes Wetter.
Anticyklonen, die durch strenge Kälte charakterisiert sind, kommen
718 Physik der Atiuosphäre.
häufig nach Schneefällen vor, weil der schlecht leitende Schnee die K
wärmung der Erdoberfläche durch Zuleitung von Wärme aus tiefer-
Erdschichten verhindert. In diesem Fall verdunstet auch kein Wassi
dampf aus dem Boden in die niedere Luft und man erhält uni
solchen Umständen weder Nebel- noch Wolkenbildung. Die Temperati
sinkt dabei sehr tief unter die normale, besonders in der Nacht. Dio
Kälte- Anticyklonen sind nicht so stabil wie die vorhin genannten grosse
Maxima. Ein Minimum, das in die Nähe kommt, saugt die untere star
abgekühlte Luft ab, die starke Kälte, welche sich nie sehr weit hinai
erstreckt, verschwindet und damit auch das Maximum selbst.
Die Centra der Anticyklonen wandern wie diejenigen der Cykloii'
gegen Osten, aber weniger regelmässig wie diese. In Nord-Amerik
kommen sie aus Nordwesten, einige aus Westen und ziehen nac
Osten oder Südosten. In Europa ist ihre ZugricMung folgendermaasst
verteilt:
Nach . N NE E SE S SW W NW
Prozent 3 13 37 30 10 3 2 2
Im Winter liegt die Richtung mehr nach Süden, im Sommer meh
nach Norden.
Die meisten europäischen Anticyklonen entstehen in Europa.
Ihre Wanderungsgeschwindigkeit ist geringer als diejenige del
Cyklonen. Sie beträgt im Mittel in km pro Stunde in folgende!
Ländern:
Wint. Frühl. Sommer Herbst Jahr
Vereinigte Staaten 42,0 37,6 55,7 38,9 38,6 (= 10,7 m pro Sek.
Europa .... 24,5 26,4 25,5 26,4 25,7 (= 7,1 „ „
Nach Rüssel wandern die australischen Cyklonen über dem Indischer
Ocean mit einer Geschwindigkeit von 13,7 m, über Australien mit einei
von 12 m pro Sek. von West nach Ost. Diese Geschwindigkeit entspricht
der mittleren Geschwindigkeit der atmosphärischen Strömung in diesefl
Gegenden.
Cyklonen wie Anticyklonen wandern in Amerika schneller als in
Europa vorüber, deshalb ist dort der Witterungswechsel viel heftiger
als hier.
Der Ablenkungswinkel (nach rechts vom Gradienten) und die mitt-
lere Windstärke in der Umgebung des anticyklonischen Centrums geht;
aus folgender Tabelle hervor: \
1
r
X
. Luftwirbel
719
N
NE
E
SE
S
SW W NW Mittel
59
53
30
27
42 0
2,7
2,9
2,7
2,3
2,65 m
pro
Sek
59
44
44
46
60
67 62
60
55 0
1,9
1,9 1,7
2,0 2,4 2,6 2,3
2,0
2,1 m
pro
Sek
3,7
3,2
3,0 2,8 3,6 3,7 3,4
3,5
3,4 „
»
„
Sektor der Anticy klone
N.- Amerika, Ablenkungswinkel
„ Windgeschwindigkeit
West- und /^ Ablenkungswinkel
Mittel- < Windstärke, Ebene
Europa '■ „ Höhenort
In Europa ist der Ablenkungswinkel und die Windstärke im südwest-
lichen Teil der Anticyklone am grössten, am geringsten im östlichen, ferner
"Ti Sommer grösser als im Winter, wie bei den Cyklonen. Der Zusam-
enhang der Windstärke mit der Entfernung vom Centrum ist wie folgt:
litfernung vom Centrum 111 222 333 444 556 667
Windgeschwindigkeit . . 2,4 2,7 2,9 3,0 3,0 2,9
778 km
2,9 m:Sek.
Der kontinuierliche Übergang des Gradienten, der Windstärke, des
Vblenkungswinkels, des Krümmungshalbmessers der Isobaren und der
Temperatur der Erdoberfläche in Europa und Amerika geht aus folgender
Zusammenstellung von Loomis hervor. Dabei ist zu beachten, dass der
Krümmungshalbmesser an der Grenze zwischen Cyklone und Anticyklone
unendlich gross wird.
Atlantischer Ocean und Europa. Mittlere Breite 51 — 56*^ N.
Luftdruck . . 740-45,45-50,50-55,55-60
iradient. . . 3,5 3,4 3,1 3,1
Windstärke . 12,5 12,4 12,2 11,3
Ablenkungs-
winkel . . 57 56 56 55
liimmungs-
halbm. . . 1030 1190 1360 1540
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
tdruck . . 732-37,37-42,42-47,47-52,52-57,57-62
lOradient. . . 3,7 3,4 3,1 2,9 2,8 2,7
60-65, 65-70, 70-75, 75-80, 80-85, 85-90 mm
2,9 2,7 2,5 2,3 2,1 1,9 „
9,7
8,4
7,3
6,3
5,5
4,8 m pro Sek
53
49
46
42
39
38 Grad
1540
1340
1130
901
050
370 km
Windstärke. 12,2 11,8
Ablenkungs-
winkel . . 53 52
vrümmungs-
halbm. . . 250 410
l'emperatur . —2,1 — 2,1 ■
11,4 11,1 10,6 10,3
50 49 48 47
Mittlere Breite 45» N.
62-67,67-72,72-77,77-82 mm
2.6 2,5 2,3 2,1 „
9.7 9,0 8,2 7,2 m pro Sek.
46 45 43 41 Grad
580 770 970 1180 1 1060 840 610 350 km
-1,9 _i,7 _i,9 _3,2 I -6,2 -10,1 -14,1 -17,4 Grad C.
Die niedrige Temperatur und ihre starke Abnahme mit steigendem
iarometerdruck beruht darauf, dass weitaus die meisten untersuchten
alle auf den Winter fallen.
Die vom Centrum divergierende Windrichtung geht schon in einer
löhe von einigen km in eine zum Centrum konvergierende über. Die
720 Physik der Atmosphäre.
neutrale Fläche liegt in den Anticyklonen tiefer als in den Cyklonei
Nach den Angaben des "Wetterbureaus in Nord -Amerika erstreckt sie]
die cyklonische sowie die anticyklonische Luftbewegung nur auf ein«
dünne Schicht von 4—5 km Höhe und bis zu einer Entfernung voi
750 bis 1500 km vom Centrum (sie sind jedenfalls höher in Europa).
Die Temperaturverteilung in den Cyklonen und Antij
cyklonen. Im Winter sind, wie Loomis Tabelle zeigt, die cyklonischeil
Gebiete wärmer als die anticyklonischen. Dies hängt mit der Bewölkuni
im Cyklonengebiet und der Heiterkeit des Himmels in dem anticyklo-
nischen eng zusammen. Diese Überlegenheit der cyklonischen Gebiet-
erstreckt sich jedoch nur auf ein par km Höhe und ist gewissermaassi
als eine störende Folge der Nähe der Erdoberfläche anzusehen, li
höheren Schichten ist zufolge der adiabatischen Volumsveränderuug die;
Cyklone meist kalt, die Anticyklone warm. I
Damit hängt zusammen, dass die Abnahme der Temperatur mit
der Höhe in den Cyklonen sehr viel schneller vor sich geht als in den
Anticyklonen. Dies tritt in folgenden Angaben über die Temperatur-
abuahme mit der Höhe (von 500 bis 3500 m) im Winter in den Ost-
alpen {T^ a) hervor:
Centrum der
Quadrant des Minimums . E S W N Anticyklone Cykloi
Temperaturabnahme pro km 4,0 4,1 6,3 4,7 1,5 5,8
Die Abnahme ist im Anticyklonencentrura sehr gering (es herrschtj
Temperaturumkehr bis zu 2000 m Höhe), danach kommen die östlichen^
und südlichen Quadranten des Minimums (in welche relativ warme Luft
hineinströmt), dann der Nordquadrant und das Centrum der Cyklor;
und zuletzt der Westquadrant, in welchen kalte Luft hineinströmt. D^.
Temperaturunterschied zwischen anticyklonischem und cyklonischem Ge-
biet, sowie zwischen deren Centra in folgenden Höhen, beträgt:
Höhe .
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
Gebiet .
-5,9
+ 0,5
+ 4,3
+ 7,7
+ 8,6
+ 7,5
+ 4,8
Centrum
— 10,5
-2,8
+ 2,7
+ 5,9
+ 7,1
+ 6,0
+ 2,6
Von 1000 m ab sind die anticyklonischen Gebiete wärmer als die!
cyklonischen (im Winter, im Sommer sind sie durchweg wärmer). Zui
denselben Resultaten führen die Messungen in Ballons oder mit Drachen. [
Unten (Kap. XI) finden sich einige bezügliche Ziffern. j
Wegen der ungleichmässigen Temperaturverteilung rund um das i
Barometerminimum, Kälte gegen Westen und Wärme gegen Osten t
X. Luftwirbel.
721
I nimmt der Druck mit steigender Höhe im Westen schneller als im
I Osten ab. Aus diesem Grund muss das Centrum sich mit steigender
Hnhe nach Westen verschieben. Ebenso verschiebt sich gleichzeitig das
Lotrum mit steigender Höhe gegen Norden. Angot hat diese Ver-
hiebung in 1500, 3000 und 4500 m Höhe aus den vorhandenen Daten
j berechnet und durch nebenstehende Zeichnungen (Fig. 218—221) versinn-
licht. Dabei hat jedoch Angot mit einer gleichmässigen Temperatur-
abnahme von 0,6*^ C. pro 100 m gerechnet. Falls er die stärkere Tem-
Fig. 218. (Erdoberfläche.)
Fig. 219. (1500 m Höhe.;
Fig. 220. (3000 m Höhe.)
Fig. 221. (4500 m Höhe.)
Iraturabnahme auf der nördlichen und speziell auf der westlichen Seite
Irglicheu mit der östlichen und südlichen) berücksichtigt hätte, so
pde das Centrum mit steigender Höhe sich mehr gegen Nordwest
behoben haben.
Die Pfeile in Fig. 221 deuten an, dass die Winde in 4500 ni Höhe
nur eine schwache Beeinflussung von der Cj'^klone erleiden. In grosser
Höhe verschwinden die Gradienten auf der Nordseite der Cyklone bei-
nahe gänzlich. Der Gang der Cirri in oberen Schichten in Amerika
»•weist das. Die stark ausgeprägten Cyklonen bestehen deshalb nur bis
u massigen Höhen.
Arrheuius, Kosmische Physik. 4ö
722
Physik der Atmosphäre.
Grenzgebiete der Cyklonen und Auticyklonen. Die Fig. 22:
stellt nach Abercromby die gewöhnlichsten und wichtigsten Typen de,
Luftdruck Verteilung dar. Dieselben sind ausser Cyklone und Anticyklone
Teilminimum, Y-förmige Kinne, beide als Abzweigungen der Minima an-
zusehen, Keil, welcher ein Verstoss eines Maximums ist, Sattel, ein G
biet von etwas niedrigerem Luftdruck zwischen zwei Maximis, und du
geradlinige Isobare.
Ebenso wie die Cyklonen im allgemeinen die Witterung beherrschen
so haben auch ihre obengenannten Abzweigungen unter den genannter
„Typen" die grösste Bedeutung.
Die Teilminima entstehen gewöhnlich an der westlichen oder süd4
östlichen Seite der grossen Cyklonen, welche von Amerika nach Euro});i
N'yjs
/^I^lonlß 1
geradlinige Jsobaren
Fig. 222.
760
wandern. Die Teilminima an der Westseite wachsen häufig an Stärko
und treten dann bisweilen mit starken Gradienten und heftigen
Winden auf, die um so gefährlicher sind, als sie oft nicht vorausgesehen
werden können. Sie bewegen sich parallel dem Hauptminimum, oft mit
einer der Hauptwindrichtung in demselben gleichgerichteten links-
drehenden Bewegung.
Diese Teilminima sind für die europäischen Verhältnisse von grosser
Bedeutung und ihr plötzliches Auftreten erschwert die Wetterprognosen
in hohem Grade. Sie erstrecken sich meist nur auf die niedrigen Luft-
schichten, sodass die Bewegung der oberen Wolken nicht von ihnen be-
einflusst wird.
Die Teilminima auf der Südostseite der Hauptminima haben gC'
wohnlich eine geringere Bedeutung. Sie führen in Europa häufig G^
Witterbildung, in Amerika Entstehung von Tromben herbei.
X. Luftwirbel. 723
Die V-förmigen Rinnen, die in eine Spitze auslaufen, haben ge-
wöhnlich eine nordsüdliche Richtung mit der Spitze gegen den Äquator.
\uf der Vorderseite herrschen Winde vom Äquator, auf der Hinterseite
Iche vom Pol, beide mit einer westlichen Komponente. In der Mitte
reten Böen auf. Sie spielen in Australien und Südamerika eine grosse
iiolle, und bringen dort plötzliche Veränderungen der Windrichtung, be-
irleitet von starkem Temperaturvvechsel, gewöhnlich mit Gewitter und
Regen verbunden, hervor. In Europa sind die Wechsel viel weniger schroff.
Die keilförmige Verteilung des Luftdrucks bietet gewissermaassen
einen Gegensatz zu der V-förmigen Rinne. Die Gradienten und Winde
dabei sind jedoch viel schwächer, sodass der Umschlag der Witterung
beim Vorüberstreichen der „Zunge" recht unbedeutend ist. In der Mitte
der Zunge herrscht bisweilen schönes Wetter bei relativ niedrigem
Luftdruck.
Auch in dem Sattel zwischen zwei Anticyklonen sind die Gradienten
und Winde schwach. Im Sommer bilden sich daselbst häufig lokale
Gewitter aus.
Bei den geradlinigen Isobaren, welche häufig, in nord- südlicher
Richtung verlaufend, in Europa vorkommen, herrschen im Westen süd-
liche Winde mit warmem Wetter vor, sobald der Luftdruck im Osten
hoch ist. Gegen Osten herrscht im Winter grosse Kälte, im Sommer
dagegen grosse Hitze, der anticyklonalen Luftdruckverteilung ent-
sprechend. Sobald der Luftdruck im Westen hoch ist, führen dagegen
nördliche und nordwestliche Winde kaltes nasses Wetter über West-
und Süd- Europa. Im Winter kommen dabei häufig Schneefälle in der
Xähe von kleinen von Nord nach Süd wandernden sekundären Depres-
sionen vor. Im Frühling kommen bei dieser Luftdruckverteilung starke
Kälterückfälle besonders an der Mittelmeerküste vor. Im Sommer kann
Kngland unter diesen Umständen schönes Wetter haben, wenn die Anti-
< vklone, die gewöhnlich über den Azoren liegt, sich dahin ausbreitet.
Die Trockenheit kann sich von da bis nach Frankreich erstrecken,
während Mittel -Europa von starken Regengüssen, oft mit Überschwem-
mungen (z. B. auf der Nordseite der Ostalpen 1890, 1893, 1897, 1899)
heimgesucht wird. Dabei ist der Barometerstand recht hoch. Diese
Witterung, die in letzter Zeit nicht selten vorgekommen ist, zeigt eine
recht grosse Beharrlichkeit.
Die Entstehung und Erhaltung der Wirbel. Die einfachste
Art, sich die Entstehung eines Minimums vorzustellen, ist diejenige,
welche oben (S. 686) erörtert wurde. Über einer stark erhitzten Stelle
46*
724 Physik der Atmosphäre.
steigt die Luft in die Höhe und von allen Seiten fliesst neue Luft zu,
um die so entstandene Leere auszufüllen. Wenn die Luft trocken wäre,
so würde sie sich für jede 100 m um 1*^ C. abkühlen und bald aufhören
zu steigen. Deshalb erreichen beispielsweise die Seebrisen, welche aut
der Erwärmung der Küste beruhen, nur einige hundert Meter Höhe. Tu
der umgebenden Luft beträgt die Teraperaturabnahme mit steigender
Höhe etwa 0,6*^ pro 100 m und eine Temperaturerhöhung von 4*^ C. am
Boden würde schon in 1 km Höhe ausgeglichen sein.
Ganz anders liegen die Verhältnisse, wenn die aufsteigende Luft mit
Feuchtigkeit gesättigt ist. In solchen Fällen kann (vgl. S. 584) die
Temperaturabnahme pro 100 m gegen 0,4° C, folglich unter den nor-
malen Betrag in der freien Atmosphäre sinken. Die Temperaturdifferenz
an der Erdoberfläche wird sich dann mit der Höhe steigern und der
Auftrieb der Luftmasse um so gewaltiger werden, je höher sie steigt.
Nun ist wohl die Luft nicht mit Feuchtigkeit gesättigt, über dem Meer
kommt aber eine relative Feuchtigkeit von 90 Proz. nicht selten vor.
In einem solchen Fall sinkt die Temperatur beim Aufstieg der Luft erst
um 1° pro 100 m, die Luft wird aber dabei bald gesättigt (nach der Ab-
kühlung um etwa 2° C), und danach tritt das langsame Sinken der
Temperatur mit zunehmender Höhe ein. Angot hat ein Beispiel be-
rechnet, in welchem die Temperatur der heissen Stelle gleich 25*^, die-
jenige der Umgebung gleich 20° C. und der Feuchtigkeitsprozentsatz gleich
90 gesetzt wurde. Die Temperaturdifferenz sank dabei von 5° beim Boden
auf 4,1° in 220 m Höhe, stieg dann von diesem Minimum auf 4,6° in
500, 5,4° in 1000, 7,0 in 2000 und 8,5° C. in 3ü00 m Höhe.
Die Luft befindet sich unter solchen Umständen gewissermaassen
in einem labilen Zustande und wenn nur einmal die aufsteigende Be-
wegung eingeleitet ist, so wächst sie mit riesiger Gewalt und ruft einen
Sturm hervor. Infolge der Erddrehung wird der Sturm zum Wirbel.
dessen Fliehkraft, vereint mit der Wirkung der Erddrehung, die Aus-
gleichung des eingeschlossenen Barometerminimums verhindert.
Diese Theorie, die von Espy und Ferrel entwickelt ist, scheint im
Ganzen sehr gut auf die tropischen Cyklonen zu passen. Die Bildung
derselben über dem bengalischen Meerbusen ist Gegenstand sehr fleissiger
Beobachtungen von Seite der indischen Meteorologen gewesen. Als
Beispiel möge die verheerende Cyklone vom Ende Oktober 1876 ange-
führt werden.
Vom 10. bis 20. Oktober herrschte schönes Wetter und eine aus-
geprägte Windstille über dem bengalischen Meerbusen, Im Küsten-
I
X. Luftvrirbel. 725
gebiete im Norden wehten sehr schwache Nordostwinde und über dem
j indischen Ocean im Süden wenig ausgeprägte Südwestwinde. Diese
Winde waren so gerichtet, dass sie der Luft eine schwache cyklonische
l)ewegung erteilten. Die Windstille herrschte bis zu grossen Höhen,
l^k die Beobachtungen von den Bergstationen auf Ceylon zeigten.
1^* Durch den heftigen Sonnenschein und die Windstille bildete sich
eine ungewöhnlich hohe Temperatur über dem Meerbusen aus. Am
I 20. fiel im Süden etwas Kegen. Ein schwaches Barometerminimum
! entwickelte sich darauf in der Mitte des Meerbusens, westlich von den
', Andamanen. Der Regen entwickelte sich zu einem Wolkenbruch, das
' Minimum wuchs an Stärke, die Winde nahmen zu. Am 29. Okt. befand
■ b an derselben Stelle eine wohl entwickelte Cyklone, die erst lang-
sam, dann geschwinder nach Norden wanderte und in dem Centrum einen
Druck von nur 715 mm aufwies. Am 1. Nov. um 'S'^ früh erreichte sie
: das Delta der grossen indischen Flüsse und erzeugte eine Sturmwelle,
I die ausserordentlich grossen Schaden anstellte. Nach einstündigem
I Wandern über Land stiess die Cyklone gegen die nur 1000 m hohen
I Berge von Tipperah, welche sie nicht zu überschreiten vermochte. Auf
der anderen Seite des Gebirgszuges in Katschkar und Assam bemerkte
man nur eine schwache Senkung des Barometerstandes.
Dieser Umstand lässt erkennen, wie gering die vertikale Mächtigkeit
dieser Cyklone war, was auch daraus hervorgeht, dass während der Cy-
klone auf den Höhenstationen Ceylons Windstille herrschte.
Von der Temperaturverteilung in senkrechter Richtung weiss man
nichts, dieselbe verstösst also nicht gegen die Theorie, wie diejenige der
aussertropischen Cyklonen, die meist im Centrum kühler sind als in der
Umgebung. Nur in Amerika hat mau in letzter Zeit einige Cyklonen
aufgefunden, die ein warmes Centrum hatten (etwa 5,5^ C. über der
Temperatur in den nachfolgenden Anticyklonen).
Die aussertropischen Cyklonen treten auch in der kalten Jahreszeit
auf, wo man keine starke Erhitzung der Erdoberfläche als erste Ursache
voraussetzen darf, und in der die Luft in der grössten Unruhe ist, was
eine lokale Aufspeicherung der Hitze verhindert. Man hat sich daher
i genötigt gesehen, die Ferrelsche Theorie zu verlassen. Sie enthält jedoch
I sehr vieles, was auf die Cyklonen passt. Sie entstehen zum grössten Teil
■über den Meeren, die eine hohe Temperatur im Winter aufgespeichert
haben und daher sehr viel wärmer als die nahehegenden Kontinente
sind und über denen die Luft sehr feucht ist. Bei ihrer Fortbewegung
; wandern die Cyklonen mit VorUebe über Meere, Seen oder andere feuchte
726 Physik der Atmosphäre.
Gegenden, wo die Wirbelbewegung neue Nahrung findet. Endlich, wenn
sie sich in kalte und trockne Gegenden verirrt haben, sterben si<
meistens bald aus.
Wenn demnach auch die Wärme und Feuchtigkeit in der Cjklon-
nicht genügend ist, um die Temperatur des Centrums über derjenigen
der Umgebung zu erhalten, so scheinen doch diese beiden Bedingungen
günstig zu sein, indem sie eine all zu starke Abkühlung der Cyklone
verhindern, welche sie bald vernichten würde.
Es muss also eine andere Ursache vorhanden sein, welche die auf-i
steigende Bewegung in den Cjklonen hervorbringt, wenn auch die
Wärme und die Feuchtigkeit diese Bewegung unterstützen, sodass sie
hauptsächlich an solchen Stellen zum Vorschein kommt, wo diese
sekundären Bedingungen vorhanden sind. Man hat diese primäre Ur-
sache in mechanischen Umständen gesucht. Es möge genügen, die Dar-
stellung des hervorragendsten Autors auf diesem Gebiet wiederzugeben.
„Man muss demnach nach anderen Ursachen (als die von deri
Ferrelschen Theorie gegebenen) für die Mehrzahl der atmosphärischen!
Wirbel, namentlich der langlebigen grossen Wintercyklonen, suchen, und
es scheint uns kein Zweifel darüber zu bestehen, dass dieselben in
Störungen der atmosphärischen Cirkulation zu suchen sind. Grössere
Temperaturunterschiede in der Richtung der Breitekreise, wie sie nament-
lich im Winter in hohem Grade zwischen Kontinent und Ocean sich!
einstellen, ändern das obere meridionale Temperaturgefälle und damiti
den meridionalen Gradienten. Dadurch werden, je nachdem dasselbe!
vermindert oder gesteigert wird, die rasch rotierenden Luftmassen des
Polarwirbels entweder gestaut oder in ihrem Abfiuss gegen den Fol hin
beschleunigt. Die dadurch bedingten Druckänderungen pflanzen sich
an der Erdoberfläche fort und erzeugen daselbst Barometermaxima und
Barometerminima mit den sie begleitenden Luftcirkulationen. Die der-
art eingeleitete Störung schreitet dann mit der allgemeinen oberen Luft-
bewegung über die Erdoberfläche fort, wobei ihre Fortpflanzung nach
Richtung und Geschwindigkeit von der daselbst präexistierenden Luft-
druck- und Temperaturverteilung wesentlich beeinflusst wird. Die Energie
dieser atmosphärischen Störungen findet ihr Äquivalent in der Abnahme
der Rotationsgeschwindigkeit der oberen Luftcirkulation, der Polarwirbel
leistet Arbeit auf Kosten seiner Rotatiousgeschwindigkeit."
„Aber nicht bloss die Temperaturdiflferenzen zwischen Ost und West.
auch Anomalien der vertikalen Temperaturverteilung können die atmo-
sphärische Cirkulation zu Kraftäusserungen an der Erdoberfläche anregen
p
X. Luftwirbel. 727
indem sie labile dynamische Gleichgewichtszustände schaffen und eine
Massenmischung der unteren ruhenden und der oberen rasch bewegten
Luftmassen veranlassen, welche die letzteren retardiert und ihnen dann
gestattet, polwärts abzufliessen, was an der Erdoberfläche zur Bildung
einer Barometerdepression Veranlassung giebt. Zwischen den kälteren
oberen, aus höheren Breiten kommenden, und den wärmeren unteren,
IS niedrigen Breiten stammenden und polwärts fliessenden Luftraassen,
Missen häufig labile Gleichgewichtszustände eintreten, welche ein Ein-
greifen der oberen Cirkulation in die untere veranlassen, und damit
Wirbelbildungen, denn alle lokalen Störungen der Luftbewegung müssen
wegen der ablenkenden Kraft der Erdrotation in der Form atmosphä-
rischer Wirbel auftreten. Es ist geradezu undenkbar, dass bei den Un-
gleichheiten der horizontalen Temperaturverteilung im Sinne der Breite-
kreise und den Verschiedenheiten der Temperaturschichtung in vertikaler
Richtung Störungen der atmosphärischen Cirkulation zwischen den höheren
und niedrigeren Breiten ausbleiben, und diese Störungen zugeben, heisst
auch die Mehrzahl der atmosphärischen Wirbel und ihren Ursprung auf
die grossen atmosphärischen Störungen zurückzuführen," (Hann, Lehr-
buch der Meteorologie S. 585.)
Die unten näher besprochene Cirkulationstheorie hat keine Schwierig-
keit, diese Lücke zu füllen. In höheren Schichten (über 3000 m) ziehen
die Wolken in aussertropischen Gegenden mit grosser Regelmässigkeit
in östlicher Richtung mit einer schwachen Komponente gegen Norden.
Die Geschwindigkeit ihrer Bewegung ist etwa anderthalb mal so gross
im Winter wie im Sommer. Andererseits giebt es in unteren
Schichten eine Rückströmung aus Nordwest, deren Geschwindigkeit nach
den Wolken zu urteilen, ziemlich konstant und viel geringer als die-
jenige der höheren Strömung ist (etwa 35 Proz. derjenigen der Wolken
im Winter in 8000 m Höhe). Die relative Bewegung der oberen zur
unteren Luftströmung wird demnach im Winter etwa doppelt so stark wie
im Sommer und ist im Winter nach E NE, im Sommer mehr nach NE ge-
richtet. Zufolge der Erddrehung besteht ein starkes Bestreben, die Luft
der oberen Schichten im rechten Winkel zu dieser relativen Bewegungs-
richtung, d. h. nach SSE zu treiben. In tieferen Schichten treibt
die Kraft die Luft in entgegengesetzter Richtung, Diese Kraft hält
im sogenannten stationären Zustand der Wärmewirkung das Gleich-
gewicht. Die Hitze in niederen Breiten strebt nämlich die Luft zu
heben und zum Pole zu treiben, wo sie heruntersiuken und zurück-
fliessen würde, wenn es die Erddrehung nicht hinderte. Beim Aufstieg
*728 Physik der Atmosphäre.
der Luft in der polaren Gegend nnd beim Heruntersinken in der
Nähe der Kossbreiten entstellt eine Gegenkraft gegen die Bewegung,
Diese Gegenkraft, die sehr stark an die gegenelektromotorische Kraft der
Polarisation erinnert, ist an der Stelle des Hinuntersinkens nahezu kon-
stant, dagegen an dem Platze des Aufstieges um so geringer, je feuchter
die Luft daselbst ist, sowohl absolut als relativ. Bei geringer relativer
Feuchtigkeit muss nämlich die Luft hoch steigen, bevor Kondensation
eintritt, bei geringer absoluter Feuchtigkeit wird die Kondensation un-
bedeutend und daher die Abkühlung der Luft beim Aufsteigen gross.
Die Luft wird infolgedessen in höheren Breiten einer eventuellen
Treibkraft an denjenigen Stellen am ehesten nachgeben, wo die grösste
absolute und relative Feuchtigkeit herrscht, d. h. über dem Meer oder
über grossen Seen, wie den amerikanischen, und vorzugsweise, avo das
Wasser relativ warm ist.
Es kommt nun zu diesem Umstand ein anderer. Die Treibkraft
der Erddrehung ist der relativen Windgeschwindigkeit in den oberen
Luftschichten proportional. Zufolge der Trägheit der in Bewegung ge-
setzten Luftmasse und zufolge der bei eventuell eintretenden Stauungen
auftretenden Druckkräfte, sowie zufolge des beinahe vollkommenen
Mangels an Reibung wird die nach Osten gerichtete Strömung der
höheren Luftschichten auf jedem Breitekreis einen nahezu konstanten
Wert annehmen.
Die Kraft, welche die obere Luft nach Süden treibt, ist deshalb
sehr nahe konstant. Ganz anders liegen die Verhältnisse mit der Wärme-
wirkung, welche der Temperaturdififerenz proportional gesetzt werden
kann.
Betrachten wir demnach zwei Punkte, die in einer bestimmten Ent-
fernung von einander in nord-südlicher Richtung liegen, so wird auf der
nördlichen Halbkugel die Triebkraft in höheren Luftschichten von Süd
nach Nord da überwiegen, wo die Isothermen am dichtesten liegen, die-
jenige von Nord nach Süd dagegen wo sie am entferntesten von einander
liegen. Wie die Isothermenkarten Figg. 179 und 180 zeigen, ist dieser
Unterschied im Winter am ausgeprägtesten, und die Stellen, wo die
Isothermen sehr entfernt von einander sind, liegen über dem Meer,
sowie Europa und Westsibirien, und in geringerem Maasse in der
Nähe der grossen Seen Amerikas. Es sind dies die Weltgegenden,
welche trotz hoher nördlicher Lage relativ viel Wasserdampf aufweisen.
An diesen Stellen entstehen infolgedessen aufsteigende Luftströme
und damit Cyklonen und zwar vorzugsweise im Winter. Südlich von diesen
b
X. Luffcwirbel. 729
Gegendon breiten sich die Antieyklonen aus, welche, da sie nicht durch
die Feuchtigkeit der Luft begünstigt werden, einen mehr diffusen
Charakter besitzen. Andere Anticj^klonen bilden sich über den kältesten
Stellen der Kontinente aus.
Die Cyklonen folgen nun der Richtung der höheren Luftströme, wie
wir schon von den tropischen Cyklonen bemerkt haben. Man erklärt
das so, dass der herrschende Luftstrom den Wirbel mit Luft ausfüllt,
wo er in denselben hineinweht, dagegen auf der anderen Seite Luft aus
dem Wirbel heraussaugt. Das Luftdruckminimum verschiebt sich auf
diese Weise in der Richtung der vorherrschenden Luftströme. Da in
höheren Breiten die hauptsächliche Luftbewegung in den oberen Schichten
\t)rsichgeht und zwar in der Richtung von West nach Ost, so haben
auch die Wirbel das Bestrehen, sich in dieser Richtung zu bewegen.
Dabei muss der Wirbel aber auch die feuchtesten Wege wählen,
denn wenn Feuchtigkeit fehlt, so wächst die Gegenkraft und der
Wirbel erlischt. So hat Loomis bewiesen, dass die nordamerika-
nischen Wirbel, auf deren Vorderseite Regen fällt, im Mittel dahin
wandern, wo die grösste Regenmenge fällt. Auch die Geschwindigkeit
der Fortbewegung des Wirbels wächst mit der Länge der Strecke,
auf welcher Regen fällt. Wenn diese Länge beispielsweise 590, 845 und
950 km betrug, so wurde eine mittlere Verschiebungsgeschwindigkeit
des Cyklonencentrums von 24, 40 bezw. 63 km pro Stunde beobachtet.
In Europa, besonders im Westen, fällt der Regen nicht auf der
Vorderseite der Cyklone, sondern auf ihrer Rückseite (West- und Süd-
westseite). Es liegt nahe, hierin den Grund zu sehen, dass die ameri-
kanischen Cyklonen schneller und regelmässiger wandern als die west-
europäischen.
Die Hauptwege der Cyklonen folgen auch den Hauptzweigen
des Golfstromes nach der Davis -Strasse, nach Island und nach
den Küsten von Schottland und Norwegen. Wegen der Wärme des
Golfstromes ist daselbst die absolute Feuchtigkeit die grösstmögliche.
Die Zugstrasse über Frankreich gegen das Mittelmeer und das schwarze
Meer wird im Winter eingeschlagen, wahrscheinlich weil die absolute
Feuchtigkeit in Mitteleuropa dann zu gering ist.
Andererseits sieht man die Cyklonen in Gegenden, wo die Feuchtig-
keit schnell (nach Osten) abnimmt, wie an der Nordwestseite Norwegens
nder in der Ostsee, stocken bleiben, sich allmählich ausfüllen und ver-
M-liwinden.
Man kann auch nach dem oben gesagten leicht verstehen, warum
730 Physik der Atmosphäre.
die Cyklonen die Gebirgsgegenden mit ihre;n geringen Gehalt an Wasser-
dampf meiden.
Wie oben (S. 721) gezeigt worden ist, neigt sich die Achse der
Cyklone nach ihrer kalten Seite. In Amerika ist dies die Westseite, in
West -Europa die Nordwestseite. Demzufolge trifft das Centrum der
Cyklone in Amerika auf den Bergen später ein als in den Thälern. So
erscheint es um drei Stunden verspätet auf Mount Washington (Höhe
1900 m), auf Pikes Peak (4300 m) sogar um nahezu sechs Stunden
gegenüber der umgebenden Ebene.
Es ist auch oben erwähnt, dass in höheren Luftschichten der Gra-
dient immer mehr dem Teraperaturgradienten an der Erdoberfläche
parallel gerichtet wird (S. 721). Die höheren Luftströme haben einen
Ablenkungswinkel von nahezu 90^ und verlaufen daher nahezu senk-
recht auf den Luftdruckgradienten. Wenn demnach schon an der Erd-
oberfläche die Isobaren mit den Isothermen parallel verlaufen, so das^
Temperatur und Druck in derselben Eichtung abnehmen, so wird dies in
allen Höhen der Fall sein. Die Cyklonen, welche im Mittel der Wind-
richtung folgen, verschieben sich dann parallel mit den (unteren) Iso-
baren mit dem niederen Druck auf der linken Seite. Geht dagegen
das Temperaturgefälle unten in entgegengesetzter Eichtung wie das
Luftdruckgefälle, so verläuft der Luftdruckgradient unten in entgegen-
gesetzter Eichtung wie oben; die Bewegungsrichtung des Wirbels wird
davon bestimmt, welche Eichtung des. Gradienten die überwiegende ist.
Im allgemeinen wird die Cyklone eine Eichtung einschlagen, die senk-
recht liegt auf einer Eichtung, die zwischen derjenigen des Temperatur-
gefälles und derjenigen des Druckgefälles liegt (vgl. S. 715). Dabei wird
vorausgesetzt, dass die Feuchtigkeit rund um die Cyklone symmetriscli
verteilt ist.
Zusammenhang der Witterung in verschiedenen Teilen
der Erde. Hoffmeyer untersuchte die Cyklonen auf dem Atlanten
und fand, dass die hohe Wintertemperatur West-Europas in dem engsten
Zusammenhange mit den barometrischen Depressionen im nordöstlichen
Zweig des Golfstromes steht. Eine Erhöhung der Mächtigkeit, Aus-
dehnung nach Nordosten und Temperatur dieses Zweiges des Golfstroms
muss deshalb einen bedeutenden Einfluss auf das Winter- und Vor-
frühlingsklima des Westen von Europa ausüben. Schon Sabine hat
Schwankungen des Golfstromes nachgewiesen. Wird der genannte, an
Schottland und Norwegen vorbeistreichende Teil des Golfstromes ver-
stärkt, so nehmen die West- und Südwestwinde in West-Europa zu und
I
IV
X. Luftwirbel. 731
führen (in der kältesten Jahreszeit) eine milde Temperatur mit. Wegen
des grossen Wärmeinhalts des Meeres müssen diese Schwankungen eine
gewisse Dauerhaftigkeit zeigen.
Petterssan zeigte nun, dass ein sehr enger Zusammenhang
zwischen der Stärke des nord-östlichen Golfstromes, welche durch hohe
Temperatur und niedrigen Barometerstand gekennzeichnet wird, und der
Temperatur von West-Europa herrscht. Dagegen zeigt die Temperatur
von Island und West -Grönland einen entgegengesetzten Gang, was
darauf zurückgeführt wird, dass der westliche Teil des Golfstromes (der
Irmingerstrom) zurückgeht, wenn der nordöstliche Teil des Golfstromes
anschwillt. Aus leicht verständlichen Gründen kann in diesem Fall
die Folgeerscheinung (die Temperaturschwankung auf dem Festland) viel
stärker ausgeprägt sein als die primäre Ursache (die Temperatur-
schwankung über dem europäischen Nordatlanten). Jene beruht nämlich
auf dem gesteigerten Zufluss der erwärmten Meeresluft zum Konti-
nent, welcher im Winter bedeutend kälter ist, Meinardus hat
Petterssons Untersuchungen weiter fortgesetzt und speziell das Ver-
halten Mittel -Europas untersucht, ebenso Dickson dasjenige von Eng-
land (Oxford). Folgende Tabelle giebt einige Resultate für die Jahre
1881 und 1882. Die Temperatur des europäischen Atlanten wurde als
Mittel der Beobachtungen zu Thorshavn auf den Färöer, Ona und Papey
bestimmt.
Die mittlere Abweichung der Lufttemperatur der Monate Januar
lind Februar betrug:
Europ. ^.. Nord- Mittel- ^ ,
Nord- Schweden , deutsche deutsches p .. i i
Atlant ' Ebene Hügelland
1881 —1,7 —3,5 —2,0 —1,2 —0,3 +3,2
1882 + 0,9 + 4,2 + 2,6 + 1,9 + 1,2 — 3,5
Man ist zu folgenden wichtigen Schlüssen gelangt: Einer hohen
Temperatur des Golfstromes an der norwegischen Küste im Vorwinter
.\(jvember— Januar) folgt eine hohe Temperatur in Mittel-Europa in
Ion Monaten Februar bis April.
Je grösser die Luftdruckdifferenz zwischen Dänemark und Island in
'1er Zeit September bis Januar ist, um so höher ist auch die Temperatur
'les östlichen Golfstromes in derselben Zeit und um so höher ist sie in
Mittel-Europa in den darauf folgenden Monaten Februar bis April. Da-
■^en gilt nichts ähnliches für die Temperatur Mittel -Europas von Sep-
niber bis Januar oder in den darauf folgenden Monaten Mai und Juni.
732 Physik der Atmosphäre.
Pettersson zog bei seinen Untersuchungen die eigentümliche
Regelmässigkeit, welche vonWoeik off bezüglich der Temperatur der paaren
und unpaaren Winter (vgl. S. 572) gefunden ist, im Betracht. Pettersson
fand den Grund dieser Variation in der gleichzeitigen Schwankung der
Stärke und Temperatur des europäischen Golfstromes und auch die Ab-
weichungen von der Wo eikoff sehen Regel klärten sich in dieser
Weise auf. Meinardus hat eine entsprechende Änderung im Gange
des Barometers in geraden und ungeraden Jahren nachgewiesen. In fol-
gender Tabelle bedeutet I das Mittel aus den Daten für die geraden Jahre
1874, 1876, 1878, 1880 und 1882, II dagegen das Mittel für die ungeraden
Jahre 1875, 1877, 1879, 1881 und 1883.
I II I— II
Luftdruckdifferenz Kopenhagen — Stykkisholm (Island) Nov.— Jan. 16,3 5,3 11,0 mm
Wassertemperatur an der norwegischen Küste Nov. — Jan. . . 7,0 6,5 0,5" C.
Lufttemperatur zu Berlin März— April (Normalmittel -f 60 C.) . . 7,6 4,3 3,30C.
Man könnte die Schwankungen in der Stärke des Golfstromes oder
vielmehr der Temperatur des Nordatlanten folgendermaassen zu erklären
versuchen. Wenn der Nordostatlant warm ist, so entsteht eine starke
Luftströmung von Norden und Osten längs der grönländischen Küste
und längs der Bahn des kalten Nordpolarstromes. Infolgedessen wandert
viel Eis in den Nordatlanten hinein, dadurch sinkt wiederum seine Tem-
peratur, die nordatlantische Cy klone und der Eistrift an ihrer West- und
Nordseite nimmt ab. Dann kommt wieder eine Zeit geringerer Abfuhr
von Eis, eine Zunahme der Temperatur u. s. w. Es erscheint so aber
nicht nötig, dass die Periode gerade zwei Jahre umfassen muss. Die Schiffer
des Eismeeres sagen, dass drei relativ eisfreie Jahre auf drei schwere
Eis -Jahre folgen; die Periode sollte danach sechs Jahre umfassen
Beides verträgt sich miteinander sehr gut, man kann auch verstehen,
dass die Regelmässigkeit bisweilen aussetzt und kaum für längere
Zeiten gelten kann, wie auch oben betreffs der Temperatur zu Stock-
holm nachgewiesen wurde. Dass indessen diese interessanten Unter-
suchungen wegen ihrer ausserordentlichen praktischen Bedeutung im
höchsten Grade verdienen, weiter verfolgt zu werden, kann man nicht
bestreiten.
Ähnliche Regelmässigkeiten gelten für die Sonnenfleckenjahre (vgl.
S. 145), in denen man wohl ein gleichzeitiges Anschwellen sowohl des
östlichen wie des westlichen Zweiges des Golfstromes annehmen muss.
Wie oben erwähnt entspricht ein kalter Sommer in West -Europa
einem warmen in Grönland und umgekehrt. Diese Regelmässigkeit er-
I
X. Luftwirbel. 733
streckt sich ziemlich weit hin, sowohl auf der amerikanischen wie auf
der europäischen Seite. So hat Hann nachgewiesen, dass die kältesten
Winter in Wien von Wintern mit positiver Temperaturabweichung zu
:obshavn auf Grönland begleitet sind. Dagegen sind die wärmsten
iter in Wien nur in sechs Fällen von neun mit kalten Wintern in
:obshavn gleichzeitig.
Auf diese Weise kann man den Gegensatz in klimatischer Hinsicht,
welchen Dove zwischen Nord -Amerika und Europa gefunden hat, ver-
stehen. Die amerikanischen Beobachtungen stammten hauptsächlich aus
den östlichen Teilen Nord- Amerikas, die europäischen dagegen aus den
westlichen Gegenden unseres Weltteils.
Es ist ja selbstverständlich, dass, da die Luftmasse konstant ist,
eine Zunahme des Luftdruckes an einer Stelle von einer Abnahme an
einer anderen Stelle begleitet sein muss. Wir haben schon oben auf
solche Schwankungen der Luft zwischen der nördlichen und der süd-
lichen Halbkugel hingewiesen (vgl. S. 609).
Eine ähnliche Schwankung im kleineren Umfang fand Blanford
/wischen dem indo-malayischen Gebiet und Sibirien. Man kann sich
schon vorstellen, dass bei ungewöhnlich niedriger Temperatur in Nord-
Asien oder bei ungewöhnlich hoher in Süd-Asien eine Verschiebung der
Luft nach Norden stattfindet und umgekehrt, wenn der Norden unge-.
wohnlich warm oder der Süden ungewöhnlich kalt ist.
Diese Untersuchungen hat Hildebrandsson fortgesetzt. Er rich-
tete seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die sogenannten Aktions-
centra, d. h. Gegenden, wo stationäre Maxima oder Minima liegen.
Er wies nach, dass ein scharf ausgeprägter Gegensatz besteht zwischen
dem Barometergang auf Island, wo gewöhnlich Minima liegen, und in
dem azorischen Hochdruckgebiet. Ähnliche aber weniger sichergestellte
und ausgeprägte Gegensätze finden sich zwischen dem Minimum zu
Alaska und dem ostasiatischen Maximum, zwischen Feuerland und
Tahiti, zwischen Grönland und Key West, sowie zwischen West-Sibirien
und Indien. Diese Eegelmässigkeit ist im Winter am deutlichsten aus-
prägt.
Wir haben schon oben einen ähnlichen Gegensatz zwischen den
westeuropäischen und den kaspischen Gegenden nach Woeikoff kennen
gelernt. Dieser Unterschied bezog sich auf die Woeikoffsche zwei-
jährige Periode (vgl. S. 572).
Oben sind die Luftströme besprochen worden, welche hauptsächlich
nii Winter von der Ungleichheit des Temperaturgefälles in verschiedenen
734 Physik der Atmosphäre.
Weltteilen nach den Polen getrieben werden. Die Luft, die sie mit-
führen, fliesst an Stellen, wo ein geringes Temperaturgefälle gegen di'
Pole zu herrscht, nach dem Äquator zurück. Die im Cy klonengebiet in
die Höhe getriebene Luft wird nach dem Äquator geführt, staut sicli
auf dem Wege und fliesst allmählich zur Seite ab. Auf diese Weise i^i
es verständlich, dass zwischem dem Gebiet, wo die Maximalfrequenz der
Cyklonen vorkommt, und dem Äquator eine Gegend mit hohem Luft-
druck sich befindet, und wo die Luftdruckveränderung den entgegen-
gesetzten Verlauf nimmt wie an der Bildungsstelle der Cyklone.
Dass dabei viele Störungen stattfinden, braucht nicht erwähnt zu
werden. Jedenfalls stimmt der Gang in Island und auf den Azoren
vorzüglich mit dieser Voraussetzung, ebenfalls derjenige von West-
Grönland und Key West. Zu diesen wäre auch der entgegengesetzt ^
Gang an der Ost-See und am Kaspischen Meere zu zählen. Ebenfall
stimmt im ganzen damit, das West-Sibirien (Astrachan, Barnaul und
Jenisseisk, im Mittel 52° n. Br., Tl^E. L.) gegen Indien den entgegen-
gesetzten Gang besitzt.
Eine weitere Untersuchung dieses Gegenstandes verspricht sehr viel.
Wettervoraussage. Die in dem letzten Abschnitt behandelten
Erscheinungen erlauben in einigen wenigen Fällen (für den Vorfrühling
in Nordwest -Europa) den allgemeinen Charakter des Wetters einige
Monate vorauszusagen. Durch weitere Entwickelung dieser Studien wird
man vielleicht noch viel weiter kommen und davon den grössten Nutzen
ziehen können.
Die gegenwärtige Methode, das Wetter für die kommenden 24 h[>
48 Stunden vorauszusagen, beruht hauptsächlich auf dem Studium der
Cyklonen. Diese nähern sich von Westen her, und da man für jed*-
Jahreszeit ihre gewöhnlichen Zugstrassen und ihre mittlere Geschwindig-
keit kennt, kann man berechnen, wie der Wind und damit das Wettci'
in der nächsten Zukunft sich wahrscheinlich ändern wird. Dabei spielen
so viele lokale Umstände mit, dass für jeden Ort eingehende Unter-
suchungen von älteren ähnlichen Fällen nötig sind, um nicht allzu grossei'
Unsicherheit ausgesetzt zu sein.
Eine stark störende Rolle spielen dabei die sekundären Minima, die
auf dem Atlantischen Ocean entstehen, ohne dass man ihr Auftreten voraus-
sehen könnte. Hoffmeyer hat eine diesbezügliche Statistik aufgestellt
und gefunden, dass unter 100 Cyklonen nur 44 aus Canada und den
Vereinigten Staaten stammen, sodass sie in Europa vor ihrer Ankunft
gemeldet werden können, 8 kommen aus dem arktischen Nord-Amerika,
X. Luftwirbel. 735
9 aus den äquatorialen Teilen des Atlanten und 2 sind spontan auf dem
Atlanten entstanden, 37 endlich sind Teilminima, die auf dem Atlanten
sich von grösseren Cyklonen abtrennten.
Anderereits erreicht der grösste Teil der aus Amerika kommenden
Cyklonen die Westküste von Europa nicht, wenigstens nicht in merklicher
Starke. Ferner haben sie zur Überschreitung des Atlanten zwischen drei
und zehn Tagen Zeit gebraucht, ohne dass man diese Verschiedenheit
irgendwie voraussehen könnte.
Aus allen diesen Umständen ersieht man, mit welchen grossen
Schwierigkeiten die Voraussage des Wetters zu kämpfen hat. Bei
litem am besten sind die östlichen Teile unseres Weltteils daran, dort
sind aber die Sturmwarnungen von relativ geringer praktischer Bedeutung,
weil die Schiffahrt eine untergeordnete Rolle spielt.
Bei der Voraussage des Wetters nimmt man viel Rücksicht darauf,
dass das Wetter eine bestimmte Neigung zeigt, den einmal erhaltenen
Typus beizubehalten. Je länger eine bestimmte Wetterlage angehalten
hat, um so unwahrscheinlicher ist eine Änderung derselben im Verlaufe
iiies Tages.
Von den verschiedenen Witterungstypen zeigen die anticyklonalen
die grösste Beständigkeit. Unter diesen Umständen ist es natürlich,
dass man besonders auf die unseren Weltteil beherrschenden Anti-
eyklonon achtet. Dieselben werden von Teissercnc de Bort zu den
Aktionscentren gezählt. Sie sind zwei, nämlich das grosse asiatische
Alaximum und das azorische Maximum, das sich bis Nordwest -Afrika
; streckt. Dieselben senden bisweilen Ausläufer über Europa hin, die
unter Umständen miteinander verschmelzen.
Diese anticyklonischen Wirbel geben der Witterung ein bestimmtes
I präge, das nach der Jahreszeit sich ändert. Es würde zu weit führen,
nif dieses recht verwickelte Spiel hier näher einzugehen.
XL Theorie der atmosphärischen Cirkulation.
Die dynamische Meteorologie. Die ausserordentlich grosse
Bedeutung der Luftbewegiingen hat natürlich Versuche hervorgerufen, si(
einer theoretischen Behandlung zu unterwerfen. Dadurch wollte man eine
tiefere Einsicht in die Natur der Winde gewinnen; die so ent-
standene Abteilung der Meteorologie wird die dynamische Meteorologi
genannt. Die Behandlung dieses Problems, das in das Gebiet der Hydro-
dynamik fällt, ist mit bedeutenden Schwierigkeiten verknüpft und man
hat sich deshalb auf bestimmte einfachere Fälle beschränken müssen.
wovon oben mehrere Beispiele gegeben sind.
Sehr bedeutsame Beiträge zu dieser Behandlung verdanken wir
J. Thomson, Ferrel, Oberbeck, Helmholtz, Guldberg, Mohn,
Ekholm, Sprung, De Marchi und in letzter Zeit Bjerknes und
Sandström.
Die gewöhnliche Behandlungsweise, die oben teilweise ange-
wandt worden ist, besteht darin, dass man die aus der Mechanik
übernommenen Bewegungsgleichungen auf die Bewegung einer Luft-
masse, welche als ein Massen-Partikel betrachtet wird, anwendet. Ändert
Methoden haben Helmholtz und Lord Kelvin eingeschlagen. Der
erste betrachtet in seiner Wirbeltheorie eine aus Flüssigkeitspartikeln
zusammengesetzte Fläche und ihre Deformationen, Lord Kelvin dagegen
in seiner Cirkulationstheorie eine aus Luft- oder Flüssigkeitspartikeln
zusammengesetzte geschlossene Kurve.
Die letzte Behandlungsweise ist von Bjerknes aufgenommen und von
Sandström weitergeführt worden. Da sie zu relativ einfachen und
übersichtlichen Schlüssen führt, wollen wir ihr folgen. j
Die Cirkulation. Denken wir uns eine Reihe von bewegten Luft-
partikelchen, die eine geschlossene Kurve s bilden, und betrachten wir
I
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 737
die Geschwindigkeitskoraponente Us längs der Tangente zu s an jeder
Stelle der Kurve, so wird das Integral dieser Geschwindigkeitskomponente
längs s:
C = I Us (Is
.fu.
von Lord Kelvin die Cirkulation der Kurve s genannt. Sie ist offenbar
gleich dem Produkt aus der mittleren Geschwindigkeit längs s und der
Länge der Kurve s. Ihre Dimensionen sind infolgedessen Länge-: Zeit.
Aus der obigen Formel erhalten wir durch Differentiierung, falls
ilie längs der Tangente von s gerichtete Komponente der Beschleuni-
gung an einer Stelle von s bedeutet:
dC r , ,
jj=Ju.ds,
welche Cirkulationszunahme von den Dimensionen Länge- tZeit^ oder
Geschwindigkeitsquadrat ist. (Das zweite Glied im Werte von dCjdt
zufolge der Variation der Integrationsgrenze fallt weg, weil die beiden
Grenzen zusammenfallen.)
Die Beschleunigung us rührt von folgenden Kräften her: Schwere,
Druckgradient, ablenkende Kraft der Erddrehung und Reibung, und ist
gleich der Summe der längs s gerichteten Komponente der entsprechenden
Beschleunigungen, welche wir gs ps ds und r« nennen wollen. Folg-
lich gilt: •
dC
dt
= I gs ds -\- 1 2)s ds -{- I ds ds -\- I Vü ds.
Die von Lord Kelvin eingeführte Behandlungsweise bietet vor
anderen die beiden grossen Vorteile, dass dabei die Fliehkräfte, welche
senkrecht auf die Kurve s gerichtet sind, in die Rechnung nicht ein-
gehen, dass dagegen die Bedeutung der ablenkenden Kraft ds in sehr
ieutlicherj Weise zur Geltung kommt.
Wenn man sich eine Vorstellung von der Grösse von C machen will,
»0 thut man dies am einfachsten durch sogenannte mechanische Quad^
:atur. Mit anderen Worten, man setzt (Fig. 223) die Länge s als Ab-
jcissenachse an, wobei man mit einem beliebigen Punkt 0 als Nullpunkt an-
Ungt, und zeichnet die Grösse von us als Ordinate. Diese Ordinate
nuss in 0 und S denselben Wert haben, da diese beiden Punkte auf
1er S-Kurve aneinander grenzen. Das Integral C ist dann gleich der
Fläche, welche von der durch die Ordinaten-Endpunkte gebildeten Kurve,
Ariiienius, Kosmische Physik. 47
738 Physik der Atmosphäre.
den beiden End-Ordinaten in 0 und S und der Linie OS eingeschlossen
ist. Diese Fläche ist in der Fig. 223 schraffiert. Da die Windgeschwin-
digkeit gewöhnlich in m pro Sek. gerechnet wird, verwendet man auchi
bei diesen Berechnungen mit Vorteil den Meter als Längeneinheit und
die Sekunde als Zeiteinheit. In derselben Weise berechnet man di
übrigen oben vorkommenden Integrale.
Wir wollen nun die vier Teilintegrale, welche zusammen dCldi
bilden, jedes für sich betrachten.
Das Integral /^'s ds stellt die Arbeit dar.
welche gegen der Schwerkraft geleistet wird,
falls man die Masseneinheit, also ein Gramm-
stück längs der Kurve s von dem Nullpunkt
^^^* ^^^- zum Punkte S, welcher neben dem Nullpunkt
liegt, einmal herumführt. Da die Schwere ein Potential besitzt, so ist
diese Arbeit und damit auch das Integral /V« ds gleich Null.
Das zweite Teilintegral fps ds ist gleich dem Quotienten aus dem
Unterschied dhjds von dem Drucke an zwei 1 m^ grossen auf s senk-
rechten Flächen, welche um 1 m voneinander entfernt sind und der
Masse q (in Grammen), welche in 1 m^ sich befindet. Die Einheit von
h ist 100 Dynen (m:Sek.2). An Stelle der Masse q (Dichtigkeit) kann man
das Volumen {v) in m^ einführen, in welchem die Masseneinheit sich
befindet. Es ist:
/»s ds = — / — r-- ds = — I vdb.
J Q ds J
Das negative Vorzeichen soll andeuten, dass die betreffende treibende
Kraft zum abnehmenden Druck hin gerichtet ist.
Wir kommen jetzt zum dritten Teilintegral fds ds, welches von der
Drehung der Erde herrührt. Falls wir die Lage der Kurve s auf ein
festes Koordinatensystem im Kaume beziehen würden, so würde ds aus
der Kechnung verschwinden. Diese scheinbare Kraft kommt nur da-
durch zu Stande, dass wir die Lage von s in Bezug auf feste Achsen
im Erdkörper (geocentrische Koordinaten) bestimmen, von welchen zwei in
einem Sterntag (=86164 Sek.) einen Winkel von dQO^ beschreiben.
Denken wir uns jetzt eine Kurve längs eines mit der Erde fest
verbundenen Breitenkreises, so ist ihre Cirkulation, wenn r den Halb-
messer des Breitenkreises bedeutet:
J ^6164"^* "86164-
I ^ .
^m Führen wir jetzt die Winkelgeschwindigkeit der Erde w =^2jr: 86164
ein, so erhalten wir:
C==2jtwr^ = 2wO.
1 worin 0 = Jir"^ die von dem Breitekreis eingeschlossene Oberfläche be-
' deutet.
Es ist nun leicht einzusehen, dass für eine Kurve, welche ein in der
Ebene des Parallelkreises gelegenes Oberflächenelement d 0 einschliesst,
das von zwei Kreisen um die Erdachse und zwei Durchmessern durch
den Kreismittelpunkt begrenzt ist, der Ausdruck C= 2w d 0 gilt und
dass folglich der Ausdruck C = 2 w^ 0 für jede Kurve zutrifft, die in
einer mit der Äquatorialebene parallelen Ebene liegt. Es ist ebenfalls
leicht einzusehen, dass für ein Kurvenstück, welches in einer (auf der
Äquatorialebene senkrechten) Meridianebene mit der Erde fest verbunden
liegt, das Integral /w« ds zufolge der Erddrehung gleich Null ist, denn
überall längs diesem Kurvenstück ist die Geschwindigkeit senkrecht auf
dasselbe gerichtet und infolgedessen us = o. Hieraus folgt, dass für eine
Kurve, welche aus vier Stücken besteht, von welchen zwei in Meridian-
ebenen liegen und die übrigen zwei Stücke von Kreisen ausmachen,
deren Mittelpunkte auf der Erdachse, aber in verschiedener Entfernung
vom Erdmittelpunkt liegen, die Cirkulation zufolge der Erddrehung genau
ebenso gross ist wie für ihre Projektion auf die Äquatorialebene. Nun
kann jede mit der Erde fest verbundene Kurve mit einem Netz von
Flächenelementen gefüllt werden, die von Kurvenstücken begrenzt sind,
welche entweder in Meridianebenen liegen oder Kreisbogen um die Erd-
achse bilden. Die Cirkulation um die ganze Kurve ist gleich der-
jenigen um alle Flächenelemente, folglich gleich der Cirkulation um
alle Projektionen dieser Flächenelemente auf die Äquatorialebene,
deren Summe gleich der Projektion der Kurve selbst in diese Ebene
ist. Daraus folgt, dass die von der Erddrehung herrührende Cirku-
lation Ce längs einer geschlossenen, fest mit der P]rde verbundenen
Kurve s gleich dem Produkt von der doppelten Winkelgeschwindigkeit
der Achsendrehung und der von der Projektion der Kurve s auf der
Aquatorialebene eingeschlossenen Fläche 0 ist, oder mathematisch aus-
' «.'drückt:
Ce = 2wO
und:
dCe [' , ^ dO
-T— ^= Ids ds=2w -•
dt j dt
47*
740 Physik der Atmosphäre.
Dieses Glied, das in sehr einfacher Form den Einfliiss der Erd-
drehung darstellt, ist zu den übrigen Gliedern des Ausdrucks dCjdf,
welche sich auf ein mit der Erde fest verbundenes Koordinatensystem
beziehen (als Korrektionsglied wegen der Beweglichkeit der Koordinaten-
achsen), hinzuzufügen, damit man den absoluten Wert von dCjdt (in
Bezug auf ein im Raum festes Koordinatensystem) erhält.
Das vierte Glied des Ausdruckes dCjdt, nämlich /r» ds, welches
den Einfluss der Reibung darstellt, ist nach dem oben gesagten an jeder
Stelle der Geschwindigkeit der Luft (w«) proportional oder:
I Vs ds = — R I Us ds = — RC.
Das Minuszeichen bedeutet, dass die Reibung immer der Bewegung ent-
gegenwirkt und dieselbe zu hemmen strebt.
Es möge aber hier hervorgehoben werden, dass zufolge der Reibung
die Cirkulation bisweilen zunehmen kann. Es bewege sich beispielsweise
ein Luftstrom längs der Erdoberfläche in einem Breitenkreise von West
nach Ost parallel der Erdoberfläche. Die Luftströmung möge anfangs
bis zu einer gewissen Höhe überall die gleiche Geschwindigkeit besitzen.
Eine in diesem Luftstrome gezogene geschlossene Kurve hat die Cirku-
lation Null. Durch Reibung gegen die Erdoberfläche sinkt die Ge-
schwindigkeit an der unteren Seite, demzufolge steigt die Cirkulation
längs der Kurve.
Wir erhalten demnach als endgiltigen Ausdruck der Cirkulations-
zunahme :
- I V djy — 2 iv-^~ — RG.
dt ./ ^ dt
Aus unten angegebenen Gründen benutzt man das Minuszeichen vor 2w ,~ .
Von diesen Gliedern hat das erste die grösste physikalische Be-
deutung, da in ihm die Ursache der Luftbewegungen ausgedrückt ist; die
zwei übrigen Glieder vermögen keine Luftströmungen hervorzurufen, nur
schon bestehende zu deformieren. Es ist deshalb von besonderem Inter-
esse, den Ausdruck fvdp zu studieren, was Bjerknes gethan hat.
Zur Erläuterung dieses Begriffes möge folgendes Beispiel dienen.
Wir wollen das Glied fvdp für eine in einer Meridianebene der Erde
gelegenen Kurve s berechnen. Dazu brauchen wir die Kenntnis des
spezifischen Volumens (v) der Luft und des Luftdruckes in jedem Punkte
I
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation.
741
der Meridiauebene. Graphisch mögen diese beiden Grössen durch zwei
Kurvensj'steme dargestellt werden, nämlich Isobaren oder Linien gleichen
Druckes und Isosteren, d. h. Linien gleichen spezifischen Volumens
(gleicher Dichte) der Luft (Fig. 224; die s-Kurve ist darin punktiert).
Die ausgezogenen Isobaren laufen unten an der Erdoberfläche
nahezu parallel, konvergieren aber, wegen der grösseren Luftdichte ein
wenig am Pol, während sie beim Äquator weiter voneinander entfernt sind
(proportional der absoluten Lufttemperatur). Die gestrichelt gezeichneten
Isosteren liegen aus demselben Grunde am Pol höher als am Äquator,
weil wegen der Kälte am Pol die Luft (unter gleichem Druck an der
Erdoberfläche) dichter ist als am Äquator. Am Pol ist deshalb die Dichte
V-1150
■p-700000 ,fOec,-
cm?
9
Poim
60
*Q
ZO
-pioooooo
0(AequatJ
Fig. 224.
I der Luft erst in der Höhe ebenso gross (und damit das spezifische
Volumen dasselbe) wie an der Erdoberfläche in der Nähe des Äquators.
Das Integral fv dp kann nun auf die Weise berechnet werden, dass
wir in ein rechtwinkliges Koordinatensystem mit p als Abscisse und v
als Ordinate, eine geschlossene Kurve s^ einzeichnen (Fig. 225),
welche den Zusammenhang zwischen p und v in jedem Punkte der
Kurve s darstellt. Diese s, -Kurve ist eine Art Abbildung (Verzerrung)
■r S-Kurve in Fig. 224. Die Grösse des Integrals y'^y c?^ wird nun
iurch die Anzahl innerhalb s^ liegenden Flächenelemente dargestellt, die
von zwei benachbarten Isobaren und zwei benachbarten Isosteren einge-
hlossen sind. Weil aber die s^ -Kurve in Fig. 225 eine Abbildung der
o-Kurve in Fig. 224 ist, so fallen genau gleich viele solche Flächen-
k i elemente innerhalb s, in Fig. 225, wie innerhalb s in Fig. 224, indem
742
Physik der Atmosphäre.
jedes rektangüläre Flächenelement in Fig. 225 einem rhomboedrischen
Fläohenelement in Fig. 224 entspricht.
Man hat infolgedessen nicht nötig die letzte Kurve zu zeichnen,
um das Glied fvdp zu berechnen, man braucht nur die Anzahl der von
der S-Kurve in Fig. 224 eingeschlossenen rhomboedrischen Flächen-
elemente zu zählen.
^
—
--
\-
:-^-^
—
-— -]
__.
-
--
—
._.
--
--
--
1
--
"''■.
SSO
'■•,
—
--
--■
—
--
__
--
--,
--
--■
---
.-_-_
900
U_-
!" ~"
--
- —
fi^O
---
:
aoo
---
--
85000
90000
Fig. 225.
96000
P
100000
Wenn wir nun uns nicht auf eine Meridianebene beschränken,
sondern die ganze Atmosphäre betrachten, so bilden die Punkte gleichen
Druckes nicht eine Linie, sondern eine Isobare Fläche. Zur Versinn-
lichung der Grösse des Luftdruckes erhalten wir demnach eine Schar
von isobarischen Flächen und zur Versinnlichung der spezifischen Vo-
lumina der Luft eine Schar von isosteren Flächen. Diese beiden Flächeu-
systeme durchschneiden einander und schliessen zwischen zwei Paaren
XL Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 743
m benachbarten Flächen längliche Streifen von rhomboedrischem Quer-
schnitt ein. Diese Streifen werden von Bjerknes „Solenoide" genannt.
Daraus geht hervor, dass das Integral fvdp längs einer beliebigen in
der Atmosphäre liegenden Kurve s gleich der Anzahl (A) der von dieser
Kurve umschlossenen Solenoide ist.
Es ist infolgedessen mathematisch ausgedrückt:
— fvdp == A
und wir erhalten auf diese Weise folgenden einfachen Ausdruck von
'i Cldt:
-TT =- A — 2w -rr — E C.
dt dt
Um nun den Sinn zu bestimmen, in welchem diese verschiedenen
Einfltlsse wirken, wollen wir zuerst das Glied A betrachten. Zu diesem
Zweck nehmen wir in Fig. 226 aus der Fig. 224 einen vergrösserten
Durchschnitt abcda eines Soleno'ids heraus, der zwischen den Isobaren
Flächen j; = 1 010 000 und _p = 1 000 000 und
zwischen den isosteren Flächen v = 800 und ^ n-w^ a. ^
«=810 eingeschlossen ist. Längs ab ist ^^^-^ "^^
V = 810 und dp = 10^ längs bc ist (ij3 == 0, t^^ ** ^^ p-iot.w^ "^
längscfi?istv = 800 undc?p = — lO^undlängs ^"^
da ist wiederum d-p = 0. Das Integral fv dp ist ^^'
infolgedessen gleich + 10^ Die Cirkulation wird in Richtung adcba, d.h.
in linksdrehendem Sinne beschleunigt. Die Luft wird nämlich von den
Soleno'iden da aufwärts getrieben, wo die Dichte gering ist, und da hin-
untergedrückt, wo grosse Dichte herrscht. Mit anderen Worten, die
Solenoide streben die Luft so zu verteilen, dass die spezifisch schweren.
Schichten nach unten, die spezifisch leichten nach oben kommen, wie es
ja natürlich ist.
Wenn man den Druckgradienten Q in Fig. 226 nach sinkendem
Druck gerichtet hineinzeichnet und ebenfalls den Dichtegradienten D
nach abnehmender Dichte gerichtet, so wird die Cirkulation von den
Sülenoiden im Sinne des Pfeiles C gerichtet, d. h. vom Dichtegradienten
den kürzesten Weg zum Druckgradienten.
Zur Beurteilung der Richtung, in welcher die Erddrehung wirkt,
schreiben wir folgende Beziehung zwischen der absoluten Cirkulation Ca,
der zur Erde als feststehend sich beziehenden Cirkulation C und der
absoluten Cirkulation der drehenden Erde Cc :
744 Physik der Atmosphäre.
Nehmen wir nun an, dass keine anderen Umstände auf die Cirkulation
Einiiuss üben als die Erddrehung, so ist C« als konstant anzusehen, da
auf dieselbe die Erddrehung keinen Einfluss ausübt. Ce ist gleich 2 w 0
und die Richtung derselben ist von der Erddrehung gegeben. Diese
Richtung kann als „cyklonisch" bezeichnet werden, da sie auf den beiden
Halbkugeln mit der Richtung der Winde in einer Cyklone übereinstimmt
Wächst nun 0, so nimmt auch Ge und zwar in cyklonischer Richtung
zu. Da nun Ca konstant ist, so muss die auf die Erde bezogene Cirku-
lation C um ebensoviel „cyklonisch abnehmen" oder, was dasselbe ist.
„anticyklonisch wachsen". Da wir immer die Cirkulation C in Bezug
auf die Erde berechnen, so folgt hieraus die Regel, dass, wenn die Pro-
jektion 0 der von der Kurve s eingeschlossenen Fläche auf der Äqua-
torialebene wächst, so nimmt auch die anticyklonische Cirkulation längs
der Kurve s zu. Diese Richtung wollen wir als negativ bezeichnen (mit
dem gewöhnlichen geometrischen Gebrauch stimmt diese Bezeichnung
für die nördliche Halbkugel überein). Das Minuszeichen wird für dieses
Glied benutzt, weil es im allgemeinen wie die Reibung dahin wirkt, die
Luftbewegungen zu verlangsamen. Ebenso wie betreffs der Reibung
können aber Fälle vorkommen, in welchen die Erddrehung auf die Cir-
kulation beschleunigend wirkt.
Betreffs der Reibung R scheint es nicht wohl möglich, dieselbe
experimentell zu bestimmen, sondern wir müssen uns wie Guldberg
und Mohn damit begnügen, solche relativ einfache Fälle in der Natur
aufzusuchen, bei welchen die übrigen Glieder in der Cirkulationsgleichung
einigermaassen leicht bestimmt werden können (vgl. S. 681). Dies ge-
schieht wohl am besten, wenn die Cirkulation konstant ist, also bei
sogenanntem stationären Zustande, wobei:
-,- = 0 = ^ — 2 w; j' — RC.
dt dt ^
Verwendung der Theorie. Sandström hat auf eine Anwendungs-
weise der Bjerknesschen Theorie die Aufmerksamkeit gerichtet, bei
welcher noch weitere Vereinfachungen von selbst sich ergeben.
Bei Anwendung der Theorie ist es natürlich, die Kurve s so zu legen,
dass die Rechnungen so übersichtlich wie möglich werden. Dies ge-
schieht am einfachsten dadurch, dass man die Kurve s aus zwei Isobaren-
stücken {p =P(i und p =^Px\ längs welchen dp = Q und folglich auch
fvdp = 0, und zwei senkrechten Linien, die durch zwei Punkte a und h
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 745
l^eiien mögen und die Isobarenstücke verbinden, zusammensetzt. Es
wirtl dann:
— ( vdpj + ( / vdp\
Po "- Po
Nun ist in diesem Fall die Masse von einem m^ i'.vg, und der Luft-
druck pro m^ (p) nimmt danach mit der Höhe nach folgender Formel ab
dp == — - d%,
I. S. 579) woraus folgt:
V
-f "'" =/
gdx.
Po
Beschleunigung der Schwerkraft g nimmt wohl etwas mit steigender
Höhe %■ ab, aber jedenfalls so wenig, dass wir in erster Annäherung
iiese Abnahme vernachlässigen oder einen Mittelwert, ga bezw. gb be-
nutzen können. x,q ist die Höhe, wo der Luftdruck p^, %^ diejenige, wo
der Luftdruck p^ herrscht. Diese Werte sind in a und h verschieden, was
durch die Indices a und h unten angedeutet wird. Man erhält also:
^ = gb {%i — H)h — ga {%\ — r.f^ a= Eh — Ea.
Kb bezw. Ea ist die Arbeit, welche nötig ist, um die Masseneinheit 1 g
von der Isobarenfläche p=Po zu der Isobarenfläche p = Pi bei den
Punkten b und a zu heben.
Weiter gilt für trockne Luft (Masse lg):
pv = kT,
las Gasgesetz, worin Je = 84750:28,9 = 2933 erg pro «C.
Durch Einführen dieses Wertes erhält man:
Pi
Ea = -kf T~P = kTa\Og^^ ,
J P Ih
Po
Aorin Ta eine mittlere absolute Temperatur längs der Vertikale in a be-
It'utet. Ferner gilt:
Eb=-krb\og^''^ = '^' Ea
md man erhält für A den Wert:
Ta " 273 + tb '
/ wie gewöhnlich die Temperatur in Celsiusgraden darstellt.
746 Physik der Atmosphäre.
Feuchte Luft hat ein etwas grösseres spezifisches Volumeu (bezog«
auf 1 g Substanz) als trockne Luft bei derselben Temperatur. Für di
selbe gilt (vgl. S. 592):
(p — 0,377/-) ^; = /c(273 + 0,
worin f den Dampfdruclv des Wasserdampfes angiebt. Nun können wi
nach Guldberg und Mohn eine andere Temperatur, die sogenannt
virtuelle Temperatur ^ einführen, sodass für feuchte Luft die Beziehuni
gilt:
^i; = Ä;(273 + d-).
0- ist offenbar ein wenig höher als t (um 0,377 f-v.k).
Für feuchte Luft gilt demnach folgender, ein wenig abgeändert«
Wert von A:
^a — d-b
Ea
21d + d^a
Wenn wir wüssten, in welcher Höhe die Isobarenflächen auf ver-|
schiedenen Breitegraden verlaufen, so brauchten wir natürlich keine
solche Transformationen wie die oben benutzten zur Berechnung von A.
Wir kennen aber ihren Verlauf nicht mit genügender Genauigkeit, sondernj
müssen vielmehr denselben aus der Temperatur der Luft auswerten, wie
es oben geschehen ist.
Um aber weiter zu kommen, führen wir nach Sandström nochj
eine Vereinfachung ein. Es scheint nach den neuesten Messungen diei
Temperatur der niedrigsten Luftschichten in allen Breiten mit der Höhel
in gleichem Maasse abzunehmen, nicht, wie man früher glaubte, vieli
schneller am Äquator als in höheren Breiten. Dies kann aber nicht bis;
zu sehr grossen Höhen fortgehen (vgl. S. 588 — 589), sondern zuletzt mussj
eine Höhe kommen, in welcher der Unterschied der Temperatur zwischen:
Pol und Äquator sehr gering ist. Mit Hrn. Sandström wollen wir deshalb'
die vereinfachende Annahme machen, dass die Temperaturdifferenz
zwischen zwei Punkten auf verschiedener geographischer Breite in der-
selben Isobarenfläche dem absoluten Wert der virtuellen Temperatur inj
dieser Fläche, z. B. am Äquator, proportional ist. Falls dies für die vir-
tuelle Temperatur am Äquator gilt, so gilt es offenbar auch für alle
anderen geographischen Breiten. Diese Annahme stimmt mit der Beob-
achtung, dass die vertikale Temperaturabnahme in den unteren Luft-
schichten unter allen geographischen Breiten ungefähr gleich gross ist.
Sie ergiebt weiter, dass in sehr grosser Höhe der Temperaturunterschied
Null wird und entspricht demnach sehr gut der Erfahrung.
1
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 747
Es möge also für die Temperaturdifferenz zweier Punkte, die in den
; Vertikalen durch a und h auf derselben Isobarenfläche gelegen sind, der
Ausdruck:
d-a — d-b
273 + ^a
= K
»äoerall denselben von der Höhe unabhängigen Wert besitzen, so können
»vir die Grösse von K aus den Daten über Temperatur und Feuchtigkeit
für die Meeresfläche berechnen, denn der Druck im Meeresniveau kann
m Mittel überall als gleich gross angenommen werden. Die so be-
rechneten Daten sind in folgender Tabelle gesammelt.
Jurchschnittliche Beträge der Temperatur, relativen Feuchtigkeit und virtuellen
Temperatur in der Meeresoberfläche.
Jah]
[■
Winter
S
ommer
Jeogr.
Breite
rr Rel.
^«^P- Feucht.
Virtuelle
Temp.
„ Rel.
^"^P- Feucht.
Virtuelle
Temp.
Temp.
Rel.
Feucht.
Virtuelle
Temp..
')
')
')
')
')
')
^.-P. ■
-20,0
(83)
-20,0 (
—38,0)
(87)
(-38,0)
(0,0)
(77)
(0,5)
80 -
-16,7
(83)
— 16,6
— 33,5
(87)
— 33,5
1,8
(77)
2,3
70 -
-10,0
83
- 9,8
— 26,0
87
— 26,0
7,0
(77)
7,8
60 -
- 1,0
80
— 0,6
— 15,8
84
— 15,6
14,0
76
15,3
r)0
5,8
76
6,5
- 7,0
80
- 6,7
18,1
73
19,7
40
14,0
72
15,2
4,9
76
5,6
24,0
68
25,5
30
20,2
70
22,0
14,6
72
15,8
27,3
69
30,1
20
25,2
73
27,8
21,9
73
23,0
28,3
74
31,5
10
26,7
77
29,7
25,8
76
28,5
26,9
80
,30,1
iq.O
26,3
80
29,3
26,4
79
29,3
25,6
82
28,6
-10
25,3
80
28,2
26,3
80
29,3
23,9
81
26,6
-20
23,0
78
25,4
25,4
77
28,2
20,9
80
22,9
:'.()
18,4
78
20,2
21,8
75
23,9
14,6
80
16,0
10
12,0
80
13,2
15,6
78
17,1
9,0
81
10,0
50
5,6
81
6,4
8,3
82
9,2
2,9
(83)
3,6
-00
- 0,4
(81)
+ 0,1
1,6
83
2,2 (
-3,8)
(83)
(-3,4)
') nach Spitaler und Batchelder.
2) nach Arrhenius.
Zur Ausführung der Berechnung legen wir die Pusspunkte a und b
5U, dass a auf 45^' n. Br., b dagegen nacheinander auf jeden zehnten Breite-
kreis vom Nordpol bis zu 60^ s. Br. zu liegen kommt. Die obere Isobarenfläche
748 Physik der Atmosphäre.
lassen wir in 1000 m Höhe die Vertikale in a schneiden. Die Grösse /
ist danach, weil ga = 9,8 und («^ — %)« = 1000, Ea = 9800 ui'^ pro Sek.
Diese Zahl braucht nur mit dem Wert K multipliziert zu werden, so ei
hält man die Anzahl Ä der Solenoide zwischen 45^ n. Br. und der Breit
des Punktes b und zwischen der Meeresoberfläche und der Isobarenflächi
die in 1000 m Höhe über dem Meer auf 45 ^ n. Br. liegt. . Aus dei
Differenzen berechnet man die Solenoidenzahl zwischen zwei um 10*^ voni
einander entfernten Breitegraden. Die so erhaltenen Daten sind in de
folgenden Tabelle zusammengestellt (worin also & = aH-10^).
»a — ^b , -r. »u — ^b
u>
ji. —
^45» + 273
-O. J
450^45'' +273
N.-P.
80
Winter
0,0165
Sommer
0,0061
Jahr
0,0120
Winter
162
Sommer
00
Jahr
118
70
0,0275
0,0186
0,0239
270
182
234
60
0,0382
0,0254
0,0324
374
249
318
50
0,0327
0,0149
0,0250
320
146
' 245
40
0,0451
0,0196
0,0306
442
192
300
30
0,0374
0,0155
0,0239
367
152
234
20
0,0264
0,0047
0,02Q4
259
46
200
10
0,0202
— 0,0047
0,0067
198
46
66
Äq.O
0,0029
— 0,0051
— 0,0014
28
50
14
— 10
0,0000
— 0,0068
— 0,0039
0
67
38
— 20
— 0,0040
— 0,0125
— 0,0099
39
122
97
— 30
— 0,0158
— 0,0233
- 0,0183
155
228
179
— 40
— 0,0250
— 0,0203
— 0,0246
245
201
241
— 50
— 0,0290
— 0,0216
— 0,0239
284
212
234
— 60
— 0,0257
— 0,0237
— 0,0222
252
232
218
Denselben ^- Wert erhält man für die Zahl der Solenoide zwischen
den Isobarenflächen, die in 1000 m Höhe und 2000 m Höhe durch diei
Lotlinie in 45 ^ n. Br. gehen. Dabei wird von der unbedeutenden Ver-
änderung von g mit der Höhe abgesehen. Dasselbe gilt betreffs der
Isobarenflächen in 2000 m und 3000 m u. s. w.
Die Stabilität der Atmosphäre. Wie oben hervorgehoben, sinkt
die Lufttemperatur im allgemeinen bedeutend weniger mit der Höhe
als die Berechnung nach Annahme einer adiabatischen Ausdehnung ver-
langt. Wird demnach eine trockne Luftmasse ohne Wärmezufuhr ge-
hoben, so nimmt ihre Temperatur in allen Luftschichten gegen die nor-
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 749
male ab. Die Isosteren sinken alle auf dieser Strecke, wodurch neue
Solenoide entstehen, die einem weiteren Steigen der Luft entgegen-
wirken. Ebenso wird ein Sinken der Luft durch die damit verbundene
Erhöhung der Temperatur gehemmt. Durch diesen Umstand erhält die
Luft eine bedeutende Stabilität gegen Verschiebungen in vertikaler
liichtung, besonders nach unten.
Mit dieser Stabilität hängt eine Tendenz der Luftbewegungen, einen
lonären Zustand anzunehmen, nahe zusammen. Wenn z.B. eine in
ier Luft verlegte s- Kurve ihre Projektion auf der Äquatorialebene ver-
Indert, so entstehen dadurch Beschleunigungen, welche sich in dem
Ausdruck dCjdt kundgeben. Dieselben rufen eine aufsteigende Bewegung
Ier Luft in einem, eine absteigende Bewegung derselben in einem anderen
Teile der Luft längs der s- Kurve hervor. Die dadurch entstehenden
.diabatischen Temperaturveränderungen bringen ein Solenoidensystem
. astande, welches in entgegengesetzter Kichtung wie die Erddrehung
drkt und dieses Solenoidensystem nimmt an Mächtigkeit zu, bis es der
)rehung genau Gleichgewicht hält, sodass die Cirkulationszunahme Null
rird, d. h. die Bewegung stationär wird.
Zufolge der Erddrehung kann also die Lufttemperatur an einigen
Itellen stark zu-, an anderen ebenso stark abnehmen, ohne dass eine
iufuhr von Wärme durch Wasserkondensation, Strahlung oder andere
Imstande dazu nötig ist. Unter solchen Verhältnissen wäre es in hohem
rrade zu empfehlen, diese Einwirkung bei der Bestimmung der Luft-
sraperatur in hohen Luftschichten, z. B. bei Beobachtungen mit Hilfe
on Ballons oder Drachen zu berücksichtigen, was bisher nicht geschehen
Man wird vermutlich auf diese Weise eine Erklärung für die
ielen unerwarteten Temperaturverhältnisse bei diesen Beobachtungen
iiffinden.
Berechnung der Lufttemperatur aus den Windgeschwin-
igkeiten. Wegen der hervorgehobenen Bestrebung der Cirkulation,
aen konstanten Wert anzunehmen, kann man für Luftbewegungen,
ie einige Zeit angehalten haben oder für Durchschnittszustände der Luft-
'wegung voraussetzen, dass sie sich recht nahe dem stationären Zustand
•liliessen. Dabei ist:
Ist die Bewegung der Luft bekannt, so kann man daraus C und
O'idt berechnen. Kennt man nun auch i? aus älteren Beobachtungen,
750 Physik der Atmosphäre.
SO erhält man die Differenz d-a — &b der virtuellen Temperatur in d(
Vertikalen a und b aus folgender Gleichung:
Diese Berechnung ergiebt, dass niedrigere Temperatur zufoli
adiabatischer Ausdehnung da herrscht, wo die Luft von der Cirkulatici
in die Höhe gehoben v^ird.
Eine grosse Vereinfachung tritt ein, wenn, wie oft der Fall, EC geg
^w dOjdt vernachlässigt werden darf. Einige solche Fälle mög
unten näher erläutert werden.
Nehmen wir an, dass wie gewöhnlich die Wolken sich schneller lit
wegen als der Wind an der Erdoberfläche. Stellen wir uns zur Oriei
tierung dann so, dass das Gesicht nach der Richtung der Bewegung d(
Wolken relativ zu den unteren Luftschichten eingestellt ist. Denke
wir uns danach eine s-Kurve in der Luft so gelegt, dass sie aus ein(
senkrechten Linie in einiger Entfernung auf der rechten Seite und eine
anderen ähnlichen Linie ebensoweit nach links, sowie aus isobarische
Linien in der Nähe der Erdoberfläche und in einer bestimmten Höh
zusammengesetzt ist. Diese Kurve, deren Projektion auf der Äquatorial
ebene anfangs Null ist, verändert sich durch die Luftbewegung so, da^
sich die beiden Lotlinien nach vorne biegen und sich dabei stetig vei
längern. Es herrscht also längs dieser Kurve zufolge der Erddrehuni
eine anticyklonische Luftbewegung, wodurch die Luft auf der recht»
Seite heruntersinkt und sich erwärmt, auf der linken dagegen aufsteig
und sich abkühlt. Bei Annahme einer stationären Bewegung ist dies'
Temperaturverteilung schon seit einiger Zeit vorhanden. '
Aus dieser Betrachtung erhält man folgende Regel. Wenn man i^
der Richtung der Wolkenbewegung relativ zu den niederen Luftschich teil
blickt, so ist die Temperatur rechts höher, links niedriger als am Standorte
Oft ist die Geschwindigkeit der niederen Luftschichten so gering
verglichen mit derjenigen der höheren, dass man die Wolkenbewegun^^
ohne nennenswerten Fehler auf die stillstehende Erdoberfläche beziehe!
kann. Es kann aber auch vorkommen, dass der obere Wind wenige
kräftig ist als der untere. Wehen dabei beide in nahezu gleicher Richtung'
wie in der Nähe einer Cyklone, so tritt der eigentümliche Zustand eini
welcher in Amerika bisweilen beobachtet worden ist, dass die Temperatui
nach links von der Windrichtung zunimmt, das heisst, dass die Cyklon'
ein warmes Centrum besitzt. In derselben Weise können die Wind-
geschwindigkeiten auf Anticyklonen mit kaltem Centrum hindeuten.
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 75 1
Um diese Betrachtungen an einem konkreten Beispiel durchzuführen,
wollen wir die Daten der wissenschaftlichen deutschen Ballonfahrten be-
nutzen. Bei den Auffahrten bei cyklonischer Wetterlage wurde die
mittlere Windgeschwindigkeit in der Nähe der Erdoberfläche gleich
4,6 m pro Sek. gefunden. Die Windgeschwindigkeit in 5000 m Höhe
war durchschnittlich 4,3 mal grösser, d. h. 19,8 m pro Sek.
Denken wir uns nun die s- Kurve so gelegt, dass die Lotlinie
j durch a im Centrum der C3'klone liegt, diejenige durch h in 1000 km
I Entfernung davon, so erhalten wir unter der Annahme, dass die oberen
und unteren Winde gleichgerichtet sind, einen Wert you. dOj dt =
12,16.10'"' m2 pro Sek. Ea ist 5000.9,80 = 49000 m2 pro Sek. 2, w =
7,29.10-5 pro Sek. Nehmen wir die virtuelle Temperatur d-a in dem Cy-
klonencentrum gleich + 10'' C. an, so erhalten wir d-a — d-b = — 10,2''C.
11^ Die Cyklonen in Mittel -Europa sind danach bis zu 5 km Höhe im
mttel etwa lO'^ C. kälter als die Umgebung, bei Annahme eines mitt-
leren Halbmessers der Cjklone von 1000 km, was ungefähr den thatsäch-
lichen Verhältnissen entspricht.
In derselben Weise kann man aus den Angaben, dass bei anti-
cyklonischer Wetterlage die Windgeschwindigkeit unten 4,4 m pro Sek.,
in 5000 m Höhe dagegen 15,8 m pro Sek. beträgt, berechnen, dass die
Differenz der virtuellen Temperatur im Centrum der Anticyklone und
1000 km davon im Mittel 7,7 » C. beträgt.
Dass die Temperatur in auticyklonischen Gebieten wärmer, in cy-
kionischen d^egen kälter als in der Umgebung ist, hat Hann nach-
gewiesen; ebenso hat er richtig die Ursache dieser Erscheinung in der
adiabatischen Volumsveränderung der Luft in diesen Gebieten gesucht.
Bei den wissenschaftlichen Ballonfahrten von Berlin aus, fand man
i'-lgende durchschnittliche Temperaturen in •^ C.
Höhe Winter Sommer
Meter Cyklone Anticyklone Cyklone Anticyklone
+ 1,5
+ 1,3
— 2,0
— 6,7
— 10,9
— 16,0
— 25,8
(-30,2)
(-37,9)
0
+ 3,0
1000
- 2,2
2000
— 8,0
3000
— 15,1
4000
-20,8
5000
— 27,5
6000
— 34,0
7000
(-44,4)
8000
(-48,5)
+ 15,7
+ 20,6
+ 9,1
+ 13,6
+ 3,0
+ 7,7
— 0,8
+ 2,1
- 7,0
— 3,3
— 15,3
- 9,1
—
— 17,2
—
(-22,0)
—
(-30,7)
752 Physik der Atmosphäre.
Die eingeklammerten Zahlen entsprechen je einer einzigen Beobach'
tungsfahrt.
Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, sind die Anticyklonen besonder
im Winter bedeutend wärmer als die Cyklonen. Der Unterschied schein
wenigstens anfangs mit der Höhe zu steigen. Sieht man wegen d*
störenden Einflüsse der Strahlung und der Erwärmung durch von dei
Erdoberfläche aufsteigende Luftströmungen von der untersten 1000 u|
hohen Schicht ab, so ist der mittlere Temperaturüberschuss der AntiJ
cyklonen über die Cyklonen im Winter 8,0 ^ im Sommer 4,2^, im
Mittel 6,1*^ C. Diese Zahl stimmt dem Sinn und der Grössenordnung
nach mit der vorhin ausgeführten Rechnung, wonach der Temperatur-I
unterschied zwischen dem Centrum einer Cyklone und demjenigen einer
Anticyklone etwa 17,9^ C. betragen sollte. Danach wäre eine Temperatur-
differenz zwischen cyklonischen und anticyklonischen Gebieten von im
Mittel etwa 6^ C. zu erwarten. (Dabei ist ein kreisförmiger Durch-
schnitt derselben, ein gleichmässiger Temperaturfall vom Centrum zum
Rand und ein mittlerer Halbmesser der Cyklonen und Anticyklonen voj]
1000 km, d. h. eine Entfernung des Centrums der Cyklone von dem-i
jenigen der nächstfolgenden Anticyklone von 2000 km angenommen.'
Diese Zahl wäre nach dem vorhin gesagten (vgl. S. 717) mit etwa 1,9
zu multiplizieren. Danach käme der Wert 11,3 heraus, welcher 1,9 mal
grösser als der beobachtete ist. (Wegen der ständigen Bestrebung deri
Temperaturen sich auszugleichen, wird wohl der theoretische Wert!
nie erreicht.)
Die Verteilung der Temperatur in der angeführten Weise führt,
eine entsprechende Verteilung des Luftdruckes mit sich. Da wo die.
Temperatur höher ist, ist auch die Luft leichter und die Isobarenflächen i
liegen weniger dicht als da, wo die Temperatur niedriger ist. Daraus]
folgt, dass, wenn man sich so hinstellt, dass man in der Richtung!
der Bewegung der Wolken relativ zu den unteren Luftschichten i
hinblickt, die Isobarenflächen nach rechts divergieren und nach links
konvergieren.
Wenn die obere und untere Luftbewegung in derselben Richtung
erfolgen und die obere Windgeschwindigkeit die grössere ist, so liegen die
isobarischen Flächen im Centrum der Cyklonen dichter aneinander als
weiter hinaus, dagegen weniger dicht im Centrum der Anticyklonen als
in seiner Umgebung. Das Gegenteil würde eintreffen, wenn die Wind-
geschwindigkeit oben geringer als unten wäre.
L »-.,
zwei Stationen a und b benutzen wir die Formel:
XI. Theorift der atmosphärischen Cirkulatioii.
753
9" («I — «o)
'0,'a
gb {%i — XQ)b = Ea — Eb=2w -j- EC.
dO
I in oben angeführten Beispiel betrug das Glied 2 w "^,y für die Cyklonen
177(1, für die Anticyklonen 1330 m^ pro Sek.^. Vernachlässigen wir das
j Glied RC und nehmen wir ga = gb = 9,80 m pro Sek,^ an, so erhalten
wir das Resultat, dass an der Aussenseite der Cyklone, in 1000 km von
ihrem Centrum die Isobarenflächen um 180 m weiter voneinander liegen
als im Centnim, falls ihre Entfernung dort 5000 m beträgt. 1000 km vom
(J
ji
warm
rzA
kalj
T)
halt
_,^''
■ß
- — <-" ^
warm
" ~ E
F
Fig. 227.
Fig. 228.
|Centrum der Anticyklone liegen sie dagegen um 135 m näher aneinander
als im Centrum, wenn sie dort um 5000 m voneinander entfernt sind.
Die Verhältnisse in grösseren Höhen bei Cyklonen und
Anticyklonen. Man kann eine Cyklone oder Anticyklone in mehrere
lachten von z. B. je 1000 m Höhe zerlegen und jede dieser Schichten
derselben Weise, wie wir oben den ganzen Luftwirbel behandelt
aben, einer Analyse unterwerfen. Dabei hat man die Differenz der
Windgeschwindigkeiten an der oberen und unteren Seite jeder Schicht
für sich zu betrachten. Man erhält auf diese Weise eine Vorstellung
jvon der Verteilung der Temperatur und des Luftdruckes in jeder Schicht
für sich. Leider fehlen noch die Daten, um eine solche detaillierte
ütersuchung auszuführen.
Soviel kann man jedenfalls behaupten: wenn, wie dies ohne
Zweifel zutrifft, die cy klonische Cirkulation von der Erde ab gerechnet
Arrhenius, Kosmische Physik. 48
7f)4 Physik der Atmosphäre.
bis zu einer gewissen Höhe zunimmt, um von da ab wieder abzunehmen
so besitzt die Cyklone unten ein kaltes, oben ein warmes Centruni mii
unten dichter, oben weniger dicht geschaarten Isobarenflächen als in deij
Umgebung. Die Verhältnisse in der Cyklone wären danach schematiscl'
durch Fig. 227 dargestellt.
Entsprechend werden in einer Anticyklone die unteren Luft-
schichten warm, die oberen kalt sein. Eine solche Anticyklone wird durch
eine Umkehrung von Fig. 227 dargestellt. i
Die wissenschaftlichen deutschen Ballonfahrten haben wohl ergeben,
dass die DrehungsgcschAvindigkeit der Luftbewegung in Cyklonen sowohlj
als in Anticy klonen mit der Höhe zunimmt, dies gilt aber natürlich nur
für die bisher erreichten Höhen, und es ist kaum denkbar, dass diesej
Zunahme bis zur Grenze der Atmosphäre fortgehen kann. Die Beobacli-
tungen des Ganges der Cirrus -Wolken haben, besonders in anticyklo-
nischen Gebieten, auch zu dem Schluss geführt, dass die Wirbelbewe-
gung in höheren Schichten abnimmt und zuletzt aufhört.
Die Verhältnisse in der Umgebung eines horizontalen
Luftstromes. Wir wollen zuletzt einen horizontalen Luftstrom in Be-
tracht ziehen, welcher grössere Geschwindigkeit besitzt als die um-
gebende Luft.
Die Fig. 228 möge in ABC DA den Querschnitt eines solchen Luft-
stromes darstellen, der in der Richtung der Pfeile, senkrecht auf die
Ebene des Papieres, in der als stillstehend angenommenen umgebenden
Luft hinfliesst. Wir legen zwei s-Kurven GHBAG und DCFED in
der umgebenden Luft so, dass zwei horizontale Seiten ^5 und CD an
der Grenze des Luftstromes liegen. Da die Projektionen dieser beiden
S-Kurven auf die Äquatorialebene zunehmen, entsteht in jeder derselben
eine von oben gesehen (auf der nördlichen Halbkugel) rechtsdrehende
anticyklonale Cirkulation, wodurch Luftströme in den Pfeilrichtungen '
hervorgerufen werden. Dadurch erwärmt sich die Luft über A und unter-
halb C, kühlt sich dagegen oberhalb B und unter D ab. Dadurch wird ,
wiederum eine Verteilung der Isobaren hervorgerufen, welche von den'
punktierten Linien in der Figur angegeben ist.
Diese Verteilung von höherem Luftdruck auf der rechten Seite,
niedrigerem auf der linken Seite eines Luftstromes entspricht der That-
sache, dass die Anticyklonen rechts, die Cyklonen links von der Wind-
richtung (auf der nördlichen Halbkugel) liegen. In derselben Weise
wird der hohe Druck in den unteren Luftschichten unter den soge-
nannten Kossbreiten verständlich. .
i
I
XT. 'nieorie der atmosphärischen Cirkulation. 755
Untersuchen wir jetzt, zu welchen Schh'lssen wir konmien, wenn wir
3ine S-Kurve in ähnlicher Weise rechts von dem Luftstrom legen.
Wenn der Luftstrom in gen.au nord-stidlicher Richtung verläuft, so ändert
•lieh die Projektion der s-Kurve auf die Äquatorialebene nicht, denn sie
lüdet ein Parallelogramm von konstanter Basis und konstanter Höhe.
Verläuft dagegen der Luftstrom von West nach Ost, so wächst die
Projektion von dem Anfangswert Null. Es entsteht eine rechtsdrehende
.uftbewegung, wodurch die Luft im östlichen vertikalen Teil der s-Kurve
linaufsteigt. Der östliche Teil ist derjenige, welcher vom Luftstrom
lach Osten mitgeführt wird. Die Lnft wird demnach auf der rechten
^eite des Luftstromes in die Höhe getrieben. Dasselbe gilt für die
inke Seite. Der Auftrieb, welchem in dieser Weise der Luftstrom aus-
tzt wird, wächst vom Pol zum Äquator (er ist offenbar dem Cosinus
ier geographischen Breite proportional) und mit der Geschwindigkeit
'les Luftstromes. Diesen Auftrieb hat Dr. Ekholm in anderer Weise
libgeleitet.
Zufolge des Auftriebes steigt der Luftstrom und kühlt sich ab.
»it's gilt für einen Luftstrom mit nach Osten gerichteter Komponente;
'iir einen Luftstrom mit nach Westen gerichteter Komponente gilt das
/enteil, er sinkt und erwärmt sich dabei.
Es ist leicht, die Temperaturdifferenzen für diesen Fall in ähn-
],or Weise wie oben für die Cyklonen und Anticyklonen zu be-
ulen.
Die Entstehung von Cyklonen und Anticyklonen. Wie oben
jugedeutet strebt die Bewegung der Atmosphäre sich dem stationären
! ustand anzunähern. Ein ursprüngliches Solenoidensystem erweckt
nie Beschleunigung der Cirkulation, wodurch eine Gegenkraft zufolge
Erddrehung und der Reibung erzeugt wird, oder die Erddrehung
M 1 Reibung rufen eine Beschleunigung der Cirkulation hervor, wodurch
111 Solenoidensystem, das in entgegengesetzter Richtung wirkt, sich aus-
ildet. Der stationäre Zustand tritt bald ein, wie auch die anfängliche
rcibkraft der Cirkulation beschaffen sein mag.
Die oben abgeleiteten Sätze, bei welchen der Einfluss der Erd-
rehung als das ursprüngliche Moment betrachtet wurde, können infolge-
^en umgekehrt werden. So z. B. kann man anstatt des Satzes auf
7r)0, in w^elchem eine bestimmte Temperaturverteilung, steigende Tem-
-itur nach rechts, sinkende nach links, als Folgeerscheinung der
ichtung der Luftströme abgeleitet wurde, folgenden Satz aussprechen:
venn man sich so stellt, dass die Temperatur von links nach rechts
48*
756 Physik der Atmosphäre.
steigt, so ist die Bewegung der oberen Luftströme relativ zu den unter
nach der Sichtlinie gerichtet. Als Beispiel dieses Satzes möge die That
Sache dienen, dass wegen der höheren Temperatur der tropische
Gegenden gegenüber den polaren die oberen Luftströme relativ zu de
unteren nach Osten gerichtet sind.
Die Wärmeverluste oder -Gewinne bei Aus- oder Einstrahlun:
an der Erdoberfläche, die Wärmezufuhr in den mittleren Luftschichte
bei Wasserkondensation und die dynamische Einwirkung der Erd
drehung, die besonders durch die starke relative Bewegung der höchste
Luftschichten gegen die niedrigen zu Stande kommt, üben einen modi
fizierenden Einfluss auf die schon stationär gewordene Luftbewegung aui
Wenn die Luft unten an der festen oder flüssigen Erdoberfläch
erwärmt wird, so umgiebt sich die warme Luftmasse mit einem Sole
noidensystem, welches sie in die Höhe treibt. In einer 5-Kurve, die an
der senkrechten Achse an der erwärmten Stelle, zwei Isobaren und eine!
mit der Achse parallelen Geraden ausserhalb der erwärmten Stelle br
steht, wird die Bewegung längs der unteren Isobare gegen die Achsj
beschleunigt. Legt man nun eine kreisförmige s-Kurve unten rund un
die erwärmte Stelle, so zieht sie sich zusammen und es entsteht länp
ihr eine cyklonale Bewegung der Luft.
Solche Cyklonen, die über der festen Erdoberfläche entstehen, habe;
keine lange Dauer. Nachts entsteht nämlich durch Ausstrahluii:
ein Solenoidensystem , das die Luft in entgegengesetzter Richtung be
schleunigt. Die über dem Land aufsteigende Luft ist auch relati
trocken, sodass die adiabatische Ausdehnung derselben sehr hemmeiv
wirkt.
Günstiger sind die Cyklonen gestellt, welche über warmen Wasser
flächen entstehen, die Tag und Nacht wärmer als ihre Umgebung sind
In der ersten Zeit der Cyklone findet die stärkste cyklonische Beweguns
unweit der Meeresoberfläche statt. Die Cyklone hat so lange ein warme
Centrum. Die Isobaren Flächen verlaufen wie in Fig. 206. Nach den
Carnotschen Satz wird Wärme hier in Bewegungsenergie verwandelt
Durch die Kondensation der aufsteigenden Wasserdämpfe wird ein
Ausbreitung der cyklonischen Bewegung in höhere Luftschichten be
fördert. Zuletzt ergreift sie Luftmassen, die so hoch liegen, dass sie vom weR*
liehen Trift beherrscht sind. Dieser Trift strebt die Cyklone gegen Ost-
zu verschieben. Unten ist das Solenoidensystem durch den Aufstieg de
ungesättigten Luft abgeschwächt und die stärkste Bewegung findet i^
dem Kondensationsgebiet statt, das zwischen 1000 und 3000 m Höh
"lieff
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 757
egt. Zu dieseai Resultat trägt auch die grosse Reibung der Luft an
der Erdoberfläche bei. Zufolge der Schwächung der Cyklone in dem
unteren Teil bekommt der obere Trift das Übergewicht über das
schwache untere Solenoidensystem und die Cyklone verschiebt sich gegen
Osten. Sie hat aber nur dann eine längere Lebensdauer, wenn die längs
der Erdoberfläche einströmenden Luftmassen stark feucht sind (vgl. S. 728).
Der horizontale Querschnitt der Cyklone, in welchem die cyklonale
Bewegung am heftigsten ist, steigt immer mehr in die Höhe. Auch in
dem Kondensationsgebiet ist, wie unten gezeigt wird, die Reibung sehr
bedeutend, während sie nach oben stark abnimmt. Bei den deutschen
wissenschaftlichen Ballonfahrten hat man nur den kalten unteren Teil
der Cyklone, in welchem noch nicht die maximale Drehuugsgeschwindig-
keit erreicht ist, beobachtet, obgleich man bis zu Höhen von 6000 m
gestiegen ist. Der obere warme Teil der Cyklone entzog sich gänzlich
der Beobachtung.
Ganz anders verhält es sich mit einigen amerikanischen, von Helm
Clayton beobachteten Cyklonen, bei welchen die drehende Bewegung
schon in 3000 bis 4000 m Höhe auf Null gesunken war. Cyklonen, die
dem in Amerika gewöhnlichsten Typus anzuhören scheinen, hatten ihre
Fläche der grössten cy klonischen Bewegung in etwa 1000 m Höhe. Sie
sind nach allem als einem früheren Entwickelungsstadium als die euro-
päischen angehörig zu betrachten.
Als Beispiel, wie die Temperaturverhältnisse in einer solchen Cyklone
>ich ausnehmen, mögen folgende Daten der Cyklone zu Blue Hill am
^1.-24. Sept. 1898 angeführt werden.
Temperaturbeobachtungen zu Blue Hill, 21.— 24. Sept. 1898.
21. Sept. 22. Sept. 23. Sept. 24. Sept.
Anticyklone
Cyl
klone
rf Aussen-
Aussen
Centrum „ ,
Rand
Centrum
Rand
0
16,2 19,2
22,8
9,4
500
11,7 14,7
19,2
6,1
1000
6,7 15,8
18,4
4,8
1500
7,0 15,3
16,4
7,8
2000
5,6 12,5
12,5
9,4
2500
9,4
10,6
3000
7,0
7,2
3400
4,4
y
758
Physik der Atmosphäre.
Nach diesen Betrachtungen gewinnt das Studium der Cyklonen eii
erhöhtes Interesse; besonders grosses Interesse beansprucht die Lage de
Schicht von maximaler cyklonischer Drehung und die Temperaturver
teilung in ihrer Umgebung.
In der Auflösungszeit der Cyklone vermindert sich die Bewegunjj
energie immer mehr, wobei sie in Wärme übergeht. Die Entwickeluj
ist also die entgegengesetzte wie im Anfangsstadium.
Wenn wir uns zwei horizontale Ströme denken, die in entgegenge-
setzten Richtungen parallel und neben einander fliessen, wie Fig. 229 dar-
stellt, so sinkt zwischen ihnen die obere Luft hinunter und erwärmt sich
die untere dagegen steigt unter Abkühlung hinauf (vgl. Fig. 228). Di'
Bewegung der Luftströme giebt zu einer cyklonischen Drehung Anlass
Diese Cyklonen haben unten kaltes, oben warmes Centrum.
Fig. 229.
Fig. 230.
Wenn die Ströme dagegen wie in Fig. 230 fliessen, so wird diej
höhere Luft zwischen ihnen hinaufgepresst, die untere hinunter getrieben.1
Die Verschiebungsrichtung giebt zu einer anticyklonischen Bewegung
Anlass, welche den gewöhnlichen entsprechend oben kalt, unten warm
ist. Die Anticyklonen des Sommers dürften in unseren Breiten autj
diese Weise entstehen.
In diesen beiden Fällen wird Bewegungsenergie in Wärme umge-
setzt. Durch Zufuhr äusserer Wärme durch Kondensation kann dir
Aufzehrung der Bewegungsenergie beträchtlich verzögert werden, die
Cyklone also sich erhalten. Bei starker Sonnenstrahlung oder wenn!
eine kalte Luftschicht über einer wärmeren hinströmt, kann es vor-
kommen, dass die Temperatur nach oben schneller als um 1*^ C.
pro 100 m (wie bei adiabatischer Ausdehnung) abninmit. Die Abnahme
braucht jedoch nicht so gross zu sein (3,3*^ pro 100 m, vgl. S. 573
dass die Luft umkippt. Ein paar schwache Windstösse, welche wie iu
XL Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 759
\g. 229 gerichtet siud, können einen kleinen cyklonischen Wirbel her-
vorrufen. Die warme Luft wird unten aufgesaugt, sie bleibt immer
wärmer wie die Umgebung, so hoch wie sie auch steigen mag. Es ent-
eht ein kräftiges Solenoidensystem, das eine heftige Umwälzung in der
Luft hervorbringt (vgl. S. 709).
Auf diese Weise können Gewitter, Hagelwetter und Tromben ent-
>tehen. Die riesige Umdrehungsgeschwindigkeit, die nicht von der Erd-
drehung in kurzer Zeit hervorgebracht sein kann, bei diesen letzten
Wirbeln sowie der Umstand, dass mehrere Hagelwetter nacheinander
dieselbe Bahn einschlagen, deuten an, dass in diesem Falle heftige ent-
gegengesetzt gerichtete Luftströme aneinander vorbeiziehen und in ihrer
Grenzfläche die Hagelwetter bezw. Tromben entstehen.
Die grosse atmosphärische Cirkulation. Wir betrachten erst
u einfachen Grenzfall, dass die Luftbewegung keine merkliche Reibung
ileidet. Es gilt dann die Gleichung:
(1. h. geschlossene s-Kurven, welche keine Solenoide umschliessen (^ = 0),
j schliessen eine Oberfläche ein, deren Projektion auf der Äquatorialebene
lygastant bleibt (// Oldt = 0).
Iiy Die Luft bewegt sich längs der Solenoide und da diese die Erde
umkreisen und in sich selbst zurücklaufen, ungefähr wie die Breitekreise,
i findet kein Luftaustausch zwischen Pol und Äquator statt.
Nehmen wir nun weiter an, dass:
d-a — d-b _ ^
273 + ^a
von der Höhe unabhängig ist, so wächst die Zahl A der Solenoide
zwischen zwei Vertikalen in derselben Meridianebene der Höhe propor-
tional. dOjdt muss dann auch in demselben Verhältnis zunehmen, d. h.
lic Geschwindigkeit der Luftbewegung nimmt proportional der Höhe zu.
\Venn man die Anzahl der Solenoide bis zu 1000 m Höhe kennt, ist es
It.'icht, die Geschwindigkeit der Luft in 1000 m Höhe auf einem be-
iiumten Breitegrade zu berechnen. Folgende kleine Tabelle giebt diese
schwindigkeit in Metern pro Sek.
N. Br. 90 80 70 60 50 40 30 20 20 30 40 50 60^ s. Br.
Wkiter. 1,0 1,7 2,6 2,4 3,9 3,9 3,8 2,2 2,6 2,5 1,9
Sommer 0,4 1,2 1,7 1,1 1,7 1,0 0,7 3,3 2,2 1,9 1,7
Jahr . . 0,7 1,5 2,3 1,8 2,6 2,5 2,9 2,6 2,6 2,1 1,6
760
Physik der Atmosphäre.
Um die Geschwindigkeit in der Höhe A;, ausgedrückt in km, zu er-
halten, braucht man nur die Zahlen der Tabelle mit k zu multipli-
zieren.
In der Nähe des Äquators ist die Geschwindigkeit sehr gering, di
Erddrehung hat sehr geringen Einfluss. Die Luft bewegt sich dori,
wie wenn die Erde still stände. Sie steigt am Äquator in die Höhe,
fliesst polwärts, sinkt hinunter und kehrt längs der Erdoberfläche zurück.
Dies alles gilt, wenn die Reibung in der Luft vernachlässigt werden
kann. Dies ist nun nicht der Fall. Wenn man die virtuelle Temperatur
und die Reibung in verschiedenen Höhen kennt, so kann man leicht
die Geschwindigkeit der stationären Luftbewegung berechnen.
Der uragehrte Weg, die Reibung aus den Geschwindigkeiten zu be-
rechnen, ist der ausgiebigere, denn diese sind mehr der Beobachtuni:
zugänglich. Wir haben dabei von der Formel:
1w
dO
It
RG
Km.
auszugehen. Betrachten wir jetzt zwei Luftschichten, die um 1 km von
einander entfernt sind, so ist A immer gleich (bei konstanter Lage von
a und b). Die Differenz der Geschwindigkeit in den beiden Luftschichten,
welche dOldt proportional ist, würde bei konstantem E in allen Höhen
gleich sein, d. h. die Windgeschwindig-
keit würde der Höhe proportional wachsen
wie die gestrichelte Lnie OD in Fig. 23 L
Die gewöhnliche Ansicht ist, dass die
Reibung unten am Boden am grössten
ist und von da ab kontinuierlich nach
oben abnimmt, um sich allmählich einem
Grenzwert anzunähern. Falls dies zuträfe,
so müsste die Windgeschwindigkeit an-
fangs langsamer und dann geschwinder
mit der Höhe wachsen, ungeföhr wie die
Kurve OE andeutet.
Nun zeigt aber die Erfahrung, dass
die Windgeschwindigkeit einem ganz
anderen Gesetz folgt (vgl S. 650 und 674).
Erst nimmt sie sehr stark mit der Höhe
zu, wie das Kurvenstück OA anzeigt, dann aber in dem Kondensations-
gebiet 1000 — 3000 m sehr langsam , dem wenig geneigten Kurvenstück AB
Fig- 231.
I
¥
XI. Theorie der atmosphärischen Cirkulation. 761
entsprechend und schliesslich wächst sie wiederum stärker mit der
Höhe, ungefähr wie das Stück BC angiebt.
Die Reibung muss demnach in den Höhen zwischen A und B
H)0— 3000 m) als sehr gross angenommen werden. Dies beruht darauf,
üass in diesen Höhen zufolge der Kondensation die Temperaturabnahme
'^iner aufsteigenden Luftmasse ungefähr der normalen Temperatur-
iiahme mit der Höhe gleich kommt. Daher enthält diese Schicht
iie grosse Zahl aufsteigender Luftströme (und gleich viele absteigende),
\VL'lche ihre Geschwindigkeiten ausgleichen. Sie beschleunigen die
Luftströmungen bei Ä ebensoviel wie sie diejenige bei B zurückhalten.
Deshalb scheint die Reibung in der Nähe der Erdoberfläche (dem
Kurvenstück OA entsprechend) ausserordentlich viel geringer als sonst
zu erwarten wäre. Es ist gewissermaassen die Solenoidenzahl bis zur
Höhe von F, welche auf die Geschwindigkeit der unteren Schicht bis
zur Höhe von A beschleunigend wirkt.
Kehren wir jetzt zur grossen atmosphärischen Cirkulation zurück
und betrachten wir erst die Verhältnisse in höheren Breiten. Wir ver-
fahren so, dass wir s-Kurven bilden, die aus zwei festen vertikalen
Linien (in den Punkten a und b derselben Meridianebene und Isobaren in
den Punkten 0 und A, A und B, B und C) bestehen.
Für die unterste s-Kurve ist die Anzahl der Solenoide viel geringer
als der Bewegung dOjdt entspricht. Es herrscht also die von der Erd-
drehung bestimmte Windrichtung gegen den Äquator in der Höhe A,
gegen den Pol an der Erdoberfläche bei 0. Wie wir oben gesehen haben,
ergiebt auch die Erfahrung, dass die unteren Luftströme eine gegen den
Pol, die oberen dagegen eine gegen den Äquator gerichtete Komponente
'-'-'Sitzen (vgl. S. 688—689).
Die mittlere «-Kurve, in welcher die Solenoide stark zunehmen,
t spricht einer Bewegung in derselben Richtung, wie wenn keine Erd-
drehung stattfände. Unten herrscht eine gegen den Äquator gehende
Strömung, oben eine gegen Norden gerichtete Komponente. Dies stimmt
auch vollkommen mit der Erfahrung überein.
In der höchsten s- Kurve ist die Reibung so gering, dass nahezu
dieselben Verhältnisse obwalten wie für reibungslose Bewegung. A und
1ivilO\dt sind untereinander gleich, die Bewegung verläuft parallel den
ienoi'den, d.h. in nahezu west-östlicher Richtung. In allen Schichten, aus-
iionmien denjenigen, welche dicht an der Erdoberfläche liegen, überwiegt
i folge der Erddrehung die westliche Komponente die übrigen.
Zwischen dem Äquator und etwa Zh^ Breite ist der Einfluss der
762 Physik der Atmosphäre.
Erddrehung bedeutend gerioger, sodass daselbst die Luftströmungen haupt-
sächlich von den Solenoiden und der Reibung bestimmt werden.
Die Soleno'ide bewirken einen Aufstieg am Äquator und ein Her-
untersinken an den Rossbreiten. Da die horizontale Ausbreitung der Luti
so viel grösser als ihre vertikale Ausdehnung ist, geschieht die Luft-1
Strömung im horizontalen Querschnitt, d. h. beim Auf- und Abstieg
ausserordentlich langsam.
Die Luft verharrt lange in derselben flöhe und Entfernung vom Äquator,
and die Reibung an der Erdoberfläche bringt sie vollends so gut wie zum Still-
stand. Es herrscht deshalb in diesen beiden GegendenWindstille (die Calmen).
Legen wir nun eine s-Kurve in den niederen Luftschichten rund
um den Äquator, so steigt diese Kurve mit der Luft in die Höhe. Die
Kurve erweitert sich dabei, sodass eine nach West gerichtete Bewegung
der Luft in den oberen Schichten entsteht.
Man beobachtet in der That eine ost-westliche Strömung in den höheren
Schichten am Äquator. So z. B. wurde der Staub von Krakatau mit
einer Geschwindigkeit von 30—40 km pro Sek. nach West geführt. Die
aufsteigende Bewegung am Äquator würde eine westliche Komponente
von etwa 2 m gegeben haben, also nicht genügend für diese grosse Ge-
schwindigkeit. Dieselbe ist nicht anders verständlich als in der Weise,
dass nicht nur die Luft vom Boden in die Höhe steigt, sondern auch
Luft, die mit dem Passat aus höheren Breiten in grösserer Höhe über
dem Boden zum Äquator hingeführt wird. In diesen grossen Höhen
herrscht keine merkliche Reibung, die Luft in grösseren Höhen über
dem Äquator erhält demzufolge eine starke westliche Komponente.
Legen wir nun in dieser Höhe eine 5- Kurve, so entfernt sie sich
vom Äquator, sie zieht sich dabei immer mehr zusammen, die nach
Westen gerichtete Komponente nimmt immer mehr ab, wird auf einer
bestimmten Breite (etwa 10*^) Null und geht in höheren Breiten in eine
west-östliche über (Gegen-Passat). Die Windrichtung ist deshalb am
Äquator östlich, geht dann in süd-östliche und' südliche (lO*^ n. Br.) und
zuletzt in süd- westliche über. Auf der südlichen Halbkugel ist Süd
gegen Nord zu vertauschen.
Beim Heruntersinken unter den Rossbreiten schwächt sich allmählich
die östliche Komponente durch Reibung ab, sodass sie an der Erdober-
fläche Null wird (Calme). Dann wandert die Kurve zum Äquator zurück
und dehnt sich dabei aus, sodass die Luftströmung eine nach Westen
gerichtete- Komponente erhält und folglich Nordost -Wind weht (auf der
südlichen Halbkugel Südost). Dieser Wind ist der Passat- Wind.
■
lII. Einwirkung des Windes auf die feste Erdoberfläche.
Allgemeines. Die nivellierende Thätigkeit der Luft und des
Hassers sind von sehr ungleicher Bedeutung, so dass, wo beide wirk-
sam sind, die letzte im allgemeinen so stark überwiegt, dass die Spuren
'' r Windwirkung verschwinden. Man hat deshalb die typischen Er-
M heinungen der Windwirkung hauptsächlich in trockenen Gegenden
R suchen.
Eine Ausnahme in dieser Beziehung machen gewisse Küstengegenden.
r vom Meer wehende Wind verhindert die Vegetation, sich in verti-
. er Richtung zu entwickeln. Die Ufer bedecken sich deshalb nur mit
itier Grasdecke, welche sich dicht am Boden hält und sich bis dahin
erstreckt, wo das Ufer zeitweilig zufolge von Gezeiten oder anderen
I Wellen von Wasser bedeckt ist. Von dort ab ist das Ufer meist von
^^eeressand bedeckt. Pflanzen können dort nicht mehr gedeihen.
Auf Inseln von massiger Ausdehnung macht sich die Wirkung des
i Windes so stark geltend, dass nur die niedrig wachsenden, am Boden
] kriechenden Pflanzen noch fortkommen. Dies ist z. B. der Fall auf
l<n Füröer- und den Shetlands- Inseln. Nur in Felsenklflften können
I Sträucher sich entwickeln. Ähnliche Verhältnisse sind an den meisten
1 Ideinen Inseln längs der Küsten zu finden. An der Küste von Schott-
land sieht man häufig Gärten, die von dichten Mauern umgeben sind.
In der Höhe der Mauer sind die Gartenbäume wie mit einer Scheere
\on dem Wind abgeschnitten. Im Gebirge sieht man durch eine ähn-
liche Wirkung des Windes die Bäume in kriechendes Gesträuch ver-
handelt und den Pflanzen einen niedergedrückten Habitus aufgezwungen.
Die heftigen Winde beschränken ihre schädliche Wirkung nicht
larauf, dass sie den Höhenwuchs der Bäume verhindern, sondern sie
üleppen auch alle lockeren Erdablageningcn weg. Hohe Felsen sind
764 Physik der Atmosphäre.
meistens von ihren Verwitterungsprodukten entblösst. Auch wo frühei
Wälder standen und vom Menschen abgeholzt worden sind, wachsen sie
jetzt nicht wieder, weil der lockere Erdboden fehlt.
Bekannte Beispiele dafür sind Island, das bei der Ansiedeluni;
durch Norweger hohen Wald besass — in Island ist vielleicht nebenbei
eine starke Klimaverschlechterung eingetreten (vgl. S. 569) — gross(
Teile von Schottland und der Westküste von Schweden, welche früher
üppigen Wald trugen. Am meisten haben wohl die Landschaften
am gascognischen Meerbusen und die Karst in Österreich unter dei-
Entholzung gelitten, die im Mittelalter u. a. Bauholz für die fran-
zösische und venezianische Flotte lieferten. In dem letzterwähnten
Fall ist es nicht der Seewind, welcher so verheerend wirkt, sondern der
heftige Landwind Bora. Eine ähnliche Wüstenlandschaft, Cran, die
„französische Sahara", in der Provence hat der Mistral hervorgebracht.
Ein grosser Teil dieser Verwüstung rührt von einer schlechten,
kurzsichtigen Wirtschaft her und die jetzigen Verwaltungen sind be-
müht, die verlorenen Länder dem Wald und der Kultur zurückzuerobern.
Dies geschieht nur „Zoll für Zoll", weil der Anbau nur von schon kulti-
vierten Gegenden aus sich langsam in das Innere der verwüsteten Land-
schaft ausbreiten kann.
Steppen und Wüsten. Wie gesagt, zeigt sich die Wirkung des
Windes in den trocknen Gegenden am stärksten, d. h. im Gebiete der
Steppen und der Wüsten. Nach den seltenen, aber, häufig sehr aus-
giebigen Kegengüssen bedecken sich die Steppen und teilweise die
Wüsten mit einem Pflanzenwuchs, der nach einer kurzen Vegetations-
periode der Vertrocknung anheimfällt.
Der Unterschied zwischen Steppe und Wüste ist nur graduell und
alle Übergangsstufen zwischen diesen beiden und von der Steppe zur
Wiese kommen vor. Die Steppe wird als grasbekleidetes Trockengebiet
definiert. In unsrem Weltteil gehören die russischen Steppen, die un-
garische Puszta und die . nördliche Tundra dazu. Die Steppe und die
Tundra sind als Vorposten der asiatischen Gebilde von ähnlicher Art
anzusehen. In Nord -Amerika gehören die Savannen, in Süd- Amerika
die Llanos und Pampas zu derselben Formation. (Dagegen gehören
die Heiden Dänemarks und Nordwest- Deutschlands nicht zu den
Steppen, die niedrige und verkümmerte Vegetation — Heidekraut —
rührt nicht von Mangel an Niederschlag, sondern von Kargheit des
Bodens her. Der Wind trägt auch noch dazu bei, den Wuchs von
niederem Kraut zu begünstigen.)
I
XII. Einwirkung des Windes auf die feste Erdoberfläche.
765
Die Stoppe ist eine grosse Ebene, auf welcher der Wind Staub ab-
ttzt und so die vorhandenen Niveau-Unterschiede allmählich ausgleicht.
Die wässerigen Salzlösungen, die nach dem Kegen entstehen, finden
keinen Abfluss, und daher 'ist der Steppenboden durch relativ grossen
t Ichalt an löslichen Salzen gekennzeichnet, die bei grosser Trockenheit
.,p]ffloreszenzen, Ausblühungen" bilden. Auch der Wüstenboden ist aus
lemselben Grund sehr salzreich. ;
Die auf der Steppe angesammelten Luftsedimente bilden den soge-
nannten Löss, der besonders in China und manchen Teilen Central- Asiens
Fig. 232. Chinesische Lösslandschaffc.
i'ine aussorordentliche Entwickelung gefunden hat, und dort von v.Eicht-
hofen und v. Middendorff untersucht worden ist. Jeder Staubsturm
ilberzieht diese Teile mit einer sehr dünnen Schicht; im Laufe der Zeit
liaben diese Absätze sandige, kalkhaltige Lager von Thon, die bisweilen
l'is 700 m Dicke' besitzen, gebildet. Dieser Thonboden ist von feinen
\i^rtikalen Haarröhrchen durchsetzt, welche eine vertikale Zerklüftung
itegünstigen. Das hineinsickernde Wasser hat an Stellen, wo es sich
unter den lockeren Ablagerungen gesammelt hat, dieselben unterge-
-iraben, sodass durch Einstürze Schluchten mit vertikalen Wänden ent-
standen sind. Die Flussthäler erinnern auf diese Weise an die Caüons,
yßj] Physik der Atmosphäre.
(Wo. abor in oii>er rogenarmen Go^end von (>])en in das Gostoin oini>:ofltzt
sind (Fie^. 232).
Schicliton von härteren Mergelknollen („Lössmännchen"), die in den
Luftsedimenten — durch Zusammensinterang nnter Vermittelnng von
Wasser — sich entwickelt haben, veranlassen häufig eine terrassenförmig!
Ausbildung der Lösswände.
Die europäischen Lössbildungen, die z. B. in dem Eheinthal und in
der Donauniederung blossliegen, besitzen bei weitem nicht die Mäclitig-
keit der asiatischen. Sie zeigen aber immerhin eine Neigung zur BildiniLj
von senkrechten Abstürzen und Hohlwegen.
Der Löss zeigt nicht wie die Wassersedimente eine ausgeprägte
Schichtung. Schalen von Land -Schnecken und Knochen von Tieren, di'
der eigentümlichen Steppen -Fauna angehören, finden sich darin ein-
gebettet. Aus dem Vorkommen solcher Schichten in Europa hat Nehrini;
geschlossen, dass in unserem Weltteil nach Ende der grossen Eiszeit ein
trockenes Steppenklima, das von dem jetzigen stark verschieden war
lange Zeit herrschte (vgl. S. 566). In den kälteren Gegenden ging di<
Steppe in Tundren über. Die Funde aus dieser Zeit — der jüngeren
palöolitischen — beweisen, dass Menschen damals in Europa lebten, welche
einen nicht unbedeutenden Kulturgrad erreicht hatten.
Wo die Trockenheit gross ist, geht die Steppe in Wüste über.
Die grösste Wüste — sie bedeckt beinahe eine so grosse Oberfläche wie
Europa — ist die Sahara. Ausserdem befindet sich in Afrika im süd-
lichen Teil die Kalahari -Wüste. An die Sahara schliessen sich die sinai-
tische und die syrisch-arabische Wüste an. Andere grosse asiatisch»'
Wüsten sind das iranische Wüstenplateau und die grosse Gobi -Wüste,
in Nordwest -Indien liegt die Tharr-Wüste. Bekannt ist die grosse
Wüste, welche das Innere Australiens erfüllt. Die Wüstengebiete Nord-
Amerikas — der „Grosse Bassin" zwischen dem Sierra Nevada und dem
Felsengebirge, sowie seine Ausläufer nach Mexiko — haben zum Teil
ihren Charakter durch die Kultur verloren. Süd -Amerika schliesst die
Atacama -Wüste ein.
Der grösste Teil der Wüsten liegt unter den Rossbreiten, die wegen
des herabsteigenden Luftstromes sehr wasserarm und den brennenden
Sonnenstrahlen ausgesetzt sind. Wo sie an die Küste hinreichen,
wie die Sahara an der Küste des Atlantischen, die Atacama an der-
jenigen des Stillen Oceans, herrschen kalte Winde, die nur selten etwa||
Regen abgeben. J|
Die Sahara, welche wohl als die typische Wüste betrachtet werden
■
XII. Einwirkung des Windes auf die feste Erdoberfläche.
767
kann, bostoht hauptsächlich aus zwei verschiedenen Gebieten, der Stein-
Wüste und der libyschen Sand -Wüste. In der Stein -Wüste erheben sich
Gipfel bis /ai 2500 m Höhe. Sie besteht aus grossen Ebenen, die von
sogenannten Zeugen oder Inselbergen umgeben sind, welche den Über-
gang zu einer niedrigeren Terrasse bilden, die wiederum von neuen
Tn>!elbergen umgeben sein kann.
Die starke Hitze am Tag, welche mit einer heftigen Abkühlung
11! der Nacht — noch im Mai kommen Fröste vor — abwechselt, zer-
klüftet das Gestein an der Oberfläche und giebt zur Bildung von Sand
Fig. 233. Inselberge in der Sahara.
\nlass. Der Wind führt diesen Sand mit und an den Abhängen der
'" Isen, welche aus abwechselnden härteren und weicheren Schichten
tehen, schneidet er in den weicheren Teilen Hohlkehlen aus, bis die
nliegenden härteren Schichten abbröckeln. Auf diese Weise ent-
eilen amphitheatralische Einschnitte in die Felsenwand, welche sich
lann bei weiterer Abtragung vereinigen können und so zur Bildung von
nselbergen (Fig. 233) Anlass geben. Die horizontale Fläche der Terrassen
teht aus einer härteren Schicht, welche der Wirkung der Sonne und
> Sandgebläses relativ grossen Widerstand bietet.
In dem Hochgebirge fällt stellenweise reichlich Kegen, sogar Schnee
^t in den höchsten Teilen hie und da drei Monate im Jahr. Wenn
las Wasser hinunterfliesst, versickert es bald in dem trockenen und
•issigen Boden.
768 Physik der Atmosphäre.
Tliäler im Gebirge beherbergen teilweise eine reiche Vegetation im
die Bäche und Seen, die sich dort finden.
Die Sandwtiste ist von Dünen erfüllt, die auf der einen Seite, d(
Luvseite sanft, auf der anderen, der Leeseite, steil abfallen. Ihre La.ü.
ändert sieh nur langsam und die Araber bezeichnen sie mit Eigen]
namen. Sie liegen wie lange Kämme von 70 — 80 km Länge und 1 biij
2 km Breite. Ihre Höhe beträgt meist etwa 30 m; ausnahmsweise trifft
man solche von 100 m Höhe und mehr an.
Bei Stürmen wirbelt der lockere Sand in der Luft auf, die]
Konturen der Dünen verschwinden und ein alles durchdringendes Sand-I
gebläse entsteht. Harte Steine, die dem Sandstrom ausgesetzt sin<!
spalten ihn und erhalten auf diese Weise zwei (oder mehrere) glatt-
geschliffene Wände, die zuletzt ^einander begegnen und dann da^
charakteristische „Facettengeschiebe" geben. (Solche „Dreikanter
kommen auch im norddeutschen Flugsandgebiet vor.) Steine, die aii^
verschieden harten Schichten zusammengesetzt sind, werden vom Sand^.
gebläse zerfasert und zerfallen zuletzt. Solche Faserungen treten deutlich
an dem Sphinx von Djiseh hervor.
In der Sahara kommen stellenweise Trockenthäler oder sogenannte
Wadis vor. Man glaubt, dass es alte, vom Wasser ausmodellierte ver-j
sandete Thäler sind. Das Wasser aus der Umgebung fliesst hineirj
und versickert dann im Sande. Beim Bohren von Brunnen trifft mani
in geringer Tiefe auf Wasser und diese Thäler sind es, wo die Fran-
zosen grossen Erfolg mit ihren artesischen Brunnen gehabt haben.
Vieles deutet darauf hin, dass das Klima der Sahara in sehij
später, sogar in historischer Zeit, viel besser (regenreicher) gewesen!
ist wie jetzt; mit anderen Worten, eine beständige Verschlechte
rung desselben scheint in jüngster Zeit stattgefunden zu haben. Jeden
falls findet man Spuren von alter Kultur an Stellen, die jetzt unbe-
wohnbar sind,
Dünen und ihre Wanderung. Die Art und Weise, wie
die Dünen entstehen, ist sehr leicht zu verstehen. Der Sand der
Küste wird vom Wind ins Land hinaufgetrieben. Wäre das I^and ganzi
eben, so würde sich der aufgetriebene Sand gleichmässig darüber
verteilen. Findet er aber ein Hindernis, wie einen in den Boden ein-
geschlagenen Pfahl, so wird der Wind vor und hinter dem Pfahl PI'
(Fig. 234) geschwächt und lässt dort einen Teil des mitgeschleppten
Sandes fallen. Vor dem Stab entstehen Wirbel, und eine Vertiefung
bildet sich. Hinter dem Stab setzt sich der Sand mehr gleichmässig ab.
XII. Einwirkung des Windes auf die feste Erdoberfläche.
769
Zuletzt bedeckt der Sand den ganzen Pfahl, wie bei 7"P', das einen
früher eingeschlagenen Pfahl bezeichnen mag. Die so entstandene Düne
ist hügelförmig; durch Eintreiben von mehreren Pfählen in einer Reihe
l^n man rückenförmige Dünen erhalten. Ihre Böschung ist auf der
Seite viel weniger steil als auf der Leeseite. Da der Wind zu ver-
ötiiedenen Zeiten verschieden stark ist, können ungleiche Schichten
'■■<n mehr oder weniger feinem Korn vorkommen, wie in der Figur
\ A.
Die Dünenbildung geht genau so vor sich wie die Schneeanhäufung
durch den Wind, man hat daher reichliche Gelegenheit, diese Er-
scheinung zu studieren.
Die Dünen folgen einander in bestimmten Entfernungen, wie in der
ara. In Gegenden, wo die Dünen sich nur über eine massige Breite der
Fig. 234. Bildung von Dünen.
iste erstrecken, z. B. in Holland, wo diese Breite zwischen 400 und
11)00 m wechselt, kommen nur wenige Dünenkämme vor. In den
genden, wo der Passatwind herrscht, erreichen sie bisweilen bedeu-
ifiide Höhen, so an der madagassischen und tunesischen Küste 140 m
und mehr. An der südspanischen und der gascognischen Küste können
-u' 90, an der holländischen 60, an der jütländischen 30 und auf der
Ivurischen Nehrung 70 m Höhe erreichen.
Die gewöhnliche Form der Düne ist die eines langgestreckten
Hügels. Diese Form kommt in Europa und in der Sahara allgemein
v(tr. Daneben giebt es rundliche und sichelförmige Dünen, die letzten
llen in Turkestan die Regel sein.
Die Dünen wandern ins Land hinein. Dabei können sie sehr grossen
' liaden anrichten, indem sie bebauten Boden, Waldungen und Woh-
nungen mit Sand bedecken. Nach dem Vorüberziehen des Sandhügels
kommen die Bäume als schwarze, morsche Skelette, die Wohnungen als
Ruinen wieder zum Vorschein. Auf der Kurischen Nehrung ist die
A r r li e 11 i 11 d , Kosmische Pliysik. 49
770 Physik der Atmosphäre.
Wanderungsgeschwindigkeit auf 6 bis 9 m pro Jahr geschätzt worden
So müssen beim Nahen der Düne Dörfer verlassen und an anderei!
Stellen aufgebaut werden. Im Jahre 1757 wurde die Kirche zu Kantuir
auf Sylt abgebrochen, weil die Düne sie erreichte. 35 Jahre später wai
die Düne darübergewandert, die Kuinen der Kirche lagen frei am Ufer
Sie wurden bald vom Meer weggespült, das im Jahre 1841 210 m weit» i
ins Land eingedrungen war und über den Ruinen der alten Kirche
eine Tiefe von 3,6 m besass. Die zweite Kirche von ßantum war damaW
auch schon längst unter der Düne verschwunden.
Staub fälle. Bisweilen führt der Wind grosse Mengen von{
Staub mit, welcher sich allmählich absetzt. Sehr häufig ist dieser Stanli
vulkanischen Ursprungs. Die bekanntesten Fälle sind die Aschenreg'
die den Ausbruch des Coseguina in Central- Amerika 1835 und den ü>
Krakatau 1883 begleiteten. Die Asche fiel damals in Entfernungen vi
1400 bezw. 4500 km von der Ausbruchsstelle nieder. Ein anderer solch*
Fall trat im März 1875 ein, als Bimsteinstaub aus Island etwa 2000 km
entfernt, in Stockholm niederfiel.
Aber auch gewöhnlicher Staub, welcher von der Brdoberfläche aul-
gewirbelt ist, kann vom Winde sehr weite Strecken getragen werden.
Der merkwürdigste Fall dieser Art ist der grosse Staubfall über Europa
am 9.— 12. März 1901, welcher von Hellmann andMeinardas genau
untersucht wurde. Das Feld, auf dem der Staub niederfiel, erstreckte!
sich von dem südlichen verwüsteten Teil der Algerei bis zu den dä-
nischen Inseln, eine Strecke von etwa 2800 km mit einer Breite von|
etwa 800 km. Der Staub fiel in Algier und Tunis bei stürmischem:
trocknen Wetter, in Italien ausserdem mit Regen. In nördlicheren
Gegenden war der Staubfall mit Niederschlag verbunden.
Die Staubkörner erwiesen sich als Wüstensand aus Quarz, Glimmer,,
Feldspath, Kalkspath und eisenhaltigen Mineralien. Keine vulkanischen
Bestandteile waren darin aufzufinden, sondern der Staub als Löss zu be-
zeichnen. An einigen Stellen fiel der Staub zufolge von Stauungen
reichlicher nieder als in der Umgebung, so auf der Südseite der Ost-
alpen und in Holstein. An anderen Stellen zeigte das Staubfeld Lücken,
wie in grossen Teilen Süddeutschlands.
Dass der Staub aus der afrikanischen Wüste stammte, geht mi'
Deutlichkeit aus der Zeit seines Auftretens hervor. Am Vormittag d«
9. März füllte dichter Wüstenstaub die Luft zu Biskra. Am Abend
des 9. März trat ein trockner Scirocco mit heftigem, rotgelbe Wolken
mitführendem Südostwind in Tunis auf. Am folgenden Tag fiel dort dichtei
XII. Einwirkung des Windes auf die feste Erdoberfläche. 771
Staub, welcher die Sonne vollkommen verfinsterte, bis zu einer Tiefe von
0,5 mm. Ähnlich waren die Erscheinungen auf der Sttdküste Siciliens,
wo (in Catania) der staubgemengte Regen am 10. um 9 Uhr V.M. an-
fing. Derselbe hatte sich gegen den Mittag bis nach Neapel, um 4 Uhr
N.M. bis Rom und um 11 Uhr Nachts bis Livorno und Fiume ver-
breitet. In den Alpenländern fiel der Staub bei Regen, Schnee oder
Hagel unter heftigem Gewitter in der Nacht vom 10.— 11. März, in den
nördlichsten Teilen erst am Morgen des 11. An diesem Tage ver-
breitete sich der Staubregen bis Schemnitz in Ungarn um 12 Uhr, er
erreichte den Thüringer Wald um 7 — 8 Uhr V. M., Potsdam um 10 Uhr
V.M., Mecklenburg-Strelitz um 11—12 Uhr V.M., die Ostseeküste um
2—3 Uhr N.M.; in Bremen und Hamburg fiel am Spätabend und
in der Nacht rötlicher Schnee. Die mittlere Geschwindigkeit der Ver-
lebung betrug etwa 50 km pro Stunde.
Die mittlere Grösse der Staubkörner wurde auf 0,02 mm geschätzt,
wechselte zwischen 0,001 und 0,08 mm. Der Staubfall pro m^ wurde
in Taormina (Sicilien) auf 2,1, in Livorno auf 4,5, in Görz auf 11,2, im
westlichen Kärnthen auf 8, in Klagenfurt auf 1,5, in Schemnitz auf 1,9,
in Hamburg auf 1,7 und in Lütjenburg (Holstein) auf 4,2 g geschätzt.
Die ganze niedergefallene Staubmenge wird auf etwa 4 Millionen Meter-
tonnen geschätzt.
4<J'
XIII. Die Gewitter.
Elektrische Natur der Gewittererscheinungen. Die gross-
artigen Phänomene, welche sich bei den Gewittern entfalten, üben ein»
mächtige Wirkung auf Menschen und Tiere aus. Schon in den ältesten
historischen Zeiten suchte man deshalb nach Erklärungen für das Zu-
standekommen des Blitzes und des Donners. Bis vor etwa 150 Jahren
herrschte die Ansicht, dass dieselben von der Explosion fetter odei
schwefelhaltiger Dünste in der Luft herrührten.
Sobald etwas grössere elektrische Maschinen konstruiert wurden
und man lange elektrische Funken zu beobachten Gelegenheit hatte,
war die Ähnlichkeit des Blitzes mit dem elektrischen Funken auf-
gefallen. Schon Wall (1698) hat diese Ähnlichkeit hervorgehoben und
nach ihm andere, darunter Winkler (1746) mit grosser Ausführlich-
keit und Bestimmtheit. Wall zog einen Funken aus geriebenem Bern-
stein und verglich das Knistern dabei mit dem Donner, den Funken
selbst mit dem Blitz. Franklin schlug bald danach einen Versucli
vor, mit Hilfe von in grosser Höhe angebrachten Spitzen die Elektrizitüt
der Gewitterwolken aufzufangen (1749). Dieser Versuch wurde von
Dalibard in der Nähe von Paris und einen Monat später von Franklin
selbst bei Philadelphia ausgeführt. Er benutzte dabei Drachen, die mit
Spitzen versehen waren. Die Elektrizität wurde durch die Schnur des
Drachens zum Beobachter geführt, welcher Funken aus einem am Schnur
angehängten Metallgegenstand (einem Thürschlüssel) zog. De Bornas
erhielt auf diese Weise Funken von 3 — 4 m Länge und 3 cm Dicke, die
heftige Licht- und Schall-Erscheinungen hervorriefen. Diese Versuche,
welche die ganze Aufmerksamkeit der gebildeten Welt auf sich zogen,
wurden jedoch wegen der grossen damit verbundenen Gefahr nicht oi
wiederholt. Der Petersburger Physiker Kichmann wurde von dem ele]
trischen Funken bei einem solchen Versuch getötet.
Xni. Die Gewitter. 773
Nachdem in jüngster Zeit den oscillierenden Entladungen immer
I mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist man zu der Ansicht gelangt,
' dass die Blitze wie die gewöhnlichen Funken einer Elektrisiermaschine
rillierenden Entladungen zuzuschreiben sind. Besonders haben die
[ ntersuchungen von Oliver Lodge zu diesem Schluss geführt.
Verschiedene Arten von Blitzen. Arago, der die Gewitter-
/scheinungen sehr eingehend beschrieb, hat folgende vier Arten von
I Blitzen aufgestellt: Linienblitze, Flächenblitze, Perlenschnurblitze und
Kugelblitze. Sogenanntes Wetterleuchten rührt von Blitzen her, die so
weit entfernt sind, dass der Donner nicht gehört wird. Es kommt nur
in der Nacht vor und wird deshalb in der Gewitterstatistik nicht unter
dpn gewöhnlichen Gewittern aufgeführt.
Die Linienblitze sind die gewöhnlichsten. In älteren Abbildungen
»><rden sie als zickzackförmig dargestellt. In neuerer Zeit hat man viele
llfc>tographien dieser Blitze aufgenommen. Diese Photographien zeigen
(jpwöhnlich einen stark verästelten krummlinigen Verlauf des Blitzes,
welcher mit einem Baum oder einem Strom vergleichbar ist. Die Ver-
j ästelungen sind bei Entladungen zur Erde gewöhnlich von dem Punkte,
wo sie in der Luft sich verzweigen, nach unten gerichtet. Ebenso haben
j die Verästelungen bei einem gewöhnlichen Funken einer Elektrisier-
maschine eine bestimmte Richtung, nämlich von dem positiven zum
negativen Pol hin. • Die Verästelungen der Linienblitze scheinen dem-
nach darauf hinzudeuten, dass in den meisten Fällen die Gewitter-
i wölken, deren Blitze die Erde treffen, positiv gegen sie geladen sind.
■' Die Photographien zeigen häufig mehrere einander parallele Bahnen
- Funkens. Man ist darüber einig, dass dieselben den verschiedenen
. uscillierenden Entladungen entsprechen. Wenn die Spannung ge-
' iiügend gross geworden ist, um die zwischen den beiden Wolken oder
d(^r Wolke und der Erde liegende Luftschicht durchzuschlagen, so bildet
h ein Funkenkanal, durch den schon eine schwächere Spannung sich
Hiszugleichen vermag. Die späteren Entladungen folgen deshalb
recht getreu der alten Entladungslinie. Kayser, der zuerst einen mehr-
fachen Blitz mit feststehender Kamera photographierte, erklärt diese
! Erscheinung so, dass in der Zwischenzeit zwischen den verschiedenen
lEntladungen der Funkenkanal sich mit dem Wind verschoben hatte.
Man hat sogar künstlich diese Verschiebungen auf die Weise hervor-
rufen, dass man die Kamera während der Aufnahme langsam be-
wegte. Auf diese Weise hat Brecht eine fünffache Entladung photo-
graphiert (Fig. 235). Er schätzte die Zeit der Bewegung der Kamera
i
774
Physik der Atmosphäre.
auf 1,2 Sek., wonach die Dauer einer einzelnen Oscillation 0,3 Sek. be-
tragen würde. Diese Oscillationszeit ist wohl bedeutend grösser als die-i
jenigen, mit welchen wir durch physikalische Versuche bekannt sind'
Es liegt aber nichts unmögliches darin, Oscillationen von so langt i
Dauer für die Blitze anzunehmen. Eine lange Dauer kommt besonder^
den Blitzen zu, welche durch Entladungen von einer Wolke zu einer,
anderen zustande kommen. Entladungen von einer Wolke zur Erde sind
häufig von sehr kurzer Dauer, sodass (nach Dove) in ihrer Beleuchtung
ein schnell gedrehter Kreisel
still zu stehen scheint. Einige
Blitze gehen auch von den
Wolken in den reinen Him-j
mel hinauf. Sie ähneln ganz
einem in der Wolke wurzeln
den entlaubten Baum.
Das Spektrum der Linien-i
blitze ist von Kundt unter-j
sucht worden. Dasselbe ist
ein stark ausgeprägtes Linien-j
Spektrum, dessen Linien die;
Anwesenheit von glühendem
Stickstoff, Sauerstoff und
Wasserstoff im Funkenkanal
angeben. Pickering hat^
jüngst das Spektrum d
Blitzes photographiert. Yon;
19 Linien in demselben, die
er genau messen konnte, ge-
hörten nur zwei zu Stickstoftj
und Sauerstoff, drei zu Wasser-
stoff (aus Wasserdampf), elf entsprechen Argon, Krypton und Xenon, eine
Neon und eine, die kräftigste, die zufälligerweise mit einer Calcium-
Linie zusammenfällt, liegt zwischen einer Linie des Argons und einer
des Neons ganz nahe an beiden. Die Farbe der Blitze wird dadurcli'
verständlich. Wie alle intensive Lichtentwickelungen geben sie cini i
Eindruck von weissem Licht. Häufig zeigen sie einen Stich ins pur-i
purne, wie das Licht bei Entladungen in Stickstoff. Auch andere Farben-!
töne sind bei den Linienblitzen wahrgenommen, wie blau, gelblich, gold-
gelb und grün. Nach Elster und Geitel sind die Blitze rötlich
Fig. 235.
Fünffacher Linienblitz nach P recht.
i
IB
XIII. Die Gewitter. 775
m
*
gefärbt, wenn sie von der Erde ausgehen, also die Wolke negativ ge-
laden ist, bläulich dagegen, wenn sie in umgekehrter Richtung ver-
laufen. Diese Färbung entspricht derjenigen der elektrischen Funken.
Die Linienblitze können ganz beträchtliche Längendimensionen auf-
isen. Wenn sie zwischen Wolke und Erde überschlagen, ist ihre
ge von der Höhe der Gewitterwolke bestimmt, und beträgt selten
mehr als 2 — 3 km. In Toulouse hat Petit Blitze beobachtet, die 13 bis
17 km Länge erreichten. Frank hat sogar von Grimming am Enns-
thal einen längs der Wolken verlaufenden Blitz beobachtet, dessen Ge-
imtlänge er zu 49 km berechnete. Vielleicht sind diese langen Blitze
IS mehreren kleinen Partialentladungen zusammengesetzt.
Die Flächenblitze bestehen, wie der Name sagt, darin, dass eine
_ rosse Fläche, z. B. von einer Wolke, auf einmal aufleuchtet. Sie können
s nur scheinbar sein, indem eine Wolke
n einem entfernten, durch andere Wolken
\ erdeckten Linienblitze erleuchtet wird. Teils
können sie auch von schwachen Entladungen
herrühren, welche dem Büschellicht bei Elek-
trisiermaschinen entsprechen. Diese Ent-
ladungen geschehen gleichzeitig über einer pig. 236. Perlenschnurblitze
lossen Wolkenfläche und sind wohl als Folgen nach Riggenbach.
11 starken elektrischen Störungen in der Nähe
T Wolke anzusehen. So sind diese Entladungen nach einem Linien-
i»litze sehr gewöhnlich.
Das Spektrum dieser bläulichweiss oder violett gefärbten Blitze
zeigt Banden auf, welche dem Bandenspektrum des Stickstoffs nach
Kun dt s Untersuchungen entsprechen. Sie rühren offenbar von schwachen
Partialentladungen zwischen den verschiedenen Teilen der Wolke her.
Die Perlenschnurblitze sind relativ selten. Die Funkenbahn zeigt
an verschiedenen Stellen starke Erweiterungen, sodass sie wie eine
Perlenschnur erscheint. Fig. 236 zeigt eine Photographie solcher Blitze
nach Riggenbach.
Die eigentümlichste Erscheinung auf diesem Gebiet sind die Kugel-
Itlitze. Vielfache Versuche von Plante, Lepel, Toepler und Hesehus,
>ie künstlich nachzuahmen, sind ohne entscheidenden Erfolg geblieben.
Hesehus verband den einen Pol einer Wechselstrommaschine von
10000 V. mit einer Wassermasse, den anderen Pol mit einer Kupfer-
platte 2 — 4 cm über der Wasseroberfläche. Die Entladung bildete einen
Funken, der bisweilen die Form einer Kugel annahm, welche sich leb-
776 Physik der Atmosphäre.
haft bewegte und den Luftströmungen folgte. Derselbe entwickelte brauiu
Dämpfe und teilte sich bisweilen wie die Kugelblitze. Ähnliche Ver-
suche wurden von Plante mit Akkumulatoren, von Lepel und Toeplei
mit Influenzmaschinen ausgeführt. Ein Kugelblitz wurde von v. Hai-
dinger abgebildet (Fig. 237).
Als typisches Beispiel möge ein Kugelblitz angeführt werden, dei-
in der Nähe von Upsala am 2. Juli 1883 durch ein Haus ging, worüber
gleich nachher Bericht aufgenommen wurde. Er stieg während eine?
Gewitters schräg vom Himmel ungefähr in der herrschenden Wind-
richtung nieder und ging dann in dem schmalen Riss zwischen dem
Fensterpfosten und einem als Ersatz einer Fensterscheibe angenagelten
Tuch in ein kleines Haus hinein, wo drei Personen ihn beobachten
konnten. Beim Eintritt machte er einen etwa 0,2 cm tiefen, 0,5 bis 1 cm
breiten Riss quer etwas schräg nach
unten im Fensterpfosten. Ferner stürzte j
er einige Holzgeräte um, die auf dem!
Fenstertisch aufgestellt waren. Der
Blitz war goldgelb und eiförmig, etwa!
1 m nach dem längsten Durchmesser.'
Er folgte dem Zug im Zimmer in
einem nach unten konvexen Bogen mit
Flg. 237. ^gy Greschwindigkeit eines gehenden
Kuffelblitz nach v. Haidinger. ^^ , . i , . •, Tir
Mannes, bis er durch emen mit Moos
zugestopften, etwa 0,8 cm hohen und
10 cm breiten Spalt hinaustrat, wobei er das Moos herausriss. Die Zeugen,
von welchen einer etwa 1 m von der Bahn des Blitzes sass, fühlten keine
Wärme, die von dem Blitz berührten Gegenstände, wie der Fensterpfosten und
das ausgerissene Moos, zeigten keine Brandmarken. Der Blitz verbreitete
auch keinen Geruch. Er war selbstlcuchtend, denn seine Farbe wurde
beschrieben als diejenige von sonnenbeschienenem Gold. Bald nach
seinem Austritt aus dem Haus geschah eine heftige Detonation.
Die Farbe der Kugelblitze, welche von vielen als optische Täuschun-
gen (Nachbilder) angesehen werden, was in diesem wie in mehreren
anderen Fällen ausgeschlossen erscheint, wird wechselnd als rot, gelb
und purpurn angegeben. Ihre Grösse ist auch verschieden, meist wie
diejenige eines Kopfes oder einer Faust, bisweilen sind sie nur eiergross.
Der von Haidinger beschriebene Kugelblitz muss dagegen riesige
Dimensionen besessen haben. Sie üben starke mechanische Wirkungen
aus. Nach Cadenat können sie durch geschlossene Thüre oder Fenster
I
XTII. Die Gewitter. 777
gehen, wobei sie Lücher durch das Holz bohren oder dasselbe zer-
splittern und kreisförmige Löcher mit glattem Eand in den Glasscheiben
ausschneiden. (18. — 19. Aug. 1890 zu St. Claude.) Wenn sie in der
Nähe von festen Körpern detonieren, verursachen sie grossen Schaden
wie ein gewöhnlicher Blitzschlag, zerreissen, schmelzen Metalle und
/Hnden. Bisweilen senden sie dabei gewöhnliche Blitze aus. An elek-
;schen Drahtleitungen scheinen sie bei Gewittern nicht selten aufzu-
treten, meist in Form von kleinen leuchtenden Eiern, die von den
Drahten hinunterspringen.
Der Donner. Die Blitze sind von einem Donner begleitet, welcher
ist in ein langes Rollen mit abwechselndem Auf- und Abschwellen
übergeht. Wenn der Blitz niederschlägt, giebt er gewöhnlich einen
viel schärferen, trockneren Knall, gegen welchen der nachfolgende
Donner zurücktritt. Das Rollen des Donners rührt daher, dass die Blitz-
l>ahn lang ist und viele Verästelungen hat, sodass der Schall zu recht ver-
hiedenen Zeiten zum Ohr des Beobachters gelangt, teils auch daher,
ISS der Schall an verschiedenen Gegenständen am Boden oder an Wolken
reflektiert wird. Schliesslich können auch mehrere kleinere Entladungen
der Hauptentladung vorangehen oder nachfolgen.
Wegen der geringeren Dichte der Luft in höheren Schichten ist der
I »onner der in diesen Schichten erfolgenden Entladungen weniger kräftig
ils derjenige von Blitzen, die zur Erde hingehen. Die Hörweite wird
auf etwa 16 und höchstens 30 km geschätzt, ist also viel geringer als
diejenige von Kanonensalven.
Von der Entfernung der Gewitter macht man sich in der Weise
11c Vorstellung, dass man die Zeit in Sekunden zwischen Blitz und
i>unner durch 3 teilt, wobei die Entfernung in Kilometer herauskommt.
Der Schall braucht nämlich im Mittel 3 Sek. zur Zurücklegung eines
Kilometers.
Die geringe Hörbarkeit der Gewitter erklärt sich daraus, dass der
>ihall zufolge von hoher Temperatur an der Erdoberfläche oder vom
Winde abgelenkt wird (vgl. unten). Darum ist das Wetterleuchten auch
häufig.
Diese P^rklärung gilt aber offenbar nicht, wenn das Gewitter sehr
liüch am Himmel oder gar im Zenith steht. Trotzdem kommen in den
Tropen häufig und bei uns bisweilen, besonders bei Hagelwetter,
■witter mit Blitzen in der Nähe des Zeniths vor, welche nicht hörbar
iid. Die Entladungen sind dabei vermutlich sehr schwach wie bei
l'lächenblitzen.
778 Physik der Atmosphäre.
Wirkungen des Blitzes, Die Energie des Blitzes ist ganz be-
deutend. Was zunächst das Potential der Wolken gegenüber der Erdober-
fläche betrifft, so schwebt man in grosser üngewissheit über seinen Bi-
trag. Mit elektrisch geladenen Kugeln von 6 cm Durchmesser hat man
Versuche angestellt, welche zeigen, dass zur Entstehung eines Funkens
von 0,1 cm Länge eine Potentialdifferenz von etwa 4500 Volt nötig ist!
Für grössere Längen der Funken wächst die nötige Potentialdifferen/
ungefähr der Länge proportional, jedoch etwas langsamer, sodass ein
1 cm langer Funke einer Potentialdifferenz von etwa 29400 Volt ent-
spricht. Die grösste Potentialdifferenz bei solchen Versuchen ist neuer-
dings von Trowbridge angewendet worden, welcher mit 3 Millionen
Volt einen Funken von 2 m Länge erzeugte. Man kann demnach wohl
nur behaupten, dass die Potentialdifferenzen, welche zu kilometerlangen
Funken Anlass geben, wahrscheinlich hunderte bis tausende von Millionen
Volt erreichen. Die Stromstärke des Blitzes ist aus ihrer magneti-
sierenden Wirkung geschätzt worden. Um diese zu messen, legtoi
Pockels Basaltstäbe in 7,4 cm Entfernung vom Fusse eines Blitz-
ableiters auf die Erde. Nach Blitzschlägen wurden ihre magnetisch" i
Eigenschaften untersucht und mit denen verglichen, die ähnliche Stähf.
unter J]inwirkung bekannter elektrischer Ströme annehmen. Auf diese
Weise erhielt Pockels Werte von 6000 bis 20000 Ampere. Zu ähn-
lichen Kesultaten waren schon früher W. Kohlrausch und L. Weber;
gekommen, weshalb die Grössenordnung von 10000 Ampere wohl al-^'
richtig angesehen werden kann.
Toepler untersuchte Blitzspuren an verschiedenen Gesteinsarti
und fand, dass in den meisten Fällen, 59 von 92, die Erde den positive
Pol gebildet hatte. Er erklärt das so, dass am positiven Pol der Fun]^•
nicht verästelt ist und deshalb kräftigere Spuren hinterlässt.
Die Wärmewirkungen der Blitze sind wohlbekannt. Sie vermögen]
starke eiserne Ketten zu schmelzen und teilweise zu verdampfen. So
z. B. traf der Blitz am 19. April 1827 den Blitzableiter des Dampfer-
New York, der oben aus einem 1,1 cm dicken Eisenstab, unten aus einerj
Kette bestand, deren Einge aus 0,6 cm dickem Eundeisen verfertigtl
waren. Das obere Ende des Stabes schmolz in einer Länge von 30 oml
und die Kette wurde in feurig-flüssige Kugeln verwandelt, die herum-
geschlendert wurden und das Schiff auf etwa 50 Stellen trotz einer
dichten schützenden Hageldecke in Brand setzten.
Wenn die Blitze in Sandboden fahren, so schmelzen häufig di»
Sandkörner zu langen Eöhren zusammen, welche Blitzröhren odci
h
XIII. Die Gewitter. 779
Fulguriten genannt werden. Die Spitzen der Felsen in den Gebirgen
<ind häufig vom Blitz getroffen und verglast.
Sehr gewöhnlich ist, dass der Blitz gewaltsame mechanische Ein-
wirkungen ausübt. Er durchbohrt, spaltet, zerbricht und schleudert
troffene Nichtleiter herum. In Swinton bei Manchester hob der Blitz
iie 26 Tonnen wiegende Mauer von 0,9 m Dicke und 3,3 m Höhe und
jrschob das eine Ende um 2,7, das andere um 1,2 m, ohne die 7000
Backsteine auseinanderzureissen.
Am schwersten scheinen diejenigen Stellen beschädigt zu werden,
wo die Elektrizität aus Nichtleitern in Leiter oder umgekehrt übergeht.
Dahin kann man auch rechnen, dass die Spitzen der Blitzableiter am
ichtesten vom Blitz geschmolzen werden.
Schlägt der Blitz in einen Baum ein, der nicht allzu gut leitet,
verwandelt er häufig den ganzen Baumstamm in kleine Holzsplitter.
Die Bäume sind in sehr verschiedenem Maass der Blitzgefahr aus-
j, gesetzt. Am meisten werden Pappeln, Birnbäume und Eichen ge-
^^Ten. FAne Pappel kann als Blitzableiter dienen, wenn man eine
^^Herne Stange am unverzweigten Teil des Stammes entlang führt.
^" Prohaska schätzte, dass in den niederösterreichischen Waldungen
Inlgende Zahl Bäume vom Blitze getroffen waren:
Eiche 32 Proz. Birke 1,4 Proz.
Lärche 9,5 „ Föhre unter 1 Proz.
Tanne 3,8 „ Buche „ 1 „
Fichte 1,8 „ Erle „ l „
Einige Forscher sind der Ansicht, dass die Blitzgefahr, welcher ein
j Baum ausgesetzt ist, mit der Tiefe seiner Wurzel wächst. Der Birn-
; bäum hat z. B. tiefere Wurzel als der Apfelbaum und soll deshalb
' häufiger getroffen werden. Die Höhe dürfte jedoch den grössten Einfluss
ausüben.
Der Blitz zündet bisweilen die Bäume an, gewöhnlicher zersplittert
i er sie oder bricht sie ab, in den meisten Fällen unterhalb der
Laubkrone. Der Blitz läuft wie oscillierende Entladungen im all-
lueinen der Oberfläche der getroffenen Gegenstände entlang, die Laub-
j masse und die kleinen Zweige bieten mm dem Blitz eine grosse Ober-
fläche, auf welcher sich seine Wirkung verteilt und deshalb nicht so
heftig ist. Beim Eintritt in den unverzweigten Baumstamm dagegen
780 Physik der Atmosphäre.
konzentriert sich die ganze Gewalt des Blitzes und zerbricht oder zer
kleinert ihn, ungefähr wie beim Übergang von einem guten zu einen
schlechten Leiter. Wenn dies nicht geschieht, folgt der Blitz gewöhn-
lich den saftigen Teilen zwischen Rinde und Holz, wodurch die Flüssig-
keit verdampft und die Rinde abgeschleudert wird.
Auch die verschiedenen Materialien des Erdbodens werden in ver-
schiedenem Maasse von dem Blitzschlag getroffen, wobei sehr viel von den
Wassergehalt des Bodens abhängt. So ist die Blitzgefahr für gewöhn-
lichen Thonboden 22, für Sandboden 9, für Töpferthon 7, für Keuper-
mergel 2, wenn sie für Kalkboden gleich 1 gesetzt wird.
Nach von Szalay sind Sumpfboden und lockere alluviale Bildungen
dem Blitzschlag mehr ausgesetzt als härtere Bodenarten.
Wenn der Blitz lebende Tiere oder Menschen trifft, werden sii
häufig getötet, häufig nur gelähmt oder betäubt. Bisweilen kann mai
scheinbar Getötete wieder zum Leben erwecken, wenn man ihnen Be-
wegungen erteilt, welche eine künstliche Atmung hervorrufen. Die Be-i
handlung der vom Blitz oder von starken elektrischen Entladungen!
Betroffenen ist genau dieselbe wie diejenige von Ertrunkenen.
Ein Mensch oder Tier kann sehr wohl bei Gewittern tötlich ver-j
letzt werden, ohne direkt vom Blitz getroffen zu sein. Wenn em
Blitz in der Nähe überspringt, können so starke Induktionserscheinungen
in dem lebenden Körper auftreten, dass er getötet, gelähmt oder betäubti
wird. Solche Fälle werden Rückschlag genannt. Metallische Gegen- i
stände, wie Uhren, Uhrketten, Münzen etc., die der vom Blitze Ge-
troffene getragen hatte, sind häufig zerrissen oder geschmolzen, bi
weilen, wenn sie dünn sind, verdampft. An den Stellen, wo der Blitz ,
aus dem relativ gut leitenden Körper zur häufig schlechtleitenden Unter-'
läge (Holz, Stein, trockene Erde) übergeht, entstehen oft starke Ver-
wüstungen. Sehr oft werden die Schuhsohlen zerfetzt. Die Zahl den
vom Blitze getöteten Personen ist nicht so gering, wie man sichl
häufig vorstellt. Auf eine Million Menschen kommen pro Jahr folgende-
Anzahl vom Blitz getötete Personen:
In Steiermark und Kärnten . . 10,6 In Baden . . 3,S
„ Ungarn . 10 „ Schweden . 3,1
„ den Vereinigten Staaten N.-A. 5 „ Frankreich . 3
„ Sachsen 5 „ Belgien . .2,1
,. Preussen 4,4 ,, England. . 1
,, Bayern 4
i
XIIL Die Gewitter. 781
|,..„ .„....,....,„.,..
1 Hkufig getroffeij, besonders solche von grösserer Höhe, welche die nied-
riger liegenden in der Umgebung gewissermaassen schützen. So werden
z. B. Kirchtürme besonders häufig vom Blitz getroffen, der Strassburger
Dom wurde, bevor er einen Blitzableiter hatte, jährlich mehrere male
vom Blitz getroffen und häufig stark beschädigt; so z. B. erreichten
die Schäden bei einem Blitzschlag im Juli 1759 einen Betrag von
I 100000 Franken. Im Mittel betrug der Schaden 3000 Franken jährlich.
j Nachdem der Blitzableiter aufgesetzt war, wurden die Blitzschläge
: seltener und der Schaden sehr stark herabgesetzt.
I Der Blitz zündet ein Haus viel leichter (etwa 7— 8 mal) an, wenn
I das Dach aus weichem Material, wie Stroh oder Holzspänen, verfertigt
ist, als wenn es hart ist, d.h. aus Ziegel, Schiefer oder Blech besteht.
Die Blitzschläge haben eine stark ausgesprochene tägliche und jähr-
e'' ' (Periode wie die Gewitter selbst. 59,5 Proz. aller Blitzschläge fallen
ie Zeit zwischen Mittag und 6'* Nachm. Das Jahresmaximum fällt
in den wärmsten Teil des Jahres.
I Die Küstengegenden der Nordsee, wo die Gewitter zu anderen Zeiten
lauftreten, haben auch eine ganz andere Verteilung der Blitzschläge. Es
lindet sich dort ein Maximum nach Mitternacht und neben dem Haupt-
luaximum im August (241) treten kleinere Maxiraa im Mai (133) und
im Oktober (144) auf (nach der Statistik für Schleswig - Holstein von
Hell mann).
Mau hat eine sehr starke Zunahme der Blitzgefahr in den letzten
^•fhren sowohl in Bayern und Württemberg als auch in Sachsen
ustatiert. So hat beispielsweise die Zahl der Schadenblitze auf die
iVIillion versicherter Gebäude pro Jahr in Baj^ern von der Dekade 1841
j)is 1850 bis za der Periode 1891—1897 kontinuierlich von 27,5 auf 186,2
;iicrenommen. Dies ist ganz sonderbar, da die Zahl der vom Blitz
töteten Personen pro Million p]inwohner sich nicht nennenswert ge-
lert hat. Die Statistik für Württemberg zeigt auch die auffallende
iiatsache, dass die Anzahl der Brandschäden aus anderen Gründen pro
nilion versicherter Gebäude in nahezu demselben Verhältnis wie die
meldeten Schäden durch Blitzschläge zugenommen hat. Es liegt
halb nahe, mit A. Schmidt anzunehmen, dass die Zunahme nur
Heinbar ist und auf eine fleissigere Meldung der Schäden als in früheren
■iten zurückzuführen ist.
Die aus Schornsteinen aufsteigenden warmen Verbrennungsgase
leichen die elektrischen Spannungen zwischen der Erde und oben-
782 Physik der Atmosphäre.
liegenden Wolken aus, sie vermindern demnach die Blitzgefahr. Nat
Hellmann fallen von 1000 Blitzschäden in Deutschland 6,3 auf Kirchen
8,5 auf Windmühlen, dagegen nur 0,3 auf Schornsteine. In Ungarn
sind nach v. Szalay nur solche Schornsteine vom Blitz getroffen worden,
aus denen kein Eauch aufstieg. In manchen Gegenden soll man auch
von Alters her zum Schutz gegen den Blitz bei annahendem Gewittei
Feuer in den Herden anzünden.
Auch die vielen Drähte, welche zum telegraphischen oder Ferii-
sprech - Betrieb in und über den Städten ausgespannt sind, schützei
gegen den Blitz. Diese Drahtnetze und die vielen rauchenden Schoni
steine bewirken, dass über grossen Städten die Blitzschläge relati\
selten sind.
Blitzableiter. Zur Vermeidung der Unglücksfälle und materiell
Schäden, welche von dem Einschlagen des Blitzes verursacht werdei,
schlug Franklin vor, hohe mit der Erde leitend verbundene, metallen«
gewöhnlich eiserne Stangen neben und über den Häusern aufzustellen
Diese Stangen, die sogenannten Blitzableiter, müssen oben in eint
scharfe Spitze enden, deren Aufgabe es ist, die Ausströmung der Elek^
trizität in die Luft zu vermitteln. Aus einer feinen Nadelspitze ströini
die Elektrizität um so leichter aus, je feiner sie ist und je höher ilu
Pontential über demjenigen der Umgebung liegt. Um die Schärfe dei
Blitzableiterspitzen zu erhalten, muss man sie aus einem Material ver-
fertigen, welches von den Gasen der Atmosphäre nicht angegriftei
wird. Daher die Vorschrift, dass die- Spitze aus Gold oder Platin vei-
fertigt oder vergoldet sein soll.
Je höher die Spitze über das Haus, das sie schützen soll, hinaul-
ragt, um so grösser ist der Unterschied zwischen ihrem Potential und dem-
jenigen der Umgebung, um so leichter strömt sie die Elektrizität au.>
um so sicherer wirkt sie. Man drückte dies früher so aus, dass dei
Blitzableiter eine um so grössere Fläche schützt, je höher er liegt un<
nahm als Regel an, dass ein Gegenstand, dessen Entfernung von dei
durch die Spitze gelegten Lotlinie geringer ist als ihr doppelter Vertikal-
abstand von der Spitze, der Blitzgefahr nicht ausgesetzt ist. Mit anderei
Worten, die Gegenstände, welche unter einem Conus, dem sog. Schutz
Conus, von 120^ Winkel liegen, dessen Spitze mit derjenigen des Blit
ableiters zusammenMlt, sind geschützt. In England nimmt man d(
Radius des geschützten Kreises nur gleich dem Vertikalabstand an. (De
Winkel des Schutzconus ist dabei nur gleich 90 *' angenommen.)
Um die Ausströmung der Elektrizität aus dem Blitzableiter zu ei
I
XIII. Die Gewitter. 783
leichtern, befestigt man häufig am oberen Ende der Blitzableiterstange
nicht eine, sondern mehrere Spitzen. Am weitesten in dieser Richtung
ist Meisen s gegangen, welcher an den Kanten des Daches eine Reihe
von eisernen Stangen von unbedeutender Länge anbringt, welche in
Bündel von divergierenden, nach oben gerichteten Spitzen endigen.
Dieses System wurde sehr gelobt, es wurde am Hotel de Ville in Brüssel
mustergiltig ausgeführt, trotzdem wurde dieses Haus durch einen Blitz-
schlag angezündet und brannte nieder. Der Hauptfehler des Systems
liegt vielleicht in den allzu niedrigen Stangen.
Der Blitzableiter hat einen doppelten Zweck, erstens und hauptsächlich
durch Ausströmung von Elektrizität die entgegengesetzte Ladung der
Wolken zu neutralisieren, zweitens aber, wenn dies nicht gelingt,
sondern der Blitz zur Erde schlägt, ihm eine gutleitende Bahn zu bieten,
und zu verhindern, dass er den Weg durch andere Gegenstände nimmt.
Damit die Stange nicht schmilzt, muss man ihr einen nicht all zu
geringen Querschnitt geben; man hat gefunden, dass dieser nicht
geringer als 0,5 cm-^ sein darf, wenn die Stange aus Eisen oder Kupfer
besteht. Gewöhnlich verwendet man eiserne Stangen von etwa 2 cm
Durchmesser.
Man muss mit peinlicher Sorgfalt verhüten, dass der Blitzableiter
rgendwo unterbrochen ist. An solchen Stellen muss nämlich der Blitz einmal
fOü einem guten Leiter zu einem Nichtleiter übergehen, einmal umgekehrt.
Daher tritt an solchen Stellen starker Schaden ein, so dass der Blitzableiter
nehr schädlich als nützlich wirkt. Ebenso muss die Verbindung zur
^]rde gut sein. Es wird deshalb gewöhnlich vorgeschrieben, man solle
len Blitzableiter bis zu einem Brunnen, oder überhaupt zum Grund-
vasser führen. Da diese Leitung häufig grosse Kosten verursacht, schlägt
?indeisen vor, man solle sich damit begnügen, das untere Ende des
■Blitzableiters zu verzweigen und die Zweige ein Stück unter den Rasen
eiten. Häufig lässt man den Unterteil des Blitzableiters in eine grosse
'latte aus Eisen enden, damit der Übergangswiderstand zur Erde nicht
1 gross wird. Diese Platte wird gewöhnlich mit Holzkohle umgeben,
Iche sie gegen Verrostung schützt.
Bei einer heftigen Entladung im Blitzableiter können durch Induktion
II Metallmassen, Gasröhren u. s. w., im Inneren des Hauses elektrische
itröme entstehen, welche zu Funken Anlass geben, genau wie in elek-
rischen Resonatoren. Diese Entladungen können ebenso gefährlich sein
äe die Blitze selbst. Es war ein solcher Funken an einer Gasleitung,
iiid die dadurch entstandene Entzündung des Gases, der das Hotel de
784 Physik der Atmosphäre.
Ville in Brüssel zerstörte. Es hilft in solchen Fällen nicht, dass di
Gegenstände mit der Erde verbunden sind. Um diesem Übelstand
weit "wie möglich vorzubeugen, wird vorgeschrieben, dass man all
grösseren Metallinassen und Rohrleitungen für Wasser, Gas und Spül-
wasser, ebenso wie Dachrinnen, mit dem Blitzableiter verbind'
wenigstens wenn sie nahe beim Blitzableiter verlaufen. Die Dachrinnen
sollen an ihrem unteren Ende mit der Erde verbunden sein, damit ih
kein Funke überspringt.
Oliver Lodge hat eine grosse Zahl von Versuchen angesteli
welche die Blitzableiterfrage berühren. So z, B. brachte er die inneri
Belegungen von zwei Leydnerflaschen in Verbindung mit den Polen eint.
Influenzmaschine und verband die äusseren Belegungen teils mit einer
Funkenstrecke (B), teils mit einer metallischen Leitung. Er konnte dir
Funkenlänge verändern bis die Funken ebenso häufig durch die Funken-
strecke B, wie durch die metallische Leitung gingen. Die Grösse dieser
„kritischen Distanz" diente als ein Maass der Schwierigkeit, mit welcher
die metallische Verbindung die elektrischen Oscillationen, welche von
den Leydnerflaschen ausgingen, abzuleiten vermochte.
Die Leitfähigkeit des Drahtes ist ohne Belang, seine Länge oder
richtiger seine Selbstinduktion ist maassgebend. Eisen wirkt etwas besser
als Kupfer. Ein Band wirkt besser wie ein Draht von gleicher Längi
und Querschnitt, was zu erwarten ist wegen der oscillierenden Ent-
ladung. Die kritischen Funkenlängen waren 6,12 bezw. 8,34 cm. Ganz
ausserordentlich wurde die Leitung durch einen Stanniolstreifen ver-
schlechtert, der in eine Spirale gewickelt war (wodurch die Selbst-
induktion bedeutend erhöht wurde; die kritischen Funkenlängen war"!
0,6 bezw. 6,4 cm). Einführung eines Eisendrahtbündels in die Spira
gab keine Veränderung, woraus geschlossen wurde, dass die Magn
tisierung des Eisens zu langsam erfolgt, um die Selbstinduktion zu er-
höhen. Dies ist von Wichtigkeit für die Brauchbarkeit der Eisenstangen
als Blitzableiter.
Gegen Kugelblitze vermögen die Blitzableiter nicht zu schützen
B abinet sprach die Ansicht aus, dass die meisten Schäden in Häusern
von Kugelblitzen verursacht werden, eine Ansicht, die wohl stark über-
trieben ist.
Elmsfeuer. Bei genügend starkem Potentialfall strömt die Elelv-
trizität aus Spitzen und Unebenheiten aus. An einer gewöhnlichen
p]lektrisiermaschine ist diese Erscheinung sehr leicht wahrzunehmen
I
XtIT. Die (".ewitter.
785
(Fig. 238 und 239). Die Ausströmung positiver Elektrizität ist durch einen
büschelförmigen Funken am Ende der Spitze gekennzeichnet, bestehend
aus einem leuchtenden Stiel, ein bis mehrere cm lang, von dessen Ende eine
divergierende Garbe von Lichtfäden ausstrahlt. Die negative Entladung ist
viel weniger auffallend, sie giebt sich meist nur durch ein winziges punkt-
förmiges Fünkchen kund. Wenn das Potential der Umgebung Null ist, so
beginnt die Entladung bei um so niedrigerem Potential, je schärfer die Aus-
strömungsspitze ist. Für sehr feine Stahlnadeln von 0,35 mm Dicke,
I deren Spitze einen Krümmungshalbmesser von etwa 0,015 mm besitzt,
fnngt die Entladung bei positiver Ladung bei 5050 Volt und bei nega-
Fig. 238.
Fig. 239.
,i\ er Ladung bei 4450 Volt in Luft von 70 cm Druck an. Die Aus-
strömung steigt stark mit der Ladung, z. B. für positive Ladung von 0,12
)is 1,2 Millionstel Ampere, während E" von 5800 auf 9500 Volt zunimmt.
3ei niedrigem Druck geht die Entladung leichter vor sich als bei hohem,
io z. B. ist bei 40 cm Druck das Entladungspotential im vorliegenden
alle 4000 bezw. 3100 Volt für positive bezw. negative Ausströmung. Wie
jvir unten sehen werden, ist die Erdoberfläche meistens negativ geladen
imd die Ladung ist in den Bergen höher als in der Ebene. Besonders
'lohe Werte nimmt die Ladung an, wenn geladene Wolken der Erd-
'•erfläche nahe kommen. Dementsprechend beobachtet man Elms-
jeuer beinahe nur, wenn Wolken sehr niedrig stehen. Meistens treten
ie bei Schneegestöber, überhaupt gewöhnlich bei Niederschlägen auf.
>iese sind besonders häufig in den Bergen, deshalb sind Elmsfeuer-
ibachtungen auf Höhenstationen (wie Blue Hill bei Boston, Sonnblick
ud Ben Nevis) nicht selten.
Arrbenius, Kosmisclie Physik.
50
7gß Physik der Atmosphäre.
Schon in der Römerzeit war diese Erscheinung unter dem Namoi
Castor und PoUux bekannt und galt als ein glückliches Vorzeichen, Sii
zeigte sich bisweilen auf den Lanzenspitzen der Soldaten und galt dann
als Siegesvorbote. Zur See zeigen sich nicht selten Flämmchen auf den
Spitzen der Masten und Raaen. Auf ebener Erde gehen sie von Blitz-
ableitern, Fahnenstangen, Turmspitzen, Dachfirsten und Baumgipfeln
aus. Bei einem heftigen Schneegestöber auf dem Sonnblick leuchtott
nach V. Obermayer der ganze Blitzableiter hinter dem Beobachtungs-
turm so stark, dass man glaubte, ein Beobachter habe Licht im Turni'
angesteckt. Windfahne und Anemometer leuchteten ebenfalls, ebcus.
die Hüte, die Kopfhaare bei unbedecktem Kopf und der Bart, sow:
die Lodenkleidor der Beobachter. Besonders schön war die Ausstrahluii:^
aus der Hand, wenn sie gehoben wurde. Häufig hört man bei solchen Ge-
legenheiten ein zischendes Geräusch.
Die elektrische Ausströmung wechselt häufig ihr Zeichen (wie dir
Liiftelektrizität). In der Zeit Nov. — Febr. kam auf dem Sonnblick in
91 von 100 Fällen negatives Elmsfeuer vor, während im März— Sejv
positives Elmsfeuer in 55 Proz. beobachtet wurde. Da? Zeichen (h
Elektrizität bei Niederschlag scheint von dessen Natur abhängig zu sein.
So fanden Elster und Geitel auf dem Sonnblick positives Elmsfeuer
während folgenden Prozenten der Beobachtungszeit:
Grossflockiger Schnee 92 Proz.
Hagel und Graupen . 52 „
Regen 44 „
Staubschnee .... 15 „
Auf dem Sonnblick hatte Lechner beobachtet, dass bei positiven
Elmsfeuer die Gewitterblitze zur Erde rötlich, bei negativem bläulich er-
scheinen. Ähnliche Färbungen zeigte ein Funke, welcher von einci
stumpfen Metallspitze sich gegen eine positiv oder negativ geladenr
Wasserfläche entlud.
Auf dem Schafberg (Salzkammergut) hat man häufig Elmsfeuer b(
Gewittern auf dem Fiaggenstock vor dem Hotel beobachtet, sie sahen
w^ie kleine blassblaue birnförmige Flammen aus und verschwanden an
kurze Zeit nach jeder Entladung des Gewitters. Als einst der Blitz iii
g/« 3QWI Yorm. ins Hotel einschlug, loderten im Inneren desselben gross-
artige Elmsfeuerflammen von 2 m Höhe, die unten grell weiss, in der
Mitte gelb oder gelblich grün und oben lichtblau bis dunkelblau waren
Diese erschienen „in Zwischenräumen von je einer Sekunde an der Stieg
XTIT. Die Gewitter.
787
zum 1. Stock und aiicli zaliUos im hinteren gegen die Bergwand ge-
legenen Teil desselben bis 2'' Nachm.", während es noch zweimal in das
Gebäude und sehr oft um dasselbe einschlug. „Diese grossen Feuer
stiegen blitzartig auf, blieben eine bis zwei Sekunden, ohne an farhiger
Intensität zu verlieren, ruhig stehen und verschwanden auch blitzartig".
Das Elmsfeuer ist bei uns am gewöhnlichsten im Winter, auf der
' scheint es nach einer Statistik von Haltermann am häufigsten im
Irühling und Herbst (je 33 Proz.), danach im Winter (24 Proz.) und
;iiu seltensten im Sommer (10 Proz.) zu sein.
Die meteorologischen Erscheinungen bei Gewittern. Den
wittern geht auf dem Land ein rasches Ansteigen der Temperatur
^?^^l 8 9 10 11 M In ;;! 3
700.
758-
P^
^
Fig. 240.
der absoluten Feuchtigkeit, ein Sinken aber der relativen Feuchtig-
voran. Der Luftdruck sinkt vor dem Gewitter. Beim Beginn des
ritters tritt ein heftiger Umschlag ein, sodass die ersten beiden
)ren ein Maximum, die letzten ein Minimum durchlaufen. Das
Igen des Barometers beim Beginn des Gewitters geschieht sehr rapid
ihm folgt ein mehr allmähliches Sinken, wodurch sogenannte „Ge-
jrnasen" in den Barogrammen entstehen (vgl. Fig. 240), welche den
jbungen der Barogramme nach dem Krakatau -Ausbruch etwas ähneln.
Der Wind ist unmittelbar vor dem Gewitter durch Stille und Un-
igkeit gekennzeichnet. Alle diese ßegelmässigkeiteu gelten für die
mannten Wärmegewitter, welche als eine Folge starker Einstrahlung
Wärme zu betrachten sind. Das Umgekehrte trifft dagegen häufig
eine andere Klasse der Gewitter, die sogenannten Nacht- und Winter-
fitter, zu, welche von einer heftigen Wärmeausstrahlung verursacht sind.
Es giebt besondere Wolken, die sogenannten Gewitterwolken, welche
50*
788 Physik der Atmosphäre.
durch ihr Aussehen sich als Träger der Elektrizität kundgehen. Sie sind
dicke Cumuli, welche sich auf der oheren Seite eines heftig aufsteigenden!
warmen und feuchten Luftstromes ausbilden. Von der Sonne beleuchtet,
erscheinen sie glänzend weiss, vor der Sonne stehend, dagegen sehr
dunkel, was eine starke Kondensation andeutet. Sie treten in grösserer
Zahl auf, und vereinigen sich zu Cumulo-Nimbi. Für gewöhnlich sind sie;
von einem Cirro-Stratus- Schirm bedeckt. Wenn die Cumulo-Nimbi sich(
in Eegen aufgelöst haben, bleibt die Cirro-Stratus-Decke noch bestehen.
und löst sich erst allmählich auf.
Die Höhe der Gewitterwolken kann man sowohl direkt messen, alS:
auch nach ihrer Lage auf oder über den Bergen oder nach dem Zeit-I
unterschied zwischen Blitz und Donner beurteilen. Die untere Grenz
der Gewitterwolken scheint meistens etwa 2 km hoch zu liegen. Sie er-
reichen aber häufig 3 — 4 km oder sogar 6 km Höhe (nach einer Be-
obachtung von Bergs ma zu Batavia). Am Gipfel des grossen Ararat
(3300 m) kommen keine Gewitter vor; er liegt oberhalb der Region d'
Gewitterwolken. Bei Schneeböen reicht die untere Seite der Wolke bit
weilen bis zum Erdboden.
Die Gewitterwolken liegen im Sommer höher als im Winter, udu
um so höher über der Meeresoberfläche, je höher die unten liegendi
Landfläche liegt.
Gewitter sind vom Äquator bis Spitzbergen (78 '^ n. Br.) beobachtet
worden, aber in so kühlen Gegenden sind sie äusserst selten. Im
allgemeinen nehmen sie stetig mit wachsender Entfernung vom
Äquator ab. Es giebt aber auch ganz nahe am Äquator recht gewitter-
arme Gegenden, speziell wo die Regen selten sind, z. B. an den Küsten
von Peru, Chile und Marokko, sowie in den Wüsten, aber auch eigen-
tümlich genug, die sehr regenreiche Ostküste Süd-Amerikas von Pernaoi-
bucco bis Bahia (Brasilien).
Die Zahl der Gewittertage pro Jahr erreicht für einen gegebenen
Ort höchstens 167 (Buitenzorg auf Java, Bismarckburg im Togoland i.
Eine noch höhere Ziffer, 180, ist jedoch für Kamerun gefunden. Auch Mexiko
zeigt einen hohen Wert, 139, Leon in Mexiko 141. Die Gewitterfrequenz
ist in den Bergen meistens viel grösser als in der Ebene. Dabei
ist besonders der Rand des Gebirges bevorzugt, die inneren und höher
gelegenen Teile des Berglandes zeigen häufig wieder eine vermindert
Gewitterfrequenz.
Über dem Meere sind die Gewitter relativ selten, und nehmen
gegen die Küste hin stark zu. Ln oceanischen Passatgebiet sind sie^
J
I
XIII. Die Gewitter. 739
zieailich selten und häufen sich dort, wo warme Meeresströmungen ver-
laufen. Als Beispiel mögen folgende Ziffern über die Prozentzahl der
Gewittertage von allen Beobachtungstagen im Indischen Ocean dienen:
Südl. Breite . . . 34—36" 36— 40« 40— 44» 44— 48« 48— 50«
Prozent Gewittertage 1,2 4,5 4,3 2,5 0,0
Die Gewitterperioden. Die Gewitter haben bei uns eine sehr
aasgeprägte jährliche Periode. Das Maximum fällt für die Kontinental-
stationen in den Juni oder Juli. In der Nähe des Golfstromes ist der Gang
umgekehrt, was sich am deutlichsten auf Island und den Fär-Inseln
sowie zu Bergen zeigt, wo die maximale Häufigkeit der Gewitter im
ter liegt, wie folgende Daten über die Zahl der Gewittertage zeigen :
Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
d 1876—93
ylnseln 1876—93 ....
ci i- ii.1 j ( N- und W- Küste
bchottland
;i_93 I^^e^e^ ....
\ Ostküste ....
Bergen, Norwegen 2,25
Stockholm 0
An den schottischen Ziffern sieht man, dass die Wintergewitter
recht häufig sind, obgleich das Hauptmaximum in den Sommer
fällt. Besonders für die vom Golfstrom beeinflusste N- und W- Küste
ist das Auftreten von Wintergewittern sehr deutlich ausgeprägt. Je
■iter die Beobachtungsorte vom Golfstrom entfernt liegen, um so mehr
■len die Wintergewitter zurück.
Die jährliche Periode der Kontinentalstationen tritt in den ersten
Reihen der folgenden Tabelle deutlich hervor. Weiter unten stehen
Stationen mit einer mehr vom Golfstrom beeinflussten Lage.
Jan, Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
\Iittel-J*:uropa . 0,0 0,02 0,21 1,11 2,9G 4,36 3,99 3,59 1,42 0,53 0,18 0,02 18,4
■ ieu . ... 0,0 0,0 0,1 0,9 3,0 4,2 4,2 3,2 0,7 0,2 0,0 0,1 10,0
isdam . . .0,0 0,0 0,2 1,3 2,5 4,2 4,2 4,1 1,4 0,3 0,0 0,1 18,3
lis 0,1 0,1 0,3 0,8 2,G 3,0 2,0 2,1 1,2 0,6 0,1 0,1 13,0
' men .... 0,2 0,3 0,2 0.0 2,3 2,6 3,8 2,2 0,8 0,2 0,1 0,3 13,6
Martin de Hinx 1,5 0,7 1,7 2,6 4,3 6,3 5,6 4,9 4,3 2,3 1,5 1,5 37,2
■orwegen,ln]and 0,06 0,03 Ö,(>i? 0,02 0,33 1,20 2,09 1,55 0,23 0,09 0,06 0,05 5,7
Küste 0,27 0,11 0,06 0,04 0,22 0,55 1,22 1,26 0,45 0,38 0,29 0,15 5,0
lien .... 7,37 7,2019,0617,1616,4614,57 100,0
•st-Sibirien . 0,8511,54 28,02 36,2620,11 2,96 100,0
0,3 4,6 27,2 84,4 21,1 9,7 100
0,6
0,1
0,1
0,3
1,1
0,5
0,3
0,4
0,3
1,5
1,65
1,68
2,64
1,73
7,7
0,50
1,98
4,50
1,12
8,1
0,18
141
3,59
0,82
5,7
2,25
0,25
1,75
0,75
5,0
0
0,75
7,32
0,33
8,4
790
Physik der Atmosphäre.
Das Maximum der Kontinentalstationen liegt im Juni oder an der
Grenze zwischen Juni und Juli. Bei näherer Untersuchung zerfällt
dieses Maximum in zwei, von welchen gewöhnlich das eine am Anfang
Juni, das andere am Ende Juli liegt. Diese doppelte Periode scheint
besonders stark bei den von W, SW oder NW kommenden Gewitterii
ausgeprägt zu sein. Die Ostgewitter zeigen keine solche DoppelperiodeJ
Der Einfluss der Wintergewitter macht sich, obgleich schwach, schon in'
den Ziffern für Bremen bemerklich (ein kleines Sekundärmaximum iiu
Dez.). Noch deutlicher treten die Wintergewitter in den Daten füi
St. Martin de Hinx an der Küste des Departement Landes, Südwest-
Frankreich, und besonders in den Daten für Norwegen, speziell dem
Küstenlande hervor, wo das Wintermaximum sehr stark ausgeprägt ist.
An der Küste ist der Frühling sehr gewitterarm, der Herbst zeigt da-
gegen relativ viele Gewitter, für Kontinentalstationen ist das Verhältni^
umgekehrt. Die Konzentration der Gewitter auf den Sommer ist in
Sibirien noch viel grösser als in Europa. (Auf den Sommer fallen iii
Mittel-Europa 65, in Mittel- und Süd-Eussland 68, im Ural 79 und '■
Sibirien 84 Proz. aller Gewitter.) Die Wintergewitter folgen den heftige
Winterstürmen und geben wenige Blitze, die aber sehr häufig sich gegi
die Erde entladen und zünden, weil die Wolken sehr niedrig gehen.
Die tägliche Periode der Gewitter in Europa geht aus folgend t'i
Zusammenstellung der prozentischen Häufigkeit hervor:
Mittn. — 2— 4-Ü-8 — 10— Mittag— 2 — 4 — 6 — 8— 10— Mitt'
Mittel-Europa ... 2,9 2,5 2,1 1,9 2,5
Europ. Russland . . 2,4 2,1 1,7 1,6 2,1
Bayern, Württemberg 3,0 2,5 2,1 1,5 2,0
Mittel-Deutschland .
Schweden ....
Norwegen, Inland
„ Küste . .
Schottland, Ostküste .
„ Westküste
1—3 Stdn.
4-6 „
7-9 „
über 9 ,,
Italien
2,4 2,3 1,7 1,5 1,7
2.2 2,1 2,3 2,6 3,1
1.4 1,1 1,7 2,5 4,8
4.5 4,0 5,6 6,7 7,2
5.6 4,5 4,7 3,5 3,5
7,5 5,4 4,4 3,5 4,1
1.3 1,6 1,5 2,0 3,0
2,1 2,4 2,1 1,5 2,0
5,3 5,7 4,9 4,U 4,1
7,1 6,9 6,9 7,8 8,2
7.1 15,3 21,0 19,3 13,0 8,5 3,9
5,9 12,7 20,0 21,215,6 10,7 3,8
5.8 14,0 21,8 19,5 14,2 9,6 4,5
6.3 14,2 20,8 21,5 14,9 8,1 4,6
8.2 15,2 21,9 20,4 11,1 6,9 4,0
8.4 17,2 23,1 20,3 11,9 5,1 2,3
7.9 9,8 13,5 13,3 11,8 9,1 6,6
9.4 14,5 16,4 14,1 9,4 8,4 6,1
6,0 9,2 12,7 12,813,5 12,1 9,1
8.5 19,5 26,5 16,6 9,8 8,3 1,5
5,5 13,4 19,3 19,1 15,6 11,0 5,9
5,9 9,2 14,2 15,8 13,1 10,5 7,2
8,0 9,1 10,2 10,6 9,3 8,0 7,4
Das Maximum fällt kurz nach der heissesten Tageszeit etwa uii
3—4 Uhr Nachmittags. Eine kontinentale Lage der Stationen befördo
die Konzentration der Gewitter zur Zeit nach Mittag. Der Gull
ström macht sich durch eine gleichmässigere Verteilung der Gewitti
i
Xni. Die Gewitter. 79]
auf die verschiedenen Tageszeiten geltend. Speziell belehrend in dieser
Hinsicht ist der Vergleich der Daten fürs Inland und für die Küste in
Xorwegen.
Das Minimum fällt auf etwa 6 Uhr Vormittag. Häufig ist das
Minimum durch ein sehr schwaches Maximum geteilt. Dieses Sekundär-
niaximum tritt nicht in den oben gegebenen Ziffern hervor, wohl aber
'.venu die Daten für jede einzelne Stunde gegeben werden. Die Winter-
witter an der schottischen Westküste zeigen dagegen kurz nach
Mitternacht ein sehr ausgeprägtes Hauptmaximum, wie folgende Daten
•in geben:
Mittn. — 3 — 6 — 9 — Mittag — 3 — 6 — 9 — Mittn.
iottland, Westküste 17,9 12,8 10,0 9,7 8,1 12,0 12,8 16,7
Eine ebensolche Periode besitzen auch die isländischen Gewitter,
che ja hauptsächlich aus Wintergewittern bestehen. Da fällt das
aximum (6) zwischen 2 und 5 Uhr vormittags; ein zweites Maximum (5)
kommt zwischen 5 und 8 Uhr nachmittags; das ganze Material umfasst
nur 23 Gewitter.
Die Wintergewitter treten beim niedrigsten Temperaturstande des
l'ages auf im Gegensatz zu den Sommergewittern.
In den schweizerischen Hochstationen (Righi, St. Bernhard, Säntis)
liegt das Tagesmaximum um ungefähr 6 Uhr nachmittags, also etwa zwei
! luden später wie in der Ebene.
Die Neu-England-Staaten Nord-Amerikas zeigen denselben Gang
wie die europäischen Länder mit einem stark ausgeprägten Nachmittags-
iiiaximum um 5 Uhr (3'* 30"^ im Westen, O'* 30"» im Osten). Das sekun-
ire Morgenmaximum um 5 Uhr tritt deutlich hervor.
Die Gewitter auf dem Ocean haben wie die Wintergewitter ihr
^laximum in der Nacht, etwas nach Mitternacht, ihr Minimum fällt
lurz vor Mittag.
Auch die Jahresperiode dieser Gewitter zeigt, dass sie den Charakter
von Wintergewittern besitzen, indem die Anzahl Gewittertage, dividiert
durch die Anzahl Beobachtungstage betrug: für den Sommer 0,02,
Herbst 0,08, Winter 0,10 und Frühling 0,05. Diese Statistik f)ezieht
-'•h auf den südlichen Teil des Indischen Oceans zwischen 34° und 50^
Br. (vgl. S. 789).
Der Mond scheint nach mehreren Untersuchungen einen Einfluss
auf die Gewitter auszuüben. Nach Köppens Zusammenstellung ist die
tiewitterhäutigkeit in Proz. bei: Neumond 29, erstem Viertel 29, Voll-
792 Physik der Atmosphäre.
mond 21 und letztem Viertel 21. Nach den Untersuchungen von Ek-
holm und Arrhenius haben die Gewitter in Schweden ein stark aus-
geprägtes Maximum (32 Proz. über dem Mittelwert) vier Tage vor dem
Vollmond, das Minimum ist sehr flach und von einem schwachen Se-
kundärmaximum (6 Proz. unter dem Mittel) am Tage des letzten Viertels
in zwei kleinere Minima (18,3 Proz. unter dem Mittel vier Tage nachi
Vollmond und 13 Proz. unter dem Mittel zwölf Tage nach Vollmond)!
zerlegt.
Nach derselben Untersuchung ist die tropisch- monatliche Periode
derselben Gewitter noch mehr ausgeprägt und zeigt Maximum undi
Minimum von etwa 30 Proz. über oder unter dem Mittelwert fünf Tage'
vor und sechs Tage nach dem südlichen Luraistitima. Die Erklärung
dieser Perioden steht noch aus.
Wie oben angegeben, zeigen die elektrischen und magnetischen
Grössen eine Veränderlichkeit nach einer Periode von nahezu 26 Tagen.
V. Bezold untersuchte die Gewitter aus Württemberg und Bayern 18S(i
bis 1887 in dieser Hinsicht, indem er die Periodenlänge gleich 25,84 Tagen
setzte. Er erhielt auf diese Weise zwei Maxima und zwei Minima in
der Periode. Einen noch unregelmässigeren Gang erhielt Bamberg, als
er die Gewitter von Schweden nach derselben Periode ordnete, sodass
die ganze Periodicität ihm zweifelhaft erschien. Viel regelmässiger ver-
halten sich die Ziffern, wenn man sie nach einer Periode von 25,929 Tagen
ordnet, welche Periodenlänge für die Nordlichter gefunden worden ist.
In diesem Falle zeigte das Material aus Deutschland sowohl wie aus
Schweden (1880 — 1895) eine ausgeprägte einfache Periode. Die Maxima
und Minima unterscheiden sich um 12,5 bezw. 8,5 Proz. von dem Mittel-
wert und fallen fast gänzlich für die beiden Reihen zusammen, was sehr
für die Richtigkeit dieser Periodenlänge spricht.
V. Bezold hat aus dem Material betreffs Blitz- und Hagelschaden
nachgewiesen, dass in den Jahren der Sonnenfleckenmaxima Minima der
Blitz- und Hagelgefahr fallen, wie aus folgender Zusammenstellung her-
vorgeht:
Maxima der Flecke . .. 1837 48 60 70 83 93
Minima „ Blitzgefahr. 1836 49 60 70 83 93
„ „ Hagelgefahr 1836 49 60 70 86 —
Jedoch scheint die Periode der Blitzgefahr nicht so einfach zu sein
wie diejenige der Sonnenflecke, vielmehr treten zwischen den erwähnten
XIII. Die Gewitter. 793
Miuimis andere ein, sodass die Sounenfleckenperiode doppelt so grosse
Länge zu besitzen scheint wie die Gewitterperiode.
Entstehung der Gewitter. Aus allen Beobachtungen scheint
hervorzugehen, dass die Gewitter an eine sehr starke Kondensation von
Wasserdampf in hohen Luftschichten gebunden sind. Wie wir bei dem
Studium der Luftelektrizität sehen werden, enthält die Luft eine gewisse
Menge von positiven und negativen Ionen, deren Anzahl stark mit der
Höhe über dem Boden zunimmt. Diese Ionisierung der Luft wächst
auch mit der Bestrahlung. Die Ionen dienen als Kondensationskerne
für den Wasserdampf, besonders die negativen. Auf diese Weise ent-
steht eine Scheidung der positiven und negativen Ionen, welche letzteren
vorzugsweise zur Erde transportiert werden und dieser eine negative
Ladung erteilen, wogegen die Luftschichten einen Überschuss an posi-
tiver Elektrizität zurückbehalten. Wolkenmassen, die sich in ziemlicher
Höhe bilden, werden eine starke Ladung erhalten. Ebenso müssen die
Gewitter sich stärker in Gegenden nahe dem Äquator ausbilden, wo die
Luft viel Ionen enthält.
Damit die wasserreichen Luftmassen hoch in die Luft hinaufsteigen,
ist ein starker Temperaturfall vom Boden nach oben hin nötig. Dies
kann in zwei Fällen eintreffen, erstens wenn der Boden stark erwärmt
wird, wie bei gewöhnlichen Sommergewittern durch Sonnenstrahlung,
zweitens wenn die Luft stark abgekühlt wird, während die Erdober-
lliiche ihre Temperatur konstant erhält. Letzteres tritt auf dem
.Meere ein, wo die Oberfläche beinahe konstante Temperatur besitzt, die
Luft aber durch heftige Strahlung in der Nacht sich stark abkühlen
im. So liegen die Verhältnisse in der Nähe von warmen Strömungen,
wo die Temperatur der Wasserfläche gegenüber derjenigen der Luft sehr
hoch ist. Besonders gross wird der Temperaturunterschied im Winter
lind in der Nacht. Deshalb ist der Gang der meteorologischen Elemente,
sonders Temperatur und Luftdruck für Wintergewitter genau der ent-
^^egengesetzte wie für die bei uns gewöhnlichen Sommergewitter, die in
den heissesten Jahres- und Tageszeiten sich besonders stark entwickeln.
Auf diese Weise kann man auch verstehen, dass keine anderen Gewitter
li auf dem Meere unter normalen Verhältnissen entwickeln können
iis diejenigen vom Typus der Wintergewitter, über Land dagegen keine
luderen als vom Typus der Sommergewitter.
Bisweilen entstehen Gewitter bei Temperaturverteilungen in der Luft
\oü der Art, dass die Temperatur langsamer als unter normalen Ver-
hältnissen mit zunehmender Höhe sinkt, das Gleichgewicht demnach
794 Physik der Atmosphäre.
stabil ist. Man ist der Ansicht, dass in solchen Fällen die feuchtwani:
Luft durch einen kalten Luftkeil in die Höhe gepresst wird. Das G»
wohnliche ist nämlich bei der Bildung von solchen Gewittern, dass eii
im Westen liegendes kaltes Gebiet mit hohem Luftdruck an ein men
gegen Osten befindliches Gebiet von warmer Luft bei niedrigem Drn
grenzt. Es sind hier die Bedingungen für die Entstehung eines mäci'
tigen Wirbels mit horizontaler Achse gegeben. Die warme Luft steie^
in die Höhe und giebt zu Kondensationen mit Gewittererscheinung
Anlass. Auch die eigentlichen Wirbelgewitter sind durch Wirbel in
eine horizontale Achse charakterisiert.
Wärmegewitter und Wirbelgewitter. NachMohn unterscheide
man zwei Arten von Gewitter: Wärmegewitter, mehr lokale Erscheinungei
welche durch eine heftige Erwärmung der unteren Luftschichten beding;
sind, und Wirbelgewitter, welche mit grösseren Barometerdepressioneil
im Zusammenhang stehen und deshalb keine so enge lokale Begrenzung
wie die Wärmegewitter besitzen und auch nicht ausgesprochen auf d'ü
wärmsten Tages- und Jahreszeiten beschränkt sind. Zu dieser Kategorie
gehören die Wintergewitter.
Die einfachste Form von Wärmegewittern kommt über den thätigei
Vulkanen vor. Die stark wasserdampfhaltigen Gasmassen, welche aus
der Vulkanröhre hinausgetrieben werden, steigen in diesem Fall nicbi
nur zufolge ihrer hohen Temperatur, sondern auch zufolge ihrer grossei
Anfangsgeschwindigkeit in die Höhe. Daher erreichen sie bedeutende
Höhen und geben auch ungewöhnlich kräftige Gewitter. Die konden-
sierten Dämpfe breiten sich in der Höhe zu der typischen Pinien-
wolke aus (Fig. 94). In anderen Fällen (vgl. Fig. 95) zeigt die Vulkan-
wolke eine Form, welche sich den gewöhnlichen Gewitterwolken mehi
nähert. Wie ausserordentlich hoch die Vulkanwolke in diesen beiden Fällei^
liegt, kann man aus den Bildern ersehen, wenn man bedenkt, dass dei!
Vesuvkrater etwa 1300 m über dem Meer liegt.
Auch die Grasbrände im Inneren Afrikas und Floridas sollen genug
Hitze entwickeln, um Wärmegewitter hervorzubringen.
Typische Wärmegewitter zeigen die tropischen Inseln, welche von
einem hohen Berg beherrscht sind. In der Nacht herrscht Berg- und
Land -Wind, in welchem die heruntersinkenden Wolken sich auflösen,
sodass der Himmel ganz rein ist. Ein paar Stunden vor Mittag kehrt sich
der Wind um, eine feuchte Brise vom Meer weht über die Küste und
steigt an den Bergabhängen hinauf. In einer bestimmten Höhe bildet
sich eine Wolke. Wenn die Temperatur der aufsteigenden Luft genügt,
XIII. Die Gewitter. 795
iiiuinit die Wolke an Mächtigkeit zu und giebt liegen. Erreicht die
Wolke eine sehr grosse Höhe und Mächtigkeit, so entsteht ein Gewitter.
Am Abend vermindert sich die Heftigkeit der Gewittererscheinungen
!id der ßegengüsse, die Wolke nimmt an Stärke ab und wird zuletzt
-in Bergwind aufgelöst. Während des Regens bleibt der Himmel über
in Meer in einiger Entfernung von der Küste unbedeckt.
Ganz ähnlich ist die Erscheinung in der Nähe der Berge der
I Alpenkette. Die Nacht zeigt hellen Himmel, gegen Mittag bildet sich
I die Gewitterwolke aus, welche am Abend sich entladet, um einen reinen
i Himmel in der Nacht Platz zu geben. Die Wolken um die Alpengipfel
erreichen viel bedeutendere Höhen (gegen 4000 — 6000 m) als die um die
eanischen Inselberge (2000—3000 m).
Oft bleibt die Umgebung der Alpenspitzen in einiger Entfernung
j,auz unbewölkt, bisweilen treibt aber der Wind die Wolken über die
Säerung hin.
Bei diesen lokalen Gewittern zeigt sich der Einfluss der elektrischen
ladungen auf den Regenguss. Nach jedem Blitz niinmt der Regen
an Stärke zu, wobei erst die grossen Tropfen fallen. Es macht
den Eindruck, als ob die elektrischen Ladungen vor der Entladung die
Tröpfchen vom Zusammenfliessen zurückgehalten hätten, was gleich
nach Verschwinden der abstossenden Kräfte geschieht. Wahrscheinlich
verhält es sich ungefähr so wie in folgendem einfachem Beispiel. Denken
wir uns eine Wolke von lauter positiv geladenen Tröpfchen, die also
positives Potential besitzt (das Potential der Erde möge wie gewöhnlich
gleich Null gesetzt werden), neben einer anderen sonst gleichen, aber
aus negativen Tröpfchen bestehenden Wolke mit ebenso grossem nega-
tivem Potential. Ein Blitz gleicht die Potentiale zwischen seinen
Endpunkten aus. Falls also ein Blitz zwischen diesen beiden Wolken
überschlägt, so wird an den vom Blitze berührten Teilen der beiden
Wolken das Potential Null werden (bei der angenommenen Symmetrie),
Da der Blitz nicht alle Teile der Wolken berührt, muss ein Teil der
Tröpfchen in jeder Wolke seine ursprüngliche Ladung behalten haben,
wuraus folgt, dass die naheliegenden Teile vom Potential Null die ent-
i^eugesetzte Ladung besitzen. Die kleinen Tröpfchen, welche vorhin
aurch ihre gleichnamigen Ladungen auseinander getrieben wurden, werden
letzt zueinander gezogen und entladen sich teilweise zueinander durch
ichenblitze. Ähnlich liegen die Verhältnisse in einer Wolke nach Ent-
ladung gegen die Erde. Das Zusammenlliessen der Regentropfen einer
Wolke wird inmier durch Entladungen begünstigt.
796
Physik der Atmosphäre.
Die Wirbelgewitter sind mehr komplizierter Natur. Wie wir obei
(S. 704) gesehen haben, findet in den grossen Cyklonen eine auf-
steigende Luftbewegung mit Kondensation statt, welche in West- unc
Mittel-Europa im südöstlichen Quadranten der Depression, der mit
feuchter Luft gespeist wird, besonders stark hervortritt. Diese Konden-
sation kann bisweilen zur Entstehung von Gewittern führen. Ähnlicheii
Art sind die starken Gewitter, welche die tropischen Cyklonen begleiten!
(vgl. S. 711) und im allgemeinen die Gewitter, welche sich auf dem
Meer bilden.
Fig. 241.
Über dem Binnenland fiudet sich häufig eine Gewitterbildung bei Vor-
handensein von stark ausgeprägten barometrischen Kinnen oder V-förmigen
Isobaren. Ein typisches Gewitter dieser Art ist von Durand Greville
untersucht worden, welcher die näheren Umstände dabei in nebenstehender
Kartenskizze (Fig. 241) angegeben hat. Die Luftdruckverteilung über
Mittel-Europa wird von dem Teil I angegeben. Die V-förmigen Aus-
buchtungen der Isobaren von 9 Uhr abends (Pariser Zeit) sind sehr stark
ausgeprägt. Der Gradient längs der Rinne in Deutschland betrug nicht
weniger als 10 mm. Die Spitzen der V-förmigen Ausbuchtungen sind
durch eine punktierte Linie miteinander verbunden. Die Lage dieser
■
Xlll. Die Gewitter.
797
Linie zu verschiedenen Zeiten und damit ihr Fortschreiten gegen Osten
wird von Teil II angegeben. Da der Luftwirbel, an den das Gewitter
gebunden ist, sich in der Nähe der Rinne entwickelt, so treten auch
iie Gewittererscheinungen an jeder Stelle ungefähr in dem Moment
in, wenn die genannte Linie vorüberschreitet. Diese Linie stimmt
ilso sehr nahe mit den unten zu erwähnenden Isobronten überein.
\i)er sie unterscheidet sich von diesen dadurch, dass Gewitter nicht
rall notiert wurden, wo die betreffende Linie vorüberstrich. Die vom
aewitter heimgesuchten Gegenden sind in der Karte II schraffiert ge-
;!Piclinet. Sie bilden drei zusammenhängende Stücke, wovon ein grosses
Fig. 242.
iiittleres das östliche Frankreich, Süd-Deutschland und den grössten Teil
l<'r Schweiz umfasst, ein kleines südliches liegt in den Cevennen und ein
Mch kleineres nördliches um Berlin. Ausser der barometrischen Rinne
ind noch andere Bedingungen nötig, worunter die wichtigste genügende
Erwärmung der unteren Luftschichten ist — deshalb fallen die meisten
jiewitter, wie die Karte zeigt, in die Nachmittagszeit zwischen 3 und 8 Uhr,
mr die Umgebung von Berlin wurde erst zwischen 9 und 10 Uhr abends
iü Gewitter getroffen.
Der Teil III der Skizze giebt den Gang des Barometers mit den
•harakteristischen Gewitternasen wieder. Dieselben sind ebenso ausge-
;)rägt für Angers, Paris und Chemnitz, welche nicht vom Gewitter be-
798 Physik der Atmosphäre.
riilirt wurden, wie für Nancy, welches nahe der Mitte des grössteii < >
Wittergebietes lag.
Die umstehende Figur (Fig. 242) giebt nach Angot die Vc;
teilung der Winde in der Nähe der Rinne wieder. Die Rinne li'
bei D. Rechts (nach Osten) von ihr bei A steigen heisse Luftinass
auf, welche zur Bildung einer Gewitterwolke, Cumulo-Nimbus mit ob'
lagerndem Cirro-Stratus Anlass giebt. Bei B sinkt die schwere kül
Luft unter heftigem Regenguss herunter. Dadurch bildet sich ein hei
tiger horizontaler Wirbel um C herum aus. Man sieht häufig, wie zei'
rissene Wolken, Fracto-Nimbi, während der Gewitter um diese Aclis
wirbeln.
Dieser Wirbel ist von der grössten Bedeutung für die Fortdauer d<
Gewitter. Die Luftmassen bei D werden dadurch stark gehoben uu'
abgekühlt, wodurch ein sehr kalter Regen, bisweilen auch Hagel entstell'
Dieser Niederschlag fällt wegen seiner Mächtigkeit sehr schnell zun
Boden hinunter und transportiert dadurch gewissermaassen die Kältn
aus den oberen Luftschichten zum Boden. Die bei B hinuntersinkendcj
Luft wird am Boden abgekühlt und erwärmt sich deshalb viel wenige i
als sie sonst thun würde, bis sie wiederum bei D aufsteigt. Müll'
vergleicht aus diesem Grund den betreffenden Wirbel mit einer Ei.
maschine.
Zuletzt kann die aufsteigende kalte Luft keinen nennenswerte i
Niederschlag mehr abgeben, die Wolke wird links von B durch dei^
Regen entleert, die Abkühlung unter C schreitet weiter und weiter nacli
rechts über D gegen Ä, kühle Luft schiebt sich hinein und hebt dv
warme Luft rechts von Ä, sodass die Wirbelbewegung und damit au«
die Gewittererscheinung immer mehr nach rechts fortschreitet. Je weit.
aber der Wirbel schreitet, desto später am Tag vvird es, zuletzt sind di'
Luftmassen rechts von A nicht genügend erwärmt, um sehr hoch ziij
steigen, die Kondensation und Wolkenbildung wird schwächer und noch
schneller nimmt der Elektrizitätstransport mit dem Niederschlag abi
Zuletzt werden die elektrischen Ladungen der Cumulo-Nimbus -Wölk»
so schwach, dass die Entladungen nicht mehr wahrnehmbar sind. Du
Gewitter ist zu einem gewöhnlichen Regen geworden.
Fortpflanzungs-Geschwindigkeit der Gewitter. Einige G-
Witter, namentlich in Gebirgsgegenden, bleiben über demselben Ort stehen,
über dem sie sich ausgebildet haben (s. g. lokale Gewitter). In der über-
wiegenden Zahl von Fällen ziehen aber die Gewittererscheinungen von
einem Ort zum anderen. Sie folgen dabei den in höheren Luftschicht«
XIII, Die Gewiiter. 799
I ] herrscliendeii Windzügen, welche liüufig von den an der Erdoberfläche
' 'Waltenden bedeutend abweichen.
Die meisten Gewitter in Europa haben eine vorherrschende Zug-
[ I richtung aus W und SW; in Schweden ist die Zugrichtung mehr von
ilen. Die prozentische Verteilung auf die verschiedenen Windrichtungen
folgende (nach Hann):
N NE E SE S SW W NW
7 5 5 7 10 24 27 15
Es wird häufig angegeben, dass die Geschwindigkeit der Gewitter
IUI Übergang über Flussläufe sehr stark abnimmt. Hann bezweifelt
üie Richtigkeit dieser Angabe, da die Gewitter häufig von hohen Ge-
Itirgszügen in ihrem Gang nicht gestört werden.
Durch die Beobachtungen an meteorologischen Stationen ist es mög-
I^B, die Ankunftszeit eines Gewitterzuges an einem bestimmten Ort
^cht genau zu ermitteln. Man zeichnet meistens die Zeit des ersten
hir»rbaren Donners auf, in anderen Fällen die Zeit der kräftigsten Ent-
wickelung der Gewittererscheinungen (Italien), in wiederum anderen
I diejenige des Anfangs des Regens. Bisweilen geschieht es beim Port-
schreiten eines Wirbelgewitters, dass die elektrischen Entladungen
während einiger Zeit stark abnehmen oder sogar aussetzen, wonach sie
oder zunehmen bezw. bemerklich werden können (vgl. Fig. 241 11
796).
Die Punkte, welche gleichzeitig von den Gewittern erreicht werden,
\ erbindet man auf der Karte und erhält so Linien, die Isobronten ge-
Miinnt werden. Eine auf diese Weise erhaltene Isobronten -Karte ist
jnach Erk in Fig. 243 wiedergegeben. Auf derselben ist mit römischen
ZifiFern die Eintrittszeit des Gewitters bezeichnet.
Aus diesen Karten kann man Schlüsse über die Fortpüanzungs-
schwindigkeit der Gewitterzüge ziehen. Dieselbe ist recht veränder-
' h und beträgt im Mittel für die Ostalpenländer 30,4, für Ober-Italien
■<'),\, für Süd-Deutschland 36,8, für Norwegen 38, für Holland, Mittel-
iiid Süd -Italien 39, für Russland und Frankreich 41 km pro Stunde.
Noch grösser ist sie in Nord-Amerika, so z. B. in den Neu-England-Staaten
'1,4 km pro Stunde (15,1 m pro Sek.).
Diese Geschwindigkeit ist im allgemeinen grösser im Winter als im
inmer. So z. B. ist die Geschwindigkeit in Süd-Deutschland für das
Vinterhalbjahr 43,3 km, im Sommerhalbjahr 38,4 km, in Russland bezw.
■)l und 45 km pro Stunde (etwa 12 Proz. Unterschied). Italien macht
\\
1?
■
Xlll. Die Gewitter. §01
e Ausnahme mit einem etwa ebenso grossen Unterschied in entgegen-
setzter Richtung.
Auch die Nachtgewitter besitzen im allgemeinen eine grössere Fort-
nzungs- Geschwindigkeit als die Tagegewitter. In Süd-Deutschland
ägt die Fortpflanzungs -Geschwindigkeit zwischen 10'' Vorm. und
Nachm. 85 Proz. derjenigen zwischen 10'^ Nachm. und 2^* Vorm.
Die Wirbelgewitter zeigen im allgemeinen eine grössere Fortpflan-
gs-Geschwindigkeit als die eigentlichen Wärmegewitter.
Prohaska hat für die mittlere Dauer der Gewitter in den Ostalpen
, folgende Daten gegeben. Winter 1,25, Frühling 1,29, Sommer 1,42,
Herbst 1,57, Jahr 1,41 Stunden. Im allgemeinen scheinen die Herbst-
..cwitter am längsten zu dauern. Mit einer mittleren Geschwindigkeit
1^^ 30 kra pro Stunde erstreckt sich demnach der Gewitterzug in den
^Italpen über eine Breite von 42 km. Dagegen erstreckt sich die Ge-
witterfront, wie vorstehende Karte andeutet, über mehrere Hunderte von
lometern.
Birkner hat aus der sächsischen Gewitterstatistik den Schluss ge-
lten, dass die Dauer der Gewitter mit der Seehöhe zunimmt. Während
sie im Mittel für Ortschaften mit 100 — 300 m Seehöhe eine Stunde be-
erreicht sie für eine Höhe von 300—500 ra 1,3, für eine über
m 1,5 Stunden. Je grösser die Höhe über dem Meer, desto kräftiger
ja auch nach dem vorhin Gesagten anfangs die Elektrizitätsentwickelung
dem Gewitter (vgl. S. 788 und 795).
Hagelwetter. Die Gewitter sind bisweilen von Hagelfall begleitet.
Hagel besteht aus Eisstücken von häufig sehr eigentümlicher Ge-
lt, von Erbsen- bis Citronengrösse, bisweilen darüber. Anfang Juli 1897
len in Steiermark und Kärnten Hagelkörner von 15 cm Grösse und
iber 1 kg Gewicht, zu Utrecht fielen am 9. Sept. 1846 Hagel von 22 cm
I Hirchmesser. Die Hagelkörner haben frisch gesammelt eine recht niedrige
l't'inperatur, bisweilen bis zu — 13*^ C.
Die Hagelwetter ziehen wie die Gewitter mit einer mittleren Ge-
'i windigkeit von etwa 40 km pro Stunde über lange Strecken. Die
i'ite der Hagelzüge ist dagegen viel geringer als diejenige der Ge-
itter, meistens nur 8 — 10 km (in Steiermark nach Prohaska). Häufig
'j;en mehrere Hagelzüge einander in nahezu derselben Bahn.
Die Hagelkörner haben meistens eine konzentrische Struktur um
liinen opaken graupelähnlichen Kern, welchen durchsichtige Schalen, die
Hsweilen von kleine Luftbläschen getrübt sind, einschliessen. Die
|ll|Bsersten Teile sind bisweilen krystallinisch.
Arrhenius, Kusmiscbe Physik. 51
802
Physik der Atmosphäre.
Die Fig. 244 giebt die Formen einiger Hagelkörner wieder, die durcli
ihre Grösse ausgezeichnet sind. Die mit A bezeichneten fielen bei
la Braconniere, Dep. Mayenne, den 4. Juli 1819 und hatten eineni
Durchmesser von gegen 8 cm. Innen bemerkt man wie bei den anderen!
den charakteristischen schneeigen Kern, der von einer strahligen krystal-
linischen Hülle umgeben ist. Die kry stallische Struktur deutet darauf j
hin, dass das Wasser langsam erstarrt ist. Noch besser ausgebildet
waren die Krystalle bei den Hagelfällen in der Nähe von Tiflis ai
27. Mai und 9. Juni 1869 (Fig. 244 B). Um den Kern ist die sechs-
strahlige Struktur der Schneekrystalle zu erkennen. Zu äusserst sitzt eine
unregelmässige Kruste von stark entwickelten hexagonalen Eiskrystalleii
Diese Hagelschlossen erreichten eine Länge von 7 cm. Schliesslich giebt
Fig. 244 G eine ausserordentlich grosse Hagelkugel wieder, die am 9. Sept
1846 zu Utrecht fiel. Diese Kugeln sollen bis 22 cm Durchmesser ge-
habt haben. Um den lockeren Kern sind hier durchsichtige Eisschalei
gelagert, welche stellenweise von schneeigen Eismassen durchbrochen sind
Der äussere, grösste Teil der Kugel besteht aus einer dicken Kruste voi
undurchsichtigem Eis.
Die meist runde Form deutet auf eine drehende Bewegung bei de
Entstehung des Hagels. Noch deutlicher verrät sich diese Drehung uii
eine Achse in der Form, die der Hagel nicht selten hat, eine Scheibe nii
einer dicken Wulst am Rand.
Manchmal haben die Hagelsteine eine birnenähnliche Form, wobi
sie wohl mit dem dicken Ende nach unten gefallen sind. Dieser Fori)
steht einer anderen pyramidischen oder konischen mit sphärischer Basi:^
fläche nahe; solche Hagelkörner sehen aus, als ob sie aus grösserei
kugelrunden Körpern durch centrale Spaltung entstanden wären. End
XIII. Die Gewitter. 803
lieh können auch die Schlössen, wie Krystalle durch ebene Flächen be-
L^renzt sein; von dieser Art waren die ungewöhnlich grossen Eisstücke,
\\ eiche am 2. Juli 1897 in Brückl in Kärnthen niederfielen. Diese letzte
^orm ist jedoch recht selten.
Die Bildung so ansehnlicher Eismassen, wie die Hagelschlossen
«fig zeigen, ist schwer zu verstehen. Natürlich muss sie in hohen Luft-
ichten stattfinden. In den bei heftiger aufsteigender Wirbelbewegung
ibildeten Wolken bleiben die Tröpfchen lange in überkältetem Zustand
flüssig, wenn die umgebende Temperatur schon weit unter Null ge-
sunken ist. Barral und Bixio beobachteten bei einer Ballonfahrt am
27. Juli 1850 in einer Wolke, die 1950 m über dem Boden anfing, dass
die Temperatur in 3300 m Höhe unter Null und bei etwa 6000 m auf
— 10<> C. sank. Erst in dieser Höhe traten Eisnadeln und Schnee an
Stelle der Tröpfchen in der Wolke auf. Bei sehr heftigen aufsteigenden
Bewegungen der Luft können ohne Zweifel noch dickere Wolken, als die
■nannte 4000 m mächtige, aus überkälteten Wassertröpfchen bestehen.
In dem Cirro-Stratus-Schirm befinden sich Eisnadeln. Kommen
Mose durch Wirbelbewegungen mit überkälteten Tropfen in Berührung,
' scheidet sich Eis aus diesen teilweise aus und es entstehen gewöhn-
liche Graupelkörner, die ja einen grossen Teil des Niederschlages im
Frühling oder in den Bergen ausmachen.
Solche Graupelkörner bilden auch den Kern der Hagelkörner. Um
nun die weitere Ausbildung der grössten Hagelkörner begreiflich zu
machen, muss man zwei Annahmen machen, erstens dass sie lange in
• ier Luft schweben bleiben (oder langsam her untersinken), zweitens
hiss elektrische Ladungen verschiedener Art eine starke Anziehung
zwischen Kegentröpfchen oder Schneekrystall und Hagelkorn hervor-
1 »ringen. Was die erste Annahme betrifft, so kann man aus den Daten
Mif S. 641 berechnen, dass in einer Höhe von etwa 2000 m eine Wind-
schwindigkeit in vertikaler Richtung von 14,5 m pro Sek. genügt, um
i!iae Eiskugel von 1 cm Durchmesser schwebend zu erhalten. Für eine
lliskugel von dem vierfachen Durchmesser ist nur eine doppelt so grosse
«ieschwindigkeit nötig, für eine vom 16 fachen Durchmesser (also 16 cm,
wie die grössten Hagelkörner) eine 4 fache (d. h. 58 ra pro Sek.). Es ist
wohl kaum wahrscheinlich, dass so grosse Geschwindigkeiten wie die
letzte in vertikaler Richtung vorkommen, schon die erste muss wohl als
' xceptionell betrachtet werden.
Wir können demnach auf diese Weise wohl nur die Existenz von
I fagelkörnern von Haselnussgrösse verständlich machen. Solche können sich
51*
g()4 Physik der Atmosphäre.
in 2000— 3000 m Höhe schwebend halten. Wenn sie weiter an Schwere zu-
nehmen, so muss das geschehen, während sie herunterfallen und zwar spielen
die elektrischen Ladungen dabei eine wesentliche Rolle. Die Hagelwetter
zeichnen sich durch grosse Häufigkeit der elektrischen Entladungen aus
(C oll adon schätzte sie beim Hagelfall zu Genf am 7.-8. Juli 1875 au
2 bis 3 in der Sekunde) und die Hagelkörner sind bisweilen so stark elek-
trisch geladen, dass sie phosphorescieren (dies wurde im selben Fall be-
obachtet). Dagegen ist der Donner schwach und häufig nicht hörbar.
Alles deutet darauf hin, dass sich beim Hagelfall sehr starke elektrische
Kräfte entwickeln, und die umgebenden Wassertropfen zu den fallenden
Hagelkörnern hinziehen. Dadurch wird auch die Fallgeschwindigkeit
geringer.
Klares Eis deutet auf Niederschlag von überkältetem Wasser auf das
Hagelkorn; wenn Krystalle vorhanden sind, so ist das Gefrieren relativ
langsam vorsichgegangeu, besonders wenn sie gross sind wie in Fig. 244/?.
Milchweisse Eisabscheidung deutet auf eine Mischung von Wasser und
Schneekrystallen, die sich abgesetzt hat.
Bei solchen Hagelkörnern, wie den in Fig. 244 i? dargestellten, muss
die Fallzeit unerhört gross gewesen sein. Diese Art ist auch äusserst
selten, die gewöhnlichste ist von derselben Sorte wie Fig. 244 C, aber viel
kleiner.
Hagelkörner, die zwei oder mehrere Kerne enthalten, sind nicht
selten. Die undurchsichtigen Eisschollen sind nach Harting, der den
Utrechter Fall genau untersuchte, aus kleinen Körnchen von 0,1—0,2 mm
Durchmesser mit. dazwischen liegenden Luftblasen zusammengeballt.
Die von Hagelstürmen verursachten Schäden sind häufig sehr gross.
So soll ein Hagelwetter vom 13. Juli 1738 einen Schaden von 25 Millio-
nen Franken verursacht haben.
Der Hagel ist (wie die Gewitter) in den polaren Gegenden sehr
selten. Statt dessen fallen Graupeln wie bei uns im Winter. In ge-
mässigten und subtropischen Ländern sind sie am gewöhnlichsten. lu
tropischen Landesteilen kommen sie auch bisweilen vor, speziell die mit
grossen Körnern. Die meisten Hagelkörner schmelzen dort, bevor sie den
Boden erreicht haben. Auf dem (nahe dem Äquator in Ecuador ge-
legenen) Antisana beobachtete man in 4000 m Höhe elf Hagelfälle in
neun Monaten. Einige Gegenden scheinen besonders vom Hagel
heimgesucht zu sein. Dazu gehören Steiermark und Kärnten und
die Abhänge des Kaukasus. Die wärmeren und trockneren Landes-
strecken scheinen öfters als die kälteren und feuchteren, das Land vor
■
¥
XIII. Die Gewitter. g05
den Mündungen der Gebirgsthäler häufiger als diese selbst und das Ge^
birge vom Hagel getroffen zu werden. Im Gebirge sind die Hagelkörner
klein und gehen in Graupeln über. Boussingault beobachtete bei
einer Reise in den Anden, dass die Hagelkörner, die oben ganz klein
waren, immer grösser wurden, je tiefer er kam.
Die allgemeine Wetterlage bei Hagelstürmen ist nahezu dieselbe
wie bei Gewittern und die Hagel sind als Begleiter der Gewitter anzu-
sehen, die nur längs einer oder einiger sehr kurzen (meist 8 bis 10 km
langen) Strecken der Gewitterfronten vorkommen.
Die Jahresperiode der Hagelwetter ist dieselbe wie die der Gewitter, nur
ist der Frühling etwas hagelreicher, sodass häufig ein Maximum im Mai
zu finden ist (Holland, Bayern, Sachsen). Die tägliche Periode ist ebenfalls,
ungefähr dieselbe wie die der Gewitter, aber noch etwas ausgeprägter. In
Mittel-Europa treffen 27 Proz. der Hagelwetter zwischen 2 und 4 Uhr,
Nachm. ein (67 Proz. zwischen 12 und 6 Uhr Nachm.). Das Minimum
ffillt zwischen 2—8 Uhr Vorm. (4 Proz.). . • . ,
Wetterschi essen. Wegen der grossen Schäden, welche die Hagel-
wetter anrichten, hat man sich bemüht, Mittel zu ihrer Verhinderung
aufzufinden. Schon seit alten Zeiten glaubt man, durch heftige Er-
schütterung der Luft, wie durch starkes Läuten und Schiessen,' einen
günstigen Einfluss ausüben zu können. Versuche in dieser Richtung
id neuerdings in grossem Maassstab in Österreich, Italien, Frankreich
und Amerika aufgenommen worden. Obgleich es nicht wahrschein-
lich ist, dass selbst die heftigsten Lufterschütterungen an der Erdober^
fläche in den Höhen — etwa 5 km und darüber — , wo die Hagelkörner
h bilden, irgend welche merkliche Wirkung haben können, wollte man
Lgen der hohen wirtschaftlichen Bedeutung diese Mittel doch nicht
iiiversucht lassen. Man wollte den Luftwirbelringen, welche sich beim
Vbfeuern eines Geschosses bilden, eine besondere Wirkung.. zuschreiben;
jiieselben erreichen jedoch nur sehr massige Höhen und keineswegs den
;iildungsherd der Hagelschlossen. ,:
Man richtete also in bestimmten Gegenden, die häufig von Hagel-
tter heimgesucht werden, ein Netz von Schiessstationen ein, wo bei
Mizeichen eines Hagelwetters Böllerschüsse abgefeuert wurden. In
falien waren nicht weniger als 9400 solche Stationen eingerichtet. Der
folg scheint jedoch nach der bisher beschafften Statistik sehr zweifel-
itt zu sein; zur Beschaffung von mehr Versuchsmaterial werden die
ersuche fortgesetzt. Dass in einzelnen Fällen (besonders in Österreich)
806 Physik der Atmosphäre.
die Schiessversuche von Erfolg gekrönt zu sein scheinen, mag auf Zufall
beruhen.
Nach einer Untersuchung von v. Bezold und Lachmann werden
an den preussischen Scbiessplätzen der Artillerie weniger Gewitter (20
bis 25 Proz.) beobachtet als in (Jeren nächster Umgebung. Wenn dies»
Beobachtung sich bestätigte ~ es könnte z. B. an den Schiessplätzen
der Donner des Gewitters bisweilen überhört werden — , so dürfte die
Wirkung auf die starke Entwickelung von Kauchgasen an den Schiess-
plätzen zurückzuführen sein (vgl. S. 781).
Wasserhosen, Tromben und Tornados. Unter äusseren Um-
ständen, welche denjenigen ähnlich sind, die Gewitter- und Hagelbilduug
begünstigen, entstehen bisweilen ausserordentlich lebhaft rotierende
und häufig von elektrischen Erscheinungen begleitete kleine Wirbel, die
eine gewaltsame mechanische, zerstörende Wirkung ausüben. Diese eng
begrenzten Wirbel nehmen ihren Anfang unter einer Gewitterwolke, von
der sie wie ein Zapfen oder Elefantenrüssel herunterhängen. Der Wirbel
kann sich dann weiter ausbilden, sodass er die Erdoberfläche berührt
wo die Reibung ihn meistens erweitert. Der ausserordentlich niedrig'
Luftdruck im Centrum übt eine mächtige hebende, saugende Wirkunc
aus, die Wassermassen, Hausdächer, Bäume u. s. w. hebt und herum-
schleudert.
Diese Wirbel entstehen am häufigsten über Wasserflächen (Fig. 245),
wahrscheinlich, weil da die Reibung am geringsten ist und heissen
dann Wasserhosen. Sie sind in den tropischen Gegenden am gewöhn-
lichsten; ihr Durchmesser beträgt nur wenige Meter, die Wassermasseo
steigen unter Bewegungen wie beim Kochen in spitzen schäumenden
Massen empor und fallen nieder , sobald die saugende Mitte des Wirbels
vorbeigeschritten ist.
Die Wassermassen sollen sich 4—8 m erheben können; wenn der
Raum im Inneren der Wasserhose luftleer wäre, so würde die Spitze
unter Atmosphärendruck etwa 10 m Höhe besitzen. Man sieht, wie stark
der Druck in den Wasserhosen vermindert ist.
Von der Spitze löst sich Schaum oder Wasserstaub ab und steigt
in noch grössere Höhen , sodass Wolken und Wasser meist kontinuierlich
ineinander überzugehen scheinen. Die Wassertropfen in dem schlauch-
förmigen Teil der Wasserhose bilden sich teils infolge der aufsteigenden
Bewegung der stark feuchten Luft, teils und wohl hauptsächlich direkt
durch die starke Abkühlung und Kondensation, welche die heftige Aus^
dehnung von Atmosphärendruck auf den sehr niedrigen Druck im Innerea
4
r
XIII. Die Gewitter.
807
der Wasserhose begleitet. Wenn die Wasserhose sich auflöst, so ver-
schwindet zuerst ihr mittlerer Teil zwischen Wolke und Wasser. Die
drehende und aufsteigende Bewegung ist wohl noch da, aber die Menge
des kondensationsfähigen Wasserdampfes ist zu gering geworden, um
'Ml W^irbel noch sichtbar zu machen.
Trifft das untere Ende des Wirbelschlauches die feste Erdoberfläche,
'» entsteht eine Trombe oder Wettersäule. Statt Wasserstaub und
haum füllen in diesem Fall Staub und vom Boden in die Höhe gerissene
' li^genstände, wie Heu, Erde, Laub, Zweige u. s. w. den unteren Teil des
Fig. 245. Wasserhosen.
\Virbels. Tromben entstehen, wie die Wirbelgewitter, häufig in der Nähe
vi)n barometrischen Depressionen und der Sinn ihrer Drehung wird dem-
zufolge meistens von der Erddrehung bestimmt, d. h. sie drehen sich auf
der nördlichen Halbkugel von oben gesehen in entgegengesetztem Sinn
wie die Zeiger einer Uhr, Diese Wirbel haben ihren eigentlichen Ur-
sprung in den Wolken und dehnen sich von da bis zum Erdboden aus
im Gegensatz zu den kleinen Staubwirbeln, welche bei starker
lirwärmung des Erdbodens auf Strassen oder in den Wüsten ent-
■f'hen und deren Drehungsrichtung bald nach der einen, bald nach der
mderen Seite liegt. Warme, feuchte Luft ist jedenfalls für die Aus-
Inldnng der Tromben günstig. Wie die Gewitter geht die Trombe ihren
808
Physik der Atmosphäre.
Weg unbeeinflusst von den Gebilden auf der Erdoberfläche. Sie kann dabei
abwechselnd zur Erde hinunterreichen oder in der Luft enden. Wenn sie
auch nicht sichtbar zur Erdoberfläche hinunterreicht, kann sie doch
grossen Schaden anrichten, denn die wirbelnde Bewegung der Luft am
Boden kann auch dann noch sehr heftig sein. Eine Abbildung einer
solchen Trombe zeigt Fig. 246.
Fiff. 246. Trombe vom 7. Okt. 1884 bei Catania.
Die Bahnen dieser Wirbel sind noch viel schmäler (ein bis
einige hundert Meter) als diejenigen der Hagelwetter, was aus den eng
lokalisierten verheerenden Wirkungen hervorgeht. Diese beruhen auf ihrer
grossen Drehungsgeschwindigkeit, die 50, nach einigen Schätzungen sogar
100 m pro Sek. erreichen kann. Die Tromben sind in mittleren Breiten
am häufigsten vertreten, sie können aber auch bis zu 60*^ n. Br. vor-
kommen , so sind in Schweden viele Tromben untersucht und beschrieben
worden.
Sehr häufig sind sie in Nord - Amerika zwischen dem. Felsen-
gebirge und dem Alleghany - Gebirge und geben dort zu schweren Ver-
h
XIII. Di6 Gewitter.
809
istungtii Aiilass, von deoen die Zeitungen häufig Berichte mitteilen.
>ie haben daselbst einen eigenen Namen „Tornados" erhalten.
Sie treten bei massigen südlichen Luftströmungen auf und werden
II ausserordentlich heftigen Gewittern (nicht selten in Form von Kugel-
izen) und von Hagelfällen begleitet. Sie ziehen meistens (wie die
witter) von SW nach NE, mit einer Geschwindigkeit von im Mittel
km in der Stunde, Da sie einen Durchmesser von meistens weniger
3U0 m besitzen, so ist ihre Zerstörungsarbeit gewöhnlich in weniger
einer halben Minute vollendet.
Ihre mechanische Arbeitsfähigkeit ist unglaublich gross, sie heben
icht nur Dächer ab, sondern heben sogar ganze Häuser mitsamt den
Üewohneru in die Höhe, tragen sie weit (lüO m) weg oder zerquetschen
Wände. Ein Wagen von 1600 kg wurde 18 m verschoben und über
16^
20': Midi
16^
730.
1 1 1
1
.^^
'^"~^.
^ — ^j
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'
7
,r^
K^
N^
■v~>
r ^
Fig. 247.
jn Zaun von 1,8 m geweht, ohne ihn zu berühren. Wegen des
Irigen Druckes im Wirbel platzen die Fensterscheiben und ge-
lossene Gefässe, bisweilen sogar die Häuser selbst. Das plötzliche
fen des Barometers in der Mitte der Trombe ist dreimal beobachtet
len, zu Little-Rock, Arkansas, am 20. Okt. 1894, zu Paris am 10. Sept.
und zu Asnieres bei Paris am 18. Juni 1897. Das Barometer gab
Senkung von 8 bis 10 mm an. In diesen Fällen waren wohl die
nben sehr schwach (vgl. die drei Barogramme Fig. 247).
Sie bilden sich in dem südöstlichen Quadranten der Barometer-
nressionen aus, wo nach neueren Untersuchungen ein stark labiles
■ichgewicht der Luftmassen leicht entsteht, und wo die Temperatur-
terschiede zwischen der vorderen und der [hinteren Seite- der Cyklone
lark ausgeprägt sind. Dies trifft nun viel häufiger in Amerika als in
iiropa ein, und dementsprechend sind die Tromben dort viel häufiger
iid kräftiger als hier. Sie sind jedock in den Appalacheu und dem
glO Physik der Atmosphäre.
Felsengebirge, sowie in den nordöstlichen Staaten der Union sehr selten.
Am gewöhnlichsten sind sie in Kansas.
Auf eine Million km^ kommen sie nach Finley in folgender An-
zahl pro Jahr vor:
Kansas 26, Missouri 20, Jowa 19, Nebraska 17, Indiana 14, Massa-
chusetts 14, Alabama 13, Minnesota 12, Maryland, Ohio 11, Dacota.
Louisiana und Wisconsin 10. In den ganzen Vereinigten Staaten kommen
etwa drei verheerende Tornados pro Jahr vor.
Mehrere Tornados folgen häufig einander in nahezu derselben Bahn
wie die Hagelwetter. Sie haben auch dieselbe jährliche und täglicli
Periode, wie folgende Daten (in Prozent) zeigen.
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
1,2 5,0 8,4 17,2 18,6 15,7 12,7 8,1 G,3 2,3 3,0 1,5
0-2, 2-4, 4-6, 6-8, 8—10, 10—12, 12—14, 14-16, 16-18, 18-20, 20—22, 22-24
1,7 1,6 0,9 0,8 1,8 5,1 9,1 21,6 28,8 15,2 8,2 5,2
Die Geschwindigkeit der Luft im Tornado erreicht Werte von 45 bi>
250, bisweilen sogar 450 m pro Sek. An der Lage der fortgeschleuderten
Gegenstände erkennt man den Sinn der Drehung in den Tornados. Ei,
ist immer derselbe wie in den Cyklonen.
Um der Lebensgefahr beim Tornado zu entgehen, baut man
Tornadokeller, in v/elche man beim Herannahen eines Tornado sic^
zurückziehen kann.
Der jährlich durch Tornados in den Vereinigten Staaten verursachte
Schaden wird zu etwa drei Millionen Dollars taxiert. Der Tornado vom
27. Mai 1896 zu St. Louis brachte Verluste von 12 Millionen Dollars un4
308 Menschenleben mit.
Wie die Tromben überspringen häufig die Tornados grosse Strecken
in ihrer Bahn, indem der trichterförmige Wirbel an diesen Stellen nicW
zur Erde hinunterreicht. Bisweilen kann der Tornado sich bis zu den
obersten Gipfeln der Bäume oder zu den Schornsteinen der Häuser hin-
unterstrecken, hier alles zerstören, die tiefer liegenden Gegenstände aber
unversehrt lassen. Bei der Pariser Trombe hat man die eigentümliche
Beobachtung gemacht, dass ihre Gewalt 20—25 m über dem Boden, wo
sie die Hausdächer zerriss, viel grösser war, als in 58 m Höhe, wo sie das
Dach von Tour St. Jacques unbehelligt Hess.
p
Xlir. Die Gewitter.
811
Häufig vollführt der Tornadowirbel mehrere Schwingungen rechts
iiid links von seiner mittleren Bahn, besonders in der ersten Zeit, wenn
r die Erde erreicht hat. Die erste Schwingung geht immer nach links.
Diese Schwingungen nehmen an Amplitude schnell ab.
Die meisten Tromben sind von einem eigentümlichen Geräusch be-
gleitet, welches mit dem Rasseln von mehreren mit Eisenwaaren be-
idenen Wagen verglichen wird. Vielleicht rührt dieses Geräusch von
!i Stössen der in der Trombe aufgewirbelten festen Körpern her.
XIV. Meteorologische Akustik.
Beugung der Schallwellen. Ebenso wie sich die Wasserwelleit
um einen isolierten Felsen herumbiegen, ebenso verhalten sich auch die
Schallwellen. Zwar ist es leicht wahrzunehmen, dass hinter einem Hügel
oder Gebäude auf der Vorderseite hervorgebrachte Töne nur schwach hör-
bar sind. Wenn aber die Töne kräftig genug sind, hört man sie aucli
hinter den dichtesten Hindernissen.
Ein auffallendes Beispiel dieser Eigenschaft des Schalles erzählt
Tyndall, eine Explosion eines Pulvermagazines nahe am Dorfe Eritl,
in England. Die Fensterscheiben der Häuser im Dorfe waren auf der
zum Pulvermagazin gewendeten Seite und auf der abgewendeten fast
gleich stark zerbrochen. Alle Fenster der Kirche waren nach innen ein-
gebogen, indem die Bleirahmen dem Druck nachgegeben hatten.
Übergang des Schalles von einem Medium in ein anderes.
Wenn man einen Laut unter Wasser hervorruft, z. B. eine Glocke läutet,
so hört man sehr wenig davon in der Luft. Und umgekehrt dringen
die Schallwellen, welche in der Luft entstehen, zu einem äusserst unbe-
deutenden Bruchteil in Wasser ein. Diese Frage ist von einer gewissen
praktischen Bedeutung, denn die Fischerbevölkerung hat häufig die un-
richtige Vorstellung, dass die Fische durch die Schallsignale der Loots-
stationen vertrieben werden.
Um dies zu untersuchen, gehen wir von folgenden Annahmen aus.
Eine Schallwelle möge eine Wasserfläche treffen. Die Geschwindigkeit
des untersten Luftpartikelchens in vertikaler liichtung soll gleich der-
jenigen des angrenzenden obersten Wasserpartikelchens sein. Die Energie-
menge der einfallenden Welle (aus der Luft) soll gleich der Summe der
Energiemengen der gebrochenen und der reflektierten Welle sein.
Es sei cp der Einfalls- und (p^ der Brechungswinkel der Wellen-
normale (vgl. Fig. 248), so verhält sich nach der Wellenlehre:
sin 9) V l
sin f/)i "~ F» — r"'
I
XIV. Meteorologische Akustik.
813
wenn V und F\ l und l^ die Geschwindigkeiten bezw. Wellenlängen des
erregten Tones in den beiden Medien Luft und Wasser bedeuten. Bei
QOjst v= 330 m pro Sek., F^ nach den Messungen von Colladon und
Sturm in Süsswasser gleich 1435 m pro Sek., nach denjenigen von
Beudant für Salzwasser gleich 1500 m pro Sek.; im Mittel ist also
r' == 1467 m pro Sek., wonach V:V^ = 4,35. Die Geschwindigkeit des
Schalles im Wasser steigt stark mit der Temperatur. Sie ist nach
Wertheim:
bei 15 ö C. 1437 m pro Sek.,
„ 30 „ 1528 „ „ „
„ 600 ^^ 1725 „ „ „
list also ungefähr wie die % Potenz der absoluten Temperatur.
Es seien weiter J^ E und G die mitt-
eren Amplituden der Schallschwiügungen
ü den einfallenden, reflektierten und ge-
brochenen Wellen, so folgt aus der ersten
iedinguug über die Gleichheit der Ge-
;chwindigkeit, welche der Amplitude
»roportional ist:
{J + li) cos (jp = Cr cos <p \
)ie Energiemenge ist proportional dem
iuadrat der Geschwindigkeit, also auch
em Quadrate der Amplitude, und der
lasse m innerhalb eines Raumes von der
jänge einer halben Wellenlänge und der
die einfallende und reflektierte bezw. GD = AD cos q)^ für die ge-
hene Welle, sowie der für alle drei Wellen gleichen auf die Ebene
Papieres senkrechten Höhe g. Diese Grösse ist für den einfallenden
trahl:
Fig. 248.
Breite AB = AD cos ^
m
l ' ij • AD cos (p • d,
im d die Dichte der Luft bedeutet. Man erhält so:
J- ' l ■ cos (p • d = li'^ l cos (p d -{- G'H^ cos fp^d^
enu (/' die Dichte des Wassers darstellt, oder:
{J'^ — A'2)/ ■dGOS(p=G'^V d^ cos (pK
§j^4 Physik der Atmosphäre.
Durch zweimalige Division dieser Gleichung mit der ersten \y
dingungsgleichung bekommt man, nachdem /:/' = sin (jp-.sin 9)':
J — Ii__d^ tg 9>^
J"+'R~ ~d lg 93
1
oder, wenn dieser letzte Ausdruck gleich — gesetzt wird:
— 7?;/=(l — «):(! H- a) = 1 — 2a.
Diese letzte Gleichung ist genügend genau, denn:
1 = J- und -^^ < '^"^ folglich ^^^^ < i
d' 773 ig^' sin 95 ^ ^ '"^'^ tgq)^^ 4,35
und also a eine sehr kleine Zahl (<< 1 : 3363). Hieraus folgt:
und:
j2 — li'i = j'^ . A a.
Wenn J- ein Maass der einfallenden und Ä^ ein Maass der reflektierte!
Schallstärke ist, so wird die Stärke der gebrochenen Schallwelle durc
/- — 7?2 gemessen. Es ist das Verhältnis F dieser Grössen:
,, J- — Pi^ , , d sin 9) cos 9)' r.n[^,.ar.-,r7- 4n,rr>,
F^ ^., , =4a = 4 ,, . -. ■ — = 0,0011891/1 — 17,9^5'^'/
J^ (^ ' sm 9» ' cos 9) ^ ^ j >
Die Energie der gebrochenen Welle macht also im Maximum, näm;
lieh bei senkrechter Incidenz (9) = 0*^) 0,12 Proz. der einfachen Welle aoij
Die Beziehung zwischen dem Bruchteil F und 9) geht aus folgende'
Tabelle hervor.
fy9 = 0» 5" 8» 10« 12'* 13« 13M7'7"
r/,> = 0" 22^16' 37015' 49« 02' 64" 42' 78« O' 90«
10^. F= 11,9 11,1 9,6 7,9 5,2 2,5 0
Schallwellen, deren Normale einen grösseren Winkel als 13« 17' 71
mit der Normale der Begrenzungsfläche bilden, vermögen gar nicht i
das Wasser hineinzudringen. Von der Schallmasse, welche nach uir
sich von einer Schallquelle ausbreitet, befinden sich nur 2,65 Proz.
einer solchen Lage, dass ein Teil davon in das Wasser hineinzudringf;
vermag. Und von diesem Teil geht nur der sehr geringe Bruchtci'
XIV. Meteorologische Akustik. 815
0.0008 auf das Wasser über, sodass von der ganzen Schallmasse nur
21.2 Millionteile in das Wasser hineindringen. Man kann demnach
wohl sagen, dass der Schall praktisch genommen vom Wasser total
reflektiert wird.
Bei dem Übergang des Schalles aus Wasser in Luft liegen zwar die
rhältnisse nicht- so ungünstig, aber doch dringt nur 0,06 Proz. der
ochallmenge aus dem Wasser in die Luft ein. Auch in diesem Fall
kann man von einer nahezu totalen Reflexion sprechen, obgleich etwa
> mal weniger effektiv wie im vorhin besprochenen Fall.
Ganz anders dringt der Schall ins Wasser ein, wenn die Schall-
wellen aus einem Körper kommen, dessen Dichte von derselben Grössen-
ordnung ist wie des Wassers selbst.
Wenn man z. B. mit einem Euder gegen den Boden eines Kahnes
stösst, so geht ein recht beträchtlicher Teil der Schallbewegung auf das
Wasser über. Die Dichte der Hölzer liegt nämlich sehr nahe an 1 und
die Fortpflanzungs- Geschwindigkeit des Schalles senkrecht zu den Jahres-
ringen ist für Tannenholz ebenso gross wie für Süsswasser bei 10^ C. In
anderen Hölzern ist die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit von derselben
Grössenordnung. Die grösste Abweichung kommt bei Birkenholz vor
(nach Messungen von Wert he im und Chevandier), das etwa 28 Proz.
grössere Fortpflanzungs-Geschwindigkeit besitzt. Die Fischer haben häufig
bemerkt, dass bei einem solchen Stoss die Fische gleich fliehen, was zu
ihrer unrichtigen, oben (S. 812) erwähnten Vorstellung geleitet hat.
Echo. Ebenso wie vom Wasser wird der Schall von der Erde,
Felsen und Wolken reflektiert. Bisweilen können die an einer Stelle
erregten Schallwellen ein oder mehreremal zum Ausgangspunkt reflek-
rt M'erden. Diese Erscheinung wird Echo oder Widerhall genannt.
Manche Orte sind wegen ihres kräftigen oder mannigfaltigen Echos be-
rühmt. So z. B. wiederholt ein Echo an den Ufern des Lago del Lupo
über den Wasserfällen von Terni den Schall nicht weniger als fünfzehn-
nial. Wegen seiner Stärke ist das Echo am Lorelei-Felsen am Rhein
rühmt, das 17— 20 mal einen Pistolenknall wiederholt. Das Echo
1 sehen den zwei Flügelgebäuden des Schlosses Simonetta bei Mailand
bt einen Pistolenschuss 60 mal wieder. Das Echo der Dunloe-Kluft
Killarney in Irland ist ebenfalls Touristen wohlbekannt. Der Ton
ler daselbst angeblasenen Trompete kommt in einer Reihe von Re-
vionen zur Ausgangsstelle zurück. Der Ton wird immer sanfter und
macht den Eindruck, als wenn die Schallquelle sich immer weiter
' litfernte. In den Alpenländern sind berühmte Echos in grosser Zahl zu
810 Physik der Atmosphäre.
finden. Unter denselben hebt Tyndall das Echo bei Rosenlaui besonder-
hervor. Berühmt wegen ihres Echos sind Koblenz, Grosse Gans bei dci
Bastei in der sächsischen Schweiz, Adersbach in Böhmen, Rosneath in
Schottland und mehrere andere Orte.
Da etwa 0,2 Sek. zum Aussprechen einer Silbe nötig sind und d'
Schall etwa 340 m in 1 Sek. zurücklegt, so kann eine Wand in 34 i
Entfernung ein einsilbiges Echo geben, eine 68 m entfernte ein zwei-
silbiges u. s. w., indem der Schall zum Hin- und Zurücklaufen 0,2 bezv>'.
0,4 Sek. nötig hat. Ein Echo im Park von Woodstock wiederholt
17 Silben bei Tag und 20 bei Nacht. Das Echo aoi Grabmal Cäcilia
Metellas bei Rom vermag eine hexametrische Verszeile wiederzugeben.
Das eigentümliche und majestätische Rollen der Donnerschläge rührt
von einer mehrmaligen Reflexion des Schalles an den Wolken und der
Erde her. Eine Kanone, die auf freiem Feld bei heiterem Himmel ab-
gefeuert wird, giebt einen kurzen, scharfen Knall. Befinden sich da-
gegen an dem Himmel Wolken, so hört man nach dem Schuss ein lang-
sames leises Rollen.
Man hat auch die Wirkung von Reflexionen in Fällen vermutet, in
welchen sie wahrscheinlich keine merkliche Rolle spielen. Wenn z. 1!.
Schallerscheinungen, die man erwartet hatte (vgl. unten), ausblieben, so
nahm man an, dass dieselben an den Grenzflächen verschieden dichter
Luftschichten reflektiert seien. Da aber in diesem Fall, sowohl die
Dichte wie die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit von der einen Schicht
zur anderen sehr wenig veränderlich ist, so scheint die Erklärung kaum
stichhaltig zu sein.
Auch durch Schueeböen geht der Schall, so viel mau nachweisen
kann, ungeschwächt hindurch, wie Tyndall schon bemerkt hat. Eben-
bieten Nebelbildungen kein merkliches Hindernis der Ausbreitung di
Schalles.
Folgen der Schallbrechung. Wie oben schon bemerkt, wird der
Schall, ebenso wie das Licht, beim Übergang von einem Medium in ein
anderes gebrochen. Ebenso erleidet der Schall eine Ablenkung in der
Atmosphäre zufolge der ungleichen Temperatur der Luftschichten. Dir
Fortpflanzungs-Geschwindigkeit des Schalles hängt nicht von der Dich-
tigkeit der Luft, sondern nur von ihrer Temperatur ab und zwar wächst
sie proportional der Quadratwurzel aus der absoluten Temperatur. Wenn
demnach, wie normal der Fall ist, die Luft unten wärmer wie oben ist.
so beschreibt die Schallwelle keinen geraden Weg von einer in der Höhe
befindlichen Schallquelle zum Boden, sondern verläuft in Bogenlinien,
XIV. Meteorologische Akustik, 817
wie die Fig. 249 andeutet. Da die Luft unten Avärmer ist, wird der
Schall fortwährend von der Normale weg gebrochen, sodass die nach
unten gehenden Schallstrahlen eine nach oben konkave Bahn beschreiben.
In Punkten zwischen A und B wird der Schall vernommen, in Punkten
dagegen, welche weiter entfernt sind als der Punkt B, wo die Fortpflan-
zungsrichtung des Schalles den Boden tangiert, vernimmt man keine Spur
des von S ausgehenden Schalles. Man könnte glauben, dass eine horizon-
tal sich fortpflanzende Welle, deren vertikale Wellenfront in der Figur 250
.durch 1—2 bezeichnet werden möge, nicht gebrochen wird, da in kon-
,stanter Höhe die Temperatur gleich hoch ist. Während aber der obere
Teil den Weg 1—3 beschreibt, geht der untere Teil in der wärmeren
Luft den längeren Weg 2 — 4 (Fig. 2505). Da die Wellenfront immer
krecht auf der Fortpflanzungsrichtung steht, so biegt sich diese wie
ib'ig. 250a andeutet. Ähnliches gilt für das Licht, wie auch der Ver-
uch lehrt.
(t3^
Fig. 250.
Der Punkt B ist offenbar um so weiter von S entfernt, je geringer
Temperaturunterschied der oberen und unteren Schichten ist. Weiter
:>ieht man aus der Figur, dass wenn SS^ die Verlängerung des Schall-
r.ihles SB ist, auch eine Schallquelle in Äj bei B vernehmbar ist.
ist also die horizontale Entfernung des Punktes B von der Schall-
lle um so grösser, je höher die Schallquelle liegt. Würde die Schall-
lelle in B liegen, d. h. gerade am Boden, so würde, theoretisch ge-
'iiimen, der Schall an keinem Punkt in derselben Horizontalebene ge-
'rt werden.
Diese umstände sind in der Praxis von grosser Bedeutung, Man
>t von Lootsstationen Schallsignale gegeben, welche auch von ganz
ihe befindlichen Schiffen nicht gehört wurden. Man hat zur Vermeidung
ses Übelstandes vorgeschrieben, dass die Schallsignale von so hoch
möglich gelegenen Stellen gegeben werden sollen. In dieser Hinsicht
i'l die Signale mit Raketen, die explodieren, am günstigsten. Glück-
herweise tritt dieser Fall vorzugsweise bei starker Sonnenstrahlung,
nn die Nebelsignale tiberflüssig sind, ein.
Arrlienius, Kosmische Physik. 52
818 Physik der Atmosphäre.
Bei sogenannter Temperaturinversion (vgl. S. 545) sind die Verhält
uisse umgekehrt, indem die kältesten Schichten am Boden liegen. Ii
solchen Fällen schmiegt sich der Schall dem Boden an und beschreibt einei
Weg, der nach unten konkav ist. Man hört dabei nicht nur den direk
von der Schallquelle ausgehenden Schallstrahl, sondern auch reflektiert
Diese Temperaturverteilung ist für die Hörbarkeit des Schalles seh
günstig. Sie erscheint besonders häufig in der Nacht und im Winter bi
unbedecktem Himmel, wobei die Strahlung den untersten Luftschicht«
ihre Wärme entzieht. Ein jeder hat wohl auch die Erfahrung gemaclü
wie deutlich der Schall unter solchen Umständen, besonders bei klaren
frostigem Wetter, auch in grossen Entfernungen hörbar ist. Häufig i^
man geneigt, diese Wirkung der Stille der Nacht allein zuzuschreiben
Dass aber diese Erklärung nicht zutrifft, kann man sehr gut aus einen
schönen von Humboldt erzählten Beispiele ersehen. An einem Orte ai
den Ebenen von Antures in Südamerika war das an eine starke Brandui
erinnernde Getöse von den grossen Wasserfällen des Orinokoflus^
bei Nacht, nicht aber bei Tag hörbar. Dort war aber der Tag viel ruhig«
als die Nacht, wie gewöhnlich in den Tropen, wo das Tierleben in de
Nacht erwacht. Zwischen den Fällen und dem Beobachtungsorte lag ein«
grosse Ebene mit vielen nackten Felsen, die am Tage durchgeglüht uiii
in der Nacht durch Strahlung stark abgekühlt wurden. Diese Masse i
übertrugen ihre Temperatur auf die unteren Luftschichten. Das ist di
leicht verständliche Ursache der Erscheinung.
Bei Temperaturinversion entsteht häufig eine Nebeldecke über de
Erd- oder Wasseroberfläche. Daher rührt die Angabe, dass man häuli
bei Nebel besser hört als bei klarer Luft.
Fortpflanzung des Schalles in bewegter Luft. Falls eii
tönender Körper in ruhiger Luft sich einem Beobachter nähert, so is
das Dopplersche Prinzip anwendbar, der Ton erscheint höher (vgl
S. 28) als wenn die Tonquelle still steht. Umgekehrt verhält es sich
falls die Tonquelle sich vom Beobachter entfernt, der Ton erschein
dann tiefer. Über diesen Gegenstand hat Buys-Ballot Versuche an-
stellen lassen , indem er einen Trompetenblaser auf einen Eilzug stellte
welcher an einem Beobachter vorbeifuhr. Bei dem Vorüberfahren sau'
der Trompetenton bedeutend.
Eine ähnliche Beobachtung kann man leicht machen, wenn man ii
einem Zug an einer tönenden Signalglocke vorbeifährt. Nehmen wir an, di
Geschwindigkeit des Zuges sei 16,5 m pr. Sek., eine gewöhnliche Eilzug
geschwiudigkeit, und die Schallgeschwindigkeit sei 330 m pr. Sek. {h
XIV. Meteorologische Akustik. 8^9
0*C.), SO sinkt die Tonhöhe beim Vorbeifahren im Verhältnis 10:9, d.h.
um einen ganzen Ton.
Ist die Schallquelle in Kühe und bewegt sich die Luft, so ändert
sich die Schallgeschwindigkeit, die dann gleich der Resultante aus
■ Schallgeschwindigkeit in stillstehender Luft und der Geschwindig-
der Luft selbst gesetzt werden kann. Zufolge dieser ungleichen
Geschwindigkeit können an der Grenzfläche von zwei Luftschichten
'" verschiedener Geschwindigkeit Brechungen und Reflexionen des Schalles
stattfinden. Wenn z. B. die relative Geschwindigkeit der beiden Luft-
schichten 10 m erreicht und die eigentliche Schallgeschwindigkeit
330 m beträgt, so ist der Winkel («) der totalen Reflexion bedingt durch
die Gleichung:
330 „^ ,
I . .
iPronghaft, sondern wächst kontinuierlich vom Boden aufwärts.
Dann zeigen sich ganz ähnliche PJrscheiuungen wie bei Ände-
•angen der Temperatur mit der Höhe und zwar entspricht eine Tem-
)eraturabnahme nach oben dem Fall, dass der Wind von dem Be-
)bachter gegen die Schallquelle gerichtet ist. Es werden sich demnach
lie Wellen so umbiegen, wie oben in Fig. 249 angegeben ist. Wenn
ilso der nach oben zunehmende Wind von der Schallquelle ab weht,
)efindet sich der Empfänger in einem Schallschatten, dagegen, wenn der
»Vind von der Schallwelle zum Beobachter hinfliesst, werden die Schall-
ien wie bei Temperaturinversion nach unten gebogen. Da eine Diffe-
/. der Windgeschwindigkeit von 10 m pr. Sek. ebenso stark wirkt wie
nie Temperaturdifferenz von etwa 16^0., so sieht man ein, dass der
! Effekt des Windes denjenigen der Temperatur mehrfach übersteigen
iiim.
Der Schall ist daher sehr schlecht gegen, sehr gut aber mit dem
Vind zu hören.
Spontane Schallerscheinungen. Unter diesen Namen versteht
iinther, der neuerdings eine Monographie darüber geschrieben hat,
'iiillerscheinullgen, welche nicht durch Organismen erzeugt werden.
/. B. rechnet Günther das Tönen der Dornen der afrikanischen Flöteu-
kazie (Acacia fistulosa) im Winde nicht zu den spontanen Schall-
lieinungen, obgleich der Unterschied zwischen diesem Tönen und dem
.<ulen des Windes, das spontaner Natur ist, nicht sehr scharf zu be-
H 52*
§20 Physik der Atmosphäre.
stimmen ist. Das Heulen des Windes beruht auf dem regelmässigen Au
stauen und Abfliessen der Luft an Gegenständen, gegen welche ^
Keibung ausübt. Diese Erscheinung ähnelt der Tonbildung beim ßeibi
eines Korkes gegen eine Fensterscheibe sehr. Je heftiger der Wii
ist, um so höher wird der erzeugte Ton, ungefähr wie beim Anblase
einer Sirene. Bei schwachem Wind bleibt nur ein schwaches Saus^
übrig, das im Laube des Waldes am deutlichsten wird.
Etwas anderer Natur sind die Geräusche und Töne, welche ei^
stehen, wenn Sand über Dünen oder Wüsten hinwegtreibt. Es ist hi
nicht mehr die Erzitterung der Luft, welche in erster Linie zu dv
Geräusch Anlass giebt, sondern die Schwingungen, in welche die Untc
läge (und vielleicht auch der Sand) durch die Reibung gerii
Solche tönende Sande sind an der Ostseeküste recht gewöhnlich, so ai
Bornholm, auf der kurischen und frischen Nehrung, bei Heringsdorf, a
der Halbinsel Dars u. s. w. In den innerasiatischen und afghanistaniscli
Wüstengebieten sowie in der West-Sahara und auf der Halbinsel Sinai sin
solche Erscheinungen nach Mitteilungen von Eeisenden stark entwickel
Von ähnlicher Entstehung ist das Geräusch und das Zischen, wen
Schneekörner über glatte Schneefelder streichen, welches den Glaube
veranlasst haben soll, dass Nordlichter oft von einem knisternden Gi
rausch begleitet werden. Anderer Art sind die Schallerscheinungen beii
Schlagen der Wogen gegen ein Felsenufer. In einigen Fällen wie i
der Fingalshöhle auf Staffa oder auf der dalmatinischen Insel Mehf
verstärkt die Resonanz der Luft in unterirdischen Höhlen und in Klüfli
diese Geräusche so, dass ein heftiges Dröhnen und Knallen ertönt.
Von vielen Gegenden, besonders Küstengebieten, erzählt mai
dass daselbst plötzliche dumpfe Knalle gehört werden, die einem er*
fernten Kanonendonner ähneln. Die Erscheinung geht an den Küst«
unter dem Namen „Seeschiessen". Dieselbe ist in Flandern, Perthshii
(Schottland), Umbrien, Colorado, Guatemala, niederländisch Indien, ;
den Mündungen des Kongoflusses und des Ganges bekannt. Aber aue
im Binnenland, wie in verschiedenen Alpengegenden der Schweiz, Süd
Westdeutschlands und Österreichs, kommen ähnliche Donnerschläge V(
In diesen Fällen ist man geneigt, Erdbebengeräusche anzunehmen. Du
Seeschiessen wird häufig als das Geräusch der Brandung bei Einzel
Wellen (vgl. S. 445) angesehen.
Schliesslich wird nicht selten beobachtet, dass in abgeschlossen'
Thälern, Wäldern oder in Felsenklüften musikalische Naturklänge vo
kommen. Solche Fälle werden von der Sandalp (in den Glarner Alpen
I
XIV. Meteorologische Akustik. 821
hvvanbergeralp in Steiermark, Triberg im Schwarzwald und dem
ckerthal im Hunsrück beschrieben. Meistens scheinen von dem
auschen eines Baches bestimmte Töne durch Resonanz verstärkt zu
erden.
Singende Felsen wurden von Humboldt an den Ufern des Orinoko,
111 Peschuel-Löschke in Deutsch - Südwestafrika aufgefunden. Als
rsache sieht man gewöhnlich das Zittern der durch Abschuppung ent-
ladenen Gesteinsplatten (vgl. S. 344) bei der Reibung des Windes an.
In ähnlicher Weise hat man auch das „Singen" der nördlichen der beiden
^ Memnonstatuen auf dem thebanischen Nekropol erklärt. Man scheint
ährend zweier Jahrhunderte (von Beginn unserer Zeitrechnung bis zu
ner von Kaiser Septimius Severus veranstalteten Restauration der Statue)
ahrgenoramen zu haben, dass um Sonnenaufgang dieser 10 m hohe
mdsteinkoloss Geräusche veranlasste, die mit einem Singen verglichen
irden. Vielleicht befanden sich an der Statue Gesteinschuppen, die bei
r Erwärmung durch die Sonne sich auf ihrer Unterlage verschoben
1 so klingende Geräusche hervorbrachten.
Die Luft- und Schallwelle nach dem Krakatau-Ausbruch.
Schall des Krakatauvulkanes bei dem Ausbruch am 26. und 27.
lyust 1883 wurde in so weiten Entfernungen von der Schall-
elle wahrgenommen, wie wohl nie in historischer Zeit eine Explosion
hört worden ist. — Zum Vergleich möge angeführt werden, dass die
Schützensalven bei der Leichenfeier der Königin V iktoria von England
0 km weit gehört wurden. 0. Reynolds erzählt einen Fall von
ler Flottenrevue zu Portsmouth, wobei der Donner 270 km weit ver-
mmen wurde. — Der Schall, welcher dem einer heftigen Kanonade
nlich geschildert wird, erreichte folgende Orte in folgenden Ent-
nuugen vom Krakatau in Kilometern: Manila 2902, Dorey auf Neu-
linea 3240, Alice Springs in Centralaustralien 3593, Perth in West-
^tralien 3060, Rodriguez 4775, Dutch Bay auf Ceylon 3311, Tavoy
^jl Birma 2378. Die Linie, welche diese Punkte verbindet, schliesst
■^e annähernd elliptische Fläche ein, welche etwa ein Dreizehnteil
ganzen Erdoberfläche ausmacht. Die Angaben über die Ankunfts-
der Schallwelle an den innerhalb dieser Fläche gelegenen
Aten sind im allgemeinen zu ungenau, um daraus die Schall-
ii windigkeit zu berechnen. Jedenfalls scheint aus ihnen hervor-
iien, dass nach N, NE und NW der Schall sich viel langsamer
'breitet hat als nach W, SE und SW. Ferner liegt Krakatau nörd-
von der Achse der genannten Ellipse, was anzudeuten scheint, dass
§22 Physik der Atmosphäre,
der Schall in nördlicher Richtung geschwächt worden ist. Dies kaii
von zwei Ursachen herrühren, nämlich von starken nördlichen Windei
oder davon, dass der Erdboden nach Norden zu stark erwärmt wai
die nach Süden gelegene Meeresoberfläche und das im Südosten liegend!
Australien relativ kühl waren, wodurch Ablenkung des Schalls von d
Erdoberfläche nach Norden bezw. eine Konzentration nach Süd'
erfolgte. Kurz nach der Explosion zeigten die Barogramme der mete
rologischen Stationen heftige Störungen im Luftkreis an, indem er^
eine plötzliche Zunahme, dann eine tiefe Senkung des Luftdrucks einj
trat mit zwei bis drei kleineren Oscillationen in der Zwischenzeit. Diese
Unregelmässigkeiten wiederholten sich auf einigen Stationen bis zu siel«!
mal. Vier mal ging also die Luftwelle von Krakatau zum Beobachtunj^
ort, das erste mal direkt, das zweite mal, als sie schon einmal die Eru
umkreist hatte u. s. w. Drei mal kam die Schallwelle zum Beobachtung^
ort aus der entgegengesetzten Richtung.
Aus diesen Aufzeichnungen konnte man die Geschwindigkeit de(
Schalles und die Zeit der heftigsten Eruption berechnen. Diese wurd<
auf lO'* morgens 27. Aug. (Krakatau-Zeit = 2^* 57»" Green wich -Zeit) fest-
gestellt. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles wurde zu 314,2 n
pr. Sek. im Mittel gefunden. Wegen der in höheren Luftschichten in
den Tropen östlichen und in aussertropischen Gegenden westlichen vor-
herrschenden Richtung des Windes war die Fortpflanzungsgeschwindig-
keit nicht in allen Richtungen gleich. Sie war mit dem Wind 12 mi
grösser als gegen denselben, was eine mittlere gegen den Meridian senk-j
rechte Komponente der Windgeschwindigkeit von 6 m pr. Sek. andeutet.l
Ferner war die Geschwindigkeit beim ersten Umlauf um die Erde be-j
deutend (etwa 6 m pr. Sek.) grösser als beim zweiten, bei dieser etwa«'
grösser (um etwa 1,7 m) als beim dritten.
Aus der mittleren Schallgeschwindigkeit 314,2 m pr. Sek. berechneti
sich nach der Formel:
314,2 = 331 Yi + 0,00366 1
die Temperatur t der von der Schallwelle betroöenen Luftschichten zu|
— 270 c. im Mittel (einer Höhe von etwa 8000 m im Mittel entsprcchenir
XV. Meteorologische Optik.
Die scheinbare Gestalt des Himmelsgewölbes. Es ist eine
t langer Zeit wohlbekannte Erscheinung, dass der Himmel uns
, wie es das natürlichste zu sein scheint, als eine über die Erdober-
^Lcviivi gewölbte halbe Hohlkugel mit dem Mittelpunkt im Auge des
Jeobachters erscheint. Vielmehr erscheint er als ein stark abgeplattetes
Jewölbe, das im Zenith dem Beobachter viel näher liegt als am
lorizont.
Die Hauptursache dieser Erscheinung ist von Gauss gefunden. Sie
. physiologischer Natur. Wenn wir den Blick mehr oder weniger
tirnwärts richten, sehen wir die Gegenstände mehr oder weniger ver-
ürzt, in Vergleich mit ihrem Aussehen bei der gewohnten Blick-
ichtung geradeaus. Als Beispiel möge der Fall angeführt werden,
ass man einen Menschen einmal auf einem 100 m hohen Turm, ein
nderes mal in 100 m horizontaler Entfernung erblickt. Im ersten Fall
rscheint er ausserordentlich viel kleiner als im zweiten, obgleich wir
issen, dass er in beiden Fällen gleich gross ist und unbewusst unser
ilrteil durch diese Kenntnis beeinflussen lassen.
Allgemein bekannt ist auch, dass der Mond am Horizont viel
^ser erscheint als am Zenith. Gauss bewies seinen Satz so, dass
«lurch Drehung eines Planspiegels die Richtung der Sichtlinie
I Spiegelbild der Mondscheibe änderte. Obgleich in diesem Fall
iibar die physische Beschaffenheit des Bildes in keiner Weise ver-
lulert wurde, sah es um so grösser aus, je näher es am Horizont lag
nd um so kleiner, je näher es zum Zenith rückte.
Man kann sich von der scheinbaren Abplattung des Himmels-
'wolbes in der Weise eine Vorstellung bilden, dass man den Punkt auf-
nht, welcher scheinbar in der Mitte zwischen dem Zenith und dem
inrizont liegt, und danach seine Winkelhöhe bestimmt. Solche Messun-
§24 Physik der Atmosphäre.
gen sind in grosser Menge von Keimann ausgeführt. Wenn uns dei
Himmel wie eine Halbkugel erschiene, so würde der gesuchte Punkt in
der Mitte des Himmelbogens in 45*^ Höhe über dem Horizont liegen
Wegen der scheinbaren Abplattung ist die genannte Winkelhöhe vieli
niedriger — etwa zwischen 20*^ und 30^ — , je nach den Umständen;
wechselnd.
Daraus, dass die Wiukelhöhe nicht immer gleich gross ist, kann
man schliessen, dass nicht nur die obengenannte physiologische Haupt- 1
Ursache bei unserer Beurteilung wirksam ist, sondern dass auch andere!
Momente mitspielen.
Als Beispiel der Messungen von R ei mann mögen folgende Werte
des genannten Winkels angeführt werden:
bei völlig heiterem Tageshimmel 22,4 <*
„ „ „ Nachthimmel und Mondschein . 26,5
„ „ „ „ ohne „ . 29,9
bei Tag, ganz heiter 22,5
„ „ , heiter 21,8
„ „ , wolkig 21,1
„ „ , ganz bewölkt 20,5
Die Werte für den Tageshimmel schwankten zwischen 19,7° und 25,.3"^.
Unter der Annahme, dass das Himmelsgewölbe uns wie eine Kugel-
kalotte erscheint, hat Pernter das Verhältnis (F) der scheinbaren Ent-
fernung des Himmelsgewölbes in horizontaler und vertikaler Richtung,
sowie den Halbmesser X dieser Kugelkalotte in der vertikalen Ent-
fernung als Einheit berechnet. Er fand folgende Werte, wenn der
Rei mann sehe Winkel gleich a gesetzt wird:
a
18
20
22
24
26
28
30»
V
4,5
4,0
3,6
3,2
2,9
2,6
2,4
X
10,6
8,4
6,8
5,6
4,6
3,9
3,3.
Eine Folge hiervon ist, dass der Mond oder ein Sternbilld am Hori-
zont linear etwa 3,6 mal grösser erscheint als wenn er dem Zenith
nahe steht.
Diese Überschätzung der Grösse von am Horizont befindlichen^
Gegenständen wird durch mehrere Umstände begünstigt. Die Lu!
Perspektive, der blaue Dunst zwischen dem Beobachter und dem ai
XV. Meteorologische Optik. 825
Horizont befindlichen Gegenstand veranlasst, dass man die Entfernung
sehr viel hoher taxiert, wie wenn der Gegenstand höher am Himmel
steht und infolgedessen die zwischen ihm und dem Auge liegende
Luftmasse geringer ist. Ferner befinden sich zwischen dem am
Horizont gelegenen Gegenstand und dem Auge eine Menge von Ob-
jekten, wie Bäume, Berge u. s. w., deren wirkliche Grösse man kennt,
lie aber wegen der Entfernung einen sehr geringen Sichtwinkel ein-
lehraen. Mit diesen vergleicht man nun das Himmelsobjekt und
:chliesst daraus, dass es eine bedeutende Ausdehnung besitzt. Bei höher
im Himmel stehenden Gegenständen fehlt diese Orientierung, dem-
;ufolge ihre Dimensionen stark unterschätzt v/erden.
Dass der Nachthimmel, besonders wenn der Mond nicht scheint, stärker
jewulbt erscheint als der Tageshimmel, beruht ohne Zweifel darauf, dass
lei schwacher Beleuchtung die zur Schätzung der Grösse dienenden
iitfernten Gegenstände nicht sichtbar sind. Dass ein bewölkter Himmel
,1s ein sehr flaches Gewölbe erscheint, beruht wohl darauf, dass die
Volken eine nahezu horizontale Decke bilden, und dass die Winkel-
rösse der einzelnen Wolken, welche am ganzen Himmel ungefähr gleich
xs sind, bei der Beurteilung der Entfernung mitspielt.
Ein kleiner Teil des wolkenfreien Himmels erscheint dem Auge
itjist als eine gegen die Sichtlinie senkrechte Fläche, bei bewölktem
liinmel scheint diese Fläche sich der horizontalen Lage anzunähern.
Atmosphärische Refraktion. Wenn keine Luft über dem Erd-
Aen läge, so wäre der Weg der Lichtstrahlen von einem Stern zum
luge eine gerade Linie. Die Lichtwellen gehen aber 1,000294 mal
-^samer in Luft von Atmosphärendruck und bei 0^ als im leeren
.aum. Die Verringerung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist der
iehte der Luft proportional, so dass bei halbem Atmosphärendruck und
'.oder bei Atmosphärendruck und +273^0. die Geschwindigkeit
'110147 mal kleiner als im leeren Raum ist.
Wir haben also hier ein ähnliches Verhalten, wie bei den Schall-
heinungen, wenn die Luft unten kälter, oben wärmer ist. Die
chtstrahlen müssen demnach eine Bahn beschreiben, die gegen den
jiden überall konkav ist (Fig. 251). Die Sterne, welche gerade im
'nith (Z) stehen, erscheinen an derselben Stelle, wie wenn keine Re-
ktion stattfände, aber je näher am Horizont ein Stern gelegen ist, um
grösser ist die Korrektion, welche an der beobachteten Höhe des
i'us über dem Horizont anzubringen ist, um seine wirkliche Höhe
finden.
82G
Physik dei- Atmosphäre.
Zur
deutet,
Übersicht können wir uns die Atmosphäre, wie die Figur an-
in mehrere konzentrische Schichten einteilen, und innerhall.
jeder Schicht die Lichtgeschwindig-
7; , keit als konstant ansehen. An der
\ / Grenze zwischen je zwei Schichten
erleidet der Lichtstrahl eine kleine
Brechung (in den Punkten a, 6, c
u. s. w,). Es bezeichne 9^0 den Winkel
{oaE) zwischen dem Erdradius und
der Strahlungsrichtung ausserhalb der
Atmosphäre , rfy den Winkel 0 ah.
Dieser kann gleich 180'' — 0 & a ge-
setzt werden, weil die Begrenzungen
der Schichten als einander parallel
anzusehen sind (mit anderen Worten,
die Höhe der merklich brechenden
Schichten ist gegen die Länge de
Erdhalbmessers zu vernachlässigen
Es bezeichne ferner (p^ den Winkel
ohe u. s. w., und zuletzt (p den Win-
kel, unter welchem der Strahl am
Erdboden einfällt, so ist:
Fig. 251.
sin^gpo_ Vq sin 9), V^
sin <p^ F, ' sin cp^ V2
Sm (fn
sin (p
V
wenn Fq Vi ... V die entsprechenden Geschwindigkeiten des Lichtes
auf den Wegstrecken Ea, ab, bc u. s. w. bedeuten. :
Als Endresultat ersriebt sich: ~
sm g)Q
sin q)
V
oder das Verhältnis zwischen <Pq und cp, der wirklichen und der b%'
obachteten Zenithdistanz eines Sterns, ist von den Eigenschaften der d«-'
zwischen liegenden Schichten unabhängig. Folgende kleine Tabelle gietol
eine Übersicht über die Grösse der atmosphärischen Refraktion (g)^ — 5p) !■
bei 760 mm Druck, 10" C. und 80 Proz. relativer Feuchtigkeit, welch'
Bedingungen ziemlich den mittleren Verhältnissen in Central-Europa
entsprechen,
XV. Meteorologische Optik. 827
<p
<P — fpQ
0«
0 "
5
5,1
10
10,3
20
21,2
30
33,6
40
48,8
50
1'9,3
9
fp—fP^
600
1'40,6"
70
2 38,6
80
5 18,9
85
9 49,8
87
14 21,8
89
24 36,7
90
35 24,2.
Die Astronomen benutzen ähnliche Tabellen, um die wahre Zenith-
distanz cp^ aus der scheinbaren q) zu berechnen. Im Allgemeinen sucht
man, soweit möglich, grossen go -Werten zu entgehen, die die Beob-
""htungen unsicher machen.
Bei astronomischen Berechnungen ist die oben gemachte Annahme,
s die konzentrischen Schichten als planparallel angesehen werden
können, nicht immer genügend genau. Wenn sehr grosse Genauigkeit
arstrebt wird, muss man deshalb die Dichte der Atmosphäre in ver-
5chiedenen Höhen kennen, weshalb dieser Gegenstand für die Astronomie
sehr wichtig ist.
Am Horizont beträgt die atmosphärische Refraktion 35'. Infolge-
sen bleibt die Sonne eine kurze Zeit sichtbar, nachdem sie, geo-
trisch genommen, schon unter den Horizont gesunken ist. Am Äquator
md es etwas mehr als zwei Minuten. Je schräger die Bahn der Sonne
,'egen den Horizont liegt, um so länger ist die genannte Zeit. Die Re-
raktion bewirkt auch, dass etwas südlich vom Polarkreis die Sonne
vährend des längsten Tages scheinbar nicht unter den Horizont sinkt.
Wie aus dem Obenstehenden ersichtlich, wächst die atmosphärische
iet'raktion mit der Dichte der Atmosphäre. Bei genügend dichter Atmo-
phäre würde sie demnach so gross werden können, dass die Krümmung
iiies horizontal verlaufenden Lichtstrahls gleich der Krümmung der
hde würde. Ein Beobachter, welcher unter solchen Umständen in hori-
jiitaler Richtung ausschaute, würde seinen eigenen Rücken sehen (falls
r einen genügenden Sichtwinkel einnähme), indem die Sichtlinie sich
jlngs eines grössten Kreises der Erde biegen würde. Die Erdoberfläche
■irde ihm infolgedessen wie eine nach allen Richtungen unendlich
i?edehnte flache Scheibe erscheinen. Ein über das Meer segelndes
t würde nie unter den Horizont verschwinden. Wenn die Re-
aktion, d. h. die Dichte der Atmosphäre, noch grösser wäre, so
'irde sich die Erdoberfläche wie eine konkave Schale darstellen, ii^
p
828
Physik der Atmosphäre.
deren Mitte der Beobachter stünde. Ein absegelndes Schiff würde sich
scheinbar zum Band der Schale hinauf bewegen , anstatt unter dem Hori-
zont zu sinken.
Nach der Ansicht vieler Astronomen besitzen die Atmosphären der
Sonne und der grössten Planeten eine genügende Dichte, um eine der-
artige Erscheinung zu ermöglichen. Die Schmidtsche Sonnentheorie ist
auf eine solche Annahme begründet.
Es stelle in Fig. 252 der schraffierte Teil PP die Begrenzung der
Photosphäre dar. Ausserhalb liegen die durchsichtigen Gasmassen, die
ohne Schraffierung gezeichnet sind und die in
merklicher Menge bis zum äusseren Kreisbogen 0 G
vorkommen mögen.
Denken wir uns jetzt ein Bündel von parallelen
Strahlen 1 bis 7, den Sonnenrand treffend. Der
Strahl 1, v^elcher 0 0 nur streift, wird nicht
merklich abgelenkt. Der Strahl 2 dringt ein wenig
m 0 O ein, er wird etwas abgelenkt, die Strahlen
3 und 4 noch mehr. Schliesslich kommt ein
Grenzstrahl, der so stark abgelenkt wird, dass er
die undurchsichtige Photosphäre trifft (Strahl 5 — 7\
Denken wir uns jetzt den Gang der Strahlen
umgekehrt und Fernröhre mit ihren Achsen dem
Strahlenbündel parallel in 1 bis 7 aufgestellt.
Wenn keine Sonnenatmosphäre vorhanden wäre,
v/ürde erst das Fernrohr bei 7 Strahlen von der
Photosphäre erhalten. Jetzt sieht man zufolge der
Brechung in der Sonnenatmosphäre die Photosphäre PP schon im
Fernrohr bei 5, oder richtiger in einem Fernrohr zwischen 4 und 5.
Eine Folge der Strahlenbrechung ist demnach, dass die Photosphäre PP
grösser erscheint, als sie in Wirklichkeit ist. Ein Strom von etwas
dichterem oder weniger dichtem Gas in der Nähe von 5 a kann
eine relativ starke Änderung im Verlaufe des Lichtstrahles 5 hervor-
rufen. Infolgedessen können plötzlich ganz neue Teile der Oberfläche
des Sonnenkörpers zum Vorschein kommen. Schmidt, Wilczynsky,
W. H. Julius und Andere wollen auf diese Weise die Protuberanzeu mit
ihren monströs grossen Bewegungen als eine Art Zerrbilder erklären. Da
aber solche Protuberanzen gerade sehr häufig in den obersten dünne^
Schichten der Sonnenatmosphäre ausserhalb 1& vorkommen, hat die;!
Erklärungsweise wenig Anklang gefunden (vgl. S. 110).
Fig. 252.
I
XV. Meteorologische Optik.
829
lu der Luft findet ausser der Lichtbrechung eine Farbenzerstreuung,
Dispersion , statt. Es sei der Einfachheit halber A Ä^ (Fig. 253) die obere
Grenze des als überall gleich dicht angenommenen Luftmeeres, EE^^
" Erdoberfläche, so sieht ein Beobachter bei B ein violettes Bild des
rnes S in der Richtung B F, ein rotes in der Richtung Bit. Das vio-
, ite Licht wird von der Luft wie von den meisten Medien stärker ge-
brochen als das rote. Der Winkel VBR ist ein Maass der Grösse der
j Dispersion. Sie (J) beträgt nach Montigny bei der scheinbaren Zenith-
distanz (9):
^ = 50 70 80 90«
J= 1 2 5 29".
Sie ist etwa 70 mal geringer als die atmosphärische Refraktion. Wie
_ ring der Winkel VBB ist, erhellt daraus, dass die Strahlen VB und
||k RB erst in einer Entfernung von 460 m
vim 5 um 1 cm von einander liegen.
Das unbewaffnete Auge sieht deshalb
die Sternbilder nie zu spektralfarbigen
Linien ausgezogen; mit einem guten Fern-
rohr kann man aber diese Erscheinung
wahrnehmen, wenn der beobachtete Stern
hr tief steht.
Das Funkeln und Zittern der
Lerne. Wenn man einen Stern mit
I blossem Auge betrachtet, ist seine Licht-
irke häutig in kurzer Zeit stark veränderlich. Der Stern funkelt oder
^umtilliert. Das zeigt sich besonders dann, wenn nach trockenem Wetter
I Wasserdämpfe sich in der Luft ausbreiten, weshalb die Seeleute ein
-tarkes Funkeln der Sterne als ein Vorzeichen von Niederschlag ansehen.
Während die nahe dem Zenith stehenden Sterne nur ihre Licht-
-' irke verändern, durchlaufen die niedriger stehenden, weniger als 45^
111 Horizont entfernten Sterne gleichzeitig die ganze Farbenskala, und
'.war fand Respighi, dass die Spektra östlicher, d. h. aufsteigender
imkelnder Sterne Veränderungen der Lichtstärke erleiden, die vorwiegend
'vom violetten Ende des Spektrums zum roten Ende fortschreiten, während
lie Veränderungen der westlichen hinuntersinkenden Sterne von Rot
ich meistens gegen Violett hinbewegen.
Wenn man einen Stern durch ein Fernrohr mit kleiner Objektiv-
üung betrachtet, steht er nicht still, sondern oscilliert unruhig
Fig. 253.
^30 Physik der Atmosphäre.
hin und her. In Fernröhren mit grösseren Objektivöffnungen vei
schwindet, wie schon Newton bemerkte, diese eigentümliche Bewegung]
welche auch mit blossem Auge bemerkt werden kann. Auch der Rand'
des Mondes oder der Sonne zittert, besonders wenn diese Himmelskörpoi
nahe am Horizont stehen. (Vielleicht hat die Beobachtung dieser Er-
scheinung zu dem Volksglauben Anlass gegeben, dass die Sonne am Weili-
nachtstage „springt" oder „tanzt".) Die Planeten zeigen Spuren von
Funkeln, besonders, wenn sie nahe am Horizont stehen; aber jedenfalls
ist ihr Funkeln ausserordentlich viel schwächer als dasjenige der Fixsterne.!
Das Funkeln ist auch an kleinen Sonnenbildern, z. B. in einem entfernt
stehenden Konvexspiegel sehr deutlich. Die Scintillation ist am Tag h
deutend stärker als in der Nacht, so dass dergleiche Beobachtungen
eines entfernten Sonnenbildes von Exner zum Studium der Erscheinunn
empfohlen werden.
Das Funkeln der Sterne erhöht die Pracht des Sternhimmels sehr.
Es ist in den Tropen viel schwächer als in mittleren Breiten.
Es ist viel über diese Erscheinung geschrieben worden und mehrei
Theorieen darüber aufgestellt, z. B. von Arago und Montigny. Di«
einfache Erklärung von Karl Exner, wonach diese Erscheinung auf doi
Brechung des Lichtes beruht, hat aber die anderen verdrängt.
Die Luft ist nämlich nie vollkommen homogen. Wenn man einon
Gegenstand durch die warme Luft, welche aus einem Schornstein od
an einer besonnten Wand aufsteigt, betrachtet, so scheint er heftig
in den Luftschlieren zu zittern. Obgleich nun die nachts in der Luft
vorkommenden Schlieren unvergleichlich viel schwächer sind, so ver-
mögen sie doch wie Konvex- oder Konkav-Linsen zu wirken und ein
von einem Stern stammendes Lichtbündel von parallelen Strahlen in
ein schwach konvergentes oder divergentes Bündel zu verwandeln. Im
ersteren Falle erscheint der Stern einem von dem Bündel getroffenen
Auge heller, im zweiten Falle schwächer wie gewöhnlich (wenn das Licht
parallel ist).
Solche Schlieren ziehen fortwährend durch die Luft. Dadurch er-
scheint der beobachtete Stern abwechselnd heller und dunkler, je nach-
dem die Schliere sammelnd oder zerstreuend wirkt. Exner hat die
Breite dieser Schlieren gemessen. Wenn eine Schliere vor einem Teil
des Objektives eines Fernrohrs liegt, so wird das Bild des Sternes im
Fernrohr verschoben. Exner stellte einen langen Spalt vor das
12 -zöllige Objektiv eines Fernrohrs, dessen Ocular ein wenig einge-
schoben war, so dass ein spaltförmiges Bild des Sternes entstand. Dieses
d
r
XV. Meteorologische Optik. 831
Bild schlängelte sich in unregelmässigen Windungen. Hätte eine
Schliere alle Teile beeinfiusst, so würde der Spalt gerade gebliehen und
nur zur Seite verschoben worden sein. Aus der Länge der Windungen
M-hätzte er den Abstand zwischen je zwei Schlieren zur Grössen-
liuing 10 cm.
Hieraus ist auch ersichtlich, warum das Bild eines Sternes in
. inem grossen Fernrohr nicht zittert. Vor dem Objektiv liegen nämlich
j eine grosse Anzahl von Schlieren, die in ungleichen Kichtungen wirken.
Das Bild des Sternes wird demnach ruhig bleiben, aber nicht ganz
punktförmig, sondern mit zum Rande abnehmender Helligkeit erscheinen.
In den tieferen Schichten der Luft sind die Schlieren am kräftigsten
. iitwickelt, daher funkeln tiefstehende Sterne relativ stark. Aus demselben
Grunde, der das Funkeln bei grossen Fernrohren vermindert, funkeln die
Planeten nur sehr wenig und nur, wenn sie tief stehen. Die Strahlen von
i'sehiedenen Teilen ihrer Scheiben liegen so weit auseinander, dass sie
■rtgschiedene Schlieren durchlaufen.
M^m Nur die niedrig stehenden Sterne funkeln in Farben. Bei diesen
sind nämlich die Wege der blauen und roten Strahlen so weit von ein-
ander getrennt, dass andere Schlieren auf die roten Strahlen wirken als
;inf die blauen.
Das Respighische Phänomen erklärt sich folgendermaassen. Nehmen
wir an, es befinde sich eine Schliere in der Luft etwas höher (mehr
nach links, z. B. bei T in Fig. 253) als der violette Strahl BV. S er-
hebt sich über den Horizont, der violette Strahl B V passiert dabei erst
r, danach läuft BR durch T. Die Veränderung der Helligkeit ver-
fhiebt sich also in der von Respighi angegebenen Richtung. Die
>cheinbare Geschwindigkeit von BV in der Nähe von T erreicht in diesem
Fall, wenn BT 1000 m beträgt und B am Äquator gelegen ist,
für einen Stern in der Äquatorialebene etwa 7 cm pr. Sek., und ist
übrigens der Entfernung BT proportional. Diese Geschwindigkeit
vidiert sich zu der Windgeschwindigkeit, welche bisweilen in entgegen-
setzter Richtung wirkt. Deshalb gilt die von Respighi gefundene
li'Lrelmässigkeit nur in den meisten, aber nicht in allen Fällen.
Auch eine Einwirkung der Windrichtung auf die Scintillation der
>"nne oder des Mondes hat Exner konstatiert. Wenn ahcda den
■^'•nnenrand darstellt (Fig. 254) und der Wind nach X gerichtet ist, so
icintilliert der Sonnenrand nicht bei d und ft, dagegen stark bei a und c.
Dies scheint darauf hinzudeuten, dass die Schlieren in der Wind-
ii htung ausgezogen sind.
I
§32 Physik der Atmosphäre.
Bei Tag ist die Luft viel weniger gleichmässig als bei Nacht. Ferne
ist die Luft in den Tropen viel gleichmässiger als in den gemässigte)
Zonen, woraus das schwächere Funkeln bei Nacht und in den Tropei
erklärt wird. j
Kimmung, Luftspiegelung. In den arktischen und nördlichen
Meeren ist häufig, besonders in der Frühsommerzeit oder an]
Morgen, die Luft dicht über dem Wasser stark abgekühlt im Ver-f
gleich zu den höher liegenden Luftschichten. Das Licht geht dann ii
den höheren Luftschichten geschwinder als inj
den niedrigen dichteren. Infolgedessen be--
/^ ^ schreibt der von einem Gegenstande a (Fig. 1h'>
^^ — ^4-^ — >jr ausgehende nahezu horizontale Lichtstrahl a
\^^_^^ einen nach unten konkaven Bogen ahcdej
. '^ (das Licht geht immer den zeitlich kürzest( :
^^' ' Weg). Ein Beobachter in g sieht demnacli
den Gegenstand a nach a gehoben. Die
Lichtwellen verhalten sich in diesem Fall wie die Schallwellen bei
Temperaturinversion (vgl. S. 848). Es kann soweit gehen, dass die Erd-
oberfläche dem Beobachter wie eine flache Schale erscheint, in deren
Grunde er sich befindet, wie die Schmidt sehe Sonnentheorie für die
Fig. 255.
tieferen atmosphärischen Schichten auf Jupiter und der Sonne verlangt
Der Horizont scheint gehoben. Diese Erscheinung wird Kimmung
genannt.
Hier spielt eine andere Erscheinung hinein, welche Budde unter-
sucht hat. Die am Horizont gelegenen Gegenstände scheinen in d
Luft zu schweben und werden teilweise gespiegelt. Dies hängt von einer
Keflexion an der Wasseroberfläche und nicht in der Luft ab. Wird
eine Wasserfläche von kleinen Wellen getrübt, so reflektiert sie das
helle Himmelslicht und sieht deshalb blank aus. Bei sehr flachen Wellen
liegt die Entfernung, in welcher diese Erscheinung hervortritt, sehr weit
weg und nahe am Horizont. In dieser Entfernung erscheinen die Wellen
I
alle
XV. Meteorologische Optik.
833
alle als sehr klein imd sind deshalb nicht einzeln sichtbar, sondern
geben nur einen Totaleindruck. Sie wirken, wenn sie sehr flach sind,
wie ein matter Spiegel. Ragt eine grosse Felsenmasse aus diesen Wogen
heraus, so spiegelt sie sich in dem Auge näher gelegenen Wellen und
man erhält einen Eindruck, welcher in der Fig. 256 dargestellt ist. Ohne
Fior. 25Ö.
fKimmung ist der blanke Rand ganz schmal, ist dagegen der Horizont ge-
'"'ben, so sieht man ein viel grösseres blankes Feld, welches der Kim-
ing das charakteristische giebt. Die untere
-irenzung des blanken Feldes ist viel schärfer
uarkiert als die obere. Man glaubt des-
lalb , dass der Horizont (Grenzlinie zwischen
juft und Wasser) an dieser unteren Grenze
md nicht an der oberen liegt und die ent-
■ rnten Gegenstände scheinen in der Luft
schweben.
In solchen Fällen kann bisweilen die
■nze zwischen den oberen leichteren und
!i unteren dichteren Schichten so scharf
■in, dass schräg einfallende Strahlen eine
piegelung erleiden. Eine solche Er-
heinung stellt Fig. 257 dar. Bisweilen können sogar doppelte
Siegelungen vorkommen. Derartige Spiegelungen sollen in arktischen
Lienden besonders häufig zu beobachten sein. Scoresby hat mehrere
tche Beobachtungen im grönländischen Meer gemacht. Da der Blick
1 der Beobachtung sehr entfernter irdischer Gegenstände einen langen
g durch schlierige Luft in der Nähe der Erdoberfläche beschreibt, so
Arrhenius, Kosmische Physik. 53
Fig. 257.
§34 Physik der Atmosphäre.
zeigen die Gegenstände bei der Kimmung und Luftspiegelung häufig em<
Art Scintillation. Sie sind unruhig, zitternd und verzerrt, bisweilen ii
die Breite, bisweilen in die Höhe ausgezogen.
Diese Erscheinung hat in ihrer ausgeprägtesten Form den Namci
Fata morgana erhalten. An den süditalienischen und sicilianischci
Küsten, besonders an der Strasse von Messina, erscheinen nicht solto
in der Luft in grosser Entfernung Gebäude, Strassen, Waldungen, Land-
schaften, deren Anblick unaufhörlich wechselt. Die Bevölkerung hat stel
ein lebhaftes Interesse für diese feenhaften Erscheinungen gezeigt, welchij
deshalb auch weit bekannt sind. Ähnliches zeigt sich bisweilen aucl
in unseren Gegenden, besonders da, wo zwei Ufer durch eine nicht all/
schmale Wasserfläche getrennt sind, und bringt die Phantasie der Zu-
schauer in lebhafte Bewegung. Kimmungen sind im westlichen Tri
der Ostsee recht gewöhnlich, auch am Genfer und Bodensee, sowie üb(
dem schwedischen See Wettern, dessen kühles Wasser bekannt ist. Bi
weilen können sie sich zu Lufspiegelungen entwickeln.
Gewissermaassen entgegengesetzter Art sind die Luftspiegelungei
welche in der Wüste und naheliegenden Ländern, wie z. B. Egypten m
Abyssinien vorkommen, und deren Erklärung von Monge vor mehr al-
hundert Jahren gegeben wurde. In diesen Gegenden erhitzen sich bis-
weilen durch die heftige Sonnenstrahlung die Erdoberfläche und die ihr
nächstliegenden Luftschichten ganz enorm. Entfernte Gegenstände ^\
Hügel, welche aus dieser heissen Luftschicht hinaufragen, werden einer-,
seits direkt gesehen, andererseits sieht man ihr Spiegelbild an der
Grenze der erwärmten Luftschicht (vgl. Fig. 258). Ebenso spiegelt si(
der Himmel an derselben Schicht. Die Hügel am Horizont scheinewi
deshalb aus einem Meer emporzuragen, in dessen Oberfläche sif
sich spiegeln, und der Unkundige glaubt an der nahen Küste Er-
holung von der Wüstenhitze finden zu können. Wenn er aber vor-j
wärts eilt, weicht der See immer vor ihm zurück. Dieser Täuschung!
waren die Soldaten der napoleonischen Expedition in Egypten ausgesetzt,
was Monge zum Aufsuchen einer Erklärung der Erscheinung (179^
veranlasste.
Mitunter kommt es vor, dass die spiegelnde Grenzfläche zwischen
den beiden Luftschichten vertikal ist. Dann erhält man Bilder wi<
in einem gewöhnlichen, vertikal aufgehängten Spiegel. Ein solcher)
Fall wurde im September 1818 von Sorot und Jurine beobachtr*^
wobei Schiffe auf dem Genfer See Spiegelbilder gaben, welche alle B'
wegungen der Schiffe nachmachten, nur in entgegengesetzter Richtung
r
XV. Meteorologische Optik.
835
Die Luft über dem Haiiptteil des Sees war stark von der Sonne erwärmt,
während das Ufer und die angrenzenden Gegenden des Sees im
Schatten lagen und deshalb kälter geblieben waren. Die nächst-
liegenden Luftschichten nahmen die Temperatur des Wassers an, und
' ino scharfe vertikale Begrenzung zwischen warmen und kalten Luft-
inassen in der Nähe der Wasserfläche entstand.
Das Gleichgewicht der Luftmassen muss in solchen Fällen sehr
unstabil sein und in der That sind sie äusserst selten beobachtet
irden.
Fig. 258.
Der Kegenbogen. Seit den ältesten Zeiten hat — wie z. B. die
fischen Inschriften und der biblische Bericht von der Sintfluth zeigen
die prachtvolle Farbenerscheinung, welche Regenbogen genannt wird,
ae Aufmerksamkeit der Menschen angezogen. Eine physikalische Er-
klärung dieser Erscheinung wurde erst von De Dominis, Bischof von
i^palatro gegeben, und durch Cartesius und Newton entwickelt,
" ^sen Darstellung wir im Folgenden in der Hauptsache folgen.
Es sei in Fig. 259 SA ein Sonnenstrahl, Avelcher einen Regen-
i'pfen, dessen Mittelpunkt if ist, unter dem Einfallswinkel * trifft. Der-
be wird nach dem Eintritt in den Tropfen gebrochen, so dass erden
'it'chungswinkel MÄB==r bildet und verfolgt den Weg AB. In B wird
r teilweise nach C reflektiert, wo er unter dem Einfallswinkel ifC5 =
53*
836
Physik der Atmosphäre.
MBÜ=MBA = MAB = r ankommt, und hinter dem Brechungswinkel
austritt.
Die totale Eichtungsänderung X^ des Strahles durch diese zwei
Brechungen und einmalige Eeflexion ist:
oder:
Xi ^BAN-\- {X'^O'^— ABC) + NCB
X^=i- r + 180 — 2r -\- i — r = 180 + 2i — 4r.
Wäre der Strahl nicht einmal, sondern m mal an der Oberfläche di -
Tropfens reflektiert, so erhielte man eine Ablenkung Xm, die gleich wäre:
Xra = 2 (^■ ~r) + m (180 — 2r) = w • 180 + 2« — 2 (w? + 1) r.
Wenn die Eeflexion m mal
vor sich geht, so entsteht da-
durch ein sogenannterEegenbogeii
der m : ten Ordnung. Der Eegen-
bogen erster Ordnung oder der
sogenannte Hauptregenbogeii
möge zuerst untersucht werden.
Der Wert von Zj ist für ver-
schiedene Strahlen sehr ver-|
schieden und bei einem bestimm- '
ten Brechungsindex nur von den.
Einfallswinkel i abhängig. Neh-
men wir als Beispiel den^
Brechungsindex n= 1,3300, was'
dem Eot (X = IIQ fifi bei \l^,b) entspricht, so erhalten wir folgende
einem bestimmten «-Wert entsprechende r- und X, -Werte:
Fig. 259.
i =
r =
^,-
00
0«
1800
10
7 30'
170
20
14 54
160 24'
30
22 5
15140
40
28 54
144 24
50
3510
139 20
60
40 37
137 32
70
44 57
140 12
80
47 46
148 56
90
48 45
165
I
XV. Meteorologische Optik. §37
A'i sinkt von 180*' bei i = 0 auf ein Minimum 137^30' für i = 590 37'
und steigt dann wieder, anfangs langsam, später geschwinder, auf nahezu
den anfänglichen Betrag (165*^ bei i = 90 ^j. Die von der Sonne ein-
fallenden parallelen Strahlen divergieren demnach stark nach dem Aus-
tritt aus dem Tropfen. Jedoch ist die Divergenz bei verschiedenen
Einfallswinkeln sehr verschieden und Strahlen, welche einen Einfalls-
winkel von nahezu 59^37' besitzen, werden sehr nahe parallel austreten
und zwar unter einer Abweichung 137^30'. Wenn man also eine
Himmelsgegend betrachtet, die etwa 137*^ von der Sonne entfernt ist,
' h. etwa 43" von der Verbindungslinie Sonne — Auge auf der entgegen-
setzten Seite wie die Sonne liegt, so wird man ein starkes Maximum
\ m rotem Licht im Winkel 137*^30' bezw. 42*^30' bemerken. Nach
aussen ist die Grenze ganz scharf, da keine Strahlen unter einem
grösseren Winkel als 42^^30' das Auge erreichen. Folglich wird man
einen roten Lichtkreis auf der von der Sonne abgewandten Seite sehen,
dessen Durchmesser 42^30' beträgt. Da rotes Licht unter kleineren
Winkeln als 42'^ 30' sichtbar ist, so hat dieser King nach Innen keine
<(harfe Begrenzung, obgleich die Lichtstärke dahin schnell abnimmt.
Dass bei diesem Winkel das Minimum der Ablenkung liegt, er-
-'■hcn wir leicht durch eine Differentiation des X^ -Wertes, welche
:iobt:
dX^ = 2di — 4 c?r = 0 (beim Minimum).
Nun ist:
sin i = n sin r,
|*vo ti = 1,33. Daraus folgt:
cos i di = n cos r dr.
rglichen mit dem vorletzten Ausdruck giebt dieser:
di n cos r
dr cos *
kr nach Quadrierung:
sin2^
4 cos*'^ r n^
w 2 cos^ i 1 — sin2 i
1er gelöst in Bezug auf sin i:
sim= y — ^ — ,
•aus für n=l,33, sin « = 0,8626, i=f,9m' r= 400 26' A'i =1370 30'.
§;{g Physik der Atmosphäre.
Dies gilt nun für die Strahlen im äussersten Kot (A = 716 nn). In
ähnlicher Weise findet man für die Strahlen im äussersten Violett [X -
404 |W|M, n == 1,343) den Winkel des Lichtmaximums bei * = 58'^5i)
r = 39035', Z, =139020' (bezw. 40040').
Wenn demnach die Sonne keine merkliche Winkelausdehnung bc-
sässe, sondern wie ein Stern als punktförmig angesehen werden könnt
so würde der Eegenbogen aus einem kreisförmigen, aussen roten, inneii
violetten Rand von 42030' — 400 40' = 10 50' Breite bestehen, dessen!
äusserer Durchmesser 85 0 betragen würde. Nun hat die Sonne selbst
eine Ausdehnung von 32'; infolgedessen sind die Spektralfarben d-
Regenbogens nicht rein, sondern mischfarben, ausgenommen an dci
roten Rand; der violette Rand ist stark mit weiss gemischt (vgl. oben S. 837
Die Breite des Bogens erscheint dadurch etwas grösser, nämlich gleicl
20 22'.
Ausser dem Hauptregenbogen beobachtet man häufig den Regen-
bogen zweiter Ordnung, welcher als ein äusserer Bogen, dessen Farben
in umgekehrter Richtung des Hauptregenbogens liegen, diesen umgiebt.
Für diesen finden wir:
^2 = 2 • 180 + 2^■ — 2 (2 + 1) r == 3600 + 2i — 6r.
In diesem Fall beobachtet man eine Minimiablenkung, indem für
«•=400 r =28054' (2* — 6r) = — 93024'
600 40 37 _ 123 42
700 44 57 — 129 42
800 47 46 _ 126 36.
Diese Ziffern gelten für Rot {n = 1,33). Den roten Teil des Regen-
bogens zweiter Ordnung würde man demnach bei etwa 50" 18' von d.
Sichtlinie zur Sonne auf derselben Seite wie den ersten Regenbogfin
sehen, einem «-Werte von etwa 700 entsprechend.
Zur genaueren Bestimmung des betreffenden li- Wertes erhalten wir
in derselben Weise wie oben:
di , , n cos r
^- =^ w + 1 = r-
dr cos *
. , (m + 1 ) ^ — n^
(m+ 1)2 — 1
Für m = 2, und w = 1,33 wird:
-Kl
.^1/9—1,769
sin i == y -jL — = 0,9507, i = + 71 056', r = 45038', X^ =
Vi\T n = 1,343, d. h. äusserstes Violett erhält man:
sin i = 0,9484, i = Tl» 31', r = 44« 55', X^ = — 126" 28'.
Man sieht demnach das Kot unter einem Winkel von 50" 4', das Vio-
t unter einem Winkel von 53" 32' im Kegenbogen zweiter Ordnung,
iierselbe erscheint folglich als ein aussen violettes, innen rotes, kreis-
förmiges Band von 3" 28' Breite, zu denen noch 32' wegen der Aus-
(ii'hnuug der Sonne kommen. Nur der innere rote Saum hat reine
Farbe.
Zwischen dem ersten und zweiten Kegenbogen liegt eine Zone
\nn etwa 7 Graden, wohin keine in den Kegentropfen gebrochene
Lichtstrahlen gelangen. 42" 30' ist nämlich ein Maximalwinkel, für
die Lichtstrahlen des ersten Kegenbogens 50" 4' ein Minimal winkel für
das Licht des zweiten Kegenbogens. Das Gebiet zwischen den beiden
lü 'genbogen erscheint demnach wie ein 7" breiter dunkler Kreis. Da-
gegen ist der Himmel nahe dem inneren Kande des ersten (inneren)
und dem äusseren Kande des zweiten (äusseren) Kegenbogens ziemlich
hell. Der zweite Kegenbogen ist viel matter als der erste. Dies rührt
von mehreren Umständen her, wovon der hauptsächlichste ist, dass beim
] zweiten Kegenbogen eine zweimalige Reflexion stattfindet, wobei grosse
; Lichtmengen verloren gehen.
Es ist nämlich die Intensität (R) des reflektierten Lichtes, wenn
1 als Einheit die Stärke des einfallenden Lichtes genommen wird:
^ sm^ {i-\-r) ^ tg2 (* + r)
I Die gebrochene Lichtmenge wird durch:
ß, = l — Ä,; ^2 = 1 — ^2
I dargestellt.
Die mit 1 indizierten Ausdrücke gelten für Licht, das in der Ein-
t allsebene, die mit 2 indizierten dagegen für Licht, das senkrecht zur
l^iufallsebene polarisiert ist. Natürliches Licht kann als zur Hälfte aus
jeder dieser Gattungen bestehend betrachtet werden. Da Ry immer
grösser ist als R2, so wird einfach reflektiertes Licht hauptsächlich
in der Einfallsebene polarisiert sein. Dasselbe gilt für das Licht
> Kegenbogens, wie die unten stehenden Ausdrücke zeigen. Biot
/■igte auch, dass das Licht der beiden Kegenbogen in einer Ebene teil-
'ise polarisiert ist, die durch das Auge, Beobachtungspunkt und Sonne
'.VC
g40 Physik der Atmosphäre.
gebt, also in der Einfallsebene. Gebrochenes Licht ist dagegen senlv-
recht zu dieser Ebene teilweise polarisiert {B^, > B^)
Führen Avir die Rechnung mit folgenden Daten aus:
für den ersten Regenbogen (1) i = 59*^ 13'; r = 40^
„ „ zweiten „ (2) « = TlMS'; r = 45^46'
und bemerken, dass das nicht reflektierte Licht gebrochen wird, su er-
halten wir folgende Lichtstärken (Li und L^) im Regenbogen (1) und (2):
^' = * { Sms)^ mm ^ } = "'"'''' + "■"'''•* = "■•''''
, ((0,7545)2 (0,2455)' +1
^2 = M (0,9359)2 (0,0641)2 } = 0,0171 + 0,0018 = 0,0189
Der erste Teil in den letzten beiden Ausdrücken repräsentiert d;
in der Einfallsebene polarisierte Licht. Er ist 27,6 bezw. 9,5 mal gross*
als der zweite Teil, welcher das senkrecht zur Einfallsebene polarisiert
Licht darstellt. Hieraus ist ersichtlich, dass das Regenbogenlicl
nahezu vollkommen in der Einfallsebene polarisiert ist. Biot glaubl
eine vollkommene Polarisation beobachtet zu haben. Ausserdem verhält
sich die Lichtmenge, welche einen Einfallswinkel von 11^ — 72^ zu der-
jenigen, welche einen Einfallswinkel von 59^ — 60*^ besitzt, wie 1:1,48.
Das Regenbogenlicht verteilt sich ferner im zweiten Regenbogen auf
eine zweimal grössere Breite und 1,2 mal grössere Länge. Als Schluss-
ergebnis erhalten wir, dass die Lichtstärke des ersten Regenbogens zu
derjenigen des zweiten sich verhält wie 8,6 : 1.
Noch schwächer werden die Regenbogen höherer Ordnung. Von
diesen fallen ausserdem der dritte und der vierte auf dieselbe Seite wie
die Sonne, wo das diffuse Tageslicht so hell ist, dass die Regenbogen
darin verschwinden. Der fünfte Regenbogen fällt wiederum wie der
erste und zweite auf die von der Sonne gewendete Seite des Himmels-
gewölbes, seine Stärke ist aber äusserst gering. Babinet hat jedoch
diesen und andere Regenbogen noch höherer Ordnung (bis zur vier-
zehnten) beobachtet. Er Hess dabei ein Bündel Sonnenlicht durch ein
kreisförmiges Loch eines Fensterladens auf eine Glaskugel fallen.
Da die ersten beiden Regenbogen einen Winkel von 41^ bezw. 52'
mit der Verbindungslinie Auge — Sonne bilden, so sind sie nicht sicUBj
bar, wenn die Sonne mehr als 41^ bezw. 52° über dem Horizont steiP
Der Regenbogen ist deshalb am Äquator zwischen 9'* V. M. und 3'' N. M.
¥
XV. Meteorologische Optik.
841
nicht sichtbar. Auch bei uns kommt er meist in den Morgen- und
Altend-Stunden vor. Je niedriger die Sonne steht, desto grösser ist das
u Regenbogen eingenommene Bogenstück, vorausgesetzt, dass Regen-
[ifen in allen Richtungen vorhanden sind. Beim Sonnenauf- oderUnter-
!ig erscheint er für einen Beobachter mit freiem Horizont wie ein
Ibkreis. Beobachter auf SchifFsmasten, Türmen, Bergen oder anderen
'ierten, hoch gelegenen Plätzen können grössere Bogenstücke sehen,
-weilen den ganzen Kreis. Dasselbe gilt, wenn die wirksamen Wasser-
iiipfchen sich ganz nahe vor dem Beobachter befinden wie bei Spring-
umen, Wasserfällen u. s. w.
Regenbogen können sich im Wasser spiegeln oder von dem Spiegel-
lild der Sonne herrühren. Auch die Mondstrahlen können Regenbogen
vorrufen. Die Farben derselben
•iiul sehr schwach, der rote Saum ist
läufig noch gerade sichtbar, sie geben
laher nahezu einen weissen Licht-
indruck.
An der violetten Seite der beiden
•en Regenbogen, besonders im
rsten Teile des ersten Regenbogens,
ht man häufig eine Anzahl soge-
iinter sekundärer Bogen, welche dem
lauptbogen konzentrisch verlaufen. Sie
j(>n ganz nahe am Hauptbogen und
lohen aus schmalen grünlich, bläu-
! oder rötlich gefärbten helleren
ilcr dunkleren Bogenstücken.
Die Erklärung dieser Erscheinung wurde von Young gegeben. Es
i in Fig. 260 ABCDEdev Strahl, welcher den grössten Ablenkungs-
ikel besitzt (für rotes Licht 42^ 30')- Auf beiden Seiten von B fallen
ihlen bei F und N ein, welche weniger abgelenkt werden als der
v.hl AB. Von diesen sind es zwei, sagen wir G F und MX, welche
ich stark abgelenkt werden und deshalb parallel (IL und OP) ausgehen
i vom Auge des Beobachters zusammengebrochen werden.
Zwischen diesen beiden Strahlen herrscht ein bestimmter Gang-
'•Tschied, welcher eine gerade oder ungerade Zahl von halben Wellen-
den erreichen kann. In diesem Fall verschwindet die Lichtwirkung,
II jenem wird sie verdoppelt. Das Licht, welches unter einem kleineren
vVinkel als DE das Auge trifft, d. h. unter dem Hauptregenbogen liegt.
Fig. 260.
842 Physik der Atmosphäre.
wird deshalb ganz nahe am Regenbogen, wo der Gangiinterschied Niil
ist, verstärkt erscheinen, etwas tiefer wird der Gangunterschied ein
halbe Wellenlänge ausmachen, es wird ein dunkler Bogen erscheinor^
Noch etwas tiefer tritt wieder Verstärkung und dann wieder Ver
dunkelung ein. Konzentrisch innerhalb des Hauptbogens liegen deshall
abwechselnd helle und dunkle Bogen.
Der Gangunterschied beruht auf dem Wegunterschied der beideij
interferierenden Strahlen im Wassertropfen. Je grösser der Tropfen ist
um so grösser wird auch der Gangunterschied bei gleichen Einfali
winkeln von G F und MK Hieraus folgt, dass bei grossen Tropfen dr
sekundären Bogen dichter aneinander liegen müssen wie bei klcinei
Tropfen, was von der p]rfahrung bestätigt wird.
Da das Licht der Sonne nicht einfarbig ist und die Sonne ein
Flächenausdehnung besitzt, sind die dunklen und hellen Bänder au
Mischfarben zusammengesetzt und unscharf. Die roten, grünen und
blauen Farbennuancen machen sich in diesem Farbenspiel am meister
geltend. In einiger Entfernung von dem Hauptregenbogen werden di»
Farben zu verwaschen, als dass eine scharfe Wahrnehmung der sekundäii
Bogen möglich wäre. Diese Bogen sind am schärfsten unter de:
höchsten Punkte des Hauptregenbogens entwickelt. Bisweilen werder
sie auch ausserhalb des zweiten Regenbogens, besonders am Scheitel-
punkt desselben, wahrgenommen.
Airy, welcher diese Erscheinung genau analysiert hat, betrachtet
sie als eine Art Diffraktionserscheinung. Es ist ihm gelungen, auf diese
Weise eine ausreichende Darstellung derselben zu geben, auf welche
hier nicht näher eingegangen werden kann.
Ebensowenig wie die sekundären Regenbogen kann der „weisse
Regenbogen", welcher bisweilen beobachtet wo;rden ist, aus der Carte-
s ins sehen Regenbogentheorie erklärt werden. Dagegen erweist er sich^
wie Pernter gezeigt hat, als eine direkte Folgerung der Airyschen
Theorie, und wird von ihm als ihr bester Beweis angesehen.
Der weisse Regenbogen hat aussen einen gelblichen oder orang» -
farbenen Saum, innen einen bläulichen, besteht aber sonst aus einenij
weissen Band. Sein Halbmesser ist viel geringer als derjenige desj
ersten Regenbogens. Er wurde z. B. von der schwedischen Expedition
nach Spitzbergen 1882 — 83 bei mehreren Gelegenheiten beobachtet
und einmal wurde der Halbmesser gemessen: Es erschienen drei Bogen
innerhalb einander. Der äusserste erstreckte sich von 41^4' bis 37" 19'.
i
XV. Meteorologische Optik.
813
: zweite mit dem ersten gleichzeitige von 35*^24' bis 33*^34', der
iiiiere, der erst später erschien, von 32*^55' bis 31'^ 25'.
Bei einer Beobachtung von Mc. Connel auf Ben Nevis erschienen
•1 weisse Regenbogen, deren Halbmesser 41*^22' — 36^36 und 34^40 —
'20' waren. Weiter hat Riggenbach im Nov. 1897 einen solchen
M' yenbogen gesehen, dessen Halbmesser 42*^ — 34^ betrug.
Pernter hat gezeigt, dass solche Regenbogen auftreten müssen,
im die Wassertröpfchen einen Halbmesser von weniger als 0,025 mm
, Fig. 261.
' <itzen. p]r hat solche Regenbogen auch künstlich mit Hilfe von Zer-
ibern dargestellt. Sie kommen nie bei Regen, sondern nur bei Nebel
' r, und sind häufig von Glorienerscheinungen begleitet. Aus den
''Miensionen der Regenbogen berechnete Pernter den Halbmesser der
i'fchen in den beiden erstgenannten Fällen zu 25 bezw. 20,7 fi.
Vir den letzten Fall berechnete Riggenbach die entsprechende Grösse
u \\ fi (1^ = 0,001 mm).
Ringe und Kreuze um Sonne und Mond. Man bemerkt
i-; weilen und speziell in kälteren Gegenden oder Jahreszeiten, regel-
^sige helle gerade oder kreisförmige Linien um die beiden am meisten
■ litonden Himmelskörper (Fig. 261). Die gewöhnlichste Erscheinung
844 Physik der Atmosphäre.
dieser Art hat die Form eines Kreises, mit einem Halbmesser von etwa 22
Derselbe ist innen rot, aussen bläulich gefärbt und ist häufig von einen
horizontalen und einem vertikalen Durchmesser durchquert. Etwa doppti
so weit von dem Himmelskörper erscheint bisweilen ein zweiter hell
Kreis von derselben Färbung wie der erste. Wo die Durchmes-
die beiden Kreise schneiden, ist die Lichtstärke grösser, diese Steller
' 1
werden Nebensonnen bezw. Nebenmonde genannt. Auf dem gerad*!
der Sonne gegenüber liegenden Punkte des horizontalen Durchmesser
sieht man bisweilen eine helle Stelle, die sogenannte Gegensonne. (Da-
gegen giebt es keine Angabe über eine Beobachtung des Gegenmondf'>
Über oder unter den beiden Kreisen sieht man bisweilen Kreisboge
die die Kreise berühren und im Gegensatz zu diesen ihre Konkavitiü
von der Sonne (Mond) abwenden.
Diese Lichterscheinungen sind meistens nur zum Teil entwickelt.
Die gewöhnlichsten sind die Nebensonnen auf dem horizontalen Durch-
messer. Einige Fälle von reicher Entfaltung der Erscheinung sind
aufgezeichnet. So z. B. sah Hevelius im Jahre 1661 sechs Neben-j
sonnen Beim sogenannten Petersburger Phänomen, 29. Juni 1790,
beobachtete man die zwei Kreise, vier Kreisbogen und sechs Neben-
sonnen. Die Einge werden häufig mit einem von Aristoteles stammen-!
den Namen als Haloen bezeichnet. Diese Erscheinung ist nicht so selten,
wie man glauben möchte. So beobachtete Overhoff in Harlem im
Jahre 1896 100 mal Haloen und 14 mal Nebensonnen (vergleiche übrigens
die unten gegebene Statistik für Upsala).
Die theoretische Erklärung dieser Erscheinung ist sehr einfach, siel
wurde von Mariotte und Fraunhofer gegeben und besonders durch |
Bravais und Galle vervollkommnet. In der kühlen Luft schweben!
Eiskry ställchen, welche dem hexagonalen System an-
|-< 4- ^ gehören und die nebengezeichnete Form (Fig. 262) '
einer regelmässig sechseckigen Säule mit gegen die
Seiten senkrechten Basisflächen besitzen. Diese Pris- '
men sind doppelbrechend, aber so wenig, dass man'
mit einem mittleren Brechungsindex von 1,307 für Rot
Fig. 2(i2. und 1,317 für Violett rechnen kann. Ein Lichtstrahl,
welcher durch das Prisma so geht, dass er die Seiten
1 und 3 passiert, die einen brechenden Winkel von 60 ^^ bilden, erhält
eine Deviation von etwa 21^36' (für Rot) bezw. 22^22' (für Violett),
welche Ziffern die Minimideviation angeben. Eine Ablenkung, welche
dieser Ziffer entspricht, kommt den unvergleichlich meisten Strahlen zn.
■
I
XV. Meteorologisclie Optik. §45
iVenn nun solche Säulen regelmässig in der Luft verteilt sind, wird
Inan infolgedessen einen innen roten, aussen violetten King um die Sonne
»der den Mond sehen von etwa 22^ Halbmesser.
In derselben Weise erklärt man den hellen Ring vom Halb-
j nesser 45'' 10' (für den roten) und 47^ 18' (für den violetten Teil) als
ilurch Brechung eines Strahles, der durch die Basisfläche 4 und eine
vlnlenseite (brechender Winkel 90'^) geht, entstanden. Dieser Ring ist
»hnlich schwächer als der innere, teils wegen seiner grösseren Aus-
lehnung, teils weil das Licht bei der Brechung durch ein 90 gradiges
Msma stärker reflektiert wird wie bei der Brechung durch ein 60 gradiges.
Teils sind wohl auch die brechenden Kanten von 90*^ weniger vertreten
1< diejenigen von 60*^.
I^LDas Licht der Sonnenringe ist als gebrochen partiell senkrecht zur
ipBallsebene polarisiert. Eine nähere Berechnung zeigt, dass diese
liartielle Polarisation nicht sehr bedeutend ist. Die beiden Durchmesser
'i- Ringe rühren aber, wie unten gezeigt wird, von Spiegelung her und
IjiHLicht ist folglich wie beim Regenbogen in der Einfallsebene polarisiert.
^■Natürlich sind in diesem Falle ebenso wie beim Regenbogen die
j'^arben nicht rein, weil die Sonne und der Mond eine Ausdehnung von
2' besitzen.
Die Eiskryställchen sind meistens entweder als Nadeln ausgebildet,
also das Prisma sehr nach der Längsrichtung entwickelt ist, oder
sind tafelförmig, in welchem Fall die Basisflächen vorwiegen und
jie Prismenseiten sehr kurz sind. Die Nadeln scheinen gegenüber den
'afeln vorzuwiegen.
I Die Krystalle streben so zu, fallen, dass sie dem geringsten Luft-
iiderstand begegnen, dies geschieht, wenn die Achsen der Nadeln und
Basisflächen der Tafeln vertikal, die Basisflächen der Nadeln dagegen
Drizontal sind. So entsteht ein starkes Übergewicht der vertikalen,
'in weniger ausgeprägtes der horizontalen Flächen über anders ge-
' htete. Die vertikalen Flächen erzeugen Spiegelbilder, die in einem
nrizontalen Ring verteilt sind. Wie leicht einzusehen, müssen daher
1 den beiden Haloen die Schnittpunkte mit dem horizontalen Durch-
'lesser am stärksten entwickelt sein. Infolgedessen treten die vier
'lensonnen auf, von welchen die inneren gewöhnlich die kräftigsten
ud, wie überhaupt der innere Ring stärker als der äussere entwickelt ist.
Die horizontalen Flächen erzeugen den vertikalen Durchmesser,
Mlurch auch die zwei äusseren in vertikaler Richtung gelegenen Neben-
§46 Physik der Atmosphäre.
sonnen entstehen. Die zwei inneren Nebensonnen auf dem vertikaL
Durchmesser rühren von Tafeln mit vertikalen Endflächen her.
Die tangentiellen Bogenstücke, welche durch die vier vertikale
Nebensonnen gehen, rühren von schräg einfallenden Strahlen her, 1)'
welchen die durch den einfallenden und gebrochenen Strahl gehen
Fläche nicht auf einer Kante des Krystalles senkrecht steht. De
brechende Winkel des Prismas wird dann grösser als 60'' bezw. 90 "^ um
die entsprechenden Bogen liegen deshalb weiter als die Kinge entfernt <
Der vertikale Durchmesser ist häufig nach Sonnenuntergang seh
schön als eine rötliche Säule entwickelt. Sein Glanz ist trotz des no<'
hellen Sonnenlichtes sehr auffallend; in diesem Fall ist der horizont;;
Durchmesser natürlich nicht sichtbar.
Die Ringe treten besonders häufig in anticyklonalen Gebieten autj
wo auch die Cirruswolken am gewöhnlichsten sind. Der doppeU'
Sonnenring ist im Polarwinter der normale Begleiter der Sonne. 1
Lichtsäule soll auch mehrmals bei Feuerbrünsten gesehen worden sein
Hellmann hat das in Upsala während der Jahre 1866 — 1872 ge-
sammelte Material betreffs Halo-Erscheinungen bearbeitet Sie werdti
etwa fünf mal so oft um die Sonne als um den Mond beobachtet. Tlii'
Häufigkeit, nach der Anzahl Beobachtungen angegeben, in den siebii
Jahren (2557 Tage) war folgende:
Sonnenringe von 22 '^ Halbmesser 479
Nebensonnen 163
Mondringe von 22^^ Halbmesser 123
Vertikale Säulen durch die Sonne 74
Obere Berührungsbogen des Sonnenringes von 22°. 71
Sonnenringe von 46 ** Halbmesser 22
Nebenmonde 22
Obere Berührungsbogen des Sonnenringes von 46*^. 21
Vertikale Säulen durch den Mond 21
Mondringe von 46'' Halbmesser und obere Berührungsbogen auj
Mondringen von 22 bezw. 46^ Halbmesser kamen nur einmal alle ?
bis 7 Jahre vor.
Die von der Sonne herrührenden Haloen sind zu Upsala amj
häufigsten in April bis Juni, am seltensten im Dezember und JanuarJ
die von dem Mond verursachten sind am seltensten zur Zeit des höchster
Sonnenstandes und am häufigsten im Winterhalbjahr.
m
XV. Meteorologische Optik. 847
Die Periode wird durch zwei Umstände bewirkt, die Häufigkeit der
kr} stalle in der Luft, und die Länge der Tageszeit, in welcher der
reffende Himmelskörper über dem Horizont steht. Dieser letztere
1 instand bewirkt die Zunahme der Sonnenhaloen (aber nicht der Mond-
I iloen) vom Dezember bis zum Mai. Bewölkung, Niederschläge u. s. w.
ihon einen störenden Einfluss auf die Beobachtungen aus.
Cornu hat diese Lichterscheinung künstlich nachgemacht, indem
1 Kry ställchen von Alaun in einer Flüssigkeit von ungefähr demselben
'zifischen Gewicht schweben Hess. Die dabei beobachteten Kinge
ten Halbmesser von 46 bezw. 22^.
Höfe. Wenn man eine kleine Kerzen- oder Gasflamme durch eine
iLasscheibe betrachtet, auf welcher kleine Stäubchcn (z. B. Bärlapp-
:amen) oder Tröpfchen (z. B. durch Kondensation entstanden, wie beim
\nhauchen eines Glases oder an Fensterscheiben im Winter) liegen,
'I sieht man die Flamme von farbigen Bingen umgeben. Diese Ringe
ühren, wie Fraunhofer zuerst nachwies, von der Beugung des Lichtes
ler. Ist die Lichtquelle punktförmig, so sind die Rmge kreisförmig und
hr Durchmesser ist dem Durchmesser der Körperchen umgekehrt pro-
)ortional. Bei homogenem Licht sind die Ringe abwechselnd hell und
lunkel, bei weissem Licht haben sie Farben ungefähr wie die Newton-
i-hen Farbenringe.
Die Luft enthält häufig kleine Nebeltröpfchen, die eine ähnliche
A'irkung ausüben. Der Mond erscheint durch eine Sammlung solcher
Tröpfchen, z. B. durch eine dünne Wolke gesehen, mit einem oder
nehreren farbigen Ringen umgeben, welche Erscheinung den Namen
ilondhof erhalten hat. Die Farbe des Hofes ist zunächst dem Mond weiss,
'an ach blaugrau, dunkel, weiter hinaus rot und dann gelb. In den
^eren Teilen wechseln grünliche und rötliche Farbenringe ab. Um
Sonne sieht man selten solche Höfe, weil die grosse Lichtstärke
leses Himmelskörpers das Auge blendet. Durch Zwischenschaltung
ines schwarzen Glases in den Weg der Sonnenstrahlen kann man den
iimenhof sichtbar machen. Ebenso kann man häufig den Sonnenhof
eobachten, wenn man das Sonnenbild in einer ruhigen Wasserfläche
»otrachtet.
Aus der Grösse der Ringe kann man auch in diesem Fall die Grösse
er Nebeltröpfchen berechnen. So z. B. entspricht bei rotem Licht ein
lalbmesser des ersten hellen Ringes von 2^ einem Durchmesser von
,018 mm.
Da der Durchmesser eines Hofes von der Grösse der Tröpfchen ab-
848 Physik der Atmosphäre.
hängt, so ist es selbstverständlich, dass der Hof mit um so reineit
Farben erscheinen muss, je gleichmässiger die Grösse der Tröpfchen is
Höfe können auch um andere helle Himmelskörper, wie z. B. di
Venus, sichtbar werden.
Während die Ringe von Eiskrystallen herrühren und deshalb li
sonders häufig vorkommen, wenn der Himmel von einem dünnen Cirru -
Schleier bedeckt ist, welcher aus Eisnadeln besteht, sind die Höfe Ix i
niedriger liegenden Wolken und Nebel zu beobachten.
Glorie, Brockengespenst. Wenn man an einer Wasserfläcl
so steht, dass der Schatten des Kopfes auf die Wasserfläche fällt,
sieht man diesen Schatten von einer Art Strahlung umgeben, welolp
den Namen Glorie erhalten hat. Die Sonnenstrahlen streifen den K^
und gehen in das Wasser hinein, wo sie kleine Partikelchen beleucht
und nach verschiedenen Richtungen zurückgeworfen werden. In d(
meisten Richtungen treffen sie andere Partikelchen und werden wieder
reflektiert. Diejenigen Strahlen aber, die auf demselben Wege, den sicj
gekommen sind, zurückgeworfen werden, finden die Bahn frei und treffen'
das Auge, da die Dimensionen des Kopfes relativ zu dem vom Licht durch-
laufenen Wege als gering zu betrachten sind. Daher erscheint die näch^
Umgebung des Kopfschattens stärker beleuchtet als die übrige Fläcli
Dabei sieht der Lichtschein wie ein geradliniges Bündel aus, ai,
denselben Gründen, wie dies für Sonnenstrahlen in staub erfüllter Luft
der Fall ist. Im Wasser giebt es nämlich grössere schattenwerfende
Körper, welche den Strahlen cylindrische Begrenzungsflächen erteilen.
Der Schatten des Kopfes ist deshalb von einer grossen Menge kurz
radieller Strahlen umgeben.
Eine ähnliche Erscheinung bietet eine stark beleuchtete raiiii
Wand dar. Das einfachste Beispiel dafür ist der Mond, dessen Leuclit
kraft von Zöllner untersucht wurde. Wenn der Mond eine glatti.
diffus reflektierende Fläche wäre, so würde die Stärke des Mondlicht >
bei Vollmond (180" in Fig. 263) ein äusserst flaches Maximum zeig( i
das ganz allmählich, wie bei einer Sinuskurve, abfallen würde. Anstati
dessen ist das Maximum, wie Zöllner fand, sehr scharf und die Licht
stärke fällt schnell bei abnehmender Grösse des sichtbaren Teiles un
gefähr wie die Kurve (Fig. 263) zeigt. Die Ursache davon ist die Steil-
heit der Bergwände auf dem Mond. Eine beleuchtete Fläche mit no<
steileren Erhebungen würde eine Kurve mit noch spitzerem Maximuiu
geben. Ahnlich wie der Mond scheint nach neuerdings ausgeführten
Messungen von Jos t der Merkur sich zu verhalten.
';
XV. Meteorologische Optik.
849
Denken wir uns eine rauhe Oberfläche von grosser Ausdehnung,
Ichc von der Sonne beleuchtet ist, so wird sie in dem Punkt, der in
r Verlängerung der Linie Sonne — Auge liegt, am stärksten beleuchtet
M-heinen und von dort ringsum die Beleuchtung abnehmen. Ist
d\o Rauhheit noch viel grösser wie diejenige des Mondes, so erscheint
die Wand als eine matte spiegelnde Fläche, ungefähr wie ein ange-
laufener Spiegel. Um den Schatten des Beobachters liegt eine strahlende
Glorie.
Eine solche Glorie von bedeutender Lichtstärke sieht man um den
.^thatten seines Kopfes, wenn die Sonne eine vor dem Beobachter ge-
legene stark betaute Wiese
-cheint. Eine grosse Menge
stark leuchtender Sonnen-
bilder in den Tautropfen
setzen sie zusammen.
Die Sonnenbilder weiter
sL'itwärts werden dem Auge
zum grössten Teil von den
Grasblättern verdeckt.
Die Glorienerscheinung
.vdim sich auch zeigen, ohne
dass die Wiese betaut ist.
Ein ganz trockenes Stoppelfeld giebt sie auch, obgleich bei weitem
aicht so glänzend wie ein bethautes, weil von den trockenen Stroh-
hälmehen viel weniger Licht reflektiert wird wie von den Tautropfen.
Die richtige Erklärung der Glorie gab v. Winterfeld vor etwa 100
Jahren.
Natürlich brauchen die lichtreflektierenden Teile nicht lang gezogen
'.n sein wie das Gras einer Wiese, sondern kleine Kügelchen können
iif^selbe Wirkung ausüben. Wenn ein Beobachter zwischen einer
..S'ebelwand und der Sonne steht, was in den Bergen recht häufig
''intrifft, sieht er daher um den Schatten seines Kopfes eine Glorie.
'iese kann von einem Hofe von mehreren farbigen Ringen um-
j<eben sein, wenn die Tröpfchen die richtige Grösse haben. Das
reflektierte Licht besteht nämlich wegen der Schattenwirkung aus
liahezu parallelen Lichtbündeln. Diese prachtvolle Erscheinung, die
iieistens von einem weissen Regenbogen umgeben ist, wird Ulloas-Zirkel
jjenannt, weil der spanische Gelehrte Ulloa bei Bergbesteigungen in
l^n Anden, mit Bouguer zusammen, dieselbe beobachtete. In Deutsch-
Arrhenius, Kosmische Physik. 54
Fig. 263.
§50 Physik der Atmosphäre.
land ist der gewöhnliche Name Brockengespenst, weil Silherschhi.
(1780) eine nähere Beschreibung dieser Erscheinung in einem Bericli
über eine Harzreise gegeben hat. Sie ist auch in den Alpen und Kar-i
pathen nicht ungewöhnlich, auf Ben Nevis in Schottland ist sie nacl!
Beschreibungen von Omond recht häufig.
Eine Abbildung dieser auf dem Pilatus beobachteten Erscheinung
ist in Fig. 264 nach Hagenbach gegeben. Der innerste rote King hatt(
einen Durchmesser von 2*^ 30', einen Durchmesser der Nebeltröpfchen vor
Fig. 264.
0,016 mm entsprechend. Meist wird der Durchmesser zu etwa 6^ für
den ersten, 12" für den zweiten, 17" für den dritten Bing angegeben.|
Besonders häufig beobachten Luftschiffer diese Erscheinung. Sie sehen'
den Schatten des Ballons auf der (nicht allzu tief) unter ihnen liegenden!
Wolkendecke, wobei der Grondelschatten (eigentlich der Kopfschatten desj
Beobachters) von einer Keihe konzentrischer farbiger Eingen umgeben l
erscheint. Flammarion beschreibt die Farbe der Ringe folgender-j
maassen: innen gelblich weiss, danach blassblau, gelb, graurot und zu-l
letzt nach aussen schwach violett.
Irisierende Wolken. Nicht selten sieht man Wolken, deren
Ränder oder dünnere Stellen in Regenbogenfarben schillern. Häi
I
XV. Meteorologische Optik. g51
nndern sich diese Farben sclinell. Ihr Licht ist polarisiert. Die Farben
iluen sich nicht als Kinge um die Sonne, sondern sind unregelmässig
rteilt. Die Farben erinnern nach Mohn an diejenigen dünner Blätt-
I lien. Über die Erklärung dieser Erscheinung ist man noch nicht einig.
A[:in glaubt jedenfalls, dass die Farben einer Diffraktionserscheinung
zuzuschreiben sind. Die farbigen Stellen haben oft die Form von
1 lecken oder Balken. Die Erscheinung scheint in kälteren Gegenden
iifiger zu sein als in wärmeren. Schips, welcher über diesen
vxegenstand eine Monographie geschrieben hat, ist der Ansicht, dass die
irisierenden Wolken aus Eiskrystallen bestehen. Sie sind um der Mittags-
zeit am gewöhnlichsten. Sie befinden sich meist in der Nähe der Sonne
.')— 8*^ Entfernung). Ihre jährliche Periode zeigt ein Maximum im Juni
und eins im Oktober, im Januar und Februar hat Schips keine
irisierenden Wolken beobachtet (in Württemberg). In Christiania wurden
dagegen meistens in den Wintermonaten (78 Proz.) und bei tiefem
ouunenstand gesehen. Sie zeigten daselbst keine ausgeprägte täg-
liche Periode. In Upsala waren sie am gewöhnlichsten im Frühling
2 Proz.) und am Mittag; 53 Proz. wurden zwischen 10 Uhr früh und
1 [^hr N. M. beobachtet.
Bisweilen scheinen diese Wolken sehr hoch zu liegen. Mohn be-
achtete in Christiania die Zeit, zu welcher solche Wolken in den Erd-
schatten traten und berechnete daraus ihre Höhe zu 107, 130 und
132 km. In anderen Fällen war die Höhe geringer (23 km), auf Spitz-
' bergen beobachtete Ekholm ganz niedrig liegende Wolken dieser Art
ichte Cumuli).
Mit einigen von den irisierenden Wolken sind die leuchtenden Nacht-
\\ ulken nahe verwandt, die häufig auch silberglänzende Wolken genannt
\virden. Dieselben werden erst seit dem Krakatau - Ausbruch beob-
htet. Es giebt indessen Andeutungen, dass ähnliche Gebilde schon
,im 17. Jahrhundert wahrgenommen wurden. Die meisten Beobachtungen
[derselben seit August 1883 rühren von Jesse her, welcher ihre Höhe
i aus der Tiefe der Sonne unter dem Horizont und durch photographische
1 Aufnahme an zwei in einiger Entfernung gelegenen Stellen berechnete.
Sie erinnern stark an Cirri und kommen nur um die Sommer-Sonnen-
! Wendezeit vor. Am Äquator treten sie vielleicht auch zur Zeit der Nacht-
-ileichen auf. Sie sind ausserordentlich zart und ihr Licht enthält äusserst
wonig rotes Licht, so dass sie nach R. v. Helmholtz durch rote Gläser
nicht zu sehen sind. Dieser Umstand scheint darauf hinzudeuten, dass
u' aus so kleinen Partikelchen bestehen, dass sie das rote Licht nur
54*
§52 Physik der Atmosphäre.
äusserst wenig zurückzuwerfen vermögen. Sie sind deshalb auch m\
Nachts sichtbar, wenn die Sonne mehr als 8*^ unter dem Horizont stehtj
Der Umstand, dass sie nur im Sommer (in Berlin 23. März bi
11. Aug.) sichtbar sind, scheint anzudeuten, dass eine Kondensation vm
Wasserdampf, welcher im Sommer in höhere Schichten hinaufdringt al
im Winter, ihre Sichtbarkeit begünstigt. Ihre Höhe wurde von Jes
zuerst im Mittel zu etwa 17 km ermittelt, später wurden von ihm mittlci
Werte bis zu 83 km gefunden. Sie besitzen eine sehr grosse Ge-
schwindigkeit von etwa 100 m pro Sek., die hauptsächlich von Ostei
nach Westen gerichtet ist mit einer schwachen Komponente nach Süden]
Sie haben demnach genau entgegengesetzte Richtung wie die Cirri
(relativ zur Erdoberfläche). Ihre Häufigkeit nahm stark ab; in de
Jahren 1885 — 1892 wurden sie nur 10 mal in Berlin beobachtet, un
zwar in den Morgenstunden; jetzt (seit etwa 1892) werden sie nichf
mehr beobachtet.
Die Tageshelle. Wenn in der Atmosphäre keine Reflexion des
Sonnenlichtes stattfände, so würde der Himmel rein schwarz erscheinen
und die sonnenbeleuchteten Gegenstände würden eine grelle Hellig-
keit zeigen, welche gegen die schwarzen Schlagschatten enorm kon-i
trastieren würde. In diese Schatten würden nur die unbedeutenden!
Lichtmengen fallen, welche von der Reflexion an den beleuchteten'
Stellen herrührten. So etwa sind die Verhältnisse auf dem Monde, woj
die Berge tiefschwarze Schatten werfen, sodass ihre Profile mit merk-j
würdiger Schärfe hervortreten.
Die Reflexion in der Luft geht von den vielen kleinen Staub-j
teilchen und Wassertröpfchen aus, welche in der Luft schweben. Je;
weniger Staub in der Luft schwebt, um so geringer ist die Tageshelle j
und um so schärfer sind die Schatten.
Deshalb ist die Farbe des Himmels um so dunkler, je höher deri
Beobachtungspunkt liegt. In den Bergen werden die Schatten um soj
dunkler, je höher man kommt. Über Kontinenten ist die Tageshelle I
geringer als über dem Meer und in Küstenländern, wo viele Wasser-
tröpfchen in der Luft schweben. Im Gegensatz dazu ist die Sonnen- ,
beleuchtung in Wüsten ausserordentlich scharf und blendend, die Schatten
dagegen dunkel. Für anticyklonische Gebiete gilt dasselbe. Ein dünner
Wolkenschleier erhöht die Tageshelle bedeutend. Die Tageshelle dringt
durch die Fensteröffnungen in Zimmer hinein, welche an der Schattenseite
liegen, und in welchen man sonst Licht am hellen Tage brennen müsste,
XV, Meteorologische Optik. 353
; um nicht volles Nachtdunkel oder ein schwaches Dämmemngslicht darin
/n haben.
Die Tageshelle verhindert bei Tage die Sichtbarkeit der Sterne.
In sehr grossen Höhen, die im Luftballon erreicht worden sind,
lickt man die helleren Sterne am Tage. Eine alte Angabe, dass
man am Tage durch lange Röhren, z. B. Grubenlöcher, die Sterne zu
1 sehen vermöchte, ist schon von Humboldt als unrichtig erwiesen,
i Dagegen wirkt ein Fernrohr so, dass es die Tageshelle nicht verstärkt,
dagegen die Leuchtkraft der punktförmig erscheinenden Sterne im Ver-
hältnis des Quadrates der linearen Vergrösserung vervielfacht, wodurch
lit'Uere Sterne bei Tag mit Hilfe des Fernrohrs zu beobachten sind.
Das von den kleinen Partikelchen reflektierte Licht ist an blauen
iiid violetten Strahlen sehr reich. Bei kleinen Partikeln ist das Re-
dexionsvermögen um so grösser, je kleiner die Wellenlänge des Lichtes
st. Clausius und Lord Rayleigh haben theoretische Untersuchungen
iber diesen Gegenstand ausgeführt. Rayleigh findet, dass, wenn man
nit X die Weglänge bezeichnet, welche ein Lichtstrahl von der Wellen-
änge 2 (in //) in der Luft zurücklegen muss, um im Verhältnis J:Jq
reschwächt zu werden, die Beziehung gilt:
jvorin k eine Konstante bedeutet, welche proportional den in der Luft
'^•^findlichen reflektierenden Teilchen zunimmt.
Diese Formel stimmt vorzüglich mit den Beobachtungen von Abney
iber die Durchsichtigkeit der Luft in verschieden dicken Schichten,
Fobei als Einheit die Luftmenge genommen ist, welche ein senkrecht
infallender Strahl in der Atmosphäre durchläuft. Der Wert der Kon-
tante war bei seinen Versuchen 4,64 -10' cm, oder da die Atmosphäre
uf 760 mm Druck reduziert (bei O''), eine Höhe von 8000 m haben würde,
^ reduzierte Atmosphären. Mit anderen Worten ein Strahl, dessen Licht
\r Wellenlänge 1 fi besitzt, müsste 58 Atmosphären durchlaufen, um
11 Verhältnis 1:0,368 geschwächt zu werden. Ist die Wellenlänge
',5 (i, so wird die nötige Weglänge 16 mal geringer, entspräche also
,63 Atm. Durch Beobachtung der Stärke verschiedener Spektralteile
es Sonnenlichtes bei verschiedenen Sonnenhöhen konnte Abney die
)nrchlässigkeit der Luft für Licht von verschiedenen Wellenlängen be-
timmen. Seine Resultate sind in folgender Tabelle mit nach Rayleighs
'f>rmel berechneten Werten zusammengestellt, h bedeutet die durch-
g54 Physik der Atmosphäre.
strahlte Länge in reduzierten Atmosphären, X die Wellenlänge. Di|
tabellierte Grösse ist die Durchlässigkeit in Prozent. j
h= 12345678 32
;i = 0,40beob. 51 25 13 7 3 2 1 0 0
her. 51 26 13 7 3 2 1 0 0
;i = 0,49l)eob. 74 54 40 30 22 16 12 9 0
her. 74 55 41 30 22 17 12 9 0
;i = 0,59 beob. 87 75 65 57 49 43 37 32 0,1 1
ber. 87 75 65 57 49 43 37 32 1,1 '
2 = 0,76 beob. 95 91 86 81 77 74 71 66 10,7
ber. 95 90 86 81 77 73 70 66 19,1
Wie ersichtlich, ist die Übereinstimmung zwischen Beobachtung uii
Rechnung vorzüglich, wenn man von den unsicheren Werten der letzt
Kolumne absieht.
Dagegen hat Langley, welcher die Stärke der verschiedenen Speiv
tralteile des Sonnenlichts bei verschiedenen Sonnenhöhen bolometrisi !
bestimmte, Werte beobachtet, welche gar nicht mit der Rayleigh-
sehen Formel in Übereinstimmung zu bringen sind. Er fand näm-
lich folgende Zahlen (d) in Prozent für die Durchlässigkeit einer Atmo-
sphäre, unter welche die nach Rayleighs Formel berechneten ge-
schrieben sind. '
X= 0,358 0,383 0,416 0,440 0,468 0,550 0,61b (i
rf(beob.)== 46,5 53,1 60,0 63,6 67,7 73,4 78,1
c?(ber.) = 35,8 44,9 56,2 63,0 69,8 82,8 88,7
;i = 0,781 0,870 1,01 1,20 1,50 2,59 //
d{heob.)= 84,4 87,1 89,1 90,5 91,9 92,6
d (ber.) = 95,5 97,0 98,4 99,1 99,7 100,0
Wir kommen später auf die Erklärung dieser Erscheinung zurück.
Obgleich die Beobachtungen von Langley eine viel schwächere
Zunahme der Durchlässigkeit mit der Wellenlänge ergeben als die
Formel von Rayleigh verlangt, so zeigen sie doch einen ausgeprägten
Gang in derselben Richtung. Eine Folge davon ist, dass weisses
Sonnenlicht beim Durchgang durch die Atmosphäre einen rötlichen Ton
annimmt, dessen Stärke mit der Länge der durchstrahlten Schicht be-
deutend zunimmt. Wir sind nun gewohnt, das von der Sonne erhaltene
Licht, wenn sie in mittlerer Höhe steht, als weiss anzusehen. Das Licht;
XV. Meteorologische Optik. 855
cinor sehr hoch stehenden Sonne bei klarer Luft erscheint deshalb bläu-
lich-weiss, wogegen die tiefstehende Sonne ein stark rotgefärbtes Licht
iinsziisenden scheint.
In dieser einfachen Weise erklärt sich die prachtvolle Erscheinung des
Morgen- und Abendrots. Eine kleine Modifikation der Farbe entsteht durch
die Absorptionslinien in der Luft (vgl. Tafel I sowie S. 503 und 505), welche
zum grössten Teil in Kot und Gelb liegen und deshalb die rote Farbe
was abschwächen. Dass dessen ungeachtet die Abendröte nach alter
^-[■fahrung stärker ist, wenn viel Wasserdampf in der Luft enthalten ist,
'nruht darauf, dass dann mehr Wassertröpfchen in der Luft schweben
d. S. 489). Die Abendröte zeigt auch ein satteres Rot als die
Alurgenröte, weil die Luft am Abend mehr Staub und Wasser-
iripfchen enthält wie am Morgen (vgl. S. 498). Nach der Eruption
in Krakatau am 27. Aug. 1883 waren Abend- und Morgenröte auf-
tauend lebhaft, was von der ungeheuren Staubmasse herrührte, welche
bei diesem Ausbruch in die Luft geschleudert wurde und erst allmäh-
lich hinabsank. Dieser Staub gab zu einer DifiFraktionserscheinung,
sogenannten Bishopschen Ring Anlass, aus dessen Dimensionen
er Durchmesser des Staubes zu 0,001 — 0,003 mm berechnet wurde (von
Flögel und Hagenbach). Die prachtvolle Abendröte (das sogenannte
rote Licht) verblasste allmählich mit den Jahren und jetzt sind die
Dämmerungserscheinungen wieder dieselben wie vor dem Ausbruch.
Die Farbe des diffusen Himmelslichtes ist aus den angeführten
Gründen stark blau. Ein anderer Grund dafür ist von Spring
vorgebracht worden. Die Eigenfarbe sowohl von Sauerstoff, und be-
sonders von Ozon, als auch von Wasserdampf in dicker Schicht ist blau
Dies entspricht vollkommen den hauptsächlich im Rot gelegenen Ab-
sorptionsbändem dieser Gase, man sollte aber dann vermuten, dass das
Flimmelslicht im Zenith am wenigsten blau wäre, wo die absorbierende
Schicht am dünnsten ist, am meisten am Horizont, was gänzlich gegen
die Erfahrung spricht. Das sieht man schon mit blossem Auge,
Messungen geben aber darüber einen noch sichereren Aufschluss. Saus-
en re war der erste, welcher solche Messungen anstellte. Er mischte
Berlinerblau mit weisser oder schwarzer Farbe in verschiedenen Pro-
portionen und stellte so eine Skala von 27 Stufen zwischen rein weiss (0'')
und rein blau (27°) und 27 Stufen zwischen rein schwarz (53**) und rein
blau her, so dass er im ganzen 53 Abstufungen besass. Diese Abstufungen
wurden Cyanometergrade genannt.
I]in sogenanntes Rotationscyanometer konstrairte Parrot, bei
g56 Physik der Atmosphäre.
welchem die Sektoren Newtonscher Farbenscheiben mit weiss odeii
schwarz und blau in verschiedenen Proportionen bestrichen wurden. Bei!
schneller Drehung entsteht eine Mischfarbe, die aus weiss und blau
bezw. schwarz und blau nach der Grösse der betreifenden Sektoren zu-
sammengesetzt ist.
Saussure und Humboldt verglichen nun in Genf und auf dem
Nordatlanten die blaue Farbe des Himmels in verschiedenen Zenith-
distanzen mit den Cyanometergraden und fanden:
Zenithdistanz
Gyanometergrade
Saussure
Humboldt
30«
20
22,0
50<'
17,5
18,0
60
15,5
16,5
70
13,0
10,0
80
9,0
6,0
89
4,0
3,0.
Saussure fand die Farbe auf Col du geant (Montblanc) 31 Cyano-
mometergraden entsprechend, während gleichzeitig in Genf (375 m) 22,5"
beobachtet wurden. Bei sehr reinem Himmel zeigte der Zenith auf Col
du geant (4371 m) 37», auf dem Montblancgipfel (4810 m) 39«.
Näher am Äquator ist im allgemeinen der Himmel tiefer blau als
weiter gegen den Pol hin.
Die Dämmerungserscheinungen. Wegen der Brechung und
noch mehr der Reflexion des Sonnenlichtes in der Atmosphäre tritt die
Dunkelheit nicht gleich dann ein, wenn der Beobachter sich im geo-
metrischen Schatten der Erde befindet. Zuerst ist zufolge der Refraktion
die Sonne eine kleine Weile sichtbar. Wenn sich die Sonne senkrecht
gegen den Horizont bewegt, ist diese Zeit 2 Minuten 20 Sekunden,
da die Sonne in einer Zeitminute 15 Bogenminuten zurücklegt. Wenn i
die Sonnenbahn einen Winkel a mit dem Horizont bildet, so hat man !
die genannte Zeit mit sin« zu dividieren.
Da die roten Strahlen die geringste Brechung erleiden, verschwindet
zuerst das rote Bild der Sonne unter dem Horizont, zuletzt das blaue.
Die hinuntersinkende Sonne wird demnach erst grün (Komplementär-
farbe des Rot), dann immer mehr bläulich erscheinen. Auf diese Weise
erklärt man den sogenannten grünen Strahl, welcher nach den Be-
schreibungen von Reisenden in den Tropen im Augenblick des Sonn^n-
untergangs aufblitzt. Nach anderen Beobachtern ist dieser letzte Strahl
r
XV. Meteorologische Optik. 857
"'< Sonnenlichtes mehr bläulich gefärbt (Sohncke). Die mehr oder
. niger grüne Färbung hängt vermutlich mit der Fähigkeit der Luft,
lic blauen Strahlen zurückzuhalten, zusammen.
Zufolge der Keflexion des Lichtes herrscht noch einige Zeit Hellig-
Keit, die Dämmerung genannt wird, und die allmählich in Stärke ab-
nimmt. Nach einiger Zeit müssen die Arbeiten im Freien wegen
angelnder Beleuchtung abgebrochen werden und die Sterne erster
risse werden am Himmel sichtbar. Dieser Augenblick wird als Ende
r „bürgerlichen Dämmerung" bezeichnet, die Sonne steht dann
( irad unter dem Horizont. Aber noch lange nimmt die Dunkelheit zu
und erst, wenn die Sonne etwa 18" unter dem Horizont steht, werden
lie Sterne sechster Grösse sichtbar. Bis dahin sagt man, dass die
istronomische Dämmerung" obwaltet. Die Dauer der bürgerlichen und
' ronomischen Dämmerung bei senkrecht hinuntersinkender Sonne wäre
innach 24 bezw. 72 Minuten. In Mittel - Europa ist sie etwa doppelt
~" lang.
Die wirkliche Dauer der Dämmerung hängt natürlich nicht nur von
dem Stande der Sonne, sondern auch von der Reinheit des Himmels
ab. Fein verteilter Staub in den höheren Luftschichten, wie nach dem
\nsbruch des Krakatau und dünne Schleier von hoch liegenden Girren
ilängern die Dämmerung, in entgegengesetzter Richtung wirken natür-
lich dichtere Wolken.
An einem Ort, der nicht mehr als 6" südlich vom nördlichen Polar-
kreis, d. h. über 60*^33' n. Br. liegt, dauert deshalb die bürgerliche
Dämmerung zur Sommersonnenwendezeit die ganze Nacht. Das sind
die hellen Nächte, deren Schönheit die Reisenden in diesen Gegenden
preisen. Die immerwährende Dämmerung erstreckt sich zur Zeit der
längsten Tage noch etwas südlicher, z. B. bis Petersburg (59*^50') und
ickholm (59° 20'). Andererseits wird der Reisende in tropischen und
subtropischen Gegenden oft von der schnell einbrechenden Dunkelheit
iberrascht, so schon in Süd-Europa, noch mehr aber innerhalb der Wende-
ise. Dort dauert in Gegenden mit sehr rein blauem Himmel, wie z. B.
n Chile, die (bürgerliche) Dämmerung nur 15 Minuten, bisweilen noch
weniger, wie in Cumana, Venezuela, etwa 10° n. Br., nach Humboldts
A.ngabe.
Die grosse Farbenpracht, welche sich beim Aufgang und Untergang
l<r Sonne entwickelt, hat zu allen Zeiten die Phantasie der Beobachter
Ulf das lebhafteste beschäftigt. Im Altertum scheint besonders die
Morgenröte die Aufmerksamkeit erregt zu haben. Die glänzenden
858
Physik der Atmosphäre.
Schilderungen der rosenfingrigen Eos und der aus rosigem Wolkenbi
sich erhebenden Aurora geben beredtes Zeugniss dafür. Die Bezeichnun,
rosenfingrig ist wahrscheinlich eine Anspielung auf die den Fingern einp'
ausgespreizten Hand ähnelnden Dämmerungsstrahlen („rayons crepii-^
culaires", in Ostindien „Buddhas rays" genannt), welche beim Sonneni
auf- oder Untergang häufig zwischen den Wolken zu beobachten sin'
(Fig. 265).
In neueren Zeiten hat besonders die Abenddämmerung die Aufj
merksamkeit auf sich gezogen. Am meisten hat das damit in Zusammen
Fig. 265. Däinmerungstrahlen.
hang stehende Phänomen des Alpenglühens zu glänzenden Schilderungei^
Anlass gegeben. i
Sehr anziehend ist ausserdem der von Tag zu Tag sich änderndet
Anblick der Dämmerung, ebenso ihr rasch wechselndes Farbenspiel]
Wer eine längere Zeit in dem nebeligen blassen Tageslicht des Polartages
zugebracht hat, vergisst nie den wunderbaren warmen Reiz der erste«
bei der Heimkehr erblickten Dämmerungen.
Die Farbenpracht der Dämmemng ist in verschiedenen Gegendeni
recht verschieden. Reine Luft in den unteren und Kondensation von!
Wasserdampf zu äusserst kleinen Tropfen in den oberen Schichten sindj
dafür günstig. Skandinavien, besonders der Nordteil, Spanien und diej
Alpenländer zeigen schöne Dämmerungserscheinungen. Der Herbst scheint'
die beste Jahreszeit für ihre Entwickelung zu sein. Die trockenen
Jahreszeiten in Spanien weisen sehr farbenarme Dämmerungen auf.
f
XV. Meteorologische Optik, §59
Die Dämmerung ist von vielen Naturforschern geschildert worden,
iiiter welchen Aristoteles, De Mairan, Bergman, Bravais,
Forbes, Neck er, v. Bezold, Hellmann und Riggenbach genannt
werden mögen. In der folgenden Darstellung folgen wir der Schilderung
\(in Hell mann, welcher in Spanien an etwa 500 Tagen Morgen- und
Abend - Dämmerungsbeobachtungen angestellt hat. Die in folgenden
Zeilen neben Farbenangaben in Klammern gedruckten Ziffern geben die
rilrke der Farbe, nach einer von 0 bis 4 gehenden Skala geschätzt, an.
„Schon wenn die Sonne noch 4^ Höhe hat, machen sich längs des
anzen Horizontes, welcher bis dahin gegenüber dem Blau des übrigen
Himmels grau und dunstig erschien, verschiedene schwache Färbungen
bemerkbar; im Westen (d. h. im Vertikal der Sonne) ein zartes Gelb (l)
von kaum 72 "^ Höhe und darüber eine gewöhnlich doppelt so hohe Schicht
Hellgrün (1), während der Himmel über der Sonne bis etwa 50*^ Höhe
in überaus glänzendes und stark weissliches Hellblau von mehr ellip-
tischer als kreisrunder Form aufweist; im Osten (d. h. entgegengesetzt
der Sonne) ein kräftigeres Grün (2), doch nur in etwa 60^ Azimat-
umfang und in 1<> Höhe. Nachdem die Sonne 3*^ tiefer gesunken ist,
hat das Grün am Westhorizont sich nach oben bis zu 20^ ausgedehnt,
ohne an Intensität zuzunehmen, und unmittelbar am Horizonte einer
iiiangegelben (1) Schicht von kaum 3*^ Platz gemacht. Diese zeigt an
iler unteren Seite, in beiläufig 1/2^ Stärke, eine bereits ins Rosa, häufig
auch ins Braunrote oder Purpurviolette überspielende Färbung, welche
sich bis nach Norden und Süden erstreckt. Am Osthimmel ist das Grün
bis zur Intensität (2) und bis reichlich 6^ Höhe angewachsen; auch hier
und zwar, wie ich öfters konstatieren konnte, etwas früher als im Westen,
sind unmittelbar am Horizonte schwache Rosa und darüber gelbliche
Tinten bis zu 2^ Höhe aufgetreten. Das Gelb im Osten ist schmutziger
- das im Westen, und spielt häufig in Ockerfarbe über. Sowie die
Sonne untergegangen ist, gewinnen die Färbungen am Osthimmel an
Höhe: Grün reicht in der Stärke (1) bis 9^ Gelb bis 6*^ und das
kräftiger werdende Rosa (2) bis 4^. Letzteres nimmt an Intensität etwas
nach unten zu, verliert sich aber am Horizonte selbst — bisweilen schon
Vor Sonnenuntergang — in eine vorerst noch unbestimmt und schmutzig
gefärbte Schicht tiefen Stahlblaus von etwa 1/4 ^ Höhe, welche den nun-
mehr eintretenden Erdschatten am Osthimmel verkündet."
„Die am Westhimmel eingetretenen Veränderungen sind unbe-
'«Mitender: Die Rosafärbung hat abgenommen, das Gelb ist mehr Orange
worden, das Grün hat an Intensität gewonnen. Das darüber befind-
860 Physik der Atmosphäre.
liehe äusserst durchsichtige Weissblau ist zwar auch herabgesunken,
reicht aber noch bis 45 ** Höhe, es ist häufig mehr ein sehr lichtstarke.^
Weiss als Weissblau und bewahrt seine runde Gestalt. Der Übergang
zum dunkleren Blau (3) des Zeniths erfolgt zwar allmählich, doch
scheint es, als wenn in etwa 75*^ Höhe am Westhimmel und — merk-
würdig! — auch am Osthimmel eine raschere Vertiefung der Farbe
erfolgte."
„Die nunmehr im Osten vorgehenden Wandlungen und Prozess(
nehmen zunächst unser Interesse in Anspruch. Dasselbe wird gegen
früher wesentlich dadurch gesteigert, dass wir nicht mehr blosse Ab-
stufungen schwacher Färbungen beobachten, sondern dem lebendigen
Vorgange des Entstehens und Vergehens gewisser Erscheinungen bei-
wohnen. Der bereits erwähnte Erdschatten in Gestalt eines tief stahl-
blauen Segmentes hat etwa 1^ Höhe erreicht, wenn die Sonne ^j^^ unter
dem Horizonte steht. Er ist nunmehr deutlich als Segment za erkennen,
dessen azimutaler Umfang jedoch noch sehr schwer zu messen ist; er
dürfte etwa 75*^ betragen. Das ihm auflagernde Kosa, welches sich in
Intensität vertieft hat, reicht nun bis 10** Höhe, während Gelb und Grün
meist ganz verschwunden sind. Mit tiefer sinkender Sonne nimmt das
Rosa einen purpurnen Ton an, und die Begrenzung des dunklen
Segmentes wird deutlich violett. Dabei bemerkt man oft das Segment
selbst heller werden; das tiefe Stahlblau verwandelt sich in Bleigrau, oft
Aschgrau, nicht selten spielt es ins Meergrüne über, ja bisweilen sieht
man sogar ein schwaches Rosarot oder Fleischfarbe in demselben auf-
tauchen und bald wieder verschwinden. Letztere sekundäre Färbungen
scheinen mit der Anwesenheit von Wolken am Westhimmel im Zu-
sammenhange zu stehen. Diese Färbungen am Osthimmel oberhalb des
dunklen Segmentes, welche man seitMairan als die Gegendämmerung
(anticrepuseule) bezeichnet, treten fast Tag für Tag mit grosser Regel-
mässigkeit auf, und nur hinsichtlich der Höhe, bis der sowohl die Rosa-
farben, als auch der Erdschatten bezw. der Bogen der (ersten) Gegen-
dämmerung sich verfolgen lassen, bemerkt man nicht unerhebliche Ver-
schiedenheiten, welche mit der Feuchtigkeit der Luft in dem
Zusammenhange stehen, dass mit Zunahme des letzteren auch jeno
Höhen anwachsen. Durchschnittlich kann man den Begrenzungsbogen
des Erdschattens bis zu 15^ Höhe beobachten; alsdann hat die Sonne eim
Tiefe von 4,6 ^ unter dem Horizonte, und das Segment eine azimutale
Ausdehnung von nahezu 150°. Das überlagernde Rosa verschwindet ge-
wöhnlich in 250 Höhe, wenn die Tiefe der Sonne 4,9« beträgt; doch
f
XV. Meteorologische Optik. gg^
kann man nicht gerade selten eine viel höhere Ausdehnung, bis zu 75*^
und darüber, beobachten, wobei man die darunter befindliche Partie des
' »^thimmels als bleigrau qualifizieren möchte. Dagegen ist es mir viel
Itener vergönnt gewesen, einen deutlich verlaufenden Bogen des dunklen
gmentes in grösseren Höhen noch aufzufinden; einigemal bis 30** und
nur dreimal näher dem Zenithe, ebensowenig als es möglich war, dessen
Durchgang durch den Zenith, eine sehr wichtige Phase der Erscheinung,
vnau zu bestimmen. Aus zwei solchen Beobachtungen ergiebt sich
für dieses Moment eine Depression der Sonne von 5,8**. Die sogenannte
bürgerliche Dämmenmg hat nunmehr ihr Ende erreicht; denn in einem
nach Osten gelegenen Zimmer ist es alsdann so finster geworden, dass
man künstlichen Lichtes zur Vornahme seiner Beschäftigungen bedarf."
„Unterdessen sind am Westhimmel folgende Veränderungen einge-
treten. Der orangegelbe (2) Streifen von etwa 3** Höhe ist fast unver-
iidert geblieben, das Braunrote darunter ganz verschwunden, und das
Grün (1) reicht nur bis 8** Höhe. Sowie aber die Sonne in 3,8** Tiefe
angelangt ist, bekommt der Westhimmel in etwa 25** Höhe über dem
Horizonte einen Stich ins Rosa (bisweilen mehr rötlich, bisweilen mehr
purjrarn), der schnell kräftiger wird, nach unten und oben sich ausdehnt,
sodass ein rosarotes Kreissegment von nahezu 40** Höhe den unteren
Schichten aufsitzt. Da, wo diese Färbung zuerst bemerkbar wurde, er-
reicht sie auch bei etwas tieferem Sonnenstande (4,3") ihre grösste In-
tensität und hat alsdann ein überaus glänzendes Aussehen, nicht unähn-
hch einer Schicht rotglühender Dämpfe, die als zarter Vorhang herab-
wallen. Dieses erste Rosalicht sinkt rasch nach abwärts, während
lie darunter liegenden Schichten nur wenig an Mächtigkeit abnehmen,
und ist bei 6** Tiefe der Sonne gewöhnlich ganz verschwunden." Das
prste Purpurlicht ist häufig von bläulich erscheinenden, zur Sonne (unter
'lern Horizont) konvergierenden Dämmerungsstrahlen durchzogen, welche
\on Wolken oder irdischen schattenwerfenden Gegenständen herrühren.
Diese Strahlen, in welchen das gewöhnliche Himmelsblau sich geltend
macht, tragen häufig dazu bei, die Ausbreitung des Purpurlichtes weiter
rfolgbar zu machen, als dies sonst möglich wäre. Dieselben reichen
isweilen über das Zenith hinaus und scheinen dann nach der Ostseite
iia auch zu konvergieren. Sie sind nach Hellmann seltener in Spanien
ils in Deutschland.
„Nachdem die erste Gegendämmerung den Zenith passiert hat und
las erste Rosalicht verschwunden ist, fängt der das helle Segment be-
rronzpnde Bogen am Westhimmel an mit grosser Bestimmtheit er-
862
Physik der Atmosphäre.
kennbar zu werden. Bei einer Sonnentiefe von 6^ liegt er in otw;
75" Höhe; am Westhorizonte in 170" Azimutumfang lagert eine
kaum 2,5" hohe Schicht Orangegelb (2), darüber eine doppelt so breite
Grün (1), während der übrige Teil des Segmentes weissblau (1) ist unc^
von dem Dunkelblau (4) des Zeniths und dem noch etwas helleren (h
Osthimmels sich kräftig abhebt. Dieser Dämmerungsbogen sinkt rascl
nach unten, schneller als die Sonne unter den Horizont, und erreich'
bei 10" Depression der Sonne kaum noch ebensoviel Grad Höhe. Ir
diesem Stadium der Erscheinung kann man bisweilen (14 Proz. der Fälle
am Westhimmel ein zweites schwächeres Eosalicht, welches starl
ins Rotgelbliche überspielt, entstehen sehen, das aber von geringeren
Umfange und kürzerer Dauer, als das erste ist. Nur zweimal trat e^
viel lebhafter als jenes auf und nur dreimal habe ich mit äusserstei
Mühe Spuren einer vorübergehenden Rosafärbung am Osthimmel ent'
decken können. Bei 11,5" Tiefe der Sonne (einmal erst bei 16,6" unc
bei einer Morgendämmerung schon bei 18") ist jede Spur rötlicher Fär-
bung am Westhimmel verschwunden und das scharf begrenzte helh
Segment eilt rasch dem Horizonte zu."
Diesen erreicht es um so früher, je geringer die Luftfeuchtigkeit ist
Auch ist bei diesem Ende der „astronomischen Dämmerung" am Abenc^
(mittlere relative Feuchtigkeit 64 Proz.) die Sonnenhöhe näher an Null
als bei ihren Anfang am Morgen (mittlere relative Feuchtigkeit 82 Proz.)t
wie folgende Ziffern von Hellmann zeigen, die in März 1877 beo1)-
achtet sind.
Zeit
Tiefe der
Sonne
März 6. Morgen 18" 15'
„ 6. Abend 15 51
„ 7. Morgen 17 51
„ 7. Abend 16 3
„ 8. Morgen 17 15
„ 8. Abend 15 15
„ 10. Abend 15 51
Rel.
Feucht.
72 Proz.
55 „
80 „
61 „
82 „
77 „
41 „
Zeit
Tiefe der
Sonne
März 11. Morgen 19" 37'
„ 11. Abend 15 29
„ 12. Morgen 19 13
„ 12. Abend 15 24
„ 13. Morgen 19 25
„ 13. Abend 15 26
„ 14. Morgen 18 13 88
„ 14. Abend 15 50 68
Rel.
Feucht.
85 Pro/,
71 .,
84 „
61 ,:
83 „
74 ,.
Ebenfalls ist die Tiefe der Sonne bei Anfang oder Ende der astro
nomischen Dämmerung grösser in der Regenzeit als in den trockenoi
Perioden.
■
XV, Meteorologische Optik. §53
^N'ach dem Untergang dieses Dämmerungsbogens kann man noch
I an der Tiefe des Blaus am Nachthimmel bisweilen Spuren von Dämme-
j rungserscheinungen erblicken.
I Die ungewöhnlichen Dämmerungserscheinungen nach dem
rakatau-Ausbruch. Eine ganz aussergewöhnliche Pracht zeigte
MC Dämmerung eine Zeit lang nach dem heftigen Ausbruche Krakataus
iMi 27. August 1883. Bishop und später Lockyer schlugen dafür die
l>rklärung vor, die Staubmasse habe sich allmählich in der Luft ver-
breitet und verursache die starke Wirkung der Atmosphäre. Wie gering
I diese Masse war, geht daraus hervor, dass die 15 km^ Staub, welche
bei dem Ausbruch Krakataus in die Luft geblasen wurden, wenn sie auch
lüz darin schweben geblieben wären, doch nicht mehr als einer Dicke
von 0,01 mm entsprächen, wenn sie über die ganze Erdkugel verbreitet
wären. Ohne Zweifel dienten aber diese kleinen, wahrscheinlich auch
nicht unter dem Mikroskop sichtbaren Staubteilchen als Konden-
sationskerne des in höheren Luftschichten befindlichen Wasserdampfes
und fielen erst sehr langsam mit Regen nieder. Man kann auch kaum
mehr bezweifeln, dass dieser Staub den genannten Eftekt hervorgebracht
hat. Der Staub verbreitete sich in Form von Cirrus -Wolken in 20 bis
30 km Höhe so schnell, dass schon am 29. Aug. Brasilien, am 30. Aug.
der Südatlant, am 31. Aug. bis 3. Sept. Central -Amerika und die West-
küste Süd -Amerikas, am 5. Sept. Honolulu, Neu- Guinea und die Phi-
lippinen erreicht waren; am 5. Sept. wurde er in den Vereinigten Staaten
und England, am 9. Sept. in Neu-Seeland, 15. Sept. in Australien, 20. Sept. in
Nord- Afrika, Italien und England beobachtet. Anfang Oktober trat die Er-
scheinung im Capland auf, Ende September in Adelaide, Süd- Australien.
In Nord -Amerika und Europa waren die prachtvollen Sonnenuntergänge
^'^ Ende November an überall zu sehen.
Auch im Jahre 1831 und bei einigen anderen Gelegenheiten hat
man aussergewöhnlich schöne und ausgedehnte Abendröten beobachtet.
Diejenigen vom Jahre 1831 sind mit dem Ausbruch in Zusammenhang
gebracht, durch den die vulkanische Insel Ferdinandea zwischen Pantellaria
und Sicilien gebildet wurde (13. Juli 1831).
Nach V. Bezold unterschied sich die Erscheinung von gewöhnlichen
Dämmerungen hauptsächlich dadurch, dass alles Licht viel mehr diffus
war wie sonst. So konnte die Begrenzung des von dem Erdschatten
hervorgerufenen dunklen Segmentes, das sonst sehr scharf hervor-
tritt, nicht deutlich wahrgenommen werden. Ebenso war das erste
Purpurlicht sehr schlecht begrenzt und viel ausgedehnter wie gewöhnlich,
g64 Physik der Atmosphäre.
SO dass der grösste Teil des Himmels purpurfarbig erschien. Häul,
wird das Schauspiel so geschildert, dass es den Anschein hatte, als stand«
der ganze Westhimmel in Flammen.
Ganz abnorm stark entwickelt war das zweite Purpurlicht, welche
sonst nur in wenigen Fällen und meist als schwache Andeutung beo
achtet wird. Unmittelbar vor Sonnenaufgang oder gleich nach Sonnen
Untergang erhielt der ganze Himmel, besonders bei dunstiger Luft, ein(j
ungewöhnlich gelbe, oft schwefelgelbe Färbung, die bei gewöhnliche
Dämmerung nicht vorkommt.
Die Sonne selbst erschien in den Tropen häufig grün oder (höhe
auf dem Himmel) blau, bisweilen kupferfarbig oder silberglänzend. Di
grüne Färbung der Sonne wurde auch bisweilen in Japan und China;
sowie in Europa (Krakau Jan. 1884, Kersal in England Dez. 188;'.
Kalmar in Schweden Febr. 1884), sowie in der Nähe der Azoren bej
obachtet. Der Mond und auch hellere Sterne wurden als mit grüneir
Licht strahlend beschrieben. Diese eigentümlichen Färbungen rührtci
wahrscheinlich von gröberen Partikelchen her, die ziemlich bald her-
unterfielen. Sie verschwanden relativ schnell.
Die blaue Farbe der Sonne erklärte Kiessling folgendermaassen
Wenn man weisses Licht durch gewisse Staubwolken (z. B. Salmiak-
rauch) betrachtet, erscheint es blau, häufig sehr schön. Steht eine solchf
„blaue" Sonne, welche auch grünes Licht aussendet, nahe am Horizont!
so wird das Blau in ihrem Licht beim Durchgang der Atmosphäre
weggesiebt und die Sonne erscheint grün.
Das auffallendste war aber der Bishop sehe Ring, welcher zuerstj
in Honolulu am 5. Sept. 1883 von Sereno Bishop beobachtet wurd<
Um die Sonne zeigte sich ein eigentümlicher Hof von grosser Aii~
dehnung (22 — 24*^), innen war er weiss mit nach innen bläulichem StichJ
nach aussen war er rötlich, bisweilen braun mit Abtönungen in Lila odeil
Purpur gegen den blauen Himmel. Dieser Ring wurde noch lange nachl
dem Verblassen der herrlichen Dämmerungen gesehen (in Europa bis
Juli 1886, einige Beobachter wollen ihn 1888 oder sogar 1889 nn
gesehen haben).
Der innere Radius (li) des roten Ringes erreichte nach Archibald
10^33', nach Riggenbach 10^, der äussere Radius wurde geschätzt,
auf 22'' 46 bezw. 22^ derjenige der hellsten Stelle des Ringes auf 14^.
Der Ring war als der rote Saum des innersten weissen Feldes der
Fraunhoferschen Farbenringe anzusehen. Danach berechnete sich
XV. Meteorologische Optik. 86(5
der Durchmesser (d) der wirksamen Teilchen nach der für diese Ringe
und folglich auch für Höfe (vgl. S. 847) geltenden Formel:
sin i2= 1,22^.
d
Als ßist 22^45' — 16' bezw. 22^—16' zu setzen, da der Sonnenradius
. Ibst 16' beträgt, als X die mittlere Wellenlänge von weissem Licht
i;.00ü57 mm. So erhält man c?-Werte gleich (Z = 0,00182 bezw. d =
11,00188 mm. Diese c? -Werte gelten für die kleinsten Partikelchen, die
grösseren wurden zu etwa doppelt so grossen linearen Dimensionen
chätzt.
Gegen Sonnenuntergang erweiterte sich der Ring und wurde un-
mmetrisch. Nach den Messungen von Riggenbach hatte R bei der
lüithdistanz Z der Sonne folgende Werte:
m
z
R (innerer)
R (hellster)
R (äusserer)
<800
10«
140
220
800—89''
13,9
16,2
23,8
890—93"
17,5
19,2
24,6
Der Ring wird breiter, weil bei zunehmender Zenithdistanz das Licht
mehr monochromatisch rot wird und infolgedessen X und sin R wachsen.
Der Ring war in der reineren Atmosphäre des Gebirges glänzender und
längere Zeit hindurch zu sehen als in der Ebene.
Das Spektrum des Bis hopschen Ringes zeigte nichts Auffallendes,
Jas Rot war sehr stark entwickelt. Riggenbach fand, dass ausserhalb
des Ringes das Himmelslicht in der Ebene polarisiert ist, welche durch
nne, Auge und den beobachteten Punkt geht, innerhalb des Ringes da-
i^en senkrecht zu dieser Ebene.
Das erste Purpurlicht wurde von Kiessling als eine Fortsetzung
> Bishopschen Ringes angesehen, Riggenbach hat diese Theorie
urch eine grosse Menge von Messungen über das Spektrum und die
'olarisation dieser beiden Erscheinungen, die nur quantitativ sich zu
interscheiden scheinen, erhärtet.
Das erste Purpurlicht ist so lange sichtbar, als die von der Sonne
•'^leuchteten Staubteilchen noch über dem Horizont liegen. Das zweite
''irpurlicht wird als der Widerschein des ersten betrachtet. Aus der
rschwindungszeit des zweiten Purpurlichtes kann man infolge-
ssen die Höhe der Partikelchen berechnen. Archibald fand auf
lese Weise:
Ärrhenius, Kosmische Physik. 55
gßß Physik der Atmosphäre.
Zeit
1883 Aug. 23.-27.
„ Sept. 2.— 14.
, Okt.
„ Nov.
„ Dez.
1884 Jan.
Die Höhe gleich nach dem Krakatau- Ausbruch betrug demnacli
etwa 30 km, eine Höhe, die nach einer Messung des Kapitäns der
Medea am 26. Aug. 1883 von der Rauchsäule des Krakatau erreicht
wurde.
Die Tiefe der Sonne unter dem Horizont beim Verschwinden des
zweiten Purpurlichtes war nach Riggenbach:
Stationen
mittlere
Höhe
Anzahl
geogr. Breite
in km
4
11012'
32
7
12 59
24
4
25 45
25
11
45 33
26
30
44 30
19
4
49 30
17
1883 Aug. und Sept.
18«
' 1'
„ Okt.
17
42
„ Nov.
17
13
„ Dez.
15
54
1884 Mittel
11
5
1885 „
10
6
1833—37 nach Neck er
12
42
1841—44 „
Bravais
13
24
1876—77 .,
Hellraani.
l11
30
Ende August und Anfang September 1883 wurden einige Beob-
achtungen gemacht, welche ein so spätes Verschwinden des zweiten
Purpurlichtes angaben, dass man vermuten muss, sie seien einem „dritten'
Purpurlicht zuzuschreiben. In diesem Falle wird die berechnete Höhi
25 (zu Mascat), 26 (in Venezuela) und 32 km (auf St. Helena), während,
wenn die Erscheinung als zweites Purpurlicht zu betrachten wärt
53 bezw. 67 km sich ergeben würden.
Riggenbach hat über die Dauer des Purpurlichtes folgend«
Statistik gegeben. Unter t ist die Zeit in Minuten nach Sonnenunter-
gang, unter h die Tiefe der Sonne in Graden unter dem Horizont an-|
gegeben.
XV. Meteorologisclie Optik.
867
I
Erstes Purpurlicht
Zweites Purpurlicht
■
Besi-j'^Ä^ Ende
§3
i
Beginn ! »|»C \ ^^"^^
i
Q
^
t \ h \ t \ h \ t \ h
t \ k ■ t \ h \ t \ h
\Viuter 1883—84
18
3,1 i 31,5
5,2
44 i 7,3 J 26
48 7,6 62,5! 9,8
97 15,5149
rnnier 1884. .
24
3,9 ' 27
4.3
38
5,7 { 14
42
6,3 -
—
1
Herbst 1884 . .
17
3,4 21
4.0
32
5,9 1 15
33
6,2 36
6,7
41 7,5! 8
1 Winter 1884—85
20 i 3,4 24 4,1 ' 38 1 6,3 \ 18
46,5
7,6 49,5! 8,1
68,511,1 22
^ommer 1885 . .
12,512,3 22
3,5 38 5,6 25,5
48
6,6 57,5! 7,7
62,5; 8,3 14,5
Herbst 1885 . . .
12 2,6 20
3,5 1 32 , 5,8 20
37 |6,8 46,5
8,4; 65 [11,4 28
Winter ....
19 3,3
28
4,7
41 6,8
22
47
7,6
56
9,0 ; 83
13,3! 36
>omuier. . . .
18 ,3,1
24,5
3,9
38 5,7
20
45
6,5
57,5
7,7 1 62,5
8,3: 17,5
Herbst ....
14,5| 3,0
20,5
3,8
32 5,9
17,5
35
6,5
41
8,3 53
9,5 18
w
16,5 3,1
23,5| 4,0 1 36 6,5
19,5
40,5
6,8
49
8,3 63
10,2 22,5
ff Aus dieser
Sta
tisti
k S(
3hei
iit herv(
)rzu^
jehei
Q, dass
der Winter
am
liir
nstigsten für die Entwickelung dieser Erscheinung ist, da der Ä-Wert
liir das Ende der Purpurlichter in dieser Jahreszeit am höchsten ist.
Danach kommt der Herbst und dann der Sommer, im Frühling sind
am wenigsten zu beobachten. Dies hängt vermutlich mit der rela-
!ven Feuchtigkeit am Beobachtungsorte (Basel) zusammen, welche den-
■Iben Gang hat. Dieser Umstand deutet, wie viele andere, daraufhin,
lass die Purpurlichter hauptsächlich auf die in den oberen Schichten
<ler Atmosphäre kondensierten Wassertröpfchen zurückzuführen sind.
Wie erheblich das Purpurlicht in dieser Zeit gegen gewöhnliche
\erhältnisse verstärkt war, geht aus folgender Statistik über seine
Intensität von Riccö hervor; uiiter Beob. steht die Anzahl von Be-
obachtern:
1. Purpurl. Beob. 2. Purpurl. Beob.
1883 Dez.
8
9
8,2
8
1884 Jan.
8
5
8
5
Febr.
5,4
10
2,2
9
März
5,2
5
2,2
4
April
3,3
14
0,9
13
Die Intensität des zweiten Purpurlichtes ändert sich nahezu wie
»las Quadrat der Intensität des ersten Purpurlichtes. Dieses Verhalten
ist zu erwarten, da das erste Purpurlicht auf einer einmaligen, das
zweite auf einer zweimaligen Reflexion des Sonnenlichts an den su-
spendierten Staubteilchen beruht.
55*
gßg Physik der Atmosphäre.
In den Wintermonaten 1884 — 1885 und 1885—1886 war noch eiiii'
kleine Zunahme des Purpurlichtes zu konstatieren. Diese rührt von den
im Winter (in Italien) gewöhnlicheren Cirrus- Sehleiern her.
Auch über die Höhe des ersten Purpurlichtes hat Riggenbacli
Beobachtungen veröffentlicht, deren Mittelwerte (aus 76 bezw. X)
Messungen) in folgender Tabelle wiedergegeben sind.
Breite
0"
12
19
26,5
27
20,5
15
13
Die Höhe nimmt zu, während die Sonne unter den Horizont sinkt.
Das Purpurlicht besteht aus zwei Teilen, 1. dem eigentlichen Purpur-
licht mit roten und orangefarbenen Strahlen, die, wie das Licht d<-
Bishopschen Ringes senkrecht zu dem Radius nach der Sonne teilweise
polarisiert sind, und 2. dem gewöhnlichen Himmelslicht mit hauptsächlieli
grünen und blauen Strahlen, die parallel zum genannten Radius pola-
risiert sind.
Polarisation des Himmelslichtes. Im Jahre 1809 entdeckte
Arago, dass das blaue Himmelslicht teilweise polarisiert ist. Man kann
diese Thatsache mit Hilfe eines gewöhnlichen Nicols konstatieren.
Arago benutzte dazu ein Instrument, welches einen aus mehreren plan-
parallelen Glasplatten, die schräg zur Sichtlinie liegen, zusammengesetzten
sogenannten Glasstapel enthielt. Später wurde bei solchen Beobach-
tungen meist ein Savartsches Polariskop benutzt. Dasselbe besteht an^-
einem Nicoischen Prisma und zwei gleich dicken Quarzplatten, deren
Flächen 45° gegen die Hauptachse geneigt sind und deren Hauptachsen
gegen einander einen Winkel von 90^ bilden. (Eine solche Anordnung wird
unter anderem im Wildschen Polaristrobometer benutzt.) Wird teil-
weise polarisiertes Licht durch dieses Instrument beobachtet, so sieht
Tiefe der Sonne
Oberer Rand
Winkelhöhe Höhe
Unterer Rand
Winkelhöhe Höhe
2,250
160
2,6 km 160
2,6 km
2,5
25
3,5
13
3,2
3,0
28
5,4
9
4,5
3,5
34
7,9
7,5
6,2
4,0
33
10,6
6
7,7
4,5
26
13,4
5,5
9,5
5,0
20
16,0
5
11,3
5,5
16
18,6
3
11,3
6,0
12
20,7
—
—
6,5
8
21,4
—
—
XV, Meteorologische Optik.
869
M
2f
•Q\
man im Gesichtsfeld eine Reihe von parallelen farbigen Interferenzstreifen,
die in zwei Lagen verschwinden, in zwei anderen, die damit Winkel von450
l»ilden, eine maximale Intensität besitzen. Ist der mittlere Streifen
dunkel, so steht die Schwingungsebene des Nicols senkrecht zur
Schwingungsrichtung der einfallenden polarisierten Strahlen.
In jüngster Zeit ist von Jensen ein relativ einfaches und genaues
Instrument, das Photometer von L.Weber, benutzt worden. Dasselbe be-
bt (Fig. 266) aus zwei Nicoischen Prismen a und 6, von denen das
, -te entfernbar, das zweite drehbar ist; zu diesem Zweck ist es mit der
Fassung c und der Skala s versehen. Davor liegt ein Lummer-Brod-
hunsches photometrisches Prisma^ und eine OkularöflFnung o. Zur Seite
ist ein Knierohr eingesetzt, welches bei p^ ein
rechtwinkeliges Prisma enthält. Oberhalb des
Ivnierohrs bei r kann ein Rauchglas ange-
li rächt werden. Man blickt bei o hinein und
Mi-gleicht die Helligkeit der durch das Haupt-
inhr M und der durch das Knierohr N einfallen- «
den Lichtstrahlen. Will man die Lage der Polari-
sationsebene des Himmelslichtes feststellen, so
entfernt man den Nicol a und ersetzt ihn durch
(in Rauchglas von der Art, dass beim Drehen
von h bisweilen das Licht aus if, bisweilen
' KJenige aus A"" stärker erscheint. Bei zwei
•llungen von h ist die Helligkeit gleich. Die
l>issectrix des Winkels zwischen diesen beiden Stellungen giebt die
l'olarisationsrichtung an. Um die relative Helligkeit der beiden Licht-
knmponenten nach der Polarisationsrichtung und senkrecht dazu zu er-
mitteln, setzt man a wieder ein, stellt h in eine der genannten Rich-
tungen ein und wählt ein Rauchglas r so, dass das aus M kommende
I.icht heller erscheint. Durch Drehung von 5, bis gleiche Helligkeit
• intritt, findet man für beide Fälle, um welchen Bruchteil der eine
und der andere Lichtkomponent zu schwächen ist, damit sie gleich
lioll werden wie das aus N kommende Licht. Man lernt also ihre rela-
tiv(^ Stärke kennen. Um endlich die absolute Helligkeit des Himmels-
liehtes zu messen, stellt man vor iV einen künstlich beleuchteten Schirm,
der z. B. von 10000 cm^ ebensoviel Licht senkrecht aussendet wie eine
Xiirmalkerze in horizontaler Richtung.
Arago fand bei seinen Untersuchungen, dass im allgemeinen das
Himmelslicht senkrecht zu der Ebene polarisiert ist, welche durch das
Fig. 266.
870
Physik der Atmosphäre.
Polarimeter, den beobachteten Punkt und die Sonne geht. Becquerel
zeigte, dass die Polarisationsebene nur im Zenithpunkt genau dies«
Eichtung hat. Die Abweichung beruht auf der Drehung der Polarisations-
ebene durch das erdmagnetische Feld. In der Nähe der Sonne ist dii
Polarisation sehr schwach. Um den sogenannten antisolaren Punkt
(Gegensonne G in Fig. 267), der der Sonne S diametral gegenüber liegt
ist das Licht in der genannten Ebene (nennen wir sie Einfallsebenc
polarisiert. In einem Punkte des grössten Kreises durch Zenith {Z) und
Sonne {S) wird infolgedessen die Polarisation Null sein. Ein solcher so-
genannter neutraler Punkt A, wurde von Arago in etwa 20— 30^ Höhe
über dem antisolaren Punkte aufgefunden.
Brewster, welcher wie Delezenne in Lille und Quetelet in
Brüssel, unabhängig von Arago, aber später, die Polarisation des Himmels-
lichtes entdeckte, fand die wichtige
p 7. Thatsache, dass der Aragosche
neutrale Punkt nicht eine konstante
Lage zum Gegenpunkt der Sonne
hat, sondern nach Sonnenuntergani;
'""^ sich davon entfernt. Wenn die
Sonne W^b über dem Horizont
steht, so liegt nach Brewster der
Aragosche Punkt gerade am Hori-
zont, beim Untergang der Sonne hat
sich der Aragosche Punkt auf 18,5^ Höhe gehoben, am Ende der
Dämmerung ist die Entfernung des Gegenpunktes der Sonne von dem
neutralen Punkt auf 24" gewachsen. Kloeden und Busch fanden ab-
weichend von Brewster, dass die genannte Entfernung vor Sonnen-
untergang schwach abnahm und ein Minimum erreichte, wenn die Sonne
1,5 ^ unter dem Horizont stand, wonach sie schnell zu einem Maximum
von etwa 24^ beim Unsichtbarwerden wuchs.
^ Andererseits muss die Polarisation an einigen Punkten zwischen der
Sonne und ihrem Gegenpunkt ein Maximum erreichen. Diese Punkte
(7^) liegen nahezu senkrecht auf der Verbindungslinie Sonne — Auge, wie
Arago fand. Jensen beobachtete die Polarisation des vom Zenith [Z
kommenden Lichtes bei verschiedener Sonnenhöhe. Er fand folgende
ausgeglichene Mittelwerte, die bei den Einzelbeobachtungen durch Kauch
und Wolken sehr stark verändert werden konnten.
Fig. 267.
XV. Meteorologische Optik. 871
Sonnenhöhe
Polarisation
Sonnenhöhe
Polarisation
- 60
0,700
+ 26»
0,374
— 2
0,717
30
0,323
+ 2
0,681
34
0,274
6
0,650
38
0,222
10
0,579
42
0,175
14
0,528
46
0,137
18
0,477
50
0,110
22
0,425
53,8
0,102
Als Jensen diese Werte mit den für eine 'bestimmte Stunde be-
rechneten verglich, fand er einen entschiedenen Gang der Differenzen,
welcher für die Sommermonate (Juli) am meisten ausgeprägt war. Dieser
Gang zeigt die tägliche Variation der Polarisation. Er ist nicht gross.
Der Juli hat ein Maximum (0,012 über dem Mittel, um 4^* 45*" nachm.).
Das Minimum fällt etwa mit der höchsten Tagestemperatur zusammen
lim 1'' 45"* nachm. und beträgt 0,017 (unter dem Mittel). Fürs ganze
IIhr sind die betreffenden Werte 0,008 und — 0,010, von viel geringerer
losse als die Störungen.
I Andere neutrale Punkte sind von B ab in et und Brewster aufge-
Ittden. Der erste {Bei) dieser Punkte liegt ungefähr ebenso hoch über
f>r Sonne wie der Aragosche Punkt über ihrem Gegenpunkt, und der
zweite {Br), welcher sehr schwer zu beobachten ist, ebenso weit unter
j der Sonne (vgl. Fig. 267).
Vermutlich liegt ein vierter neutraler Punkt bei Ä , welcher noch
nicht entdeckt ist, weil das Licht zu schwach ist, wenn er über dem
Horizont steht.
Auch diese Punkte liegen nicht in ganz konstanter Entfernung von
der Sonne. Nach Busch nimmt die Entfernung des Babinetschen
Punktes von der Sonne zu, während diese sinkt, und erreicht ein Maxi-
mum beim Sonnenuntergang (Sonnenhöhe — 0,5 o). Sie nimmt dann
wieder etwas ab, um später bis zum Unsichtbarwerden wieder zu
steigen.
Riggenbach wies nach, dass der hellste Kreis des Bishopschen
Ringes unpolarisiertes Licht enthält (1886). Dieser hellste Kreis war
140 von der Sonne entfernt, eine Entfernung, die bei sinkender Sonne
zunahm. In 1886 waren ebenfalls die Babinetsche und Brewstersche
Punkte von der Sonne im Mittel 14" entfernt. Pernter sprach des-
halb die Meinung aus, dass die beiden Punkte in normalen Jahren
g72 Physik der Atmosphäre.
die einzigen wahrnehmbaren Beste des Bishopschen Kinges seien. Der
Babinetsche Punkt verschob sich in den Jahren 1886 bis 1889 um
ungefähr 7^ gegen die Sonne. In derselben Zeit näherte sich der
Aragosche Punkt der Sonne um 2".
Dass die Entfernung des B ab in et sehen Punktes von der Sonne
zunimmt, wenn sie gegen den Horizont sinkt, oder wenn die Luft
viel Staub enthält (1883), lässt sich offenbar auf dieselbe Ursacln
zurückführen. Die Polarisationsrichtung des Lichtes aus der Näln
der Sonne zeigt an, dass es von Staubteilchen reflektiert ist. Da^
blaue Himmelslicht ist dagegen senkrecht zur Einfallsebene polarisiert
Je weiter von der Sonne man den Beobachtungspunkt wählt, destü
mehr überwiegt das blaue Himmelslicht. Es muss also einen Punkt (iin
Vertikal der Sonne) geben, wo die beiden Polarisationen gleich gros>
sind und das ist eben der neutrale Babinetsche Punkt. Je mehi-
reflektierende Partikelchen vorhanden sind, desto weiter muss er sieli
von der Sonne entfernen.
Die Polarisation des blauen Hiramelslichtes ahmte T,yndall
experimentell mit seinen sogenannten aktinischen Wolken nach. Bei
Beleuchtung verschiedener, stark wärmeabsorbierender Dämpfe (z. ]!.
Amylnitrat), fällt eine zarte Wolke aus sehr kleinen Tröpfchen au^.
welche blaues Licht in den zum beleuchtenden Lichtstrahl senkrechten
Eichtungen ausstrahlt. Dieses Licht ist in einer zur Einfallsebene senk-
rechten Richtung sehr stark polarisiert. Diese Polarisation folgt ganz
anderen Gesetzen als die Polarisation bei Reflexion an grösseren Par-
tikelchen. Die maximale Polarisation liegt in einer zum beleuchtenden
Lichtstrahl senkrechten Ebene. In anderen Richtungen ist die Polari-
sation geringer. Tyndall konnte sogar neutrale Punkte auffinden, dii
durch Mischung des „blauen" Lichtes und gewöhnlichen reflektierten
Lichtes entstanden. Er hatte also eine vollkommene Analogie de>
Himmelslichtes gefunden. Lord Rayleigh unterwarf diese Erschei-
nungen einer analytischen Behandlung unter der Annahme, dass die
Licht zerstreuenden Partikelchen kleiner als die Wellenlänge des Licht(-
(0,00035 mm) seien und zeigte, dass die Erscheinungen vollkommen mit
der Lichttheorie übereinstimmen.
Im allgemeinen war die Polarisation des blauen Himmelslichtes naeli
der Krakataueruption geringer als unter gewöhnlichen Umständen.
Auch bei Schneegestöber, durch welches die Sonne hindurchleuchtet,
nimmt die Entfernung des Babinetschen Punktes von der Sonm
stark zu.
XV. Meteorologische Optik. 873
Von Wasserflächen oder auch vom Erdboden, z. B. bei Schnee-
Ibedeckung reflektiertes Licht kann den unpolarisierten Anteil des
i Hiramelslichtes stark erhöhen.
Bei seinen Beobachtungen über die Sonnenabstände der neutralen
Punkte bemerkte Busch im Jahre 1891, dass diese Abstände wieder in
Zunahme begriffen waren. Da keine namhaften Vulkanausbrüche in
dieser Zeit bekannt waren, richtete Busch seine Aufmerksamkeit auf
solaren Ausbrüche und fand in der That für die Periode 1886—1895
■n übereinstimmenden Gang in diesem Abstand und der Sonnen-
rigkeit, was in bester Übereinstimmung mit anderen Erfahrungen steht.
Die Höhe der neutralen Punkte beim Sonnenuntergang und die
Sonnenfleckenfrequenz in den Jahren 1886—1895 hat Busch in folgender
r.ibelle zusammengestellt:
I
1886 87 88 89 90 91 92 93 94 95 Mittel
(gos Punkt 20,1 19,7 18,4 17,8 17,7 20,6 19,6 20,2 20,7 18,8 19,4
inets Punkt 23,9 21,9 17,9 16,8 15,4 23,3 21,4 24,2 23,3 19,0 20,7
lenflecken 25,1 19,1 6,7 6,1 6,5 35,6 73,8 84,9 78,0 63,9
Die Entfernung der neutralen Punkte vom Horizont zeigt genau
U'nselben Gang wie die Sonnenflecken nach Wolf er s Relativzahlen, nur
innen die Minimal- bezw. Maximalwerte der Entfernungen etwas später
iiigefähr 1 Jahr) als die entsprechenden Werte für die Sonnenflecken,
^\ i< ja nicht all zu sonderbar erscheint. Der Sonnenstaub (vgl. S. 863)
\iid nämlich ebenso wie der Krakataustaub einige Zeit brauchen, um
iir Erde hinunter zu fallen.
Im Wolkenlicht fand Arago keine Polarisation, Soret machte es
"ch wahrscheinlich, dass es unter Umständen polarisiert sein kann.
f' nsen bringt die schwache tägliche Periode der Polarisation mit der
W olkenmenge in Zusammenhang.
Soret fand bei Nebel am Horizont vier neue neutrale Punkte in
1 r Nähe der Sonne und ihres Gegenpunktes und auf derselben Höhe
diese [S und G). Diese neutralen Punkte waren schon früher von
rnu kurz nach der Krakatau- Eruption im Himmelslicht aufgefunden.
Cornu fand, dass bei Vollmond die Polarisation dieselbe war wie
' i Sonnenbeleuchtung. Die Stärke der Polarisation nimmt nach Pilt-
I hikoff mit der Stärke des Mondlichtes ab, so dass bei Neumond die
! 'nlarisation Null ist — eine sehr eigentümliche Erscheinung, die von
iiiigen Versuchen von Pernter bestätigt zu werden scheint.
g74 Physik der Atmosphäre.
Wenn man ein Polarimeter auf den Nordpol des Himmels einstellt
so ist das Licht dieses Punktes nach dem oben gesagten immer an
den Stundenkreis der Sonne senkrecht polarisiert. Bei der Einstelhn^
des Polarimeters in diese Ebene kann man einen Zeiger die Drehung
des polarisierenden Apparates im Instrument mitmachen und gleit! i
zeitig über ein Ziffernblatt gleiten lassen, dessen Band mit den Ziffen
1 — 24 gezeichnet ist. Der Zeiger giebt dann die Stunde an, wem
das Ziffernblatt einmal einjustiert ist. Dieser Demonstrationsapparai
der Polaruhr genannt wurde, ist von Wheatstone konstruiert worden
Eine kleine Abweichung wird durch die erdmagnetische Drehung
verursacht.
Ebenso wie die Staubpartikelchen der Luft das diffuse Himmel^
licht polarisieren, so geben auch die Staubpartik eichen des Seewassei
zu einer ähnlichen Erscheinung Anlass. Sorot fand in der That ]u
Untersuchung des Lichtes im Wasser des Genfer-Sees, dass eine maxi
male Polarisation beobachtet wird, wenn das Polarimeter senkrecht au
die Eichtung der Lichtstrahlen im Wasser eingestellt ist. Wenn (]'■
Oberfläche des Wassers durch Wellen gekräuselt wurde, so nahm di«
maximale Polarisation stark ab, indem die Lichtstrahlen nicht meli
untereinander parallel waren, sondern grosse Winkel miteinandi
bildeten.
Hagenbach fand, dass das diffuse Licht, welches die sogenaniT
Luftperspektive hervorruft, ebenfalls polarisiert ist. Der blaue Dun^
oder Hauch, welcher zwischen dem Beobachter und entfernten Gegeri
ständen liegt und sie in einen weichen Schleier einhüllt, rührt haupt
sächlich von polarisiertem Licht her und kann demzufolge mit Hilf«
eines Nicols zum grossen Teil entfernt werden. In dieser Weise gelinc
es, die Conturen entfernter Gegenstände schärfer zu sehen als ohii
Zwischenschaltung des Nicols.
Das Alpenglühen. Diese prachtvolle Erscheinung, welche bis:
weilen an Abenden oder Morgen mit reiner Luft besonders an weissei
Kalkfelsen oder schneebedeckten Bergabhängen sich zeigt, wird folgender!
maassen von v. Bezold beschrieben. i
„Bei einer Höhe der Sonne von etwa 2^ fangen die Berge an, lebj
haft rot zu werden, was sich gegen Sonnenuntergang in einer Weisj
steigert, die man nicht besser als eben durch das Wort „Glühen" bej
zeichnen kann. Sowie nun die Sonne mehr und mehr hinabsinkt, steigj
der Schatten von unten an den Bergen empor, und entzieht bald auclj
den höchsten Gipfeln das Licht, so dass sie nun alle fast farblos gral
I
XV. Meteorologische Optik. g75
nd kalt dastehen. Doch schon nach wenigen Minuten fangen sie
!'^<ler an, etwas heller zu werden, und zwar zuerst schwach gelblich
>, bis sie allmählich in einen oft ziemlich lebhaften fleischroten Ton
jbergehen. Dieses Phänomen, das sogenannte Nachglühen, tritt immer
lizeitig mit dem ersten Purpurlicht auf, und ist nur durch das-
ijc hervorgebracht. Obwohl wieder Schatten und Licht aufs
I ntschiedenste an den Bergen auftreten, so sind doch alle Schatten
•hleeht begrenzt, wie sich bei der grossen Fläche, welche jetzt als
jichtquelle dient, erwarten lässt; diese grosse Menge diffusen Lichtes
' ebt der Beleuchtung etwas ungewöhnliches, magisches, wodurch sie
i 'hantasie des Beschauers so eigentümlich anregt. Das Verschwinden
r-cr Beleuchtung geschieht nicht sowohl durch das Emporsteigen von
■luitten wie das erste Mal, sondern vielmehr durch ein allmähliches
liklingen der Farben. Das Fleischrot geht zuerst in einen hellen, dann
iinor dunkler aschfarbenen Ton über, bis endlich die Nacht hinein-
ticht und allem Farbenspiele ein Ende macht. Ich erinnere mich
doch manchesmal auch noch an ein zweites, freilich sehr schwaches, doch
amerhin unverkennbares Nachglühen beobachtet zu haben, welches dem
|M|en Purpurlichte entspricht."
I^K,Im Chamounithale sind besondere ausserordentlich bezeichnende
l^^n für diese Erscheinungen üblich. Man unterscheidet nämlich
jiselbst am Montblanc die „coloration brillante", welche noch von den
I tzten direkten Sonnenstrahlen herrührt, darauf die „teinte cadavereuse",
mn „la resurrection du Montblanc", nämlich das Nachglühen, und end-
li .J'extinction".
..Die Angabe der genannten Fo^'scher (die Brüder Schlagintweit),
..>- sie niemals des Morgens ein Analogon des Nachglühens beobachtet
litten, ist mir geradezu unverständlich, da ich (und auch Necker), ob-
^lil ich mich nicht gerade zu häufig vor Sonnenaufgang im Freien
'funden habe, doch an jedem hellen Morgen, wo dies der Fall war, zu
T entsprechenden Zeit die Berge mit rosafarbenem, ausserordentlich
ffiisem Lichte übergössen fand. (In Partenkirchen im bairischen Hoch-
II 'Ic kann man diese Erscheinung am Zugspitzgebirge aufs Pracht-
•llste beobachten, während die grosse Wand des Wetterstein für das
Hchglühen am Abend ausserordentlich günstig liegt.) Die rosa und
irpurnen Töne sind des Morgens vorherrschend, während die feurigeren
ntfn, das Orange und das Kote, wie man es des Abends beobachtet,
it sparsamer vertreten sind, und gewiss mit vollem Rechte als Vor-
»t^n schlechten Wetters betrachtet werden,"
§76 Physik der Atmosphäre.
Amsler will diese Erscheinung in anderer Weise erklären. Reii
Sonnenuntergang an klaren Abenden entsteht eine heftige Strahliin
der Erde, so dass sich die untere Luft schnell abkühlt. Es bildet sie
eine starke Temperaturinversion aus, welche eine Art Kimmung zu Folt:
hat. Die Sonne, welche schon unter den Horizont gesunken war, ersehe! i
dann wieder. Diese Wahrnehmung soll nicht selten in den Alpo
gegenden gemacht werden. Amsler giebt sogar an, er habe von Ei^l
aus die Sonne nach ihrem Untergang zweimal wieder auftauchen im
untergehen gesehen. Das Nachglühen der Alpen sollte von der direkt^
Beleuchtung durch die wiederauftauchende Sonne herrühren.
Da nun das erste Purpurlicht etwa 15 — 40 Minuten nach dem asti*
nomischen Sonnenuntergang eintritt, ist es leicht, die ältere Theorie /
prüfen. Diejenige von Amsler könnte durch Beobachtungen über dn
gleichzeitige Wiederauftauchen der Sonne und Eintreten von Nachglüht
geprüft werden. Die v. Bezoldsche Schilderung des Nachglühe] i
ebenso wie die Messungen von R. Wolf, sind nicht für die Amslerscli
Theorie günstig.
Die Intensität des Himmelslichtes. Während das von di
Atmosphäre durchgelassene Licht, wie die oben angeführten Messung (
von Abney und Langley zeigen, prozentisch viel weniger blaue Strahlt
enthält als das ungeschwächte Sonnenlicht, muss natürlich das umC'
kehrte für das diffus reflektierte Himmelslicht gelten. Dies ist au
der Grund der blauen Farbe des diffusen Himmelslichtes.
Zum Verständnis des blauen Himmels versuchte man erst physiolc
gische Erklärungsgründe herbeizuziehen. Ein Teil Wahrheit liegt diesi
Versuchen zu Grunde, indem das Auge für schwache Lichteindrücl<
bei blauen Tönen empfindlicher als bei roten Tönen ist. Deshalb habei
die vom Mondlicht beleuchteten Gegenstände einen bläulichen Ton, wa'
auch auf Gemälden stark' hervorgehoben wird. Dies ist der Fal
obwohl das Mondlicht nicht bläulich, sondern gelblich gefärbt ist
Langley, der dies untersucht hat, vergleicht den Farbenton der Mond
Oberfläche mit derjenigen von gelbem Sandstein.
Dieser physiologische Umstand bedingt jedoch nur einen äusserst üv
ringen Teil der Blaufärbung des Himmels und die unvergleichlich wir!;
samste Ursache der blauen Farbe des Himmels ist in Lord Ray] eigii
Theorie zu finden. Die erste Beobachtung, welche zu dieser Theoii
führte, wurde von Forbes gemacht, welcher sah, wie die Sonne durcl
einen Dampfstrahl dicht über dem Sicherheitsventil eines Dampf-
kessels gesehen, stark rot gefärbt erschien. Gesehen durch den Teil d»
I
I
XV. Meteorologische Optik. 877
Dampfstrahls, in welchem grössere Wassertropfen vorkamen, erschien
Sonne weisslich. Tyndall verbesserte diese Beobachtung, indem er
aktinischen Wolken studierte. In jüngster Zeit hat Pernter eine
■^('hr eingehende experimentelle Untersuchung über diesen Gegenstand
insgeführt, wobei er das Rayleighsche Gesetz prüfte. Er benutzte
Ijiiiilsionen, die er durch Eingiessen von alkoholischen Lösungen von
Mastix in Wasser bereitete. Diese Emulsionen wurden beim Stehen weiss-
icher (nach 48 Stunden). Durch Veränderung der zugesetzten Mastix- und
A.lkoholraenge konnte er Emulsionen von verschiedenen Farben, von
'pfblau bis milchweiss, erhalten. Die Emulsion befand sich in einem
! strog und wurde mittelst einer elektrischen Lampe von vorn beleuchtet.
- Licht durchstrich vorher einen Prismensatz, wobei verschiedene Farben
ii 'geblendet werden konnten. Das zur Seite ausgestrahlte Licht wurde
nit einem Polarimeter von Cornu untersucht. Die Polarisation zeigte
-ich nun um so geringer, je milchiger die Emulsion erschien, d. h. je
rrnsser die reflektierenden Teile waren. Bei schön blauen Emulsionen
.var das Grün am stärksten, das Rot am wenigsten polarisiert. Dasselbe
:\\t für das Himmelslicht. Bei stark weisslichen Tönen ist das Rot
1111 stärksten, das Blau am wenigsten polarisiert. In diesem Fall sind
iie reflektierenden Teilchen noch klein gegen die Wellenlänge des roten
Lichtes, dagegen verhältnismässig gross gegen diejenige des blauen. Erst
Vi im die trübenden Teilchen im Verhältnis zur Wellenlänge des Lichtes
^If'in sind, ist die Rayleighsche Theorie anwendbar, und dann ist alles
Aclii vollkommen polarisiert. In Wirklichkeit ist dies nie erfüllt, und die
■starke des diffus reflektierten Lichtes ist infolgedessen nicht streng der
rten Potenz der Wellenlänge umgekehrt proportional.
Zum Studium des Himmelslichtes hat Crova ein Spektrophotometer
lutzt. Zwei Spektra, das eine von dem Lichte eines Punktes des
liinmels, das andere von einem Carcelbrenner herrührend, erschienen im
ktroskop gleichzeitig übereinander. Durch Drehung eines von zwei
Ml ols, die in den Weg des künstlichen Lichtes geschaltet waren, konnte
r dasselbe beliebig abschwächen, bis die Helligkeit einer bestimmten
i'arbe in den beiden Spektra gleich war. In derselben Weise konnte
;r direktes (abgeschwächtes) Sonnenlicht mit dem Licht der Lampe
ergleichen. So konnte er alle Beobachtungen auf die relative Stärke
tes Sonnenlichtes in verschiedenen Teilen des Spektrums reduzieren,
üinige ähnliche Messungen waren schon in England von Lord Rayleigh
ind in Potsdam von Vogel ausgeführt worden. Crova setzte die
lelativzahl für 2 == 0,565 fc gleich 1 und erhielt so für die Stärke des
g78 Physik der Atmosphäre.
Himmelslichtes vom Zenith im Vergleich zum Sonnenlicht folgen«
Zahlen (vgl. S. 501):
X 0,635 0,600 0,565 0,530 0,510
(0,565:2)4
0,627
0,786
1,000
1,281
1,500
England (Kayleigh)
0,586
0,786
1,000
1,303
1,51')
Potsdam (Vogel)
0,630
0,760
1,000
1,260
1,460
Montpellier Jan. 1890
0,491
0,702
1,000
1,360
1,80(1
Mittel 1890
1
—
0,713
1,000
1,300
—
Mont Ventoux 3. Sept.
1890
0,421
0,662
1,000
1,320
2,074
3. Aug.
1890
0,737
0,824
1,000
1,120
1,302
Die Beobachtung von Lord Kayleigh stimmt recht gut mit dej
Theorie überein. Man kann indessen Fälle auffinden, in welchen di»
Blau des Himmels weniger ausgeprägt ist, als die Theorie verlaiii;
z. B. in Potsdam und noch mehr in den Ziffern von Mont Ventoux voi
3. Aug. 1890. Diese Daten waren absichtlich an einem Tage aufgenommii
an dem das Himmelslicht sehr blass erschien. Das andere Extrci
findet man repräsentiert in der Beobachtung vom Mont Ventoux vtn
3. Sept. 1890, an welchem Tag der Himmel äusserst rein blau waj
In derselben Richtung bewegen sich die Ziffern vom Jan. 1890, di'
in Montpellier gewonnen sind. Diese Abweichung von den Forde
Hingen der Theorie glaubt Crova darauf zurückführen zu könne i
dass die reflektierenden Partikelchen nicht alle gleich gross sind, um
dass an den sehr klaren Tagen die sehr kleinen Partikelchen Übergewicli
haben, an den Tagen mit blassem Himmel dagegen die gröberen.
Das reinste Himmelsblau zeigt (in Montpellier) der Winter, be
sonders Januar, fast ebenso rein Herbst und Frühling, der Somnn
hat einen weisseren Himmel. Der Unterschied ist jedoch nicht sehr gro--^
Am Morgen ist der Himmel am reinsten, danach am Abend, zu
Mittagszeit ist er mehr weisslich.
Mit Hilfe des oben beschriebenen Photometers hat L. Weber di
Stärke der Tageshelle zu verschiedenen Jahreszeiten mit derjenigen eine
in bestimmter Weise beleuchteten Milchglastafel verglichen. Er fam
auf diese Weise, dass in Kiel die mittlere Tageshelle der Sommer
Sonnenwendezeit (am Mittag) elf mal heller ist als die der Wintersonnen
Wendezeit.
Irrlichter oder Irrwische. Unter diesen Namen versteht mai
eigentümliche kleine Flammen , welche besonders über sumpfigen Stellei
I
XV. Meteorologische Optik. 879
■cheinen. Viele haben Zweifel über das Vorkommen dieser Er-
swieinung geäussert, jedoch giebt es so viele gut verbürgte Mitteilungen
über ihr Auftreten, dass man wohl ihre Realität zugeben muss. Müller-
Brzbach hat vor Kurzem die betreffenden Angaben gesammelt. Eine
der sichersten älteren Beobachtungen ist diejenige von Bessel, welcher
am 2. Dezember 1807 früh morgens bei vollkommener Dunkelheit und
regnerischem Wetter einige hunderte solche Flämmchen beobachtete.
Bessel sass in einem Boot und sah die Flämmchen in etwa 20 Schritt
Entfernung über einem ausgegrabenen Moorgrunde, der teilweise mit
Wasser bedeckt war, aufsteigen. Sie hatten eine bläuliche an diejenige
«l<r Wasserstoffflamme erinnernde Farbe von äusserst geringer Licht-
stärke, indem sie den Boden nicht erleuchteten. Sie brannten etwa
15 Sekunden und einige derselben schienen sich gruppenweise seitwärts
zu verschieben. Diese Verschiebung wird meist als nur scheinbar an-
gesehen und soll darauf beruhen, dass einige Flämmchen von unten
nach oben verlöschen , während neue Flämmchen in der Nachbarschaft
auftauchen. Diese Irrlichter wurden bei Bremen beobachtet.
Diese kleine Flämmchen, die oft nur Kerzenflammengrösse besitzen,
kommen meist in grosser Menge gleichzeitig vor. Bisweilen beobachtet
man grössere (meterhohe) Flammen, die dann vereinzelt oder in geringer
Zahl vorkommen. Tschudi sah über einem Sumpf in Brasilien an
einem regnerischen Dezemberabend ein rotgelbes, einer Pechfackel
ähnelndes, 15 Minuten dauerndes Licht, das von mehreren, bald er-
löschenden, bald wieder auftauchenden kleinen Flämmchen umgeben war.
A. V. Humboldt erzählt, dass in Cumana, Venezuela, grössere in weiter
Ihitfernung bei Nacht sichtbare Flammen häufig auf den Wiesen be-
obachtet wurden, welche jedoch das dürre Gras nicht anzuzünden ver-
mochten. In den meisten Fällen scheinen sie keine merkliche Wärme
ii')ch Geruch zu entwickeln. So z. B. steckte List seine Hand in eine
[rrlichtflamme im Fuldathal, ohne Wärme zu fühlen, Brakenhoff
wollte eine Irrlichtflamme auf einem Moor in Oldenburg mit der Hand
-reifen, sie erlosch dabei, er fühlte keine Wärme. Knorr, später Pro-
>ov der Physik in Kiew, beobachtete auf einer feuchten Wiese an der
r> Ister mehrere Irrlichter. In einer derselben, eine aussen violette, innen
sehwach gelbe Flamme von 1,5 Zoll Breite und 5 Zoll Höhe, Hess er
während einer Viertelstunde den messingenen Beschlag seines Stockes
hineinragen, der jedoch dadurch nicht erwärmt wurde. Dagegen gelang
Filopanti, der ein Stück Werg mit seinem Stock in eine über 10 cm
ite, schwach rauchende Irrlichtflamme in der Nähe von Bologna hin-
880 Physik der Atmosphäre.
einsteckte, dasselbe zu entzünden. Diese Beobachtung scheint rec
alleinstehend zu sein.
Da es Gase, z. B. ein Phosphorvvasserstoffgas, giebt, welche sich bei
Entweichen in der Luft von selbst entzünden, glaubte man früher, da?
die Irrlichter durch Phosphorwasserstoff enthaltende Gase, die von vei
modernden organischen Körpern herrührten, verursacht seien. Gegen di-
Ansicht streitet die Geruchlosigkeit, die Abwesenheit von festen V»
brennungsprodukten und der Mangel an Wärmeentwickelung, da Pho-
phorwasserstoff stark riecht und einen dicken Rauch von Phosphorsäm
unter starker Wärmeentwickelung abgiebt. In vielen Beziehungen ähnel
die Irrlichter den Elmsfeuern, die auch weder Wärme noch Rauch geber
dagegen nach Ozon riechen. Ausserdem sind die Irrlichter in Deutsch
land am häufigsten im Winter und bei Niederschlag ganz wie das EIiii^
feuer (vgl. S. 585 u. 587). Häufig werden sie auch an gewitterreichi
Tagen beobachtet. Obwohl einige Beobachter, wie Brakenhoff, di
bald nach Irrlichtern Elmsfeuer gesehen haben, sie ganz andersartig fände i
hält sich daher bei Vielen die Ansicht, dass die Irrlichter eine Elmsfeuer
erscheinung auf flacher Erde seien. Die Irrlichter scheinen zufolge de
fortschreitenden Drainierung des Bodens seltener zu werden.
1
XVI. Atmosphärische Elektrizität.
Methoden. Durch die Untersuchungen Franklins und seiner
vuhfolger war es erwiesen, dass ein mit Spitzen versehener Drachen
'Elektrizität aus den Wolken ansammelt. Es zeigte sich bald bei ähn-
ichen Versuchen, dass die Anwesenheit von Wolken gar nicht nötig
viir, man sammelte folglich Elektrizität aus der Luft auf. Man richtete
irh zum Studium dieser Erscheinung erst so ein, dass man am unteren
Mide einer isolierten Blitzableiterstange ohne Erdleitung ein Elektroskop
inbrachte. Zur Verhütung von Unglücksfällen war dieses Ende mit einer
üigel versehen, der in geringer Entfernung eine andere zur Erde ab-
'"itete Kugel gegenüber stand, so dass starke Ladungen zur Erde
igehen konnten.
Bald fand man, dass die Wirkung der Blitzableiterspitzen ziem-
'i unregelmässig ist. Man ging dann zu folgender Beobachtungs-
^i'thode über, welche von Lamont, Dellmann, Peltier und Quetelet
nutzt wurde. Eine auf einer isolierenden Stange befestigte Hohlkugel
- Metall wurde in die Höhe gehoben (gewöhnlich über das Dach
is Beobachtungshauses). Wenn , sie eine bestimmte Höhe erreicht
'tte, wurde sie mittelst eines Metalldrahtes kurze Zeit zur Erde
geleitet, dann in isoliertem Zustand in das Beobachtungszimmer
I inuntergebracht und mit einem Elektrometer in Verbindung gesetzt.
' V Ausschlag des Elektrometers war der Ladung der Kugel proportional.
Wie wir unten sehen werden, ist die Erdoberfläche mit negativer
Icktrizität geladen. Die Kugel kann während ihrer Ableitung zur Erde
eine auf derselben angebrachte Spitze angesehen werden, auf welcher
Elektrizität sich vorzugsweise ansammelt. Die Ladung der Kugel
r der Dichte (fi) der Ladung der Erde proportional, welche nach der
Ziehung:
1 dV
" 4.7r dn
|iem Potentialfall d Vjdn der Elektrizität in der Luft proportional ist;
A rrheniu s , Kosmische Pliysik. 56
882 Physik der Atmosphäre.
Es ist eigentlich dieser Potentialfall (Zunahme des Potentials ii
Volt pr. Meter Höhe), den man bei luftelektrischen Messungen zu bestinii
men sucht. Wenn man in der letzten Formel n in elektrostatischer!
Einheiten pr. cm^ zählt, so muss man das Potential in den entsprechendeil
Einheiten (jede gleich 300 Volt) und die Höhe n in cm. rechnen.
Beobachtet man nicht an der Erdoberfläche, sondern höher ii
der Luft, so hat man unter ^i die Elektrizitätsmenge zu verstehcii
welche in einer vertikalen und von dem Beobachtungspunkte bis zu
Erdoberfläche reichenden, die Erdoberfläche einschliessenden Säule vtn
1 cm'-^ Querschnitt sich befindet. Steigt demnach dVjdn mit der Höh(j
so ist fi grösser als an der Erdoberfläche, d. h. über der Erdoberflächj
befindet sich ebenso wie auf ihr selbst eine negative Ladung. Nimm!
dagegen dVjdn mit zunehmender Höhe ab, so enthält die Luft unto
dem Beobachtungspunkt positive Elektrizitätsmengen. Wenn man al-
d Vjdn auf verschiedenen Höhen bestimmt, so kann man die elektriscli
Ladung sowohl der Erdoberfläche als auch der Luft in verschieden^
Höhe ermitteln.
Zur Auswertung der Zunahme c? F/c?w des Potentials mit der Höhe, miis
man das Potential an einem bestimmten Punkt in der Luft messo
können. Zunächst haben Spitzen, obgleich in sehr unvollkommeneiij
Grade, die Eigenschaft durch Ausströmung von Elektrizität (annähernd
das Potential der umgebenden Luft anzunehmen. Viel besser funktio
niert eine Flamme (Volta), z.B. die einer gewöhnlichen Stearinkerze, welcli
Elektrizität aus ihrer Spitze ausströmen lässt, bis dieselbe das Potentin
der Umgebung angenommen hat. In ähnlicher Weise, aber wenio-
sicher wirkt eine rauchende Lunte. Da ein Licht leicht durch dci
Wind gelöscht wird, hat man in jüngster Zeit diese Vorrichtungen raij
gutem Erfolg durch in Lösungen von radioactiven Substanzen (Uraj
nium, Radium, Polonium) getränktes Papier ersetzt. Exner giebt ar^
dass auf diese Weise präpariertes Polonium-Papier seine Empfindlichkci
mehrere Monate hindurch erhält.
Diese letzten Einrichtungen sind bei transportablen Apparaten soll
brauchbar. Bei festen Stationen kann man den Wasserkollektor voi
Lord Kelvin benutzen. Dieser besteht aus einer mit einer Ausfluss
Öffnung versehenen wassergefüllten Flasche. Der ausfliessende Wasser
strahl zerreisst an einem bestimmten Punkt in kleine Tropfen, die ><
lange Elektrizität mitführen, bis das Potential des Gefässes gleich dem
jenigen der umgebenden Luft an der Zerreissungsstelle des Wasser
Strahles geworden ist.
I
XVI. Atmosphärische Elektrizität.
883
Man kann nach einer der angegebenen Methoden einem Körper
das Potential der Luft an einer bestimmten Stelle erteilen. Setzt man
diesen Körper in leitende Verbindung mit einem Elektrometer, so kann
man folglich das Potential an dem gegebenen Punkte ausmessen.
Als Elektrometer benutzte man früher ein Modell von Dell-
111 anu, in neuerer Zeit sind das Thomson -Mascart sehe Instru-
ment für genauere Beobachtungen, das Elektrometer von Exner bei
Beobachtungen auf Reisen, am meisten gebräuchlich. Beim Exner-
schen Elektrometer (Fig. 268) wird der Ausschlag zweier Aluminium-
Blättchen b beobachtet, die an den vertikalen Metallstreifen s geklebt
Mild, s trägt den Metallknopf Z; das ganze ist von einem zur Erde ab-
leiteten cylindrischen Metallgehäuse if um-
-'•ben. s ist oben (oder in neueren Instru-
menten unten) vermittelst eines guten Iso-
lationsmittels (am besten Bernstein) in 31
•■ingesetzt. Wenn das Instrument nicht benutzt
wird , schiebt man die Metallbacken DD zum
Schutze der Blättchen bb hinein. Am Gehäuse
-1/ ist ein mit Klemmschraube L versehener
Metallansatz und darin ein Stab zum Auf-
stellen des Instruments angebracht. Die
fisernen Seitenplatten des Cylinders sind zum
mössten Teil mit Stanniol beklebt. Auf der
'inen ist der Platz für eine eingravierte Skala
freigelassen, an der man den Ausschlag der
l)lättchen abliest. Eine empirisch entworfene Tabelle giebt das einem
■stimmten Skalenteile entsprechende Potential an.
Bisher herrschte grosser Mangel an luftelektrischen Messungen, weil
an einem registrierenden Elektrometer fehlte. Diese Lücke ist jetzt
\on Benndorf ausgefüllt worden. Fig. 269 zeigt das von ihm kon-
gruierte selbstregistrierende Elektrometer, welches in letzter Zeit schnell
l^i ingang in geophysische Institute gefunden hat.
Rechts sieht man eine Uhr U, welche alle 10 Minuten einen Kon-
takt in der Leitung von den unten stehenden Lecl an che -Elementen L
sfhliesst. Der Strom geht durch eine elektromagnetische Drahtspule
iiiterhalb S), welche einen Anker A anzieht, der einen in dem Elektro-
meter E befindlichen mit der Elektrometernadel verbundenen Zeiger Z
"i^'en einen Papierstreifen P drückt. Während des Stromschlusses, der
'wa5 Sekunden dauert, macht Z eine Marke auf dem Papierstreifen.
56*
Fig. 268.
884
Physik der Atmosphäre.
Wenn der Kontakt aufgehoben ist, schiebt der Anker Ä den Papierstreifen /'.
welcher sich allmählich von der KoUe R abwickelt, ein Stück weiter.
Das Elektrometer E ist ein gewöhnliches Quadrantenelektrometer mii
bifilar aufgehängter Nadel, die durch ein in die freie Luft hinaus-
ragendes Eadiumpräpa-
rat das Potential der Luft
annimmt. Die Quadran-
ten werden mit ein(
Batterie von Kalomel-
elementen, die keinon
merklichenTemperatur-
U koefficienten besitzen,
geladen. Die Elektro-
meternadel macht einen
grössten Ausschlag von
etwa 45 mm nach jeder
Seite. Durch Verschie-
bung der Bifilarauf-
hängung, sowie durcli
Änderung der Anzahl i
der Kalomelelemente '
kann die Empfindlichkeit
nach Belieben geändert
werden.
Eigentlich sollte man
das Potentialgefälle nur
über glattem Erdboden
bestimmen. Um Häuser.
Bäume, Bergspitzen
u. s. w. nehmen die Po-
Fig- 269. tentialflächen (vgl. Fip-.
270) einen sehr unregel-
mässigen Verlauf an, so dass es unmöglich ist, den Absolutwert (L
Potentialfalles pro Meter in der Nähe solcher Gegenstände zu bestimmen.
Zur Bestimmung von Relativwerten sind dagegen solche Punkte sehr
wohl verwendbar. Der Potentialunterschied zwischen einem solchen Punkt
und der Erde ist nämlich dem gleichzeitigen Potentialfall pro m propor-
tional. Man bestimmt also ein(oder zur Kontrole einige)mal den abso-
luten Betrag des Potentialfalles auf offenem Felde und gleichzeitig das
l
I
XVI. Atmosphärische Elektrizität.
885
Potential an einem bestimmten Punkte der Beobachtungsstation, wobei
hsjenige der Erde wie gewöhnlich, gleich Null gesetzt wird. Daraus
rechnet sich der Korrektionsfaktor, mit dessen Hilfe man eine Be-
stimmung des Potentiales an diesem Punkt in eine des Potentialfalles
zur selben Zeit umrechnen kann. Gewöhnlich wählt man als solchen
Punkt einen Platz vor einem Fenster, wo der Kollektor eine genau fixierte
Lage hat. Bisweilen nimmt man zur Vermeidung von Extremwerten
luohrere solche Punkte längs eines horizontalen nichtleitenden Stabes.
In letzter Zeit haben die Beobachtungen des Potentialfalles bei
i.uftschifffahrten grosses Interesse erregt. In diesem Fall hat man
nicht wie bei gewöhnlichen Beobachtungen die Möglichkeit, das Poten--
tial der Erde zum Vergleich (Nullpunkt) zu nehmen. Man benutzt daher
zwei Kollektoren, die in bestimmter vertikaler Entfernung ih) von ein-
Fig. 270.
ander aufgehängt sind, und beobachtet die Potentialdififerenz ( F) zwischen
diesen. Der Quotient V:h ist m diesem Fall der Wert des Potential-
falles. Auch hat man Einrichtungen getroffen, dass h leicht verändert
werden kann. Man hat vielfach Befürchtungen geäussert, dass der
Ballon eine ähnliche störende Kolle spielt wie die Erhebungen am
Boden, oder sogar durch Eigenladungen (durch unvermeidliche Reibungen
des seidenen Ballonstoffes) oder mangelhafte Isolation die Beobach-
tungen unsicher macht. Durch Kontroiproben mit Kollektoren, die in
verschiedener Entfernung vom Ballon und in horizontaler Richtung von
der Gondel angebracht waren, sowie Isolationsproben ist man jedoch zu
der Ansicht gelangt, dass diese Störungen vernachlässigt werden können
(Tuma). In jüngster Zeit sind wiederum die Beobachtungen im Ballon
wegen der Leitfähigkeit der Luft angezweifelt worden (vgl. S. 901).
Geographische Verteilung der Luftelektrizität. Man hat
auf diese Weise eine grosse Menge von Beobachtungsmaterial gesammelt.
§§ß Physik der Atmosphäre.
wovon leider das ältere nur aus Relativzahlen besteht. Es sind eigentlich
nur die Reiseheobachtungen von Elster undGeitel, sowie Exn er und
seinen Schülern, denen man die noch unvollständigen Kenntnisse über
den Potentialfall an verschiedenen Punkten der Erdoberfläche zu ver-
danken hat.
Für Wolfenbüttel fanden Elster und G eitel Werte des Potential-
falles (in Volt pr. Meter), welche zwischen 80 im Sommer und 400— 50(1
im Winter liegen. Die Werte sind nur bei reinem Himmel beobachtet.
Wolken üben eine sehr störende Einwirkung aus. Bei wolkenbedeckteii)
Himmel kornmt es vor, dass das Potential anstatt wie bei schönem Wetter
•mit der Höhe zu steigen, einen umgekehrten Gang zeig-t, und häufig
springt der Potentialfall bei solchen Gelegenheiten von ausserordentlich
grossen negativen zu ebenso grossen positiven Werten über oder um-
gekehrt.
Die Störung durch Wolken ist am grössten bei Schnee und Regen-
fällen, besonders bei Gewitterregen. Ebenso störend wirken Rauch und
Staub, besonders Wasserstaub von Wasserfällen, welcher häufig starl\
negative Luftelektrizität, d. h. Abnahme des Potentials nach der Höhe
verursacht (Lenard).
Bei nebligem Wetter beobachtet man häufig sehr starke positive
Luftelektrizität.
Elster und Geitel fanden bei schönem Wetter, dass die Luft-
elektrizität mit steigender Durchsichtigkeit der Luft abnimmt. Ist e die
Entfernung in Kilometern, in welcher noch ein bestimmter Gegenstand
sichtbar war, so fand folgender Zusammenhang statt:
e = 0,67 1,75 5,25 16,67 km
dV\dn=^l% 298 122 141 V/m.
Exn er fand bei schönem Wetter für eine Beobachtungsstation auf
Ceylon 57 Volt pr. m im Januar und Februar, für Luxor in Ober-
ägypten im Monat März 128 Volt pr. m. Gockel fand in Biskra für
den Monat März einen Wert von etwa 105 Volt pr. m und Benndorf
für Tomsk in Sibirien während des Monats Februar 145 Volt pr. m, jedoch
unter ungünstigen äusseren Umständen. Bei Beobachtungen in Polar-
ländern hat man sich häufig vergeblich bemüht, einen Potentialfall in
der Luft nachzuweisen. Dies beruht wahrscheinlich auf Schwierigkeiten,
genügende Isolation für den Kollektor zu schaffen; die Beobachtungen
im Jahre 1882 — 1883 am Cap Thordsen auf Spitzbergen und Cap Hörn
I
XVI. Atmosphärische Elektrizität. 887
igen ein ganz ähnliches Verhalten der Luftelektrizität wie an anderen
iMobachtungsorten.
Bei den ersten Versuchen, die Grösse des Potentialfalles in höheren
Luftschichten mit Hilfe von Ballons (Lecher und Tuma) oder Drachen
L. Weher) zu ermitteln, fand man eine Zunahme mit der Höhe.
Sjiätere Versuche in Ballons von Andre, Börnstein, Baschin, Tuma
und le Cadet ergaben einstimmig eine Ahnahme des Potentialfalles
iiiit steigender Höhe. So z. B. fand le Cadet (am 11. Sept. 1897) den
rotentialfall in 4000 m Höhe 11 mal, in 1150 m Höhe 3,5 mal Meiner
als an der Erdoberfläche (150 Volt pr. m). Ein anderes mal (Sept. 1893)
fand er folgende Potentialgefälle in Volt pr. m:
Höhe = 0 1000 4200 m
dVjdh =120 39 11 V/m. '
l>örnstein und Baschin fanden bei ihren Aufstiegen das Potential-
■jcfälle in 3000 m Höhe oder mehr so gering, dass es nicht gemessen
werden konnte.
I|r Aus diesen Beobachtungen scheint hervorzugehen, dass nicht nur
■^e Erdoberfläche elektrisch geladen ist, und zwar mit negativer Elek-
• trizität, sondern dass auch die Luft elektrische Ladungen enthält, welche
in der Nähe der Erdoberfläche häufig negativ sind, in höheren Luft-
schichten aber ein positives Zeichen annehmen. Diese positive Ladung
der höheren Luftschichten scheint bei zunehmender Höhe abzunehmen
und die Beobachtungen über die Nordlichter deuten an, dass in den
höchsten Teilen der Atmosphäre die Ladung wiederum negativ wird.
Bei diesen Beobachtungen in Ballons wechseln nicht selten die
Ausschläge der Elektrometer ihre Grösse oder sogar ihr Zeichen, wo-
durch die Anwesenheit von verschieden geladenen übereinander lagernden
Luftschichten angezeigt wird.
Tuma fand eine stark negative Ladung in einem dichten Nebel in
■grosser Höhe, ebenso beobachtete Baschin über einer Wolkenbank in
3700 m Höhe einen ungewöhnlich starken positiven Potentialfall, was
line bedeutende negative Ladung der Wolken zu bedeuten hat.
Ladung der Wolken und des Niederschlages. Schon
Franklin fand bei seinen Drachenversuchen, dass die Wolken meist
negativ, bisweilen auch positiv geladen sind. Die Beobachtung geschah
so, dass man ein geladenes Elektroskop der mit dem Drachen ver-
bundenen leitenden Schnur näherte. Elster und Geitel haben in
iH'uerer Zeit über die Ladung des Niederschlages Versuche ausgeführt.
ggg Physik der Atmosphäre.
Sie sammelten den Niederschlag in einem leitenden isolierten Gefä
auf, welches mit einem Elektrometer verhunden war. Zum Schutz gegci
die störende Einwirkung des atmosphärischen elektrischen Feldes wü
das Gefäss von einer oder zwei Hüllen umgeben, die zur Erde abj:^
leitet waren. Ebenso waren Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern
dass die Eegentropfen gegen das Gefäss spritzten. Die Ladung wurde iii
bestimmten Zeitintervallen (gewöhnlich jede Minute) ermittelt und da-l
nach das Elektrometer zur Erde abgeleitet.
Die Niederschläge zeigen stark abwechselnde Ladungen, sowohl posi-
tive wie negative; diese überwiegen jedoch, was mit Franklins Beob-
achtungen gut übereinstimmt. Während desselben Regen- oder Schnee-
falls wechselt nicht selten das Vorzeichen der Elektrizität. Besonders gilt
dies für Niederschläge mit Gewitter, bei welchen auch ungewöhnlir'
hohe Ladungen anzutreffen sind.
Die oben erwähnten Beobachtungen von Tuma und Baschiii
führen zu demselben Resultat.
Jährliche und tägliche Schwankung der Luftelektrizität.
Zur Ermittelung dieser Perioden können nicht nur die in neuerer Zeit
ausgeführten Bestimmungen von Absolutwerten, sondern auch die älteren
Beobachtungen der Relativwerte verwandt werden.
Was zunächst die jährliche Periode betrifft, so ist sie sehr stark aus-
geprägt und zwar so, dass die Luftelektrizität im Winter ein Maximum
zeigt, das gewöhnlich im kältesten Monat liegt (Januar auf der nörd-
lichen, August auf der südlichen Halbkugel, wo Beobachtungen aus
Melbourne in Australien und Cap Hörn vorliegen). Das Minimum
liegt dementsprechend in der wärmsten Jahreszeit (Juni — Juli auf der
nördlichen, Februar — März auf der süblichen Halbkugel).
Einen eigentümlichen Fall zeigt B ata via mit zwei Maxima. Man
thäte Unrecht, diesem Umstand grosses Gewicht beizulegen, denn die
fünf ersten Beobachtungsjahre, ebenso einzelne spätere Jahre, geben
eine einfache Periode. Für die Luftelektrizität gilt es ganz besonders,
dass man vieljährige Beobachtungsreihen sammeln muss, um den Gang
dieses Elementes einigermaassen genau festzustellen.
Der Betrag der Schwankung ist (vgl. die Tabelle S. 889) in ver-
schiedenen Reihen höchst verschieden. Als Mittelwert für Europa kann wohl
die zu Wolfenbüttel beobachtete Schwankung im Verhältnis 1 : 4,6 ange-
sehen werden. Viel grössere Schwankungen sind nicht selten, beispielsweise
für Gent 1:14,5 und für Brüssel 1:10; für St. Louis in Nord- Amerika
gilt nahezu dieselbe Zahl 1:4,7 wie für Wolfenbüttel. Niedrigere
i
I
XVI. Atmosphärische Elektrizität. 889
I verli
hwankimgen zeigen Paris (1:2,3), Kreuznach (1:1,9) und Moncalieri
i : 1,7). (Die Ziffern für Gent und Moncalieri scheinen ziemlich unzu-
verlässig zu sein). Viel geringer ist die Schwankung auf der in den
ern gelegenen Bergstation Sonnblick (3106 ra über dem Meer), wo
7e Extremwerte sich wie 1:1,18 verhalten.
Mit diesem Verhalten stimmt gut üherein, dass auch die tägliche
Schwankung der Luftelektrizität an derselben Station gering ist. Auf-
fallend ist auch die Verspätung des Maximums und Minimums um etwa
zwei Monate gegen ihre Eintrittszeit in der Ebene.
Jährliche Periode der Luftelektrizität.
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500 216 127 25 186 80 58 891 49,7 137 96,6 151 24
jr. 364 191 116 23 202 68 37 339 52,4 143 86,1 167 18
164 137 90 22 161 49 21 294 57,0 145 99,8 75 10
il 100
115
65
26
153
41
9
138
49,1
145
116,3
57
8
74
109
48
28
122
39
5
110
33,6
141
94,7
38
8
50
117
30
35
127
39
4
102
21,5
134
99,5
29
8
63
113
27
35
137
36
18
123
16,8
127
82,2
39
10
68
119
39
37
125
50
11
121
18,8
121
95,6
29
11
90
128
29
34
165
59
9
121
24.7
119
70,6
38
10
162
148
69
31
132
65
23
188
27,8
119
97,6
50
12
. 298
178
94
26
173
73
54
260
33,2
123
113,5
70
12
459
192
95
26
177
82
44
470
50,3
130
108,1
109
16
-el 199
147
69
29
151
f^!
25
221
36,2
132
96,7
71
12
Die tägliche Schwankung zeigt zwei verschiedene Typen; den einen
igen einige Beobachtungsstationen, wo der Gang des Potentialfalles nur
ine einfache Periode besitzt. Zu dieser Gruppe gehören die hochgelegenen
Orte, nämlich ein waldbekleidetes Alpenthal (St. Gilgen), woExner Zahlen
gesammelt hat, sowie der Sonnblick und Dodabetta in Indien (2670 m)
vi^l. Tabelle S. 890). Die Schwankung ist relativ gering, mit einem
Minimum früh am Morgen und einem Maximum 2—4 Uhr N. M. Bis-
weilen ist die Tagesschwankung gar nicht ausgeprägt wie in Benndorfs
Beobachtungen aus Tomsk in Sibirien und nach einigen auf Ceylon und
dem indischen Ocean ausgeführten Messungen.
Ein wesentlich anderes und verwickelteres Bild geben die übrigen
P»''obachtungen aus niedrig liegenden Stationen, bei welchen der tägliche
§90 Physik der Atmosphäre.
Gang gewöhnlich eine doppelte Periode zeigt mit einem Maximum am
Morgen kurz nach Sonnenaufgang und einem anderen am Abend nach
dem Sonnenuntergang. Die Minima fallen nach Mittag in die wärmste
Tageszeit und früh auf den Morgen.
Die einfache Periode zeigt sich nur in einigen wenigen Beobachtungs-
reihen in der Ebene, wie Paris (nach Mascart) und Lissabon. Die
doppelte Periode ist in Brüssel, Dublin, Wien, Triest, Florenz, Rom,
Neapel, St. Louis (Amerika), zu Cap Hörn, auf Spitzbergen und in der
Oase Biskra, sowie in den sechs letzteren in der Tabelle angeführten
Orten beobachtet worden.
Tägliche Periode der Luftelektrizität.
V.M. 0 2 4 6
Wolfenbüttel
Winter . . .
Sommer . .
St. Gilgen Juli
bis Okt. . . 89
Sonnblick . . ,
Dodabetta . .
Kew .... 7,9 7,5 7,6 9,5
Helsingfors 1890
bis 1896 . . 36,6 30,1 29,5 35,7 41,3 37,8 38,5 41,6 49,0 51,9 54,2 47^
Batavia . . .125,4 110,6 58,3 112,8115,0 53,3 41,7 42,0 51,2104,0149,4142,6
Moncalieri . . 17,4 16,1 16,3 20,6 20,8 19,8 17,5 14,8 15,5 19,5 19,4 19,1
Perpignan . . 33,7 58,5 30,0 35,0 43,6 57,6 37,8 38,0 40,7 47,6 49,6 42,6
Juli . 3,2 2,8 2,9 3,4 5,3 4,8 3,4 2,8 3,3 4,5 4,3 3,8"
Melbourne j^^ ^,7 2,3 2,4 3,7 3,5 2,2 1,8 1,7 1,7 2,2 2,9 3,0
Die tägliche Schwankung ist von der Sonne abhängig. Dies geht
am deutlichsten aus den Daten für Melbourne hervor, indem das Vor-
mittagsmaximum im Sommer (Jan.) früher, das Nachmittagsmaximum
dagegen später als im Winter (Juli) eintritt. Es hat danach den An-
schein, als ob das Sinken der Luftelektrizität zur Mittagszeit eine Folge
der Sonnenwirkung wäre. Diese Wirkung bleibt ja auch in gewissen
Fällen, nämlich auf den Berggipfeln, oder überhaupt im Gebirge aus.
Man kann sich das leicht so vorstellen, dass ein Teil der nega-
tiven Erdladung, denn eine solche muss man annehmen, nachdem
das Potentialgefälle positiv ist, durch die Sonnenwirkung zur Luft über-
tragen wird. Man nimmt auch an, dass der Staub, welcher mit den |
aufsteigenden Luftströmen bei Tag hinaufbefördert wird, einen Teil der j
Ladung der Erde mitschleppt. Durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen
wird die Luft leitend, so dass ein Teil der p]rdladung auf den Sta'
8 10 12
2
4
6
8 10 N.M.
263 327 328
357
323
348
376 414
192 148 122
126
108
96
118 123
70 84 87
89
107
100
94 93
86 86 95
109
114
110
104 —
60 86 110
120
119
189
115 -
11,2 11,3 9,1
8,^
5 7,4
7,6
8,4 7,8
XIV. Atmosphärische Elektrizität. 891
l
Iwirliung der Sonne im Sommer viel grösser wie im Winter ist. Man
kann auch auf diese Weise leicht verstehen, dass die jährliche
Schwankung auf hohen Bergen (Sonnblick) viel geringer ist wie in
der Ebene, denn der Schauplatz aufsteigender Luftströmungen, welche die
Sonne bewirkt, sind hauptsächlich die niederen Luftschichten; auch dass
im Winter die Mittagsdepression geringer wie im Sommer ist, ja sogar die
doppelte Schwankung beinahe oder vollständig verschwindet. Das erste
'^'t in Wolfenbüttel der Fall, wo die doppelte Schwankung im Januar
hr wenig ausgeprägt ist; das letztere ist für Paris von Chauveau
konstatiert, ebenso für Rocca di Papa (700 m) von Cancani, während
das nahe gelegene Eom auch im Winter eine doppelte Periode der
Tagesschwankung aufweist.
Es erübrigt noch, eine Erklärung für die Hauptperiode der täglichen
"^( hwankung zu finden, welche ein Maximum in den Nachmittagsstunden
2—4 Uhr) und ein Minimum 12 Stunden später in der Nacht besitzt.
Diese Schwankung zeigt, dass in den Nachtstunden positive oder in den
Tiigesstunden negative Elektrizität zur Erdoberfläche geführt wird. Da
nun die Ballonfahrten eine positive Ladung in den höheren Luftschichten
nachgewiesen haben, so liegt es am nächsten, eine Entladung dieser
Luftschichten zur Erdoberfläche hin anzunehmen, die am grössten in
der Nacht ist. Dann sinken in den Bergen und an den Küsten Luft-
massen aus höheren Schichten herab und können dabei ihre Ladung
iU'Y Erde abgeben; andererseits ist die Zufuhr von negativer Elektrizität
ihirch Kegen, im Sommer besonders, in den Nachmittagsstunden am
-iiüssten. Diese Ladungen werden nur einigen Punkten der Erdober-
tliiche zugeführt, sie verbreiten sich aber von dort aus nach allen
Itiehtungen. Es bedarf aber noch vieler Untersuchungen, besonders
über die elektrischen Ladungen des Niederschlages zu verschiedenen
Tageszeiten, um uns eine sichere Kenntnis über diese Fragen zu ver-
-i'liaifen.
DerEinfluss des Mondes auf meteorologische Erscheinun-
n. In älteren Zeiten war man geneigt, dem Monde einen bedeutenden
i.influss auf die Witterung zuzuschreiben. Die Naturvölker hielten
Mnnd und Sonne für ziemlich gleichwertig und schrieben dem Monde
'ine ungefähr ebenso grosse Wirkung wie der Sonne zu. Nachdem es
' rwiesen war, dass der Mond auf die Gezeitenerscheinung einen noch
L;rnsseren Einfluss als die Sonne ausübt, schien diese Ansicht gewisser-
maassen gerechtfertigt und man suchte eifrig den Mondwirkungen nach-
892 Physik der Atmosphäre.
zuspüren. Man fand auch, dass die Stellung des Mondes einigen Ein-
fluss auf den Luftdruck ausübt.
Diese den Gezeiten ähnliche Erscheinung ist jedoch sehr unbe-
deutend und lässt sich am Gang des Barometers nur in den Tropen
nachweisen. In Batavia zeigt der Luftdruck zwei Maxima eine hall)i
bis eine Stunde nach der oberen und unteren Kulmination des Mondc>.
die Minima treffen sechs bis sieben Stunden später ein; die ganz(
Schwankung beträgt nur 0,11 mm.
Börnstein hat in einigen Beobachtungen aus den Jahren 1884 — 8^
für Berlin, Hamburg und Wien eine einfache Periode des Barometer-
standes im Mondtag nachweisen wollen.
Ferner trifft ein Luftdruckmaximum kurz nach Vollmond und ein
Minimum bei Neumond zu Batavia ein Die Schwankung erreicht nicht
0,2 mm.
Diese Luftdruckschwankungen haben wegen ihrer Geringfügigkeit
nur theoretisches Interesse.
Einen eigentümlichen Einfiuss des Mondes hat für die Jahre 188i)
und 1883 Poincare nachgewiesen. Er findet nämlich, dass die Nord-
grenze der Passate der nördlichen Halbkugel im Mittel beim nörd-
lichen Lunistitium beinahe 10 Grade nördlicher liegt, als bei dem
südlichen. Die Luftdruckdifferenz zwischen 30" und 10" N. Br. soll im
ersten Fall zwei bis vier mm grösser sein als im zweiten.
Es liegt hier also eine Periode nach dem tropischen Monat vor.
Dieselbe Periode hat Garrigou-Lagrange in dem Gang des Baro-
meters in der gemässigten Zone nachzuweisen versucht. Diese Unter-
suchungen scheinen wohl einer Fortsetzung wert zu sein.
Andere Untersuchungen betrafen die Bewölkungs- und Nieder-
schlägsverhältnisse. Man fand schwache Schwankungen, die aber an
einander recht nahe gelegenen Stellen in entgegengesetzter Kichtung
verliefen, so dass keine einfachen und allgemeingiltigen Regelmässig-
keiten zum Vorschein kamen.
Eine Ausnahme in dieser Beziehung machen die elektrischen und
magnetischen Erscheinungen der Erde. Schon oben haben wir auf die
Mondperiode beim Gewitter hingewiesen (S. 791). Es lag nahe, eine
ebensolche Periode bei der Luftelektrizität nachzuweisen.
Mondperioden bei der Luftelektrizität. Ekholm und
Arrhenius suchten erst eine mondtägliche Periode der Luftelektrizität
und sie fanden auch eine solche, nämlich ein Minimum der Luft-
elektrizität etwas vor der oberen Kulmination (d. h. des höchsten
I
p
XVI. Atmosphärische Elektrizität. 893
Mondstandes an einem Mondtage). Diese Periode wurde in den Daten
aus Cap Hörn, Helsingfors, Perpignan und Sodankylä (nördliches Finn-
land) nachgewiesen. Die Schwankung ist recht unbedeutend (3 bis 9 Proz.)
j und deshalb ziemlich unsicher.
Ganz anders verhält sich die Schwankung der Luftelektrizität nach
Arm tropischen Monat (27,322'^), die an den Polarstationen Cap Hörn
'ül Cap Thordgen nicht weniger als 80 Proz. des Betrages der Luft-
ktrizität, in Helsingfors und Pawlowsk etwa 20 Proz. erreicht. Da-
jen sinkt sie für Perpignan auf etwa 12 Proz. Es scheint demnach
iii'se Schwankung mit der Reinheit der Luft eng zusammen zu hängen.
Bei den erdmagnetischen Erscheinungen ebenso wie bei den Nord-
ü'htern hat man eine Periode aufgefunden, deren Länge 25,93 Tage
irägt und die nicht mit der Mondstellung, sondern vielmehr mit der
, Drehung der Sonne in Zusammenhang steht (vgl. S. 148). Auch die
Luftelektrizität ist in Bezug auf diese Periode untersucht. Die Daten
aus Helsingfors und Pawlowsk deuten an, dass während des Laufes von
25,93 Tagen die Luftelektrizität zwei Maxima durchläuft, während die
Periode nach dem tropischen Monat eine einfache Schwankung aufweist.
Als Belege mögen folgende Daten angeführt werden. Die Ziffern sind
mit Hilfe der harmonischen Analyse, wobei zwei Sinus- und zwei
-inus- Glieder mitgenommen wurden, berechnet worden.
27,3-tägige Periode
Helsingfors Pawlowsk
Tag
0
2
4
6
10
12
14
16
18
20
22
24
26 212 88 Epoche 1894 Jan. 17,4
214
93
213
100
209
104
203
104
199
101
194
96
188
93
181
91
175
90
175
89
182
86
193
84
265
85
212
88
25,9-tägige Periode
Helsingfors
'\ Pawlowsk
217
93
213
91
217
94
223
97
223
98
213
96
198
92
188
92
191
96
205
102
220
106
227
104
224
98
i
§94 Physik der Atmosphäre.
Die Schwankungen betragen nach der tropisch- monatlichen 21, 'a
tägigen Periode für Helsingfors 20 Proz., für Pawlowsk etwas mein
(22 Proz.). In der 25,93 -tägigen Periode ist die Schwankung für Hel-
singfors 18 Proz., für Pawlowsk etwas geringer (16 Proz.). Die Maxim,
und Minima der 27,3-tägige Periode fallen in Pawlowsk 4 Tage spätei
als in Helsingfors. Dagegen treffen die der 25,93 -tägigen Periode fiii
die beiden Stationen fast zusammen.
Zerstreuung der Elektrizität. Ein elektrisierter Körper ver-
liert allmählich seine Ladung. Diese Erscheinung wurde schon von
Coulomb (1785) untersucht. Er stellte die Kegel auf, dass die Elek-|
trizitätsverluste pro Zeiteinheit der Ladung proportional sind. Eij
glaubte, dass die Luft als Abieiter für die Elektrizität dient. Er fand
auch, dass diese Ableitung schneller in feuchter als in trockener Lnft
vor sich geht und meinte danach, dass die Feuchtigkeit der Luft ein
grosse KoUe bei der Elektrizitätsleitung spielt. Allmählich erkanntr
man aber, dass die Leitfähigkeit der feuchten Luft nur scheinbar ist^
indem sie den Stützen, welche die elektrisch geladenen Körper (Kon-
duktoren) tragen, und die immer etwas hygroskopisch sind, Feuchtii^-
keit abgiebt. So z. B. wurde die scheinbare Leitfähigkeit der feuchten Luft
stark vermindert, wenn man die Stützen erhitzte, wodurch die (absolut
Feuchtigkeit der Luft jedenfalls nicht herabgesetzt wurde. Allmähli(
verbreitete sich die Ansicht, dass Luft und Gase überhaupt absolut-
Nichtleiter sind, und dass ihre scheinbare Leitfähigkeit nur auf do
Ableitung durch Stützen und durch Staubpartikelchen in der Luft, dii
von den geladenen Körpern angezogen, geladen und zuletzt abgestossen
werden, beruht. Diese Ansicht fand eine kräftige Stütze durch dir
Arbeiten von Nahrwold und Blake.
Gleichzeitig mit diesen führte aber Linss Versuche über Elek-
trizitätsverlust geladener Körper aus, die er als Beweise für eine wirk-
liche Leitung der Luft ansah. Danach wurde auch von Arrhenius
aus einigen Versuchen geschlossen, dass Luft durch Bestrahlung mit
ultraviolettem Licht leitend wird und die Bedeutung dieser ErscheinuDL!
für die Theorie der Luftelektrizität hervorgehoben. In neuerer Zeit ist
man hauptsächlich durch die Arbeiten von J. J. Thomson und semr
Schülern zu dem Schluss gekommen, dass die Leitfähigkeit der Ga
auf dem Vorhandensein freier Ionen beruht, und dass diese Ionen von
einander getrennt werden können, so dass die Luft thatsächlich positi\
oder negativ geladen werden kann, was früher als durch Nahrwold^
Versuche wiederlegt galt. Hauptsächlich Elster und Geitel waren e-
j
f .,
ilie durch eine Keihe neuer Versuche, die Leitfähigkeit der Luft auch
in nicht beleuchtetem Zustande nachwiesen.
Für diese Versuche benutzten Elster und Geitel ein Exnersches
Klektrometer C (Fig. 271), in welchem die die Aluminiumblättchen X
uud A'' tragende Metallwand durch Bernstein, das sich als ein vorzüg-
liches Isolationsmittel erwiesen hat, vom Elektrometergehäuse isoliert
war. An dieser Metallwand war oben ein Knopf K befestigt, in dem
in zylindrischer Körper Z, der sog. Zerstreuungscylinder (aus ge-
-chwärztem Messingblech) ver-
f^
mittelst eines Stieles befestigt
werden konnte. Um Störungen
vom äusseren elektrischen Felde
möglichst zu vermeiden, stülpte
man einen cylindrischen Schirm,
>(»g. Schutzcylinder EEi, über
' -n Zerstreuungscylinder. Der
>(jhirm, sowie die Aussenteile
Elektrometers waren zur
e abgeleitet.
Dem Zerstreuungscylinder
;nte vermittelst eines ver-
schiebbaren Stiftes P von aussen
eine Ladung zugeführt werden.
Man beobachtete die Abnahme
des Potentials der Aluminium-
blätter XX', welche der Ab -
•nähme der Ladung proportional
iit. Erst überzeugte man sich,
dass bei Abwesenheit des Zer-
streuungscy linders die Elektrizitätsverluste durch Leitung im Gase und
an der isolierenden Stütze des Elektrometers so gering waren, dass sie
gänzlich innerhalb der Beobachtungsfehler fielen. Dann steckte man
den Zerstreuungscylinder auf und gab dem Instrument eine Ladung.
Das Eesultat der Beobachtung war, dass die Abnahme des Elektro-
meterausschlages nicht nach dem von Coulomb aufgestellten Gesetz er-
folgte, sondern dass vielmehr (wenigstens bei nicht allzu niedriger
Ladung) die Abnahme proportional der Zeit erfolgte (wie schon Mat-
te ucci 1850 beobachtet hatte), gemäss folgender Tabelle.
Die Luft war dabei 3 Tage in der Glocke abgesperrt gewesen.
As^d;^
Fig. 271.
896 Physik der Atmosphäre.
Zeit
Volt
Abn. in 15'
Volt
Abn. in 15
0 Min.
+ 245,6
—
- 239,7
—
15
213,4
32,2
207,7
32,0
30
178,1
35,3
174,2
33,5
45
146,4
31,7
144,6
29,6
60
114,0
32,4
110,0
34,6
75
83,0
31,0
75,0
34,5
Die Abnahme war demnach gleich gross für positive wie für nega-
tive Ladung und zwar im Mittel 32,7 V. in 15 Minuten oder 2,2 V. pr.
Minute. Dies lässt sich auch so ausdrücken, dass, da die anfänglich!
Ladung 240 V. war, der Verlust in einer Minute 0,9 Proz. der anfänglichen
Ladung betrug. An dieser Zahl ist eine Korrektion anzubringen. Auf
dem Zerstreuungscylinder ist nur ein Teil der Ladung, 70 Prozent der
Totalladung, vorhanden. (Mit anderen Worten, die Kapazität do
Zerstreuungszylinders beträgt 70 Proz. der Kapazität des Leitersystems.
wovon er einen Teil ausmacht). Bei der Zerstreuung mussten also die
anderen Leiterteile dem Zerstreuungscylinder Elektrizität nachliefern,
sonst wäre der Abfall des Potentials 1 : 0,7 mal grösser, d. h. in diesem
Fall 1,3 Proz. pro Minute für sowohl positive als negative Elektrizität
gewesen. Dieser so berechnete Abfall wird mit a bezeichnet und zwar
a+ für positive, a- für negative Elektrizität. Der erwähnte Eeduktions-
faktor ist je nach den Dimensionen der Leiterteile verschieden, für
jeden Apparat aber konstant. Der Quotient a—\a^ wird gewöhnlicli
mit dem Buchstaben q bezeichnet.
Die Zerstreuung zeigte sich gering in frisch eingefüllter Luft, für
welche sie nur etwa 0,4 Proz. beträgt, am zweiten Tage nach der
Einfüllung war sie auf 1, am dritten auf 1,2, am vierten auf 1,4 Proz
gestiegen und schien sich einem Grenzwerte von etwa 2 Proz. allmählich
zu nähern.
In Höhlen und Kellerräumen, wo die Luft lange stillgestanden hat.
ist die Zerstreuung ausserordentlich gross. So fanden Elster und G eitel
in der Baumannshöhle im Harz einen Zerstreuungsfaktor von 11 Proz.
Ebert beobachtete sogar in einem Keller in München 37 Proz. für po-
sitive, 25 Proz. für negative Elektrizität, wenn der Schutzcy linder zur
Erde abgeleitet war, dagegen 27 Proz. für positive, 37 Proz. für negative
Elektrizität bei isoliertem Schutzcylinder. Den umgekehrten Einfluss
zeigte die Ableitung des Schutzcylinders in der freien Luft, wo die ent-
sprechenden Zahlen waren a-f- = 0,51, a_ = 0,71 Proz. mit Erdleitung und
¥
XVI. Atmosphärische Elektrizität. 897
«4- = 0,71, a_ = 0,45 ohne Erdleitung. Wovon diese Eigentümlichkeit
herrührt, ist bis jetzt nicht genügend aufgeklärt.
In ähnlicher Weise, wie es Rutherford gelungen war, die Ionen
'l(T Thoriumstrahlung aufzusammeln, gelang es auch Elster und
itel, die Luftionen an einem 10 — 20 m langen Kupferdraht anzu-
iiaufen, welcher mittelst einer kleinen Influenzmaschine bis zu einer
Spannung von einigen Tausend Volt mit negativer Elektrizität geladen
wurde. Die aktiven Bestandteile konnten vom Draht auf ein mit Salz-
ure angefeuchtetes Papier überführt und nachher durch dessen Ver-
gebung so stark konzentriert werden, dass sie durch eine Aluminium-
folie photographisch wirkten.
Dieser Versuch wurde von Ebcrt mit noch besserem Erfolg in der
-tiirk ionenhaltigen Luft (etwa 6 elektrostatische Einheiten jeder Elek-
tii/.itätsart pro m^) des von ihm untersuchten Kellers in München aus-
L;eführt. Auch ein ungeladener Draht, welcher 3 Wochen in dieser Luft
ausgespannt war, nahm radioaktive Eigenschaften an, die allerdings
relativ schwach waren.
In dieser Kellerluft luden sich auch isolierte Gegenstände negativ
liis auf 8 Volt. Dieses Verhalten entspricht gänzlich dem Verhalten
i röntgenisierter Luft nach den Untersuchungen von Zeleny und wird
•lurch die grössere Beweglichkeit der negativen Ionen erklärt. Wenn
il<Mnnach Luft, welche gleich viele positive und negative Ionen enthält, an
' iner ungeladenen leitenden Fläche vorbei streicht, so kommen während
iner Sekunde mehr negative als positive Ionen in Kontakt mit der
it enden Fläche, die auf diese Weise negativ geladen wird. Die nega-
\(' Ladung lenkt die negativen Ionen von der Fläche ab, so dass nur
■in bestimmter Grenzwert erreicht wird. Dies gilt aber nicht, wenn
Luft durch eine lange leitende Röhre gesaugt wird, die also, falls
ine Ableitung durch die äussere Oberfläche stattfindet, beliebig hohe
a'lungen annehmen kann.
Auf diese Weise wollen Elster und G eitel die negative Ladung
Kr Erdoberfläche erklären. Sie müsste hauptsächlich im Walde und
ui Rasen der Erde zugeführt werden.
Abhängigkeit der Zerstreuung von äusseren Umständen.
'ster hat eine grosse Menge Beobachtungen über die Zerstreuung der
itlen Elektrizitätsarten angestellt. Er fand an Bergspitzen eine viel
liirkere Zerstreuung der negativen als der positiven Elektrizität, wie
'Igende Daten zeigen:
Arilienius, Kosmische Physik. 57
898 Physik der Atmosphäre.
Höhe a-f a— q^^a-'.a
Mte. Solaro auf Capri 585 m 0,47 6,94 14,8
Mte. Salvatore bei Lugano .... 909 0,53 2,17 4,1
Mte. Generöse „ „ .... 1704 0,22 3,33 15,1
Piz Languard bei Pontresina. . . . 3220 1,09 18,48 16,9
Dieses starke Vorwiegen der negativen Zerstreuung erklärt Eiste i
so, dass er annimmt, dass in der Nähe der stark negativ geladenen
Bergspitzen eine Ansammlung von positiven Ionen stattfindet.
Ähnliche Verhältnisse zeigen eigentümlicherweise die Beobachtungen
aus Spitzbergen, q ist im Mittel etwa 2,6; a— kann bis zu 10,2 steigen
(Nordwestcap 80^ n. Br.) Island zeigt dagegen nach Paulsen un-
gefähr normale Werte der Zerstreuung, besonders der negativen, q ist
im Mittel etwa 1,5 für 50 m Höhe (a+=l,4; a- = 2,l), 1,6 fin
1200 m Höhe (ö-[- = 1,8; a_ = 2,9). Grosse Werte zeigten weiter Küsten-
stationen (TromsO aj^ = 4,0; a- = 4,4, Capri a.^ = 6,5; a_ = 7,5), vor-
glichen mit Binnenlandstationen (Wolfenbüttel a+ = 2,8; a- = 2,r):
Sicilien a-(- = 3,2; a_ == 4,4; Biskra a-f = 2,4; a_ = 2,2). Im allge-
meinen scheint auch die Zerstreuung gegen den Pol hin abzunehmen.!
In Innsbruck hat man ein Minimum der Zerstreuung im Winter
gefunden. Linss fand schon ein Maximum der Zerstreuung im
Sommer, ein Minimum im Winter (vgl. unten). Abwärtssteigende Luft-
strömungen führen viele Ionen, besonders positive, mit (nach Beob-
achtungen von Czermak und Ebert). Infolgedessen nimmt die Zer-
streuung bei anticyklonaler Luftbewegung und Föhnwinden stark zu.
Etwas ähnliches zeigt sich meist vor Gewittern. Ebenfalls ist die Zer-
streuung bei bewegter Luft grösser als bei ruhiger, besonders stark bei
Bora (nach Mazelle). In dichten Waldungen ist sie besonders geriuL:
und gleich gross für beide Elektrizitätsarten. Wenn Wolken an der
Sonne vorüberziehen, sinkt die Zerstreuung für beide Arten. Dies
erinnert an einige Beobachtungen von Exner, wonach das Potential-
gefälle bei Verfinsterung der Sonne oder kurz nach Sonnenuntergani:
plötzlich zunimmt.
Linss Ziffern sind folgende (geltend 8—9 V. M.):
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr.
0,43 0,53 0,89 1,30 1,15 1,69 — 1,70 1,36 0,81 0,63 0,57 1,00
3—4 Uhr N. M. war die Zerstreuung etwa anderthalb (1,54) mal
grösser, ziemlich unabhängig von der Jahreszeit. Die grössere Zer-
p
XVI. Atmosphärische Elektrizität. §99
■ frt
luing zu dieser Tageszeit beruht vermutlieh sowohl auf der längeren
:ul stärkeren Wirkung der Sonnenstrahlung als auf absteigenden
I.uftströmen. Der Mittelwert ist ein Prozent pro Minute.
Nach Messungen von H. Nils so n zu Upsala hat bei anticy klonischer
Witterung die Zerstreuung ein starkes Maximum in den ersten Vor-
mittagsstunden, was offenbar mit der absteigenden Luftströmung zu-
simmcnhängt.
Dass längere Beobachtungsreihen nötig sind, um die für einen be-
Mimmten Ort charakteristische Zerstreuungskonstante einigermaassen
nau festzustellen, geht daraus hervor, dass in Wien die Zerstreuung
ischen folgenden Werten liegt:
a- 0,78 — 5,42
a+ 0,32 — 7,10.
Die Stationen Triest, Wien und Kreuzmünster zeigten in etwa
(\y<'\ Drittel der Beobachtungsfällen ein Überwiegen der negativen Zer-
streuung. Dagegen überwog in 59 Proz. von allen Beobachtungsfällen
/n Innsbruck die positive Zerstreuung.
Nach allen diesen Beobachtungen, die erst vor kurzer Zeit ange-
f-nigen, jetzt mit grossem Eifer fortgesetzt werden, scheint hervorzugehen,
-> die Luft in höheren Schichten stark ionisiert ist, und dass die loni-
-i'iung gegen die Erdoberfläche hin abnimmt. Eingeschlossene Luft
Aird allmählich stärker ionisiert als frische. Wenn sich in solchen
! M iimen Wasserdampf niederschlägt, so sinkt die Zerstreuung bedeutend.
Ionen verlieren ihre Beweglichkeit, indem sie sich mit Wasser um-
iden. Bei der Verdunstung des Wassers kehrt die Beweglichkeit
. r Ionen wieder zurück, wie die Versuche zeigen. In Nebeln ist daher
lif' Zerstreuung sehr gering.
In Spitzbergen beruhen wahrscheinlich die hohen Zerstreuungs-
v'Tte auf der grossen Reinheit der Luft. Im allgemeinen findet man
i.imlieh, dass die Zerstreuung ungefähr wie die Durchsichtigkeit sich
n.lert.
Neuere Versuche über Elektrizitätszerstreuung. Einen sehr
rreichen Versuch zur Demonstration der Existenz von Luftionen haben
-ter und Geitel ausgeführt. Sie verfertigten ein Gehäuse aus weit-
Kchigem Metallnetz und luden dasselbe mit positiver Elektrizität. Die
>adung zog die negativen Ionen aus der Luft an, welche teilweise durch
57*
900 Physik der Atmosphäre.
die Maschen ins Gehäuse hineingerieten. Die Folge davon war, dass einj
geladener Körper im Gehäuse schneller seine Ladung verliert, wenn
dieselbe positiv, als wenn sie negativ ist. Das umgekehrte trifft zuj
wenn das Gehäuse negativ geladen ist.
Ebert hat Versuche angestellt, um die Geschwindigkeit der EM-
trizitätszerstreuung von der Erdoberfläche zu messen. Er legte eiin
Weissblechtafel von 2 m^ Grösse auf isolierte Pfosten. Die Tafel
konnte durch ein Galvanometer mit der Erde verbunden werden. Dabei
erhielt sie eine starke negative Ladung, die allmählich verschwand,
während die Platte isoliert war. Die Geschwindigkeit, mit welcher di(>
geschah, konnte durch Ableitung durch das Galvanometer bestimmt
werden. In fünf Minuten war bei klarer Luft die Ladung verschwunden,
wenn die Blechplatte mit Rasen bedeckt war. Ohne Bedeckung verlei
die Platte kaum merklich an Ladung.
Ebert berechnet aus diesen Daten, dass in 5 Minuten 10~^ Cou-
lomb verschwanden, einer mittleren Stromstärke von 10-^:300 = 3,3.10-'-
amp. und einer Stromdichte von 3,3. lO^'^; 2.10^ = 1,7. lO^^'' amp. pr.j
cm"^ (= 1,7.10-^ amp. pr. km 2) entsprechend. Dieser Wert entspricht-
nicht weniger als 300000 elektrostatischen Einheiten pro Mimiti
und km 2.
Was die Menge der Ionen in der Luft betrifft, so haben wir schon
oben nach Ebert eine Zahl für sehr stark ionisierte Luft angeführt (0
elektrostatische Einheiten pro cm^). Die Menge Elektrizität in 1 cm
Luft an der Erdoberfläche unter gewöhnlichen mittleren Verhältnissen!
bestimmte Ebert zu etwa einer elektrostatischen Einheit von jeder Elek-|
trizitätsart. I
Nach Linss ist die Zerstreuung an der Erdoberfläche ungefähr soj
gross, dass ein geladener Körper in einer Minute ein Prozent seinerj
Ladung verliert. Die entsprechende Stromstärke betrüge etwa 16000
bis 125000 elektrostatische Einheiten pro km- und Minute, eine Ziffen
die der Ebert sehen recht nahe kommt. Die Neubildung von Ionen pro
Sekunde und cm^ wird von Wilson auf 1,2.10-^ elektrostatische Ein-
heiten geschätzt, eine Ziffer, die nach G eitel und verglichen mit den
oben angeführten, ziemlich gering erscheint.
Elster und Geitel saugten mittelst einer mit // in Fig. 271 ver-.
bundenen Pumpe aus einem 1,5 tiefen Loch im Erdboden Luft durch ein!
mit // vereinigtes Glasrohr und eine Glocke, in welcher ein Elektro-!
meter C mit Zerstreuungskörper stand. Es zeigte sich, dass die Zer-
m
XVI. Atmosphärische Elektri/ätät. 90 j^
r
^^uung in 15 Minuten von 111 Volt vor der Einleitung der Grund-
]rift auf 518 Volt nach einstündigem Durchsaugen stieg. Wurde die Luft in
der Glocke jetzt abgesperrt, nahm die Zerstreuung noch etwas zu, um
nachher allmählich abzunehmen.
Dies zeigt, dass die Grundluft eine sog. „Emanation" enthält, welche
allmählich die Wände der Glocke radioaktiv macht. Auf diese Weise
wird sowohl die hohe Leitfähigkeit der Luft in Höhlen und Kellerräumen
\<'rständlich als auch die Zunahme der Leitfähigkeit eingesperrter Luft,
wiche immer etwas Grundluft enthält (vgl. S. 896).
Ebert und Ewers haben diese Versuche wiederholt. Sie fanden
in der Grundluft die Zerstreuung etwas grösser (etwa 10 Proz.) für
^ative als für positive Elektrizität. Nachdem die Leitfähigkeit ihr
\l;iximum erreicht hatte, sank sie auf die Hälfte in 77 Stunden — nach
iutherford und Soddy ist die entsprechende Zeit des Abklingens für
rhorerde etwa 4 Tage, also nahezu von derselben Grösse. Die Grund-
iift wurde bei einigen Versuchen durch Kalilauge und Schwefelsäure
ri'leitet, wodurch Kohlensäure und Wasser entfernt wurden, ohne dass
lue radioaktiven Eigenschaften verändert wurden. Dass sie keine oder
!iig freie Ionen enthält, wurde dadurch erwiesen, dass ihre Wirkung
" i Durchleitung durch ein kräftiges elektrisches Feld nicht geschwächt
urde. Nach Glühen der Grundluft ging ihre aktivierende Einwirkung
111 etwa 15 Proc. zurück.
Unzweifelhaft haben die Luftionen eine ausgeprägte physiologische
\ irkung und man ist jetzt geneigt, die eigentümliche, durch Mattig-
' it charakterisierte Bergkrankheit ihnen zuzuschreiben. Sogar die Be-
iihner hoch gelegener Orte, z. B. in Süd -Amerika, sollen sich bei
iebliger Luft und im Schatten kräftiger fühlen, als in reiner Luft bei
•nnenschein.
Die starke Leitfähigkeit der Luft in höheren Luftschichten macht
ch ohne Zweifel als Störung bei den Beobachtungen des Potential-
fälles in diesen Schichten geltend. Es ist aus diesem Grund wahr-
licinlich, dass das Potentialgefälle daselbst niedriger erscheint als wenn
1 starke lonengehalt nicht vorhanden wäre.
M
XYIL Die Polarlichter.
Allgemeines. Schon seit den ältesten Zeiten haben die Polar-
lichter durch ihre Pracht und durch das Mystische ihrer Erscheinung di'
Aufmerksamkeit angezogen. Die alten Nordländer glaubten darin di
Heereszug der Walküren zu sehen. Im Mittelalter schrieb man d»
Nordlicht etwa dieselbe Rolle wie den Kometen zu als Wahrzeich
von Krieg und allerlei Unheil.
Wie der Name sagt, sind die Polarlichter vorzugsweise in di
polaren Gegenden der Erde sichtbar. Am genauesten sind die Nord
lichter studiert, im allgemeinen gelten aber dieselben Beziehungen fiii
die Süd- wie für die Nordlichter.
Loomis und Fritz konstruierten aus den ihnen zugänglichen Dati
Karten, auf welchen sie diejenigen Punkte verbanden, an welchen Nord-
lichter gleich häufig gesehen wurden (Fig. 272). Die so entstanden» i
Linien, welche Isochasmen genannt werden, liegen nicht symmetris<l
um den Nordpol, sondern sind südlich von der Südspitze Grönland-
(60 <* w. L. V. Gr.) am weitesten nach Süden verschoben. Am weiteste
nach Norden ziehen sie sich auf dem Meridian von Cap Tscheljuskin
(100*^ ö. L. V. Gr.). Die Nordlichter werden am häufigsten längs der
sogenannten Maximalzone beobachtet, welche über Nord -Alaska nacli
den neusibirischen Inseln, Cap Tscheljuskin, nördlicher Spitze von N» -
vaja Semlja, Nordcap, zwischen Island und den Färöer, südlich voi
Grönland und über dem nördlichen Teil von Labrador durch die britiscli-
amerikanischen Polarländer (Grosser Bären-See) sich hinzieht. Zu beio
Seiten dieser Maximalzone nehmen die Nordlichter an Sichtbarkeit i'
Nördlich derselben, wie auf Spitzbergen und in Grönland, beobacht
man die meisten Nordlichter auf dem südlichen Teil des Himmels, süd-
lich davon breiten sie sich meistens über den nördlichen Teil do-
Himmels aus. Die Zahl, welche auf der Karte neben einer Isochasmi
I
XVII. Die Polarlichter.
geschrieben steht, giebt die mittlere Zahl der daselbst in einem
i'sehenen Nordlichter an.
903
Jahr
In derselben Weise hat man die Isochasmen der Südlichter kon-
^iruiert. Sie verlaufen am weitesten nach Norden auf dem Meridian
\eu Seelands, am weitesten nach Süden südlich von West-Afrika.
904 Physik der Atmosphäre.
Die Intensität der Polarlichter ist zu verschiedenen Zeiten sehr ver-
schieden. Sehr kräftig entwickelten sie sieh im Anfang des 18. Jahr-
hunderts und ebenso war ihre Stärke in den Jahren 1870—72 unge-
wöhnlich gross. Die grössten Polarlichterscheinungen sind bis zu den
Wendekreisen, in Amerika sogar bis über Cuba (20^ n. Br.) hinaus
und auf der Südhälfte der Erde bis zu Mauritius (20*^ s. Br.) sicht-
bar. Zu solchen Zeiten ist die ganze Erde wie in einen Lichtmantel
eingehüllt.
Ein solcher Tag war der 4. Febr. 1872 der für stärkere Polarlicht-
erscheinungen als typisch gelten kann und deshalb hier nach Secchis
zu Rom gemachten Aufzeichnungen besehrieben werden möge.
„Die Erscheinung begann um b'^ 47"* sichtbar zu werden, d. h. sobald
die Dämmerung gestattete, ihr Licht wahrzunehmen, jedoch hatte die
elektrische Erscheinung sicherlich schon viel früher begonnen. Man
sah im Norden und Nordosten zwei getrennte ausgebreitete Massen von
der Helligkeit der Dämmerung im Westen, zu denen sich bald eine
dritte im Nordnordwesten gesellte. Als das Licht der Dämmerung ver-
schwand, zeigte sich die Erscheinung in ihrer ganzen Schönheit in Form
eines gewundenen Bogens, der von Westnordwest sich bis nach Osten
erstreckte. Der Hintergrund des Himmels war ganz rosenfarben, mehr
oder minder lebhaft, und um 6'* 22*" erschienen die ersten Strahlen 30^
von Norden gegen Westen, die sich bald bis Nordosten ausdehnten. Um
6'* 30*" bildete sich ein zweiter Bogen über dem ersten und das aus-
gebreitete Licht, teils rot, teils lebhaft gelb, ging über das Zenith hinaus
und erreichte die Plejaden um 6'* 42»«. Um ß'* 45»" bildete sich, von dem
unteren Bogen ausgehend, ein prächtiger rosenfarbener Strahlenkranz
auf der ganzen Halbkugel, der von 60^ W. gegen N. bis 90 <* E. sich
erstreckte. Nachdem das Phänomen verschiedene Phasen durchgemacht
und der leuchtende Bogen sich in mannigfachen Curven und Festonen
gewunden hatte, erhob er sich langsam und überschritt das Zenith um
7^ Sieben Minuten später erschien die Krone, gebildet aus sehr schönen
Strahlen, die alle nach dem Aldebaran zu konvergierten. Um 7'* 15*"
drang das Licht in das Sternbild des Orions ein und erstreckte sich
weit südlich von unserem Zenith. Bewundernswert war die Schnellig-
keit der Bewegungen des Lichtes, die gleichsam Blitze zu sein schienen
und zugleich der mannigfaltige Wechsel der Farben. Das vorherrschende
Aussehen war bis 7^* 30"* das einer phosphorescierenden Wolkenmasse,
die in Form eines zum Meridian senkrechten Gürtels von Norden nach
Süden vorrückte. Nach dieser Zeit aber fand das Licht sich ausgebreitet
XVII. Die Polarlichter. 905
über den ganzen Himmel bis auf ein kleines Segment im Süden und
verteilte sich in eine Menge hellerer Bogen, die alle nach dem Scheitel
(1er Krone zu divergierten und deren Mittelpunkt von 7'* 55"* bis kurz nach
^ ' der Stern Beteigeuze im Orion war, wie sich aus sorgfältigen Messun-
■n ergab. Man glaubte unter einem ungeheuren Zeltdache zu stehen,
;i'ssen vom Winde leicht bewegten Falten in vergoldetem Lichte strahlten.
Der Konvergenzpunkt der Strahlen lag nahezu auf der Verlängerungs-
linie der magnetischen Inclinationsnadel. Durch die Spektralanalyse
wurde gefunden, dass das schöne Licht, das man für weiss oder gelb-
lieh hielt, bestimmt einfarbig war und zwar von grünlicher, ins Gelb-
liche spielender Farbe. Die Sterne waren^ verdunkelt und man sah nur
•lie von erster und zweiter Grösse und wo das Licht lebhaft war, auch
die letzteren nur mit Mühe. Um 9'* begann das Licht matter zu werden,
wurde um 10 Uhr auf kurze Zeit wieder lebhafter, war um 11 Uhr schon
lir schwach und um 3* 45«^ Morgens ganz verschwunden. Die meteo-
rologischen Erscheinungen, welche dem Nordlichte vorhergingen und
dasselbe begleiteten, sind folgende: Seit drei Tagen war prächtiges
Wetter gewesen, heiter, windstill, mild und sehr feucht, aber mit ge-
ringer (Luft-)Elektrizität. Am Morgen des 4. bedeckte alles ein dichter
Xebel, der sich in grosser Menge niederschlug. Das Barometer stand
niedrig, begann aber um Mittag zu steigen. Während der Dauer der
l'>scheinung wehte der Wind leicht aus Norden, die Temperatur war
milde und das Barometer stieg fortwährend mit grosser Schnelligkeit.
Die Magnetometer begannen um l'* N.M. sich unruhig zu zeigen, während
'li's Nordlichtes aber waren sie ausserordentlich erregt; das Deklino-
inoter schwankte zwischen 12*^35' und 13*^14', wurde jedoch nicht be-
^lndig im Auge behalten. Die Telegraphenlinien waren von 5^ 30"* an
■>tOrt, das Maximum schien um 6^31"* zu sein. Die (Luft-)Elektrizi-
tät war beim Beginn schwach, aber gegen Ende stärker, doch nicht
• ussergewöhnlich stark. Während des Nordlichtes fiel starker Tau und
wurden zwei schöne Sternschnuppen gesehen. Dieses Nordlicht wurde
auch in Sicilien an zwei Stellen beobachtet und zwar auf den Höhen
von Palermo, wo es eine Höhe von 50*' erreichte." (Daraus wurde ge-
schlossen, dass dieses Polarlicht nicht nur in Europa, sondern auch
südlich vom Äquator sichtbar war.)
Die Formen des Polarlichtes. Die Nordlichter zeigen viele
verschiedene Formen, die meistens unstetig sind, plötzlich aufflammen und
wieder verblassen. Am stetigsten sind die Bogen, welche bisweilen sehr
Koch am Himmel stehen und ihn wie eine milchweisse Brücke von einigen
906
Physik der Atmosphäre.
Grad Breite von der einen zur anderen Seite des Horizontes überspannen.
Sie können so scheinbar ganz ruhig mehrere Stunden stehen. Meistens
verschieben sie sich ganz langsam am Himmel. Bisweilen ist nur ihr eine-
Ende am Horizont stark entwickelt, sie worden dann als Lichtsänlen bc-
Figg. 273—275. Bogenförmige Nordlichter,
beobachtet 1879 20. März 9^ 30™ N.M., 21. März 3^* früh und 21. März 2h 59'" N.M.
an der Überwinterung von „Vega" am Pitlekai.
schrieben. Sie sind ungefähr senkrecht zum magnetischen Meridian
orientiert. In höheren Breiten liegen sie meistens näher beim Horizont
und ihr Scheitel liegt dann im Mittel im magnetischen Meridian. Solche
Nordlichtbogen beobachtete Nordenskiöld ganz regelmässig bei seiner
Überwinterung auf der Vega in der Nähe von Pitlekai am Ostcap Sibiriens.
Jk
XVIT. Die Polarlichter.
907
li^
Bisweilen sind diese Bogen aus mehreren konzentrischen Kreisbogen
übereinander mit nichtleuchtenden Zwischenräumen zusammengesetzt
Figg. 273—275).
Unter dem Bogen liegt häutig ein sogenanntes dunkles Segment,
welches bisweilen auch ohne Bogen auftritt. Dieses dunkle Segment
ist in polaren Gegenden nicht so häufig wie entfernter vom Pol. Die
Dunkelheit ist nicht nur eine Kontrastwirkung gegen den Bogen, sondern
scheint mehr von der Art eines bräunlichen oder grauen Nebels zu sein.
In unseren Gegenden tritt das Nordlicht in zwei Hauptgestalten auf;
. iitweder als ein diftuser weisslicher Schein, welcher hauptsächlich über den
nördlichen Teil des Himmels,
bisweilen mit helleren oder
dunkleren Flecken ausgebreitet
t; oder mehr konzentriert,
sserst zarten Cirruswolken
von stark ausgesprochen strah-
ligem Bau ähnlich. Der eigent-
liche Unterschied gegen eine
Cirruswolke besteht darin ,
lass die Strahlen ihre Aus-
dehnung stark und häufig sehr
schnell ändern. Nach dem Ende
der Nordlichterscheinung bleibt
eine gewöhnliche Wolke zurück.
Die Ähnlichkeit mit gewissen
Wolken und das gleichzeitige Auftreten beider ist so auffallend, dass Adam
Pauls en das Erscheinen der Nordlichter am hellen Tag studieren konnte.
Die Strahlen sind, wie gesagt, meistens milchweiss, sie können
iber, besonders bei starker Entfaltung auch gefärbt sein und zwar grün-
lich im oberen, rötlich im unteren Teil. In polaren Gegenden ist
die Farbe des Polarllichtes mehr gelblich.
Die Strahlen gehen meistens nahezu in der Kichtung der Inklinations-
nadel. Wenn die Strahlen von allen Himmelsgegenden aufschiessen,
bilden sie die sogenannte Corona, indem sie alle zufolge der Perspektiv-
wirkung gegen den Punkt des Himmels zu konvergieren scheinen, gegen
welchen die Inklinationsnadel zeigt. Diese Krone ist häufig prächtig ge-
färbt und fesselt das Auge durch den stürmischen Wechsel ihrer Strahlen.
Ihr Aussehen wird häufig mit demjenigen eines Zeltes verglichen (vgl.
Fig. 27G, die ein Negativ der Nordlichtkrone nach Gyllenskiöld darstellt).
^
Fig. 276.
Nordlichtkrone, Spitzbergen 1882 — 83.
908
Physik der Atmosphäre.
In polaren Ländern gestalten sich die Strahlen häufig zu Draperien,
deren Faltungen scheinbar unter dem Einflüsse eines Luftzuges flattern
(Fig. 277). Diese Bänder sind vielfach spiralförmig gewickelt, und zwar
nach den Beobachtungen von Gyllenskiöld in den überaus meisten
Fällen so, dass sie von oben gesehen wie ein »S oder gerade von unten
wie ein 2 aussehen (vgl. Fig. 276 links oben und rechts unten). Die
Draperien sind nächst der Krone die prächtigste Erscheinungsform des
Nordlichtes. Man sieht darin einzelne Stellen plötzlich aufleuchten und
diese Verstärkung der Lichtintensität breitet sich dann wie ein fort-
schreitender begrenzter "Wellenberg über den Vorhang aus.
Fig 277. Nordlichtdraperie, nördliches Norwegen.
Die Draperien haben bisweilen sehr geringe Höhe und gehen in
Bandenform über.
Die Stärke des Nordlichts ist meistens recht unbedeutend. Nur in
vereinzelten Fällen erreicht die totale Lichtentfaltung die Stärke des
Vollmond - Lichtes. Eine Folge davon ist, dass das Mondlicht sehr
störend auf die Beobachtung von Polarlichtern einwirkt, und dass sie
erst nach dem Verlauf der Dämmerung sichtbar werden. Deshalb sind in
Skandinavien und Nord-Amerika die Nordlichter etwa 4—5 mal seltener
bei Vollmond als bei Neumond, in mehr arktischen Gegenden (Bossekop
in Nord -Norwegen, Cap Thordsen auf Spitzbergen und Fort Kae in
Polar-Amerika) sinkt diese Zahl auf 2—3. Eine beinahe ebenso niedrige
Zahl (etwa 3—4) zeigen die Beobachtungen von der südlichen Halb-
XVII. Die l'olarlichter. 909
kugel. Daraus scheint hervorzugehen, dass die Intensität des Polar-
lichtes im hohen Norden und im Süden grösser als in mittleren
Breiten ist.
Man hat häufig in hellen Winternächten, besonders im Norden, wenn
man das Spektroskop gegen den Himmel richtete, die unten erwähnte
charakteristische Nordlichtlinie mehr oder weniger scharf erkennen können.
Das deutet auf das Vorhandensein von elektrischen Entladungen in der
Atmosphäre. Aber nicht nur im Norden ist diese Erscheinung gewöhnlich;
iii den Tropen, wo kaum Polarlichter vorkommen, findet man häufig im
Spektrum des reinen Nachthimmels die charakteristische gelbgrüne Linie,
lie man anfangs dem Zodiakallicht zuschrieb, die aber diesem nicht ange-
hört (vgl. S. 202). In Göttingen ist man dabei, die Intensität dieser
Erscheinung in regelmässigen Zeitintervallen zu studieren. Ohne Zweifel
wird eine derartige üntersuchungsmethode bessere quantitative Messungen
als die direkte Wahrnehmung des Nordlichtes ermöglichen und sie scheint
auch in Mittel-Europa, sowie in bewohnten Weltgegenden überhaupt, wo
,üie meisten Beobachtungsplätze gelegen sind, ein viel reicheres Material
s die direkte Nordlichtbeobachtung zu ergeben. Zwar dürfte die
Erscheinung woh] nicht mit den Nordlichtern identifiziert werden, doch
verspricht ihre Untersuchung höchst wertvolle Resultate. Die Beobachtungen
dürften auch kaum in nennenswerter Weise von Mondlicht gestört
werden (ausser in der unmittelbaren Nähe des Mondes) und bieten da-
durch einen wesentlichen Vorteil hei Untersuchungen über den Einfluss
des Mondes auf die polarlichtähnlichen Erscheinungen.
Das Spektrum desNordlichtesist von mehreren Beobachtern, unter
o
anderen A.J. Angström, C.Vogei, Gyllenskiöld und Adam Paulsen
O
beobachtet worden. Angström fand in dem Nordlichtbogen häufig eine
einzige kräftige Linie, die sogenannte Nordlichtlinie, die im gelbgrünen
Teil des Spektrums liegt (2 = 556,7 ii[i). Bei intensiveren Nordlichtern
treten andere Lichtarten auf, welche dem Spektrum des negativen
Ghmmlichtes in einer Geissler-Köhre oder dem Luftgase -Spektrum
■ntsprechen (vgl. Taf. 2,1).
Die genauesten Bestimmungen dieser Art sind von der dänischen
Nordlichtexpedition nach Island im Jahre 1899 — 1900 unter Adam
Haulsens Leitung ausgeführt worden. Ein Spektrograph , dessen
optische Teile aus Islandspath und Quartz verfertigt waren, diente zum
Photographieren der Nordlichtlinien. Einige derselben waren so schwach,
lass sie mit dem Auge nicht entdeckt werden konnten, obgleich sie im
ichtbaren Teil des Spektrums sich befanden. Die Expositionszeit betrug
910 Physik der Atmosphäre.
für einige Linien bis zu 14 Tagen, wobei das Spektroskop auf die nord-
lichtreichsten Teile des Himmels gerichtet stand. Auf diese Weise
wurden sechszehn neue Linien im Nordlichtspektrum aufgefunden. In
der folgenden Tabelle sind die Polarlicht-Linien nach ihrer Wellenlänge
in (i[i aufgeführt. Nebenan ist die Lichtstärke der Linien nach
Schätzung des Eindruckes auf der photographischen Platte angegeben.
Dieses Spektrum wurde mit demjenigen verglichen, welches von dem
Licht in der Nähe der Kathode einer mit den Gasen der Luft ge-
füllten Geis sl er sehen Röhre erzeugt wurde. Es ging aus dem Ver-
gleich hervor, dass alle Nordlichtlinien in diesem Spektrum vorkommen,
nur mit verschiedener relativer Intensität. Ausserdem enthält das
kathodische Luftspektrum eine bedeutende Anzahl (26) andere Linien
die im Nordlichtspektrum nicht aufgefunden wurden. Was speziell die
sogenannte Nordlichtlinie 556,7 y,ii betriflFt, so ist sie neben der Linie
391,7 nn (im ultravioletten) die kräftigste im kathodischen Luftspektrum
(beide haben die Intensität 12). Die wichtigsten Nordlichtlinien sind
nach Paulsen die folgrenden:
k = (1(1
Int.
X =^ Uli Int.
558,0 — 554,4
10
407,0 1
470
—
405,0 — 403,0 2
463
— •
400,7 — 397,5 2
455
—
395,0 — 393,5 1
449
—
391,8-389,3 12
441,5 - 439,0
1
380,5—378,0 2
436,0 — 430,5
1
375,0 — 373,3 2
428,5 — 425,0
10
370,7—368,6 1
422,5 — 420,2
2
357,5—356,8 5
417
—
353,0 - 352,3 2
412
—
337,2 — 336,9 4
e Lichtstärke
(unte
r Int.) nicht angegeben ist, hat sie einen
sehr niedrigen Wert.
Durch diese Untersuchung ist festgestellt, dass das Nordlicht-
spektrum nichts anderes ist als das Spektrum von Luft, die durch elek-
trische Entladungen in der Nähe der Kathode zum Leuchten gebracht
ist und zwar, wie später gezeigt worden ist, gehören die Linien den neu-
entdeckten seltenen Elementen der Luft an. Früher suchte man die Nord-
lichtlinie, welche bei klaren Winterabenden im Norden fast immer sieht-
p
XVIT. Die Polarlichter. 91 j
Itar ist und auch unter den Tropen bei klarer Witterung aufgefunden
wurde, vergeblich in irdischen Lichtquellen.
Als Kand Capron im Jahre 1879 das Nordlichtspektrum unter-
suchte, konnte er in demselben die Lage von nur neun Linien feststellen,
von nur eine mit einer Luftlinie identifiziert werden konnte.
Stassano hat die verschiedenen Beobachtungen des Nordlicht-
jiektruras, besonders diejenigen der schwedischen Expedition von 1882
bis 1883 (Gyllenskiöld) und der genannten dänischen Expedition einer
näheren Diskussion unterworfen. Er konnte die Lage von etwa hundert
Linien im Nordlichtspektrum feststellen, von welchen etwa zwei drittel
len neuentdeckten seltenen Elementen in der Luft angehören. Die
isten derselben w^erden dem Argon zugeschrieben, nach Dewar ge-
rt ein Teil derselben dem Krypton und Xenon an. Die rosige Farbe
in den unteren Teilen der Nordlichtstrahlen, besonders bei Draperien,
rührt wahrscheinlich von Neon her, welches an roten und orangefarbenen
Strahlen reich ist. Das Neon findet sich wegen seines niedrigen
Molekulargewichts (20) wahrscheinlich in relativ grosser Menge in der
höchsten Atmosphäre. Nach Collie und ßamsay lassen Helium und
Neon am leichtesten eine elektrische Entladung durchgehen (Schlagweite
250—300 mm) , darauf folgt Argon (45,5 mm) und Wasserstoff (39 mm),
und viel später Sauerstoff und Stickstoff (etwa 13 mm nach Farad ay).
Die Hauptlinie des Nordlichtes fällt mit einer Kryptonlinie zusammen,
worauf Berthelot zuerst die Aufmerksamkeit lenkte.
Sehr interessant ist auch, dass nach Stassano nicht weniger als
14 Spektrallinien der von Deslandres und Haie untersuchten Protube-
ranzen den seltenen Gasen der Erdatmosphäre entsprechen. Von 339 Spek-
illinien der Corona vom Mai 1901, photographiert von Humphreys,
hören 209 Krypton und Xenon an, die übrigen zum grossen Teil Argon,
nige Sauerstoff und Stickstoff an (nach Dewar).
Die Höhe des Nordlichts. Schon früh versuchte man aus
gleichzeitigen an verschiedenen Stellen ausgeführten Messungen des
Höhenwinkels des Nordlichtbogens und einiger sehr stark markierter
N'ordlichtstrahlen die Höhe des Nordlichts zu bestimmen. Einige ältere
solche Messungen, die jedoch mit grosser Unsicherheit behaftet sind^
mögen hier nebst ihren Beobachtern angeführt werden.
Thorbern Bergman (30 Beobachtungen) . . . 770 km.
Ferner (13 Beobachtungen) 220—1660 km.
Englische Beobachter 80—160 km,
912 Physik der Atmosphäre.
Bravais, Bossekop 100 — 200 km.
De Mairan 900 km.
Loomis (28. Aug. und 2. Sept. 1859) untere Grenze 24 — 74 km.
„ obere Grenze 810—860 km,
Galle 300 km.
Gegenüber diesen meist ungeheuren Höhen steht eine Anzahl von Beob-
achtungen (z.B. der Franklinschen Expedition 1825—1827), bei welchen
Nordlichtstrahlen unter Wolken oder Bergrücken gesehen wurden, also
sehr niedrig liegen mussteu. So beobachtete Parry in Port Bowen
(73° n. Br.) einen Nordlichtstrahl vor einem 214 m hohen Ufer. Liais
berechnete die Höhe eines auf Neu-Fundiand gesehenen Nordlichts zu
800 m, Farquharson diejenige einiger schottländischen Nordlichter
zu 1200 m. Lem ström sah auf Spitzbergen das Nordlicht zwischen
seinem Schiff und 300 m hohen Bergen. Derselbe Beobachter sah sogar
im Nordfinnland die Nordlichtlinie in der Luftsäule zwischen sich und
einem einige Meter entfernten schwarzen Tuch. Auch Wejp recht
schliesst aus Beobachtungen bei Franz-Josephsland 1872 — 74, dass Nord-
lichtstrahlen in nicht allzu grosser Entfernung von der Erdoberfläche
vorkommen. Auch bei einigen im südlichen Polargebiet angestellten
Beobachtungen hat man Eisberge in einem polarlichtähnlichen Schimmer
eingehüllt gesehen.
Im allgemeinen scheinen die Polarlichter um so höher zu liegen,
je weiter von den Polen ab sie beobachtet werden. Die neueren Be-
stimmungen, bei welchen die Höhe des Nordlichts durch Messungen mit
Theodoliten an den durch Telephon verbundenen Enden einer Basis be-
stimmt wurden, bestätigen die angeführten Messungen. Nach den von
Paulsen auf Island gemachten Bestimmungen ist die Höhe des Nord-'
lichts etwa 400 km, nach denjenigen von Gyllenskiöld zu Cap Thordsenl
auf Spitzbergen im Mittel 55 km (Minimum 12, Maximum 63 km). Bis-|
weilen beobachtet man aber nordlichtähnliche Erscheinungen viel näher'
beim Boden (in Grönland und auf Spitzbergen).
Die jährliche und tägliche Schwankung der Polarlicht-
frequenz. Die Polarlichter zeigen eine sehr kräftig ausgeprägte,
jährliche Periode, wie aus folgenden Ziffern hervorgeht, welche
die Anzahl der beobachteten Nordlichter in den verschiedenen Monaten
angeben. Diese Daten sind einer von Ekholm und Arrhenius zu-
sammengestellten Statistik über die Frequenz der Polarlichter eni
nommen.
XVII. Die Polarlichter. 913
ychwecleu Norwegen Island u. Ver. Staat, v. Südlichter
Grönland NordAm.
1883— 9G 1861—95 1872-92 1871—93 1856—94
Jan.
1056
251
804
1005
56
Feb.
1173
331
734
1455
126
März
1312
335
613
1396
183
April
568
90
128
1724
148
Mai
170
6
1
1270
54
Juni
10
0
0
1061
40
Juli
54
0
0
1223
35
Aug.
191
18
40
1210
75
Sept.
1055
209
455
1735
120
Okt.
1114
353
716
1630
192
Nov.
1077
326
811
1240
112
Dez.
940
260
863
912
81
Mittel
121
181
430
1322
102
Der jährliche Gang hat zwei verschiedene Typen. Der einfachste
zeigt nur ein einziges Maximum zur dunkelsten und ein Minimum zur
hellsten Jahreszeit. Diesem Typus folgen die Beobachtungen aus
Grönland und Island. Da die Beleuchtung einen sehr nachteiligen Ein-
tliiss auf die Sichtbarkeit des Polarlichtes ausübt, da es erst nach Ende
ler Abenddämmerung und vor Beginn der Morgendämmerung gesehen
'Tden kann, so ist leicht zu verstehen, dass in Gegenden nahe am
i r nördlich vom Polarkreis keine Nordlichter um die Sommersonnen-
iide beobachtet werden. Auch -das jedenfalls recht unscharfe Maxi-
mum zur Wintersonnenwende wird so verständlich.
Ganz anders verhalten sich Gegenden, wo der Unterschied der
Tageslänge in verschiedenen Jahreszeiten nicht so scharf ausgeprägt ist.
Hierher gehören die Nordlichtbeobachtungen aus den Vereinigten Staaten
Xürdamerikas und die Südlichtbeobachtungen, die im allgemeinen in
nicht all zu hoher südlicher Breite (etwa 40^) vorgenommen worden
sind. Da hat man ein doppeltes Maximum im Frühling und im Herbst
März-April und Sept.-Okt.) und ein doppeltes Minimum im Dez.-Jan.
und im Juni -Juli. Das Winterminimum ist das Hauptminimum
trotz der längeren Nacht. (Dez. in Nord. -Amerika, Juli auf der Süd-
halbkugel).
Ein Zwischenglied zwischen diesen Gegensätzen bilden die Beob-
htungen aus Skandinavien. In diesen Beobachtungsreihen tritt das
All- heu ins, Kosmisclie Physik. 58
914 Physik der Atmosphäre.
doppelte Maximum im Frühling und Herbst sehr deutlich hervor. Da-
Soramerminimum ist aber bedeutend tiefer als das Winterminimuui.
Dies ist in den norwegischen Beobachtungen, entsprechend der nörd-
licheren Lage, deutlicher als in den schwedischen zu sehen.
Wahrscheinlich würde, wenn man wegen des schwächenden Einflüsse
der Belichtung korrigieren könnte, überall die Polarlichtfrequenz denselben
Gang wie in Nordamerika und auf der südlichen Halbkugel zeigen.
Der tägliche Gang der Nordlichtfrequenz ist viel weniger ausgeprägt.
Eigentlich kann man ihn wegen des störenden Einflusses der Belichtun'j
nur an Polarstationen in der langen Winternacht studieren. Auch dort
ist es nötig, eine Korrektion wegen der wechselnden Helligkeit einzu-
führen. Auf diese Weise fand Carlheim -Gyllenskiöld, dass das
Maximum auf Spitzbergen (Cap Thordsen) um '2^ 40"* N.M. liegt. Das
Minimum der recht schwach ausgeprägten Periode fällt um 1^ 40"* V.M.
In Gegenden, wo Tag und Nacht wechseln, kann man nur konsta-
tieren, dass das Polarlichtmaximum vor Mitternacht fällt. Nach Fritz
trifft das tägliche Maximum in Mitteleuropa (SO^n. Br.) etwa um O'* abends
ein, an nördlicher gelegenen Orten, wie üpsala und Christiania (60*^ n. Br.)
um g'^ 30"» bis 10^ , bei Bossekop (70» n. Br.) um lO'^ 30*" N.M. In
Amerika scheint das Maximum um etwa eine Stunde später als unter
der gleichen Breite in Europa einzutreffen. Für 70^ 31' S.Br. und 85*^
16' W. L. (Winterquartier der Belgica 1898) fand Arctowski ein Ma-
ximum um 9^^ N.M.
Andere Perioden der Polarlichter. Schon frühzeitig bemerkte
man, dass die Polarlichter in einigen Zeitabschnitten recht häufig sind,
in anderen dagegen beinahe nicht zu beobachten. Es war eine ver-
stärkte Intensität der Nordlichter zu Anfang des 18. Jahrhunderts,
welche De Mairan zu seiner klassischen Bearbeitung des bis dahin
vorliegenden Nordlichtmateriales veranlasste. De Mairan, Wargentin
und Torbern B er gm an hoben auch die Periodicität des Nordlichts
hervor, vermochten aber bei dem ziemlich unregelmässigen Gang der
Periode ihre Länge nicht festzustellen.
Die Länge der Periode konnte auch kaum eher festgestellt werden,
als bis man ihre Übereinstimmung mit der Periode der Sonnen-
flecken auffand (Fritz 1862). Diese Periode beträgt im Mittel 11,1 Jahre.
Ihre Übereinstimmung mit der Sonnenfleckenhäufigkeit geht aus der Kurve
Fig. 47 (S. 133) hervor. Fritz giebt folgende Daten für die Maximi- und
Minimijahre der Nordlichter in Europa südlich des Polarkreises, welchen
nach 1874 Ziffern aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas hinzu-
I
XVIL Die Polarlichter.
615
i'fügt siud. Oben stehen die Maximal- und Mininialjahre der Sonnen-
liecken, darunter diejenigen der Polarlichter:
Flecke 1728 34 39 45 50 55 62 67 70 76 78 85 88 98
Xordl. 1730 35 41 44 49 55 61 66 73 75 78 83 88 99
Flecke 1804 11 16 25 30 54 37 44 48 5(? 60 67 71 78 83 85 93
Nordl. 1805 11 19 22 30 54 40 44 50 56 62 6'/? 71 78 82 S5 93
Der Gang der beiden Reihen stimmt ausgezeichnet überein. Noch
auffälliger ist die Übereinstimmung für die Südlichter in der Zeit 1856
bis 94, wie die nebenstehenden Kurven zeigen (Fig. 278).
Südlichtef
iO-'O^SBr
Fig. 278.
Bei näherer Untersuchung findet man indessen im neueren Material
iue Eigentümlichkeit, die auch ein wenig in den letzterwähnten Kurven
hervortritt. Zwischen zwei stark ausgeprägten Hauptmaximis tritt ein
sekundäres Maximum in der Minimumzeit auf, so dass das Minimum
in zwei Partialminima zerlegt wird. Dies zeigt sich sowohl in dem
skandinavischen als auch in dem amerikanischen Beobachtungsmaterial
neueren Datums, wie auch teilweise bei den Südlichtem. Auf Island
und Grönland glaubte sogar Tromholt einen entgegengesetzten Gang
iler Polarlichter und der Sonnenflecken konstatiert zu haben; nähere
l iitersuchungen scheinen keinen einfachen Zusammenhang zwischen
diesen und den isländisch- grönländischen Polarlichtern zu ergeben.
Während kürzerer Zeiträume, wie während eines Jahres oder eines
Monats, scheint kein ausgeprägter Zusammenhang zwischen Polarlichtern
58*
916 Physik der Atmosphäre.
und Sonnenilecken vorzuliegen. Vielleicht machen die Südlichter in dieser
Beziehung eine Ausnahme,
Mit der Sonnenthätigkeit steht auch ohne Zweifel die 25,929 Tage
lange Periode der Polarlichter in Zusammenhang. Die Schwankung nach
dieser Periode ist am grössten für die Südlichter mit einer Amplitude
von + 44 Proz., danach kommt Norwegen mit + 23 Proz. und Schweden
mit +11 Proz. Island und Grönland sowie Nordamerika zeigen diese
Schwankung sehr undeutlich (Amplitude + 6 Proz.). Was diese Schwan-
kung noch mehr sicher stellt, ist der Umstand, dass in de^ drei aus-
geprägten Fällen das Maximum auf denselben Tag fällt, nämlich auf den
16. Tag einer Periode, wo als Epoche (0:ter Tag) 1728 Jan. 1,0 nach
Gregorianischem Kalender gewählt ist. (Diese Epoche entspricht 1901
Jan. 2,3. Aus Schweden liegen Beobachtungen bis vom Jahre 1722 vor.)
Auch der Mond übt einen deutlichen Einfluss auf die Häufigkeit
der Polarlichter aus. Dieser Einfluss ist teilweise nur scheinbar und
beruht darauf, dass die Sichtbarkeit der Polarlichter bei Mondlicht ver-
mindert wird. Man muss deshalb wegen dieser Störung eine Korrektion
einführen. Dies kann in verschiedener Weise geschehen. Seitdem diese
Korrektion eingeführt ist, findet man eine recht bedeutende Schwankung
der Polarlichter nachdem tropischen Monat (Ekholm und Arrhenius).
Schon Cotte (1769) glaubte einen solchen Einfluss des tropischen Monats
(27,322 Tage) nachgewiesen zu haben. Sein Material war zu knapi^
(131 Beobachtungen) und ohne Korrektion für das Mondlicht von ihm be-
arbeitet worden, weshalb die Richtigkeit seiner Schlussweise von späteren
Forschern (Fritz) beanstandet wurde. Das von Ekholm und Arrhenius
angewandte Material umfasste 41835 Polarlichtbeobachtungen in den
Jahren 1722—1896, wovon 1222 Südlichter betrafen. Dieses. Material
wurde mit Hilfe der harmonischen Analyse behandelt und, um Beleuch-
tungsverhältnisse nach Möglichkeit zu variieren, getrennt für das Sommer-
halbjahr bearbeitet. Die Amplitude (halbe Schwankung) betrug für die
Polarlichtbeobachtungen.
Schweden 24 Proz. 5,3. Tag
Norwegen 21 „ 5,8. ,,
Island und Grönland .... 12 „ 5,8. „
Nordamerika 14 „ 5,2. „
Polarstationen, nördliche ... 21 „ 4,6. „
Alle Nordlichter 19 „ 5,3. „
„ „ (Sommer) . . 19 „ 7,3. „
Südlichter 25 „ 17,1. „
Ampi. Tag
Nordamerika . .
8 Proz. 7,2.
Alle Nordlichter
. 12 „ 6,1.
Alle Südlichter .
8 „ 23,1.
XVII. Die Polarlichter. 917
Ordnet man das Material so, dass die Tage, an welchen Polarlichter
)bachtet wurden, als gleichwertig gerechnet werden, ohne Rücksicht
if die Anzahl aufgezeichneter Beobachtungen, so erhält man folgende
Ziffern:
Ampi. Tag
(hweden 16 Proz. 5,7
.Vorwegen 16 „ 6,3
Island und Grönland . 7 „ 5,5
Die Schwankung ist also sehr bedeutend. Das Maximum tritt an
jm oben angegebenen Tage ein, wobei als Nullpunkt der Zeitrechnung
Ir Augenblick gilt, in welchem der Mond den Äquator von Norden
ich Süden passierte.
Eine Viertelperiode beträgt nun 6,8 Tage, folglich geht das Nord-
^htmaximum dem südlichen Lunistitium etwa einen Tag voraus. Das
rimum ist abgeflacht, das Minimum um so schärfer, es liegt kurz
dem nördlichen Lunistitium. Im Gegensatz zum Einfluss der Sonne
also ein hoher Stand des Mondes für die Entfaltung der Nordlichter
»günstig. Für die Südlichter trifft das Maximum etwa am 20. Tag
d. h. 7,3 Tage vor dem Nullpunkt und einen halben Tag vor dem
Irdlichen Lunistitium.
Die Schwankung geht also nördlich und südlich vom Äquator in
igekehrtem Sinne und wird am Äquator verschwindend. Es scheint
Auch aus dem Material hervorzugehen, dass die Schwankung in polaren
Ländern am grössten ist; nur sollte man danach eine etwas grössere
Ziffer für die isländisch-grönländischen Nordlichter erwarten.
Beziehungen der Polarlichter zumErdmagnetismus und zur
Luftelektrizität. Die ersten Beobachtungen darüber, dass Nordlichter
die Magnetnadel in Unruhe versetzen, stammen von Hiorter und Cel-
sius inüpsala aus dem Jahre 1741. Seitdem haben die meisten Beobachter
dieser Erscheinungen gefunden, dass Polarlichter sehr häufig von magne-
tischen Störungen begleitet sind. Auch folgen beide Erscheinungen dem
lang der Sonnenflecke.
In den Jahren 1847 und 1848 fand Siljeström zu Bossekop im
nördlichsten Norwegen, dass die Art der Störung (östliche oder westliche)
mit dem Übergange des Nordlichts vom Norden nach dem Süden des
Himmels zusammenhing. Diese Beobachtung stimmte mit einer von
Hansteen in Christiania in den Jahren 1830 und 1831 gemachten über-
ein. Im Jahre 1830 war die Deklinationsstörung östlich, am 7. Jan. 1831
918 Physik der Atmosphäre.
dagegen, als das Nordlicht sich weit nach Süden verbreitete, war siv
mehr westlich.
Diese Beobachtungen scheinen anzudeuten, dass in den Nordlicht-
strahlen eine Strömung von positiver Elektrizität von unten nach oben
stattfindet. Findet diese Strömung (magnetisch) nördlich von der Magnet-
nadel statt, so wird sie nach Osten abgelenkt, und umgekehrt, wenn
die Strömung im Süden der Nadel sich entwickelt. Wijkander hat
ebenfalls aus den Beobachtungen der magnetischen Störungen bei der
Expedition nach Spitzbergen 1872 — 1873 geschlossen, dass bei
Nordlichtern positive Elektrizität hinaufströmt. Zu demselben Schluss
führen die Beobachtungen aus Spitzbergen vom Jahre 1882 — 83, indem
die östlichen Störungen der Deklination ihr Maximum am Vormittag
(5 Uhr) ungefähr gleichzeitig mit der nördlichsten Lage der Nordlichter
^Qh 45m Y^ M) erreichen , während die westlichen Störungen und die süd-
liche Lage der Nordlichter am Abend (7^ bezw. 8'* 50"^ N. M.) durch ihre
Maxima gehen.
Die auffälligsten Erscheinungen dieser Art beobachtete zu derselben
Zeit Paul sen in Godthaab auf Grönland. Die Nordlichtstrahlen, welche
im allgemeinen in der Eichtung der magnetischen Kraftlinien verlaufen,
stehen dort nahezu senkrecht. Eine Nordlichtdraperie, die im Süden liegt
und über den Beobachter hin nach Norden wandert, erscheint, wenn sie
durch den Zenith geht, in der Form eines Bandes. Pauls en und seine
Mitarbeiter beobachteten nun, dass in dem Moment, in welchem ein
solches Nordlichtband den Zenith durchlief, die Magnetnadelstellung sich
änderte, und zwar war die Abweichung östlich, so lange das Nordlicht
im Norden, westlich, so lange es im Süden stand.
Polarlichtentfaltungen brauchen nicht von magnetischen Störungen
und diese wiederum nicht von Polarlichtern begleitet zu sein. Diese Be-
merkung ist schon längst gemacht worden, ohne die Ansicht, dass die
Polarlichter mit elektrischen Entladungen verknüpft sind, erschüttern
zu können. Die Störungen erreichen nur selten die Grössenordnung
von einem oder ein paar Graden, in einem vereinzelten Fall (Polarisbai
am Febr. 1872 nachBessels) erreichte die Störung 12*^. (Hood scheint
nach Fritz noch grössere Abweichungen zu Cumberlandhouse 1820 -1821
beobachtet zu haben). Im allgemeinen scheinen die Störungen in der
Nähe der magnetischen Pole — wie ja zu erwarten — ungewöhnlich
grosse Winkel zu umfassen. So erreichte die Schwankung der Dekli-
nationsnadel zwischen 8^* V. M. und 4'* N.M. am 15. Nov. 1882 etwa
10,2^ zu Kinguafjord, 10,8*^ zu Fort Conger und 4,4^ zu Fort Rat gegen nur
I
XVIT. Die Polarlichter. gjg
nr
0.2'' zu Pawlowsk. Schwache Nordlichter, besonders wenn sie ziemlich
^leichmässig nach Norden und Süden von der Beobachtungsstelle ver-
leitet sind und in hohen oder überhaupt entfernten Luftschichten ihren
itz haben, können sehr wohl die Magnetnadel in Ruhe lassen,
ndererseits kann die Magnetnadel durch andere Umstände, wie heftige
Winde, Erdströme, Erdbeben und durch mechanische Erschütterungen
in Unruhe versetzt werden.
Trotzdem sind nicht alle solche Abweichungen in dieser Weise zu
erklären. Man hat prachtvolle Nordlichter beobachtet, bei welchen die
Magnetnadel ruhig blieb. Häufig hat man beobachtet, das die magne-
tischen Störungen einige Stunden (4 — 6) vor der stärksten Nordlicht-
tfaltung ihr Maximum erreichten.
Paulsen wurde daher zu der Annahme geführt, dass die Polar-
ihter nicht notwendig in der Strömungsbahn der gleichzeitigen
ktrischen Entladung, sondern häufig zur Seite derselben ungefähr
e die Kathodenstrahlen entstehen. Er nahm deshalb an, dass die
larlichter Folgen von Kathodenstrahlen seien. Auf diese Weise
klärte er die Wolkenbildung, welche meistens den Polarlichtern
gt und im dunklen Segment sich geltend macht (vgl. S. 907). Die
thodenstrahlen rufen nämlich nach Lenards Untersuchungen Konden-
.tionen hervor. Weiter war auf diese Weise die Richtung der Nord-
htstrahlen parallel der Richtung der magnetischen Kraftlinien leicht
m deuten. Wenn nämlich ein Bündel von Kathodenstrahlen schräg zu
den Kraftlinien des magnetischen Feldes gerichtet ist, so wird seine
Richtung stetig abgelenkt, so dass es eine Spirale um eine Kraftlinie
beschreibt und in einiger Entfernung als längs der Kraftlinie verlaufend
' rscheint. Da weiter der Zusammenhang der Polarlichter mit der Sonnen-
-trahlung deutlich hervortritt, nahm Paulsen an, dass „die elektrischen
Moleküle die Energie der Sonnenstrahlen aufspeichern und dieselbe nach-
her in Form von Polarlichtern abgeben."
Die Beobachtungen über die Strömungsrichtung der Elektrizität
bei Polarlichtentfaltungen lehren, dass das elektrische Potential der
äussersten Luftschichten negativ gegenüber demjenigen der mittleren
Luftschichten ist. Zu den elektrischen Ladungen der Brdoberfläche
und der ihr nächstliegenden Luftschichten, welche negativ sind,
und der mittleren Luftschichten (2000— 5000- m Höhe), welche ungefähr
benso stark und positiv sind, kommt also noch eine Ladung der höheren
Luftschichten mit negativer Elektrizität hinzu. Wenn neuerdings mehr-
fach die Ansicht geäussert worden ist, dass die Erde als Ganzes ungeladen
920 Physik der Atmosphäre.
sei, nachdem die beiden zuerst erwähnten Ladungen einander ziemlich
ausgleichen, so ist die Ladung der höchsten Luftschichten dabei tiber-
sehen worden.
Die Nordlichter haben einen Einfluss auf die elektrische LadunL
der Erde. So z. B. berichtet Pauls en, dass bisweilen bei starken
Nordlichtentfaltungen die Erde positiv geladen wird, oder wie man ge-
wöhnlich sich ausdrückt, die Luftelektrizität wird negativ. Es ist leicht
einzusehen, dass, wenn positive Elektrizitätsmengen aus den mittleren
Luftschichten hinauf zu den höchsten atmosphärischen Schichten strömen
und von da zur Seite sich ausbreiten, die negative Ladung der Erde
abnehmen muss. Wenn die positive Ladung der mittleren Schichten
sogar durch eine negative Ladung ersetzt wird, so kann die Ladung der
Erde ebenfalls ihr Zeichen wechseln. Jedoch scheint dies nach den Beob-
achtungen Andre es auf Spitzbergen nur selten vorzukommen; bei den
kräftigsten Nordliehtentfaltungen sank das Potentialgefälle auf im Mittel
53 Proz. seines normalen Wertes. Kurze Zeit danach nahm aber das Potential-
gefälle wieder relativ hohe Werte an. Die in den mittleren Luftschichten
angehäuften negativen Elektrizitätsmengen wurden offenbar bald (durch
Niederschlag) zur Erde geführt und die mittleren Luftschichten nahmen
ihre normale positive Ladung wieder an. Die Erdoberfläche erhielt dadurch
eine ungewöhnlich starke Ladung. Dasselbe trat bei schwachen diffusen
Nordlichtern ein. In diesen Fällen war die Zufuhr von negativer Elek-
trizität zu den mittleren Luftschichten wahrscheinlich so langsam, dass
die Abfuhr zur Erde ihr gleich kam und eine stark negative Ladung der
Erdoberfläche entstand.
Theoretisches über die Polarlichter. Schon oben bei der Be-
sprechung der elfjährigen Periode der Sonnenflecke und damit verwandter
Erscheinungen, zu welchen die Polarlichter gehören, wurden wir zu der
Annahme geführt, dass ein stetiger Strom von negativ geladenen kleinen
Partikelchen von der Sonne ausgeht, welcher die Erde trifft. Inzwischen
hat Schwarzschild gezeigt, dass diese Partikelchen, wenn sie unter
eine gewisse Grösse sinken, schwächer von der Sonne abgestossen
und zuletzt wieder von ihr angezogen werden. Es kann deshalb sehr
wohl geschehen, dass ein anfangs abgestossenes Partikel, das durch Ver-
dunstung zusammen geschwunden ist, wieder zur Sonne zurückgezogen
wird. Die Schar der zurückkehrenden Partikelchen (die relativ gross
oder klein sind), fällt auf die von der Sonne abgewendete Seite der
Erde nieder (vgl. S. 154).
Ausserden oben (S. 152—154) besprochenen Eigenschaften der Polare
XVII. Die Polarlichter. 921
pchter lassen sich die tägliche Periode, wonach mehr Polarlichter vor
nach Mitternacht vorkommen, ebenso die stärkere Entwickelimg
ii Polarlichter im Sommer als im Winter, die sich zeigt, wenn die
Jrende Wirkung der Beleuchtung berücksichtigt wird, leicht verstehen.
Die Periode nach tropischem Monat beruht wahrscheinlich auf der
Tlektrostatischen Wirkung des negativ geladenen Mondes; dieser treibt
(Ho negative Elektrizität von den Teilen der Luft weg, über welchen er
>teht. Wegen der Langsamkeit, mit welcher die elektrisch geladenen
Partikelchen foitgeschoben werden, macht sich diese Wirkung im Laufe
des Mondtages nur schwach geltend; im Laufe eines tropischen Monats
_kann die Wirkung besser hervortreten. Mit diesen Schwankungen
IT Polarlichter gehen diejenigen der Luftelektrizität parallel, beruhend
irauf, dass die vom Nordlicht ionisierte Luft einen Teil ihrer nega-
^en Ionen unter Vermittelung von Niederschlägen der Erdoberfläche
)giebt.
Einfluss des Strahlungsdruckcs auf den Luftdruck. Auch
halbtägige barometrische Schwankung wird mit Hilfe des Strahlungs-
ickes erklärlich. Die kleinen Massenteile aus dem Weltraum fallen,
ie erwähnt, am meisten auf die der Sonne abgewandte Seite der Erde,
^ort lagert sich also in die höchsten Luftschichten (etwa 400 km) eine
inne Massenschicht, eine Art Ausbuchtung der Erdatmosphäre. Ihre
Massen teile, die an der Erddrehung noch nicht teilnehmen, haben also
am Äquator relativ zur Erdoberfläche eine Bewegung von 465 m pro
Sekunde von Osten nach Westen. Diese Bewegung teilt sich den
tieferen Schichten teilweise mit, so dass dieselben, wie die leuchtenden
Wolken zeigen (Höhe etwa 100 Km), eine nach Westen gerichtete Be-
ilegung erhalten, während die Schicht, in der die Cirri schweben, sich
stark nach Osten bewegt. Die Ausbuchtung der Atmosphäre wird im
Gegenpunkt der Sonne stark heraustreten.
Wir können uns demnach den Effekt so vorstellen, als ob die At-
mosphäre aus einem unvergleichlich grössten Teil besteht, welcher ge-
wissermaassen als mit der Erde fest verbunden angesehen werden kann,
und einer äusserst dünnen äusseren Schale, die auf der Nachtseite die
eigentliche Atmosphäre überlagert und ihre grösste Mächtigkeit im Gegen-
punkt der Sonne besitzt. Auf der Nachtseite der Erde wird demzufolge
der Barometerdruck eines jeden Ortes um Mitternacht ein Maximum
durchlaufen, das in den äquatorialen Gegenden relativ stark ausgeprägt
ist, in den polaren dagegen verschwindet.
Auf der der Sonne zugewendeten Seite üben die von der Sonnen-
922 Physik der Atmosphäre.
Seite einstürzenden Partikelchen in den höchsten Luftschichten einen
Druck aus, der in der Strahlungsrichtung dem Cosinus der geographi-
schen Breite, 9), proportional ist. (Dabei wird der Einfachheit halbe;
vorausgesetzt, dass die Sonne im Äquator steht, wobei die pro Flächen-
einheit einfallende Sonnenstaubmenge dem cos (p proportional ist) Der
Druck in vertikaler Richtung wird dem cos^ (p proportional. Dieser
Druck in der obersten Schicht wird eine kleine Zunahme ihrer Dichtig-
keit zu Folge haben, die oberste Schicht drückt (vgl. S. 579) auf di(
nächstfolgende, deren Dichte in demselben Verhältnis zunimmt, und
so weiter durch die ganze Atmosphäre, so dass die totale Druckschwan-
kung proportional der überlagernden Luftmasse ist, was der Erfahrung
entspricht (vgl. S. 604). Die Abnahme der Schwankung gegen die
Pole hin erfolgt aber schneller als dem cos^ g? proportional, etwa so wie
diejenige von cos^ <p (vgl. S. 603). !
Danach könnte man erwarten, das Maximum des Luftdruckes in
der Mittagszeit zu finden, es fällt aber \^ 36'" früher (Phasenwinkel 156'^. \
vgl. S. 603). Die Ursache dieser Verschiebung dürfte eine schwache
elektrische Abstossung der in der Luft suspendierten negativ elek-
trischen Partikelchen durch das elektrische Kraftfeld der Erde sein, di'
die Schwerenwirkung der Luft teilweise aufliebt. Diese Abstossung, di(
der besprochenen Druckzunahme entgegengesetzt gerichtet wirkt, ist um
so grösser, je mehr Partikelchen in der Luft vorhanden sind, d. h.
sie ist nach Mittag stärker als vor Mittag (vgl. S. 154). Auf dies>
Weise wird die Verschiebung des Maximums in die Vormittagsstundeii
verständlich.
Auf der Nachtseite erhält man in ähnlicher Weise ein Maximum
des Luftdruckes zur Mitternachtszeit. Die Grösse dieses Maximums [
muss ebenso wie diejenige des Tagesmaximums gegen die Pole hin sehr
schnell abnehmen. Die beiden Schwankungen entsprechen zusammen
sehr nahe der halbtägigen Schwankung des Barometers.
Auch die jährliche Veränderung dieser Schwankung wird leicht er-
klärlich. Die Maxima im März und September entsprechen den grössten
Entfernungen der Erde vom Sonnenäquator und die Minima in De- |
zember und Juni dem Durchgang der Erde durch die Äquatorialeben r-
der Sonne (vgl. S. 153). Von diesen Minimis ist — in der Nähe des Äqua-
tors bis zu etwa 45 ^ Breite — dasjenige im Juni auf beiden Halbkugeln
tiefer als dasjenige im Dezember, entsprechend der Sonnenferne im Juli,
der Sonnennähe im Januar. Weiter vom Äquator machen sich die Jahre^
Zeiten geltend (S. 552); zufolge der geringen Sonnenstrahlung im Wint«
I
XVII. Die Polarlichter. 923
der nördlichen Erdhälfte ist daselbst das Dezemberminimnm tiefer als
das Juniminimum (nördlich von 45*^ N. Br., vgl. S. 603).
Anwendung der Strahlungsdrucktheorie auf den neuen
orn im Perseus. Während die Schilderung der neuen Sterne (S. 60)
hon im Druck war, ist eine Nova erschienen, die die merkwürdigste
it dem tychonischen Stern ist. In der Nacht 21 — 22. Februar 1901
i -chien im Sternbild Perseus ein neuer Stern 2,7. Grösse. Seine Hellig-
];t'it nahm erst schnell zu, so dass er am 23. Februar heller als die
nahe gelegene Capella war, etwa wie Sirius. Danach nahm sie etwas lang-
samer ab, blieb über 1. Grösse noch am 25. Februar, über 2. Grösse bis
zum 1. März, über 3. bis zum 6. und über 4. Grösse bis zum 24. März.
Nachher ist die Helligkeit allmählich gesunken (im Februar 1902
war die Grösse 7,8, 15. Juli 1902 9,0), aber nicht stetig, sondern mit
periodischen Schwankungen, sowohl der Helligkeit als auch der Farbe.
Anfangs waren die Minima kurz, wie bei den Algolsternen, und die Periode
fcrug etwa drei Tage, später wuchs die Periode auf etwa fünf Tage.
Minima wurden jetzt lang ausgezogen, die Maxima dagegen von
rzer Dauer. Das Aufflackern dauerte zuletzt nur einige Stunden.
Das Spektrum dieses ausserordentlich merkwürdigen Himmelsobjektes
Igte die grösste Ähnlichkeit mit demjenigen der Nova im Fuhrmann
i'ig.7). Die dunklen Wasserstoff Knien und die Linien /f und iT hatten eine
starke Verschiebung nach Violett, welche sich an den anderen dunklenLinien
nicht — oder in geringerem Maasse — zeigte. Daraus berechnete sich eine
Geschwindigkeit der absorbierenden Wasserstoffmassen von etwa 700 km
in der Sekunde. Die Explosivstoffe im neuen Stern bestanden danach haupt-
sächlich ausWasserstoffverbindun^en (wahrscheinlich mit Kohlenstoff). Der
Wasserstoff, der bei den Eruptionen auf der Sonne, die sich als Protube-
ranzen kundgeben, die wichtigste Rolle spielt, war also auch bei der Ex-
plosion auf dem neuen Stern der wichtigste Sprengstoff. Da keine anderen
Wasserstoflfmassen absorbierend wirken konnten, als die zwischen Beob-
achter und dem glühenden Stern liegenden, mussten sie eine grosse Ge-
schwindigkeit gegen den Beobachter besitzen, also Linienverschiebung
gegen Violett zeigen. Die hellen Wasserstofflinien, die von noch nicht
abgekühlten Gasmassen in der Nähe des Sterns herrührten, konnten auch
beobachtet werden, wenn die Massen von dem Beobachter wegströmten;
sie waren deshalb nach Rot verbreitert.
Zuletzt zeigte das Spektrum immer mehr einen Nebelcharakter des
Steras an (von April 1901 ab). Dieser Nebel entspricht vollkommen
demjenigen bei anderen neuen Sternen (vgl. Seite 62).
924 Physik der Atmosphäre.
Es sind aber andere Nebel in der Umgebung der Nova Persei.
welche das grösste Aufsehen erregt haben. Im August 1901 meldeti
M, Wolf, er habe viele zarte Nebelstreifen in der Nähe der Nova ent-
deckt. Sehr genaue Beobachtungen über diese Nebelgebilde führte dann
Eitchey mit Hilfe des grossen Spiegelteleskopes der Yerkessternwarti
aus. Die photographische Aufnahme zeigte mehrere Bogen oder spiralin
gewundene Gebilde, die ausserhalb einander um die Nova als Mittel-
punkt lagen. Diese Nebel entfernten sich mit sehr grosser Geschwindig-
keit vom Centrum. Nach Perrines Analyse der an der Lick-Stern-
warte aufgenommenen Photographien sind folgende Thatsachen festgestellt:
Im Januar 1902 umgaben zwei Ringe, ein innerer, hellerer voo
etwa 15" Durchmesser, und ein schwächerer äusserer von etwa 30" Durch-
messer die Nova. Die beiden Ringe dehnten sich aus mit Geschwindig-
keiten von 1,4" bezw. 2,8" pro Tag (29. März 1901 bis Jan. 1902). Aus
dieser Bewegung, als gleichmässig angenomriien, berechnet man, dass
der innere Ring von der Nova am 8. Febr., der äussere am 16. Febr. 1901
ausgegangen war. Diese Daten sind innerhalb der Beobachtungsfehler
als untereinander und mit der Aufleuchtungszeit der Nova (Max. 23. Febr.l
identisch anzusehen.
Die Ringe haben eine ausgeprägte Struktur mit hervortretenden
Kondensationscentren oder Knoten. Die Bewegungen dieser Knoten sind
gewöhnlich nicht radial, sondern enthalten starke tangentiale Komponente,
die bisweilen nach der einen, bisweilen nach der anderen Seite gerichtet
sind. Die Nebelteile zeigen keine merkliche Polarisation, wie man von
reflektiertem Licht (z. B. in der Sonnenkorona oder im Tierkreislicht)
zu erwarten hat. Der innere Ring verblasst, der äussere dagegen hat
eine Zunahme der Helligkeit gezeigt. Einige Nebelteile zeigen geringe
oder keine Verschiebung.
Um diese Eigentümlichkeiten zu erklären, versuchten Kapteyn
und Wolf die Hypothese, dass das Licht, das während der grössten
Helligkeit der Nova ausgesandt wurde, sich allmählich ausbreitet und
unseren Augen immer neue, vorher wegen mangelnder Beleuchtung un-
sichtbare, Nebelstreifen enthüllt. Da aber das Licht die Erde passiert
hat, raüssten wohl die beleuchteten Nebelstreifen auf dem ganzen
Himmel verteilt sein. Die beobachtete Geschwindigkeit muss deshalb
geringer sein als diejenige des Lichtes. Ausserdem sind die zwei ver-
schiedenen Geschwindigkeiten nach dieser Hypothese unverständlich und
die Reflexion des Lichtes durch Nebelgase physikalisch unhaltbar. Fern(
ist d9,s Licht nicht polarisiert, also auch nicht reflektiert.
XVII. Die Polarlichter. 925
1
^B Wilsiug vermutete deshalb, dass hier eine Wirkung ähnlich der-
jenigen bei Kometenschweifen vorliegt, und Very deutete an, dass der
Strahlungsdruck vielleicht etwas mit der Bewegung zu thun habe.
In der That lassen sich auf diese Weise die grössten Schwierigkeiten
vermeiden. Die Strahlung der Nova muss bei ihrer Maximalhelligkeit
so gross gewesen sein, dass die weggestossenen kleinen Partikelchen beinahe
alle Geschwindigkeiten unter derjenigen des Lichtes erreichen konnten.
Wie bei Kometen mit zwei verschieden gekrümmten Schweifen, wären
hier zwei Geschwindigkeiten, die hauptsächlich (aber nicht ausschliesslich)
vorkommenden und diesen entsprächen die beiden Ringe, in welchen
demnach immer neue Teile zum Vorschein kommen. Die stillstehenden
Teile wären dagegen feststehende Nebel , die nacheinander von Partikel-
chen verschiedener Geschwindigkeit erreicht werden. Das ausgesandte
Licht würde wie bei anderen Nebeln von elektrischen Entladungen her-
rühren, also nicht polarisiert sein. Vielleicht werden auch Nebelteile
durch den Stoss der Partikelchen etwas verschoben. Die Zunahme des
Lichtes des äusseren ßinges scheint anzudeuten, dass der im Himmels-
raura fein verteilte Nebelstoff von den kleinen Partikelchen so zu sagen
zusammengekehrt wird, so dass die Dichte des fortgetriebenen äusseren
Nebels immer zunimmt. Die Abnahme der Lichtstärke des inneren
Ringes ist wohl ganz einfach als die Folge der zunehmenden Ausbreitung
anzusehen.
XVIII. Der Erdmagnetismus.
Die horizontale Richtung der frei aufgehängten Magnet-
nadel (Deklination). Schon sehr frühzeitig war es bekannt, dass di
Magnetnadel gegen Norden zeigt. Die Kenntnis dieser Eigenschafi
scheint durch die Araber von den Chinesen nach Europa übergeführt
worden zu sein. Der englische Scholastiker Alexander Neckam
spricht darüber im 12. Jahrhundert. Dem im 14. Jahrhundert lebenden
italienischen Schiffer Flavio Gioja schiebt man häufig die Erfindung
des Kompasses zu, der Kompass wird aber schon in einem Gedicht von
Guyot de Provins im Jahre 1190 als Wegweiser der Schiffer bei be-
wölktem Himmel erwähnt. Nach Wehner soll man schon im frühen
Mittelalter den Magneten zur Orientierung (d. h. Bestimmung des Ost-
Punktes) der Kirchen benutzt haben.
Die Chinesen, welche den Kompass seit etwa Anfang unserer Zeit-
rechnung benutzten, haben auch gefunden, dass die Richtung der Mag-
netnadel nicht gerade nach Norden hinzielt, sondern eine sogenannte
Abweichung oder Deklination von der astronomisch bestimmten Nord-
Südlinie zeigt. . Die Deklination wird in einer chinesischen Naturlehre
vom Jahre Uli zu 15^ westlich angegeben. Das Verdienst, die Dekli-
nation im Abendlande zuerst nachgewiesen zu haben, wird Columbus
zugeschrieben, welcher am 13. Sept. 1492 auf seiner Entdeckungsrei-
nach Amerika 200 Seemeilen W. von Ferro die Missweisung (5,5*^ westl.) deb
Kompasses entdeckte. — Man bestimmte später den damals durch die Insel
Ferro gehenden Nullmeridian, welcher die neue und die alte Welt trennen
sollte, so, dass daselbst die Deklination Null sein sollte. Wegen der
sekulären Änderung der Deklination war diese Bestimmungsweise
sehr unpraktisch. — Eine recht unsichere Angabe vom Jahre 1681
besagt, dass ein gewisser Peter Adsigerius im Jahre 1269 eine Dekli-
nation von 5^ wahrgenommen habe. Die erste genaue Deklinationsbe-
stimmung wurde im Jahre 1510 zu Rom von Georg Hart mann aus-
XVIII. Der Erdmagnetismus.
927
geführt, welcher fand, dass daselbst das Nordende der Magnetnadel sich
•i" nach Osten von der Nord -Südlinie einstellte. Mit anderen Worten,
iie magnetische Deklination zu Rom im Jahre 1510 war 6*^ Östlich.
Später (1536) führte Hartmann eine Bestimmung der Deklination zu
fürnberg aus. Er fand sie da gleich 10^2*^ östlich. Borough machte
London 1581 sehr genaue Deklinationsbestimmungen und fand sogar,
äS die Magnetnadel ihre Stellung mit der Sonnenhöhe (d. h. der Tages-
^it) ändert.
Um die Deklination zu bestimmen, benutzt man eine gewöhnliche
if einem Achathütchen aufgehängte Magnetnadel, deren Spitzen über
Ineui gradierten Kreisum-
ige spielen. Wenn die
Magnetische Achse der Nadel
irch ihre Spitzen ginge,
wäre eine Ablesung der
ige der beiden Spitzen ge-
igend. Nun trifft dies nicht
pgemein zu. Deshalb ist die
idel nur lose auf das
^chathütchen aufgelegt, so
ISS man sie abnehmen und
idrehen kann, wobei ihre
lere Unterseite nach oben
^mmt. Man macht jetzt
le ' neue Doppelablesung.
ie Mittelwerte' zwischen den
Bten und den letzten Ab-
Bungen geben zwei Bestimmungen, deren Mittel den wahren Wert der
Jklination darstellt (vgl. Fig. 279).
Wenn man die Abweichung der magnetischen Achse einer Nadel
^n der Verbindungslinie ihrer Spitzen einmal bestimmt hat, kann man
Bh damit begnügen und bei den folgenden Beobachtungen die bekannte
)rrektion für die Abweichung einführen. Da die Magnete sich häufig
igsam ändern, muss die Korrektion bisweilen neu bestimmt werden.
Die sogenannten magnetischen Theodoliten sind Verbesserungen
jses Instrumentes. Die Nadel wird an einem oder mehreren Cocon-
len aufgehängt, der astronomische Meridian wird mit Hilfe eines
jirnrohrs bestimmt, das auch (bei Gambeys Instrument) durch Vorlage
ler Linse zur Ablesung der Nadelstellung dienen kann.
Fig. 279.
928
Physik der Atmosphäre.
In neuerer Zeit hat man sogenannte Landesaufnahmen der
magnetischen Konstanten in grossen Gebieten gemacht. Bei solchen
Messungen benutzt man Reiseinstrumente. Ein solches Reiseinstru-
ment nach Lamonts Konstruktion zeigt die nebenstehende Figur
(Pigg. 280—281).
Fig. 280 und 281. Lamonts magnetisches Reiseinstrument.
Auf einem mit Stellschrauben versehenen soliden Fuss A ruht fest ver-
bunden ein geteilter Kreis B. Darüber ist eine Scheibe C, die ein Fern-
rohr und zwei Nonien trägt, auf einem Zapfen drehbar gelagert. Si^
wird in einer bestimmten Lage gegen Ä durch die Schraube S fest-
gehalten. Die Schraube T dient zur genauen Justierung.
Das Fernrohr wird zuerst auf einen entfernten Gegenstand eingestellt
(z. B. auf einen Kirchturm, eine Bergspitze oder ähnliches). Die Ab-
weichung der Visierlinie von der Nord -Süd -Linie wird mit Hilfe einer
p
XVni. Der Erdmagnetismus. 929
topograpliiscliea Karte bestimmt. Somit kennt man die Kichtung der
N"ord- Süd -Linie auf dem Kreis B.
Auf C wird jetzt das Kohr F aufgeschraubt. Dieses trägt an einem
confaden den Magneten a b, der unten mit einem Spiegel fest verbunden
ist (Fig. 281). Dieser Spiegel kann durch eine mit planparallelem Glas
eschlossene Öffnung visiert vi^erden. Das Haarkreuz des Fernrohrs wird
rch eine seitliche Öffnung im Fernrohr beleuchtet. Steht dann der
iegel zur Fernrohrachse senkrecht, so sieht man durch das Ocular sowohl
iS Haarkreuz selbst wie sein Bild, welche einander überdecken. Zu einer
nauen Einjustierung dienen in vertikaler Richtung die Schraube über
in horizontaler die Schraube T (Fig. 280).
Den Winkel zwischen der magnetischen Achse der Magnetnadel a h
d der Spiegelnormale hat man vorher in einem festen Observatorium
timmt. Aus der Stellung des Fernrohrs beim Zusammenfallen des
aarkreuzes und seines Bildes zum bekannten geographischen Meridian
f dem Kreise B berechnet man die Deklination an dem Beobachtungs-
nkte.
Die Bestimmung der Deklination ist für die Schiffahrt von grösster
edeutung. Man zeichnete deshalb schon früh Karten, auf welchen die
eklinationen an bestimmten Stellen angegeben wurden. Dazu dienen
e sogenannten Isogonen, Linien, welche Orte verbinden, die gleiche
Deklination aufweisen. Durch einen Blick auf die Isogonenkarte ersieht
man sogleich mit für praktische Zwecke genügender Annäherung die
Grösse der Deklination an jedem Punkte (vgl. Fig. 282).
Solche Isogonenkarten sind zuerst von dem englischen Astronomen
Halley im Jahre 1701 konstruiefv worden. Die Isogonen laufen auf jeder
Halbkugel in zwei Punkten zusammen, dem magnetischen und dem geo-
liraphischen Pol. Der magnetische Nordpol wurde im Jahre 1831 von Ross
aufgefunden, er bestimmte seine Lage zu 70^5,3' n. Br. und 96^45,3' w. L.
von Gr. Der magnetische Südpol ist noch nicht aufgefunden worden,
er liegt in ungefähr 73^20' s.Br. und 148« ö. L. von Gr.
Dass die Isogonen am magnetischen Pole zusammenlaufen, beruht
darauf, dass die Deklinationsnadel aus allen Richtungen gegen den Pol
hinzielt. Die Deklination nimmt also in diesem Punkt alle mögliche
Werte an. Am geographischen Pol, wo die Magnetnadel eine einzige
Richtung hat, laufen alle Meridianlinien zusammen. Die Richtung der
Magnetnadel in Bezug auf die Meridianlinie ist deshalb unbestimmt
und nimmt in der Umgebung, des Poles alle Werte zwischen 0*^ und
3000 an.
Arrlicnius, Kosmische Physik. 59
930
Physik der Atmosphäre.
I
XVIII. Der Erdmagnetismus.
931
c3
a
3
5z;
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a
cd
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ea
59^
932 Physik der Atmosphäre.
Dass die Isogonen in den geographischen Polen zusammenlauft'^
hat offenbar nichts mit den Eigenschaften des Erdmagnetismus zu thun
sondern beruht nur auf dem Gang der Meridianlinien an diesei
Punkten. Die Isogonen sind deshalb nicht geeignet, eine Vorstellung
von der Natur des Erdmagnetismus zu geben. Viel mehr sind die voi
Duperrey zuerst konstruierten magnetischen Meridiane und Parallelci
in dieser Hinsicht lehrreich. Die magnetischen Meridiane sind so kon
struiert, dass an jedem Orte der Karte ihre Tangente die Eichtun;
der Magnetnadel hat. Die magnetischen Parallelen stehen auf dei
magnetischen Meridianen senkrecht. Die magnetischen Meridiane sin
Kraftlinien, die Parallelen Äquipotentiallinien der horizontalen magne
tischen Kraft. Eine solche Karte ist in Fig. 283 wiedergegeben.
Die Karten, welche diese Linien darstellen, sind nur für eine be
stimmte Zeit giltig, weil die erdmagnetischen Elemente sich mit der Zei
stark ändern. So z. B. ging die Linie, welche die Deklination Null zek
und welche auf der Karte (Fig. 282) durch einen dicken schwarzen Strid
charakterisiert ist, im Jahre 1885 durch St. Petersburg, im Jahre 167:
durch Berlin und im Jahre 1492 über die Azoren (Ferro). Europa (mit Aus
nähme von Russland), welches jetzt durchgängig westliche Dekliuatioi
besitzt, zeigte demnach zu Columbus Zeiten östliche Deklination. Dies
sogenannte sekuläre Variation ist wahrscheinlich periodisch, die Perioden;
länge konnte aber wegen der kurzen Beobachtungszeit nicht genau festi
gestellt werden. Sie wird durch Karten, die sich auf verschieden
Epochen von 1555 ab beziehen, versinnlicht. Sie wurde zuerst in
Jahre 1634 beachtet. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts zeichnet^
Hansteen solche Karten für verschiedene Epochen. Theoretisch^
Untersuchungen von grossem Interesse über diese sekuläre Verände
rung sind in letzter Zeit besonders von Carlheim-Gyllenskiöld aus
geführt worden.
Wie stark die Isogonen sich mit der Zeit verschoben haben, zeigei
folgende Ziffern.
Die Deklination zu London war:
1576 nach Borough
nn5' E
1580 „
»
11^20'
1622 „
Gunter
6M5'
1634 „
Gellibrand
4" 5'
1657
0
1818 (max,
, W.)
24030'W.
\
^i
XVIII. Der Erdmagnetismus, 933
I
Zu Paris war sie:
1550
80 0' E
1580
11030'
1634
40 16'
1666
0 0
1688
4030' W
1710
100 50'
1736
150 45'
1773
200 0'
1814
22034' (max.)
1860
19023'
Fig. 284 giebt diesen Gang bildlich wieder.
lu Mittel -Europa nimmt die westliche Deklination um etwa 6'
jährlich ab. Die Schnittpunkte der beiden agonischen Linien, längs
welchen die Deklination Null ist, mit dem Äquator, haben folgende
Lage gehabt;
Jahr 1600
70
E
1160
E
1700
170
W
119
1730
29
93
1744
32
85
120 E
1756
32
78
92 E
122
1770
38
78
96
121
1787
39
81
105
117
1800
42
100
1823
43
82
1840
48
—
1885
56
79
1895
57
78
Die erste agonische Linie zeigt einen ziemlich regelmässigen Gang
mit der Zeit, die zweite dagegen nicht. Sie erreicht ein östliches Maxi-
mum im Jahre 1700, geht durch ein Miniraum etwa im Jahre 1760 und
durch ein Maximum im Jahre 1800 und scheint jetzt wieder in der
Nähe eines Minimums zu liegen.
Diese grossen Unregelmässigkeiten hängen offenbar mit der Wanderung
des eigentümlichen ostasiatischen Gebietes von westlicher Deklination
zusammen, welches sich jetzt nur bis zu I60 n. Br. in südlicher Kichtung
erstreckt (s. Fig. 282), im 18. Jahrhundert aber eine Zeit lang auf die
934
Physik dor Atmosphäre.
Südliche Halbkugel übergriff, wodurch am Äquator zwei neue Punkti
ohne Deklination entstanden.
Auch die Lage der magnetischen Pole hat sich mit der Zeit starl
verändert. Dieselbe ist durch folgende Tabelle angegeben. '
Magnetischer Nordpol.
1700 750 n. Br. 116'^ w.L.
1770 66 104
1823 68 97
1888 71 98
1895 70 97
Magnetischer Südpol.
1825 76» s.Br. 136« e.L.
1885 74 145
1895 73 147
24"\V 20'
Fig. 284. Die sekuläre Schwankung der magnetischen Deklination zu Paris.
Die Inklination. Eine in ihrem Schwerpunkte aufgehängte
Magnetna,del, wie ein Minenkompass, zeigt mit dem Nordende nicht nur
gegen Norden, sondern auch (in unseren Gegenden) nach unten. Dii;
Neigung gegen den Horizont wird Inklination genannt. Die erste genau»
Inklinationsbestimmung wurde im Jahre 1576 von dem Konstrukteui
des Inklinatoriums Robert Norman in London ausgeführt. Er fand
71050'. Aus dem Jahre 1544 liegt schon eine Beobachtung aus Nürn-
berg von Georg Hartmann vor, er fand jedoch 9*^ anstatt etwa 70^.
Die Bestimmung der Inklination ist viel schwieriger als diejeni?«
der Deklination und zwar hauptsächlich deshalb, weil es unmöglich ist, di»
XVIII. Der Erdmagnetistnus.
935
Magnetnadel genau im Schwerpunkt aufzuhängen. Man kann dem
iinigermaassen nahe kommen, indem man die Nadel so vollständig
wie möglich entmagnetisiert (durch Ausglühen und Abschrecken in einer
Lage senkrecht zur Richtung der erd magnetischen Kraftlinien; die
Drehungsachse der Nadel soll mit anderen Worten diesen Kraftlinien
parallel gerichtet sein); dann die Nadel bearbeitet, bis der Schwer-
punkt möglichst genau in die Achse fällt, was man daraus erkennt,
Fig. 285. Inklinatorium von Gambey.
dass die Gleichgewichtslage, wenn die Nadel in den beiden Endpunkten der
Achse unterstützt wird, indifferent ist. Erst dann wird die Nadel
in ihrer Längsrichtung raagnetisiert und im Schwerpunkt mit der
Achse im Mittelpunkt eines gradierten Kreises aufgehängt. Dieser
vertikale Kreis ist um eine senkrechte Achse drehbar, wobei die Drehung
auf einem horizontalen Kreis abgelesen werden kann. Zur Vermeidung
störender Luftströmungen stülpt man einen Glaskasten über den
vertikalen Kreis. Das ganze Instrument wird Inklinatorium genannt
(Fig. 285).
936 Physik der Atmosphäre.
Man liest die Lage der beiden Spitzen der Nadel auf der Kreis-
skala gewöhnlich mit Hilfe einer Lupe ab. Um den Fehler auszugleicheu,
der durch die Abweichung der magnetischen Achse von der Verbindungs-
linie der Spitzen entsteht, wird die Nadel wie bei der Deklinations-
bestimmung umgedreht. Dann wird der vertikale Kreis des Inklina-
toriums um 180^ gedreht und dieselben Ablesungen werden wiederholt.
Dadurch gleichen sich einige Fehler aus, die auf mangelnder horizon-
taler Einstellung und ungenauer Teilung des Kreises beruhen.
In den meisten Fällen schreibt man noch' vor, die Nadel mit
Hilfe kräftiger Stahlmagnete zu ummagnetisieren, und dieselben Be-
obachtungen dann zu wiederholen. Auf diese Weise korrigiert man für
die excentrische Lage des Schwerpunktes. Es wird dabei vorausgesetzt,
dass es gelingt, bei der Ummagnetisierung der Nadel dieselbe Stärke
des Magnetismus jedesmal zu geben. Da dies kaum möglich ist, zieht
man bisweilen vor, die betreffende Korrektion einmal in einem magne-
tischen Observatorium durch besondere Versuche zu ermitteln und die
Ummagnetisierung zu unterlassen. Man gewinnt dadurch Zeit und
entgeht der Störung durch die tägliche Veränderung.
In einigen Inklinatorien rollt die Nadelachse auf Achatplatten, die
nicht vollkommen horizontal sind, wodurch ein neuer Fehler eingeführt
wird. Demselben wird teilweise durch die Drehung um 180^ abgeholfen.
In den Instrumenten von Barrow ist die Nadel kurz und man
beobachtet ihre Spitzen mit Hilfe von zwei Mikroskopen, die mit Nonien
fest verbunden sind, welche an dem vertikalen Kreis gleiten. Diese
Konstruktion hat den Vorteil, dass Stösse der Nadelspitzen gegen die
Kreisteilung nicht vorkommen können. Ausserdem verbiegen sich lange
Nadeln etwas, wie Joule angemerkt hat. Der daraus entstehendi
Fehler erreicht bei den 11,5 cm langen und 1,2 cm breiten Nadeln,
die man in Greenwich verwendet, 1,25' sin 2«, wo * die Inklination
bedeutet. Der Fehler wächst proportional der vierten Potenz der
Länge und umgekehrt proportional dem Quadrat der Breite. Für die
Brunnerschen 6,5 cm langen, 1,2 cm breiten Nadeln ist er lOmal
geringer. Eine andere Anordnung ist von Brunn er eingeführt worden.
Die Nadelspitzen spielen in seinem Instrument über zwei kleinen Hohl-
spiegeln, die an dem Nonien tragenden Durchmesser befestigt sind.
Steht die Spitze genau im Mittelpunkt des Spiegels, so berührt sie ihr
Spiegelbild, sonst sieht man einen Zwischenraum. Die Ablesung ist sehr
scharf und geschieht mittelst einer Lupe,
r^ Die Inklinationsbestimmungen sind auf diese Weise kaum genauer
XYIII. Der Erdmagnetismus. 937
is auf ein paar Bogenminuteii auszuführen, während die Deklinations-
Bstimmungen etwa zehnmal so genau sind.
Man hat deshalb nach anderen Methoden gesucht, uui genauere
id bequemere Messungen zu erhalten. Auf dem Lamontschen ßeise-
kstrument werden mittelst Stützen zwei Stäbe aus sehr weichem Eisen
vertikaler Lage so befestigt, dass das untere Ende des einen Stabes
bnau östlich (magnetisch), das obere Ende des anderen Stabes genau
westlich vom Mittelpunkt der Magnetnadel liegt. Zur grösseren Be-
quemlichkeit werden die Stäbe in messingene Hülsen eingeschoben, die
an einem Kupferring befestigt sind, der auf das Instrument passt, so
dass die Lage des Ringes immer dieselbe bleibt. Die Stäbe können auf
vier Arten kombiniert werden durch Drehung des Ringes um je 180^ um eine
horizontale und um eine vertikale Achse. Ausserdem können die Stäbe
in den messingenen Hülsen gedreht werden. Man erhält auf diese Weise
acht Beobachtungen. Der in den Eisenstäben inducierte Magnetismus
lenkt die Nadel von dem magnetischen Meridian ab und der Ablenkungs-
winkel wird gemessen. Dabei wird das Fernrohr samt dem aufge-
legten Ring gedreht, so dass die Lage der Stäbe zur Magnetnadel bei
der Ablesung immer die gleiche ist. Das Moment der ablenkenden Kraft
wird der vertikalen Komponente, F, des Erdmagnetismus proportional
gesetzt, das bei Gleichgewicht ebenso grosse Kraftmoment, welches die
Nadel in den magnetischen Meridian zurückzuführen strebt, ist dem
Sinus des Ablenkungswinkels (v) und der horizontalen Komponente (X)
der erdmagnetischen Kraft proportional. Man erhält so:
X8inv = K. Y,
worin K eine Konstante bedeutet. Weiter gilt, falls i den Inklinations-
winkel bedeutet:
tgi= T:X=smv : K.
Man bestimmt ein für alle mal den Wert von K in einem magnetischen
Observatorium, dann erhält man aus den Beobachtungen die Grösse
von i. Diese Methode hat sich jedoch als nicht ganz zuverlässig er-
wiesen, weil die Magnetisierung des Eisens den wirkenden magnetischen
Kräften nicht genau proportional ist. Für die Temperatur muss korrigiert
werden.
Eine andere Methode ist von Weber vorgeschlagen und später von
Wild ausgeführt worden. Wenn man eine Drahtspule, deren Enden mit
einem Galvanometer verbunden sind, so aufstellt, dass ihre Achse den
938
Physik der Atmosphäre.
magnetischen Kraftlinien parallel liegt, und sie dann plötzlich um em<
dazu senkrechte Achse um 180*^ dreht, so giebt das Galvanometer einen
Ausschlag, welcher (nach eingeführter Korrektion für die Dämpfunf;
der Intensität des magnetischen Kraftfeldes proportional ist.
Stellt man die Spulenachse einmal vertikal, ein anderes Mal nacli
der Deklinationsnadel gerichtet, so erhält man hei der Drehung um 180 "
die relative Grösse der horizontalen (X) und vertikalen (r) Komponente
des Erdmagnetismus und folglich den Inklinationswinkel.
Fig. 286. Erdinduktor von W. Weber.
Steht die Spulenachse senkrecht auf den magnetischen Kraftlinien,
so wird der Ausschlag hei einer Drehung um 180 ^ Null. Durch Vor-
sprünge, gegen welche der Rahmen der Spule schlägt, kann man die
Grösse der Drehung auf genau 180*^ begrenzen. Die Ausschläge können
durch das sog. Multiplikationsverfahren stark vergrössert werden. Dieses
besteht darin, die Nadel des Galvanometers durch die erste Drehung in
Bewegung zu setzen, ihr dann bei Umkehr ihrer Schwingungsrichtung
durch Rückdrehung der Spule um 180" einen neuen Stoss zu geben und
fio weiter bei jeder Umkehrung.
^U
XV III. Der Plrdmagnetismus.
939
Die Spule wird wie eine Inklinationsnadel mit einem vertikalen und
Bnera horizontalen Kreis montiert (vgl. Fig. 286). Man kann dann leicht
<S
6
bc
(^
die Stellung aufsuchen, bei welcher kein Ausschlag bei Drehung um
eine vertikale Achse resultiert. Die Spulenachse steht dabei auf der
Richtung der Deklinationsnadel senkrecht. In ähnlicher Weise sucht
940 Physik der Atmosphäre.
man nachher die Richtung der Kraftlinien in der Yertikalebene des
magnetischen Meridians auf und findet so die Inklination.
Bei einigen Apparaten ersetzt man die Drehung um 180 ** durch eine
kontinuierliche Drehung, wobei entweder ein Telephon als Stromindikator
dient oder die Drehungsachse mit einem Kommutator versehen ist, der die
entstehenden Wechselströme in Gleichströme verwandelt, welche galvano-
metrisch gemessen werden können. Bei Stromlosigkeit steht die Drehungs-
achse in der Richtung der Inklinationsnadel.
Die besten Apparate dieser Art sollen nach Wild eine Genauigkeit
von 0,1' geben. Kleinere Apparate, die als Reiseinstrumente benutzt
werden können, sollen auf l' genaue Messungen geben.
Ebenso wie die magnetische Deklination von Ort zu Ort veränder-
lich ist, ist es auch die Inklination. Im allgemeinen nimmt sie
von dem Äquator zu den Polen hin zu und auf der nördlichen Halbkugel
neigt sich das Nordende gegen den Boden. Man hat seit Wilcke (1768)
auf Karten Orte gleicher Inklination verbunden. Die so entstandenen
Linien werden Isoklinen genannt. Die Fig. 287 giebt die Isoklinen für
das Jahr 1860 wieder. Die Isokline Null, längs welcher die Inklination
Null ist, auch der magnetische Äquator genannt, schneidet auf dieser
Karte den geographischen Äquator 2^W und 174 ^W von Greenwich. In
der alten Welt liegt sie nördlich vom Äquator und erreicht ihr nörd-
liches Maximum im Omanschen Meer (13^ n. Br.). Auf der westlichen
Halbkugel erreicht sie ihre südliche Grenze (etwa 17^ s. Br.) in Brasilien.
Im grossen Ocean nähert sie sich dem geographischen Äquator und
der Eindruck drängt sich auf, dass die grossen Landmassen Afrikas,
Asiens und Südamerikas diese Linie gegen sich hinziehen. Die Schnitt-
punkte der Null-Isogone mit dem Äquator lag:
im Jahr 1700 bei 36 ^E
1768
., 370 E
1780
„ 21 0 E und
108 «W
1825
„ 50 E „
182« W
1885
„ 90 W „
168 0 W
Die Inklination zu London, die 1576 71*^ 50' betrug, ging im Jahre
1723 durch ein Maximum 14^ 42' und sinkt seitdem. 1821 war sie
70" 3' und 1894 67 <> 6'.
Die jährliche Abnahme der Deklination beträgt jetzt in West- und
Mittel-Europa 2—3'.
..ä
XVIII. Der Erdmagnetismus. 94 j
Die Horizontalintensität. Ausser der Deklination und Inkli-
nation giebt es bei dem Erdmagnetismus noch ein charakteristisches
Element, nämlich die Intensität der magnetischen Kraft.
Anfangs begnügte man sich damit, relative Messungen der Stärke
auszuführen. Dieser Art sind die umfassenden Messungen von Hum-
boldt, Gay Lussac und Hansteen vom Anfang des vergangenen
Jahrhunderts. Die Methode stammt von Borda (1776). Man hängt
einen Magneten mittelst eines Seidenfadens in einer Dose horizontal
auf und beobachtet die Anzahl Schwingungen in einer gegebenen Zeit,
z. B. einer Stunde. Die Schwingungen müssen geringe Amplitude
haben , sie werden deshalb mit Hilfe eines Mikroskopes beobachtet. Ist
lie betreffende Zahl an einer Stelle u, an einer anderen w, , so gilt:
w2 _ HM
Das magnetische Moment M des Magneten kann als in beiden Fällen
gleich angesehen werden, wenn er keinen Stössen, mechanischer Be-
arbeitung oder heftiger Erwärmung ausgesetzt gewesen ist.
Zwar nimmt das magnetische Moment zufolge des induzierten Magne-
tismus etwas zu nach der Formel:
worin J/o das Moment bei Aufhebung der horizontalen Komponente {H)
des Erdmagnetismus und f einen kleinen nahezu konstanten Faktor
bedeutet. Dieses /" kann man experimentell in der Weise be-
stimmen, dass man den Magnelien in eine lange Drahtspule einlegt,
deren Enden mit einem Galvanometer verbunden sind. Man legt die
Spule erst in die Richtung des magnetischen Meridians und dreht sie dann
plötzlich senkrecht dazu. Das induzierte magnetische Moment verschwindet
und man erhält einen dementsprechenden Ausschlag. Es giebt auch
andere Methoden dieser Bestimmung. Man findet, dass bei stark
magnetisierten Stahlstäben , deren Länge ihre Breite 30 mal übersteigt,
'/ etwa 0,001 ist, also in den meisten Fällen vernachlässigt werden kann,
besonders wenn H nicht allzu grossen Änderungen unterworfen ist.
Um gegen zufällige Fehler, welche die Magneten schwächen, ge-
schützt zu sein, führt man bei solchen Messungen mehrere, gewöhnlich
drei Magneten mi<^ deren Angaben einander kontrollieren.
Gauss gab zuerst eine genaue Methode an, die Stärke der Hori-
'zontalintensität zu messen. Derjenige Magnetstab, durch dessen Schwin-
942 Physik der Atmosphäre.
gungeu mau UM bestimmt, wird in die Nähe einer Dekiinationsnadel
gebracht, deren Ablenkung aus dem magnetischen Meridian von dem
Verhältnis der Stärke des Magneten und des erd magnetischen Feldes
abhängig ist. Aus dieser Abweichung kann man also H\M berechnen.
Beide Bestimmungen zusammen geben Werte von sowohl H wie M.
Es gelten hier folgende Formeln, in welchen K das Trägheits-
moment des Magnetstabes, M sein magnetisches Moment, L sein Pol-
abstand, r die Entfernung seines Mittelpunktes von dem Mittelpunkt
der um den Winkel <p abgelenkten Deklinationsnadel, deren Polabstand
l sein möge, z seine Schwingungsdauer und ^ das Torsionsverhältnis des
Fadens bedeutet, welches durch Vergleichung der Schwingungsdauer
des Magnetstabes und eines unmagnetischen Körpers bestimmt wird;
r2 (1 + d-)
M r^tgcp
worin ?y = 1/2-^^ ~ ^U^'^ und a=l oder ^2 ist, je nachdem der Mittel-
punkt des Stabes in der magnetischen Nord-Süd- oder Ost -West -Linie
durch den Mittelpunkt der Nadel liegt. Die Richtung des Magnetstabes
selbst soll immer magnetisch ost-westlich sein.
Das Reiseinstrument von Lamont und andere Deklinationsinstru-
mente sind deshalb mit einer aufiegbaren in Centimeter geteilten Schiene
versehen, auf die man einen Magnetstab in bestimmter Entfernung
von der Deklinationsnadel auflegen kann. Die dadurch hervorgerufene
Deviation 5p wird abgelesen. Dabei legt man den Stab sowohl östlich
als auch westlich von der Nadel auf und dreht ihn um, so dass man
vier Ablesungen erhält. Als Polabstand kann man mit genügender Ge-
nauigkeit % der Magnetenlänge nehmen. Bei genauen Messungen ist
in MH die Korrektion für induzierten Magnetismus einzuführen.
Bei den erstgenannten Messungen ist für die Temperatur ebenfalls
eine Korrektion nötig, welche durch besondere Versuche zu bestimmen ist,
indem man den Magnetstab an derselben Stelle bei zwei Temperaturen
schwingen lässt. Das magnetische Moment nimmt mit steigender Tem-
peratur ab, und zwar in den meisten Fällen um etwa 0,05 Proz. pro
Grad Celsius ; diese Zahl kann bisweilen auf den doppelten Betrag steigen.
Ferner nimmt das magnetische Moment langsam mit der Zeit ab.
Anfangs ist die Abnahme grösser, später geringer. Lamont fand für einen
XVI II. Der Erdmagnetismus. 943
Maguetstab in 12 Jahren anfangs 1,6, zuletzt 0,6 und im Mittel etwa
I Proz. Abnahme pro Jahr.
Diese Eigenschaften der Magnete treten auch bei den Bestimmungen
der Horizontalintensität nach der Gaussschen Methode hervor.
Zur Bestimmung der relativen Stärke der Horizontalintensität an
■rschiedenen Orten hat Kohl rausch ein sogenanntes Lokalvariometer
instruiert. Dasselbe besteht aus einer Bussole mit kleiner Magnet-
viiidel, unter welcher ein Magnetstab drehbar ist. Der Mittelpunkt des
;ibes liegt senkrecht unter demjenigen der Nadel. Derselbe ist so
Miigcstellt, dass er auf die Bussolennadel eine etwas grössere Kraft in
horizontaler Kichtung als der Erdmagnetismus ausübt. Man stellt zunächst
las Instrument an einem Ort, wo die Horizontalkomponente // ist, so
ein, dass der Stab und die Bussolennadel parallel stehen. Die Nadel
ist dann nach dem magnetischen Meridian eingestellt. Dann dreht
man den Stab, bis die Nadel senkrecht auf dem magnetischen Meridian
•ht, und schraubt einen Anschlag gegen den Stab in dieser Stellung,
inenso verfährt man mit der Einstellung auf der anderen Seite. Der halbe
Drehungswinkel zwischen diesen beiden Lagen heisse <p. Ist die Richt-
kraft des Stabes auf die Nadel gleich /, so wirkt die Kraft «/cos^d
nach Süden, U dagegen nach Norden, welche einander Gleichgewicht
halten, so dass 11= J cos rp. Die Kraft J sin g) = Htg (p stellt die
Nadel in ost- westlicher Richtung ein.
An einer anderen Stelle, wo die Horizontalkomponente II\ sein mag,
<lreht man den unteren Richtmagneten, nachdem die Bussolennadel in den
Meridian eingestellt ist, erst (p Grad nach der einen, dann (p Grad nach
r anderen Seite, was mit Hilfe der Anschläge leicht zu machen ist. Die
Nadel stellt sich dann nicht genau ostwestlich, sondern bildet mit dieser
Kichtung einen Winkel E, der das Mittel aus den beiden abgelesenen
Winkeln E^ und E2 ist. Es wirken jetzt folgende Kräfte: in nordsüdlicher
Kichtung H^ — H, in ostwestlicher, wie früher Hig<p. Folglich ist:
woraus i/j leicht berechnet werden kann, wenn man H kennt. (// wird
in einem magnetischen Observatorium bestimmt und das Instrument als
ßeiseinstrument in der Umgebung benutzt.) Dieses Instrument muss
ftlr den Temperatureinfluss korrigiert werden.
Man hat die Horizontalintensität des Erdmagnetismus für viele
ihinkte der Erde bestimmt. Die Linien, welche Punkte von gleicher
Horizontalintensität verbinden, werden Isodynamen genannt. Da die
944 Physik der Atmosphäre.
Kichtung der Horizontaliiitensität auf diesen Kurven senkrecht steht, so
verlaufen sie senkrecht zu den von Duperrey gezeichneten magnetischen
Meridianlinien. Sie werden deshalb häufig magnetische Parallele ge-
nannt und sind in die Figur 283 eingezeichnet (vgl. S. 932).
Sie zeigen grosse Ähnlichkeit mit den Isoklinen. Die Karte (Fig. 28:!
ist von Neumayer gezeichnet, und die darin enthaltenen Werte d(
Potentials sind durch den Erdradius R geteilt. Die Isodynamen oder
Äquipotentiallinien der Horizontalkomponente sind für Differenzen von 0,(1 1
absoluten Einheiten des Wertes V-.R gezeichnet. Die durch Nordasien.
nördlich von Europa, durch Island, Neufundland, das Gebiet der' grossen
Seen in den Vereinigten Staaten und Süd- Alaska verlaufende Isodynanii
hat den Wert VIR = ~ 0,28. Die Isodyname + 0,20 geht durch dir
Mitte von Australien südlich von Südafrika und durch das Feuerland.
Die grösste durch R geteilte Potentialdifferenz beträgt etwa 0,64 absoluti
Einheiten und der Mittelwert ist gleich Null gesetzt. Die entsprechend«
Isodyname kann gewissermaassen als der isodynamische Äquator be-
zeichnet werden. Sie ist in Fig. 283 dicker gezeichnet als die anderen
Isodynamen. Sie schnitt den geographischen Äquator im Jahre 182"»
bei ll» e. L. und 170^ w.L., im Jahre 1885 bei 4» e.L. und 158'^ w. L.
Auch die Horizontalintensität hat sich mit der Zeit geändert. Sie nimmt
in West-Europa allmählich zu. So wuchs sie zu Göttingen von 1834 bi>
1853 von 0,1774 auf 0,1805, zu München von 1853—1871 von 0,1958 auf
0,2009. In Italien nimmt sie etwas ab. In Süd-Amerika ist die Abnahme
sehr stark.
Für Potsdam ist (t bedeutet Jahreszahlen) nach Eschenhagen:
Dt = 90 56,3' + 5,2' (1900 — t)
Ht = 10-5 [18844—22,7 (1900 — t)]
Ji = 660 33 j' ^ 1^4' (1900 — 1\
Multipliziert man die Horizontalintensität an einer Stelle mit dem
tg«, so erhält man die magnetische Totalintensität an dieser Stelle. Audi
für diese Totalintensität hat man Karten gezeichnet. Sie besitzt ein
Minimum in der Nähe des Äquators, etwa 0,26 absolute Einheiten aut
22*^ s. Br. und 28^ w. L. und Maxima von etwa 0,70 abs. Einh. in der
Nähe der magnetischen Pole. Die Maxima und Minima sind von ge-
schlossenen Kurven umgeben, und sekundäre Maxima und Minini;
kommen in ziemlich unregelmässiger Weise vor.
j
XVIII. Der Erdmagnetismus. 945
Beobachtungen auf dem Meer. Wenn die See nicht ganz
ruhig ist, was ja nur selten eintrifft, muss man an Bord die
magnetischen Beobachtungen in anderer Weise wie auf dem festen
Land ausführen. Die Instrumente sind mit Card a nischer Aufhängung
rsehen, damit sie, soweit möglich, gleich gerichtet bleiben. Jedenfalls
werden die Beobachtungen viel weniger genau als auf dem Festland.
Die Deklinationsnadel wird in gewöhnlicher Weise abgelesen. Man
vergleicht dabei die Richtung der Deklinationsnadel mit derjenigen der
Schiffsachse, welche durch den Kurs auf der Seekarte bestimmt ist.
Diese Bestimmiingen werden höchstens auf 0,5*^ genau.
Zur Bestimmung der Inklination benutzt man ein Instrument von
Fox, in welchem die Inklinationsnadel mit ziemlicher Reibung auf
ihren Lagern ruht. Bei schwacher Erschütterung des Instruments, her-
vorgerufen durch Streichen mit einem gestreiften Spatel aus Hörn oder
Elfenbein, stellt sich die Nadel in die Gleichgewichtslage ein. Das In-
strument ist in Cardanischen Ringen aufgehängt; man streicht es in
einem Augenblick, in dem die Bewegungsebene der Nadel so weit wie
möglich in die magnetische Meridianebene fällt und die Achse des In-
struments horizontal ist, was an einer Wasserwage beobachtet wird.
Auf diese Weise erhält man die Inklination ungefähr ebenso genau
wie die Deklination. Man benutzt auch dasselbe Instrument, um die
Stärke des Magnetfeldes zu bestimmen. Zu diesem Zweck ist an der
Achse der Nadel ein Rädchen mit Rinne am Rand befestigt, um
welches ein Faden gelegt ist, an dem ein kleines Gewicht angehängt
werden kann. Dadurch wird die Nadel um einen bestimmten Winkel aus
der Inklinationsrichtung abgelenkt, woraus die Totalintensität, wenn das
magnetische Moment der Nadel bekannt ist, berechnet werden kann. Zu
■demselben Zweck können kleine Magnete von bekannter Stärke, deren
ablenkende Wirkung auf die Nadel abgelesen wird, dienen.
Magnetische Variationsinstrumente. Wie wir unten sehen
iWerden, bieten die Schwankungen der erdmagnetischen Elemente ein
ganz besonderes Interesse. Man hat deshalb Instrumente konstruiert
jäeren hauptsächliche Aufgabe ist, die Veränderungen der magnetischen
llemente anzugeben. Meist sind dieselben mit selbstthätiger Registrierung
fersehen. Gewöhnlich geschieht dies photographisch, indem ein Spiegel
an dem beweglichen Teil des Instrumentes befestigt ist, welcher das
reelle Bild eines Lichtpunktes auf ein bewegliches lichtempfindliches
'ipier wirft, das von einem Uhrwerk mit gleichmässiger Geschwindig-
A' it fortgeschoben wird. Bei der Bewegung des Spiegels verschiebt sich
Airhenius, Kosmische Physik. 60
946 Physik der Atmosphäre.
der Bildpunkt senkrecht zur Bewegungsrichtung des Papiers. Demzufolg«'
zeichnet dieser Bildpunkt eine Kurve, aus welcher der Stand des Spiegels
in jedem Augenhlick abgelesen werden kann.
Zur Beobachtung der Schwankungen der Deklination braucht man
nur eine horizontal aufgehängte Magnetnadel mit einem vertikalen Spiegel
zu verbinden.
Die Schwankungen der Horizontalkomponente werden mit Hilfe 1
eines Bifilarmagnetometers registriert. In diesem Instrument ist einj
Magnetstab an zwei Fäden aufgehängt, und diese Aufhängung ist!
so weit gedreht, dass der Magnetstab senkrecht auf den magnetischen
Meridian steht. Das Drehungsmoment der bifilaren Aufhängung ist in
diesem Fall genau gleich demjenigen MH der horizontalen Komponente.
Ändert sich //, so dreht sich der Stab proportional der Änderung. Einen
ebensolchen Einfluss hat eine Änderung des magnetischen Momentes M.
d. h. der Temperatur. Wenn also dll die Änderung der Horizontal-
komponente, n die Abweichung (in Skalenteilen) und t — tQ die Tempe-
raturabweichung von einer mittleren Temperatur t^ bedeuten, so gilt
folgende Gleichung:
dH= An-\- B{t — t<^l
worin A und B Konstanten sind.
Schwankungen der vertikalen Komponente werden auf der nacli
ihrem Konstrukteur sogenannten Lloydschen Wage abgelesen. Ein
Magnetstab ist wie ein gewöhnlicher Wagebalken auf einer stählernen
Schneide über Achatpfannen in horizontaler Lage aufgehängt. Der
Wagebalken ist zur Justierung und Regulierung der Empfindlichkeit
mit zwei kleinen in Schraubgewinden verschiebbaren Laufgewichten
versehen. In diesem Fall hält das statische Moment des Gewichtes des
Magnetstabs dem Drehungsmoment der vertikalen magnetischen Kraft
das Gleichgewicht. Ändert sich diese, so neigt sich die Wage, wa>
mit Hilfe eines daran befestigten Spiegels abgelesen wird. Ist dZ Av
Änderung der Vertikalkomponente, so gilt:
dZ=Äini -\-Bi {t, — ^o),
worin A^ und B^ neue Konstanten, w, die abgelesene Abweichung ist.
und (<i — ^q) ähnliche Bedeutung wie vorhin hat.
Die Konstanten A, A^, B und B^ werden experimentell bestimmt.
Zur Ermittelung von A und A^ dient ein kleiner Hilfsmagnet, der in
bestimmter Entfernung angebracht die Feldstärke in genau bekannter
«
XVIII. Der Erdmagnetismus.
947
iWeise ändert. Durch horizontale und vertikale Einstellung des Hilfs-
[magneten kann man die horizontale oder vertikale Komponente in be-
Ikannter Weise abschwächen. Man liest n und Wj ab und kennt dH
'und dZ, woraus A und Äi berechnet werden.
Zur Bestimmung der Werte B und B^ heizt man das Zimmer, in
welchem die Instrumente stehen und notiert ihre Schwankung mit der
Temperatur, während in einem nicht geheizten Nebenzimmer Kontroll-
apparate, die von der Temperatur unabhängige Schwankung angeben.
p]s sind auch von Liznar für das Bifilarmagnetometer Kompensations-
Fig. 288. Vanationsiii,-Liuiin^..it
HU iii<ii;iietischeu Observatorium zu Potsdam.
verfahren in der Auf hängung angegeben, welche den Einfluss der Tem-
peratur auf den Magnetstab dieser Instrumente ausgleichen sollen. In
Pawlowsk hält man durch Heizung das Magnetenzimmer auf nahezu
konstanter Temperatur.
Die magnetischen Variationsinstrumente werden zusammen mit ab-
soluten Instrumenten in magnetischen Observatorien aufgestellt, die nach
gemeinsamem Plan eingerichtet sind. Häufig sind sie in Kellerräumen
untergebracht, damit die Temperaturschwankungen nicht allzu gross
werden.
Fig. 288 zeigt das Innere eines solchen Observatoriums (in Potsdam).
In der Mitte steht die Lampe und unter derselben sind drei cylindrische
60*
948
Physik der Atmosphäre.
EoUen sichtbar, von welchen jede die Angaben eines Instrumentes auf-
zeichnet.
Der Grund des Zusammenarbeitens ist die schon früh (Ende des
18. Jahrhunderts) gewonnene Erkenntnis, dass magnetische Störungen
gleichzeitig in weit von einander entfernten Orten — üpsala und
London nach den Beobachtungen von Celsius und C an ton — auf-
treten. Arago fand dasselbe betreffs Paris und Kasan, die etwa 47^'
Längegrade von einander entfernt sind. Humboldt errichtete 1827
ein magnetisches Observatorium in Berlin und bewog die Akademie der
Wissenschaften zu St. Petersburg, ähnliche Observatorien in Petersburg,
Kasan, Moskau, Barnaul, Nertschinsk, Mcolaijew und Peking anzulegen.
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Fig. 289. Horizontalintensität am 12. Juli 1898 registriert zu Amalienhof (obere
Kurve, gestört) und gleichzeitig zu Potsdam (untere Kurve, ungestört).
NachdemGauss 1834 mit Unterstützung vonSartoriusvonWalters-
hausen sich überzeugt hatte, dass die magnetischen Schwankungen in
Göttingen und Würzburg gleichzeitig sind, bildete sich auf Initiative
von Gauss und Weber der magnetische Verein, welcher 1836 — 42
gleichzeitige Beobachtungen anstellte in Dublin, Greenwich, üpsala, Stock-
holm, Kopenhagen, Breda (Holland), Brüssel, Berlin, Göttingen, Mar-
burg, Leipzig, Heidelberg, Breslau, St. Petersburg, Prag, Krakau, Krems-
münster (Ungarn), Genf und Mailand.
Die Arbeit dieser Observatorien zeigte eine vollkommene Gleich-
zeitigkeit der magnetischen Störungen in Europa. Zur Ergänzung dieses
Eesultates richtete Koyal Society in London auf Vorschlag von Lloyd^
und Sabine magnetische Observatorien in Toronto (Canada), HobartoJ
(Tasmanien), Capstadt und auf St. Helena ein, die in den Jahren 1841—4?
XVIII. Der Erdmagnetismus.
949
|leichzeitig mit einigen europäischen Stationen die magnetischen Varia-
ionen studierten.
Nachdem die kultivierten Teile der Erde auf diese Weise erforscht
^aren, schlug Weyprecht vor, die arktischen Landesteile in ähnlicher
''eise zu untersuchen. Im Jahre 1882 — 83 wurden von den beteiligten
[jändern Expeditionen ausgesandt nach folgenden Stationen: Point
Fig. 290. Täglicher Gang der Deklination, der Inklination und der Horizontal-
intensitat zu Parc St. Maur bei Paris. . . . Mai -Juli — Nov.- Jan. — Jahr. West-
liche Deklination ist als positiv gerechnet.
Barrow, Lady Franklins Bay, Fort Rae und Kinguafjord im arktischen
Nordamerika, Godthaab auf Grönland, Jan Mayen, Cap Thordsen auf
Spitzbergen, Nowaja Semlja, Bossekop und Sodankylä in den nördlichsten
Teilen Norwegens und Finnlands, Dicksons Hafen an der Lena-Mündung,
Süd Georgien und Cap Hörn, welche ein überaus reiches Material
gleichzeitig mit den älteren Observatorien einsammelten.
Ausserdem sammeln die meisten Reiseexpeditionen auf dem Meer
magnetische Beobachtungen, von welchen die bekanntesten sind: die
950
Physik der Atmosphäre.
französische Recherche-Expedition (1838—40), die Expeditionen von Sir
James Boss zum magnetischen Nordpol (1831) und zu den Südpolar-
ländern (1839—43) und die englische Challenger-Expedition (1873—76).
Die Arbeit der magnetischen Observatorien ist in letzter Zeit durch
die elektrischen Strassenbahnen für Gleichstrom mit Oberleitung und
Rückleitung durch die Schiene stark gestört worden. Jedes Ingang-
setzen und jedes Anhalten eines elekrischen Wagens bringt eine Störung
der magnetischen Kurven
mit sich, welche in Ent-
fernungen von 8, ja sogar 14
Kilometern fühlbar ist. Durch
diesen Umstand sind alle
magnetischen Observatorien
in Amerika brach gelegt
worden und diejenigen in
Europa sind teilweise un-
brauchbar geworden, teil-
weise sehr stark gefährdet.
Die Wirkung einer genügend
langen elektrischen Bahn ist
nach Messungen bei Spandau
nahezu der Entfernung um-
gekehrt proportional.
Fig. 289 zeigt die Re-
gistrierung der magnetischen
Horizontalintensität während
40 Minuten in Amalienhof
3 km weit von der Strassen-
jp ^ j; Q bahn in Spandau und gleich-
Fig. 291. Tägliche Schwankung der Deklination zeitig in Potsdam. Wenn
zu Potsdam (nach Lüdeking). nicht die kleine elektrische
Bahn, die noch in 8 km
Entfernung sich bemerkbar machte, störend wirkte, so mtissten die
beiden Aufzeichnungen identisch sein. Offenbar kann man von der oberen
Kurve sehr wenig Nutzen für wissenschaftliche Zwecke gewinnen.
Diesen Schwierigkeiten könnte man auf zweierlei Weise entgehen.
Entweder so, dass man eine isolierte Rückleitung des Stromes be-
nutzte, was jedenfalls nicht unbedeutende Kosten erfordern würde,^
oder auch so, dass Wechselströme (speziell Drehströme) zur Yerwenduni-
I
XVIII. Der Erdmagnetismus.
951
kämen. Auch in diesem Fall wäre isolierte Rückleitung erwünscht, was
auch viele andere Vorteile, wie Vermeidung der Störung des Fern-
sprechverkehrs durch die sog. „vagahondierenden Ströme" und grössere
herheit gegen Lehens- und Feuersgefahr mit sich führen würde.
Tägliche Schwankung des Erdmagnetismus. Wie schon
erwähnt; bemerkte Borough hei seinen Beobachtungen zu Limehouse
bei London im Jahre 1580 tägliche Änderungen von 20' bis 30' im Stande
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Lüdeking.
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Fig. 293. Täglicher Gang der Hori-
zontalintensität zu Potsdam 1890
bis 1899 nach Lüdeking.
1er Deklinationsnadel, dieselben wurden aber nicht weiter beachtet. Ein
■nglischer Uhrmacher, Graham (1722), glaubte erst, dass diese
Schwankungen auf Fehlern in der Aufhängung der Nadel beruhten,
lachdem er aber gefunden hatte, dass mehrere Nadeln den gleichen
ang zeigten, gewann er die Überzeugung, dass die Schwankungen
N irklich vorhanden waren. Anders Celsius in Upsala beobachtete sie
on 1741 an regelmässig mit Hilfe seines Adjunkten Hiorter. Sie
952
Physik der Atmosphäre.
fanden 1747 eine Maximalabweichung von etwa 5' gegen Osten uin
S^ V.M. — östliche Abweichungen von der Mittellage werden gewöhnlich
als positiv, westliche als negativ bezeichnet — und eine ebenso grosse
nach Westen um 2'^ N.M. Ausserdem fanden sie Störungen, die mit den
Nordlichtern in Zusammenhang standen. Canton, der 4000 seit llbi')
IV =- 5/
Fig. 294. Täglicher Gang der Verti-
kalintensität zu Potsdam 1890 — 99
nach Lüdeking.
iP = 5 y
Fig. 295. Täglicher Gang der Total-
intensität zu Potsdam 1890—99 nach
Lüdeking.
in England angestellte Beobachtungen diskutierte, gelangte 12 Jahri
später (1759) unabhängig zu ganz ähnlichen Schlüssen.
Seitdem hat man ähnliche tägliche Schwankungen und Störungen
auch in dem Gange der Inklination und Horizontalintensität aufgefunden.
Fig. 290 stellt die tägliche Schwankung der erdmagnetischen Elemente
in Parc St. Maur bei Paris dar (Westrichtung als positiv gerechnet).
Figg. 291—295 geben die tägliche Schwankung der Deklination,
Inklination, Horizontal-, Vertikal- und Totalintensität zu Potsdam in de|
Jahren 1890— 99 für jeden Monat, Winter (Okt.— März), Sommer (April-
XVII. Die Polarlichter. 953
-f'pt.) und Jahr wieder. Die Westrichtung ist als positiv gerechnet. Die
Schwankungen der Deklination sind jedenfalls am besten untersucht und
111 leichtesten in theoretischer Hinsicht zu übersehen.
Eine nicht unbedeutende Schwierigkeit bilden die unregelmässigen
Störungen. Bisweilen, bei den nach Humboldt so genannten magne-
;ischen Stürmen, sind sie so gross und unregelmässig, dass der Stand
der Magnetnadel auf den selbsregistrierenden Instrumenten nicht abzu-
lesen ist.
In diesem Fall verschwinden die Störungen ohne weiteres aus dem
Beobachtungsmaterial bei der Bildung der Mittelwerte. Aber es giebt sehr
viele Störungen, die nicht von dieser stürmischen Art sind, und die
man ausschliesst, um den „normalen" Gang rein zu bekommen. Bei
dieser Ausschliessung kommen leider viele Willkürlichkeiten hinein.
Sabine schlug beispielsweise vor, alle Werte, die vom Mittel um einen
jewissen Betrag abweichen, wegzulassen. Das willkürliche liegt hier in
der Feststellung dieses Betrages, welcher von Ort zu Ort wechselt.
Dessenungeachtet ist diese Methode die gebräuchlichste. Wild in Paw-
lowsk ging so weit, dass er nur wenige Tage, etwa 4 bis 10 pro Monat,
als „ruhig" auswählte. In Greenwich schliesst man nur die Tage starker
Unruhe aus (etwa 4 pro Monat) und von anderen Tagen nur die Stunden
mit sehr grossen Störungen. Für den Rest des Materials wird eine
Mittelkurve mit freier Hand gezeichnet, aus der die Werte abgelesen
werden. Diese Methode scheint wohl die besten Resultate zu geben.
Man benutzt dort ausserdem die Methode von Wild.
Die Deklinationsnadel erreicht um etwa S'* V. M. ihren östlich-
sten Stand, etwa um l'' 15*" N.M. den westlichsten. Die Schwankung
ist im Sommer viel stärker als im Winter. So z. B. beträgt sie in
Wien im Dezember nur 2,6', im Juni 10,6'. In Westeuropa ist die
Schwankung während des ganzen Sommerhalbjahrs ungefähr gleich (April —
September), an den asiatischen Kontinentalstationen tritt das Maximum
im Juni, auf der südlichen Halbkugel im November— Februar ein. Das
Minimum fällt auf Dezember in der nördUchen, auf Juni in der süd-
lichen Erdhälfte. In der Nacht bleibt die Nadel relativ ruhig. Im Sommer
tritt das (westliche) Minimum früher, das Maximum später als im Winter
ein. Die Wirkung beruht demnach wahrscheinlich auf der Sonnen-
strahlung. Auf der südlichen Halbkugel ist der Gang der Deklinations-
^nadel umgekehrt und ihre extremen Stellungen treffen ein wenig später
(etwa eine Stunde) als auf der nördlichen Halbkugel ein. In den äqua-
torialen Gegenden steht die Nadel nicht stille, wie man vermuten müsste,
954 Physik der Atmosphäre.
sondern folgt dem Gange auf der Halkugel, welche gerade Sommer hat.
Sekundäre, schwach ausgeprägte Minima und Maxima treffen im Winter
(Oktober— März) etwa ll'' N.M. und 5^* V.M. ein. Diese kleine sekundäre
Schwankung ist über den Kontinenten viel geringer als an den Küsten.
In den polaren Gebieten ist die tägliche Schwankung der Dekli-
nation viel grösser, so z. B. im Jahre 1882—83, das jedoch ungewöhnlich
grosse Schwankungen aufwies, weil die Sonnenthätigkeit sehr kräftig war,
auf Spitzbergen 42', in Nord-Grönland, 81,7<> N.Br., sogar 95'. Der Zu-
sammenhang mit der Sonnenthätigkeit ist schon oben (S. 136) besprochen
worden. Aus den dort gegebenen Daten geht hervor, dass die Schwan-
kung in der Nähe des Äquators ein Minimum besitzt.
Dies kann teilweise darauf beruhen, dass die horizontale Kompo-
nente in der Nähe des Äquators ein Maximum durchläuft, so dass grös-
sere Kräfte nötig sind, um die Magnetnadel aus ihrer Lage zu lenken,
als in polaren Gegenden. Nach einer Berechnung von J. A. Broun soll
das Produkt aus der täglichen Schwankung und dem Cosinus des Inkli-
nationswinkels ziemlich nahe konstant, etwa 4,5' sein.
Eine Änderung der Inklination mit der Tageszeit wurde zuerst von
Arago aufgefunden (1827). Wie die Fig. 290 und 292 andeuten, nimmt
die Inklination in den Morgenstunden des Sommers zu und erreicht ein
Maximum um etwa 9^* V.M., dann nimmt sie schnell bis 1^ oder 1^ N.M.
ab, wonach sie langsam auf den nahezu konstanten Wert der Nacht-
stunden (6'* N.M. — \^ V.M.) sinkt. Im Winter ist die Schwankung recht
unbedeutend und besteht in einem relativ schnellen Anwachsen am Vor-
mittag 7—11 Uhr. Danach bleibt die Inklination ziemlich konstant bis etwa
5'' N.M. und sinkt dann allmählich auf ein Morgenminimum um 6—7 Uhr.
In mittleren und höheren Breiten ist sie im allgemeinen grösser während
der Tagesstunden, als während der Nachtstunden, in den Tropen ist es
umgekehrt. Überall dauert die Tagesabweichung viel kürzere Zeit (etwa
die Hälfte), als die Nachtabweichung, die dafür um so geringer ist. Das
Maximum tritt in Mitteleuropa und Canada etwa um lO'* 30"* im Jahres-
mittel ein und erreicht etwa 1', das Minimum um lO'^ N.M. (nahezu kon-
stant von 8^ abends bis 6'^ früh) beträgt nur etwa 0,4'. Die Totalschwankung
beträgt in Paris im Februar 0,8', im August 1,8' (Min. und Max.), im
Jahresmittel 1,3'. Denselben Gang zeigen die südlichen Stationen Mel-
bourne und Hobarton, das Maximum tritt um eine Stunde später ein. Die
tropischen Stationen haben um ll'' V.M. ihr Minimum 2,2' unter dem
Mittel, um 11'' abends ihr Maximum 0,9' über dem Mittel (Batavia,,
Bombay, Singapore, St. Helena, Capstadt).
XVIII. Der Erdmagnetismus. 955
Die Horizontalintensität besitzt ein Minimum am Vormittag 10—11''
und ein flaches Maximum am Abend 5 — 6'' in Dublin und Toronto, 8''
in Paris und Potsdam, 1 1'* in Wien. Die Schwankung beträgt in Wien
inr 23, in Potzdam 27 Einheiten der fünften Dezimalstelle (7), in Paris
^2 Prozent des Mittelwertes der Horizontalintensität (437). Der grosse
L literschied zwischen Sommer und Winter geht aus den Figg. 290 und
293 deutlich hervor.
Die Fig. 296 stellt die Amplitude der täglichen Schwankung der
öorizontalintensität in ihrer Abhängigkeit von den Sonnenflecken dar,
"id zwar für die Jahre 1841 — 96 zu Greenwich nach Ellis. Inderseiben
iiir sind die Amplituden der täglichen Schwankungen der Deklination
während derselben Zeit eingetragen. Der Parallelismus ist hier ebenso
luffallend me bei den magnetischen Störungen (vgl. Fig. 47, S. 133).
Die Totalintensität liegt am Tage 9^* V.M. bis 3^ N.M. unter dem
\Iittel — das Minimum 0.00018 absolute Einheiten unter dem Mittel
iiUt um ll'* V.M. zu Wien, das äusserst flache Maximum 0.00007 über
lern Mittel trifft um 10^ N.M. ein. Die Schwankung in Potsdam ist
! ingefähr ebensogross wie in Wien, nämlich 0,00025 abs. Einh. (25 7,
>üi. Fig. 295). Das Nachmittagsmaximum ist nicht so flach wie in Wien
jUnd trifft schon um 7* N.M. ein.
Die Vertikalintensität zeigt im allgemeinen sehr nahe denselben
iang wie die Totalintensität (vgl. Figg. 294 und 295).
Die tägliche Schwankung bietet wegen ihres regelmässigen Ganges
•1 sehr grosses Interesse. Sie ist deshalb Gegenstand mehrerer wichtiger
oretischer Untersuchungen von Schuster, v. Bezold u. a. gewesen.
Dabei hat man angenommen, dass die Schwankung auf demselben Breite-
:iad konstant ist, was der Erfahrung recht nahe entspricht, und wodurch
las Problem sehr vereinfacht wird. Da die Schwankung nur von der
Lokalzeit abhängt, so kann man sie durch ein magnetisches Feld dar-
teilen, welches über das normale supraponiert ist und sich mit der
5onne von Ost nach West dreht. Dieses Feld ist auf der Sommerseite
ier Erde kräftiger entwickelt als auf der Winterseite.
Schuster berechnete das Potential dieses Feldes aus Beobachtungen
1 St. Petersburg, Greenwich, Lissabon und Bombay und tabellierte
.. von ihm gefundenen Werte, v. Bezold hat das Resultat dieser
Rechnungen in einer Zeichnung (Fig. 297) wiedergegeben, welche die
Lage der Äquipotentiallinien um 12'' Mittags Greenwicher Zeit und zur
Sommersonnenwende darstellt. Dieses Liniensystera verschiebt sich
in der Stunde um 15^ nach Westen. Zur Wintersonnenwendezeit sind
956
Physik der Atmosphäre.
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XVIII. Der Erdmapfnetismus.
957
die Linien umzukehren, so dass das Liniensystem, welches in der
Figur die nördliche Halbkugel deckt, dann auf die südliche über-
tragen wird_^und umgekehrt. Bei den Äquinoctien ist das Liniensystem
mm Äquator symmetrisch, so dass die beiden Wirbel, die die Mitte der
958 Physik der Atmosphäre.
Karte decken, gleich gross sind, und nicht wie im Sommer der nörd-
liche Wirbel grösser. Die Ziffern der Karte Fig. 297 sind in Milliontel
der Einheit ausgedrückt, welche bei der Zeichnung der Isodynamen ii
Fig. 283 verwendet ist.
Eine Magnetnadel, welche für das normale Magnetfeld der Erd.
astasiert wäre, so dass auf sie nur das Drehfeld der täglichen Schwan-
kung wirkte, würde sich senkrecht zu den Equipotentiallinien einstelle
und zwar mit dem Nordende gegen das Innere des nördlichen Wirbe;
zeigen (um ll'^ V.M.). Die Eichtkraft wäre um so grösser, je dichte ;
die Equipotentiallinien an der betrefienden Stelle aneinander liegen.
Da nun das normale Magnetfeld die thatsächliche Richtung de;
Nadel bestimmt, so wird sie von dem Drehfeld nur ein wenig aus d(
mittleren Lage abgelenkt und zwar wird der Ablenkungswinkel dem Ver-
hältnis der Kraft des Drehfeldes und derjenigen des normalen Magnet-
feldes proportional sein.
Die ablenkende Kraft kann nun in der einfachsten Weise als dure
elektrische Ströme in den Luftschichten hervorgerufen betrachtet werden
wie es Schuster gethan hat. Dieselben müssten dann den mitr-
leren Wirbel auf der nördlichen Halbkugel umgekehrt wie die Zeige i
einer Uhr umkreisen, der südliche Wirbel wäre dagegen von elektriscliei
Strömen in der Richtung eines Uhrzeigers umkreist. Wir können di'
beiden Fälle so formulieren, dass die elektrischen Ströme eine cykloniscli'
Drehung besitzen.
Die beiden andren Centra über Ostasien und südlich von Australiei
wären dagegen von elektrischen Strömen in anticyklonischer Richtunc
umwirbelt. Wie die Karte zeigt, erstrecken sich die Wirbel von d^
Sonnenseite über den Äquator hinüber (vgl. S. 953).
Die einfachste Art und Weise, sich diese elektrische Bewegung vor-
zustellen, ist diejenige, dass man annimmt, die Luft wirble in den
betreffenden Bahnen und führe positive Elektrizität mit sich. Wie wir
oben gesehen haben (S. 887), sind die höheren Luftschichten positiv und
die allerhöchsten wahrscheinlich negativ geladen. Durch die Sonnen-
strahlung und Wärmeabsorption der Kohlensäure und des Wasserdampi'
bildet sich eine Cyklone auf jeder Halbkugel aus, von welchen diejenige
sich mächtiger entwickelt, welche auf derselben Seite des Äquators wie
die Sonne selbst liegt. Sie greift sogar durch Reibung etwas anl
die andere Halbkugel hinüber. Es entsprechen die Verhältnisse ungefähr
denjenigen, welche in der Fig. 206 versinnlicht sind; nur spielen sich
die Vorgänge in den höheren Luftschichten und nicht an der Erdober-
XVIII. Der Erdmagnetismus. 959
fläche ab. Die Luftmengen , welche oben zur Seite abfliessen und nega-
tive Ladungen mitführen, werden von der Erddrehung nach rechts (auf
der nördlichen Halbkugel) abgebogen. In den höchsten Luftschichten
entsteht also unter der Sonne eine anticyklonale Bewegung von nega-
tiver Elektrizität, welche mit einem stärkeren cyklonalen Zufluss von Luft
in mittleren Höhen und folglich von positiver Elektrizität verbunden ist.
Dieser Wirbel entspricht einem Magneten mit dem Südende unten. Die
von der Karte angedeutete Verteilung der Äquipotentiallinien wird auf
diese Weise erklärt. Die Anticyklonen auf der Nachtseite der Erde
werden in ähnlicher Weise durch die Abkühlung in der Nacht verständ-
lich. Sie ist am schnellsten kurz nach Sonnenuntergang, die Centra
liegen daher über Punkten, wo es zwischen 7 und 8 Uhr Abends ist.
Diese elektrische Strömung, möge sie in der Luft oder unter der
Erde fliessen, ist offenbar von solcher Natur, dass sie das Nordende des
Magneten auf der nördlichen Halbkugel am Vormittag nach oben zu drehen
strebt. Mit anderen Worten, es wird die Vertikalintensität geschwächt.
Dies stimmt auch mit den Thatsachen, indem die Vertikalintensität ein
Minimum um 11'* 30*^ V.M., ein Maximum um 5'' Abends hat und unter
dem Mittelwert zwischen S'' V.M. und 3^ N.M. liegt (vgl Fig. 294).
Aus diesem Umstand kann man schliessen, dass die elektrischen Ströme
des Drehfeldes in der Atmosphäre verlaufen. Denn nur dann wird
cyklonisch um das Centrum im Atlanten fliessende Elektrizität eine
Magnetnadel um 2 Uhr N.M, (am schwarzen Meer) nach Westen ab-
lenken. Gleich gerichtete Ströme, die in der Erde verliefen, hätten auf
<lie Deklinationsnadel genau die entgegengesetzte Einwirkung.
Auf diese Weise schliesst Schaster, dass die täglichen magnetischen
Schwankungen von Strömungen in der Luft herrühren. Eine Rechnung
ergab ihm aber, dass doch ein Teil (etwa ein Viertel) der Strömungen
in tieferen Erdschichten verläuft, und er nimmt zu diesem Zweck starke
elektrische Induktionsströme an, die in entgegengesetzter Richtung, wie
die induzierenden gehen sollen. Es bleibt künftigen Untersuchungen, die
sich über ein grösseres Material erstrecken, überlassen zu prüfen, ob eine
solche Annahme nötig ist.
Es könnten vielleicht Zweifel entstehen, ob die Sonnenstrahlung
solche Strömungen in den höheren Luftschichten herbeiführen kann.
Nachdem aber Rot eh nachgewiesen hat, dass schon die kurze Temperatur-
änderung, welche bei einer Sonnenfinsternis entsteht, genügt, um Luft-
strömungen von merklicher Mächtigkeit hervorzurufen, sind solche Zweifel
hinfällig.
960 Physik der Atmosphäre.
Die grössere Stärke der täglichen Schwankung im Sommer, gegen-
über der im Winter, wird auf diese Weise leicht erklärlich. Die Wirbel-
bildung muss nämlich im Sommer viel mächtiger als im Winter sein.
Weiter ist die Luft im Frühling und Herbst stärker elektrisch geladen
als im Winter und Sommer, wenn die Erde durch den Sonnenäquator
geht (vgl. S. 153). Demzufolge wird das Minimum im Dezember stark
verschärft, das Maximum des Sommers dagegen abgeflacht, so dass die
Monate April-September nahezu gleich grosse Schwankungen aufweisen
wie der Maximalmonat Juli. Ausserordentlich leicht erklärt sich in ähn-
licher Weise die starke Schwankung der Magnetnadel in den sonnen-
fleckenreichen Jahren (vgl. S. 152).
Schon Faraday zeigte, dass die magnetischen Schwankungen sich
so verhalten, als ob ein grosser Magnet mit dem Südende über der
nördlichen und dem Nordende über der südlichen Halbkugel der Be-
wegung der Sonne folgte. Er nahm zum Verständnisse dieser Thatsache
an, dass die magnetische Permeabilität der Luft mit 'der Erwärmung
durch die Sonnenstrahlen im Laufe des Tages sich ändere. Diese Er-
klärungsweise ist jetzt als unhaltbar verlassen worden.
Dass dieTagesschwankungen auf einer Einwirkung der Sonne beruhen,
geht auch aus einer interessanten Beobachtung hervor, die bei der Sonnen-
finsternis vom 28. Mai 1900 an drei amerikanischen Stationen gemacht
wurde. Während der Finsternis verhielt sich nach Bauer die Magnet-
nadel wie in der Nacht.
Die Schwaiikung der erdmagnetischen Elemente ist, wie wir schon
oben (S. 152) betreffs der Deklination bemerkt haben, viel grösser in
sonnenfleckenreichen wie in sonnenfleckenarmen Jahren. Auf den Zu-
sammenhang zwischen Sonnenthätigkeit und Erdmagnetismus machte
schon Hansteen 1859 aufmerksam, indem er zeigte, dass in den Mini-
mumjahren der Sonnenflecke 1823, 1833, 1843 und 1856 die Horizontal-
komponente durch ein Maximum , die Vertikalkomponente dagegen durch
ein Minimum ging.
Diese Wirkung der Sonnenthätigkeit zeigt sich sehr deutlich in der
Amplitude der täglichen Schwankung; dabei werden nur die regelmässigen
Schwankungen berücksichtigt, die für die Störungen korrigiert sind.
Dies gilt nicht nur für die Deklination, wovon oben berichtet wurde,
sondern für alle magnetischen Elemente.
Van der Stok hat die Beobachtungen aus Batavia in dieser Hin-
sicht bearbeitet. Er vereinigte die Beobachtungen von fünf Jahren in
der Nähe des Jahres 1889, welches ein Minimum der Sonnenthätig
I
XVIII. Der Erdmagnetismus.
961
>it enthielt, in eine Gruppe und diejenigen von sechs Jahren in der
ihe des Maximaljahres 1893 in eine andere Gruppe. Er fand, dass
Grösse der ^Schwankung für jeden Monat und für alle magnetische
jmente ohne Ausnahme in der zweiten Gruppe grösser als in der
jten war, in einem Verhältnis, dass in den verschiedenen Fällen zwischen
14 und 1 ,58 lag. Die untersuchten magnetischen Elemente waren
jklination, Inklination, Horizontal-, Vertikal- und Total -Intensität.
Noch viel beweiskräftiger ist die Untersuchung von Ellis betreffs
Ter Beobachtungen über Deklination und Horizontalintensität zu Green-
wich in den Jahren 1841 — 1896. Das Resultat derselben ist oben in
Fig. 296 wiedergegeben und zeigt einen vollkommenen Parallelisraus
zwischen den genannten täglichen Schwankungen und der Sonnenflecken-
zahl. Alle drei Kurven sinken langsam von einem Maximum zu dem
folgenden Minimum und steigen dann steil zu dem folgenden Maximum.
Auch die kleineren sekundären Schwankungen der drei Kurven zeigen
Gleichzeitigkeit und gleiche Richtung. Das Resultat ist unabhängig da-
von, ob man nur ruhige Tage nach Wilds Methode mitnimmt oder
nur die starken Störungen weglässt.
Zu demselben Schluss führen auch die Beobachtungen aus Parc
St. Maur bei Paris. Für die Amplituden der täglichen Schwankungen
in den Jahren 1888 — 1890, welche das Minimumjahr 1889 umgeben und
den Jahren 1892 — 1894 um das Maximumjahr 1893 gelten folgende Daten.
Dekl. Inkl. Horiz. Veit. Nord. West. Total
1,29' 22,3 17,9 24 40 21,8
2,18' 37,7 24,8 40 57 33,8
1,69 1,69 1,39 1,37 1,42 l,5i
Die fünf letzten Kolumnen betreffen die horizontalen, vertikalen,
nördlichen und westlichen Komponenten der Totalintensität sowie diese
selbst und sind ausgedrückt in 10"^ absoluten Einheiten (7).
Die jährliche Schwankung der täglichen Variationen für Potsdam
(1890—99) und Parc St. Maur (1888 bis 90 und 1892—94) geht aus
folgender Tabelle hervor. (Einheiten wie oben Minute und 7.)
Jan. Feb. März April Mai Juni' Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
f Dekl. 5,20 6,17 9,0011,45 11,3811,24 11,12 11,06 9,34 7,36 5,88 4,94 7,96'
Inkl. 1,00 1,19 1,63 2,07 2,07 2,29 2,47 2,47 2,33 2,02 1,31 0,92 1,50'
Horiz. 15,0 18,2 27,7 39,8 38,9 41,0 42,8 41,5 36,9 32,5 20,4^5,^27,0
Vertik.6,4 11,9 18,3 25,4 29,2 25,1 24,1 20,5 16,9 13,7 9,7 7,4 16,7
Nord. 17,3 21,6 31,4 42,4 .39,1 40,4 42,6 43,4 39,5 35,3 22,8 15,2 29,8
West 26,8 31,5 47,7 60,0 60,8 61,0 60,2 59,0 50,4 35,9 29,4 25,1 41,9
^ Total 9,3 14,7 24,4 35,8 39,6 37,0 35,5 31,4 26,9 22,1 13,4 8,4 24,5
Airhenius, Kosmische Physik. 61
1888-90
7,59'
1,29'
22,3
17,9 24 40 21,8
1892—94
10,71'
2,18'
37,7
24,8 40 57 33,8
Verhältnis:
1,41
1,69
1,69
1,39 1,37 1,42 1,55
s
o
Inkl. 1,1
1,1
1,5
1,9
1,7
2,1
2,2
2,6
2,0
1,9
1,5
1,2
1,73
Horiz.18
18
27
35
33
38
42
43
34
32
23
17
30.0
Vert. 9
16
22
28
33
29
28
31
21
18
15
10
21,8
Nord 22
24
32
37
33
36
40
42
38
37
26
20
32
West 27
35
50
60
59
61
Gl
63
53
46
33
26
49
Total 13
20
29
37
40
38
38
36
29
27
17
12
27,8
9ß2 Physik der Atmosphäre.
Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
Dekl. 5,4 6,5 9,8 11,7 11,8 ll,ß 11,6 12,0 10,5 8,8 5,8 4,4 9,1.V
^ S^
o 1
CS 00
Die Änderung der täglichen Schwankung im Jahre wird durch
die Figuren 291—295 für Potsdam 1890—99 versinnlicht.
Die Übereinstimmung mit der wahren Nordlichtperiode ist auffallend.
Die jährliche Periode, Ebenso wie am Tag der Mittag ist im
Jahre der Hochsommer die Periode, in der die Deklinationsnadel nach
Westen abweicht. Dies gilt für die nördliche Halbkugel, auf der süd-
lichen ist die Abweichung umgekehrt. Einige Beispiele mögen angeführt
werden, in welchen wie gewöhnlich östliche Abweichung von der Mittel-
lage als positiv bezeichnet wird. (Die Ziffern bezeichnen Bogensekunden.
Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Paris (1821- 30) +16 3ö 64 11—22—52-65 —20 —3+13 11 10
Philadelphia
(1841—45) .
90 73 28
-28
-70
-84
-95-
- 120 — 62 +77 85
106
Kew (1890-94)
25 22 7
-28
— 28
-35
— 39-
- 34 + 22 17 11
36
Parc St. Maur
(1888-97) .
+ 1 0 10
7
— 7
— 8
-10
+1 0 +5 —3
1 0
Potsdam (1890
bis 99) . .
,+ 1 + 4 + 3
+ 2
+ 5 -
-10
-13
— 7 + 2 + 10 + 13 -
f 13
Nach Mielberg ist in Nertschinsk der Gang derselbe wie an den
angeführten Stationen, dagegen in Jekaterinenburg umgekehrt (Ma
ximum im Juni, Minimum im September). Auch für Batavia ist der
Gang umgekehrt wie für die Stationen der Tabelle, was damit über-
einstimmt, dass Batavia auf der südlichen Halbkugel liegt. Sehr eigen-
tümlich ist die geringe Jahresschwankung im Parc St. Maur, verglichen
mit derjenigen in Paris (nach Messungen von Arago).
Fast ebenso niedrige "Werte wie in Parc St. Maur ergeben die Be-
obachtungen in Potsdam.
Auch die anderen magnetischen Elemente erleiden eine jährliche
Änderung. Sabine wies im Jahre 1850 nach, dass die Inklination auf]
beiden Halbkugeln im Halbjahr Okt.— März grösser als im anderen Halb-
jahr ist.
Dagegen ist die Horizontal -Intensität (entgegen Sabines Ansicht)
auf der nördlichen Halbkugel grösser im Sommer als im Winter.
XVIII. Der Erdmagnetismus.
963
Als Beispiele mögen folgende Daten angeführt werden, in welchen
iie Ziffern für die Inklination (J) in Sekunden, diejenigen für die Hori-
zontal- und Vertikal-Intensität {H und V) in 10 -ß absoluten Einheiten
(),l7) angegeben sind. Die Daten aus Kew stammen aus den Jahren
J90— 94, diejenigen aus Parc St. Maur aus den Jahren 1888 — 97.
Jan. Febr. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
BW H—Vd—U—15 —5 + 46 74 47 24 —18 —55 —46—24
^^ 11 — 22—50—16 -f-4 23 53 42 14 -28 —17 —15—17
V
18
— 22 — 55 — 16 — 3 +1
11
26 14
fF— 17 —58 —18 +16 56 74 50 5 —34—48 —36 —18
J 21 28 19 1—20 —37 —35—14+5 15 16 15
X — 17 —26 —16 + 16 + .52 +69 +47—3 —34—46—34—16
— 7-6-11—7 +6 16 23 21 9—6-16-^6-0
V 102 127 99 62 2 — 82 — 108 — 83 — 66 — 52 -22+33
IT 91 102 77 54 10—60 —92 —80 —70 —53 —17 +37.
Da die Horizontalintensität zu Parc St. Maur nur 0,19535, die
[ertikal Intensität dagegen 0,42129 betrag, dagegen die Schwankung der
lorizontalintensität diejenige der Vertikalintensität um nahezu den drei-
ichen Betrag übersteigt, so muss die Inklination den umgekehrten Gang
ie die Horizontalintensität zeigen.
In Potsdam ist die Schwankung der Vertikalintensität (V) um-
"gekehrt wie in Parc St. Maur, und wie diejenige der Horizontalinten-
sität (H). Infolgedessen hat auch die InklinationY-T? in Minuten ange-
geben ein ausgesprochenes Maximum im Winter (Februar) und ein
Minimum im Sommer (Juni bis Juli). Die Totalintensität (77 verhält
sich wie ihre wichtigste Kompon*»nte (V), die Nord- und Westkompo-
nenten {X und — Y) der Horizontalintensität wie diese selbst.
Die magnetischen Störungen. Die heftigen, grossen Abweichungen
der magnetischen Elemente werden als „Störungen" bezeichnet. Zwischen
denselben und den regulären Schwankungen giebt es alle möglichen
Übergänge, sodass die Aussonderung der Störungen immer etwas Willkür
an sich hat. Nach Sabine wurden beispielsweise als Störungen der
Deklination solche Abweichungen vom Mittel angesehen, welche 3,6' für
Toronto, 3,5' für Nertschinsk, 3,3' für Kew und 2,4' für Hobarton über-
stiegen.
Die nähere Untersuchung der Störungen hat viele interessante Ergeb-
nisse zu Tage gefördert. Schon die Beobachtungen von Celsius in Upsala
imd Graham in London zeigten, dass die Störungen in diesen beiden
Orten gleichzeitig eintreten. Die Uhr zu Upsala zeigt eine Stunde
61*
964
Physik der Atmosphäre.
11 Minuten mehr als diejenige von London. Am 5. April 1741 fand
ein starker magnetischer Sturm statt. Die Deklinationsnadel schwankt,
zu Upsala zwischen 9*^33' und 11^, zu London zwischen lö'^SO' und
17*^20'. Die Maxima der Deklination wurden in London um 3'* AO^ und
4Ä 20»" beobachtet, in Upsala waren die entsprechenden Zeiten 5'* und
^^ 35«* (alles Lokalzeit). Die
grössten Störungen traten
demnach sehr nahe gleich-
zeitig ein. Damals wurden
die Beobachtungen nur in
bestimmten Intervallen auf-
genommen, die Gleichzeitig-
keit konnte unter solchen
Umständen nicht so genau
festgestellt werden wie jetzt
bei den selbstregistrieren-
den Instrumenten, die eine
kontinuierliche Kurve zeich-
nen. In nahegelegenen Sta-
tionen, z.B. denjenigen West-
Europas tritt die Schwankung
meist in gleicher Richtung
und etwas verschiedener
Stärke auf. Zwischen weiter
von einander getrennten Sta-
tionen zeigen sich grössere
Unterschiede , sodass bis-
weilen die gleichzeitigen Ab-
weichungen in entgegenge-
setztem Sinne verlaufen
können. So z. B. beobachtete Wijkander zu Polhem auf Spitzbergen
Abweichungen, die grosse Unterschiede gegen die gleichzeitig (1872—73)
in der gemässigten Zone beobachteten zeigen. Auch können Störungen
an einem Ort auftreten, während an einem anderen gleichzeitig keine be-
merkbar sind. So z. B. fand Humboldt eine grosse Störung in dem
Bergwerk zu Freiberg, die in Berlin nicht beobachtet wurde.
Die Beobachtungen des von Gauss und Weber organisierten mag-
netischen Vereins, welcher an gewissen Tagen alle fünf Minuten Beobach-
tungen anstellte, lieferten sehr wertvolle Beiträge zur Erkenntnis der
Fig. 298. Störungen zu Zika-Wei, Batavia,
Bombay, Petersburg, Wien, Toronto und Mel-
bourne am 24. — 25. Juli 1885.
i
XVIII. Der Erdmagnetismus. 955
fatur der Störungen. Dies gilt natürlich noch mehr von den Auf-
lehnungen der selbstregistrierenden Instrumente in den magnetischen
Observatorien. Solche gleichzeitige Aufzeichnungen der Bifilarmagneto-
leter vom 24.-25. Juli 1885 lO'^ N.M. bis 6'» V.M. (Greenwicher Zeit)
id in der Fig. 298 reproduziert. Sie zeigen, dass die grössten Störungen
"gleichzeitig über die ganze Erde auftreten von Petersburg bis nach
Melbourne, Batavia, Zika-Wei in China und Toronto in Canada. Die
heftigen plötzlichen Störungen traten an allen Beobachtungsorten gleich-
zeitig auf (10'^ 30*" N.M. und 4^* V.M.). Die kleineren Störungen zeigen
dagegen an den verschiedenen Stellen recht grosse Unterschiede. Die
Schwankung war an einigen Stellen sehr beträchtlich, so z. B. in Toronto
^0047 abs. Einheiten (etwa 3 Proz. des Mittelwertes der Horizontal-
^tensität). In Wien betrug sie nur 0,0012.
Ebenso wie v. Bezold das magnetische Feld dargestellt hat, welches
m täglichen Schwankungen entspricht, hat Ad. Schmidt eine Dar-
jllung des Feldes der Störungen gegeben. Die magnetischen Kraft-
lien dieses Feldes liegen bei relativer Ruhe einander einigermaassen
irallel, bei starken Störungen bilden sie konvergierende oder divergierende
^steme, die sich allmählich verschieben und der wirbeiförmigen An-
ordnung der Windrichtung um Cyklonen und Anticyklonen ähnlich sind.
Die Ursache der Störungen liegt, nach der vertikalen Komponente zu urteilen
(vgl. S. 959), oberhalb der Erdoberfläche. Ohne Zweifel finden in mittleren
Luftschichten bei diesen magnetischen Stürmen starke cyklonische bezw.
anticyklonische Luftbewegungen statt, welche positive Elektrizität mit-
schleppen und auf diese Weise die magnetischen Störungen verursachen.
Die Wirbel können als aus elektrischen Strömen zusammengesetzt
gedacht werden, deren Stärke unter Umständen nicht weniger als 0,01
Amp. pro cm erreicht.
Schon früh entdeckte man (Sabine 1852), dass die magnetischen
Stürme in sonnenfleckenreichen Jahren viel häufiger und heftiger als in
sonnenfleckenarmen sind. Durch Summierung aller Störungen in einem
Jahr erhielt Sabine Relativzahlen, und zwar fand er für die Jahre
1844—48 für Toronto folgende Werte:
Dekl.
Horiz.
Vert.
1844
0,52
0,35
0,65
1845
0,64
0,47
0,58
1846
0,82
0,55
0,73
1847
1,39
1,14
1,23
1848
1,63
2,49
1,80.
965 Physik der Atmosphäre.
1843 war ein Minimumjahr, 1848 ein Maximumjahr der Sonneii-
flecken.
Diese Beziehungen zwischen Stärke der Störungen und Menge der
Sonnenflecken hat sich bei allen späteren Untersuchungen bestätigt.
Bei Untersuchungen über den jährlichen Gang der Störungen ist
man auf Schwierigkeiten gestossen. Dieselben hat EUis in der Weise
entfernt, dass er die Störungen in Gruppen einteilte. Die „stärksten
Störungen" entsprechen Abweichungen der Deklinationsnadel von mehr
als 1^ und der Horizontalkomponente von mehr als 3Ü0 Einheiten der
fünften Decimalstelle. „Schwache Störungen" haben einen Effekt der
mehr als sechs mal geringer ist als die genannten Ziffern angebew.
10' bezw. 50 Einheiten, Die „schwachen Störungen" zeigen ein einziges
Maximum im Hochsommer und ein Minimum im Winter.
Die anderen Störungen zeigen dagegen zwei Maxima im Frühlint:
und Herbst, und zwei Minima, von welchen dasjenige in Juni etwas aus-
geprägter ist als dasjenige in Dez. oder Jan. Die folgenden Daten au^
Toronto und Greenwich mögen dies erläutern. Für Greenwich sind
Störungen aller magnetischen Elemente zusammengenommen.
Toronto Greenwich
Dekl. Horiz. Vert. Mittel
Jan. 0,57 0,56 0,57 0,93
Febr. 0,84 0,94 0,74 1,23
März
1,11
0,94
1,08
1,22
April
1,42
1,50
1,49
1,09
Mai
0,98
0,90
1,12
0,81
Juni
0,53
0,36
0,50
0,71
Juli
0,94
0,61
0,71
0,81
August
1,16
0,75
1,08
0,90
Sept.
1,62
1,71
1,61
1,15
Okt.
1,31
1,48
1,29
1,18
Nov.
0,78
0,98
0,75
1,02
Dez. 0,76 0,58 0,61 0,83
Die beiden Maxima im jährlichen Gang der Störungen der Dekli
nation. Horizontal- und Vertikalintensität treten auch in Fig. 299 deut-
lich hervor, welche ihren Gang zu Potsdam in den Jahren 1890—99 n
darstellt.
Dieser Gang der starken Störungen ist genau gleich demjenigen der
halbtägigen Barometerschwankung in niederen Breiten (vgl. S. 603). Di
XVIII. Der Erdmagnetismus. 957
barken Störungen sind demnach direkt durch den Fall von Sonnenstaub
Verursacht, welcher hauptsächlich in den niederen Breiten stattfindet.
)ie schwachen Störungen dagegen, welche im Sommer ihr Maximum
sitzen, können als Folgen des schon durch Winde diffus verbreiteten
Jonnenstaubs betrachtet werden, welcher nicht geladen genug ist, um
Elektrische Entladungen gleich nach seinem Fall in die Atmosphäre
lervorzurufen. Dies entspricht mehr den Verhältnissen in höheren Breiten.
Die Störungen haben auch eine tägliche Periode. In den meisten
fällen treten sie am häufigsten in der Mittagszeit, am seltensten um
[itternacht auf. Als Beispiel mögen folgende Daten aus Batavia
1882—1893) dienen, welche die Anzahl der Perturbationen für die drei
magnetischen Elemente, Deklination, Horizontalintensität und Vertikal-
intensität, sowie ihren Mittelwert angiebt.
StundeV.M.l 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Dekl. 0,29 0,25 0,25 0,32 0,37 1,14 1,97 1,65 1,56 2,05 2,98 3,20
Horiz. 0,80 0,78 0,79 0,74 0,76 0,81 0,85 0,93 0,93 0,85 0,95 1,06
Vertik. 0,44 0,46 0,52 0,57 0,67 0,91 1,18 1,98 1,96 1,63 1,36 1,26
Mittel 0,51 0,50 0,52 0,54 0,59 0,95 1,33 1,52 1,48 1,51 1,76 1,86
^tundeN.M.l 2 3 4 5 (3 7 8 9 10 11 12
Dekl. 2,67 1,77 0,79 0,61 0,52 0,35 0,30 0,22 0,22 0,14 0,14 0,18
Horiz. 1,35 1,61 1,61 1,39 1,16 1,04 0,99 0,94 0,96 0,95 0,86 0,91
Vertik. 1,65 1,93 1,91 1,53 0,87 0,57 0,48 0,44 0,44 0,43 0,43 0,43
Mittel 1,89 1,77 1,44 1,18 0,85 0,65 0,59 0,53 0,54 0,51 0,48 0,51
Die Maxima und Minima der Störungen der Deklination treffen
ziemlich genau zur Mittags- und Mitternachtszeit ein, diejenigen der
Horizontal -Intensität etwas später, diejenigen der Vertikal -Intensität
wiederum etwas früher, so dass im Mittel die Störungen ihre Extrem-
werte um Mittag und Mitternacht durchlaufen. Betreffs der Form der
Schwankung ist es auffallend, dass die Werte in den Nachtstunden
6 Uhr abends bis 6 Uhr früh), nahezu konstant sind, dann schnell
wachsen und ein ziemlich flaches Maximum um Mittag durchlaufen,
schliesslich in den Nachmittagsstunden 3 — 6 Uhr sehr schnell auf den
konstanten Nachtwert sinken. Es stimmt dieser Gang ganz auffallend mit
demjenigen der Sonnenstrahlung überein, was kein Zufall ist, denn die
Menge Sonnenstaub, welche in die Atmosphäre hineinfällt, ist ungefähr
ler Sonnenstrahlung proportional. Man hätte vielleicht erwartet, dass
las Maximum etwas in den Vormittag hinein verschoben wäre und in
9ß8 Physik der Atmosphäre.
der That sind im Mittel die Störungen am Vormittag nach 5 Uhr be-
deutend (etwa 15 Proz.) stärker als ebenso lange nach Mittag.
Die graphische Darstellung Fig. 300 giebt den täglichen Gang der
Störungen zu Potsdam in den Jahren 1890 — 1899 wieder. In derselben
tritt ein Minimum um Mittagszeit und ein Maximum am Abend
(9^ N. M.) sehr deutlich hervor. Der Gang ist also ein ganz anderer wie zu
Batavia. Es wäre ohne Zweifel erwünscht auch in diesem Fall zwischen
starken und schwachen Störungen zu unterscheiden.
Die nahezu 26-tägige Periode. Oben ist kurz erwähnt, dass
die erdmagnetischen Elemente und ihre Störungen einer Periode von
25,93 Tagen Länge unterworfen sind (S. 148). Ordnet man die betreffen-
den Erscheinungen nach derselben Epoche (1728 Jan. 1,0), so findet
man Maxima, die meist nahe aneinander liegen. Man findet nämlich
das Maximum an folgenden Tagen:
Nordlichter 15,3. Tag. EA.
Südlichter 15,5. „ EA.
Deklination (östl.) in Prag und Wien 1870 . . . 17,6. „ H.
Tagesschwankung des Erdmagnetismus (Fort.Rae 1882
bis 1883) 18,5. „ L.
Deklinationsstörungen (Jan Mayen 1882—83) . . 19,0. „ L.
(Wien 1882—83) .... 19,2. „ L.
Tagesschwankung des Erdmagnetismus (Jan Mayen
1882—83) 19,3. „ L.
Inklination (Prag 1870) 19,5. „ H.
Störungen des Erdmagnetismus Pawlowsk 1882 — 83 20,1. „ M.
Gewitter, Schweden 1880—95 22,4. „ EA.
Horizontalintensität Prag 1870 23,1. „ H.
Gewitter, Bayern und Württemberg 1880—87 . . 24,7. „ Bz.
Horizontalintensität, Hobarton 1844 — 45 .... 24,9. „ Br.
„ Makerstoun, Schottland 1844
bis 45 25,4. „ Br.
Br. = Broun, Bz. = ßezold, EA. = Ekholm und Arrhenius,
H. = Hornstein, L. = Liznar, M. = C. A. Müller.
Von diesen Erscheinungen sollte man vermuten, dass die Polar-
lichter, die täglichen Schwankungen und die Störungen des Erdmagnetis-
mus gleichzeitig auftreten. Die mittleren Maximaltage dieser drei Er-
scheinungen sind der 15,4. der 18,8. und der 19,4. Tag. Sie fallen
innerhalb weniger als einer sechstel Periode zusammen, so dass mau
XVIII. Der Erdma^etismus.
969
wohl vermuteu kann, dass eine nähere Untersuchung mit grösserem
Material (nicht nur vom Jahr 1882 — 83) sie zu vollkommener Über-
einstimmung bringen wird. Auffallend ist, dass die Hornstein sehen
Perioden der Deklination und Inklination nahe mit den oben erwähnten
zusammenfallen. Da die meisten Nordlichter, oder richtiger disruptiven
elektrischen Entladungen
in den höheren Luftschich- J- !■'• M. A. M. j. j. a. s. o. n. d.
ten wohl nördlich von Prag
und Wien sich abspielen,
kann man dieses Verhalten
der Deklination erwarten.
Das von Hornstein be-
nutzte Material scheint
aber nach Schusters Un-
tersuchung zu gering ge-
wesen zu sein, um bündige
Schlüsse zu gestatten.
Eine nähere Unter-
suchung dieser Periode so-
wohl wie derjenigen des
tropischen Monats würde
ohne Zweifel wichtige Auf-
schlüsse ergeben.
Magnetische Ele-
mentarwellen. Wenn
man mit selbstregistrieren-
den Instrumenten Ände-
rungen studieren will, die
in sehr kurzer Zeit erfolgen,
somuss das photographische
Papier sich mit grosser Ge-
schwindigkeit abwickeln. Eschenhagen, der in den Aufzeichnungen
der gewöhnlichen Registrier- Apparate , bei welchen eine Stunde 1 bis
2 cm Länge der photographischen Abbildung entspricht, Anzeichen von
kurzdauernden magnetischen Schwankungen gefunden hatte, versuchte
Apparate, die 24 cm Papierstreifen pro Stunde abrollten. Bei dem
Bifilarmagneten, der angewandt wurde, war ausserdem die Trägheit gering,
damit er den kurzdauernden Impulsen folgen könnte. Auch seine
Dämpfung war relativ gross, damit keine Eigenschwingungen störten.
; z.
5 Störimgeii
Fig. 299. Jährliche Gang der Störungen der De-
klination, Horizontal- und Vertikal - Intensität.
Potsdam 1890—99 nach Lüdeking.
970
Physik der Atmosphäre.
Mn.
6a
M.
6P
Mn.
D.
Seine Empfindlichkeit war bedeutend (1 mm entsprach 4.10"^ abs. Ein-
heiten), damit schwache Kräfte sich geltend machen könnten.
Eschenhagen fand auf den so entstandenen Aufzeichnungen in sehr
vielen Fällen kleine Wellenlinien, die, unabhängig von der Wolkenbedeckung,
besonders häufig am Tage auftraten. Diese Vibrationen dauerten meistens
etwa drei bis vier Stunden und hatten eine Periodenlänge von im Mittel
etwa 30 Sekunden. Auch
kürzere Perioden wie 12 Sek.
— solche wurden schon
früher von Kohlrausch be-
obachtet — waren repräsen-
tiert. Bisweilen kamen zwei
Schwingungsarten von un-
gleicher, aber nicht all zu
sehr verschiedener Perioden-
länge vor; in solchen Fällen
traten charakteristische In-
terferenzerscheinungen zwi-
schen den beiden Wellen-
zügen auf.
Unter den magnetischen
Instrumenten eignet sich das
Bifilarmagnetometer wegen
seiner grossen Empfindlich-
keit am besten zur Unter-
suchung dieser schwachen
magnetischen Wellen, das
Deklinometer zeigt sie re-
lativ selten, die Lloydsche
Wage nie.
Birkeland, der ähnliche Wellen in Nord -Norwegen untersuchte,
stellte fest, dass sie sich ganz gleichzeitig dort und in Potsdam zeigten.
Dieser Befund ist nicht für die Hypothese günstig, welche annimmt,
dass diese kleinen Schwankungen irgendwie mit der Luftelektrizität, d. h.
dem Potentialgefälle in der Nähe der Erdoberfläche in Zusammenhang-
stehen, denn diese Grösse hat ein stark lokales Gepräge.
In den Nachtstunden treten bisweilen magnetische Wellen mit einer
Periodenlänge von mehreren Minuten auf. Von denselben vermutete
Arendt, dass sie mit der Luftelektrizität in Zusammenhang stehen..
z.
i|ln||ii;:i
— f r 1 i
• — I 1
2P = 5 Störungen
Fig. 300. Täglicher Gang der magnetischen Stö-
rungen der Deklination, Horizontal- und Verti-
kalintensität. Potsdam 1890 - 99 nach L ü d e k i n g.
XVIII. Der Erdmagnetismus. 971
Fan Beminelen fand aber in Batavia die meisten Eschenhagenschen
''eilen in der Nacht, wogegen in Utrecht wie in Potsdam sie meistens
im Tag vorkamen. Sie sind zu Batavia am gewöhnlichsten im Juli, am
beitesten im Januar. Dort kamen die Elementarwellen auch am Dekli-
latorium, nicht aber an der Lloydschen Wage zum Vorschein.
Die magnetischen Wellen könnten nach einigen Forschern vielleicht
elektrischen Schwingungen der Erde oder der Sonne entsprechen. Die
Periode solcher Schwingungen beträgt aber 0,15 bezw. 17 Sek. und ihre
Dämpfung ist sehr gross (3,6), was mit der Natur der Elementarwellen
keineswegs übereinstimmt.
Einfluss des Mondes auf die Magnetnadel. Schon früh hat
man (Kr eil 1841) erkannt, dass der Mond eine Wirkung auf die Magnet-
nadel ausübt, indem zur Zeit der oberen und unteren Kulmination (Durch-
gang durch den Meridian) des Mondes die Deklinationsnadel auf der nörd-
lichen Erdhälfte ihre grösste westliche Abweichung hat, einen viertel
Mondtag (24'* 51*") früher oder später dagegen am weitesten nach Osten
ausweicht. Auf der südlichen Halbkugel ist der Gang entgegengesetzt.
Die Amplitude ist sehr gering, 20,9" für Kew, 39,6" für Toronto, 9,2"
für Peking, 10,5" für St. Helena, 20,9" für Capstadt und 18,2" für
Hobarton. Diese halbtägige Periode unterscheidet sich wesentlich von der
ganztägigen der Sonnenwirkung. Man ist zu ihrer Erklärung auf eine
Art Gezeitenwirkung hingewiesen.
Wie wir oben (S. 892) gesehen haben, übt der Mond in der That auf
die Luft eine Gezeitenwirkung derart aus, dass die Luft von allen Seiten zu
dem Punkte hinströmt, wo der Mond durch den Meridian geht. Schuster
hebt hervor, dass die so entstehenden Luftströmungen elektrische Ströme
herbeiführen müssen, die wiederum den beobachteten magnetischen Effekt
ausüben könnten. Eigentümlich ist es, dass die Schwankungen im Sommer
grösser sind als im Winter, und dass die Nadel an äquatorialen Stationen
den Gang mitmacht, welchen die jeweilig von der Sonne mehr bestrahlte
Halbkugel zeigt. Danach scheint der Mond nur störend auf die von der
Sonne hervorgerufenen Luftströmungen einzuwirken.
Auch auf die anderen magnetischen Elemente übt die Stellung des
Mondes einen Einfluss aus. So beträgt z. ß. zu Batavia die vom Monde
hervorgerufene tägliche Schwankung der Inklination 4" und diejenige
der Horizontalintensität 0,0033 Proz. während diejenige der Deklination 8"
erreicht. Zu Philadelphia soll die Horizontalintensität mit dem Mondtage
um 0,025 Proz. ihres Betrages schwanken.
Nach den Berechnungen von van der Stok ändert sich die Ampli-
972 Physik der Atmosphäre.
tude der Schwankung umgekehrt wie die dritte Potenz der Entfernung
des Mondes. Diese ändert sich von Erdnähe zu Erdferne im Verhältnis
1:1,07; die dritte Potenz dieser Zahl ist 1:1,225, während die Ampli-
tude der Mondschwankung bei der Brdferne sich zu derjenigen bei der
Erdnähe wie 1 : 1,24 nach Beobachtungen in Trevandrum (Indien) und
wie 1 : 1,23 nach Beobachtungen in Batavia verhält.
Jedenfalls ist die betreffende Schwankung, obgleich schwach, so regel-
mässig, dass an ihrer Wirklichkeit kein Zweifel entstehen kann. Die
dritte Potenz entspricht einer Gezeitenwirkung (vgl. S. 449).
Die Beobachtungen von Batavia scheinen auch eine Einwirkung der
Mondphasen auf die Amplitude der mondtäglichen Schwankung anzu-
deuten, indem dieselbe bei Neumond und Vollmond grösser ist als beim
ersten und dritten Viertel.
Theorieen des Erdmagnetismus. Die einfachste Annahme, um
die erd magnetischen Wirkungen zu versinnlichen, ist diejenige, dass
man sie durch einen in der Mitte der Erde gelegenen Magnet-
stab hervorgerufen denkt. Dieser Gedanke stammt eigentlich schon von
Gilbert (1600), welcher sich die Erde als einen grossen Magneten vor-
stellte. Die Deklination, meinte er, beruhe auf der magnetischen An-
ziehung der Kontinente, was bald als unrichtig erkannt wurde. Tobias
Meyer versuchte die erdmagnetischen Erscheinungen so darzustellen,
dass er annahm, ein Magnetstab von der Länge eines Siebentel Erd-
durchmessers liege symmetrisch im Erdmittelpunkt mit der Längsachse
nach den erdmaguetischen Polen gerichtet.
Diese Annahme ist jedoch zu einfach, indem nach ihr die magne-
tischen Meridiane grösste Kreise durch die magnetischen Pole sein müssten.
Die magnetischen Pole müssten auch einander diametral gegenüber liegen,
was keineswegs der Fall ist.
Die Verbesserung dieser Theorie durch Hansteen, welcher zwei
Magnetstäbe im Erdinneren annahm, war auch nicht sehr befriedigend.
Um aller Willkür zu entgehen, berechnete Gauss das erdmagnetishe
Potential in einem bestimmten Punkte der Erde mit Hilfe einer Reihen-
entwickelung. Die Reihe war nach dem Sinus und Cosinus der ein-
fachen, doppelten, dreifachen u. s. w. geographischen Breite und Länge
des Ortes entwickelt. Die Koeffizienten dieser Reihe wurden ans den
Beobachtungen berechnet. ,
Gauss entwickelte seine Reihe bis zu 24 Gliedern, fand aber, dasd^l
die Rechnung nicht in befriedigender Weise den Beobachtungen ent-™'
sprach. Aus dem erdmagnetischen Potential kann man nämlich durch
XVIII. Der Erdmagnetismus.
973
)ifferentiatioii nach einer gegebenen Richtung, die in dieser Richtung
Firkende erdmagnetische Kraft berechnen. Auf diese Weise kann man
ie nordsüdliche und ostwestliche Komponente der Horizontalintensität,
»wie die Vertikalintensität berechnen und somit auch die Deklination
md Inklination bestimmen.
Man war nun bestrebt, das empirische Material zu verbessern, wobei
fauss selbst, sowie Weber und Laraont am kräftigsten mitwirkten.
In letzter Zeit sind Neuberechnungen von Neumayer aus dem gesamten
Beobachtungsmaterial durchgeführt worden und in Karten niedergelegt.
Trotz aller aufgewendeten Mühe
musste man anerkennen, dass diese Dar-
stellungsweise nicht den zu stellenden
Ansprüchen entsprach.
Später sind Versuche gemacht wor-
den, durch Erhöhung der Zahl der Glieder,
eine grössere Annäherung an die Wirk-
lichkeit zu erzielen. So hat Fritzsche
nicht weniger als 63 Glieder mitgenom-
men, wobei er jedoch fand, dass die Über-
einstimmung nicht viel besser wurde als
mit 48 Koeffizienten. Femer hat Ad.
Schmidt die Gauss sehe Theorie so um-
geformt, dass sie für eine ellipsoidische
Erde gilt, anstatt wie früher für eine
kugelförmige.
Neuere Untersuchungen. Wenn die Erde als eine gleich-
massig magnetische Kugel aus Eisen zu behandeln wäre, so würden die
Äquipotentiallinien Parallelkreise bilden, deren Ebenen gleich weit von
einander entfernt wären. Die Pfeile der Figur 301 zeigen die Grösse
und Richtung der Kraft an, welche von der Kugel ausgehend auf eine
kleine freischwebende Magnetnadel ausgeübt werden würde. In der That
entspricht diese Verteilung sehr nahe dem sogenannten mittleren Zu-
stande der Erde, welchen man erhält, wenn man den Mittelwert des
magnetischen Potentiales an der Erdoberfläche auf einem bestimmten
Breitegrade 95 nimmt. Dieses mittlere Potential ist nach von Bezold:
r^ = — li 0,330 sin 9).
R bedeutet den Erdradius. Daraus folgt für die horizontale Komponente H.
Bdg)
Fig. 301.
F =
0,330 cos y.
974 Physik der Atmosphäre.
Die Theorie verlangt, dass die Wirkung dieses Magnetismus genau
so gross ist, wie diejenige eines kleinen Magneten vom gleichen magne-
tischen Moment, welcher im Erdmittelpunkt liegt. Nach einem bekannten
Satz von Gauss stellt sich ein kleiner Magnet ns (Fig. 302) im Felde
eines grossen Magneten NS so ein, dass er gegen einen Punkt T zeigt,
der folgendermaassen bestimmt wird: Man verbindet die Mittelpunkte L'
und 0 der Magnete und teilt die Verbindungslinie in 3 gleiche Teile, so
dass 0 Q='^l2 QR. In Q errichtet man Q T senkrecht auf OB: dann ist
der Punkt, in dem QT die Verlängerung von NS schneidet, der gesuchte
Punkt T. Der Winkel A OB, welcher die geographische Breite cp der
Nadel ns darstellt, ist gleich OTQ und der Winkel QTB ist gleich
der Neigung von ns gegen den Horizont, also gleich dem Inklinations-
winkel i.P ist der geographische Nordpol. Nun ist offenbar:
QT= QBtg(90 — i) = QOtg(90 — 9)),
wo i den Inklinationswinkel im Punkte R bedeutet. Da 2 Q0= QB,
so folgt:
t g * = 2 t g ^.
Daraus erhält man die Grösse der vertikalen Komponente Z:
Z=^ Htgi = 0,330 cos 93 • 2 t g 9) = 0,660 sin (p.
Das ganze magnetische Moment der Erde berechnet sich aus diesen Daten
zu 8,52.1025 C.G.S. Gauss fand aus seinen Berechnungen 8,55.1025 C.G.S..
was so viel ausmacht, wie wenn in jedem Kubikmeter der Erde 3,5 k?
magnetisch gesättigte Stahlmagnete verteilt wären. Diese Magnetisierung
erscheint so bedeutend, dass die meisten Forscher die Annahme, dass der
Erdmagnetismus von magnetischen Körpern im Erdinneren herrühre,
verworfen haben.
Die magnetischen Verhältnisse der Erde entsprechen nur in erster
Annäherung dieser einfachen Verteilung des Erdmagnetismus, und man
hat ebenso wie für die Temperatur sogenannte Isanomalen gezeichnet,
welche die Abweichungen von den aus der angeführten Theorie ab-
geleiteten Zahlen darstellen.
Auch die nördliche und die südliche Halbkugel zeigen nicht voll-
kommen gleiche Werte, wie folgende Daten über die mittleren Werte der
Horizontal- (H) und Vertikalintensität (F) längs der 30. und 50. Paral-
lele beweisen:
XVII. Der Erdmagnetismus.
975
Breite
H
V
öO^n.
0,19
0,50
30 n.
0,29
0,34
30 s.
0,27
— 0,32
50 s.
0,21
— 0,47
Um die Darstellung dieser Abweichungen und ihre Erklärung haben
ich V. Bezold und Bauer grosse Verdienste erworben. Die westliche
[albkugel von etwa 5^ e. L. bis 150^ w. L. zeigt ein grösseres Potential
Is das theoretische, die übrigen Erdteile eine dementsprechende negative
Abweichung.
Die Isanomalen der Inklination
[sapoklinen) zeigen zwei Centra
ler grössten Abweichung in der
fähe des Äquators. Das positive
lentrum, welches das Nordende
[er Inklinationsnadel um etwa 29*^
>n der normalen Lage gegen die
Erde hinzieht, liegt unter etwa
10" s. Br. und 40 » w. L. Das ne-
gative Centrum, über welchem das
'Nordende der Inklinationsnadel um
24^ über die normale Lage ge-
hoben wird, befindet sich unter
5^ s, Br. und 40^ e. L. DieseCentra
sind gewisserraaassen als sekundärer Nord- bezw. Süd-Pol zu betrachten.
Dem BeispieleHansteens folgend, zeigt Bauer, dass die erdmagnetischen
Erscheinungen durch die Annahme zweier auf einander nahezu senkrecht
stehender magnetischen Systeme der zuletzt beschriebenen Art einiger-
maassen genau dargestellt werden können, wovon das polar gerichtete
j etwa fünf mal kräftiger als das äquatorial gerichtete entwickelt ist.
Diese Annahme entspricht einer Neigung der erd magnetischen Achse
c^egen die Erdachse von etwa 10", während Gauss Rechnungen 12"
ergeben.
Bauer hat auch die mittlere sekuläre Veränderung der erd-
magnetischen Elemente in den Jahren 1780 — 1885 als eine Funktion
der geographischen Breite (gleichgiltig ob nördlich oder südlich) darge-
stellt. Er fand folgende Werte der jährlichen Änderung der Deklination
und der Inklination in Bogenminuten:
Fig. 302.
976 Physik der Atmosphäre.
Breite . .
. 0
20
40
600
Deklination
. 4,3'
4,8'
6,2'
9,5'
Inklination.
. 8,0'
7,2'
5,0'
2,5'.
Eine interessante Beziehung dieser Sekularvariation, welche durch
eine Verschiebung des äquatorial gerichteten magnetischen Systemes
dargestellt werden kann, zur Sonnenfleckenzahl hat Moureaux in den
Deklinations-Beobachtungen von Parc St. Maur gefanden. Diese Variation
schreitet nämlich in den Jahren mit viel Sonnenflecken schneller vor
als in denjenigen mit wenigen, wie folgende Tabelle zeigt:
Jahr Variation Sonnenflecke Jahr Variation Sonnenflecke
1883 —7,20' 1155 1891 — 5,9l' 569
1884
— 6,26
1079
1892
— 5,84
1214
1885
— 5,99
811
1893
— 5,88
1464
1886
— 6,12
381
1894
— 5,80
1282
1887
— 5,08
178
1895
— 5,54
974
1888
— 5,12
89
1896
— 5,26
543
1889
— 5,92
78
1897
— 4,79
514
1890
— 5,85
99
1898
-4,18
420.
Im allgemeinen zeigt die Sekularvariation eine Abnahme mit der
Zeit, aber es ist doch deutlich, dass die jährliche Abnahme im Mittel
mit den Sonnenflecken wächst.
Auch die sekuläre Veränderung ist der mathematischen Analyse von
Carlheim-Gyllenskiöld unterworfen worden. Er zerlegte den Aus-
druck für das Potential nach Kugelfunktionen in eine Reihe von Gliedern,
die von der Latitude 9? abhängen und die mit Aq, ä^, A^ u. s.w. be-
zeichnet werden mögen. Jedes dieser Glieder wurde wiederum nach Art
einer harmonischen Reihe in Glieder nach der Longitude a? zerlegt.
Durch eine solche Reihe kann jede Verteilung des Erdmagnetismus dar-
gestellt werden, wenn man nur genügend viele Glieder nimmt. Je
höhere Multipel von (p und co die Glieder enthalten, um so weniger
wichtig sind sie im allgemeinen. Von jedem dieser Glieder nimmt
Gyllenskiöld an, dass es eine periodische Funktion der Zeit ist. Die
kürzeste von diesen Perioden, 300 Jahre, besitzt das Glied Y^,^, welches
nach den Winkeln 5 g) und 3 o? [entwickelt ist. Dieses Glied ist von
geringer Bedeutung, Y^,^ dagegen, das eine Periode von 500 Jahren
besitzt, ist sehr wichtig. Diesem Glied entspricht wohl der Hauptsache nach
die sekuläre Schwankung der Deklinationsnadel zu Paris, welche 158
1
XVIII. Der Erdmagnetismus. 977
Maximum östlicher, 1814 ein Maximum westlicher Abweichung durch-
ff (vgl. Fig. 284). Die Zeitdifferenz 234 entspricht einer Halbperiode,
)nach die ganze Periode 468 oder rund 500 Jahren betragen würde.
)n geringerer Bedeutung ist das Glied 73,3 mit einer Periodenlange
)n 700 Jahren. Von den Gliedern erster Ordnung nach co haben das
reite 12,1 und das dritte Fg,, ungefähr gleich lange Perioden, 1700 bezw.
^00 Jahren. Sie machen sich in der Wanderung des Durchschnitts-
inktes der agonischen Linien mit dem Äquator geltend, von welchen
vr, welcher im Atlanten liegt, in 285 Jahren (1600 — 1885) einen Bogen
fn 63^ beschrieb (8^ e. L.— 55^ w. L.). Dies entspricht einem ganzen
ilauf um die Erde in 1630 Jahren. Ungefähr dieselbe Periode,
J70 Jahre, zeigt die Verschiebung des Durchschnittspunktes der Isokline
lU mit dem Äquator, dieser Punkt hat nämlich in 185 Jahren (1700
1885) ein Neuntel des Erdumkreises (35^ e. L. — 5*^ w. L.) beschrieben.
5hon diese Perioden sind viel zu lang, um noch mit einiger Sicherheit
stimmt werden zu können. Noch mehr gilt dies für die Periode des
sten variablen Gliedes r,,i, welche 3100 Jahre umfasst.
Gyllenskiöld hat nun gefunden, dass nicht nur die Richtung der
Magnetisierungen, welche durch die einzelnen Glieder Y dargestellt
werden, sondern auch ihre Stärke mit der Zeit sich ändert und zwar
nach der gleichen Periode wie die Richtung. Es sieht also nach Gyllen-
skiöld aus, als ob elektrische Strömungen — vermutlich in der Atmo-
sphäre — eine stetige Ummagnetisierung des Erdkernes senkrecht zur
Erdachse verursachen. Die Inhomogenität der Erde bewirkt, dass
die Stärke dieser Magnetisierung nach einer Periode schwankt, die der-
jenigen der Ummagnetisierung selbst gleichkommt. Die Beobachtung von
Moureaux (S. 976) spricht sehr für diese Ansicht.
Die Darlegungen von Gyllenskiöld bieten daher nicht nur ein
theoretisches Interesse, sondern können auch dazu dienen, von den
magnetischen Verhältnissen der Erde in längst entfernten Zeiten eine
Vorstellung zu verschaffen. So z. B. kann man mit ziemlicher Sicher-
heit daraus schliessen, dass der magnetische Äquator nie nördlich
von Rom gelegen hat. Dieselbe Ansicht hat auch Fritzsche ge-
äussert. Sie steht im Widerspruch mit den Aufsehen erregenden
Schlüssen von Folgheraiter, welcher aus den magnetischen Eigen-
schaften von etruskischen Vasen hergeleitet hat, dass zur Etruskerzeit
(etwa 700 Jahre vor unserer Zeitrechnung) die Inklination in Italien
•2"29'— 25^3"?' südlich gewesen ist. Die Vasen sollten nämlich beim
Brennen magnetische Eigenschaften angenommen haben, deren Achse
Arrhenius, Kosmische Physik. 62
978 Physik der Atmosphäre.
von der noch festzustellenden Lage der Vase und der bisher unbekannten
Richtung der magnetischen Kraftlinien abhängt. DerSchluss von Folghe-
raiter war schon deshalb sehr unwahrscheinlich, weil der jetzige magne-
tische Äquator sich nicht mehr als 16*^ vom geographischen Äquator ent-
fernt, und Rom auf 42*^ n. Br. liegt. Nach Gyllenskiöld war die Inkli-
nation zu Rom in der betreffenden Zeit etwa 48,5" nördlich.
In ähnlicher Weise hat man mit Hilfe von bei tertiären Eruptionen ge-
brannten Thonschichten die Deklination in Auvergne zur Tertiärzeit zu
70— 9<> W. bestimmt. Sie ist jetzt 140 20' W. Solche Beobachtungen ver-
sprechen viel Interesse.
Landesvermessungen. Wenn man den Wert der magnetischen
Elemente in sehr vielen Punkten eines Landes bestimmt, so findet man,
dass dieselben nicht unbeträchtlich von denjenigen abweichen, welche
auf den vorhin erwähnten Karten aufgeführt sind. Dieser Umstand be-
ruht auf sogenannten lokalen Störungen und die Abweichung zwischen
den nach den magnetischen Weltkarten berechneten und den that-
sächhch gefundenen Werten kann als ein Maass der Störung ange-
sehen werden. Als eine Probe möge eine Darstellung der Isogonen
in Grossbritannien (Fig. 303) nach den Messungen von Rück er und
Thorpe wiedergegeben werden. Neben diesen sogenannten „wahren"
Isogonen sind sehr dicke Linien gedruckt, welche die sogenannten „terres-
trischen" Isogonen darstellen. Diese Linien sind aus den magnetischen
Weltkarten genommen und unterscheiden sich durch den nahezu gerad-
linigen Verlauf von den schlängelnden „wahren" Isogonen; sie sind
als eine Art Idealisierung der Wirklichkeit anzusehen. Der Unter-
schied zwischen dem wahren und dem von den terrestren Isogonen an-
gegebenen Wert erreicht in diesem Fall nicht mehr als einen halben Grad.
Ebenso unbedeutend sind die Störungen in allen Ländern, wo stark
magnetische Gesteinsarten nicht vorkommen. Aber schon Basalthügel
und Granitkuppen können recht bedeutende Störungen hervorrufen. So
z. B. geht die Isogone von 9*^ durch die granitreiche Insel Bornholm, einer
negativen Abweichung von 1,^^ entsprechend. Die Deklination nimmt
nach Nordosten (Christiansö) bis auf 11" zu, während sie nach der Karte
der terrestrischen Isogonen dahin abnehmen sollte, und sinkt nach Süd-
westen auf 8*^, einer Abweichung von etwa 2,5*^ entsprechend.
Die erste Anomalie dieser Art, abgesehen von den Störungen in der
Nähe von Lagerstätten des Eisenerzes Fe^ O4, welche von alters her mit Hilfe
des Grubenkompasses aufgesucht wurden, wurde in den Alpen von Kr eil auf-
gefunden. Ahnliche Störungen zeigen die Karpathen in Ungarn und noch
XVIII. Der Erdmagnetismus.
979
mehr die grosse Himalayakette nach den Messungen der Brüder Schlag-
1 II t weit.
Durch das Studium der magnetischen Abweichungen in Japan und
Indien sowie Europa gelang es Naumann, eine nahe Beziehung zwischen
■■b Linien der magnetischen Abweichungen und den tektonischen Linien
I^B Magnetische Laxidesvermessung von Clros&l>idtannien (1886.0).
m^m Die terrestrischen (— ) und wahren ( — ) Isogonen .
Fig. 303.
Icr Bergmassive nachzuweisen. Es ist demnach kein Zweifel, dass ein
Studium dieser Abweichungen von grossem Nutzen beim Studium des
Aufbaues der Erdkruste werden kann.
62*
^
980 Physik der Atmosphäre.
Noch viel grössere Abweichungen kommen bisweilen in der Näl
von Lagerstätten magnetischer Eisenerze vor. Die Deklination kann a
solchen Stellen alle möglichen Werte annehmen, sodass die AbweichuTic
auch 180^ erreicht. Diese Einwirkung auf den Magneten haben Wred-
und Thalen benutzt, um die ungefähre Lage der Eisenerzstöcke zu b
stimmen. Auf die Stärke der Abweichung kann man auch Schät-
zungen betreffs der Mächtigkeit des Erzlagers gründen. Es gieitt
auch magnetische Inseln, welche grosse Störungen der Magnetna(i
verursachen. Am bekanntesten ist wohl Jussarö an der Südwest-Küsb
Finnlands. Die Abweichung der Deklinationsnadel beträgt daselb^'
nicht weniger als — 158^ diejenige der Inkhnation — 17^.
Die meisten Eisenerze wieOxj^d (Eisenglanz, Hämatit, jP>2 ^3)» I^arbonar
(Eisenspath, FeCO^) und die verschiedenen Hydrate sind, zum üuter-
schiede vom magnetischen Eisenerz, 7^6304, nur sehr schwach magnetisch
Die Lagerstätten jener Eisenerze, wie z. B. Eisenerz in Steiermark, wn
Karbonate und etwas Hydrate vorkommen, verursachen deshalb nm
recht unbedeutende Störungen des Erdmagnetismus.
Abweichungen von nicht allzu bedeutender Grösse kommen ferner b
den meisten oceanischen Inseln vor, wie die Challenger-Expeditioii
nachwies. Diese Inseln bestehen oft aus vulkanischen Auswürfen, dit
beim Erstarren unter dem Einfluss des Erdmagnetismus eine magnetisch«
Orientierung erhalten haben, sodass das magnetische Südende der Kupji
auf der nördlichen Hemisphäre nach oben zu liegen kam. Auf der süd-
lichen Halbkugel ist es natürlich umgekehrt. Infolgedessen wird im
allgemeinen auf der nördlichen Halbkugel das Nordende der Magnet-
nadel zu der Insel hingezogen bezw. auf der Insel hinuntergezogen. Auf
der südlichen Halbkugel gilt dasselbe für das Südende der Nadel.
Ähnliche Abweichungen — bisweilen von so grosser Bedeutung, da.^
sie für die Schiffahrt gefährlich sind — , kommen auch auf dem Meer vor.
so z. B. ausserhalb Cossack in Nordwest-Australien, weit von der Küste,
wo eine Abweichung von 30^ beobachtet wurde. Andre Fälle von starken
Störungen kommen bei den Küsten von Labrador, Madagascar, bei Reu-
nion u. s. w. vor. Man nimmt an, dass sie von grossen Eruptiv-Massiven
unter der Meeresfläche verursacht sind.
Ein ähnliches gilt von den grossen eruptiven Gebirgsstöcken ii
Binnenland. So z. B. kam 0. E. Meyer durch das Studium der schle-
sischen Gebirgsketten zu folgendem Schluss. „In unseren nördlichen
Breiten wird jede magnetische Bergkuppe, mit Ausnahme vereinzelt vor-
springender Felsen, au ihrer Oberfläche nur magnetische Südpole au
XVin. Der Erdmagnetismus. 981
isen könneu." Auch Lamont fand bei seiner Untersuchung über
rern, dass die Störungen auf eine Verstärkung des Süd-Magnetismus
Orte der Störung zurückgeführt werden konnten.
Elektrische Strömungen zwischen Erde und Atmosphäre.
Venn man einen Magnetpol von der Stärke m eines biegsamen Magneten
rund um einen Strom führt von der Stärke J, so ist die dabei ausge-
führte Arbeit gleich AjtmJ. Mau kann nun aus den Messungen der
magnetischen Elemente die magnetische Kraft in der Richtung der Tan-
gente längs einer geschlossenen Kurve 5 an der Erdoberfläche berechnen.
Es sei diese Komponente Xs, so ist die Arbeit beim Herumführen des
Magnetpols m rund um die Kurve:
s
mxsds = 4 jimJ.
J ist die Elektrizitätsmenge welche pro Sekunde durch das von der
Kurve s eingeschlossene Stück der Erdoberfläche in die Luft hinausströmt.
Als solche Kurve können wir einen Breitekreis nehmen, z. B. den
'). der nördlichen Halbkugel. Xs bedeutet in diesem Fall die West-
.. jmponente der Horizontälintensität. Nennt man den Mittelwert dieser
Komponente längs dieses Breitegrades Jf, so ist, wenn R den Erdradius
liirstellt und östliche Richtung als positiv gerechnet wird:
A:JcJ=^3tR GOS %(i^M; J={RM.
J bedeutet die Stromstärke, welche die vom 60. Breitegrade einge-
schlossene Kalotte in Richtung von. Nord nach Süd durchläuft.
Auf dieselbe Weise kann man die Stärke des Stromes berechnen,
welche die vom 55. Breitegrad eingeschlossene Kalotte durchläuft. Der
unterschied zwischen diesem Wert und dem vorhin erhaltenen giebt die
Elektrizitätsmenge, welche parallel der Erdachse in der Zone zwischen
550 n. Br. und 60 '^ n. Br. von Nord nach Süd fliesst.
Eine solche Rechnung wurde von Ad. Schmidt durchgeführt, wobei
er die von Neumayer ausgearbeitete Karte (Fig. 283) für das Jahr
lbS5 benutzte. Sie führte zu dem Resultat, dass auf der nördlichen
Halbkugel, besonders in mittleren Breiten (um 50<') Ströme aus der
jj Erdoberfläche in die Luft hinaufsteigen, um von da in niedrigen Breiten zur
■Erde zurückkehren. Auf der südlichen Halbkugel herrschen ähnliche Ver-
hältnisse, indem die Elektrizität in den polarnahen Gegenden hinauf-
' strömt und am Äquator wieder hinuntersinkt. Die Stärke des Stromes
<iurch die vom 40. nördlichen Breitegrad eingeschlossene Kalotte sollte
982 Physik der Atmosphäre.
nach der Berechnung von Ad. Schmidt 3,5.10^ Amp. betragen, eim
Stromstärke von 0,04 Amp. pro km^ entsprechend.
Bauer, der eine ähnliche Berechnung ausgeführt hat, findet, das^
nördlich vom 45. nördlichen Breitegrad 3,8.10'' Amp. von der Erdober-
fläche in die Höhe steigen, dass dagegen in der Zone zwischen 45^ n. umi
45"^ s. Br. ein Strom von 6,5.10^ Amp. aus der Luft zur Erdoberfläche
heruntersinkt, woraus folgt, dass der aufsteigende Strom südlich vom
45^ s. Br. 2,7.10*' Amp. beträgt. Die Verteilung der Ströme ist nicht
symmetrisch um den Äquator. Die Stromstärke zwischen den nach-
stehenden Breitegraden hat nach Bauer folgende Werte in 10"^ Am;
pro km 2;
Breite 0 5 10 lö 20 25 30 35 40 45 50 55 600 n. Br.
Stromstärke 36 —20 —22 —54 —74 —68 —38 —20 6 125 164 154 10-3 Ami.
Eine ähnliche Berechnung, die vom 40*^ und 60** n. Br., 10" w. L.
und 30° ö. L. eingeschlossenen Fläche, also den grösseren Teil Europa-
umfassend, wo die genauesten Messungen ausgeführt sind, führt zu dem
Schluss, dass die Stärke des daselbst aufsteigenden Stromes etwa 0,1 4 Amp.
pro km 2 beträgt.
Eücker hat die ausserordentlich genaue Ausmessung des britischen
Reiches zu ähnlichen Rechnungen benutzt; er fand aber kein Anzeichen
eines Stromes in der einen oder anderen Richtung. Zu ähnlichen
Resultaten kamen betreff's Schweden Carlheim-Gyllenskiöld, betreffs
Österreich Liznar. Die Elektrizitätsströmung zwischen Erde und Luft
scheint demnach etwas zweifelhaft zu sein.
Die Stärke des magnetischen Feldes nimmt mit steigender Höhe
ab. Nimmt man einen centralen Magneten an, so sollte diese Abnahme
nach der dritten Potenz der Entfernung vom Mittelpunkt, d. h. um
etwa 0,05 Proz. pro km, erfolgen. Sie ist jedoch ausserordentlich viel
schneller, wie die Messungen zeigen. Die ersten solchen wurden im Luft-
ballon von Gay-Lussac und Biot ausgeführt. Die Genauigkeit der
erlangten Resultate war viel zu gering, um daraus Schlüsse zu ziehen.
Kr eil führte dagegen Beobachtungen im Gebirge der Alpen aus
und verglich dieselben mit den Beobachtungen in nahegelegenen
Thälern. Ähnliche Messungen wurden von Moureaux in den Pyre-
näen ausgeführt. Die gefundenen Werte sind sehr unregelmässig und
ergeben sogar bisweilen eine Zunahme des Magnetfeldes mit der Höhe.
Als Mittel der an 7 Alpenstationen von Kr eil ausgeführten Messungen
findet man eine Abnahme um 0,3, als Mittel der drei Beobachtungen
XVIII. Der Erdmagnetismus. 983
in den Pyrenäen eine solche von 0,4 Proz. pro km. Die vielen Unregel-
mässigkeiten zeigen, dass ein bedeutender Teil der beobachteten Er-
scheinung auf lokale Störungen zurückzuführen ist, was die Bearbeitung
dieser Ziffern stark erschwert.
Liznar hat jedoch eine solche Bearbeitung von neueren Messungen
ausgeführt und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Westkomponente
des Erdmagnetismus mit der Höhe zunimmt, wogegen die anderen Kom-
ponenten abnehmen und zwar etwa dreimal so schnell, als man nach der
Theorie zu erwarten hätte. Um dies zu erklären, kann man in den
unteren Luftschichten elektrische Ströme annehmen, die von W nach E
und etwas von N nach S fliessen.
In der That fliesst ein Luftstrora von dieser Richtung in den mittleren
und unteren Luftschichten — wenn man von den allerniedrigsten ab-
sieht (vgl. S. 689 ). Da dieser Wind positive Elektrizität mitführt, so ist
die Annahme eines gleich gerichteten elektrischen Stromes wohl begründet.
Magnetische Wirkungen des Sonnen- und des Erd-Körpers.
Oben haben wir nach A. Schuster als die mutmaassliche Ursache
der täglichen Schwankung der Magnetnadel eine elektrische Strömung
oberhalb der Erdoberfläche angegeben. Man könnte aber erst die Ver-
mutung prüfen, ob nicht eine Magnetisierung der Sonne genügen würde,
die Beobachtungen zu erklären.
Wenn ^^ die Magnetisierung pro m^ der Sonne, Ä diejenige der Erde,
R die Entfernung und r den Halbmesser der Sonne bedeuten, so gelten
für die Feldstärke F\ welche von der Sonne herrührt und diejenige F^,
welche von der Magnetisierung der Erde am Äquator erzeugt wird,
folgende Formeln:
^' =h ^' {r)'-' ^' = t ^^-
Nun ist Fe ein Minimum der i^'-Werte der Totalintensität, folglich wird :
F^4A\r) <^^ 1" A '
nachdem 2 r : i? den Wert 1 : 107.6 besitzt. Danach würde die Schwan-
kung des erdmagnetischen Feldes zufolge der Einwirkung der Sonne
immer unter dem zuletzt geschriebenen Wert bleiben. Da man nun täg-
liche Schwankungen desselben von der Grösse 3.10-^ beobachtet, so müsste
die Magnetisierung A^ der Sonne diejenige A der Erde um etwa den
15 000 fachen Betrag übersteigen. In jedem Kubikmeter der Sonne müsste
9g4 - Physik der Atmosphäre.
demnach ebensoviel Magnetismus befindlich sein, wie in etwa 50000 kg
magnetisch gesättigten Stahlmagneten, d. h. die Sonne müsste 7,5 mal so
stark magnetisiert sein wie der am kräftigsten magnetisierte Stahl.
Dieser Wert scheint so gross, dass man allgemein die Hypothese ver-
lassen hat, dass die Sonne, wenn sie auch von den stärksten Strömen
umkreist wäre, durch magnetische Fernewirkung die täglichen Schwan-
kungen des Erdmagnetismus hervorbringen könnte. Es wäre aber trotz-
dem sehr verfrüht, überhaupt den Einfluss der Sonne auf den Erd-
magnetismus für nur scheinbar erklären zu wollen (vgl. S. 135).
In derselben Weise kann man mit besserem Erfolg die Wirkung der
Erde als der Hauptsache nach von magnetischen Massen in ihrem Inneren
herrührend erklären. Wir haben oben gesehen , dass die Erde eine Eigen-
ladung besitzt. Nehmen wir an, die normale Ladung der Erdoberfläche
sei so gross, dass sie einem Potentialgefälle von 300 Volt pro Meter, d. h.
einer elektrostatischen Einheit pro Meter entspreche, so ist nach S. 881
die Erd ladung }i= — l:4jr-100 elektrostatische Einheiten oder 2.6. 10~^^
elektromagnetische Einheiten pro cm^. Da weiter die mittlere Geschwin-
digkeit der Erde 296 m pro Sek. beträgt, so entspricht dies einer Strom-
stärke für jeden Centimeter eines Erdmeridians von 7,7 10- ^^ elektro-
magnetischen Einheiten, d. h. 7,7 10" '^ Amp. Für jeden km hätte man
also eine Stromstärke von 7,7 10-^ Amp. oder längs des ganzen Erd-
quadranten von nur 7,7 Amp. Auch mit Zuhilfenahme der Magnetisierung
eines inneren Eisenkernes in der Erde würde man nur zu Werten ge-
langen, die viel geringer wären als die thatsächlich beobachteten. Die
Richtung der Magnetisierung würde aber mit der wirklich existierenden
übereinstimmen.
Nach unseren jetzigen Kenntnissen hat man nicht mit der Ladung
der Erdkruste zu rechnen, denn sie wird ungefähr von derjenigen der
niederen Luftschichten aufgehoben, sondern man müsste die negative
Ladung der höchsten Luftschichten in die Rechnung einführen. Wie
gross aber diese ist, lässt sich noch nicht schätzen, nur hat man be-
rechtigte Gründe zu vermuten, dass sie diejenige der Erdoberfläche
mehrere mal übertrifft. Vielleicht kann sie auch genügend gross sein,
um die Magnetisierung der Erde zu erklären.
Erdströme. Als die Telegraphenlinien errichtet wurden, müsste
man bald bemerken, dass das telegraphische Drahtnetz bisweilen
von elektrischen Strömen durchflössen wird, welche so kräftig
sind, dass sie die telegraphischen Signale vollkommen unkenntlich
machen. Dies geschieht teils bei Gewittern zufolge von Entladungen
II XVIII. Der Erdmagnetismus. 935
pder Induktionsströmen im Drahtnetz, teils aber auch bei anderen Ge-
legenheiten, wenn Gewittererscheinungen nicht in merklichem Grade
hervortreten.
Matteucci beobachtete zuerst das Auftreten von heftigen tele-
graphischen Störungen bei einem starken Nordlicht am 27. Oktober 1848.
Er studierte danach die Ströme, welche in Drähten entstehen, deren
beide Enden durch zwei Endplatten mit der Erde in Kontakt stehen.
Ganz anders richtete Barlow seine Versuche ein, indem er keine
Erdleitung benutzte, sondern die Ströme in einer geschlossenen Draht-
schlinge studierte (1849). In diesem Fall können keine anderen Ströme zu
stände kommen als diejenigen, welche durch Änderung der auf der Fläche
der Schlinge senkrechten Komponente des Erdmagnetismus entstehen.
Seitdem kann man zwei leitende Ansichten in den Arbeiten auf
diesem Gebiet vorfinden, indem einige Forscher, darunter Lamont, ge-
neigt sind, die Erdströme, d. h. die vermittels zwei Kontaktplatten aus
der Erde abgezweigten Ströme als Ursache der Störungen des Erd-
magnetismus anzusehen, andere dagegen die Schwankungen des Erd-
magnetismus als Ursache der Erdströme betrachten.
Man hat in dieser Hinsicht ebenso wie bei den magnetischen Schwan-
kungen zwischen heftigen Störungen und den langsamen regelmässigen
Schwankungen zu unterscheiden. Bei der Beurteilung der letzteren
müssen die ersteren aus dem statistischen Material ausgeschieden werden.
Was erst die Störungen betrifft, so sind sie am häufigsten in nord-
lichtreichen Jahren. So z. B. giebt Preece die Jahre 1859—60, 1872
und 1883 als durch ungewöhnlich heftige Störungen charakterisiert an.
jSie entsprechen den Sonnenfleckenmaxiraa in den Jahren 1859, 1870 und
1883. Nach Preece sind auch wahrscheinlich die Störungsströme parallel
der Linie gerichtet, welche die Mittelpunkte der Erde und der Sonne
verbinden. Sie treten vollkommen gleichzeitig über der ganzen Erde auf
und gleichzeitig mit den grossen magnetischen Stürmen und Polar-
lichtern. Die Störungen können sehr grossen elektromotorischen Kräften
entsprechen, so z. B. erreichten diese auf 500—600 km langen Linien in
Frankreich während der Nordlichttage 29. Aug. — 3. Sept. 1859 nicht
weniger als 700 bis 800 Volt, d. h. etwa 1,37 Volt pro km. Die Poten-
tialdifferenzen sind nämlich im allgemeinen der Entfernung der Erd-
platten proportional. Ähnliche Grössen, 1,1 Volt pro km, beobachtete
man in England am 31. Jan. 1881. Nach Cleveland Abbe soll man
sogar in Amerika auf der Linie New York-Elisabeth, welche jedoch nur
20 km lang ist und durch grosse Centren der elektrischen Industrie
986 Physik der Atmosphäre.
läuft, am 16. Juli 1892 Potentialdifferenzen von 9 Volt pro km beobachtet
haben.
Airy hat auf zwei 12 bezw. 16 km langen Linien, die in Green-
wich endeten, in den Jahren 1865 bis 1867 die Störungen durch Erdströme
gemessen und daraus geschlossen, dass sie magnetische Störungen her-
vorbrachten und nicht umgekehrt. Einige Fälle kamen jedoch vor, in
welchen die beiden Arten von Störungen nicht gleichzeitig eintrafen,
Ellis hat diese Untersuchungen an einigen besser gelegenen Linien fort-
gesetzt und ist zu demselben Schluss gekommen. Die Eintritts-Zeiten
der beiden Erscheinungen unterschieden sich nicht um mehr als 3 Min.,
was innerhalb der Beobachtungsfehler lag.
Zu dem entgegengesetzten Schluss kam Blavier bei seiner Unter-
suchung der Störungen in einigen Telegraphenlinien, die von Paris aus-
gehen. Er sah die magnetischen Störungen als primär an; seine Ansicht
wird jedoch von Moureaux, der neuere Untersuchungen in Frankreich
angestellt hat, nicht unterstützt.
Die ausführlichsten Untersuchungen der Erdströme sind von Wein-
stein ausgeführt worden. Sie betreffen die Strömungen, welche in den
Linien Berlin — Dresden (120 km in fast nord-südlicher Richtung) und
Berlin — Thorn (262 km in fast west-östli eher Richtung) von registrierenden
Galvanometern aufgeschrieben wurden. Dabei sind die „unruhigen" Tage
ausgeschlossen; jedoch blieben zur Bearbeitung 5000 Aufzeichnungen
übrig.
Es wurde erst ein konstanter Strom in der Leitung beobachtet,
welcher der Differenz der Mittelwerte des Potentiales der Endplatteu
an den drei Stellen entspricht. Diesen konstanten Strom sieht Wein-
stein als ganz zufällig an, indem er von der Natur der Erdplatten ab-
hängen soll, und in der That änderte sich dieser Strom bei einer
Änderung der Erdplatte in Berlin. Es mag jedoch wohl sein, dass ein
Teil des konstanten Stromes nicht von Ungleichheiten der Erdplatten
herrührt, sondern von ihrer Lage, da man im Gebirge gefunden hat,
dass der Erdstrom von niedrigen nach hoch gelegenen Orten fliesst. So
z. B. fand Brand er, dass der Strom immer von Airolo zu dem 950 m
höher gelegenen Hospiz auf St. Gotthard fliesst. Die Potentialdifferenz
zeigte ein flaches Maximum um ö'* Vorm. und war stärker in der Nacht
als am Tag. Brand er benutzte als Elektroden amalgamierte Zink-
stücke, die in porösen, mit Zinksulfatlösung gefüllten Thongefässen standen,
sodass keine merkliche Potentialdifferenz zwischen verschiedenen Elek-
troden vorkam.
XVIII. Der Erdmagnetismus.
987
Eine grosse Regelraässigkeit zeigte der tägliche Gang des Erdstromes
zu Berlin, welcher durch die Kurve Fig. 304 dargestellt ist. Der Strom
in ost-westlicher Richtung zeigt genau denselben Gang wie derjenige in
Süd-nördlicher, nur ist seine Schwankung etwa 2,5 mal geringer. Ein
erstes unbedeutendes Minimum der süd-nÖrdlichen Komponente (beinahe
gleich dem Mittelwert Null) tritt um 3 Uhr Vorm. ein, danach steigt die
Stromstärke auf ein sekundäres Maximum um 7 Uhr Vorm., passiert die
Null -Lage um S'* 15"* Vorm. und erreicht das Hauptminimum um 11^
30 w Vorm. Von da ab steigt die Stromstärke schnell, passiert um 2*15"*
Nachm. die Null-Lage und um 4^* 20 "* Nachm. das Hauptmaximum. Von
nNM.
_ Süd-NoT'cl
Konip onente
Ost-West
Komponente
d£jt Ertltstroms
Fig. 304. Tägliche Schwankung der beiden Komponenten des Erdstroms zu Berlin
nach Weinstein.
da ab sinkt sie ziemlich regelmässig mit einer kleinen Einbiegung um
7/4 3()w und einer kleinen Ausbuchtung um 9'' 15"* auf das Nachtminimum
um 3 Uhr. Die Schwankung der ost -westlichen Strömung ist derjenigen
der Süd-nördlichen um etwa eine halbe Stunde voraus, sodass die Extrem-
werte bei jener etwas früher eintreffen. Die Schwankungskurve zeigt
eine grosse Ähnlichkeit mit derjenigen der Deklination, aber noch mehr
mit derjenigen der Totalkraft des Erdmagnetismus (vgl. Fig. 295).
Die tägliche Schwankung, ausgedrückt als Abweichung vom Mittel-
wert der totalen Stromstärke, welche aus den beiden Komponenten
zusammengesetzt ist (vorderste Kolumne), zeigt sich in der folgenden
Tabelle:
Vormittag 0 1 2 345 (5 7 89 10 11
Winter 149 —125 —64 —39 —35 —51—93 —94 —24 —18 —93 -+-45 208
Frühl. 263—245-242—253 — 246 — 227—201 —94 —10 —73 — 50 -f- 319 605
Sommer321— 215— 223— 209 — 193— 143 —67 —80 — 195 -65-1-233 486 581
Herbst 250—168-203-232—241—231—186-131-127—108 4-118 392 533
3 4 5 6
7
8 9
10
11
—38 +38 30 6
15
47 60
16
-76
—62 +213 174 68
—4
-33 -67
-133
—209
—41 +149 219 149
14 •
-132-202
-214
-222
ggg Physik der Atmosphäre.
Nachmittag 0 12
Winter 149 +244 121 —83
Frühl. 263 +566 266 —174
Sommer 321 +443 134 —227
Herbst 250 +430 111—160+116 233 184 65—26 —68—81 —98—129
Sehr charakteristisch ist der Stillstand in der Nacht, „die Ände-
rungen der Stromstärke in den Nachtstunden können, an den Aufzeich-
nungen selbst, nur bei grosser Sorgfalt in der Ablesung überhaupt kon-
statiert werden".
Ebenso auffällig ist die Jahresschwankung in der Stromstärke. Sie
beträgt im Mittel:
Im Frühling Sommer Herbst Winter
263 321 250 149
in willkürlichen Einheiten.
Der tägliche Gang ist in grossen Zügen qualitativ derselbe im ganzen
Jahr. Nur verflachen sich die Abend- und Nachtschwankungen im
Sommer, wogegen die primären Tageswellen im Winter am schwächsten
entwickelt sind. Die Eintrittszeiten der Extremwerte am Tag schieben
sich im Sommer gegen die Auf- und Untergangszeit der Sonne aus-
einander. Wie die magnetischen Schwankungen sind also auch diese von
dem Gang der Sonne abhängig.
In quantitativer Hinsicht ist dagegen die Stromschwankung recht ver-
schieden in den verschiedenen Jahreszeiten. „Das Hauptmaxiraum der
Stromentwickelung fällt offenbar auf die Mitte zwischen März und April,
ungefähr auf das Frühlings-Äquinoktium, darauf folgt ein sekundäres
Maximum zwischen Juni und Juli, also etwa um die Sommersonnenwende,
ein weiteres, noch geringeres Maximum zwischen September und Oktober,
vielleicht mit der Herbst-Tag- und -Nachtgleiche zusammenfallend. Das
Hauptminimum findet sich im Dezember und zwar ist dieses Minimum
auffallend geringfügig." Die täglichen Maximalwerte der Stromstärke
sind in folgender Tabelle wiedergegeben, sie erinnern an den jährlichen
Gang der Störungen der magnetischen Elemente (vgl. S. 966) :
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
431 586 771 1062 928 856 920 844 792 747 454 296 741
Die Kichtung des Stromes fällt im Mittel in das Sonnenvertikal,
obgleich grosse Abweichungen vorkommen; dieselben sind am geringsten
im Sommer, wenn die Sonnenwirkung am kräftigsten ist. Besonders
I
XVIII. Der Erdmagnetismus. 989
gering ist die Abweichung in den Stunden um Mittag, wenn die Strom-
stärke ihr Maximum bezw. Minimum durchläuft, und um Mitternacht.
Die Daten für den Sommer mögen dies näher beleuchten. Die
Ziffern geben den Unterschied an zwischen dem Azimut der Richtung
des Erdstromes und demjenigen der Sonne.
Vormittag Ol 23 4 5 6 7 89 10 11
Unterschied —2 —21 —39 —59 —71 —78—79 —52 +34 38 27 9«
Nachmittag 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Unterschied —15 —37 —12 +78 71 61 49 36 19 12 13 8«
Diese regelmässigen Schwankungen eignen sich viel besser als die
Störungen, um zu entscheiden, ob die Erdströme die magnetischen
Schwankungen verursachen oder umgekehrt. Wenn nämlich die erste
Alternative richtig ist, so müssen die magnetischen Elemente, von welchen
Weinstein besonders die Vertikalintensität (in Wien) untersuchte, ihre
Extremwerte durchlaufen, wenn die Stärke des Erdstromes Maxima besitzt.
Ist dagegen die andere Alternative die richtige, so muss der Erdstrom
Maxima zeigen gleichzeitig mit dem ersten Differentialquotienten, oder
mit anderen Worten niit der grössten Ab- oder Zunahme pro Zeiteinheit
in den magnetischen Elementen.
Weinstein findet nun, dass betreffs der Vertikalintensität die zweite
Alternative in direktem Widerspruch mit der Erfahrung steht, welche
dagegen im allgemeinen sehr gut mit der ersten Alternative überein-
stimmt. Auch die Horizontalintensität zeigt in grossen Zügen eine Über-
einstimmung mit der Stärke des Erdstromes. Abweichungen zwischen
diesen beiden Grössen können in einigen Fällen erklärt werden. Wein-
stein kommt zuletzt zu dem Schluss, „dass wenigstens ein Teil der an
den Magnetometern beobachteten Variation nur scheinbar den Erd-
magnetismus selbst betrifft, in Wahrheit aber auf Änderungen des Erd-
stromes beruht".
Eigentümlich genug fand ßattelli, der sehr umfangreiche
Messungen über den Erdstrom in Italien ausführte, keine Überein-
stimmung im Gang der Vertikalintensität und des Erdstromes (im
Gegensatz zu Weinstein). Vielmehr entsprach die nord-südlich ge-
richtete Komponente des Erdstromes Änderungen der Deklination und
die ost-westliche Komponente Änderungen der Horizontalintensität. Die
Änderungen der Stärke des Erdstromes gehen nach Battelli den-
jenigen des Erdmagnetismus um einige Minuten voran. (Die von anderen
Beobachtern konstatierte Gleichzeitigkeit ist wahrscheinlicher.) Wenn die
990 Physik der Atmosphäre.
Erdströme syrnraetrisch um den Beobachtungsort verteilt sind, so haben
sie keinen Einfluss auf die Vertikalintensität, wie Battelli beobachtet
hat. In Gebirgsländern mag das anders sein.
Bei Erdbeben werden häufig die magnetischen Instrumente beun-
ruhigt, auch wenn sie sehr weit von dem Centrum der Erschütterung
aufgestellt sind. Einige, wie v. Bezold, haben die Ansicht ausgesprochen,
dass diese Störungen nur auf mechanische Erschütterungen zurückzuführen
sind. Andere meinen, dass bei den Erdbeben wirkliche Erdströme ent-
stehen, die auf die Magnete einwirken. In der Nähe der vulkanischen
Ausbruchsstellen wurden häufig starke Schwankungen der Magnetnadel
beobachtet, wie zuletzt bei den Ausbrüchen des Mt. Pelee auf Mar-
tinique (1902).
Um diese Frage zu entscheiden, hing Moureaux einen Kupferstab
auf, der dem Bifllarmagnetometerstab ähnlich eingestellt wurde. Wäh-
rend nun dieser beim Erdbeben in sehr deutliche Schwingungen geriet,
war bei dem Kupferstab gleichzeitig nichts davon zu spüren. Diese Be-
obachtung spricht sehr zu Gunsten der Ansicht, dass die Erdbebencentren
elektrische Strömungen aussenden, die weithin fühlbar sind. So z. B. hat
das Bifilarmagnetometer zu Parc St. Maur ein Erdbeben bei Calcutta
am 12. Juni 1897, dasjenige in Potsdam das grosse japanische Erdbeben
vom 22. März 1894 registriert.
Es ist aber auch vorgekommen, dass heftige Erdstösse in Frank-
reich stattfanden, z. B. am 2. September 1896, als die nördlichen De-
partemente Pas-de-Calais, Somme und Nord, sowie Belgien von einer
heftigen Erderschütterung heimgesucht wurden, ohne dass die magne-
tischen Instrumente in Parc St. Maur etwas angegeben hätten. Auch
dieser Befund giebt einen Wahrscheinlichkeitsbeweis gegen die Ansicht,
dass die mechanischen Erschütterungen in ähnlichen Fällen ausschlag-
gebend sind. Dagegen kann man sich wohl vorstellen,^ dass tektonische
Erdbeben vorkommen können, die zu keinen nennenswerten elektrischen
Störungen Anlass geben.
Personenregister.
Abbe, Cleveland 985.
Abercromby 710. 722.
Abney 853. 876.
Accademia del Cimento, Florenz 557.
Adams 197.
Adam von Bremen 392.
Adh^mar 273.
Adsigerius 926.
Aime 382.
Airy 251. 252. 454. 842. 986.
Aitken 485—489. 636. 639. 654.
Albrecht 271.
AI Mamun 236.
Amagat 333.
Amsler (-LafiFon) 382. 876.
Anderlini 117.
Andersson 566.
Andre 887.
Andree 481. 920. t
Angelot 312.
Angot 515—517. 602. 671. 721. 724. 798.
Ingström, A. J. 530. 909.
Angström, K. 170. 496-499, 504. 505.
Antoine 437.
Antoniadi 181. 182.
Arago 282. 517. 773. 830. 868-870. 873.
948. 954. 962.
Archibald 142. 864. 865.
Arctowski 914.
Arendt 970.
Argelander 9. 11. 21.
Aristarcb 70. 240. 269.
Aristoteles 234. 473. 844. 859..
Armstrong 480.
Arrhenius 149. 516. 747. 792. 892. 894.
916. 968.
Arwidson 383.
Aschkinass 170.
Assmann 485. 487.
638. 641.
Aubin 482.
August 618.
Auwers 16. 61.
Babinet 784. 840. 871.
Backlund 120.
V. Baer 267. 425.
Baille 248.
Baillie 349.
Baily 248.
Bakhuyzen 33.
Bale 16.
Balmer 44.
Baltzer 336.
Barlow 985.
Barnard 193. 196. 198. 199.
Barral 803.
Barrow 936.
Bartlett 385.
Bartoli 497.
Barus 654.
Baschin 608. 609. 887.
Batchelder 515. 562. 747.
Battelli 989.
Bauer 960. 975. 982.
Beaufort 670. 671.
van Bebber 670. 717.
ßecquerel, H. 543. 870.
BelU 619.
van Bemmelen 971.
Benndorf 883. 886. 889.
Benzenberg 265.
544. 589. 619. 637.
992
Personenregister.
Berberich 203. 207.
Berget 250.
Bergman 859. 911.
Bergsma 788. 914.
Berthelot 911.
Bessel 16. 49. 207. 208. 245. 456. 879.
Bessels 918.
Beudant 813.
V. Bezold 148. 149. 586. 587. 633. 792.
806. 859. 863. 874. 876. 955. 957. 965.
968. 973. 975. 990.
Bidwell 654.
V. Biela 209.
Biot 840. 982.
Birkeland 970.
Birkner 801.
Bishop 863. 864.
Bixio 803.
Bjelopolsky 16. 24. 81.
Bjerknes 736. 740. 743. 744.
Blackwell 435.
Blake 894.
Blanford 733.
Blavier 986.
Bock 654.
Böddiker 581.
Bode 88.
Boltzmann 161.
Bond 93.
Borda 941.
Börnsfcein 887. 892.
Borough 927. 932. 951.
Bouguer 238. 250. 255. 258. 261. 849.
Bouilla 216.
Bourdon 546.
Bourgeois 201.
Boussingault 482. 805.
Boyle 123. 590.
Boys 249.
Bradley 11. 14. 15. 20. 47. 270.
Brahe, Tycho 13. 60. 71. 72. 142. 240.
566. 567.
Brakenhoff 879. 880.
Branco 312.
Brander 986.
Brandes 606.
Braun 249
Bravais 580. 844.
Bredichin 207.
46. 47. 50. 58. 62. 175.
891.
866. 912.
Breitenlohn er 655. •
Brenner 181.
Brewster 870. 871.
Broch 256. 257. 598.
Brooke 349.
Brorsen 202. 210.
Broun 954. 968.
Brückner 345. 397. 570. 571.
Brunner 936.
Bruno, Giordano 240.
Bryan 175. 224.
Buchan 557. 562. 608.
Buchanan 362.
Budde 832.
Bunsen 416. 566. 583.
Busch 870. 871. 873.
Buys-Ballot 679. 681. 818.
Cadenat 776.
le Cadet 887.
Cagni 391.
Cahours 613.
Campbell 37
Cancani 331.
Canton 948. 952.
Capron 911.
Carlheim- Gyllenskiöld s. Gyllenskiöld.
Carlini 250.
Carnot 756.
Carrington 96. 123. 127-129. 1.37.
Cartesius s. Descartes.
Cassini 196. 238.
Cavendish 248.
Celsius 137. 917. 948. 954. 963.
Cerulli 191.
Challenger-Expedition 363 — 365. 371.
392. 950.980.
Chandler 58.
Chatterton 670.
Chauveau 891.
Chevandier 815.
Christiansen 172. 512. 518.
Clairaut 242. 259.
Clapeyron 582. 597.
Clarke 49. 239. 250.
Clausius 499. 853.
Clayden 644.
Claypole 337.
Clayton 644. 698. 757.
Personenregister.
993
Coaz 401.
Coffin 681.
Colladon 804. 813.
Collie 911.
Columbus 234. 924. 932.
Comoy 463.
Copernicus s. Kopernikus.
Cornu 248. 501. 502. 847. 873. 877.
Cotte 916.
Coulier 486.
Coulomb 894. 895.
Coupvent des Bois 437.
Croll 190. 273. 275. 509.
Crova 494. 497. 507. 618. 637. 877. 878.
Czermak 898.
DaUbard 772.
Dalton 595.
Daniell 618.
Darwin, Gh. 288. 472.
Darwin, G. H. 282. 283. 452. 460.
Daubree 157. 435.
Defforges 245.
De la Coudamine 238.
De la Rive 484.
De la Rue 98. 134.
Delezenne 870.
Dellmann 881. 883.
Denning 192.
Descartes 590. 835. 842.
Deslandres 95. 104. 119. 126. 192. 911.
Dewar 911.
Dickson 731.
Dieterici 583. 612. 613.
Dines 637. 641.
Dittmar 360.
Doberck 706. 708.
de Dominis 835.
Donati 205.
Doppler 28.
Douglass 199.
Dove 512. 513. 562. 659. 701. 733.
Draper 101.
Duboia, Eug. 287.
Duchemin 669.
Dufour 568. 622.
Duhil de Benaz^ 442.
Duner 24. 55. 56. 124. 126. 147.
Dunker 426.
Arrhenius, Kosmische Physik.
Duparc 400.
Duperrey 932. 944.
Dutton 310. 320. 327. 389. 641.
Ebelmen 477.
Ebert 446. 447. 896—898. 900. 901.
Edelmann 616.
Egede 568. 569.
Ekama 580.
Ekholm 123. 132. 149. 187. 276. 284. 286.
338. 340. 475. 566. 568. 569. 736.
755. 792. 851. 892. 916. 968.
Ekman 387.
Ellis 955. 956. 961. 966. 986.
Elster 774. 786. 897. 898.
Elster und Geitel 886. 887. 894-897.
899—901.
Encke 196. 206.
Engelmann 33.
Eötvös 249. 262.
Eratosthenes 235. 236.
Erdmann 435.
Ericson 130.
Erk 556v 779.
Eschenhagen 944. 969. 970.
Espy 724.
Euler 270.
Evershed 98. 107. 120.
Ewers 901.
Exner, F. 661. 882. 883. 886. 889. 898.
Exner, K. 830. 831.
Fabricius 98.
Faraday 911. 960.
Farquharson 912.
Faye 97. 98. 135. 160. 258. 259.
Fönyi 110. 113.
Femer 911.
Ferrel 689. 710. 724—726. 736.
Filopanti 879.
Findeisen 783.
Finley 810.
Fizeau 29.
Flammarion 143. 145. 182. 183. 186. 850.
Fleming Mrs. 61. 62.
Flögel 855.
Folgheraiter 977. 978.
Forbes 492. 497. 528. 598. 859. 876.
Forel 375. 396. 410. 412. 447.536-538.622.
63
994
Personenregister,
Foucault 267. 268.
Fouqu^ 327.
Fourier 456. 521.,
Fox 945.
Franklin 772. 782. 881. 888.
Franklinsclie Expedition 912.
Fraunhofer 2.3. 24. 844. 847.
Fritz 137. 141. 902. 914. 916. 918.
Fritzsche 973, 989.
Frost 98. 122.
Fuchs 306.
Galilei 13. 98. 193. 196. 198. 240.
Galle 145. 197. 257. 844. 912.
Gambey 927. 935.
Garrigon-Lagrange 892.
Gauss 823. 941. 943. 948. 964. 972-975.
Gautier 135. 482.
Gay-Lussac 941. 982.
de Geer 339. 406.
Geikie, Archibald 287. 288.
Geitel (s. auch Elster und Geitel) 774.
786. 900.
Gellibrand 932.
Giesecke 568.
Gilbert 309. 339. 426. 972.
Gioja, Flavio 926.
Glaisher 520. 562. 589.
Gockel 886.
Godlewsky 343. 478.
Graftiau 656.
Graham 951. 963.
Gräve 430.
Gray 131.
Grebenau 434.
Green 191.
Gr^ville 796.
Griesinger 536.
Guglielmini 265.
Guldberg 681. 682. 736. 744. 746.
Gunter 932.
Günther 819.
Guyot de Provins 926.
Gyllenskiöld 580. 907—909. 911. 912. 914.
932. 976. 977. 978. 982.
V. Haas 416.
Hadley 689.
Hagen 440. 441.
469.
Hagenbach 850. 855. 874.
V. Haidinger 776.
Hall 16. 198.
Halley 207. 211. 929.
Haltermann 787.
Hamberg 149. 638. 792.
Hann 483. 490. 506. 524. 536. 547. 557.
562. 571. 584. 587. 593—595. 601.
608. 624. 640. 648. 672. 684. 726.
727. 733. 751. 799.
Hansky 497.
Hansteen 917. 932. 941. 960. 972. 975.
Harkänyi 502.
Harting 804.
Hartmann 926. 927.' 934.
Hassert 569.
Haughton 252. 621.
Hayes 337. 389.
Heberden 659.
Hedström 566.
de Heen 621.
V. Hefner-Alteneck 599.
Heim 286. 337—339.
Heiland 396.
Hellmann 770. 781. 782. 846. 859. 861.
862. 866.
Helmert 258. 259.
V. Helmholtz, H. 94. 159. 231. 378. 645.
709. 736.
T. Helmholtz, R. 486. 654. 851.
Hergesell 264.
Herschel, J. 50. 125. 134.
Herschel, W. 32. 38. 42. 46. 98. 143.
183. 195. 197. 223. 492.
Hesehas 775.
Hevelius 844.
Hildebrandsson 644. 698. 733.
Hill 142.
Hiller 309.
Hind 61.
Hiorter 137. 917. 951.
Hipparch 11. 18. 67. 69. 70. 72. 268. 269.
V. Hochenberger 435.
Hodgson 96. 137.
van 't Hoff 291. 409. 582. 597.
Hoffmeyer 730. 734.
Högbom 218. 477. 479.
Homen 506. 521—526. 528-534. 536.
538. 544. 545. 574. 637. 638.
Personenregister.
995
Hood 918.
Hooke 264.
Hopkins 282. 283.
Homstein 148. 968. 969.
Houdaille 497.
Howlett 98.
Huggins 24. 51. 61. 105.
V. Humboldt, A. 210. 282. 311. 557. 818.
821. 853. 856. 857. 879. 941. 948.
953. 964.
Humplireys 30. 32. 63. 911.
Hussey 62. 207.
Huyghens 183. 193. 196.
Issel 246.
Jacobi 239.
' James 250.
Janssen 104.
.lensen 869—871. 873.
IJesse 580. 649. 851.
fewell 31. 95. 122. 125.
toliannsen 391.
polly 249. 253.
Joly 287.
Jost 848.
Joule 936.
Juhlin 574. 612.
Julius 828.
Jurine 834.
V. Kalecsinsky 539.
Kämtz 497. 641.
Kant 222. 223. 654.
Kapteyn 18. 21. 924.
Kassner 702.
Kayser 44. 773.
Keeler 37. 40. 177. 196.
Kelvin 122. 123. 132. 160. 231. 282. 283.
285. 286. 351. 460. 476. 604. 736.
737. 882. 883.
Kepler 13. 61. 71. 72. 206. 240.
Kiessling 486. 864. 865.
Kirchenväter 234.
Kirchhoff 23. 118.
Klein 141. 180.
Klöden 870.
Klose 239.
Kluge 143.
Knoop 442.
Knorr 879.
Kobold 33.
Koene 476.
Kohlrausch, F. 943. 970.
Kohlrausch, W. 778.
König 249.
Konrad 661.
Kopernikus 13. 67. 71. 240. 270.
Koppen 141. 562. 610. 670. 690. 691.
712. 791.
Kreil 971. 978. 982.
Krigar-Menzel 249.
Krümmel 368. 380. 437.
Kundt 470. 774. 775.
Kurlbaum 166.
Lachmann 806.
Lagrange 441.
Lamont 135. 601. 881. 928. 937. 942.
973. 980.
Landerer 180.
Lane 228.
Langley 94. 113. 166. 180. 231. 479. 499.
500. 518. 66a 669. 854. 876.
Laplace 223. 240. 259. 454. 460.
Lebedew 121.
Le Chatelier 131. 579.
Lecher 503. 887.
Lechner 786.
Leconte 337.
Lehmann- Pilhes 88.
Lemström 912.
Lenard 665. 886. 919.
V. Lepel 775. 776.
Levänen 414.
Leverrier 197. 274.
L^vy 327.
Lexell 210.
Ley, Clement 643. 698. 715.
Liais 215. 912.
Licksternwarte 90.
Liebig 478.
Linss 894. 898. 900. 983.
List 879.
Littrow 36.
Liznar 148. 947. 968. 982. 983.
Lloyd 946. 948.
63*
996
Personenregi ster.
Lockyer, Norman 59. 104. 114. 118. 142.
215. 863.
Lockyer, W. 571.
Loewy 98.
Lohse 181.
Loomis 137. 606. 719. 720. 902. 912.
Lossen 296.
Lovfo 406.
Lowell 184.
Ludwig XV. von Frankreich 238.
Lummer 578. 869.
Mac Connel 843.
Mac Dowall 145.
Mädler 175.
de Mairan 859. 860. 912. 914.
Mannheimer-Akademie 557.
Maraldi 183.
Marchand 138.
de Marchi 143. 736.
Mariotte 596. 844.
Mascart 246. 250. 486. 883. 890.
Maskelyne 250.
Mathieu 182.
Matteucci 895. 985.
Maunder 116. 120. 139. 151.
Maupertius 238.
Maurer 521.
Maury 45. 381. 387. 707.
Maxwell 121. 174. 196. 206.
Mazelle 706. 898. .
Mayer, Robert 158. 159.
Meinardus 731. 732. 770.
Melander 485. 489.
Meldrum 142. 143.
Melloni 518.
Melsens 783.
Mendenhall 250.
Meyer, 0. E. 980.
Meyer, Tobias 972.
Meyer, Wilh. 203.
V. Middendorff 765.
Mielberg 962.
Miller 480.
Milne 323. 328. 330. 331.
Mohler 30. 32. 95.
Mohn 247. 381. 542. 580. 599. 649. 681.
682. 736. 744. 746. 794. 851.
Möllendorff 430.
Möller 798.
Monge 834.
Montigny 829. 830.
Moureaux 976. 977. 980. 982. 986. 990.
Müller, C. A. 148. 968.
Müller, G. 169.
Müller-Erzbach 879.
Müntz 481. 482. 657.
Murray 663.
Müttrich 543.
Nahrwold 894.
Nansen 259. 353. 371. 383. 391. 392. 402.
403. 480.
Nare 390.
Nares 389.
Nasini 117.
Nathorst 284. 338.
Naumann 979.
Neckam 926.
Necker 859. 866. 875.
Negretti 350.
Nehring 566. 766.
Neuhoff 584.
Neumayer 930. 931. 944. 973. 981.
Newcomb 122. 228.
Newton 73—80. 87. 203. 205. 206. 211.
238. 241. 242. 249. 251. 264. 268.
449. 450. 454. 457. 460. 508. 830. 835.
Nichols 93.
V. Niessl 216. 580.
Nilsson 899.
Nordenmark 120.
Nordenskiöld A. E. 157. 213. 214. 402.
403. 906.
Nordenskiöld, G. 657.
Norman 934.
Oberbeck 736.
V. Obermayer 786.
Oibers 206. 207.
Omond 638. 850.
Oppikofer 420.
Oppolzer 132.
Ostwald 162.
V. Öttingen 671.
Overhoff 844.
Öyen 400.
907. 909. 910.
871.
Palazzo 138.
Palmquist 480.
Paris 437. 438.
Parrot 855.
Parry 912.
Partiot 434.
Paschen 101. 131. 170.
Passerini 655.
Paulsen 152. 594. 89J
912. 918—920.
Peltier 881.
Penck 337. 345. 395. 399. 403. 420.
Pernter 521. 672. 824. 842. 843.
873. 877.
Perrine 924.
Perry 286.
Peschuel-Löschke 821.
Petermann 656.
Peters 16.
Petit 775.
Pettersson, 0. 363. 414. 542. 572. 583. 731.
i 732.
Phillips 184.
Phipson 476. 477.
Piazzi 89.
Picard 238.
Pickering 24. 44. 45. 48. 53. 92. 116.
216. 774.
Piddington 711.
Piltschikoff 873.
Planck 499.
Plantamour 593.
Plantd 775. 776.
Plassmann 55.
Plato 240.
Plinius 296.
Pockels 778.
Poey 143.
Poincarö 892.
Porter 33.
Pouillet 492—494. 497. 519—521."
Poynting 249.
Precht 773.
Preece 985.
Preston 250.
Pringsheim 578.
Pritchard 16.
Prohaska 779. 801.
Ptoleinäus 67.
Personenregister.
Pythagoräer 234.
997
Quetelet 870. 881.
Rabot 397.
Ramsay 473. 474. 911.
Rankin 485. 489.
Rankine 440.
Rayet 25.
Rayleigh 473. 499. 654. 853. 854. 872.
876—878.
Reade, Meilard 287. 360. 432.
V. Rebeur-Paschwitz 276. 331.
Recherche-Expedition 950.
Regnault 578. 583. 598. 612. 618.
Reich 248. 265.
Reimann 824.
Respighi 150. 829. 831.
Reusch 295.
Reyer 312.
Reynolds 821.
Riccö 98. 103. 138. 139. 151. 867.
Richarz 249. 654.
Richmann 772.
Richter 571. 673.
V. Richthofen 315. 765.
Riggenbach 660. 775. 843. 859. 864—866.
868. 871.
j Ristenpart 33.
Ritchey 924.
i Ritter 655.
Rizzo 165. 497. 566.
Robinson 382. 666.
Rogowsky 596.
de Romas 772.
Rosenbusch 294.
Rosetti 373.
Ross 609. 929. 950.
Rosse 168.
Rotch 959.
Rothpletz 337.
Rowland 106.
Rubens 170.
Rücker 978. 982.
Rudzki 286. 337.
Rühlmann .593.
Rassel, H. C. 718.
Rüssel, Scott 436. 440. 441.
Rutherford 897. 901.
Rydberg 45.
998
Personenregister.
Sabine 135. 730. 948. 953. 962. 963. 965.
Salvatori 117.
Sandström 736. 744. 746.
Sars 370.
Sartorius 143. 506.
Saussure 483—485. 617. 855. 856.
Savart 868.
Saweljew 141. 497. 517.
Schaeberle 49.
Scheiner, Christoph 98. 123. 126.
Scheiner, J. 25. 35. 37. 43. 94. 131.
Schiaparelli 172. 181. 183. 184. 188. 190.
209. 210. 215.
Schierbeck 621.
Schips 851.
Schlagintweit 484. 485. 661. 875. 978.
Schloesing 478.
Schmidt A. 110. 327. 781. 828.
Schmidt, Ad. 148. 965. 973. 981. 982.
Schmidt, Ed. 252.
Schmidt, Jul. 61. 212. 317. 580.
Schott 438. 541.
Schubert 523. 543.
Schukewitsch 505.
Schultheiss 490.
Schur 16.
Schuster 132. 136. 955. 958. 959. 969. 983.
Schwabe 132. 135.
Schwackhöfer 616.
Schwarzschild 920.
Scoresby 833.
Scott 670. 671.
Scrope 297.
Sederholm 288.
See 50. 51.
Seeliger 63.
Sidgreaves 98. 138.
Siemens, Werner 351.
Siemens, William 245.
Sigsbee 385.
Silberschlag 850.
Siljeström 917.
Snellius 236. 238.
Soddy 901.
Sohncke 857.
V. Sommer 298.
Sonden 616.
Soret 598.» 834. 873. 874.
Spindler 702.
Spitaler 512. 514. 562. 609. 747.
Spörer 123. 124.
Spring 432. 656. 855.
Sprung 619. 670. 684. 736.
Stannyan 104.
Stassano 911.
Stefan 52. 131. 519. 621.
V. Sterneck 243. 245. 252.
Stevenson 436. 437. 444. 445. 476. 676.
Stewart 98. 134.
Stockwell 274. 275.
van der Stok 960. 971.
Stokes 460. 641.
Stoney 173. 175. 176. 224.
Stracciati 497.
Stratonoff 124. 126. 128.
Struve 32. 46.
Sturm 813.
Suchier 435.
Suess, E. 321. 326. 327.
Suess, Franz 219.
Supan 280.
Süring 624.
Svensson 619. 621.
Swedenborg 222.
V. Szalay 780. 782.
Tacchini 108. 119. 124. 128. 138. 150.
Tammann 161. 282.
Teisserenc de Bort 586—589. 608. 653. 735
Tempel 210.
Terby 194.
Thalen 980.
Thomsen 312.
Thomson, James 689. 736.
Thomson, J. J. 151. 894.
Thomson, William s. Kelvin.
Thorpe 978.
V. Tillo 293. 346.
Titius 88.
Toepler 775. 776. 778.
Torell 370.
Tornöe 362.
Torricelli 590.
TroiH-Petterson 480.
Tromholt 137. 915.
Trowbridge 778.
Tschermak 312.
Tschudi 879.
Personenregister.
999
Tuma 885. 887.
Tuttie 210.
Tyndall 502. 503. 812. 816. 872. 877.
ülloa 849.
Ülugh-Bey 11.
Vassenius 104.
Veeder 138.
Very 168.
Villiger 181.
Violle 497. 517..
Viviani 590.
Vogel, H. C. 24.
193. 877. 878.
Volta 882.
33. 48. 92. 177. 181.
Wall 772.
Waltershausen, Sartorius v. 948.
Warburg 131.
Wargentin 914.
Weber, E. H. und W. E. 440. 441.
Weber, L. 778. 869. 878. 887.
Weber, W. E. (s. auch W. E. H.) 937.
938. 948. 964. 973.
Wehner 926.
Weinstein 986—989.
Wells 518. 522.
Welsh 480.
Wertheim 813. 815.
Weyprecht 388. 389. 912. 949.
Wheatstone 874.
Widmanstätten 214.
Wiebe 598.
Wiedemann 161.
Wien 499. 646.
Wiener 511.
Wiesner 655.
Wijkander 918. 964.
Wilcke 940.
Wilczynski 227. 828.
Wild 138. 371. 484. 526. 543. 562. 608.
868. 937. 939. 953. 961.
Willaume-Jantzen 566.
Wilslng 63. 250. 924.
Wilson, Alex. 97.
Wilson, C. T. R. 486. 632. 653. 655. 900.
Wilson, W. E. 92. 131.
Winkler 772.
V. Winterfeld 849.
Witt 89.
Woeikof 414. 429. 572. 732. 733.
Wolf, Max 25. 924.
Wolf, Rud. 132. 135. 876.
Wolfer 126. 127. 873.
WoUny 636. 637.
V. Wrede 980.
Young, C. A. 103. 109. 110. 119. 124.
126. 130. 134. 135. 137.
Young, Thomas 454. 841.
Zambra 350.
Zeleny 897.
Zenker 509. 517.
ZolUkofer 419.
Zöllner 10. 93. 150. 166. 169. 207. 208.
484. 501. 596. 597. 848.
Zöppritz 378.
Sachregister.
Abenddämmerung s. Dämmerung.
Abendröte 855. 858. 863.
Aberration 13.
Abflusslose Seen 407.
Abflussteil 430.
Abklingen der Radioaktivität 901.
Ablenkung des Schalls 816-819.
Ablenkung durch Erddrehung 264—268.
425. 681-685. 698. 702. 704. 710. 718.
Ablenkungswinkel s. Ablenkung d. Erd-
drehung.
Abplattung der Erde 238—242.
„ d. Himmelsgewölbes 823—825.
Absorption des Lichtes im Raum 12.
44. 230.
Absorption in der Sonnenatmosphäre 93.
100. 107.
Absorption der Wärme in der Luft 23.
170. 190. 342. 352. 499. 503. 504.
Absorptionsmittel 473. 616. 617. 901.
Abschuppung 344.
Abstossung durch Strahlung 120. 150. 925.
Abtragung s. Denudation.
Abweichung eines Sterrs 5.
Abweichung s. Ablenkung.
Ackerwinde 477.
Adiabatisches Gleichgewicht 122. 131.
187. 226. 572.
Adiabatische Volumsänderung 486. 545.
577—581. 635. 705. 748. 756.
Adriatisches Meer gefroren 567.
Aerolithe vgl. Meteore und Meteorite.
Aerotherme 532.
Agonische Linien 932. 933. 977.
Agram, Erdbeben 316, 318.
Aichungen der Sternhäufigkeit 42.
Akkumulator 351.
Aktinische Wolken 872.
Aktionmeter 497. 517. 519. 521.
Aktionscentra 733. 735.
Aktuelle Energie 83.
Akustik, meteorologische 812—822.
Albedo 169. 175. 176. 194. 501.
Aldebaran 25.
Algen 285. 394. 470.
Algol 23. 53.
Algoltypus der Sterne 53. 923.
Alpen 257. 339.
Alpenglühen 858.874-876.
Alteis, Lawine von 401.
Alter der Erde 285—288.
Sonne 159. 160.
Alto-Cumulus 642.
Alto-Stratus 642. 704.
Altwasser 433.
Ammoniak 342. 482. 656. 657.
Amplitude 456.
Amplitudenabnahme mit der Tiefe 527.
529. 536.
Ancylussee 406.
Andromeda, Nebel von 34.
— Neuer Stern im 62.
Andromediden 209.
Anemometer von Robinson 382. 666.
Aneroide 591.
Antares 26.
Antarktis 392, 399. 515.
Anticyklonen 686. 716—720. 729. 735.
Sachregister.
1001
Lnticyklonen, Ablenkungswinkel bei 718.
J19.
Änderung mit der Höhe 720. 753.
Druck in 719.
Gradient bei 716.
Grenzgebiete bei 722. 723.
Grösse von 717. 720.
Höhenrauch bei 490.
Ionen bei 898. 899.
— Nebel bei 717.
— Temperatur bei 719. 751. 752.
— Ursprung der 686. 717. 758.
— Wanderung der 718.
— Windstärke in 716—719.
Anticyklonische Cirkulation 744. 750.
— Zunahme 744.
Aperiodische Schwankungen 458. 548.
551. 588.
Aphelium 89.
uAppalachengebirge 287. 337.
Lquator der Sonne 129.
'— isodynamischer 944.
— magnetischer 940.
— meteorologischer 129. 515. 692.
Äquatorial tage 515 — 516.
Äquinoctialpunkt 6.
Äquipotentialfläche 262.
Äquipotentiallinien, magnetische 931. 932.
944. 972. 973.
Aragos Punkt 870—873.
Arbeit, mechani8che738.740— 743. 745.748.
Arctur 18. 19. 25. 230.
Arcturtypus 25. 51.
Argon 361. 474. 911.
Ariel 200.
Arktische Ströme 385.
Artesische Brunnen 280. 418. 768.
Asar 400.
Asche, vulkanische 179. 297. 301. 490.
688. 770.
Aschenfarbenes Licht 181.
Aschenkegel 300. 310.
Aspirator 616. 619.
Astronomenkongress 1887 11.
Astronomische Dämmerung 857. 862.
Atavr 24.
Atmometer 622.
Atmosphäre der Erde 285. 287. 473—490.
— Absorption der, s. Absorption.
Atmosphäre, Höhe der 580.
— Masse der 474.
— Temperatur der 544 — 589.
— Zusammensetzung der 473—490. .505.
— Veränderung, zeitl. 475-479.
öi-tl. 479-481.
— Wärmeschutz durch 170-171. 185. 190.
504. 535.
— der Planeten 173—177.
— des Sonnensystems 177. 596.
Atmosphärische Elektrizität s. Elektrizität.
— Linien 23. 176. 503. 620.
— Eefraktion 239. 825—829.
Atollen 472.
Aufrichtung von Schichten 289.
Aufsaugung von Meereswasser 387.
Aufsteigende Luftströme 661. 666. 687.
704. 708. 724, siehe auch vertikale
Strömungen.
Aufthauen 524.
„Auge" auf Mars 183.
„Auge des Sturmes" 708.
Aurigae /9 48.
Ausgleichung der Materie 158.
— von Niveauunterschieden 341 — 345.
353. 765.
— von Potentialdifferenzen 783. 791.
— von Temperatur 513. 542. 588. 614.
Ausgleichung bei Rechnungen 145. 146.
Auslaufen der Lotleine 348.
Ausströmung von Elektrizität 783 — 786.
894—901.
Auswaschungsbeben 323.
Azimut 5.
Babinets Punkt 871—873.
Badestrand 469.
Bahngeschwindigkeit der Erde 3. 14. 68.
, Bakterien 415. 477. 656.
Ballonfahrten 480. 481. 585. 586. 625. 885.
Balmersche Formel 44.
Bandspektra 23.
Bär grosser 20
t, im 48.
Barograph 550. 591.
Barometer (s. a. Luftdruck) 570. 590 — 594.
— -Formel 592. 593. 597.
— -Korrektionen 590. 591.
— -Maxinaum (s. Anticyklone) 686. 794.
I
1002
Sachregister.
Barometer-Minimum (s. Cyklone) 146.
685. 689.
Barometrische Höhenstufe 593.
Barrierenrifie 471.
Basalt 293. 303. 978.
Basismessungen 237.
Batholite 309.
Bathometer 245.
Baumaterialien, Dauerhaftigkeit 342.
Bäume, Blitzgefahr der 779.
Beauforts Skala 670—671.
van Bebbers Regel 715. 730.
Berenices Haar 42. 50.
Berg s. Gebirge.
Bergabhänge, Feuchtigkeit auf 695.
— Wolkenbildung b. 643. 695.
B^rgbäche 432.
Bergen, Höhe von 348.
Bergkrankheit 906.
Bergspitze, Elektrizitätsverlust 897. 898.
Bergstürze 319. 345.
Bergwerke, Temperatur der 278.
Bergwind 694. 695. 794.
Beruhigung der See 448.
Beschleunigung des Windes (s. Gradient)
737.
Beteigeuze 18. 57. 131.
Bewegung der Erde 3.
— der Gletscher 396.
— der Nebel 40.
— des Sonnensystems 32.
— der Sterne 18. 27.
Bewölkung 515. 520. 522. 524. 525.
• 650—653. 825.
Bewölkung, Periodizität 651 — 652.
— und Sonnenflecke 141, 142.
— Verbreitung geograph. 653.
— (s. auch Wolken).
Biegung der Erdschichten 289.
— des Lichts 842. 847. 851.
— des Schalls 812.
Bielas Komet 209—211. 216.
Bifilarmagnetometer 946. 965. 969. 970.
Bikarbonat 342. 361. 479.
Billitonite 219.
Bimsstein 297. 301. 357.
Binnenmeere 367. 371. 438.
Binnenseen 405—414. 432. 462.
Birkenwald 524. 526.
Bishopscher Ring 855. 864. 865. 868.
871. 872.
Bitterseen 407.
Blanke Stellen des Wassers 448.
Bläschen in Gesteinen 295.
Blaue Farbe des Eises 389.
— — der Emulsionen 877.
dei* Luft 483. 855. 856. 876. 877.
des Meeres 373.
der Sonne 864.
des Wassers 374.
Blitz 657. 772—777.
Blitz- Abieiter 779. 781—783. 881.
— Energie des 778. 779.
— Farbe des 774. 786.
Gefahr 779—782.
— Getroffene vom 772. 780.
— Periode 781. 792.
— Potential des 778.
Röhre 778.
— -Schaden 779—784.
— -Spektrum 774. 775.
— -Spuren 778. 779.
— Stromstärke des 778.
— Verwüstungen durch 779. 780. 783.
Blocklava 314.
Blütezeit der Pflanzen und Sonnenflecke
143-145.
Bodenkratzungen 353.
Bodenproben 348—351. 353.
Bodenschwankung (s. auch Erdbeben)
276.
Bodentemperatur 501. 511. 526—543.
Böen 723.
Bohrlöcher 279. 304.
Bolide 212.
Bologneser Tropfen 220.
Bomben, vulkanische 298.
Bora 706. 764. 898.
Boraxseen 409.
Bourdonsches Manometer 546.
Brachystochrone 333. 420.
Brakpans 409.
Brände 490. 639. 794. 846.
Brandung 442. 444. 481.
Braunkohlen 476.
Braunsteinknollen 356. 358.
Breite eines Sterns 6.
Brewsterscher Punkt 871.
i
Sachregister.
1003
Brockengespenst 848 — 850.
Brom in der Luft 482.
Brom im Meer 360.
Brookes Lotapparat 349.
Brorsens Komet 210. 211.
Bruchlinien 323.
Brücknersche Periode 397. 570.
Brunnen 415. 768.
„Buddhas Rays" 858.
Bürgerliche Dämmerung 857.
Buys-Bailotsches Gesetz 679—681,
698. 711.
685.
Calcium 102.
Calciumkarbonat 361.
Calmen (s. Windstille) 692. 696. 762.
Cancri S 55.
Canis majoris 29 et 30 45.
Canons 287. 421. 765.
Canopus 17.
Capeila 16. 17. 25. 30. 50. 923.
Capellatypus 25. 51.
Capwolken 37.
Caracas, Erdbeben von 318.
Cardanische Aufhängung 945.
Carraramarmor 295.
Cassiopejae rj 49.
— S 58.
Castor 47.
Castor und PoUux 786.
Cellulose 478.
Cementation 290.
Centauri a 16. 17. 49.
Centralkräfte 77.
Centrifugalkraft 241. 255. 263. 426. 450.
684. 737.
Cephei 6 56.
Ceres 89. 90. 176.
Ceti 0 (Mira) 26. 56.
Charleston, Erdbeben von 316.
Chemie der Sonne 160—163.
Chemische Eondensationskerne 632 — 639.
— Prozesse 279. 305. 342.
— Reaktionsfähigkeit 475.
— Sedimente 290.
Chemisches Gleichgewicht 290. 313.
— Hygrometer 616.
Chlor im Meereswasser 363.
Chromosphäre 102. 104. 107. 122.
Cirkulation, atmosphärische 687 — 692.
759—762.
Cirkulation, vertikale d. Luft 377. 383.
615. 621. 623.
Cirkulation, vertikale im Meer 361. 367.
370. 377.
Cirkulationstheorie 727. 736—762.
Cirkulationszunahme 737. 749.
Cirro-Cumulus 642.
Cirro-Stratus 642. 644. 704. 788. 798. 803.
Cirrus-Wolken 522. 642. 644. 675. 682.
698. 704. 754. 907. 921.
Cirrus-Wolken auf der Sonne 94. 100. 102.
und Sonnenflecke 141.
Clapeyronsche Gleichung 582. 597.
„Cold Wall" 385.
Coronae T 25.
Corona des Polarlichts 907.
— der Sonne 105. 114—121, 156. 911.
— Dichte 121.
— Lichtstärke 114.
— Linien (Spektral-) 107. 117—119. 911
— Strahlen 116. 120. 150.
Coronium 118. 122.
Crollsche Theorie 190. 275. 509.
Cumulo-Nimbus 643.
Cumulus 643. 644. 661.
Cyanometer 855, 856.
Cygni ß 51.
— P63.
— Y55.
Cykloide 420. 440.
Cyklonen 685. 677—704. 712—716. 728—
730. 753-759.
Cyklonen, Bewegung 700. 701. 715. 757.
— Frequenz 713. 714.
— Geschwindigkeit 714. 734.
— Grenzgebiete 722. 723.
— Grösse 701. 720. 751.
— Höhenänderung 720. 721. 730. 753.
bis 757.
— Schicht der maximalen Drehung 750.
756. 758.
— Sonnenflecke, Einfluss von 143. 146.
— Temperatur 725. 750. 756. 757.
— Ursprung 723—730. 755-759.
— Verteilung meteorologischer
Elemente um 700—704.
— Zugstrassen 697. 712.-716. 729. 734.
1004
Sachregister.
Cyklonen, tropische 706—712. 724.
„Auge" 708.
— — Barometer bei 711.
Bildung 709. 759.
— — „fahrbare" und „gefährliche" Seite
711.
Gradient 707.
Häufigkeit 706. 707.
Höhe 708.
Jahresperiode 716.
— — Lage des Centrums 711.
— — Regen u. Wolken 708.
Windstärke 707. 708.
Zugrichtung 709. 715.
Cyklonische Abnahme und Zunahme 744.
— Cirkulation 744.
Dachdeckung und Blitzgefahr 781.
Daltons Gesetz 595.
Dämmerung 580. 853. 856-868.
— astronomische 857.
— bürgerliche 857
— Dauer 857
— Farben 858-862.
Dämmerungsstrahlen 858. 861.
Dardanellen-Strömung 387.
Darwinsche Theorie 288. 472.
Deimos 198.
Deklination eines Sterns 5.
— magnet. 135. 148. 926-934.
— magnetische Bestimmung 927—929.
Deklination, magnetische, Mondperiode
971.
Deklination, magnetische, Periode seku-
läre, 932—934. 976.
Deklination, magnetische, Periode täg-
liche 953.
Deklination, magnet., Störungen 917 — 919.
Deklinometer 946. 970. 971.
Deltabildungen 431. 432. 468. ■
Denudation 189. 190. 338. 340—345. 400.
429. 432. 445. 467. 468. 763.
Destillation, Wachstum durch 654.
Diatomaceen 357.
Dichte der Erde 249—252.
Planeten 80. 164.
Sonne 80. 121.
— — Sterne 54.
Dichtemaximum des Wassers 373. 410.
DJfferentialpendel 250.
Differenzierungen im Magma 313.
Diffusion 595. 620. 637. 640.
Dione 199.
Dislokationsbeben 323.
Dispersion des Lichtes in Luft 829.
Distanz, kritische (Funkenentladung) 784.
Donatis Komet 205.
Donner 777. 804.
— Hörweite 777.
— Rollen 777. 816.
Doppelnebel 38.
Doppelsterne 46—52. 225. 227.
Doppelte Umkehrung von Spektrallinien
101.
Dopplers Prinzip 28. 29. 31. 63. 69. 124.
192. 818.
Drachen, Franklins 772. 881.
— Nebel im 23.
D rächen aufsteigun gen 546. 585. 625.
Drapersches Gesetz 101.
Dredschen 353.
Drehung der Polarisationsebene 870. 874.
Drehungsachse der Erde 268.
Drehwage 248. 262.
Dreikanter 768.
Dröhnen 820.
Druck im Erdinneren 282. 284. 295.
— im Meer 351.
— im Polareis 391.
— in der Sonne 31. 111. 121.
— in Wasserblasen 640.
— und Gefrierpunkt 396.
— und Spektrallinien 30.
-— Ursache des Windes 675.
— von Wasserdampf, maximaler 581.
Drumlins 400.
Dünen 468. 768-771.
— Böschung 768. 769.
— Form 769.
— Höhe 769.
— Wanderung 769. 770.
Dunkler Kreis beim Regenbogen 839.
Dunkles Segment b. Dämmerung 860
bis 863.
bei Polarlicht 907. 919.
Dünung 438.
Durchlässigkeit für Schall 816.
Sachregister.
1005
iDurchlässigkeit für Wärme 639. 854,
8. Glashauswirkung.
fDurchlässigkeitskoefficient 494. 498—500.
507. 515—517.
Durchmesser der Planeten 80. 90.
t Durchsichtigkeit der Luft 483—485. 490.
853. 854.
Dynamische Meteorologie 736.
Dynamometamorphose 296.
Ebbe s. Gezeiten.
Echo 815. 816.
Eddystone, Leuchtturm, Brandung 444.
Eiffelturm, Temperatur 546. 574. 585.
— Wind 672-674.
Eigenbewegung der Nebel 40.
— des Sonnensystems 32.
— der Sterne 18.
Einschlüsse 295.
'Einzelbeben 318.
Einzel wellen 441. 445. 454.
Eis, Binnensee- 413—415.
f— Festlands- 394—405.
' — fossiles 401.
— Inlands- 402.
— Meeres- 387—893.
Eisberge 389. 390. 569.
Eisbildung 389. 413. 518. 519.
Eisblätterstruktur 398.
Eisbrunnen 398.
Eisen 102. 108. 204. 226. 253.
Eisen in Blitzableitern 784.
Eisenerze, Magnetismus 980.
Eisenmeteorite 213. 216.
Eisenoxydulverbindungen 342. 475.
Eisfälle 398.
Eisfelder 389. 390.
Eisgang der Flüsse 145. 414. 567. 571.
Eishöhlen 401.
Eiskrystalle 397. 638. 657. 844—846. 848.
Eisrisse 398. 402.
Eiswand am Südpolarkontinent 390. 392.
Eiswolken 640. 846.
Eiszeit 171. 275. 277. 288. 838. 339. 393.
403. 422. 467. 566.
Ekliptik 5. 268. 569.
Elastische Nachwirkung s. Nachwirkung.
Elektrische Entladungen 477. 482. 483.
654. 656. 778-777. 786. 795. 798.
894—901. 911.
Elektrische Ladung, spontane 897.
— Leitung der Luft 891—901.
— Strassenbahnen, Störung durch 950.
Elektrische Strömungen in der Erde (s.
Erdströme).
Elektrische Strömungen in der Luft 900.
918—920. 958—960. 965. 971. 988.
Elektrische Strömungen von der Erde
zur Luft 890. 981. 982.
Elektrizität, atmosphärische 146. 149.
793. 881—901.
Elektrizität, atmosphär., Periode, jähr-
liche 888-891.
Elektrizität, atmosphärische, Periode,
monatliche 892—898.
Elektrizität, atmosphärische, Periode,
26-tägige 893. 894.
Elektrizität, atmosphärische, Periode,
tägliche 889-891.
Elektrizität, atmosphärische, Störung d.
Wolken 886.
Elektrizität, atmosphärische, Wechseln
des Zeichens 886. 888.
Elektrizität, atmosphärische, Zerstreuung
(s. Zerstreuung).
Elektrizität, atmosphärische und magne-
tische Elementarwellen 970.
Elektrizität, atmosphärische und Polar-
licht 920.
Elektrizität der Erde 881. 905. 920.
— der Luft 882. 887. 890—891. 919.
— des Niederschlages 786. 804. 887. 888.
— der Sonne 120. 150. 207.
— der Wolken 783. 803. 804. 881. 887,
888.
Elektrizitätstransport 424.
Elektrometer 883.
Elektromotorische Kraft d. Polarisation
728.
Elementarwellen, magnetische 969 — 971.
Elfenbein, fossiles 402.
Ellipsoid 239. 841.
Eliptische Bahnen 80. 81. 86.
Elmsfeuer 784—787. 880.
— Periode 787.
— und Wolken 785.
Emanationen in Grundluft 901.
1006
Sachregister.
Emulsionen, blaue Farbe von 877.
Enceladus 199.
Enckes Komet 206. 207. 211.
Endmoränen 396. 399.
Entfernungen der Planeten 88 — 90.
Entgleisung 267.
Eozenzeit 171. 615.
Epicentrum 327. 330—333.
Erdbeben 290. 316-336. 900.
— Centrum (s. Epicentrum). 327.
— Fluten (s. Seebeben) 321.
— Fortpflanzung 327. 329-336. 900.
— Schwärme 317.
— Wellen 323. 327. 445. 900.
Erdboden, Blitzgefahr 780.
Erde, Achse 268-272. 275.
— Albedo 169.
— Alter 285—288.
— Dichte 249—262.
— Drehung 3. 23. 239. 264—272. 381.
425. 464.
Erde, Drehung, ablenkende Kraft 265—
267. 381. 425. 464. 677. 685- 688. 689.
697. 709. 727. 737—740. 743. 744.
749. 755. 756. 762.
Erde, Elastizität 331—334.
— Gestalt 234—241. 262—264.
— Halbmesser 2. 238. 239.
— Inneres 252. 277—284. 311.
— Kompressibilität 331.
— magnetisches Moment 974.
— Masse 247—252.
— Starrheit 272—276. 282. 315. 460.
— Strahlung 170. 284. 518—525.
— Zusammenziehung 284. 336 — 341.
Erdinduktor 937—940.
Erdkruste 258. 276. 277. 282-296. 313.
315. 321. 326. 331—336. 341. 358
979.
Erdmagnetismus 134—141, 148.917—920.
926-990.
Erdmagnetismus, Drehung der Polari-
sationsebene 870. 874.
Erdmagnetismus, Erdbeben-Einfluss 990.
— Höhenvariation 982. 983.
Erdmagnetismus, Periode, jährl. 961 — 963.
— - Mond- 971— 972
— — sekuläre 932—934. 940. 975 bis
978.
Erdmagnetismus, Periode, 26tägige 968.
969.
Erdmagnetismus, Periode, tägliche 136.
936. 951—962.
Erdmagnetismus, Potential 932. 944. 973.
— Störungen 134. 918. 948—950. 953.
963—969. 978-980.
Erdmagnetismus, und Sonnenflecke 134
bis 141. 148. 960. 961. 965. 976.
— Theorieen 972—984.
Erdrauch 490.
Erdschatten 155. 234. 860. 863.
Erdstösse 317. 330. 990.
Erdströme 959. 984—990.
— und Erdmagnetismus 989. 990.
— und Höhenlage 986.
Erdströme, Periode 987—989.
— Störungen 985. 986.
— Sonnenwirkung 988. 989.
Erdstürze 323. 345. 705.
Erdthermometer 527.
Erloschene Vulkane 179. 303. 306.
Ernte, Sonnetifleckenperiode 143.
Eros 68. 89. '
Erosion s. Denudation.
Erschütterungslinien 323—327.
Erstarrung der Erdrinde 285. 293. 315.
Eruptive Gesteine s. Massengesteine.
Erzgänge 310.
Euchrite 218.
Excentrizität der Erdbahn 85. 273 bis
275.
Planetenbahnen 84—87. 274.
Excentrizität d. Sternbahnen 51. 56. 85.
Expansion der Luft 486. 577—584.
Explosion bei Bildung neuer Sterne 230
923.
Explosionsbeben 323.
Explosionswellen auf der Sonne 108.
Explosiver Zustand des Sonneninneren
130. 229.
Extinction s. Absorption.
Extraneptun eller Planet 263.
Fabrikstädte, Nebel in 639.
Facettengeschiebe 768.
Fackeln der Sonne 94. £
125—130. 138. 148.
102. 103.
fl
Sachregister.
1007
Fallende Körper, Abweichung 264.
Fallgeschwindigkeit von Kugeln 641.
Falten der Erdkruste 284. 286. 289. 312-
336. 341.
Farbe des Himmelslichts 855. 864.
Meeres 373-377.
Mondlichts 876.
— der Seen 409.
s. auch Blaue Farbe.
— des Sonnenlichts 855. 864.
Farbenringe, Newtonsche 847.
Farbenscheiben, „ 856.
Farbiger Schnee 394.
Faserung des Gesteins 768.
Fata morgana 834.
Fauna der Binnenseen 406. 407.
— des Meeres 356-359. 370. 376.
— relikte 402. 407.
Federwolken s Cirrus.
Fehler, wahrscheinlicher 459. 551.
Fernsicht 483. 487. 490. 886.
Ferrels Theorie der Cyklonen 724 bis
727.
Fettschichten auf Wasser 447.
Feuchtigkeit, absolute 616—618. 630. 787.
880.
Feuchtigkeit, relative 488. 613. 615. 616.
623—626. 631. 694. 695. 705. 787.
Feuchtigkeit, Schwankung 626—631.
— Verteilung, geographische 628 — 630.
Feuchtigkeit, Verteilung nach der Höhe
624-627. 631.
Feuchtigkeit und Cyklonen 714. 724. 728.
756.
Feuerkugel 212. 215. 216.
— Spektrum 216.
Fichtenwald 524. 526.
Finger zapfenartige Eindrücke 218. 219.
344.
Firn 394. 395. 658.
Fischerei 352. 359. 367. 377.
Fixsterne 1 — 64.
Fjorde 421. 426.
Fläche, neutrale 278. 686. 720.
Flächenblitze 773. 775. 777. 795.
Fladenlava 314.
Flammenwirkung 882.
Flaschenposten 382.
Flechte 343.
Flecke der Sonne 95—103. 123. 126—130.
— Abstossung 128.
Periode 132—158. 873. 956.
960. 961. 965.
Fliehkraft s. Centrifugalkraft.
Flora des Meeres und der Seen 356 — 359.
370. 376. 377. 406.
Fluidität s. Zähflüssigkeit.
Fluss 341. 345. 387. 418. 430. 799.
— Ablenkung 425.
— Geschiebe 419. 430. 433—435.
— Geschwindigkeit 427. 429.
— Rinne 287. 341. 407. 418. 421. 426.
432—434.
Fluss, Salzgehalt 360. 431.
— Schlamm 341. 399. 407. 409. 425.
430. 434.
— Thal 421. 467.
— Wasser 360.
— Wassermenge 427—429.
Flut s. Gezeiten.
Föhn 704. 705. 898.
Foraminiferen 356. 357.
Fortpflanzung des Lichtes 69. 138.
— magnetischer Störungen 137.
Fortpflanzung der Schwere 88.
Fossile 291. 292. 295. 355. 418.
Fossiles Eis 392. 401.
— Elfenbein 402.
Frakto-Cumuli 643.
Frakto-Nimbi 643. 704.
Freie Wellen 454.
Frost 513. 519. 522. 543.
Frostgrenze 543.
Frosttiefe 543.
Frühling 149. 553.
Frühlingsäquinoctium 4.
— spunkt 4. 6. 268. 274.
Fulguriten 779.
Fumarolen 303.
Fundamentalgneise 296.
Fundy Bay, Gezeitenströme. 462.
Funkeln der Himmelskörper 496. 829—
832.
Funkenlänge 784. 911.
Gasgesetze 123. 228. 745.
Gasnebel 33. 39.
1008
Sachregister.
Gasspektra 22.
Gasvolumeter von Issel 246.
Gausssche Theorie d. Erdmagnetismus 972.
973.
Gebäude, Blitzschaden an 781. 782.
Gebirgsketten, Bildung 284. 296. 336—
341. 371.
Gebirgsketten und Cy klonen 714.
— — Gewitter 799.
Winde 704.
Gebirgsluft 482. 483. 901.
Gebirgsmassiv 254. 256. 258. 326.
Gefrieren unter Druck 396. 398.
— vom Meer 388.
— vonSalzlösungen 373.387—389.
— von Wasser 373. 524.
Gefrorener Boden 534. .543.
Gegendämmerung 860—862.
Gegenkraft 728.
Gegenpassat 688. 762.
Gegensatz des Klimas verschiedene Welt-
teile 414. 572. 733. 734.
Gegenschein 154. 202.
Gegensonne 844.
— Höfe und Ringe um 848.
Geisslersche Röhren 205. 909. 910.
Gekröselava 314.
Gelbe Sterne 21. 25. 52.
Geoid 262-264.
Geoi'denfläche 263.
Geotherme 530. 531.
Geothermische Tiefenstufe 278. 285.
Gerade Aufsteigung 5. 6.
Gerolle 432.
Geschiebe 419. 430. 434. 435.
Geschwindigkeit, molekulare 173. 224.
597. (s. auch Fortpflanzung).
Geschwindigkeit der Flüsse 429.
— d. Himmelskörper 83 — 85.
— der Meeresströmungen 381 — 383.
Geschwindigkeit d. Protuberanzen 108 —
110.
Gesteine 288—296.,
Gewitter 146. 149. 240. 296. 722. 723.
■ 772-811 888.
Gewitter, Bildung 7.59. 787. 793—798.
— Dauer 801.
— Entfernung 777.
— Fortschreitung 798—801.
Gewitter, Frequenz 568. 788—792. 806.
— Ionen vor 898.
— Regen 794—798. 886.
— Wolke (s. Cumulo-Nimbus) 644. 788.
798.
Gewitternase 787. 797.
Geysir 134. 285. 304. 416. 418.
Gezeiten 59. 134. 276. 448—464.
— im Luftmeer 892. 971.
— Energie 462.
— Wellenhöhe 450. 462.
Gezeitenströme 462. 463.
Gezwungene Wellen 454.
Glacialrisse 399. 403.
Glas 217. 295,
Glashauswirkung 170. 172. 185. 340. 479.
512. 539. 575. 588. 614.
Glatteis 638. 656.
Glaukonitsand 357.
Gleich gewichtsfignr 239.
Gletscher 389. 395-402. 425. 570.
— Bildung der 395. 570. 622.
— Flüsse 374. 398.
— Korn 397.
— Lawinen 400.
— Thor 398.
— Tisch 399.
Globigerinenschlamm 356 — 358.
Glorie 848—850.
Gneis 295. 296.
Gold im Meereswasser 359.
Golfstrom 146. 367. 371. 380. 385. 387-
390. 391. 414. 429. 540. 542. 572.
730-732.
Golfstrom Schwankungen 146. 730.
Gondwana- Schichten 405.
Gradient 676. 677. 680. 682—685. 692.
696—698. 702. 703. 707. 715. 716.
Gradmessungen 235-239. 264.
Granit 292. 343. 529. 978.
Granulation der Sonnenfläche 94. 102.
Grasdecke 520. 526. 543. 636. 763. 783.
Graupel 658. 803. 805.
Gravitation 73—79. 87.
Gravitationskonstante 249.
Grönland, Inlandseis 402. 403. 481.
— Klimaverschlechterung 568.
Groombridge 1830 19. 230.
Grösse der Körper im Sonnensystem 80.
Sachregister.
1009
Grössetiklassen der Sterne 10. 12. 20.
Grotten 345.
Grubenkompass 978.
Grundlawinen 401.
Grundluft, Radioaktivität 900. 901.
Grundmoränen 399.
Grundwasser 319. 415. 783.
Grüner Mond und Sonne 864.
„Grüner Strahl" 8.56. 857.
Haarrauch 490.
Haarhygrometer 617.
Hafenzeiten 454.
Hafte der Ostsee 468.
Hagel 644. 659. 801—806. 809.
— fälle, Periode 143. 641. 777. 792,
805.
— Fallzeit 803. 804.
— Körner 801—803.
— Schaden 659.
— Verbreitung, geographische 804.
— Wetter, Bildung 759. 801—805. .
Fortschreitung 759. 801.
Haifischzähne 358.
Halleyscher Komet 207. 211.
Haloen 843—847.
— Frequenz 844. 846. 847.
— künstliche 847.
Handelskrisen und Sonnenflecke 143.
Harmonische Analyse 453. 455 — 460, 601.
Harvard-Stern 62.
Harz 257. 850.
Harzartige Produkte, Verwesung von
483.
Haselnuss, Verbreitung 566.
Haufenwolke s. Cumulus.
Hebung des Bodens (s. Landhebung)
277. 339. 465.
Heide 764.
Helium 33. 474. 911.
— Linien im Sonnenlicht 95. 102.
107.
Heliumsterne 24.
Helle Nächte 857.
Helligkeit der Sterne 9. 11. 17.
Helligkeitsklassen 10. 12.
Hemmpunkt 217.
Herbst 553.
Arrhenius, Kosmische Physik.
Herbstpunkt 6.
Herculis a 26.
— 50. 56.
Hering 359. 367. 377.
Herkules, Sternhaufen 39. 40.
Heulen des Windes 819. 820.
Himalaja 258. 339. 982.
Himmelsfarbe (s. Dämmerung) 852. 864.
876—878.
Himmelsgewölbe, Aussehen 823 — 825.
Himmelslicht, Polarisation des 868—874.
Indifferente Thermen 417.
Inducierter Magnetismus 937. 941. 942.
Induktionsstrom 780. 783. 938 — 940.
985. 989.
Inklination, magnetische 137. 148. 907.
934—940. 974.
— Perioden 940. 954. 963. 971.
Inklinatorium 934-936.
Inlandseis 395. 399. 400. 402. 403. 423.
Innen moräne 399.
Innere Reibung des Wassers 378.
Inselberge 767.
Insolation s. Sonnenschein, Dauer des
Interglacialzeit 405.
Intermittierende Quellen s. Geysir.
Interplanetarische Atmosphäre 596.
onen 151. 655. 89*.
Ionisierung der Luft 793. 894. 900.
Irmingerstrom 731.
Irrlichter 878—880.
Irrwische s. Irrlichter.
Isanomalen, erdmagnetische 974. 975.
— thermische 562—565. 608.
Isapoklinen 975.
Ischia, Erdbeben von 316. 318.
Isobare Flächen 742. 753.
Isobaren 606—609. 701. 704. 715. 741.
747. 748. 752.
— gradlinige 723.
Isobronten 797. 799.
Isochasmen 902. 903.
Isodynamen 943. 944.
Isogonen 929. 934. 978. 979.
Isohypsen 557.
Isoklinen 939. 940. 977.
Isolierte Berge, Temperatur 576.
64
1010
Sachregister.
Isolierung durch Schnee 534. 543. 549.
574. 718.
Isoplethen, thermische 556.
Isoseisten 320.
Isostasie 340.
Isosteren 741. 749.
Isotherme Flächen 280. 588.
Isothermen 369. 557. 558. 560. 561.
Jagdhunde, Nebel 34.
Jahr 1.
Jahreszeiten 1. 553.
Japan, Erdbeben 316.
Japetus 199. 200.
Jod in der Luft 482.
— in Salzseen 409.
Jupiter 191—194.
— Abplattung 191.
— Achsendrehung 192.
— Flecke 193.
— Monde 68. 175. 198.
— Spektrum 176. 177.
— Streifen 192.
— Temperatur 194.
Jura, Gebirge 401. 425.
— Zeit 407.
Kalkalgen 357.
Kalkausscheidende Organismen 342. 355.
359.
Kalknadeln 356.
Kalkstein 295. 345. 361. 477.
Kälte, grosse 521. 706. 717.
Kambrische Zeit 288.
Kanäle auf Mars 190.
Kanaltheorie der Gezeiten 454.
Kannelierungen der Vulkane 300.
Kanonendonner, Hörweite 777. 821.
Kant-Laplacesche Hypothese 223—226.
Kaolin 342.
Kapillare Wellen 436.
Karst 345. 401.
— Flüsse im 425.
— -Landschaft 345.
— Seen 407.
Kathodenstrahlen 152. 654. 919.
Kaukasus 257.
Kegelform der Vulkane 300.
Keil des Luftdrucks 723.
Kellerräume, lonengehalt 896. 897. 900.901 .
— Temperatur 526.
Kentern des Gezeitenstromes 463.
Keplers Gesetze 54. 56. 66. 71. 72—78.
80. 196. 223. 274.
Kesselstein 418.
Kiesbänke 434.
Kieselnadeln 357.
Kieselsäure 312. 342.
Kieselsinter 291.
Kieselskelette 357. 358.
Kilauea 300. 301. 644.
Kimmung 832. 833. 876.
Kinetische Gastheorie 173.
BHammen 421.
Klänge musikalischer Natur 820. 821.
Klastische Sedimente 290.
Kleine Planeten 68. 70. 89. 176. 224.
Klima älterer Zeiten 359. 405. 472. 562.
567. 568. 614. 768.
Klimaänderungen 171. 291. 397. 562—572.
768.
— in arktischen Gegenden 508. 569. 764.
— kurzperiodischel40.562.566.570. 732.
— Sonnenfleckenperiode 140 — 146.
Klima äquatoriales 553.
— gemässigtes 552.
— insulares 553. 588. 614.
— kontinentales 514. 549. 552. 553.
— oceanisches 514. 549. 552. 553.
— solares 508—517.
— tropisches 553.
— Vermilderung durch Seen 538. 559.
Knoten 348.
Kochsalz 213. 287. 360.
Kohle 106. 476.
— Bildung 476.
— Konsum 423. 478. 639.
— Staub 489. 639.
Kohlensack 41.
Kohlensäure 170. 187. 190. 295. 296. 304.
305. 340. 342. 356. 358. 361. 362.
373. 416. 473. 475—481. 499. 503
504. 507. 614. 617. 639.
Kohlenwasserstoffe 204. 304. 305. 477.
482. 503. 597.
— Spektrum 26. 204.
Sachregister.
1011
[oinzidenzen, Methode der 244.
[okkolithen 357.
Kometen 79. 157. 202—212. 224.
— Bahnen 202.
— Haube 204. 208.
— Häufigkeit 203.
— Kern, Kopf 203. 204. 206—208.
— Lichtstärke 207.
— Masse 203. 208.
— Schweif 150. 203. 204-207. 925.
— Spektrum 204.
— Temperatur 208. 209.
— Zersetzung 208.
Kompass 926.
Kompressibilität 331. 371.
Kondensation 486. 488. 505. 545. 582.
585. 626. 632-635. 643. 649. 654.
749. 756. 793. 919.
— sfläche 258.
— sgebiet 757. 760.
— skerne, Nuclei 632. 654. 793. 863.
899.
Kondensationshygrometer 619.
Kontaktmetamorphose 296. 309.
Kontinent 347. 358. 392. 454.
Kontineutalböschung 352.
Kontinentalstufe 288. 341. 352. 359.
Kontinuierliches Spektrum 22. 27. 34.
Konvektion von Wärme 519. 532. 538.
Kopernikanisches System 67. 240.
Kopfschatten mit Glorie 848—850.
Koralle 342. 352. 359. 471.
— Ritte 471.
— Sand 342. 359.
Krakatau, Ausbruch 301—303. 490. 688.
762. 821.
— Dämmerung nach Ausbruch 855.
863-868.
— Luftwellen 787. 821. 822.
— Wasserwellen 323. 324.
Kreiselbewegung 268.
Kreuze am Mond und an der Sonne
844—846.
Kreuzsee 439. 711.
Kritische Distanz (Schlagweite) 784. 911.
Kritischer Punkt 283, 312.
Kryokonit 403.
Krypton 474. 911.
Krystalle 293. 310.
Krystallinische Schiefer 295.
Krystallisation 296. 310.
Kugelblitze 773. 775—777. 784. 809.
— Farbe 776.
— künstliche 775. 776.
— mechanische Wirkung 776. 777.
— Temperatur 776.
Kulmination 6. 892. 971.
Kultur 365. 405. 764. 768.
Kundtscher Versuch 470.
Kuro-Schio 374. 385. 386.
Küste 259. 352. 443. 465-472. 763.
Küstengebirgsketten 340.
Küstenriffe 469—472.
Küstenthon 355. 356.
Küstenverschiebungen 465 — 472.
Labiler Zustand der Luft 709. 724. 727.
Lacaille 9352. 19.
Lahngänge 401.
Laibach, Erdbeben von 316.
Lake Bonneville 430. 465.
Lake Warren 465.
Landhebung 466 — 468.
Landnebel 639.
Landsenkung 465—468. 472.
Landwinde 692-694. 794.
Lapilli 298.
Latente Wärme s. Yerdunstungs wärme.
Lava 299. 300. 303. 307. 309. 312—316.
Lavaherde 311 — 314.
Lawinen 395. 400. 401.
— Bahnen 401.
— Kegel 401.
Lebensluft 479.
Lenzen 439. 711.
Leoniden 210. 215.
Leuchtende Nachtwolken 580. 649. 851.921.
Geschwindigkeit 852.
Höhe 852.
Periode 851. 852.
Lexells Komet 210.
Leyer, Ringnebel 36.
Licht der Himmelskörper 23—28. 91—93.
876.
Lichtäther 231.
Lichtbogen 102. 131.
Lichtjahrweite 3.
64*
1012
Sachregister.
Lichtsäule 846.
Lichtwellen, Ablenkung 825.
— Biegung (DiflFraktion) 842.847.851.855.
— Brechung 830. 831. 835. 844. 856.
— Dispersion 829. 831.
— Eeflexion 852. 857. 873.
selektive 853. 872. 877. 878.
Lima, Erdbeben von 316.
Linienblitze 773—775.
Lissabon, Erdbeben 316. 318.
Litoralzone s. Kontinentalstufe.
Littorinameer 406.
Llanos 764.
Lloydsche Wage 946, 970. 971.
Lochs 406.
Lokale Gewitter 795. 798.
— magnetische Störungen 978 — 980.
— Umstände, Einfluss von 701. 734.
— Winde 704—706.
Lokalvariometer 943.
LÖSS 765. 770.
Lot 348. 427.
Lotabweichung 250. 257.
Lotleine 348.
Luft (s. Atmosphäre der Erde).
— feuchte 615. 645.
Luftballon s. Ballonaufsteigungen.
— Glorie um 850.
Luftdruck 148. 277. 590—611. 752. 787.
— Differenzen Dänemark-Island 781.
— Gradient 676.
— geographische Verteilung 606—609.
— Höhenverteilung 592—594. 602. 604.
827.
— bei Lawinen 401.
— um einen Luftstrom 754.
— Maxima, Minima 610. 611. 708.
— Periode, halbtägige 600. 602—604.
921—923.
— — jährliche 601. 604.
Mond- 892.
tägliche 600—604.
— Typen 722.
— in Tromben und Cyklonen 610. 809.
— unregelmässige Schwankungen 447.
600. 609—611.
Luftelektrizität s. Elektrizität atmosphä-
rische.
— 146. 149. 793. 881—901.
Luftionen 793. 894. 897—901.
Luftperspektive 483. 488. 824. 874.
Luftprobe 617.
Luftpumpe, S. 56.
Luftsedimente 765. 770.
Luftspettrum (s. Atmosphärische Linien)
910. 911.
Luftspiegelung 832—835.
Luftströmungen (s. auch Winde) 513.
532. 595. 687—692. 986.
— horizontale 754. 758.
— vertikale 545. 674. 687. 891.
— auf Merkur 169.
— bei Sonnenfinsternissen 959.
Lufttemperatur 519. 520. 544—589. 694.
719. 749.
— Anomalie 562. 570.
— Bewölkung, Einfluss 549.
— Korrektion zum Meeresniveau 557.
— Periode, jährliche 548. 552 — 557. 577.
sekuläre 562—577.
tägliche 544—550. 577.
— Verteilung, geographische 557 — 562.
nach der Höhe 572—589.
Luftwirbel 659. 662. 669. 679. 685—687.
697—704. 705. 719. 797. 805—811.
958—960. 965. 971.
— Entstehung 686. 723-730.
— Höhe der vertikalen 687. 700. 754.
— mit horizontaler Achse 697. 794. 797.
798.
— und Sonnenflecke 140. 145.
Lyrae « s. Vega.
— ß. 24. 56. 57. 63.
Mäander 433.
Magma 282. 283. 292. 293. 296. 299.
312—316. 333. 334.
Magnesiumlinien 102. 131. 226.
Magnetfeld 152. 918. 929—932. 944. 973
—980.
— der Schwankungen 955—959.
— der Sonne 120. 983.
— der Störungen 965.
Magnetische Elemente für Potzdam 944.
Schwankungen 951—972.
— Landesvermessung 928. 978—980.
— Meridianen 906. 931. 932.
Sachregister.
1013
Magnetische Momente 941. 942.
Temperaturvariation 942.946—947.
zeitliche Abnahme 942. 943.
— Observatorien 947.
— Parallelen (Aquipotentiallinien) 931.
932. 944.
— Reiseinstrumente 927—929. 937. 940.
945.
— Störungen s. Störungen.
Magnetismus gebrannten Thons 977. 978.
Mammut 402.
Mangrove 470—471.
Manometer 351. 546. 670.
Mariottes Flasche 616.
— Gesetz 596.
Marmor 295. 309.
Mars 68. 70. 183—191.
— Atmosphäre 172. 174. 176. 185.
— Erhebungen 187.
— Farbe 185. 187. 189.
— Kanäle 190. 191.
— Klima 185. 189. 614.
Mars, Kohlensäureschnee 187.
— Monde 198.
— Polarkappen 183.
— Spektrum 176.
— Temperatur 171.
— Undrehungszeit 183.
— Veränderlichkeit 183. 189. 190.
Mascaret 462.
Masse der Erde s. Dichte.
— der Planeten 80.
— der Sterne 49.
Massendefekte und -Überschüsse 255. 257.
258. 261. 339.
Massengesteine 292—295.
Massenverschiebungen 271. 277. 609.
Mauna Kea und Mauna Loa 179. 259.
300.
Maximalspannung von Wasserdampf 581.
612. 618. 632.
Maxwellsche Elektrizitätstheorie 121.
Meer 258. 259. 347—393. 406. 467. 489.
— Boden 258. 279. 335. 348. 353-359.
377. 380. 442. 466.
Meer, Bodenböschung 335. 352.
— Dichte 363—367. 373. 386.
— Eis 387—393.
— Farbe 373-377.
Meer Gasgehalt 361. 362.
— Gefrierpunkt 373. 388.
— Oberfläche 234. 259.
— Salzgehalt 287. 359—367.
— Sand 445. 763.
— Strömungen 361. 363. 367. 377—387.
513. 635. 793.
Meer, Temperatur 350. 351. 359. 367—373.
377. 535. 540—542.
Meeresleuchten 376.
Memnonstatue, singende 821.
Meridianebene 3. 741. 929.
— magnetische 906. 931. 932.
Meridianquadrant 238.
Merkur 181. 199.
— Atmosphäre 176.
— Lichtstärke 848.
— Temperatur 169.
— Umdrehung 181.
Messina, Erdbeben 316.
Metallbarometer 591.
Metalle und Metalloide in der Sonne
106. 911.
Metallische Protuberanzen 108—113.
Metamorphosen 295.
Meteore 125. 157. 158. 459.
Meteorite 212-220. 233. 344. 358..
— Aufglühen 215. 580. 594.
— Entstehung 155—158.
— Hemmpunkt 217.
— Streufeld 217.
— Temperatur 218.
Meteorologischer Äquator 129. 608. 615.
Meteorsteine s. Meteorite.
Milchfarbe der Gletscherbäche 374. 399.
— des Meeres 375.
Milchstrasse 41. 64.
Mimas 199.
Mineralgänge 310. 980.
Mineralquellen 304. 416.
Mira Ceti 26. 56.
Mirasterne 56. 57.
Mistral 706. 764.
Mitschwingung 245. 448. 664. 783. 821.
Mittelalter, Klima im 566—569.
Mittelbildung 550-552.
Mittellauf 419.
Mittelmeer 366. 367. 386.
Mittelmoräne 398.
1014
Sachregister.
Mizar 49.
Mofette 304. 639.
Moldavite 217.
Monat 1. 276.
Mond 177—181. 197.
— Atmosphäre 174. 179.
— Einfluss auf Witterung 891. 892.
elektrischer 791. 892—894.
magnetischer 149. 155. 971.
972.
Mond, Gebirgsketten 180. 848.
— Gezeiten 448—454.
— Licht 93. 176. 848. 876.
— Meere 178.
— Parallaxe 69.
— Regenbogen 841.
— Strahlensysteme 180.
— Temperatur 166-168. 180.
— Umlaufszeit 73.
— Veränderungen 180.
— Wasser auf 179—180.
Monde der Planeten 197—200.
Mondhof 847.
Mondringe 843—847.
Monsune 688. 695. 696.
— Gradient 696.
— Höhe 696.
Monsunengebiet 662.
Monsunströme 379. 380.
Moore 407. 414.
Moorwiese 529.
Moränen 391. 396. 398—400. 402. 407.
Morgenröte 855. 857.
Multiplikationsverfahren 938.
Mündung der Flüsse 419.
Murbrüche oder Murgänge 419.
Muscae, i? 57.
Muschelbänke 465.
Muschelförmige Abschuppung 218. 344.
Musikalische Naturklänge 820. 821.
„Nachglühen" 875.
Nachtfröste 518. 519. 522.
Nachtgewitter 787.
Nächtliche Abkühlung 533. 545. 565.
— Strahlung 518—525.
Nachtwolken, leuchtende 580. 649. 851.
921.
Nachwirkung, elastische 277. 339.
Nadirfluten 452.
Natriumlinien 24—25. 99. 105. 204.
Natronseen 408.
Nebel (auf dem Himmel) 33. 62. 156. 157.
222. 225. 230. 231. 923-925.
— Spektrum 33. 34. 46.
— Zustand 43. 44. 656.
— (irdischer) 390. 486. 635. 638-640.
643. 644.
— Bildung 634. 635.
— Gebirgs- 640.
— Luftelektrizität bei 886. 899.
— Periodizität 639. 640.
— -Signale 817. 818.
— -Tropfen 641. 847.
Nebellinie 33.
Nebenflüsse 433.
Nebenmonde 844—846.
Nebensonnen 844 — 846.
Nebulosa s. Nebel.
Necks 307.
Negative Partikelchen 42. 43. 149. 151.
204. 225. 604. 920.
Neigung der Planetenbahnen 84.
Neon 474. 911.
Nephoskop 647.
Neptun 89. 197.
— Mond 175. 197. 224.
— Spektrum 176.
„Neros Graben" 352.
Neue Gase der Luft 473—475. 910. 911.
Neue Sterne (s. auch Nova) 60—64. 230.
923—925.
— Entstehung 63. 230. 923.
— Spektrum 25. 61. 62. 63. 923.
Neufundland, Nebel bei 635. 640.
Neutrale Fläche 278. 686. 720. 757.
— Punkte 870—873.
und Sonnenflecke 873.
Newtonsche Farbenringe 847.
— Farbenscheiben 856.
Newtonsches Gesetz 73 — 83.
Niagara 287. 407. 422.
Nickel in Meteoreisen 213. 214.
Nickelstahl 237.
Niederschlag 394. 570. 614. 635—640.
653-666. 703. 704.
— Elektrizität bei 786. 804. 886-888.
Sachregister.
1015
Niederschlag, Gebiet 429.
— im Gebirge 061.
— geographische Verteilung 661 — 664.
— Maximi werte 660-663.
— Menge 659—666.
— Periodizität 665. 666.
— und Sonnenflecke 142.
Nimbus 643. 704.
Nippflut 452.
Nitrate und Nitrite 482. 656. 657.
Niveaufläche 263.
Nivellierung (s. auch Denudation) 238.
263.
Nordlicht s. Polarlicht 135. 137—139.
146. 208.
— Geräusch bei 820.
Nordlichtlinie 909—911.
Nordpol, magnetischer 929. 934.
Nordsee 353. 365. 386. 507.
Normalgefälle 418.
Normalinstrumente 550.
Nova, Andromedae (1885) 62.
— Aurigae (1892) 25. 62.
— Cassiopejae (1572) 60.
— Centauri (1895) 61.
— Coronae borealis (1866) 61.
— Cjgni (1600) 60.
(1876) 61.
— Kepleri (1604) 61.
— Normae (1893) 62.
— Persei (1900) 923—925.
Nullmeridian 926.
Nummulithenkalk 357.
Nunataks 402.
Nutation 208—270. 282. 452.
Oasen 418.
Oberflächenspannung 447.
Oberitalienische Seen 406.
Oberlauf 419. 423.
Oberon 200.
Ocean (s. auch Meer) 336. 346. 347. 353.
371. 478.
Oceanographie 352.
Oel auf Wellen 447.
Oolithe 291. 479.
Ophiuchi, U. 55.
Optik, meteorologische 823—880.
Optische Doppelsterne 46.
— Trübung 483. 490.
Orbelinen 356. 357.
Organisches Leben, Möglichkeit 172. 173.
221. 285. 288. 353. 361. 370. 372.
376. 394.
Organismen, kalkausscheidende 342. 355.
359.
— konservierende 344. 470.
Organogene Sedimente 292. 342. 355. 359.
361. 408.
Orientierung der Kirchen, magnetische
926.
Orionis, a 26.
— ß, y, 6 und e 24.
Orionlinie 24. 33. 37.
Orionnebel 36. 37. 225.
Orkan 671. 705.
Oscillierende Entladungen 773. 774. 779.
Osmotischer Druck 313.
Ostsee 353. 365. 366. 372. 386. 393.
406. 413. 567.
— Nebel auf 640.
Ovifak, Eisen von 214.
Ozon 482.
Packeis 387.
Pallas 90. 176.
Pampas 764.
Parabolische Bahnen 80. 86. 202.
Parallaxe der Körper im Sonnensystem 69.
— des Mondes 09.
— der Sonne 70. 71.
— der Sterne 13. 21.
Parallelstruktur 288. 295.-
Partialentladungen 775.
Partikelchen, negative 42. 43. 149. 151.
204. 225. 604. 920—925.
Passatwinde 380. 438. 688. 692. 696.
762. 769.
— Einflusa des Mondes auf 892.
Penguin-Tiefe 352.
Pegasi, ß 26.
— Z7 57.
Pegelstände 142. 446.
— und Sonnenflecke 142.
Pegmatite 293.
Pendelmessungen 242—263. 358.
1016
Sachregister.
Pendel versuch, Foucaults 267.
Penumbra 95. 100. 102. 104.
Perihelium 89. 274.
Periodische Erscheinungen 1. 456—460.
Perlenschnurblitze 773. 775.
Petroleumgase 396.
Pflanzenleben 343. 376. 476-480.
Pbänologische Erscheinungen 143 — 146.
Phasendifferenz 459. 587.
Phobos 198.
Phokis, Erdbeben von 317. 319.
Phosphorescierende Organismen 376.
Phosphorwasserstoff, selbstentzündlicher
880.
Photographie der Blitze 773.
— des Himmels 11.
Photometer von L. Weber 869.
— von Zöllner 10.
Photometrie der Himmelskörper 10.
Photosphäre der Sonne 96. 100. 102.
106. 124.
Pinienwolke 296. 794.
Planetarische Nebel 33. 43.
Planeten 66—88. 164-197.
— Bahnen 66. 80. 84. 88. 224.
— Dichte 80. 164.
— Massen 79. 80. 90. 164.
— Spektra 176.
— Umlaufszeiten 71. 79. 90. 227.
Planeten, kleine (Planetoiden) 89. 90. 224.
Plankton 356. 376.
Plasticität 277. 283. 339. 396.
Platten-Anemometer 669.
Platzregen 660.
Plejaden 9. 20. 37.
— Nebel 37. 225.
Pluviometer 659.
Poikfluss 425.
Pol der Ekliptik 6.
Milchstrasse 41.
— magnetischer 929. 934.
Polabstand eines Magneten 942.
Polarbänder 642.
Polareis 391—393.
— auf Mars 183.
Polarisation des Lichtes. 839. 924.
von Emulsionen 877.
vom Himmel 865. 868—874.
— Seewasser 874.
Polarisation des Lichtes von Wolken
872. 873.
aktinischen 872. 877.
Polarisiertes Licht der Haloen 845.
des Mondes 180.
Polarisiertes Licht des Persei-Nebels 924.
— Regenbogens 839.
— Saturnringes 196.
der Sonnencorona 117.
des Tierkreislichts 202.
Polarlichter 135. 137—139. 146. 152. 181.
183. 208. 902-921.
— Banden 908.
— Bogen 904—907. 911.
— und Cirrus-Wolken 907.
— Corona 904. 907.
— Draperien 908.
— und Erdladung 905. 920.
Erdmagnetismus 137 — 139.
905. 917—919. 952.
— Farbe 904. 905. 907.
— Höhe 580. 594. 911. 912.
— und Kathodenstrahlen 152. 919.
— Lichtstärke 908. 913.
— Maximalzone 152. 902.
— Nebel bei 907. 919.
— Periode, jährliche 912—914. 921.
Mond- 916. 917. 921.
sekuläre 137. 152- 914—917
26tägige 149. 916.
tägliche 914. 921.
— Schein, diffuser 904. 907.
— Sichtbarkeit 908. 913. 914.
— Spektrum 905. 910. 911.
— Strahlen 152. 907. 919.
Polarmeer 371. 377. 392. 640.
Polarstern 47. 269.
Polarstrom 363. 367. 386. 391. 569.
Polaruhr 874.
Polati efe 327.
Polhöhe 5.
— Schwankungen 270—272.
Pollux 25. 786.
Poren der Sonne 94.
Potential des Erdmagnetismus 944. 972.
973. 976.
— der Schwere 83. 84.
Potentialfall in der Luft 881. 882. 886.
887.
Sachregister.
1017
Fotentialfall bei Sonnenfinsternissen 898.
Potentialflächen, elektrische 884. 885.
Potentielle Energie 81. 284.
I'räcession 2(38-270. 282. 452.
Präcisionsnivellierung 238.
Präkambrische Zeit 288.
Prallstelle 426.
Procyon 17. 25. 32.
L'rocyonbegleiter 49.
Protuberanzen 103. — 105. 108. 120.
126—130. 828. 911.
- Geschwindigkeit 108—114.
~ Höhe 113.
— Periodicität 113.
- Spektrum 23. 95. 108. 113. 911.
Psychrometer 544. 618- 619.
— Differenz 488. 520.
negative 520. 619.
— Formel 619.
— ventiliertes 619.
Ptolemäisches System 67.
Puppis, 'C, 44.
Purpurlicht, erstes 861. 863—868. 875.
— zweites 862. 864—868.
— drittes 866.
— Dauer 866—868.
— Höhe 865. 866.
— Statistik 867.
Pyrheliometer 492—497. 522.
— selbstregistrierendes 494
Pyrit 8. Schwefeleisen.
Quartäre Bildungen 339.
Quarzsand 342.
Quellen 415. 416.
— Gasgehalt 416.
— Salzgehalt 416.
Iladiationspunkt 209.
Radioaktive Körper 882. 884. 897. 899.
901.
Radiolarien 356—358.
Radiolarienschlick 358.
Rasen s. Grasdecke.
Rauch und Blitzgefahr 782. 806;
Luftelektrizität 886.
Rauchfrost 637. 638.
Reflexion (s. auch Licht wellen und Schall)
der Erdwärme 501.
Refraktion, atmosphärische 239. 825—829.
Regelation 396. 397.
Regen (s. auch Niederschlag) 524. 659 —
666. 704. 723.
— äquatoriale 661.
— -Bänder 505. 620.
— Chemie des 656. 657.
Regen-Menge 567. 626. 635. 795.
— -Messer 659.
Regenbogen 835—843.
— höherer Ordnung 836—840.
— Mond- 841.
— Polarisation 839. 840.
— sekundäre 841. 842.
— Theorie 835. 836. 842.
— weisser 842. 843.
— zweiter 838—840.
Regentropfen, Bildung von 653 — 655.
— Grösse 655. 795. 842.
— Temperatur 655.
Regenwolke (s. auch Nimbus) 644.
Regenzeit 666.
Regulierung d. Wasserzuflusses 420. 424.
— der Kohlensäuremenge 478—480,
Regulus 24.
Reibung der Luft 737. 740. 744. 750. 757.
760. 762.
gegen die Erde 675. 678. 681.
im Kondensationsgebiet 761.
— des Wassers 378. 442. 445. 447.
Reif 637. 657.
Reinheit der Luft 489. 507. 516. 521. 886.
893.
8. auch Staub.
Reiseinstrumente, magnetische 927—929.
937. 940. 942. 945.
Rektascension 5. 6.
Relativzahl, Wolfsche 132. 873.
Relikte Meeresteile 406.
Resonanz 245. 448. 664. 783. 820.
Respighis Phänomen 829. 831.
Retrograde Bewegung 200. 211.
— Richtung 5.
Reversionspendel 244. 245.
Rhabdolithen 357.
Rhea 199.
Rideau 433.
1018
Sachregister.
Riffe 469. 471.
Rillen auf dem Monde 179.
Ringe um Sonne und Mond 843—847.
Ringbildung 223.
Ringförmige Nebel 36. 43.
Ringgebirge 179.
Ringriffe 472.
Rinne. V-förmige 723. 796. 798.
Rippelung des Meeresbodens 471.
Risse der Erdki-uste 289. 307. 312. 313.
316. 335. 338. 340. 358. 371. 398.
416.
Rollen des Donners 777.
Röntgenstrahlen 654.
Rosalicht s. Purpurlicht.
Rossbreiten 688. 690. 754. 762. 766.
Rotes Meer 366. 371. 3S7.
Rötliche Steine 26. 51. 58. 160.
Rücken am Meeresboden 352.
Röckschlag 780.
Rückstrahlung 500—502. 516. 521. 522.
Rückströmung in der Luft 689.
— im Meer 386. 387.
Ruhende Protuberanzen 113.
Ruheperioden der Vulkane 303.
Ruhezustand d. Himmelskörper 228. 229.
231. 232.
Rundhöcker 400.
Russpartikelchen 489. 639.
Salpen 375.
Salpetersäure (s. auch Nitrate) 482.
Salzablagerungen 291. 409.
Salze, in Eis 388.
— vom Himmel gefallen 213.
— im Meer 360—367.
— im Niederschlag 656.
— im Quellenwasser 416.
— im Süsswasser 360. 407.
Salziger Boden 765.
Salzseen 407. 539.
Sand 342. 432. 445. 466. 468. 528. 529.
820.
— vulkanischer 298. 302.
Sandbänke 432. 434. 468.
Sandgebläse 342.
Sandstein 52^^.
Sandwüste 767.
Sarmatisches Meer 406.
Satelliten 197—200.
Sattel im Luftdruck 723.
Sättigungsdefizit 620. 621. 623.
Saturnus 194—197.
— Abplattung 194.
— Monde 199.
— Ringe 193. 195—197. 223.
— Spektrum 176. 196.
— Streifen 195.
— Umlaufszeit 195.
— Veränderungen 197.
— Wolken 195.
Sauerstoff, Absorption von Strahlen 503.
— in der Luft 473—475.
— im Meer 342. 361. 370. 372. 373.
— Messung 617.
— in der Sonne 106. 911.
— Veränderung, örtliche 479 — 481.
zeitliche 475—479.
Savannen 764.
Schäfchen-Wolken s. Cirro-Cumuli.
Schalentiere 342.
Schall, Ablenkung 777. 816—819. 822.
— Beugung 812.
— Brechung 812-819.
— Durchlässigkeit für 816.
— Eindringen von Luft in Wasser
812—815.
in Holz 815.
— Geschwindigkeit in Luft 813. 816.
819. 822.
in Wasser 813.
— Hörbarkeit 777. 812. 815. 817.
— und Prinzip von Doppler 818.
— Reflexion 814—816. 819.
totale 814. 817. 819.
— -Schatten 812. 817. 819.
Schallwellen 335. 812-822.
— beim Krakatau-Ausbruch 821. 822.
— spontane 819—821,
— und Wind 819.
Schatten 848. 850. 852.
Schäumen der Wellen 442. 647.
Scheeren 444.
Schichtwolke s. Stratus und Alto-Stratus.
Schiefe der Ekliptik 6.
Schiefer, krystallinische 295.
Schieferung 398.
Sachregister.
1019
Schiffbarkeit der Flüsse 429.
Schiffbrüche und Sonnenflecken 143.
Schiffskompass 926.
Schiffslog 381.
Schilf 471.
Schlamm 341. 355—359. 399. 403.
— vulkanischer 299.
Schlammvulkane 303 — 306.
Schlieren in der Luft 483. 830. 831. 833.
Schmelzprozess 519.
Schmelzpunkt (s. auch Gefrieren) 282.
Schmidtsche Sonnentheorie 110. 828. 832.
Schnee 389. 394. 395. 401. 566. 574. 657.
658. 659. 723.
— -Algen 394. 403.
— -Decke 394. 489. 525. 534. .543. 658.
Dauer 135. 394. 414.
— -Flocken 657.
— -Gestöber 785.
— -Grenze 394.
— -Höhe, specifische 658.
— auf Mars 185.
— -Schmelze 428. 432. 705.
— -Sterne 657.
— -Treiben 769. 820.
Schornsteine und Blitzgefahr 782.
Schotter 400.
Schotts 409.
Schrammen durch Gletscher 399. 403.
Schraubenlinie s. Spirale.
Schraubung des Eises 391.
Schreibersit 358.
Schrumpfung s. Zusammenziehung.
^ Schutt 321. 401. 419. 422.
P — -Halden 344. 398.
— -Kegel 419.
Schutzconus 782.
Schutzcy linder 895—897.
[^ Schwan 16. 30.61.
— Nebel 37.
; " Schwarzes Meer 362. 372. 567. '
Schweben der Wolken 640. 641.
Schwefel-Dämpfe 304.
Eisen 475—477. 638.
— -Regen 656.
— -Säure 482. 617. 638. 656.
Verbindungen 342. 362. 372.
Wasserstoff 362. 372. 373.
. Schweflige Säure 482. 638.
Schwellen am Meeresboden 367. 370. 372.
Schwere 245—263. 737.
— und geographische Breite 255. 599.
— und Höhe 253. 254.
— auf den Planeten und der Sonne 80.
Schwerpunkt eines Systems 77.
Schwimmkörper 381. 427.
Schwingungen, elektrische 773. 774. 779.
971.
Scintillation 829—832.
Scirocco 705.
Sedimentäre Schichten 287—289.
Sedimentation 288. 341. 374. 376. 409.
432. 462. 467.
See, abflusslose 407—409.
— Neubildung von 400. 420. 422. 423.
— süsse 405—407. 420. 422. 538.
— Verschwinden 407. 432. 433.
Seebären 445. 447. 820.
Seebeben 321. 323—325.
— -Wellen 323. 443. 445.
Seenuss, Verbreitung 666.
Seeschiessen 820.
Seespiegelschwankungen 445—447.
Seewege 387.
Seewinde 692— 694. 724. 794.
Seiches 445—447.
Seife, Wellen beruhigend 447.
Seismische Erscheinungen s. Erdbeben.
Seismograph 328.
Seismologie 317.
Seismoskop 328.
Sekundäre Minima s. Teilminima.
Sekundenpendel 244. 255.
Selbstinduktion 784.
Selektive Absorption s. Absorption.
des Wassers 536.
— Reflexion 166. 483.
Senkblei 348.
Senkung des Erdbodens 326. 340. 465—
467.
Senkungsbeben 327.
Seracs 398.
Serapistempel zu Puzzuoli 465.
Serpentinisierung 426. 433.
Sibirische Ostküste. Klima 555.
Siderisches Jahr 4.
— Monat 276.
— ümlaufszeit 72. 147.
1020
Sachregister.
Silberglänzende Wolken s. Leuchtende
Nachtwolken.
Silikate 293. 299 336. 342.
— basische und saure 313. 315.
Silurzeit 284. 286. 288. 336.
Singende Felsen 821.
Sinkkörper s. Suspendierte Teilchen.
Sinter 291. 418.
„Sintflut" 321.
Sirius 9. 17. 24. 29. 30. 32. 49. 131.
Siriusbegleiter 49.
Siriustypus 24, 51.
„Sog" 445. 469.
Solares Klima 508—517,
Solenoide 743. 748. 749. 756. 759. 761.
' 762.
Solfataren 117. 304. 639.
„Solitary wa^es" 441. 445. 820.
Sommer, Länge 274.
Sonne 28. 65. 91—163.
— Achse 126.
— Äquator 126.
— Atmosphäre 93. 102. 105.
— Dichte 80. 121-123.
— Dimensionen 80. 91.
— Drehung 123—126.
— Druck 111. 121—123.
— Energie 158. 221. 228. 231.
— Fackeln 94. 99. 102. 103. 125—130.
138. 148.
— Flecke 95—103. 120. 123.
Periodizität 132—158. 873. 956.
960. 961. 965.
— Magnetfeld 120. 983.
— Oberfläche 94.
— Protuberanzen 103—105. 108—114.
120. 126—130. 828. 911.
— Spektrum 25. 105. 500.
— Strahlung 91. 93. 158. 165. 276. 410.
492-511. 515. 517.
— Temperatur 123. 130—132. 502.
— Thätigkeit 127.
Sonnenabstand 3.
Sonnen -auf und -Untergang, Farben bei
488. 505.
Sonnenfinsternis 959. 960.
Sonnengewitter 787. 790. 793.
Sonnengezeiten 450.
Sonnenhof 847.
Sonnenkonstante 165. 494. 512.
Sonnennähe s. Perihelium.
Sonnenparallaxe 70. 71.
Sonnenringe 843—846.
Sonnenschein, Dauer des 650. 652.
Sonnenstaub 150—156. 873. 920-925.
Sonnensystem 3. 65—90. 221—225.
— Eigenbewegung 32.
— Entfernungen im 68. 69. 80.
— Stabilität 158—163. 221-225.
Sonnentag 3.
Sonnenwende 274. 509.
Spalte 8. Risse.
Spektralanalyse 21 — 31.
Spektroskopische Doppelsterne 48.
Spektrum der Wärmestrahlung 499 —
501.
Sphagnum-Arten 414.
Spica 48.
Spirale 679. 685. 687. 699.
— logarithmische 679.
Spiralnebel 34. 227.
Spitzenwirkung 782—785.
Spontane Schallerscheinungen 819—821.
Springflut 452. 454.
Sprungschicht 409. 410. 535.
Sprungwelle 462.
Stabilität der Atmosphäre 748. 749. 755.
756.
— des Klimas 615.
— des Sonnensystems 221. 229. 273.
— des Wetters 723. 731. 735.
Stadtnebel 639.
Stadttemperaturen 559.
Stalaktiten und Stalagmriten 291. 401.
Stationärer Zustand der Atmosphäre 749.
755. 756.
Statische Theorie der Gezeiten 454.
Staub im Himmelsraum 12. 44. 155. 158.
— kosmiscner 213. 358. 403.
— in der Luft 483. 485—490. 501. 502.
505. 507. 852. 863. 865.
— und Luftelektrizität 886. 890. 894.
Staubfalle 213. 770. 771. 863.
Staublawinen 401.
Staubwirbel 807.
Staubzähler 486.
Stefans Gesetz 52. 131. 158. 166. 285.
521.
Sachregister.
1021
Stehende Wellen 442. 445.
Steineis 402.
Steingetrümmer 344. 390.
Steinkohlen 423. 476.
Steinmeteorite 155—158. 213. 215. 219.
Steinschlag 401.
Steinwüste 767.
Steppen 764.
Steppenfauna 566. 766.
Sterne 5 — 64.
— Abstände 15. 21.
— Bewegung 18. 29.
— Dichte 54.
— Durchmesser 13. 54.
— Häufigkeit 12. 42.
— Masse 49. 50. 54.
— Parallaxe 13. 15.
— Sichtbarkeit 9. 853.
— Spektra 23. 44. 131. 923.
— Temperatur 27. 502.
— Umlaufszeit 48—52.
— Zusammensetzung 25—28.
Sternbilder 5. 269.
Sternhaufen 33. 39. 42.
Sternort 11. 268.
Sternschnuppen 151. 157. 209. 211. 213.
215. 905.
— Häufigkeit 211. 212.
— Spektrum 216.
Sterntag 2. 240.
Sternwarten 9.
Steuerregeln bei Cyklonen 712.
Stickstoff 361. 473. 503. 911.
— Zufuhr zum Boden 656. 657.
Stoppelfeld, Glorie bei 849.
Störungen, magnetische 135. 137 — 140.
148. 152. 917—919. 948. 963—969.
— — Ausschliessung von 953. 963.
Feld der 965.
Gleichzeitigkeit 948. 963—965.
Grösse 918. 919.
lokale 978—980.
Periode, jährliche 966. 967.
Mond- 971. 972.
— sekuläre 965. 966.
26-tägige 968.
tägliche 967. 968.
und Polarlichter 134—137. 917—
920. 952.
Störungen, magnetische, starke und
schwache 966—968.
durch Strassenbahnen 950.
Störungen, periodische und unperiodische
458.
— planetarische 90. 131. 273.
Strahlung der Erde 170. 284. 518—
525.
— schwarzer Körper 499.
— der Sonne 9. 93. 158. 165. 276. 410.
492-511. 515—517.
— der Sterne 93. 502.
Strahlungsdruck 121. 150—156. 177. 206.
219. 920-925.
Strahlungsmaximum 131. 502.
Strahlungswinter 549. 639. 717. 718.
Strandlinien, Strandterrassen 465.
Stratus 643. 644.
Strom s. Luftströmungen und Meeres-
strömungen.
— -Stärke eines Flusses 427—429.
Stromgefälle 419.
Strommesser 382. 383.
Stromquadrant 383. 427.
Stromschnellen 420. 422.
Stromversetzung 381.
Sturm (s. auch Cyklone und Wind) 671.
704.
— magnetischer 953. 965.
Sturmwellen 712. 725.
Stundenglas-See (Mars) 183. 184.
Stundenkreis 5.
Stundenwinkel 5.
Sturzseen 438.
Südpol, magnetischer 929. 934.
Südlichter (s. Polarlichter) 903. 908. 913—
915. 917.
Sulphate im Meerwasser 342. 362.
372.
Sulu-See 372.
Sümpfe 414. 420. 429. 471. 878.
Sunds, Gezeitenströme in 463.
Suspendierte Teilchen 374. 376. 399. 407.
431. 432. 872. 873. 877. 878.
Süsswasser 380. 415—418.
Seen 405-407. 409—414.
Synodischer Monat 1.
— Umlaufszeit 4. 72. 147.
Synoptische Karten s. Wetterkarten.
1022
Sachregister.
Tachhydrit 290.
Tag 1—4. 240.
Tageshelle 852. 853. 857. 869. 878.
Tageswasser 415.
Tange 377.
Tangentieller Druck 340.
Taube Flut 452.
Teilminimum 722. 734.
Tektonische Beben 323—327. 990.
— Linien 323—327. 979.
Telegraphenkabel 352. 353.
Telegraphennetz, Rauchfrost an 637. 638.
— Blitzgefahr 777. 782.
Tellurische Linien s. Atmosphärische.
Tempels Komet 210.
Temperatur, absolute 7. 45.
— älterer Zeiten 359. 405. 472.
— der Binnenseen 409. 413. 536-540.
— des Bodens 501. 511. 526—543. 545.
— der Erde 170. 278-286. 501.
— -fall 281. 715.
— der Flüsse 539.
— der Gasnebel 43. 231.
— der Gletscher 398.
Inversion 545. 573. 575. 594. 639.
674. 693. 818. 876.
— Mittel 550—552.
— des Meeres s. Meer.
— des Mondes 166. 535'.
— niedrigste 521.
— der Planeten 165—173.
— der Quellen 415—417.
— der Sonne 123. 130.
— der Sterne 27. 502.
— -Umkehr s. T. -Inversion.
— -Verteilung geographische 511 — 514.
— virtuelle 746. 750. 760.
— -Wechsel 723.
— des Weltraums 166. 231. 521.
Temperaturleitfähigkeit 491. 526. 531.
533.
Terminator 183. 187.
Terrassen 465. 766. 767.
Tertiärzeit 288. 295. 357. 358.
Thalbildung 421. 422.
Thalwind 694. 695.
Thau 518.
— im Gebirge 636.
— Glorie bei 849.
Thau in den Tropen 636. 637.
Thaubildung 524. 618. 635.
Thaumenge 518. 636. 637.
Thaupunkt 518. 618. 622.
Theodolit, magnetischer 927.
Thermen 303. 304. 416. 417.
Thermoelement 494.
Thermograph 546. 550.
Thermometer 350
— Aufstellung 544.
— blankes und schwarzes 517 — 519.
— registrierendes 351. 546.
— ventiliertes 544.
Thetys 199.
Thon 342. 355. 357. 466.
— gebrannter, Magnetismus von 978.
Thoriumstrahlung 897.
Tiefe des Meeres s. Meerestiefe.
— der Meeresströme 379. 380.
Tiefenstufe, geothermische 278—281. 285
286. 543.
Tiefseethon 357. 358.
Tierkreis 7.
Tierkreislicht 154. 200.
— Spektrum 202. 909.
Titan (Element) 102. 108.
— (Mond) 199.
Titania 200.
Titius-Bodes Gesetz 88.
Tönender Sand 820.
Torf 407. 415. 476.
Torfmoor 407. 414.
Tornados 809-811.
— Drehung 810.
— Energie 809.
— Frequenz 810.
— Keller 810.
— Richtung 809. 810.
— Schwingungen 811.
Totalintensität, magnetische 944. 955
Totes Meer 366. 430.
Trabanten 173. 197—200.
Trachyt 309.
Trägheitskurve 677. 681.
— Krümmungsradius 679.
Transmission s. Durchlässigkeit.
Transport der Energie 424.
Trapp 528.
Travertin 291.
Sachregister.
1023
Triangelmessung 236.
Triebkörper 381. 382.
Trift, westlicher 688. 689. 727. 756. 761.
Trinkwasser 417. 656.
Trochoide 440.
Trockner Nebel 639.
Tromben 698. 722. 807—811.
— Bahnen der 808.
— Bildung 759. 807. 809.
— Drehung 807. 808.
— Geräusch bei 811.
— Luftdruck bei 809.
— Schaden bei 808—810.
Tropfen 653 — 655.
— Zusammenfliessung von 655. 795.
Tropisches Jahr 4.
Trübung des Himmelsraumes 12. 44.
— der Luft (s. auch Nebel) 485—490.
Tuif 291. 418.
— vulkanischer 299. 307.
Tundren 414. 543. 766.
Tunnelbohrungen 280.
Turbinen 424. 425.
Tuscaroratiefe 321. 352.
Tychonischer Stern 60.
T>pen des Luftdrucks 722.
— der Witterung 735.
Typhone 698. 706—712.
Übergangstemperatur 291.
Überkältung 803. 804.
Übersättigung 486. 632. 635.
Überschiebungen 336.
Überschwemmungen 420. 428. 432. 705.
712. 723.
Ufer 421. 425. 468-472.
— , Felsen am 468.
ÜUoas Zirkel 849.
Ultraviolettes Licht, Ionisierung durch
894.
Umbra 95. 100.
Umbriel 200.
Umrührung des Meerwassers 379, 410.
Umschlag des Wetters 723.
Unbemannte Ballons 589.
Unperiodisch s. Aperiodisch
Unterirdische Wässer 425.
Untiefen 444. 463.
Uranus 197.
— Monde 200. 224.
— Spektrum 176.
Umkehrende Schicht 102. 107. 147.
Umkehrung der Spektrallinien 100.
— doppelte 101. 103. 108.
Umlaufszeiten 72.
Unterlauf 419.
Urgebirge 315.
ürmaterie 223. 224. 225—229.
ürnebel 226.
Vagabondierende Ströme 950. 951.
Variationsinstrumente, magnetische 943
945—951.
Variometer, Luftdrucks- 599.
Vegetation 343. 344. 376. 403. 409. 478.
482. 522. 543. 637. 768.
Venus 172. 181—183. 190.
— Atmosphäre 169. 172. 175. 181.
— Durchgänge 68. 70.
— Spektrum 176.
— Temperatur 172. 181.
— Umdrehung 181.
Veränderliche Sterne 53.
Veränderlichkeit von Mittelwerten 552.
Veränderungen des Sternhimmels 19. 66.
Verbiegung 336.
Verbrennung 478. 570.
Verdampfung s. Verdunstung.
Verdunstung 430. 524. 532. 620-624.
— „negative" 622.
— Perioden 623. 624.
Verdunstungshöhe 622.
Verdunstungsmesser 622.
Verdunstungswärme 612. 613. 638.
Verfinsterungen 2.
— der Jupitermonde 68.
Vergleichung mit naheligenden Stationen
551. 611. 664.
Vermischung 633.
Vermoderung 480. 483.
Vermoorung 407.
Verschiebung der Erdachse 27C— 272. 609.
Erdschichten 290. 327.
Luftmasse 009. 733.
Spektrallinien 28-32. 63. 69.
103. 124. 192. 196.
1024
Sachregister.
Verschiebung der Ufer 346. 514.
Verschieferung 295.
Verschleierung 488.
Verschwindungstiefe 375. 876.
Versickerung des Wassers 407. 425. 767.
768.
Versteinerung s. Fossil.
Verteilung der Kohlensäure zwischen
Luft und Wasser 478.
— — Sterne im Räume 12 52. 59.
Vertikale Strömungen der Luft 615. 621.
623. 636. 641. 643. 692. 700. 704.
Vertikalintensität, erdmagnetische 955.
959. 974. 975.
Verwerfung 290. 407.
Verwitterung 189. 309. 338. 340. 342—345.
421. 430. 475. 476.
Vesta 90. 176.
Vesuv 290. 303. 315.
Vesuvtypus 309.
V-förmige Rinne 723. 796.
Winde bei 798.
Virginis, y 47.
Vulkane 296—316. 476.
— Auswürflinge 297—300. 326. 354. 422.
— Bau 307.
— Druck des Lavas in 311.
— Entstehung 311—316.
— Exhalationen 296. 297. 310. 476. 478.
482.
— Gänge 310. 338.
Vulkanen -Gebiete 279. 282. 416.
— und Sonnenflecke 143.
— Verteilung 306. 316. 336.
Vulkanische Gesteine 292—295. 980.
— Gewitter 296- 794.
— Nebel 639.
— Störungen des Erdmagnetismus 990.
Vulkanismus 290. 305-316. 339. 340. 358.
461.
Wadis 768.
W agrame 433.
Wald s. auch Birkenwald, Fichtenwald
420. 482. 524. 526. 543. 630. 705.
764. 898.
Waldgrenze 568.
Waldkurorte 483.
Walenohrknochen 358.
Wallebenen 179.
Wandelsterne 65.
Wärmeabsorption s. auch Absorption und
Glashauswirkung 170. 494. 498. 499.
502—505. 515—517.
Wärmeaufspeicherung 523 — 525. 530.
538-542.
Wärmeausdehnung 371.
Wärmeausstrahlung 514. 518—525. 576.
588.
Wärmebilanz des Bodens 506. .507. 523
—525. 536.
Wärmegewitter 787. 794. 795. 801.
Wärmehaushalt des Sonnensystems 158
—163. 340.
Wärmekapacität 284. 386. 513. 526. 531.
534. 542. 555.
Wärmeleitfähigkeit des Bodens 165. 284.
338. 524. 526. 531. 533. 717. 752. 756.
— der Luft 491.
— des Schnees 394. 534. 543.
Wärmestrahlung 294. 338. 492. 585. 587.
636. 749. 756.
Wärmewellen 340. 378. 412.413. 526—533.
Wärmewirkung auf Gesteine 217. 218.
344. 767.
Wasser 295. 312. 344.
— im Boden 530. 623. 636.
— Durchsichtigkeit 375.
— Farbe 374. 409.
— hartes, weiches 417.
Wasserdampf 181. 285, 296. 303. 473. 475.
481. 495. 498. 499. 503—505. 507.
576. 581. 613—631.
— Abnahme mit der Höhe 615, 624-626.
— Menge 475. 625. 626. 630.
Wasserfälle 407. 420. 422.
— Luft-Elektricität bei 886.
Wasserhosen 806.
WasserkoUektor 882.
Wassermarken 465.
Wasserproben 350. 351.
Wasserscheiden 429.
Wasserschöpfer 350.
Wasserstand 570.
Wasserstoff 24. 33. 174. 477. 482. 503.
923.
— Protuberanzen 108 — 114.
Sachregister.
1025
Wasserstoff Spektrum 23. 44. 102. 923.
- -Sterne 24. 44. 57. 58.
Wasserwage 277.
Wasserwellen s. Wellen.
Wega 9. 17. 24. 30. 32. 269.
Weinbau 567.
Weinlesezeit 143. 568. 571.
Weisse Sterne 21. 24. 52.
Weizenpreise und Sonnenflecke 143.
Wellen in Wasser 436-464. 646.
— in der Luft (s. Akustik) 645. 646.
— Abtragung durch 468.
— Bewegung 378. 4.36—464.
— Entstehung 646.
— Höhe 436. 442.
— hügelförmige 439.
— Kämme 438. 647.
— Länge 438.
— stehende 442, 445.
Wellendynamometer 445.
Weltachse s. Erde, Achse der.
Weltmeer. s. Ocean und Meer.
Westindische Tiefe 353.
Wetter 700. 722.
" bei Cy klonen 700-704.
Prognose 701. 722. 734. 735.
^ Umschlag 723.
— Zusammenhang in verschiedenen Erd-
teilen 730—735.
Wetterkarten 606. 681. 698.
Wetterleuchten 773.
Wettersäulen 807—811.
Wetterschiessen 805. 806.
Wiederhall 815. 816.
Widerstandsthermometer 351.
Widmanstättensche Figuren 214.
Wien-Plancksche' Formel 499.
Wildbäche 419. 429.
VVildbäder 417.
^\^ilsonsche Sonnenfleckentheorie 97.
Wind 342. 380. 383. 426. 489. 667—696.
798. 819.
Drehung 672. 703.
Fahne 382. 666.
— Geschwindigkeit 620. 621. 659. 666—
675. 677. 681—685. 692. 697. 702.
708. 716. 737. 749. 750. 760. 771.
in der Höhe 675. 759. 760.
— Integrator 671.
Arrhenius, Kosmische Physik.
Wind Komponente 671. 689.
— Manometer 670.
— Periodicität 671—674.
— Richtung 145. 668. 672. 673. 681.
688. 689. 698—700. 704. 760.
in der Höhe 688. 689. 727. 756.
761. 762.
Rose 700—701.
— und Sonnenfleckenperiode 145.
— -Stärke 8. Windgeschwindigkeit.
— -Stille 639. 671. 688. 089. 7()8. 709. 717.
— Ursache 675 — 685.
Winter, Länge der 274.
Gewitter 787. 789-791.
— -Temperatur auf Island -Grönland
731.' 732.
in Westeuropa 146. 730 — 732.
Wirbel in der Luft s. Luftwirbe .
— im Wasser 379.
Wirbelgewitter 794. 796. 801.
Wirbelströme 383. 463.
Witterung s. Wetter.
Wolf-Ray et-Sterne 25. 61.
Wolken 285. .501. 522. 038. 785.
— -Bank 643.
— -Bruch 299. 660. 725.
— -Decke 704.
— -Dicke 644. 645. 649.
— -Elektricität 881. 887. 888.
— Entstehung 634. 637. 643. 644.
Formen 642: 643.
— Geschwindigkeit 647. 650. 750.
— Höhe 647—650. 851.
— irisierende 850—852.
— leuchtende 580. 649. 851. 921.
— Periodicität 645. 649. 695. 851.
— und Sonnenflecke 141.
— Strahlung 525.
— Tropfengrösse 641.
— Wassermasse 661.
— Wellen 645.
Wurzel 343.
Wüste 663. 766—768.
Wüstensand 770.
Wüstensteine 218. 344. 767.
Wüstenwind 489.
Xenon 474. 911
Youngscbe Regenbogentheorie. 841.
65
1026
Sachregister.
Zähflüssigkeit 130. 277. 283. 312. 315.
334. 338. 448.
Zenithdistanz 5.
Zenithfluten 452.
Zergliederung der Landmassen 346.
Zerklüftung 293. 344. 767.
Zerstreuung der Elektrizität 894 — 901.
auf Bergen 897. 898.
Geschwindigkeit 895—897. 900.
901.
in Grundluft 900. 901.
in Nebel 899.
Periodicität 898.
— Verteilung, geographische 898.
im Wald 898.
— — — bei wolkigem Wetter 898.
zeitliche Zunahme 896. 901.
Zerstreuung der Sonnenstrahlen 500 — 502.
Zeugen 767.
Zirknitzer-See 407.
Zittern der Himmelskörper 829—832.
Zodiak 7.
Zodiakallicht 155. 200. 909
— Spektrum 202. 909.
Zonen, Klimatische 552.
Zonenkatalog 11.
Zoutpans 409.
Zug, leiser 671.
Zündende Blitze 781. 790.
„Zunge" 723
Zusammenfliessen von Tropfen 655. 795.
Zusammenstoss von Himmelskörpern 156.
230. 274.
Zusammenziehung der Erde 240. 284.
289. 312. 336—341.
Sonne 159. 222.
Zweijährige Periode (Woeikofl') 414. 571.
572. 732.
Zwillinge, Sternhaufen 39. 41.
— C7 57.
Zypressensümpfe 414.
Druck von August Pries in Leipzig.
22 7 .'Ül
AUG 1 9 1983
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